Landtagspräsident Wilfried Klenk will für politische Entscheidungen Interesse und Verständnis wecken
Es gilt das gesprochene Wort!
Stuttgart. Politik zu erklären und die Bedeutung der Gestaltungsmöglichkeiten in Gesellschaft und Gesetzgebung deutlich zu machen, ist eine besonders vordringliche Aufgabe. Dies betonte der neu gewählte Landtagspräsident Wilfried Klenk (CDU) in der Plenarsitzung am Mittwoch, 4. Februar 2015. Er wolle bei den Mitbürgerinnen und Mitbürgern Interesse und Verständnis für politische Entscheidungen wecken, denn daraus resultiere Vertrauen und Wohlwollen, so Klenk. Als dritter Präsident in der gegenwärtigen Legislaturperiode wies Klenk in seiner Antrittsrede auch darauf hin, dass dieses Amt um seiner Bedeutung willen jetzt Kontinuität brauche. Er werde es seiner Bestimmung gemäß, unparteiisch und bedacht auf ein gutes menschliches Miteinander ausüben. Im Einzelnen führte Landtagspräsident Klenk aus:
>> Wer mich kennt, der weiß, ich bin gerne direkt und rede nicht drumherum: die Entscheidung meiner Fraktion, einen Mann für das frei gewordene Amt des Landtagspräsidenten zu nominieren, hat in den vergangenen Tagen teils sehr kritische Reaktionen hervorgerufen. So ist Demokratie – das gehört dazu. Wesentlich war: Die Kritik ging nicht ins Persönliche; meine Person wurde von niemand in Frage gestellt. Das habe ich als wohltuend empfunden. Und vor allem blieb das Fundament für ein erfolgreiches, nachhaltiges Wirken als Landtagspräsident unversehrt!
Ihr heutiges Votum, liebe Kolleginnen und Kollegen, bestätigt das. Ich danke Ihnen allen von ganzem Herzen für das in mich gesetzte große fraktionsübergreifende Vertrauen. Es wird mir nicht nur Verpflichtung, sondern auch immer wieder Ansporn sein.
An dieser Stelle begrüße ich alle Gäste des heutigen Tages hier in diesem Haus und rufe jedem ein herzliches Willkommen zu. Ganz besonders freue ich mich, dass die früheren Vorgänger im Amt, die Landtagspräsidenten a. D. Erich Schneider und Peter Straub, da sind. Und ebenso einen herzlichen Gruß an meine direkten Vorgänger, an Sie, lieber Willi Stächele, und an den neuen Fraktionsvorsitzenden der CDU, an Sie, lieber Guido Wolf!
In dieser Legislaturperiode bin ich der dritte Landtagspräsident. Wir alle wissen, wie die Wechsel zustande gekommen sind. Aber ich denke, wir alle spüren auch: Dieses Amt braucht jetzt Kontinuität, damit seine Bedeutung nicht erodiert. Mein Bestreben wird deshalb sein, es seiner Bestimmung gemäß mit der gebotenen Neutralität auszuüben. Und die vornehmste Pflicht dabei ist natürlich, die Rechte des Parlaments zu wahren, ihnen Geltung zu verschaffen und sie – wenn nötig – entschlossen einzufordern. Der Ankauf der EnBW-Anteile lehrt, wieviel Wachsamkeit geboten ist.
Um unsere Glaubwürdigkeit und unser Ansehen zu festigen, müssen wir Abgeordneten uns immer wieder aufs Neue bewusst machen, von wem wir unsere Mandate eigentlich bekommen haben. Von den Bürgerinnen und Bürgern! Sie haben ihr Vertrauen in uns gesetzt und uns gewählt! Ihnen allein sind wir verpflichtet.
Als Landtagspräsident bin ich – wie gesagt – zwar zur Neutralität verpflichtet. Doch bin ich nach wie vor auch aktiver Politiker mit Landtagsmandat und Mitglied meiner Fraktion. Es ist mir wichtig, Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen, auch in Zukunft auf Augenhöhe zu begegnen. Deshalb spreche ich meine ersten Worte als Präsident – eine hergebrachte Tradition durchbrechend – von hier, von unserem Rednerpult aus.
Wir leben seit fast 70 Jahren in Frieden und in einer funktionierenden, lebendigen Demokratie. Mehr noch: Die Demokratie erscheint mir – erfreulicherweise – so stark wie lange nicht mehr. Das Bedürfnis nach Beteiligung wächst. Vor allem bei jungen Menschen erlebe ich ein hohes Maß an politischem Interesse.
Der Parteienwettbewerb ist von der Verfassung gewollt und sollte deshalb als selbstverständlich angesehen werden. Aber nicht die Schärfe, die Lautstärke oder Polemik unserer Debatten überzeugen die Menschen, sondern der Gehalt unserer Worte und die Wahrhaftigkeit unserer Überzeugungen in der Sache.
