Umweltausschuss diskutiert Ausbau von Stromspeichern
Stuttgart. In der Sitzung des Ausschusses für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft am Donnerstag, 03. April 2025, wurde auf Antrag der FDP/DVP-Fraktion intensiv über die Notwendigkeit und Ausgestaltung einer landeseigenen Speicherstrategie beraten. Der Ausschussvorsitzende Daniel Karrais (FDP/DVP) betonte die zentrale Bedeutung von Stromspeichern für die erfolgreiche Integration erneuerbarer Energien und die Sicherstellung der Netzstabilität.
Der massive Ausbau erneuerbarer Energien verursache durch die schwankende Einspeisung eine wachsende Kluft zwischen Erzeugung und Verbrauch. Um diese Lücke zu schließen, sei von der FDP/DVP-Fraktion ein deutlicher Ausbau von Speichermöglichkeiten in der Sitzung gefordert worden.
Das Umweltministerium habe Karrais zufolge berichtet, dass Baden-Württemberg derzeit laut Marktstammdatenregister (MaStR) über Pumpspeicherkraftwerke mit einer Speicherkapazität von rund 10.386 Megawattstunden (MWh) und einer Nettonenn-leistung von etwa 1.874 Megawatt (MW) verfüge. Während diese Werte in den vergangenen Jahren konstant blieben, sei bei Batteriespeichern ein dynamisches Wachstum verzeichnet worden. Für das Jahr 2019 sei eine installierte Leistung von 106 MW und eine Kapazität von 186 MWh ermittelt worden. Im Jahr 2024 sei ein Anstieg auf 1.611 MW Leistung und 2.728 MWh Kapazität bestimmt worden. Dies sei aus Sicht der FDP/DVP erfreulich.
Ein weiteres zentrales Thema sei die Integration von PV-Anlagen mit Speicher-systemen gewesen. Die Landesregierung habe mitgeteilt, dass ihr keine genauen Daten dazu vorliegen würden, jedoch im Bereich der PV-Freiflächenanlagen ein grundsätzlicher Anstieg zu verzeichnen sei. So werde seit Oktober 2023 von der EnBW standardmäßig die Einplanung von Batteriespeichern in Solarparks vorgenommen. Zudem gehe der Bundesverband Solarwirtschaft e. V. davon aus, dass rund 80 Prozent der neuen PV-Anlagen im Heimsegment mit Speichern ausgestattet werden, was von den Grünen als gutes Zeichen gedeutet worden sei, so Karrais.
Förderprogramme, u.a. für Heimspeicher, würden von der Landesregierung nicht als notwendig erachtet, da die Kosten für Speicher weiter sinken und sich Anschaffungen über Stromersparnis und Einspeiseerlöse amortisieren würden. Die AfD habe hinterfragt, ob eine Speicher-Förderung für bestehende PV-Anlagen ohne Speicher nicht sinnvoll wäre. Die CDU habe entgegnet, dass Förderungen zur derzeitigen Marktlage nicht notwendig seien und lediglich die Preise in die Höhe treiben würden.
Als wichtiger Anreiz für den Ausbau von PV-Anlagen sei hingegen die Einspeise-vergütung genannt worden. Die Landesregierung habe davor gewarnt, dass eine Streichung für kleinere Anlagen den PV-Ausbau stark bremsen und die Energiewende gefährden könnte. Von der Bundesregierung seien zum Jahresbeginn 2025 Änderungen beschlossen worden. Neue PV-Anlagen ab 2 kW erhielten bei negativen Börsenstrompreisen keine EEG-Vergütung mehr. Betreibern bestehender Anlagen werde die freiwillige Teilnahme an dieser Regelung ermöglicht, wofür eine erhöhte Vergütung von 0,6 ct/kWh gezahlt werde, legte Karrais dar. Die technische Umsetzung sei in der Sitzung von der CDU angezweifelt worden.
Ein weiteres Diskussionsthema sei die Verlängerung der Befreiung von Batteriespeichern von Netzentgelten über das Jahr 2029 hinaus gewesen. Das Umweltministerium habe sich dafür ausgesprochen, die Rolle von Speichern in einer grundlegenden Reform des Netzentgeltsystems neu zu bewerten. So könnte eine netzdienliche Betriebsweise durch variable Netzentgelte gefördert werden. Eine vollständige Befreiung von Netzentgelten solle nur gewährt werden, wenn der Speicherbetrieb nachweislich einen positiven Effekt auf das Netz habe.
Abschließend sei die Notwendigkeit einer eigenen Speicherstrategie für Baden-Württemberg thematisiert worden. Das Ministerium sowie die Grünen als auch die SPD hielten dies Karrais zufolge aktuell für wenig zielführend, da die Zukunft der Bundesstrategie ungewiss sei. Stattdessen werde sich das Ministerium für bundeseinheitliche Rahmenbedingungen einsetzen.
Der Beschlussantrag der FDP/DVP, wonach Baden-Württemberg eine landeseigene Speicherstrategie ausarbeitet, wurde in der Sitzung mehrheitlich mit Gegenstimmen der Opposition abgelehnt.
Ständiger Ausschuss befasst sich mit Tätigkeitsbericht des Normenkontrollrats Baden-Württemberg
Stuttgart. Der Ständige Ausschuss des Landtags hat sich in seiner Sitzung am Donnerstag, 3. April 2025, mit dem ersten Tätigkeitsbericht des Normenkontrollrats Baden-Württemberg (NKR BW) befasst. Dazu war der NKR-Vorsitzende Dr. Dieter Salomon zu Gast in der Ausschusssitzung und berichtete den Abgeordneten über die Tätigkeiten des Gremiums. „Der Normenkontrollrat trägt dazu bei, Bürokratie abzubauen. Denn ein dysfunktionaler Staat gefährdet die Demokratie. Insoweit wird die Notwendigkeit der Arbeit des Normenkontrollrats gesehen“, sagte der Ausschussvorsitzende Guido Wolf (CDU).
Guido Wolf zufolge stellte Dr. Dieter Salomon zunächst die Arbeitsbilanz des Gremiums vor. Demnach habe sich der NKR von Oktober 2023 bis Dezember 2024 mit 200 Entwürfen von Gesetzen, Verordnungen und Verwaltungsvorschriften der Landesregierung befasst. In 60 Fällen habe der NKR Stellungnahmen abgegeben.
Dr. Dieter Salomon habe zudem die Arbeitsweise des aktuellen Normenkontrollrats erläutert, die er positiver bewerte als die des Vorgängergremiums. Der alte Normenkontrollrat sei erst ins Spiel gekommen, wenn ein Gesetz durch das Kabinett gegangen und in die Verbändeanhörung gekommen sei. Der jetzige Normenkontrollrat werde dagegen schon wesentlich früher beteiligt: Er werde bereits eingebunden, wenn das federführende Ministerium das Vorhaben in die Abstimmung mit den anderen Ressorts gebe. Durch die frühzeitige Beteiligung sei die Chance größer, rechtzeitig wichtige Hinweise zur Bürokratievermeidung zu geben und so in den Prozess einzugreifen. Der NKR überprüfe, ob eine Regelung überreguliert oder unnötig sei, und mache dann Vorschläge, wie man es einfacher und mit geringerem Aufwand machen könne.
Dem Ausschussvorsitzenden zufolge betonte Dr. Dieter Salomon, dass Mechanismen benötigt würden, die den Staat einfacher und schlanker machen. Er habe daher ein Umdenken bei den Ministerien und beim Gesetzgeber gefordert. Es müsse nicht überall alles bis ins kleinste Detail geregelt werden. Salomon habe zum einen gefordert, grundsätzlich Vertrauen zu schenken, und zum anderen grundsätzlich erst einmal darauf vertrauen, dass sich Bürgerinnen und Bürger rechtskonform verhielten. Sollte dies nicht der Fall sein, müsse dies eher über Sanktionen geregelt werden. Vieles von dem, was aus Misstrauen den Menschen abverlangt werde, müsse in Vertrauen umgewandelt werden, fasste Guido Wolf die Ausführungen zusammen.
Dr. Dieter Salomon habe zugleich auch darauf hingewiesen, dass viele bürokratische Vorgaben vom Bund oder der EU kämen. Daher könne sich der Normenkontrollrat Baden-Württemberg aus Gründen der Zuständigkeit nur mit etwa zehn Prozent aller vorhandenen Regelungen befassen.
Die Abgeordneten bedankten sich bei Dr. Salomon für den ausführlichen Bericht sowie die Arbeit des Gremiums. Sie betonten, dass die Tätigkeit des Gremiums mit dem Ziel, Bürokratie zu vermeiden und abzubauen, für einen handlungsfähigen Staat wichtig sei.
Der NKR BW ist ein unabhängiges Beratungsgremium mit sechs Mitgliedern. Er berät die Landesregierung Baden-Württemberg seit 2018 zu besserer Rechtsetzung, Bürokratievermeidung und Bürokratieabbau. Dem Gremium gehören in der zweiten Amtszeit Dr. Dieter Salomon (Vorsitzender), Margret Mergen (Stellvertretende Vorsitzende), Dr. Susanne Herre, Alexander Kozel, Adrian Probst und Dorothea Störr-Ritter an.
