Erwin (Karl) Schoettle

Parlament

1933
Landtag des freien Volksstaates Württemberg (SPD, Landesliste)

1946
Landtag Württemberg-Baden (SPD, Wahlkreis 1 Stuttgart)

1949
Deutscher Bundestag (SPD, Wahlkreis 164 Stuttgart II, ab 1953 Landesliste, ab 1961 Wahlkreis Stuttgart II, ab 1965 Wahlkreis 164 Stuttgart I)

Partei vor 1933 Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

nach 1945 Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)
Geburt 18.10.1899, Leonberg
Ehe Helene geb. Osswald (1925)
Beruf Schriftsetzer, Redakteur, Parteifunktionär
Kinder 1
Konfession Evangelisch, später konfessionslos
Verstorben 25.01.1976, Baden-Baden

Verfolgung

05.03.1933
Schoettle ist Parteisekretär der SPD in Stuttgart. Am 5. März 1933 erhält er ein Mandat für den württembergischen Landtag, das er aber nicht mehr antritt. Stattdessen taucht Schoettle, um einer Verhaftung durch die Gestapo zu entgehen, in Stuttgart unter und übernachtet bei verschiedenen Parteifreunden. Anfang Mai 1933 lässt der württembergische Landtagsdirektor Alfred Eisenmann Schoettle warnen, dass Polizei und SA verstärkt nach ihm suchen. Ab dem 11. Mai 1933 fahnden die NS-Behörden per Steckbrief nach Schoettle. Am 17. Mai 1933 verlässt Schoettle deshalb Stuttgart und flieht in die Schweiz. Zunächst lebt er in Kreuzlingen am Bodensee, später in Sankt Gallen. In der Schweiz ist Schoettle im Auftrag des Exil-SPD-Vorstandes in Prag (Sopade) als »Grenzsekretär« aktiv. Er schickt illegale Flugblätter und Zeitschriften (»Roter Kurier«) nach Württemberg und tauscht Informationen mit Parteifreunden in Stuttgart, in Oberschwaben und im Schwarzwald aus. Schoettles Ehefrau Helene (geb. Osswald) und ihre gemeinsame Tochter, die zunächst noch in Stuttgart geblieben waren, emigrieren 1934 ebenfalls in die Schweiz.

Biografie

1906
Volksschule, Latein- und Realschule in Leonberg

1914
Lehre als Schriftsetzer in Leonberg

1917
Kriegsdienst im Ersten Weltkrieg

1919
Eintritt in die SPD und die Sozialistische Arbeiterjugend (SAJ)

1919
Studium an der Kunstgewerbeschule in Stuttgart

1921
Angestellter bei der sozialdemokratischen Zeitung »Schwäbische Tagwacht«

1927
Mitglied des württembergischen Landesvorstandes der SPD

1928
Tätigkeit als Journalist für die »Volkszeitung« in Esslingen am Neckar

Landesvorsitzender der Sozialistischen Arbeiterjugend (SAJ)

1931
Parteisekretär der SPD in Stuttgart

Mai 1933
Emigration in die Schweiz

1934
Kontakte zur marxistischen Widerstandsgruppe Neu Beginnen, ab 1935 Mitglied

August 1939
Emigration mit Ehefrau und Tochter nach England, dort für ein halbes Jahr Internierung auf der Isle of Man, anschließend Aufenthalt in London, dort weiterhin aktiv für die Widerstandsgruppe Neu Beginnen, ab Herbst 1941 Tätigkeit bei der BBC als Sprecher und Redakteur für deutschsprachige Radiosendungen

Juli 1946
Rückkehr nach Württemberg

1946
Mitherausgeber der Zeitung »Stuttgarter Nachrichten«

1946
Vorsitzender der SPD in Nordwürttemberg und Nordbaden

1946
Vorsitzender des SPD-Ortsvereins in Stuttgart

1947
Mitglied des Wirtschaftsrats des Vereinigten Wirtschaftsgebietes (Wirtschaftsrat der Bizone) in Frankfurt

1948
Mitglied des zentralen Parteivorstandes der Bundes-SPD

1952
Vorsitzender des SPD-Bezirks Südwest

Rezeption

1955
Großes Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland

1963
Großes Verdienstkreuz mit Schulterband des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland

1970
Großkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland

1975
Ehrenbürger von Stuttgart

1975
Verdienstmedaille des Landes Baden-Württemberg

1988
Namenspatron des Erwin-Schoettle-Platzes in Stuttgart

Namenspatron der Erwin-Schöttle-Straße in Leonberg

Literatur

Walter Nachtmann: Erwin Schöttle. Grenzsekretär der Sozialdemokraten in Württemberg, in: Der Widerstand im deutschen Südwesten 1933-1945, hrsg. von Michael Bosch, Wolfgang Niess, Stuttgart, Berlin, Köln, Mainz, S. 153-161.

Walter Nachtmann: 10000 Flugblätter aus der Schweiz. Erwin Schoettle und der sozialdemokratische Widerstand in Stuttgart, in: Anpassung, Widerstand, Verfolgung. Die Jahre von 1933 bis 1939, Ausstellungsreihe Stuttgart im Dritten Reich, 5, Stuttgart 1984, S. 412-414.

Walter Nachtmann: Erwin Schoettle, in: Mit uns für die Freiheit. 100 Jahre SPD in Stuttgart, hrsg. von Siegfried Bassler, Stuttgart 1987, S. 198-201.

Schumacher 1995, S. 144.

Schröder 1995, S. 733.

Mittag 1997, S. 282.

Horst Ferdinand: Erwin Karl Schoettle, in: Baden-Württembergische Biographien, 2, 1999, S. 414-417.

Raberg 2001, S. 825-827.

Weik 2003, S. 136.

Dokumente

Eidesstattliche Erklärung von Jakob Sommer

Im Rahmen seines Wiedergutmachungsverfahrens gab Sommer 1950 eine eidesstaatliche Erklärung ab. In dieser nannte er seine SPD-Tätigkeit als Grund für seine Anklage wegen Vorbereitung zum Hochverrat.

Bescheinigung der Stadt St. Gallen

Die Stadt St. Gallen in der Schweiz erteilte dem emigrierten Schoettle am 8. Dezember 1933 eine Aufenthaltsgenehmigung als politischer Flüchtling.