Als Sozialpolitiker und vor allem aus meinem langen Berufsleben weiß ich: menschlich zu sein, macht mutig, offen, zupackend – aber auch sensibel. Wir müssen auf die Menschen eingehen. Sie wollen unsere Entscheidungen verstehen. Durch mehr Transparenz können wir mehr Vertrauen und Sympathie gewinnen.
Besonders vordringlich scheint mir die Aufgabe, Politik zu erklären und die Gestaltungsmöglichkeiten in Gesellschaft und Gesetzgebung konkret aufzuzeigen. Lassen Sie uns – ungeachtet aller Meinungsunterschiede – Politik positiv ins Land tragen – bei jeder Begegnung, bei allen Besuchen und Besichtigungen, einfach immer! Räumen wir mit dem Vorurteil auf, Politikerinnen und Politiker seien abgehoben! Lassen Sie uns gemeinsam zusätzliche Wege finden, die Arbeit des Parlaments gegenüber der Öffentlichkeit zur Geltung zu bringen! Eine Voraussetzung dafür ist, zu bedenken: „Die Zeiten ändern sich. Doch anständige Umgangsformen sind immer modern.“ Ich appelliere an uns alle: Achten und beachten wir einander!
Fragen wir uns auch: Welche Werte halten unsere Gesellschaft zusammen? Wahrlich, es ist nicht „der Tanz ums goldene Selbst“. Es ist die Gemeinschaft! Bei uns in Baden-Württemberg wird ehrenamtliches Engagement besonders vielfältig und intensiv gelebt. Das macht uns reich. Das ist ein Standortvorteil. Mein Herz schlägt für ein bürgerschaftlich geprägtes Gemeinwesen, das von innen heraus stark und widerstandsfähig ist. Den Ehrenamtlichen im Land zolle ich meinen größten Respekt. Sie werden in mir einen aufmerksamen Beobachter und auch einen Zuhörer für ihre Sorgen und Nöte finden.
Sie sehen, ich freue mich auf die Herausforderungen meines Amtes. Nicht zuletzt auf den in der Geschäftsordnung festgeschriebenen Auftrag, die Landtagsverwaltung zu leiten. Ihm werde ich mich zielorientiert widmen. In meinem Beruf bin ich es seit über drei Jahrzehnten gewohnt, straff, aber mit Teamgeist und Kollegialität zu führen und ein breites Spektrum administrativ zu verantworten. Ich habe keinen Zweifel: Die Landtagsverwaltung und ich – das „passt“.
Die Bedeutung der Landtagsverwaltung als Dienstleistungseinrichtung wächst kontinuierlich weiter. Wir befinden uns in einer wirklichen Erneuerungsphase. Viele von Ihnen sind durch die laufenden Umbaumaßnahmen berührt und leisten im Hintergrund Enormes, um den Parlamentsablauf zu garantieren. An dieser Stelle gebührt Ihnen ein ganz herzlicher Dank!
Unterstreichen möchte ich: Was Sie, Herr Fraktionsvorsitzender Wolf, mir übergeben, liegt im Plan, entwickelt sich gut oder bewährt sich in der Praxis. Dafür danke ich Ihnen!
Dass der Landtag so gut da steht, rührt auch her vom guten Einvernehmen im engeren Landtagspräsidium – sprich von den Anstößen, die Sie, Frau Kollegin Lösch, und Sie, Herr Kollege Drexler, gegeben haben. Dieses gewachsene Miteinander möchte ich selbstverständlich pflegen und fortsetzen. Ich freue mich auf unsere gemeinsame Arbeit!
Das letzte Fünftel dieser Wahlperiode bricht jetzt an. Die politische Auseinandersetzung und der Wettstreit der Parteien werden deshalb naturgemäß prägnanter und temperamentvoller werden. Das muss kein Nachteil sein – sofern wir den Aschermittwoch in diesem Jahr beim 18. Februar und im nächsten Jahr beim 10. Februar belassen. Verlieren wir bei aller Fokussierung auf den Wahltag 2016 nicht den Blick auf die übergreifenden Entwicklungen in unserem Land, die sich unbeeinflusst vom Zeittakt der Landespolitik vollziehen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste, meine sehr verehrten Damen und Herren, im Bewusstsein der besonderen Verantwortung, mit Gestaltungsfreude und mit der Bereitschaft, zuzuhören, so möchte ich mein neues Amt dem Parlament und der Bürgerschaft dienend ausüben. Möge immer ein guter Geist durch die Räume des Landtags und der Landtagsverwaltung wehen! Auf eine gute Zusammenarbeit und einen offenen Umgang miteinander!
Herzlichen Dank! <<