Petition der Bürgerinitiative „Bürger für Unterkessach“ wird nicht abgeholfen
Stuttgart. Der Petitionsausschuss hat in seiner Sitzung am Donnerstag, 3. April 2025, einstimmig beschlossen, der Petition der Bürgerinitiative „Bürger für Unterkessach“, die sich gegen den Aufbau von Solarkraftwerken in Unterkessach richtet, nicht abzuhelfen. Das hat der Vorsitzende, Thomas Marwein (Grüne), mitgeteilt. „Ich freue mich darüber, dass die kommunale Selbstverwaltung ihrer Verantwortung gerecht wird und sich für die Bereitstellung von regenerativer Energie aktiv einsetzt“, so Marwein.
„Die Bürgerschaft wurde beteiligt. Das Vorhaben der Gemeinde hat alle Hürden genommen und die Gemeinde hat sich korrekt verhalten“, betonte Marwein. Die Petenten hätten vor allem Formfehler von Bürgermeister und Gemeinderat im Bebauungsplanverfahren ins Feld geführt. Bei einem Ortstermin sei deutlich geworden, so der Ausschussvorsitzende, dass die Fronten verhärtet seien. Die Petenten betonten, dass nur eine unabhängige rechtliche Beratung und Prüfung des Umgangs mit fehlerhaften Beschlüssen, das Vertrauen herstellen könne. Vertreter des Innenministeriums hätten erklärt, dass es zwar Verfahrensfehler bei der Beschlussfassung im Gemeinderat gegeben habe, dies jedoch nicht bedeute, dass die Forderungen der Petenten erfüllbar seien. Inhaltlich gebe es keine Bedenken gegen das Verfahren zur Aufstellung der Bebauungspläne. „Der richtige und wichtige Ausbau der erneuerbaren Energien findet auf dem Land statt, da dort die Flächen vorhanden sind“, führte Thomas Marwein aus.
Ausschuss für Landesentwicklung und Wohnen befasst sich mit virtuellem Bauamt und Denkmalschutz
Stuttgart. Der Ausschuss für Landesentwicklung und Wohnen hat sich in seiner Sitzung am Mittwoch, 2. April 2025, vor allem mit dem aktuellen Stand bei der Umsetzung des virtuellen Bauamts (ViBa BW) sowie den Themen Denkmalschutz und besonders erhaltenswerte Bausubstanz befasst. Das teilte die Vorsitzende des Gremiums, die CDU-Abgeordnete Christiane Staab, mit.
Staab zufolge stellte das Ministerium für Landesentwicklung und Wohnen in der Sitzung den aktuellen Stand bei der Einführung des virtuellen Bauamts vor. Ministerin Nicole Razavi (CDU) habe von einem „erfolgreichen Projekt“ und einem „echten Meilenstein“ der Digitalisierung der Verwaltung gesprochen. Mit dem neuen System würden Bauanträge komplett digital eingereicht, bearbeitet und genehmigt. Ziel sei es, Bürokratie abzubauen und Bauverfahren zu beschleunigen. Grundsätzlich müsse der Staat an Stellen, an denen es möglich sei, staatliches Handeln digital möglich machen. Das Ministerium führte laut Staab aus, dass derzeit 201 von 209 unteren Baurechtsbehörden am ViBa BW teilnehmen. 160 Behörden nutzten ViBa BW in der Vollproduktion, das entspreche 80 Prozent aller produktiven Behörden bundesweit. 14 Behörden seien mit ihrem Baufachverfahren am ViBa angebunden. 16 Onlinedienste stünden in der Vollproduktion zur Verfügung.
Das digitale System stelle eine erhebliche Verbesserung und Beschleunigung von Bauverfahren dar. So könnten im Vorgangraum Anträge von verschiedenen Akteuren wie Bauherren, Bauunternehmen, Architekten und Bauingenieure gemeinsam vorbereitet werden. Nach Einreichung der Anträge erfolge eine gleichzeitige Prüfung und Bearbeitung der Anträge durch die untere Bauaufsicht und einzubindende Ämter. Dabei könnten diese miteinander sowie mit dem Antragsteller digital kommunizieren. Betroffene Akteure seien etwa die Gemeinde, die Straßenverkehrsbehörde, der Brandschutz, die Denkmalbehörde oder die Umweltbehörde.
Zudem befasste sich der Ausschuss auf Antrag der Grünen-Fraktion mit dem Denkmalschutz, der Denkmalpflege und der Baukultur mit Bezug zu Gartenschauen in Baden-Württemberg. Die Antragsteller hätten ausgeführt, dass sich die im Südwesten im Rahmen von Landesgartenschauen oder anderen gärtnerischen Veranstaltungen angelegten Gartendenkmale durch ihre innovative Gestaltung und moderne Nutzungskonzepte auszeichneten. Sie böten vielfältige Möglichkeiten zur Erholung, Freizeitgestaltung und Bildung. Teilweise würden die Flächen jedoch nicht weiter gepflegt oder würden zur Bebauung freigegeben. Dabei sei es von großer Bedeutung, dass diese grünen Oasen zum Beispiel als Erholungsgebiete nachhaltig erhalten blieben. Wichtig sei daher, diese Flächen unter Denkmalschutz zu stellen.
Nach Angaben der Landesregierung seien in den vergangenen Jahrzehnten mehrere Gartenschaugelände unter Denkmalschutz gestellt worden, darunter der Schlossgarten Stuttgart, der Botanische Garten, der Schlossgarten sowie der Stadtgarten Karlsruhe, der Herzogenriedpark Mannheim, der Seepark Freiburg und der Horbachpark Ettlingen.
Ein weiteres Thema in der Sitzung war ebenfalls auf Antrag der Grünen-Fraktion der Umgang mit „besonders erhaltenswerter Bausubstanz“ in Baden-Württemberg. Den Antragstellern zufolge mache diese Gruppe mit rund 35 Prozent einen erheblichen Teil der Gebäude in Baden-Württemberg aus und erzeuge ein Heimatgefühl in Innenstädten und Dorfkernen. Um stadträumliche und bautypologische Stadtkerne, Quartiere, Siedlungen, Freiräume und Grünflächen zu qualifizieren und zu entwickeln, Klimaziele einzuhalten und die Stadtgestalt zu erhalten, spiele in immer mehr Kommunen die „besonders erhaltenswerte Bausubstanz“ eine Rolle. Allerdings sei diese bisher ein unbestimmter Rechtsbegriff und werde im Gebäudeenergiegesetz (GEG) genannt, ohne sie genauer zu definieren. Der Antrag sollte zur Klärung des Begriffs und Nutzung aller Förderungen und Ansätze dienen, so Staab.
Die Landesregierung habe erklärt, das Denkmalschutzgesetz des Landes kenne die Begriffe „sonstiger baulicher Bestand“ und „sonstige/besondere erhaltenswerte Bausubstanz“ nicht und sehe daher auch deren Anwendung im Zusammenhang mit der Feststellung der Kulturdenkmaleigenschaft nicht vor. Nach dem Denkmalschutzgesetz könnten daher „sonstiger baulicher Bestand“ und „sonstige/besondere erhaltenswerte Bausubstanz“ für sich allein keine Kulturdenkmaleigenschaft begründen. Unter dem Begriff „besonders erhaltenswerte Bausubstanz“ könnten aus baukultureller Sicht insbesondere Stadt- und Ortsbild prägende Gebäude, an denen sich die Geschichte einer Siedlung, eines Ortes oder einer Stadt ablesen lasse bzw. Bauwerke und Strukturen, die für die Atmosphäre eines Ensembles als unabdingbar empfunden werden, ergänzt um die Bedeutung des Bestandserhalts für den Ressourcenschutz verstanden werden. Der Begriff der „besonders erhaltenswerten Bausubstanz“ gewinne erst durch die Schaffung individueller, ortsbezogener Begründungen an Substanz. Ein allgemein gültiger Kriterienkatalog sei daher laut Landesregierung nicht darstellbar, fasste die Vorsitzende die Ausführungen zusammen.
Weitere Themen in der Ausschusssitzung waren auf Antrag der Fraktion FDP/DVP das Thema „Novelle des Vermessungsgesetzes: Sorge um Wettbewerbsverzerrung zwischen öffentlichen und privaten Vermessungsingenieuren“ und auf Antrag der Grünen das Thema „Für bezahlbare Mieten in Baden-Württemberg – Wir verlängern die Mietpreisbremse“.
Debatte über Eindämmung von Einsamkeit
Stuttgart. Der Ausschuss für Soziales, Gesundheit und Integration hat sich in der Sitzung am Mittwoch, 2. April 2025, mit Strategien und Maßnahmen zur Eindämmung und Bewältigung von Einsamkeit beschäftigt. Das berichtete der Ausschussvorsitzende Florian Wahl (SPD).
Mit dem Thema Einsamkeit befasste sich der Ausschuss auf Antrag der FDP/DVP. In der Antragsbegründung hieß es, Einsamkeit und soziale Isolation seien nicht nur psychisch und physisch schwer belastend für die betroffene Person. Sie schwächten auch den sozialen Zusammenhalt und das Vertrauen in die Gemeinschaft, brächten erhebliche finanzielle und wirtschaftliche Auswirkungen mit sich und könnten sogar der Demokratie schaden. Baden-Württemberg benötige sicher kein Ministerium zur Bekämpfung der Einsamkeit, wie es die Briten seit einigen Jahren haben. Dennoch brauche es eine Konzeption, um das vielschichtige Thema entschlossen anzugehen, hätten die Liberalen in der Sitzung bekräftigt, so der Ausschussvorsitzende Florian Wahl (SPD).
