Dr. Bernd Kraft zu Gast in der Sitzung am 21. September
Finanzausschuss tauscht sich mit dem Präsidenten der Oberfinanzdirektion Karlsruhe aus
Stuttgart. Der Finanzausschuss des Landtags hat sich in seiner Sitzung am Donnerstag, 21. September 2023, mit dem neuen Präsidenten der Oberfinanzdirektion Karlsruhe, Dr. Bernd Kraft, ausgetauscht. Kraft berichtete den Abgeordneten über aktuelle und künftige Herausforderungen der Steuerverwaltung, insbesondere im Bereich der Nachwuchsgewinnung, Digitalisierung und Bewältigung von steigenden Fallzahlen. „Die Abgeordneten waren sich fraktionsübergreifend einig, dass die Steuerverwaltung mit ihren vielfältigen Aufgaben unverzichtbar ist“, sagte der Ausschussvorsitzende Martin Rivoir (SPD).
Kraft hatte das Amt im Juli 2023 übernommen. Nach Angaben Rivoirs gratulierten die Abgeordneten dem Juristen und Steuerexperten und dankten der Steuerverwaltung für ihre Arbeit. Kraft habe den Schwerpunkt in seinem Bericht vor dem Hintergrund der Schwierigkeiten bei der Nachwuchsgewinnung und der steigenden Fallzahlen auch aufgrund der Bearbeitung von Zusatzaufgaben wie der Grundsteuerreform oder der Energiepreispauschale auf die Digitalisierung gelegt. Hinzu komme, dass Steuerfälle häufig komplexer und internationaler werden. Dies zeige sich besonders im Bereich der Steuerfahndung. Teilweise seien die Fälle bereits jetzt so umfangreich, dass mehrere Fahnder über Jahre gebunden seien. Und es werde davon ausgegangen, dass die Aufgaben weiter zunehmen. Wenn Steuerfahndung auch in Zukunft ordentlich betrieben werden solle, würden mehr Fahnder benötigt.
Die nach Ansicht Krafts vielleicht größte Herausforderung sei die Nachwuchsgewinnung. Im Geschäftsbereich der Oberfinanzdirektion arbeiteten über 17.000 Beschäftigte. Derzeit seien rund 1.100 Stellen unbesetzt, was rund 6,5 Prozent der Stellen entspreche. Es werde davon ausgegangen, dass in diesem Jahr 600, im kommenden Jahr 570 und im Jahr 2025 rund 480 Beschäftigte aus der Steuerverwaltung ausscheiden. Gleichzeitig werde davon ausgegangen, dass jährlich rund 600 Stellen besetzt werden können. Dies funktioniere nur, wenn die Steuerverwaltung weiterhin so gut und so viel ausbilde wie bisher. Jedes Jahr stünden 960 Ausbildungsplätze im mittleren und höheren Dienst zur Verfügung. Derzeit seien rund 90 Prozent der Plätze besetzt, was 850 Auszubildenden entspreche. Das bedeute allerdings nicht, dass die Auszubildenden nach Abschluss ihrer Ausbildung in der Steuerverwaltung blieben. Diese bewege sich in einem Konkurrenzkampf mit anderen Arbeitgebern. So gingen Auszubildende nach Abschluss ihrer Ausbildung etwa zu Kommunen, Ministerien oder Steuerberatern. Nachwuchsgewinnung sei Zukunftssicherung und habe daher höchste Priorität, fasste Rivior die Ausführungen Krafts zusammen.
Ein weiteres Zukunftsthema sei nach Angaben des Präsidenten die Digitalisierung. Die Steuerverwaltung sei zwar bereits jetzt eine der am meisten digitalisierten Verwaltungen. Doch auch vor dem Hintergrund der Schwierigkeiten bei der Personalgewinnung, der Zunahme von Fallzahlen und der Übernahme von Zusatzaufgaben müsse die Digitalisierung weiter ausgebaut werden. Die Aufgabenmenge werde nur zu schaffen sein, wenn digital und automatisiert gearbeitet werde. Insbesondere im Bereich der Betriebsprüfung und der Steuerfahndung nehme die Datenflut enorm zu. Wenn sich die Entwicklungen in der Steuerverwaltung so fortsetzten wie bisher, werde die Arbeit in Zukunft nur zu schaffen sein, wenn die Verwaltung im Bereich der Digitalisierung und Automatisierung noch besser werde. Kraft habe ausgeführt, dass gerade die Steuerverwaltung prädestiniert sei für den Einsatz von Künstlicher Intelligenz. Durch Automatisierung könne Aufwand verringert, Qualität verbessert und für Entlastung gesorgt werden.
Zum Abschluss habe Kraft drei Wünsche formuliert: Vereinfachung von Steuerrechtsregeln, eine stabile IT auch in der Zukunft und eine Erhöhung der Attraktivität der Arbeit in der Steuerverwaltung. Die Abgeordneten hätten sich für die ausführliche Darstellung der Arbeit der Steuerverwaltung bedankt, sagte Rivoir. Im Anschluss hätten die Parlamentarier mit Kraft unter anderem über Bewerberzahlen, das anonyme Hinweisgeberportal für Finanzämter und die Zusammenarbeit mit der europäischen Staatsanwaltschaft gesprochen.
Die Oberfinanzdirektion in Karlsruhe ist die Mittelbehörde der baden-württembergischen Finanzverwaltung. Sie ist zuständig für die Dienst- und Fachaufsicht der 65 Finanzämter landesweit sowie der sechs Staatlichen Hochbauämter des Bundesbaus. Ihr ist auch die Landesoberkasse angeschlossen, die den gesamten Zahlungsverkehr des Landes abwickelt. Das der Oberfinanzdirektion ebenfalls angeschlossene LZfD erbringt IT-Dienstleistungen vor allem für die Finanzverwaltung und wird als Landesbetrieb geführt. Im Geschäftsbereich der Oberfinanzdirektion arbeiten über 17.000 Beschäftigte. Die Oberfinanzdirektion selbst beschäftigt über 1.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.