In der Sitzung am 22. Februar:
Bildungsausschuss befasst sich mit Antisemitismus an baden-württembergischen Schulen
Stuttgart. Der Ausschuss für Kultus, Jugend und Sport hat in seiner Sitzung am Donnerstag, 22. Februar 2024, auf Antrag der SPD-Fraktion über den Umgang mit antisemitischen Vorfällen an Bildungseinrichtungen im Land beraten. Das hat die Ausschussvorsitzende Petra Häffner (Grüne) mitgeteilt. „Wir sind uns im Ausschuss einig, dass jeder antisemitische Vorfall an unseren Schulen einer zu viel ist“, betonte die Ausschussvorsitzende. Die von der SPD eingebrachte Beschlussempfehlung, an den weiterführenden Schulen den Besuch einer KZ-Gedenkstätte verpflichtend einzuführen, sei dabei im Ausschuss mehrheitlich abgelehnt worden.
Die Antragstellenden wollten vom Kultusministerium unter anderem wissen, wie viele Meldungen antisemitischer Äußerungen und Übergriffe an Schulen es in den letzten Jahren gab und wie das Lehrpersonal im Umgang mit Antisemitismus geschult wird. Im Rahmen der im April 2018 eingeführten Meldepflicht für alle Vorfälle an öffentlichen Schulen, die antisemitische sowie andere religiös oder ethnisch begründete Diskriminierungen darstellen, seien dem Kultusministerium 142 solcher Fälle (Stand 19. Dezember 2023) bekannt geworden, gab Häffner die Ausführungen von Ministeriumsseite wieder. Davon wiesen 127 Fälle einen antisemitischen Bezug auf (2018: 12; 2019: 47; 2020: 13; 2021: 15; 2022: 11; 2023: 29). Vonseiten der Antragstellenden sei im Ausschuss betont worden, dass es sich bei den gemeldeten Vorfällen nur um die Spitze des Eisberges handele, da diese Ordnungsmaßnahmen oder Strafanzeigen nach sich gezogen hätten. Eine gesonderte Anlaufstelle für die Thematik im Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung (ZSL) und ein Pflichtbesuch einer KZ-Gedenkstätte für alle Schülerinnen und Schüler seien mögliche Maßnahmen.
Auf Nachfrage zu den Teilnahmezahlen an entsprechenden Lehrerfortbildungen habe Ministerin Theresa Schopper (Grüne) Häffner zufolge im Ausschuss ausgeführt, verpflichtende Fortbildungen gebe es zum jetzigen Zeitpunkt nicht. Seit 2020 habe das ZSL 89 Veranstaltungen mit knapp 900 teilnehmenden Lehrkräften durchgeführt, die das Thema Antisemitismus beinhaltet hätten. Weitere Seminare würden über zivilgesellschaftliche Organisationen und die Landeszentrale für politische Bildung angeboten. Nach dem Terrorangriff der Hamas am 7. Oktober 2023 habe das ZSL schnell reagiert und Online-Beratungen für Lehrkräfte sowie Online-Vorträge zu den Themen Antisemitismus und Nahost-Konflikt zur Verfügung gestellt.
Nach der Coronapandemie nähmen die Studienfahrten zu KZ-Gedenkstätten wieder stärker zu, berichtete die Ausschussvorsitzende weiter. Der entsprechende Fördertopf umfasse 365.000 Euro und werde vollständig genutzt, habe die Ministerin im Ausschuss betont. Gerade vor dem Hintergrund, dass es Schülerinnen und Schüler mit verschiedenen kulturellen und religiösen Hintergründen gebe und nicht immer ein direkter Anknüpfungspunkt zur deutschen Geschichte bestehe, könnte das Interesse für das Thema aber auch beispielsweise über Schulbesuche von Tandems jüdischen und muslimischen Glaubens geweckt werden. Vonseiten der Regierungsfraktionen sei eine Verpflichtung aller Schulen zum Besuch einer KZ-Gedenkstätte allein als nicht zielführend bezeichnet worden, so Häffner abschließend. Vielmehr müsse im Bereich Antisemitismus beziehungsweise Demokratieförderung insgesamt aufgestockt werden.