Vertreterinnen und Vertreter aller Fraktionen hätten der FDP/DVP beigepflichtet, berichtete Wahl. Die Grünen hätten erklärt, schon vor Corona seien etwa zehn Prozent der Bevölkerung betroffen gewesen. Die Pandemie habe die Situation weiter verschärft. Es sei gut, dass sich das Parlament bereits mit dem Thema befasst habe, so auch mit der Enquetekommission „Krisenfeste Gesellschaft“, die entsprechende Handlungsempfehlungen vorgelegt habe. Ein Problem sei, dass, wenn man das Thema Einsamkeit überall mitdenke, es nirgends einmal so richtig angegangen werde. Die CDU habe erklärt, der Kampf gegen Einsamkeit gleiche einem Kampf gegen Windmühlen. Es handle sich letztlich um ein gesellschaftliches Phänomen. Die Handlungsmöglichkeiten der Politik seien deshalb begrenzt. Sie könne aber vor Ort Möglichkeiten fördern, damit Menschen sich begegnen können. Das sei dringend geboten, habe die CDU erklärt, so Wahl.
Die SPD habe geäußert, die Förderung des Ehrenamts könne wie bisher schon eine wichtige Rolle im Kampf gegen Einsamkeit spielen, weil das Ehrenamt Menschen zusammenbringe. Auch Medienbildung biete gute Ansatzmöglichkeiten, insbesondere gegen digitale Vereinsamung. Einen wichtigen Beitrag leisteten auch Sport- und Musikvereine sowie Chöre, die überall im Land gut nachgefragt seien. Das sei ein Befund, der optimistisch stimmen könne. Die Politik habe aber darauf zu achten, dass auch Menschen, die mit weniger Geld auskommen müssen, sich eine Mitgliedschaft in Vereinen leisten können, habe die SPD erklärt, so Wahl. Die Bedeutung von Vereinen habe auch die AfD betont.
Sozialminister Manfred Lucha (Grüne) habe in der Sitzung bekräftigt, dass die Landesregierung dem Thema Einsamkeit und deren Eindämmung einen hohen Stellenwert beimesse, berichtete der Ausschussvorsitzende. Lucha habe auf eine Vielzahl unterschiedlicher Programme und Maßnahmen im Land und in den Kommunen verwiesen, die sich für Zusammenhalt, Teilhabe, Vernetzung, Bürgerschaftliches Engagement und Selbstbestimmung einsetzen und sich somit auch positiv gegen Einsamkeit auswirken. Das Ministerium fördere beispielsweise Maßnahmen, in deren Rahmen Begegnungsräume unter anderem zum gegenseitigen Austausch geschaffen werden.
In den Blick zu nehmen seien dabei vor allem ältere Menschen, Alleinerziehende, Menschen mit Migrationsgeschichte sowie Kinder und Jugendliche in besonderen Problemlagen. Leitbild der Programme sei die Caring Community – eine Gemeinschaft, in der Menschen füreinander sorgen und sich gegenseitig unterstützen. Niemand solle durch den Rost fallen.
Austausch mit Migrationsforscher Gerald Knaus zu den aktuellen Herausforderungen
Stuttgart. Der Ausschuss für Europa und Internationales hat sich in seiner Sitzung am Mittwoch, 2. April 2025, mit Migrationsforscher Gerald Knaus über aktuelle Herausforderungen der weltweiten Migrationsbewegungen und deren Auswirkungen für Deutschland ausgetauscht. Das hat der Vorsitzende Willi Stächele (CDU) mitgeteilt. „Der Umgang mit weltweiten Migrationsbewegungen steht im Mittelpunkt aktueller deutscher und globaler Politik“, so Stächele. „Menschen überall auf der Welt sind in Not, große Flüchtlingsströme sind entstanden. Es gibt erpresserische Regimes, die mit dem Flüchtlingsthema hantieren und die Frage ist, wie geht Europa, wie gehen wir in Deutschland damit um?“
Der österreichische Sozialwissenschaftler und Migrationsforscher Knaus ist davon überzeugt, dass die politische Mitte zeigen muss, dass beim Thema Migration Kontrolle hergestellt werden kann, ohne Menschenwürde und Rechtsstaatlichkeit zu opfern. In Österreich hatte die alte, ÖVP-geführte Bundesregierung scharfe Maßnahmen gegen irreguläre Migration angekündigt. Dennoch blieb die Anzahl der Asylanträge in Österreich hoch. Diese Politik habe nicht zuletzt 2024 zum Wahlsieg der FPÖ geführt, ist sich Knaus sicher. In einer Zeit wie dieser, brauche es dringend Maßnahmen, die schnell und nachhaltig wirken, sagte er. Etwa eine funktionierende Kooperation mit der Türkei wie vor 2020. „Das Entscheidende ist, dass Politiker Dinge versprechen, die umsetzbar sind, die wirken können und dass Erfahrungen der letzten zehn Jahre aus anderen EU-Ländern beachtet werden“, so Knaus. Erforderlich seien ein klarer Kopf, klare Visionen und klare Werte. Parteien der Mitte hätten alle das gleiche Interesse: „Man will Schengen bewahren, man will das EU-Recht bewahren, die Menschenwürde schützen und den Asylgedanken bewahren, aber man will irreguläre Migration reduzieren“, fasste Knaus zusammen. Deutschland müsse sich für eine Art der humanen Kontrolle einsetzen, die den Asylgedanken nicht verletzt. Es gebe Möglichkeiten, mit sicheren Drittstaaten mit Abkommen die irreguläre Migration zu reduzieren. Entscheidend dabei sei, dass diese Staaten wirklich sicher seien. Deutschland sei in der Lage darauf zu drängen, dass innerhalb der EU, die Staaten die davon betroffen seien, sich dafür einsetzten.
In der anschließenden Fragerunde ging es u. a. um die Frage, weshalb das Abkommen mit der Türkei gescheitert ist. Knaus erläuterte, weshalb das Abkommen im März 2020 gescheitert sei, aber zuvor funktioniert habe. Er zeigte sich davon überzeugt, dass die EU sichere Drittstaatsabkommen brauche. Der Schlüssel liege darin, dass überhaupt weniger Menschen in die EU kämen und dass überhaupt unsere Standards überall durchgesetzt würden. Auch ukrainische Flüchtlinge sollten in ganz Europa die gleiche Unterstützung erfahren, dann wäre die Aufteilung der Menschen nicht so ungleich verteilt. Insgesamt sollte die Konzentration darauf liegen, Abschiebungen etwa von Straftätern durchzuführen, die man machen könne. Ressourcen müssten besser genutzt werden, etwa in Rückführungen. Für die aktuellen Herausforderungen brauche es eine proaktive, mutige Außenpolitik und kreativeres Denken. Vorsitzender Willi Stächele bedankte sich bei Gerald Knaus für die „spannende Runde“.
Sicherheit im Schienenpersonenverkehr im Fokus
Mit der Sicherheit im Schienenpersonenverkehr (SPV) befasste sich der Verkehrsausschuss auf Antrag der CDU. Ein hohes Sicherheitsgefühl der Fahrgäste und Zugbegleiter sei eine wichtige Voraussetzung für die Attraktivität der Schiene als fester Mobilitätsbaustein im Land. Unerlässlich dafür seien präventive Maßnahmen und eine effektive Bekämpfung von Übergriffen und Straftaten vor Ort in den Zügen, so die CDU. Sie wollte unter anderem wissen, wie die Sicherheitslage sich darstellt und auf welche Maßnahmen die Landesregierung zur Stärkung der Sicherheit im Schienenpersonennahverkehr setzt.
Aus der Antwort des Verkehrsministeriums im Einvernehmen mit dem Innenministerium geht hervor, dass ausgehend von 83.597 Straftaten im Öffentlichen Personenverkehr (ÖPV) in Baden-Württemberg im Jahr 2023 für das Jahr 2024 mit einem Anstieg der Fallzahlen zu rechnen sei. Auch in Bezug auf die Anzahl der Opfer im ÖPV insgesamt sei für 2024 – ausgehend von 9.007 Opfern im Jahr 2023 – ebenfalls mit einem Anstieg zu rechnen, wobei sich 2023 die Anzahl der erfassten Opfer im Bereich der „das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung in besonderem Maße beeinträchtigenden Aggressionsdelikte“ auf einem niedrigen dreistelligen Niveau bewegt habe. Aus der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) abzuleitende Zahlen für 2024 für den ÖPV, der Bahnhöfe, Gleise, Bahnen, Haltestellen, Busse und Straßenbahnen umfasst, stünden noch nicht zur Verfügung.
