Landtagsvizepräsidentin Lösch: Anteil von Frauen in der Politik muss erhöht werden
Stuttgart. „Die Repräsentanz von Frauen in politischen Gremien ist unbefriedigend und hinkt den Ansprüchen einer gerechten Demokratie, in der sich die Vielfalt der Gesellschaft spiegeln sollte, kräftig hinterher. Der Anteil von Frauen in der Politik muss deshalb deutlich erhöht werden.“ Dies betonte Landtagsvizepräsidentin Brigitte Lösch (Grüne) am Mittwochabend, 19. März 2014, im Landtag in Stuttgart bei einer Veranstaltung mit dem Titel „Typisch weiblich?! Wählen – und gewählt werden“ zum Internationalen Frauentag. Im Mittelpunkt von Vorträgen und einer Gesprächsrunde im Interimsplenarsaal im Kunstgebäude standen die Fragen, ob es deutliche Unterschiede beim Wahlverhalten zwischen Frauen und Männern gibt und wie mehr Frauen für eine politische Beteiligung gewonnen werden können.
Die Landtagsvizepräsidentin wies darauf hin, dass der Frauenanteil im Bundestag 36,4 Prozent, im baden-württembergischen Landtag 19,5 Prozent, in Kreistagen 17 Prozent und in Gemeinderäten 22 Prozent betrage. Brigitte Lösch wörtlich: „Wir brauchen verbindliche Maßnahmen, um den Frauenanteil in politischen Gremien zu erhöhen.“ Es ziehe mehr Frauen in die Kommunalpolitik, wenn die Chancengleichheit in der Region höher sei. Dies bedeute, dass eine Förderung von Frauen in Bildung und im Beruf sowie der Ausbau bedarfsgerechter Infrastruktur für die Kinderbetreuung und zur Pflege zu einer Erhöhung des Frauenanteils in den Kommunalparlamenten führten.
Weiterhin spielten mangelnde Rahmenbedingungen zur Vereinbarkeit von Familie und Politik bzw. Beruf eine entscheidende Rolle. „Europäische Vergleichsstudien zeigen, dass sich die Repräsentanz von Frauen auch in der Politik erhöht, wenn eine Gesellschaft die tatsächliche Chancengleichheit von Frauen und Männern in allen Tätigkeits- und Berufsbildern fördert“, erklärte Lösch.
Wie die Landtagsvizepräsidentin ausführte, bieten Landesfrauenräte, Einrichtungen der politischen Bildung, Parteien und Frauenbeauftragte seit fast zwei Jahrzehnten Fortbildungs- und Mentoringprogramme an mit dem Ziel, mehr Frauen für die Übernahme von Mandaten zu gewinnen. Lösch legte dar, dass sie diese Maßnahmen begrüße, fügte jedoch hinzu: „Ich bin aber gleichzeitig der festen Überzeugung, dass ohne gesetzliche Quotenvergabe keine nachhaltigen und flächendeckenden Änderungen in der Repräsentanz von Frauen in Parlamenten zu erreichen sind.“
Baden-Württemberg sei das erste Bundesland, das die geschlechtergerechte Aufstellung von Wahllisten gesetzlich einfordere. „Diese Soll-Bestimmung mit appellativem Charakter ist ein erster wichtiger Schritt. Dadurch wird die mangelhafte Repräsentanz der Frauen in ein öffentliches Bewusstsein gestellt“, sagte Lösch.
Im Anschluss an die Begrüßungsrede von Landtagsvizepräsidentin Lösch sprach Prof. Dr. Dieter Roth von der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg über das Thema „Wie wählen Frauen?“. Dr. Ina Bieber von der Goethe-Universität Frankfurt am Main befasste sich in ihrem Vortrag mit dem Thema „Wann werden Frauen gewählt?“. In einer anschließenden Gesprächsrunde diskutierten die frauenpolitischen Sprech-erinnen der Landtagsfraktionen Friedlinde Gurr-Hirsch (CDU), Charlotte Schneidewind-Hartnagel (Grüne), Sabine Wölfle (SPD), der frauenpolitische Sprecher der FDP/DVP-Fraktion, Jochen Haußmann, sowie die Vorsitzende des Landesfrauenrates Baden-Württemberg, Angelika Klingel, unter anderem über die politische Umsetzbarkeit von Ideen zur Förderung der gerechteren Repräsentanz von Frauen in der Politik.