Wahrhaftige Auseinandersetzung mit der Vergangenheit als moralischer Kompass
Stuttgart/Tuttlingen. „Die wahrhaftige Auseinandersetzung mit der Vergangenheit ist unumgänglich. Wir brauchen sie als moralischen Kompass für unser Handeln im Hier und Jetzt.“ Davon zeigte sich Landtagspräsident Guido Wolf (CDU) bei der ersten Begehung des Gedenkpfads „Lager Mühlau“ in Tuttlingen am Donnerstagvormittag, 8. Mai 2014, überzeugt. Der 8. Mai markiere das Ende des Zweiten Weltkriegs in Europa vor 69 Jahren. Als jährlicher Gedenktag erinnere er an die tiefe Zäsur von 1945, den Neuanfang und die doppelte Befreiung von Krieg und Nationalsozialismus.
„Wir sind dafür verantwortlich, die Erinnerung an die Menschheitsverbrechen der Nazis wachzuhalten. Es gilt, sich an das menschliche Leid zu erinnern“, betonte Wolf. Jedes Opfer, das verfolgt und deportiert, gedemütigt, misshandelt und ermordet worden sei, „war ein Mensch aus Fleisch und Blut, mit Hoffnungen und Träumen, mit Familie und Freunden“, so der Landtagspräsident. Gedenkstätten und Gedenkpfade sorgten dafür, dass dieser dunkle, schuldbeladene Teil unserer Vergangenheit präsent bleibe. „Gedenken wird erst dann richtig zur Gedenkkultur, wenn es unseren Alltag durchdringt“, hob Wolf hervor.
Der Landtagspräsident nahm außerdem Bezug auf das Grundgesetz, das heute vor genau 65 Jahren beschlossen wurde und am 23. Mai 1949 in Kraft trat. „Unsere Demokratie und unsere Freiheit sind staatsrechtlich mehrfach gesichert. Fundamentale Prinzipien des Grundgesetzes wie die Unantastbarkeit der Menschenwürde können durch den Gesetzgeber nicht geändert werden“, führte Wolf aus. Trotzdem seien sämtliche juristische und institutionelle Sicherungen allein nicht ausreichend. Demokratie und Freiheit seien nicht auf Dauer garantiert: „Wir müssen ihren Bedrohungen permanent und entschlossen begegnen“, forderte Guido Wolf. Gerade die Erinnerung sei für die Verteidigung von Demokratie und Freiheit von zentraler Bedeutung. Das wahre Erinnern bestehe darin, die Würde jedes Einzelnen zu schützen und jeglicher Menschenfeindlichkeit zu wehren. „Wir dürfen nicht wegsehen, wenn Mitmenschen diskriminiert werden, Hass geschürt wird oder Unrecht geschieht. Deshalb möge die Erinnerung unser Denken und Handeln in der Gegenwart schärfen und leiten“, so Wolfs abschließende Worte.