Weiter ergibt sich aus der Antwort des Ministeriums, dass die Bahnnetze Heilbronn Nord (Schulnote 2,21), Rheintal RB (2,18), Breisgau Ost-West (2,15), Neckartal (2,15) und S-Bahn Rhein-Neckar Los 1 (2,12) von den Fahrgästen bezüglich der subjektiven Sicherheit nach Schulnoten und gemessen am Jahresdurchschnittswert von 1,96 über alle Bahnnetze am schlechtesten bewertet wurden. Nach Angaben des stellvertretenden Ausschussvorsitzenden erklärte Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) in der Sitzung, die per Fahrgastbefragung ermittelte Benotung mit der Note zwei minus als schlechtester Bewertung habe ihn positiv überrascht. Die gefühlte Sicherheit der Fahrgäste sei wichtig. Offenbar sei es darum gar nicht so schlecht bestellt, habe der Minister erklärt, so Schuler.
Wie Schuler weiter berichtete, sprachen sich CDU und Grüne in der Sitzung dafür aus, die Anstrengungen für mehr Sicherheit im Schienenpersonenverkehr (SPV) weiter zu erhöhen. Insbesondere abends entschieden sich viele Menschen aus Gründen der Sicherheit gegen den Zug als Transportmittel, habe die CDU erklärt. Der Einsatz von mehr Sicherheitspersonal könne dagegen helfen. Man wisse aber um die Personalnot bei den Eisenbahnverkehrsunternehmen. Die Grünen hätten erklärt, technische Innovationen wie die digitale automatische Kupplung im Schienengüterverkehr könnten einen Beitrag dazu leisten, mehr Personal in die Züge zu bekommen.
Der Minister erklärte nach Angaben des stellvertretenden Ausschussvorsitzenden, in jedem Verkehrsvertrag mit Verkehrsunternehmen würden genaue Vorgaben gemacht, wie das Sicherheitspersonal eingesetzt werden muss. Grundsätzlich gebe es nur Doppelstreifen mit zwei Personen. Für sie würden Mindeststundenkontingente in den jeweiligen Verkehrsverträgen festgelegt. Auf hochbefahrenen Netzen gelte eine Begleitquote von 100 Prozent. Diese Quote müsse auf Nebennetzen absinken, weil man das Personal nicht habe.
Auf Nachfrage der SPD habe ein Vertreter des Innenministeriums nähere Angaben zu den Opferzahlen im Jahr 2023 gemacht, berichtete Schuler. Demnach seien 59,1 Prozent der Opfer männlich gewesen, 40,9 Prozent weiblich.
Die AfD habe wissen wollen, ob die Zahlen der PKS eine Aufschlüsselung der Tatverdächtigen nach Staatsangehörigkeit erlauben. Dies sei grundsätzlich möglich, im vorliegenden Antrag sei danach aber nicht gefragt worden, habe der Vertreter des Innenministeriums geantwortet.
Debatte über Zuständigkeiten für Tourismus und das geplante neue Gaststättenrecht
Stuttgart. Der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus hat sich in der Sitzung am Mittwoch, 19. März 2025, mit der Geschäftsführung der Landesagentur Baden-Württemberg International (BW_i) sowie mit regierungsinternen Abstimmungsprozessen bei Querschnittsthemen wie dem Tourismus beschäftigt. Das berichtete der Ausschussvorsitzende Dr. Erik Schweickert (FDP/DVP). Weiteres Thema sei die angekündigte Novelle des Gaststättenrechts gewesen.
Mit der Geschäftsführung von Baden-Württemberg international befasste sich der Ausschuss auf Antrag der SPD bereits zum dritten Mal. Geschäftsführer Dr. Christian Herzog hatte die Landesagentur zum 30. September 2024 auf eigenen Wunsch verlassen. Für die Interimszeit, bis zur Bestellung einer neuen Geschäftsführung, hatte Ulrich Kromer die Geschäftsführung von BW_i zum 1. Oktober 2024 übernommen. Nach Angaben des Ausschussvorsitzenden fragte die SPD in der Sitzung nach dem Stand der angestrebten Neubesetzung. Die Agentur sei für den Standort Baden-Württemberg von strategischer Wichtigkeit. Aktuell habe man den Eindruck, dass der Wirtschaftsausschuss vom Informationsfluss mit Blick auf die Neubesetzung abgeschnitten sei, habe die SPD geäußert, so Dr. Schweickert.
Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) habe dazu erklärt, die operative Handlungsfähigkeit von BW_i sei durch die interimistische Geschäftsführung gewährleistet. Die Stelle sei inzwischen ausgeschrieben und eine Personalfindungsagentur mit der Durchführung des Besetzungsverfahrens beauftragt worden. Das Verfahren sei auf der Zielgeraden. Es gebe gute Chancen für eine zeitnahe Entscheidung. Diese obliege aber dem Aufsichtsrat der Landesagentur. Sie könne dem nicht vorgreifen. Der Ausschussvorsitzende erklärte den Antrag auf Wunsch der SPD, die nach einem konkreten Zeithorizont für den Abschluss des Verfahrens gefragt hatte, für nicht erledigt.
Auf Antrag der FDP/DVP thematisierte der Ausschuss regierungsinterne Kompetenzen, Zuständigkeiten und Abstimmungsprozesse bei Querschnittsthemen im Allgemeinen und beim Thema Tourismus im Besonderen. Die Antragssteller interessierten sich dafür, wie die Koordination konkret ausgestaltet ist, beispielsweise angesichts der Tatsache, dass das Verkehrsministerium Wanderwege ausweise. Nach Angaben Dr. Schweickerts bekräftigten die Liberalen in der Sitzung, es spreche viel dafür, dass das zuständige Wirtschaftsministerium in Tourismusmusfragen in Einzelfällen nicht den Hut aufhabe. AfD und SPD hätten sich dem angeschlossen. Die SPD habe erklärt, es rieche förmlich nach Reibungsverlusten beim Thema Tourismus.
Wirtschaftsministerin Dr. Hoffmeister-Kraut bekräftigte nach Angaben des Ausschussvorsitzenden, nach der Geschäftsordnung der Landesregierung seien Angelegenheiten, die den Geschäftsbereich mehrerer Ministerien berühren, vor ihrer Beratung durch die Landesregierung zwischen den zuständigen Ministerien abzustimmen. Das funktioniere gut und habe sich beispielsweise bei der gemeinsamen Erstellung der Tourismuskonzeption des Landes bewährt. Es gebe aber keinen Zweifel daran, dass das Wirtschaftsministerium federführend sei.
Ebenfalls auf Antrag der FDP/DVP befasste sich der Ausschuss mit der im Rahmen der Entlastungsallianz angekündigten Modernisierung des Gaststättenrechts. Die Liberalen berichteten nach Angaben des Ausschussvorsitzenden von zahlreichen Anfragen dazu, so etwa zu den Auswirkungen für Vereine, die in ihren Einrichtungen keinen Alkohol ausschenken. Ministerin Dr. Hoffmeister-Kraut habe dazu erklärt, für diese Vereine ändere sich nichts. Es bleibe beim bisherigen Anzeigeverfahren. Für Einrichtungen, die Alkohol ausschenken, solle dieses einfache Verfahren künftig auch offenstehen. Das bisherige Erlaubnisverfahren falle weg. Das sei eine klare Erleichterung. Ferner erklärte die Landesregierung auf Nachfrage, dass es durch den Wegfall des Unterscheidungskriteriums Alkoholausschank zu einer Belastung für Betriebe, die keinen Alkohol ausschenken, kommen könne. Diese werden zukünftig verpflichtet, Unterrichtungen durchzuführen, wie andere Betriebe auch. Nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Dr. Schweickert habe im Ausschuss jedoch Einigkeit geherrscht, dass es insbesondere für Betriebe und Vereine (bspw. bei Straßen- und Vereinsfesten oder Weihnachtsmärkten) ohne regelmäßigen Ausschank nicht zu Mehrbelastungen kommen dürfe.
Die Ministerin habe weiter erklärt, sie gehe davon aus, dass das modernisierte Gaststättenrecht nach der Sommerpause in den Landtag eingebracht und noch im Herbst beschlossen werden könne. Derzeit sei der zweite Referentenentwurf in der Ressortabstimmung innerhalb der Landesregierung. Wesentliche Neuerungen basierten auf Vorschlägen des Gastgewerbes.
Ferner wurden folgende Themen behandelt: Auswirkungen der Europäischen Lieferkettenrichtlinie (CSDDD) auf die Wirtschaft von Baden-Württemberg; EFRE-Förderungen für Baden-Württemberg; Herkunftsländer ausländischer Auszubildender in Baden-Württemberg; Zukunft der Beruflichen Ausbildung: Ausbildungserfolg, Ausbildungsqualität, Ausbildungsabbruch; Bildungszeitanspruch für Auszubildende und für Studierende an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW); Vermögensprüfung bei ukrainischen Bürgergeldempfängern.
Innenausschuss befasst sich mit Situation bei Schutzräumen für die Bevölkerung
Stuttgart. Der Ausschuss des Inneren, für Digitalisierung und Kommunen hat sich in seiner Sitzung am Mittwoch, 19. März 2025, auf Antrag der Fraktion FDP/DVP mit der Situation bei Räumlichkeiten für den Zivilschutz befasst. Wie in der Sitzung deutlich wurde, gibt es in Baden-Württemberg rund 220 öffentliche Schutzräume mit etwa 176.000 Schutzplätzen, für die formal noch eine Zivilschutzbindung besteht. Das teilte der Vorsitzende des Gremiums, der CDU-Abgeordnete Ulli Hockenberger mit.
