Umweltausschuss tauscht sich über Fortschritte bei zwei zentralen Naturschutzvorhaben aus
Stuttgart. Der Ausschuss für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft hat am Donnerstag, 24. Oktober 2024, unter anderem auf Antrag der FDP/DVP-Fraktion über die geplante Erweiterung des Nationalparks Nordschwarzwald sowie auf Antrag der SPD-Fraktion über die Errichtung eines Biosphärengebiets in Oberschwaben bzw. dem Allgäu beraten, berichtete der Ausschussvorsitzende Daniel Karrais (FDP/DVP).
Die Abgeordneten seien sich in der Sitzung einig gewesen, dass beide Vorhaben die Chance böten, wertvolle Natur- und Kulturräume zu bewahren. „Diese Projekte unterstreichen das Engagement des Landes für den Erhalt der Biodiversität und die Förderung nachhaltiger Entwicklung“, erklärte Karrais. Oberschwaben und das Allgäu hätten eine besondere naturräumliche Bedeutung. Die Regionen seien geprägt von zahlreichen Moorlandschaften und einer reichen Artenvielfalt. Die Einrichtung eines Biosphärengebiets würde, so die Landesregierung, die Möglichkeit bieten, wertvolle Lebensräume zu schützen und gleichzeitig eine nachhaltige Entwicklung der Region voranzutreiben. Bereits im Koalitionsvertrag sei daher festgehalten worden, dass dort ein drittes Biosphärengebiets geschaffen werden solle.
Die Opposition habe in der Sitzung kritisiert, dass sich die Landesregierung bei diesem Vorhaben, zumindest öffentlich wahrnehmbar, sehr passiv und zurückhaltend zeige. Das Ministerium habe erwidert, dass seit letztem Jahr ein umfassender und ergebnis-offener Prüfprozess laufe, der mit Informations- und Beteiligungsphasen auf lokaler und regionaler Ebene gestartet wurde. Gründlichkeit gehe hier vor Schnelligkeit. Acht Arbeitskreise würden Lösungsansätze in zentralen Bereichen wie Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Moorschutz, Tourismus, Regionalvermarktung und nachhaltigem Wirtschaften erarbeiten. Bis November 2024 sollen die Ergebnisse vorliegen.
Der aktuelle Fokus liege auf der Festlegung potenzieller Flächen und Schutzzonen im Gebiet zwischen dem Federsee, Isny und Wangen im Süden und Ostrach bzw. Bad Saulgau im Westen. Der Prüfprozess berücksichtige die Interessen der 57 betroffenen Kommunen sowie der Landkreise Biberach, Ravensburg und Sigmaringen. Die Akzeptanz für das Vorhaben würde sich regional stark unterscheiden. Einige Gegenden seien gespalten oder zeigten sich kritisch. Die Ausarbeitung der parzellenscharfen Abgrenzung mit der entsprechenden Zonierung soll voraussichtlich im Oktober 2024 abgeschlossen sein. Anschließend seien Gespräche mit den von Pflegezonen betroffenen Grundbesitzenden geplant. Die potenziellen Kernzonen würden sich ausschließlich im Eigentum des Landes befinden und durch ForstBW oder die Liegenschaftsverwaltung der Kommunen betreut werden. Abstimmungsgespräche würden hier bereits während der Erarbeitung der Zonierung stattfinden. Weiter solle die Zonierung nur auf aktuellen Schutzgebieten stattfinden. Neue Schutzbereiche müssten damit nicht ausgewiesen werden. Zudem erklärte das Ministerium, dass nur öffentliche Fläche abgegrenzt werden würden. Am Ende würden die betroffenen Gemeinden entscheiden, ob und in welchem Umfang sie sich an dem Biosphärengebiet beteiligen möchten. Dies könne am Ende darüber entscheiden, ob das Gebiet von der UNESCO anerkannt werde.
Neben dem Biosphärengebiet in Oberschwaben bzw. dem Allgäu stand die geplante Erweiterung des Nationalparks Schwarzwald im Mittelpunkt der Beratungen. Ziel der Erweiterung sei es, die bislang getrennten Teile des Nationalparks durch einen Flächentausch zwischen dem Land Baden-Württemberg und der Waldgenossenschaft Murgschifferschaft zu verbinden. Diese habe ihre grundsätzliche Bereitschaft signalisiert, Teile ihrer Waldflächen im Tausch gegen gleichwertige Waldparzellen zur Verfügung zu stellen. Gleichzeitig bleibe der Genossenschaft die Möglichkeit, ihre wirtschaftlichen Interessen zu wahren, indem sie die staatliche Beteiligung an der Genossenschaft zurückerwerben könne. Karrais hob hervor, dass die Verhandlungen noch nicht abgeschlossen und somit der genaue Umfang sowie die finanziellen Auswirkungen des Flächentauschs noch ungeklärt seien. Das Ministerium habe erklärt, dass derzeit Details zwischen Fachleuten und Betroffenen erarbeitet werden würden.
Die Abgeordneten sprachen Karrais zufolge, über die Notwendigkeit einer frühzeitigen Einbindung der lokalen Bevölkerung in den Prozess. Der Nationalpark Schwarzwald verfolge gemäß Nationalparkgesetz seit seiner Gründung 2014 partizipative Entscheidungsprozesse. Diese intensive Beteiligungskultur solle auch bei der geplanten Erweiterung beibehalten werden, erklärte Karrais. Dazu zähle insbesondere die enge Zusammenarbeit mit dem Nationalparkrat und dem -beirat, welche unter anderem das konkrete Vorgehen der regionalen Bürgerbeteiligung festlegten. Ergänzend sei aufgrund des partizipativen Gesetzgebungsverfahrens in Baden-Württemberg eine Bürgerbeteiligung auf Landesebene geplant.
In der Sitzung sei gemahnt worden, dass es durch den Flächentausch für einzelne Betriebe auf regionaler Ebene oder auch für überwiegend lokal agierende forstliche Lohnunternehmer zu finanziellen Einbußen kommen könnte. Die FDP/DVP-Fraktion habe in der Sitzung erklärt, dass der Tausch für die Bevölkerung zudem kein gutes Geschäft wäre, da die Murgschifferschaft u.a. bessere Flächen erhalten als abgeben würde. Weiter habe sie darauf hingewiesen, dass berücksichtigt werden solle, ob abgegebene Flächen für Windkraft genutzt werden könnten. Auswirkungen auf die Region und den Tourismus seien daher bei der Entscheidung zu einer räumlichen Erweiterung einzubeziehen.