Theodor Leipart

Verfolgung
13.04.1933
Leipart ist Vorsitzender des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes (ADGB). Am 13. April 1933 treffen sich er und drei weitere ADGB-Funktionäre mit Vertretern der Nationalsozialistischen Betriebszellenorganisation (NSBO) zu Gesprächen über die Zukunft des ADGB. Die NSBO-Vertreter fordern die Übergabe der Leitung des ADGB und bieten Leipart eine »angemessene Pension« für seinen freiwilligen Rücktritt. Leipart lehnt ab.
02.05.1933
Am 2. Mai 1933 besetzt die SA die Zentrale des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes in Berlin. Leipart und die übrigen Mitarbeiter des Gewerkschaftsbundes werden in »Schutzhaft« genommen und in die Räumlichkeiten des »Ersten Internationalen Anti-Kriegs-Museums« in der Berliner Parochialstraße gebracht. Am 3. Mai 1933 werden sie zunächst in das Polizeipräsidium am Alexanderplatz, später in das Gefängnis Plötzensee überstellt. Da er an den Spätfolgen eines Autounfalls leidet, wird Leipart zwischenzeitlich in ein Staatskrankenhaus der Polizei eingeliefert. Im Juni 1933 - nach etwa sechs Wochen Haft - wird Leipart freigelassen.
Mai 1933
Im Zuge der Auflösung des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes verliert Leipart im Mai 1933 sein Amt als dessen Vorsitzender. In den folgenden Jahren lebt er mit seiner Ehefrau zurückgezogen in Berlin.
09.05.1933
Die NS-Behörden leiten am 9. Mai 1933 ein Ermittlungsverfahren gegen Leipart und weitere ADGB-Mitarbeiter ein. Ihnen wird vorgeworfen, Gelder des ADGB veruntreut zu haben. Das Ermittlungsverfahren verläuft jedoch im Sande und wird nie offiziell geschlossen.
nach Mai 1933
Die NS-Behörden verweigern Leipart die Rente, weil er als ADGB-Vorsitzender »marxistische Bestrebungen« gefördert habe.
Mitte Dezember 1936
Leiparts Ehefrau Maria (geb. Neher) weigert sich Mitte Dezember 1936, an einer nationalsozialistischen Spendenaktion teilzunehmen, und äußert sich bei dieser Gelegenheit NS-kritisch. Sie wird deshalb verhaftet und im Gefängnis Moabit inhaftiert. Im März 1937 wird Maria Leipart zu einem halben Jahr Haft verurteilt (unter Anrechnung der bisherigen Untersuchungshaft). Nach ihrer Verurteilung wird Maria Leipart in das Frauengefängnis in der Barnimstraße überstellt. Mitte Juni 1937 wird sie aus der Haft entlassen.
Biografie
Sohn eines Schneidermeisters
Volksschule und Mittelschule in Neubrandenburg
1881
Lehre als Drechsler in Hamburg
Eintritt in den Deutschen Drechslerverband
Wanderschaft als Drechslergeselle
1886
Mitglied im Vorstand der Hamburger Sektion des Deutschen Drechslerverbands
1888
Mitglied im Vorstand der Berliner Verwaltungsstelle des Deutschen Drechslerverbands
1890
Schriftleiter der »Fachzeitung für Drechsler und Gewerksgenossen« in Hamburg
März 1891
Vorsitzender des Deutschen Drechslerverbands
1893
Zweiter Vorsitzender des neu gegründeten Holzarbeiterverbandes
1894
Mitglied im Vorstand des SPD-Bezirksvereins in Stuttgart
1896
Vorsitzender der Vereinigten Gewerkschaften in Stuttgart
1904
Sekretär der Internationalen Union des Holzarbeiterverbandes
1908
Erster Vorsitzender des Holzarbeiterverbandes
1919
Mitglied des Gemeinderats von Mahlberg bei Berlin
28.07.1919
Württembergischer Arbeitsminister
1921
Vorsitzender des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes (ADGB)
1922
Stellvertretender Vorsitzender des Internationalen Gewerkschaftsbundes
1922
Vorsitzender des vorläufigen Reichswirtschaftsrates
1933
Als Vorsitzender des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes versucht Leipart, die Gewerkschaften durch demonstrative Neutralität vor der Zerschlagung zu bewahren. Am 21. März 1933 übersendet Leipart im Auftrag des ADGB-Bundesvorstandes eine Erklärung an Adolf Hitler, in der er betont, der ADGB werde nicht unmittelbar auf die Politik des NS-Staats einwirken. Am 19. April 1933 ruft der ADGB-Bundesausschuss unter Leiparts Leitung seine Mitglieder dazu auf, an den NS-Feierlichkeiten zum 1. Mai teilzunehmen.
Leipart unterhält illegale Verbindungen zu sozialdemokratischen Gewerkschaftlern, unter anderem zu Wilhelm Leuschner und Oswald Wiersich.
nach 1945
Mitglied der SED
Rezeption
1931
Ehrendoktor der Handelsschule Berlin
Bestattung in der »Gedenkstätte der Sozialisten« auf dem Zentralfriedhof Friedrichsfelde in Berlin
Literatur
Gerhardt Beier: Schulter an Schulter, Schritt für Schritt. Lebensläufe deutscher Gewerkschaftler, Köln 1983, S. 128-135.
Joachim Eichler: Das HolzArbeiterBuch, Köln 1993, S. 88-91.
Ulla Plener: Theodor Leipart und gewerkschaftlicher Widerstand 1933-1945, in: Beiträge zur Geschichte der Arbeiterbewegung, 40, 1998, 3, S. 104-106.
Ulla Plener: Theodor Leipart und das gewerkschaftliche Dilemma zwischen 30. Januar und 2. Mai 1933, in: Beiträge zur Geschichte der Arbeiterbewegung, 41, 1999, 2, S. 14-30.
Ulla Plener: Theodor Leipart. Persönlichkeit, Handlungsmotive, Wirken, Bilanz. Ein Lebensbild mit Dokumenten, Berlin 2000.
Raberg 2001, S. 500-501.
Boris Schwitzer: Theodor Leipart, in: Württembergische Biographien, 1, 2006, S. 157-158.