Hockenberger zufolge wollten die Antragsteller auch vor dem Hintergrund des Angriffskriegs gegen die Ukraine die Situation bei Schutzräumen im Land beleuchten. Die Landesregierung habe mitgeteilt, mit den grundlegend veränderten politisch-militärischen Gegebenheiten in Europa ab dem Jahr 2022 würden auch die Anforderungen an die Zivile Verteidigung und damit auch an den Zivilschutz entsprechend angepasst. Derzeit würden die Rahmenbedingungen, welche für den Zivilschutz erfüllt sein müssen, vom Bund gemeinsam mit den Ländern überarbeitet. Insbesondere die Schutzräume, deren Bedeutung nach Beendigung des Kalten Krieges abnahm, rückten wieder in den Fokus.
Nachdem der Bund seit 1990 Schutzraum-Neubauten nicht mehr gefördert habe und im Jahr 2007 entschieden habe, die bestehenden öffentlichen Schutzanlagen nach und nach abzuwickeln, sei der Bestand kontinuierlich verringert worden. Anlässlich des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine sei diese Rückabwicklung gestoppt worden, um die verbliebenen Bauwerke auf Zustand und Eignung zu prüfen. Der Bund habe dafür eine Bestandsaufnahme aller noch öffentlich gewidmeten Schutzräume durchgeführt. Gegenstand der Untersuchung waren insbesondere die Fragen, ob, in welcher Zeit und mit welchem Aufwand die noch öffentlich gewidmeten Schutzräume wieder funktionstüchtig gemacht werden könnten, berichtete Hockenberger.
Die Bestandsaufnahme habe ergeben, dass derzeit bundesweit noch 579 öffentliche Schutzräume mit rund 480.000 Schutzplätzen formal zu Zwecken des Zivilschutzes gewidmet seien. Davon unterlägen in Baden-Württemberg noch etwa 220 öffentliche Schutzräume mit rund 176.000 Schutzplätzen einer Zivilschutzbindung. Kernaussage des von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben erstellten Berichts sei, dass eine Reaktivierung der wenigen und im Bundesgebiet sehr ungleich verteilten noch öffentlich gewidmeten Schutzräume grundsätzlich möglich wäre. Die ursprünglich öffentlichen Schutzraumanlagen befänden sich überwiegend in Privateigentum sowie im Eigentum von Kommunen. Die Anlagen existierten zwar baulich noch, aufgrund fehlender Erhaltungsmaßnahmen in der Vergangenheit seien diese aber nicht mehr einsatzbereit sowie zahlenmäßig nicht ausreichend. Zeit- und Kostenaufwand der Reaktivierung hingen von dem Schutzniveau ab, das die Schutzräume künftig bieten Sollen. Nach Kenntnis des Ministeriums des Innenministeriums sei in Baden-Württemberg derzeit kein noch gewidmeter öffentlicher Schutzraum als solcher ohne Maßnahmen zur Reaktivierung funktionstüchtig, so der Vorsitzende.
Innenminister Thomas Strobl habe in der Sitzung ausgeführt, dass er bereits im Rahmen der Innenministerkonferenz im Herbst 2022 eine Initiative zu einem modernen Schutzraumkonzept eingebracht und sich dafür eingesetzt habe, dass ein modernes Schutzraumkonzept aufgestellt werde. Diese Initiative habe der hierfür zuständige Bund aufgegriffen. Gemeinsam beabsichtigten Bund und Länder, die folgenden Eckpunkte auszuarbeiten: Eine möglichst systematische Erfassung von öffentlichen Gebäuden und privaten Immobilien, die als öffentliche Zufluchtsorte genutzt werden könnten. Dazu zählten etwa Tiefgaragen, U-Bahnhöfe und Kellerräume. Zudem solle ein auf diesen Daten aufbauendes digitales Verzeichnis erstellt werden, das es Bürgerinnen und Bürgern ermögliche, über Warn- und Kartendienste die für sie nächstgelegenen Schutzorte über das Handy zu ermitteln. Darüber hinaus sollen Möglichkeiten zur flächendeckenden Schaffung von Räumen, in denen sich Bürgerinnen und Bürger insbesondere in Kellern selbst schützen könnten, mitgedacht werden, auch bei öffentlichen Neubauten. Außerdem sollen umfassende Informationskampagnen, die Bürgerinnen und Bürger über die Bedeutung von Schutzräumen und die Möglichkeiten des Selbstschutzes informieren, erstellt werden. Erste Zwischenergebnisse, vor allem mit Hinweisen an die Bevölkerung, seien für die erste Jahreshälfte 2025 geplant.
Landwirtschaftsausschuss berät über Bedrohung durch die Schilf-Glasflügelzikade
Der Ausschuss für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz hat sich in seiner Sitzung am Mittwoch, 19. März 2025, unter dem Vorsitz von Martin Hahn (Grüne) auf Antrag der FDP/DVP mit der zunehmenden Ausbreitung der Schilf-Glasflügelzikade befasst. Im Mittelpunkt der Beratungen standen die Folgen für die Landwirtschaft sowie für die nachgelagerten Branchen in Baden-Württemberg.
Durch den Klimawandel werde die Vermehrung von Insekten wie der Schilf-Glasflügelzikade begünstigt. Laut dem Landwirtschaftsministerium stelle dieser Schädling eine erhebliche Gefahr für die Landwirtschaft dar, da er zwei Bakterienarten übertrage, die vor allem Zuckerrüben und Kartoffeln massiv schädigten. Die Folgen reichten von welkenden Blättern bis hin zum kompletten Absterben der Pflanzen, was zu erheblichen Ertragsausfällen führe. Beim Zuckerrübenanbau sei ein Rückgang des bereinigten Zuckerertrags pro Hektar um bis zu 50 Prozent festgestellt worden. Bei Konsumkartoffeln seien Ernteverluste von 30 bis 70 Prozent möglich. Zudem verschlechterten sich Lagerfähigkeit und Qualität der Kartoffeln, was im schlimmsten Fall zu einem vollständigen Ernteausfall führe, erklärte der Ausschussvorsitzende Hahn. Die finanziellen Folgen für Landwirte seien laut FDP/DVP dramatisch.
Ein Monitoring des Landwirtschaftlichen Technologiezentrums (LTZ) habe ergeben, dass alle relevanten Zuckerrübenanbaugebiete Baden-Württembergs betroffen seien – darunter 85 Prozent der 16.200 Hektar großen Anbaufläche im Einzugsgebiet der Südzucker-Fabrik in Offenau. Der Schädling sei zudem bei Rote Bete, Möhren, Rhabarber, Paprika, Rotkohl, Weißkohl und Chinakohl nachgewiesen worden. Beim Frischgemüse führe ein Befall häufig zu einem Totalausfall, während in der industriellen Verarbeitung erhebliche Ertragseinbußen auftreten würden. Qualität, Verarbeitbarkeit und Lagerfähigkeit der Produkte verschlechterten sich ebenfalls.
Der Ausschuss sei sich einig gewesen, dass gezielte Maßnahmen zur Eindämmung der Schilf-Glasflügelzikade notwendig seien. Dabei sei unter anderem der Einsatz von Insektiziden diskutiert worden, wie ihn verschiedene Agrarverbände forderten. Derzeit seien jedoch keine wirksamen Pflanzenschutzmittel gegen die Schilf-Glasflügelzikade in Deutschland zugelassen – unter anderem aufgrund der Vorgaben des Biodiversitätsstärkungsgesetzes, das eine Reduktion chemisch-synthetischer Pflanzenschutzmittel vorsehe. Eine Entscheidung über eine mögliche Notfallzulassung werde laut Ministerium Anfang April erwartet.
Die FDP/DVP habe mehr Flexibilität im Biodiversitätsstärkungsgesetz gefordert und setze sich für eine schnelle Zulassung von Pflanzenschutzmitteln ein. Die AfD habe betont, dass das Problem ohne eine solche Zulassung nicht gelöst werden könne. Die SPD habe erklärt, dass die Entwicklungen genau beobachtet und eine Entscheidung über eine Notfallzulassung entsprechend abgewogen werden müsse. Gleichzeitig dürfe die Strategie zur Reduktion von Pestiziden nicht grundsätzlich infrage gestellt werden.
Neben chemischen Pflanzenschutzmitteln seien weitere Bekämpfungsstrategien diskutiert worden. Forschungsergebnisse aus Bayern würden darauf hindeuten, dass eine Anpassung der Fruchtfolgen die Zikadenpopulation verringern könnte. Während die Grünen erklärt hätten, dass es im Zuckerrübenanbau oft keine Fruchtfolge gäbe, hätten Vertreter anderer Fraktionen dieser Aussage widersprochen.
Die FDP/DVP habe die Notwendigkeit intensiver Forschung zur Entwicklung effektiver Gegenmaßnahmen betont. Auch die CDU habe sich für verstärkte Forschung ausgesprochen, jedoch darauf hingewiesen, dass rasche Lösungen erforderlich seien. Die Grünen hätten auf vom Landwirtschaftsministerium geförderte Untersuchungen zur Bekämpfung der Schilf-Glasflügelzikade ohne Pestizideinsatz verwiesen. Das Projekt „Vektoren im Ackerbau“ teste derzeit biologische Präparate und untersuche die Wirtseignung verschiedener Kulturen. Zudem laufe das Forschungsprojekt „Untersuchungen zu SBR und Stolbur mit Fokus auf die Vektoren in Baden-Württemberg“, das weitere potenzielle Überträger des Erregers identifizieren solle.
