SWEG investiert 5,2 Millionen Euro für den Kauf sämtlicher Abellio-Geschäftsanteile
Stuttgart. Der Ausschuss für Verkehr hat in seiner Sitzung am Donnerstag, 17. März 2022, erneut Themen rund um die Übernahme der Abellio Rail Baden-Württemberg GmbH debattiert. Vor allem das laufende Insolvenzverfahren sowie die Ausschreibung und Vergabe von Schienenverkehrsleistungen an die Abellio wurden besprochen. Zudem ging es um die Busförderung des Landes beim Einsatz von Klebefolien auf den Seitenscheiben von Linienomnibussen, teilte der Vorsitzende des Gremiums, Rüdiger Klos (AfD), mit.
In der Sitzung des Verkehrsausschusses war auf Anträge der SPD- sowie FDP/DVP-Fraktion erneut die Übernahme der Abellio durch die landeseigene Südwestdeutsche Landesverkehrs-GmbH (SWEG) Schwerpunkt der Diskussionen, berichtete Klos. Die beiden Oppositionsfraktionen erklärten in der Sitzung weiterhin, dass die Übernahme für Beschäftigte und Fahrgäste erfreulich sei und das Ziel den Betrieb aufrecht zu erhalten, erfüllt werden konnte. Dennoch gäbe es weiterhin einen umfangreichen Fragenkatalog an das Ministerium.
Für den Kauf aller Gesellschaftsanteile der Abellio habe sich der Investorenbeitrag auf 5,2 Millionen Euro belaufen, erklärte der Ausschussvorsitzende. Abellio werde dabei als eigenständige Tochter der SWEG geführt, da die Geschäftsanteile und der Verkehrsvertrag nach Ende der Notmaßnahme im Dezember 2023 an den neuen Vertragsinhaber übergeben werden sollen. Dieser müsse auch das Personal übernehmen. Die Ausschreibung beginne in den nächsten zwei bis drei Monaten. Das Ministerium rechne bis Ende des Jahres mit einer Entscheidung.
Altverbindlichkeiten würde die SWEG durch die Insolvenzplansanierung nicht übernehmen. Eine im Insolvenzplan festgelegte Insolvenzquote solle regeln, inwiefern Altgläubiger befriedigt werden. Dabei sollen Massegläubiger durch die aus dem Investorenbeitrag zur Verfügung stehende, verteilungsfähige Masse vorrangig befriedigt werden.
Gemäß Angaben von Klos wurde ein weiterer Fokus in den Beratungen auf die von Abellio vorgelegten Sicherheiten gelegt. Bei der Ausschreibung und Vergabe von Schienenverkehrsleistungen an die Abellio sei eine Vertragserfüllungsbürgschaft in Höhe von zehn Prozent der Kosten ohne Infrastruktur vorgelegt worden. Diese würde sich nach erfolgter Zulassung und Inbetriebnahme aller Fahrzeuge auf fünf Prozent reduzieren. Des Weiteren habe Abellio eine Bürgschaft zur Absicherung der Pachtzahlungen vorgelegt. Zudem müssten laufend Zahlungen zur Sicherung der Instandhaltung der Fahrzeuge gemacht werden. Zusätzlich habe das Land vom Hersteller der Fahrzeuge eine Anzahlungs- und eine Gewährleistungsbürgschaft gefordert. Wie das Verkehrsministerium in der Sitzung mitteilte, habe das Land bislang nur auf die Vertragserfüllungsbürgschaft zurückgegriffen, fasste Klos zusammen.
Außerdem wollten SPD und FDP/DVP in der Sitzung wissen, ob vor der Übernahme der Abellio durch die SWEG auch andere Optionen geprüft wurden. Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) erkläre Klos zufolge, dass dies gemäß Insolvenzrecht durch den vom Gericht eingesetzten Sachverwalter geschehen sei. Dabei sei der Markt sondiert worden und alle Interessenten seien aufgerufen worden sich zu melden. Es habe Unternehmen gegeben, welche nur an der Werkstatt interessiert waren (asset-deal) und andere, welche Geschäftsanteile nur nach einer Anpassung des Verkehrsvertrags übernehmen wollten.
Wie der Ausschussvorsitzende erklärte, sei das Ziel der Landesregierung bei dem Verfahren gewesen, dass die Schienenverkehrsleistungen zuverlässig und im gewohnten Umfang erbracht werden. Dies sei nach Auffassung des Ministeriums durch die Übernahme der Abellio durch die SWEG am besten und schnellsten zu erreichen gewesen und habe sich bislang in der Praxis bewährt.
Des Weiteren hat sich der Ausschuss in der Sitzung Klos zufolge auf Antrag der FDP/DVP-Fraktion mit der Beklebung und der Landesförderung von Linienomnibusse befasst. Die FDP/DVP habe mit ihrer Anfrage auf Medienberichte reagiert, aus denen hervorging, dass es keine Busförderung des Landes gäbe, wenn die Seitenscheiben von Linienomnibusse beklebt seien. Dies bestätigte das Ministerium in der Sitzung und erklärte, dass die neue Anforderung von einer maximal bis zu fünf Prozent beklebten Fensterfläche ab dem Jahr 2022 als Fördervoraussetzung in die Richtlinie der Busförderung aufgenommen werde. Auf bestehende Förderungen solle sich diese Neuerung jedoch nicht auswirken. Zudem sei diese Form der Beklebung rechtlich weiterhin erlaubt.
Nach Berichten von Klos sieht es das Verkehrsministerium kritisch, wenn Fensterbereiche flächig beklebt werden würden. Dies würde vor allem bei Dunkelheit oder Dämmerung zu einer starken Beeinträchtigung der Sicht der Fahrgäste führen. Die Beklebung von Fahrzeugen würde daher gegen einen ansprechenden ÖPNV sprechen und könnte zudem vor allem bei Frauen zu einem verstärkten Unsicherheitsgefühl aufgrund der früheren Abdunkelung im Businneren führen. Neben erweiterten und verlässlichen Angeboten sowie der Sicherheit der Fahrzeuge würde aus Sicht des Ministeriums auch deren optisches Erscheinungsbild sowie die Aufenthaltsqualität eine Rolle bei der Entscheidung für den ÖPNV spielen, berichtete Klos.
Zudem würden auch Fahrgastvertretungen und -verbände die Beklebung nach Angaben des Ministeriums kritisieren.
Die FDP/DVP-Fraktion habe sich nach Aussagen von Klos in der Sitzung jedoch besorgt gezeigt, dass Busunternehmer durch die fehlenden Werbeflächen auf den Seitenscheiben mit Einnahmeverlusten rechnen müssten. Die Landesregierung habe entgegnet, dass die Einnahmen aus der Fensterwerbung nach Berechnungen des Fahrgastverbands PRO BAHN im Regionalverband Region Stuttgart jedoch weniger als ein Prozent der Betriebskosten per Bus ausmachten und somit einen sehr geringen Beitrag zur Kostendeckung leisteten.
Dem stellte das Verkehrsministerium entgegen, dass der Regelfördersatz bei der Busförderung 40.000 Euro bzw. bei E-Bussen bis zu rund 200.000 Euro betragen würde. Das Verkehrsministerium gehe zudem nur von einem geringen Anteil an eingesetzten Linienomnibussen aus, bei denen die Seitenscheiben in nennenswertem Umfang beklebt seien, so Klos.