Als weitere Maßnahmen seien der Einsatz von Kulturschutznetzen, Biostimulanzien und Blattdüngern genannt worden. Mittelfristig könne auch die Züchtung resistenter Sorten eine wirksame Lösung sein, allerdings gebe es derzeit noch keine entsprechenden Varianten. Das Landwirtschaftsministerium habe abschließend betont, dass der Klimawandel eine kontinuierliche Anpassung der Pflanzenschutzstrategien erfordere und innovative Ansätze entwickelt werden müssten, um die Landwirtschaft nachhaltig zu schützen.
Landtagspräsidentin Aras: „Rechtsruck gefährdet Frauen, Frauenrechte und unsere Demokratie“
Stuttgart. Am Dienstagabend, 11. März 2025, stand im Landtag von Baden-Württemberg die in Art 3. des Grundgesetzes verankerte Gleichberechtigung von Männern und Frauen im Fokus. Über 300 interessierte Frauen und Männer sind der Einladung von Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) gefolgt, die in der Reihe „WERTSACHEN – Was uns zusammenhält“ anlässlich des Internationalen Frauentages die Frage zur Diskussion stellte: „Männer und Frauen sind gleichberechtigt: Viel erreicht, noch mehr zu tun?“. Nach einem Impulsvortrag von Prof. Jutta Allmendinger diskutierte diese auf dem Podium mit der Publizistin Shila Behjat und Leah Eh, der Gewinnerin des letztjährigen Schüler*innenwettbewerbs des Landtags.
In ihrer Eingangsrede adressierte Landtagspräsidentin Aras die Bedrohung von Frauenrechten durch den Rechtsruck in Europa und den USA. Die Demokratiefeinde in der Welt verbinde ideologisch der Kampf gegen Diversität, die Unterwerfung von Frauen und Minderheiten sowie ein grausames Verständnis von Maskulinität. „Um Frauenrechte zu stärken, brauchen wir auch eine breite gesellschaftliche Diskussion über Männlichkeit“, folgerte Aras. Männer und Jungs müssten noch stärker zu Adressaten des Feminismus gemacht werden, auch weil sie ebenfalls von Gleichberechtigung profitieren. Jedoch drohe hierzulande aktuell ein Rückschritt, denn es nehme die Gewalt an Frauen zu und die Repräsentation von Frauen – zum Beispiel im Deutschen Bundestag – ab, mahnte die Landtagspräsidentin.
Prof. Jutta Allmendinger, Soziologin und Professorin der Humboldt-Universität Berlin, stellte in ihrem Impulsvortrag klar: „Feminismus ist eine Sache von Männern und Frauen.“ Anhand verschiedener Beispiele führte sie aus, was in Sachen Gleichberechtigung bislang erreicht wurde, etwa die Bildungsexpansion, der Anstieg der Erwerbstätigkeitsquote oder das Entgelttransparenzgesetz, das noch nicht so ausgefeilt ist, wie es sein sollte. Es gebe das Gewalthilfegesetz, das Recht auf Schwangerschaftsabbruch – das noch entkriminalisiert werden müsste – sowie den gestaffelten Mutterschutz. Die Repräsentanz der Frauen in der Politik sei ausbaufähig, die geschlechtersensible Medizin mache Fortschritte. Dennoch würden zu wenig Väter in Elternzeit gehen oder sich der Care-Arbeit widmen: „Auch Männer sollten ihre Lebensläufe verändern“, so Allmendinger.
Bei der anschließenden Podiumsdiskussion unter der Moderation von Kübra Sekin und mit Publikumsbeteiligung ging es u. a. um die Gleichstellung von Frauen und Männern im Jahr 2025, Stereotype und Zuschreibungen sowie den Aufschwung des traditionellen Männerbildes. Shila Behjat, die sich in ihren Büchern u. a. damit beschäftigt, wie Söhne feministisch erzogen werden können, lenkte den Blick auf eine geschlechtergerechte Erziehung. Sie betonte wie wichtig es sei, sich auch als Mutter zu hinterfragen: „Inwieweit lebe ich die Werte, die ich selbst einfordere“?
Die 18-jährige Leah Eh berichtete, dass sie bei ihr an der Schule den „Kampf“ der Gleichstellung nicht führen müsste. Dennoch sehe sie mit Sorge den aufkommenden Rechtsruck in der Gesellschaft, der eines Tages doch wieder zu traditionellen Rollenbildern und Klischees führen könne. Um das zu verhindern müssten Jungs und Männer für das Thema sensibilisiert werden. „Sie müssen den Weg nicht für uns gehen – das können wir selber – aber mit uns“, so das schöne Schlusswort von Leah Eh.
Musikalische Akzente setzte Sängerin und Songwriterin Alex Mayr, begleitet von Konrad Henkelüdeke, mit ihren einfühlsamen Songs „Zeit“ und „Für Dich“. Im Anschluss lud die Landtagspräsidentin zum inhaltlichen Austausch und Vernetzung ein.
Die Veranstaltungsreihe WERTSACHEN – Was uns zusammenhält möchte das Gespräch über das Grundgesetz in Gang bringen und so zu einer aktiven und multiperspektivischen Auseinandersetzung mit den Fundamenten unserer Gesellschaft anregen.
Abschlussbericht der Enquetekommission „Krisenfeste Gesellschaft“ gibt es jetzt auch in Leichter Sprache
Stuttgart. Den Abschlussbericht der Enquetekommission „Krisenfeste Gesellschaft“ gibt es nun auch in Leichter Sprache. „Die Broschüre in Leichter Sprache ist wichtig, auch weil parlamentarische Arbeit allen Menschen zur Verfügung stehen muss. Das war auch ein wichtiges Anliegen der Enquetekommission“, sagte der Grünen-Abgeordnete Alexander Salomon, der Vorsitzender des Gremiums war.
Nach Angaben Salomons umfasst die Broschüre 64 Seiten. Neben einer Erklärung, was die Enquetekommission „Krisenfeste Gesellschaft“ ist und welche Ziele sie verfolgt, werden darin auch die Handlungsempfehlungen erklärt. „Durch die Broschüre haben breite Bevölkerungsgruppen einen Zugang zu den Ergebnissen, die die Kommission erarbeitet hat. Das freut mich sehr“, betonte Alexander Salomon. Die Broschüre kann auf der Website des Landtags heruntergeladen oder als gedruckte Version bei der Landtagsverwaltung bestellt werden.
Anlässlich von vorausgegangenen Krisen insbesondere durch die Pandemie, extreme Wetterereignisse, Bedrohungen kritischer Infrastrukturen und Kriege hatte der Landtag im März 2022 auf Antrag der Fraktionen GRÜNE und CDU beschlossen, eine Enquetekommission „Krisenfeste Gesellschaft“ einzusetzen. Die Enquetekommission, der 14 Landtagsabgeordnete und acht Sachverständige als externe Mitglieder angehörten, hatte ihre Arbeit im April 2022 aufgenommen. Übergeordnetes Ziel der Enquetekommission war es, das baden-württembergische Gemeinwesen in den Feldern Gesundheit, öffentliche Verwaltung, Gesellschaft und Wirtschaft auf künftige Krisen vorzubereiten, die Krisenvorsorge optimal zu gestalten und die Widerstandsfähigkeit unserer Gesellschaft zu stärken. Die Enquetekommission hat in 25 Sitzungen mit zahlreichen Anhörungen von Expertinnen und Experten Handlungsempfehlungen für eine erfolgreiche Bewältigung zukünftiger Krisen herausgearbeitet.
Umweltausschuss diskutiert über Vergabekonflikt bei Stromkonzessionen
Stuttgart. In seiner Sitzung am Donnerstag, 20. Februar 2025, hat der Ausschuss für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft auf Antrag der SPD eingehend über den Konflikt um die Vergabe von Stromkonzessionen beraten. Darüber informierte der Ausschussvorsitzende Daniel Karrais (FDP/DVP).
Bei der Stromkonzessionsvergabe handele es sich um ein Verfahren, mit dem eine Gemeinde entscheidet, welches Energieversorgungsunternehmen das Stromnetz vor Ort betreiben dürfe. Da Stromnetze zur öffentlichen Infrastruktur gehören, müssen Städte und Gemeinden dies regelmäßig neu vergeben, erklärte Karrais nach der Sitzung. In zehn südbadischen Gemeinden (Binzen, Efringen-Kirchen, Eimeldingen, Fischingen, Inzlingen, Kandern (einige Ortsteile), Neuenburg (Ortsteil Steinenstadt), Rümmingen, Schallbach und Wittlingen) sei im Jahr 2017 aufgrund eines auslaufenden Konzessionsvertrags ein neues Vergabeverfahren eingeleitet worden. Dabei sei 2019 entschieden worden, die Konzessionen an die badenovaNETZE GmbH zu vergeben.
Die bisherige Netzbetreiberin, die naturenergie netze GmbH, eine Tochtergesellschaft der EnBW, habe diese Entscheidung gerichtlich angefochten. Sowohl das Landgericht Mannheim als auch das Oberlandesgericht Karlsruhe hätten die Klagen der naturenergie netze GmbH abgewiesen, sodass die Vergabe an die badenovaNETZE GmbH rechtskräftig geworden sei. Dennoch habe die naturenergie netze GmbH den Abschluss des Stromkonzessionsvertrags nicht akzeptiert und die Übergabe der Stromnetze an den neuen Konzessionsinhaber verweigert. Die Opposition habe die Landesregierung aufgefordert, zu bewerten, dass die Netzübertragung trotz eines rechtskräftigen Urteils verweigert worden sei. Diese habe entgegnet, dass es sich bei der EnBW um ein privatwirtschaftliches Unternehmen handele und die Durchführung sowie Umsetzung von Konzessionsvergabeverfahren ausschließlich den Kommunen obliege, so Karrais.
Die Abgeordneten seien sich in der Sitzung einig gewesen, dass es in einem Wettbewerb das gute Recht der Unternehmen sei, Entscheidungen überprüfen zu lassen und der Klageweg allen offen stehe. Die CDU habe jedoch darauf hingewiesen, dass man gerichtliche Auseinandersetzungen nicht zur Sache des Parlaments und damit zu einem politischen Thema machen solle. Statt Einzelfälle zu betrachten solle man sich eher das allgemeine Vergabeverfahren genauer anschauen. Bisher handele es sich um einen Wettbewerb, der nur kostensenkend nach unten geführt werde. Die FDP habe ergänzt, dass man das bisherige Konzessionsverfahren verschlanken und vereinfachen müsse. Die AfD habe angemerkt, dass es zudem Zielkonflikte gäbe, wenn die Ausschreibung durch ein Unternehmen durchgeführt werde, dessen Tochterunternehmen an der Ausschreibung teilnehme. Auch das Ministerium habe erklärt, dass man statt Einzelfällen eher die Rahmenbedingungen der Verfahren betrachten und sich mit der Frage beschäftigen müsse, wie man insgesamt mit Konzessionsentscheidungen umgehe. Diese Entscheidung liege jedoch nicht auf Landesebene. Man könne sich dennoch überlegen, was sinnvoll wäre, um das Vergaberecht anzupassen.
Die SPD habe Karrais zufolge deutlich gemacht, dass der Zweitplatzierte ein Einsehen haben müsse, wenn eine Klage in erster und zweiter Instanz abgelehnt werde. Bisherige Konzessionsinhaber würden jedoch stattdessen auf Zeit spielen, was zu einem Stillstand führe und nicht im Sinne der Gemeinden sei. So käme es dazu, dass sich ein weiterer Rechtsstreit zur Herausgabe der Netze anschließen könne. In Gemeinden fehle es jedoch oftmals an einer eigenen Rechtsabteilung, wodurch diese Verfahren für sie teuer würden. In der Sitzung sei von Seiten der SPD hinterfragt worden, ob die Regierung diesen Stillstand durch die Hinhaltetaktik billigend in Kauf nehme. Weiter habe die FDP gefragt, ob langwierige Konzessionsstreitigkeiten notwendige Investitionen in die Netzinfrastruktur verzögern könnten.
Hierauf habe das Ministerium entgegnet, dass Investitionen zwar verzögert werden könnten aber nicht aufgehoben werden würden. Zudem sei es stets in ihrem Interesse, dass Projekte im Land umgesetzt werden würden und sie es bedauere, wenn es mehr Zeit koste eine Klärung herbeizuführen. Das Land könne jedoch, auch wenn es eine Minderheitsbeteiligung an der EnBW habe, keinen Einfluss auf legitime Entscheidungen der Unternehmen nehmen. Die Grünen hätten in der Sitzung ergänzt, dass man dennoch die EnBW-Spitze an das Anerkennen von gerichtlichen Entscheidungen erinnern müsse und abschließend erklärt, dass es im Bereich der Energie- und Wärmewende viel zu tun gäbe und es klug wäre, sich nicht miteinander, sondern stattdessen mit der Sache zu beschäftigen.
Ständiger Ausschuss befasst sich mit Staatsverträgen zur Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks
Stuttgart. Der Ständige Ausschuss des Landtags hat in seiner Sitzung am Donnerstag, 20. Februar 2025, über die Entwürfe der Staatsverträge zur Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks (ÖRR) beraten und diese zur Kenntnis genommen. „Mit den Staatsverträgen wird auch das klare Ziel verfolgt, aus der Vertrauenskrise heraus einen neuen Weg zu bestreiten und Vertrauen in den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zurückzugewinnen“, sagte der Vorsitzende des Gremiums, der CDU-Abgeordnete Guido Wolf, mit.
Nach Angaben Guido Wolfs besteht das Reformpaket aus drei Staatsverträgen, die sich mit unterschiedlichen Aspekten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks befassen. Zum einen handele es sich dabei um den Staatsvertrag zur Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Medienstaatssekretär Rudi Hoogvliet habe in der Sitzung von der heftigsten Reform des ÖRR seit einigen Jahrzehnten gesprochen. Diese sei zum einen notwendig, weil die Sendeanstalten enorme Herausforderungen wie etwa die Digitalisierung bewältigen müssten. Zum anderen gebe es auch hausgemachte Probleme und Krisen wie etwa den RBB-Skandal.
Der vorliegende Entwurf des Staatsvertrags sehe Änderungen im Medienstaatsvertrag, im ARD-Staatsvertrag, im ZDF-Staatsvertrag, im Deutschlandradio-Staatsvertrag sowie im Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag vor. Ziel der Reform sei es, einen zeitgemäßen öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu ermöglichen, der mit seinen Angeboten die gesamte Gesellschaft erreiche. Hierfür solle der Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks qualitativ gestärkt und quantitativ begrenzt werden. So enthalte der Entwurf Vorschläge zur Digitalisierung der Angebote, zur Reduzierung der Sparten- und Hörfunkangebote und zur Begrenzung des Sportrechteetats. Zudem solle die Zusammenarbeit der öffentlich-rechtlichen Sender gestärkt werden, berichtete Guido Wolf.
Der zweite Entwurf betreffe den Staatsvertrag zur Reform des Verfahrens zur Festsetzung des Rundfunkbeitrages (Rundfunkfinanzierungsänderungsstaatsvertrag). Ziel sei es, durch die Einführung eines Widerspruchsmodells einen Systemwechsel im Finanzierungssystem der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten zu erreichen. Damit solle ein neues Beitragsfestsetzungsverfahren etabliert werden, das sowohl die funktionsgerechte Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks als auch die berechtigten Mitwirkungsinteressen der Landesparlamente sichere.
Anders als bisher solle der Vorschlag der KEF zur Anpassung des Rundfunkbeitrages künftig unmittelbar wirksam werden, wenn nicht ein staatsvertraglich bestimmtes Quorum aus dem Länderkreis diesem Vorschlag widerspreche. Bisher sei die positive Zustimmung aller Länder und damit auch derer Parlamente notwendig gewesen. Die Quoren seien folgendermaßen festgelegt: Bei einer vorgeschlagenen Steigerung bis zu zwei Prozent sei ein Widerspruch durch mindestens drei Länder erforderlich, bei zwei bis 3,5 Prozent durch mindestens zwei Länder sowie bei 3,5 bis fünf Prozent durch mindestens ein Land. Ab fünf Prozent solle in jedem Fall eine Beitragsfestsetzung durch Staatsvertrag aller Länder erfolgen. Geringere Schwankungen können so ohne aufwendiges Staatsvertragsverfahren umgesetzt werden, während insbesondere bei größeren Anpassungen intensivere Mitsprache und Kontrolle der Landtage gesichert blieben, fasste Guido Wolf die Inhalte zusammen.
Der dritte Entwurf betrifft laut Wolf den Sechsten Staatsvertrag zur Änderung medienrechtlicher Staatsverträge (Sechster Medienänderungsstaatsvertrag). Dieser sehe Änderungen vor allem am Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV) sowie am Medienstaatsvertrag vor. Ziel sei es, Einstellungen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen bei der Mediennutzung leicht zugänglich zu machen und besser zu verknüpfen. So sollen die bereits vorhandenen Jugendschutzsysteme ihre Wirksamkeit bestmöglich entfalten können. Der neue Ansatz sehe einen individuell leicht einstellbaren und einfach zu konfigurierenden Jugendschutz auf Endgeräten vor. Im Fokus stünden Apps, da über sie ein Großteil der Mediennutzung von Kindern und Jugendlichen erfolgt.
Bei der Debatte in der Ausschusssitzung sprachen laut Wolf sowohl Fraktionen aus der Regierung wie auch aus der Opposition von einer notwendigen Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Die Fraktionen hätten erklärt, dass der vorliegende Entwurf des Reformstaatsvertrags wichtige Impulse zur Verbesserung des ÖRR enthalte. Im Fall des neuen Beitragsfinanzierungsmodells hätten die Fraktionen allerdings Skepsis geäußert, da aus deren Sicht auch das neue System eine Blockadesituation durch die Länder nicht ausschließe. Das Landtagsplenum befasse sich mit den drei Staatsverträgen in der Plenarsitzung am 12. März 2025, sagte Guido Wolf.
Sozialausschuss befasst sich mit der Personalsituation in der Pflege
Stuttgart. Der Ausschuss für Soziales, Gesundheit und Integration hat sich in der Sitzung am Mittwoch, 19. Februar 2025, mit der Fachkraftsituation in der Pflege beschäftigt. Das berichtete der Ausschussvorsitzende Florian Wahl (SPD). Besonders im Fokus seien die Auszubildenden gewesen.
Auf Antrag der Grünen befasste sich der Sozialausschuss mit der Personalsituation in stationären und ambulanten Pflegeeinrichtungen. Sie hatten zu diesem Zweck einen umfangreichen Fragenkatalog an das Sozialministerium gerichtet und dabei insbesondere Initiativen des Bundes wie auch des Landes in den Blick genommen, um einem Pflegenotstand entgegenzuwirken und die Zahl der Beschäftigten zu erhöhen.
Aus der Antwort des Ministeriums geht hervor, dass sich 2021 rund 62.000 Personen als Pflegefachkraft oder als Pflegehilfskraft in einem Beschäftigungsverhältnis in der Pflege befanden. Darunter waren rund 35.000 staatlich anerkannte Altenpflegerinnen und -pfleger. Zahlen für das turnusgemäß neueste Berichtsjahr 2023 befinden sich aktuell in Aufbereitung und sollen spätestens im April vorliegen, wie Sozialminister Manfred Lucha (Grüne) nach Angaben des Ausschussvorsitzenden in der Sitzung auf Nachfragen von CDU und FDP/DVP erklärte.
Den Angaben zufolge ist die Zahl der Ausbildungsbeginne in der generalistischen Pflegeausbildung zuletzt auf 7.308 (2023) gestiegen. 2022 waren es 6.340 gewesen, 2021 waren es 6.989. 2023 hätten sich insgesamt knapp 24.000 Personen in Ausbildung befunden. 3.700 Frauen und Männer hätten in diesem Jahr eine generalistische Pflegeausbildung abgeschlossen, 3.571 von ihnen als Pflegefachmann/-frau. 63 wählten eine Spezialisierung als Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger/-in, 55 als Altenpfleger/-in.
Wie der Ausschussvorsitzende berichtete, zeigten sich die Grünen zufrieden. Die Pflege sei personell insgesamt gut aufgestellt. Es liege die Vermutung nahe, dass die noch vergleichsweise neue generalistische Pflegeausbildung eine positive Rolle spiele. Genaueres werde man aber erst sagen können, wenn die Ergebnisse der laufenden Evaluation der sogenannten Generalistik vorliegen. Laut Wahl wiesen die Grünen in diesem Zusammenhang auf Berichte hin, wonach Fachkräfte mit generalistischem Abschluss bei einem Einsatz in der Kinderkrankenpflege nachgeschult werden müssen. Auch CDU und SPD hätten auf solche Rückmeldungen verwiesen, so Wahl. Man müsse dem nachgehen, habe es geheißen.
Grüne, CDU, SPD und AfD hätten zudem das Thema Ausbildungsabbrüche in der Sitzung vorgebracht, berichtete der Ausschussvorsitzende weiter. 2023 beendeten nach Angaben des Ministeriums 2.088 Personen ihre Ausbildung ohne Prüfung. Der Minister habe darauf verwiesen, dass die genauen Gründe dafür statistisch nicht erfasst werden. Betroffen sei aber nicht nur die Pflege, auch in Industrie und Handwerk seien Ausbildungsabbrüche ein Thema.
Nach Angaben Wahls warf die FDP/DVP die Frage auf, ob die Zahl der Auszubildenden reiche, um künftig die Pflege der geburtenstarken Jahrgänge leisten zu können, und welche Strategie das Land diesbezüglich verfolge. Lucha habe daraufhin erklärt, der Pflegeberuf sei in den vergangenen Jahren deutlich attraktiver geworden. Inzwischen würden Spitzenlöhne gezahlt, auch bereits in der Ausbildung. In keiner Berufsgruppe seien zuletzt so viele sozialversicherungspflichtige Jobs geschaffen worden wie in der Pflege. Das spreche für sich.
Es bedürfe jedoch weiterer Anstrengungen und vieler Bausteine, um die Personallage weiter zu verbessern, habe Lucha geäußert, so Wahl. Beispielhaft habe der Minister auf den von seinem Haus initiierten Ideenwettbewerb „Wiedereinstieg und Verbleib im Pflegeberuf“ verwiesen. Arbeitgeber hätten durch ihre Teilnahme einen wichtigen Beitrag dazu geleistet, damit der Pflegeberuf attraktiv bleibt beziehungsweise attraktiver werden kann. So beispielsweise durch strukturierte Onboarding- und Fortbildungskonzepte teils auch in der Elternzeit, ansprechende Dienstpläne und Kinderbetreuungsmöglichkeiten.
Ausschuss für Landesentwicklung Wohnen empfiehlt Zustimmung zum Gesetz für das schnelle Bauen
Stuttgart. Der Ausschuss für Landesentwicklung und Wohnen empfiehlt dem Landtagsplenum, dem Gesetzentwurf der Landesregierung „Gesetz für das schnelle Bauen“ zuzustimmen. Einen entsprechenden Beschluss fasste das Gremium in seiner Sitzung am Mittwoch, 19. Februar 2025. Zuvor hörte der Ausschuss in einer öffentlichen Anhörung Sachverständige unter anderem von kommunalen Landesverbänden sowie der Bau- und Immobilienwirtschaft an. Das teilte die Vorsitzende des Gremiums, die CDU-Abgeordnete Christiane Staab, mit.
Staab zufolge sieht das Gesetz zahlreiche Änderungen vor, die das Bauen schneller, unbürokratischer und auch kostengünstiger machen sollen. Zur Optimierung und Beschleunigung baurechtlicher Verfahren soll es künftig die Regelung einer Genehmigungsfiktion im vereinfachten Verfahren und die Erstreckung des vereinfachten Verfahrens auf alle Bauvorhaben, mit Ausnahme der Sonderbauten, geben. Zugleich solle die Liste verfahrensfreier Bauvorhaben ausgeweitet und die bestehenden Regelungen zur Typenprüfung um die umfassenderen Regelungen der Typengenehmigung ergänzt werden. Mit der Abschaffung des baurechtlichen Widerspruchsverfahrens solle darüber hinaus für schnellere Verfahren und bessere Planungssicherheit gesorgt werden.
Zudem verfolgten die Änderungen den Abbau baulicher Standards. Dazu würden Inhalt und Reichweite des Bestandsschutzes klarer geregelt und das Bauen im Bestand vereinfacht. Zudem würden die Kinderspielplatzverpflichtung neugestaltet sowie die Abstandsflächen- und Brandschutzregelungen vereinfacht. Für den Ausbau erneuerbarer Energien sehen die Änderungen eine umfassendere Verfahrensfreiheit der Ladeinfrastruktur vor, die sich auch auf Neben- und Bestandsanlagen bezieht. Die Nutzung erneuerbarer Energien solle in Bezug auf örtliche Bauvorschriften besser geschützt werden.
Nach Angaben der Vorsitzenden hat sich der Ausschuss in einer öffentlichen Abhörung, die auch per Livestream übertragen wurde, über die Einschätzung von Expertinnen und Experten zu dem Gesetzesvorhaben informiert. Als Sachverständige waren geladen: Jürgen Odszuck (Erster Bürgermeister der Stadt Heidelberg und Mitglied des Bauausschusses des Städtetags), Luisa Pauge (Dezernentin Gemeindetag Baden- Württemberg, auch als Vertreterin des Landkreistags), Davina Übelacker (Geschäftsführerin der Ingenieurkammer Baden-Württemberg), Thomas Möller (Hauptgeschäftsführer der Bauwirtschaft Baden-Württemberg e. V.), Rolf Gaßmann (Landesvorsitzender des Deutschen Mieterbundes Baden-Württemberg), Gerald Lipka (Geschäftsführer des Landesverbands Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen Baden-Württemberg), Michael Roth (Referent für Wohnungspolitik beim vbw Verband baden-württembergischer Wohnungs- und Immobilienunternehmen e. V.) und Markus Müller (Präsident der Architektenkammer Baden-Württemberg).
Die Sachverständen hätten in der Anhörung auf die dramatische Situation beim Wohnungsbau hingewiesen. So würden in Baden-Württemberg von 2022 bis 2030 alleine 206.000 neue Sozialwohnungen benötigt. Von 2022 bis 2024 seien jedoch nur 7.700 Wohnungen neu errichtet worden. Die Experten seien sich einig gewesen, dass schnelle Fortschritte beim Wohnungsbau nur gelingen, wenn Prozesse optimiert, Verfahren beschleunigt, Baustandards reduziert und Baukosten gesenkt werden. Die Referentinnen und Referenten hätten den Gesetzentwurf überwiegend positiv gewertet und viele Inhalte als richtige, erforderliche und mutige Schritte begrüßt, um das Bauen zu erleichtern und zu beschleunigen. Als besonders positiv seien die Einführung der Genehmigungsfiktion, die Abschaffung des baurechtlichen Widerspruchsverfahrens, die Typengenehmigung und die Verkürzung der Nachbarbeteiligung genannt worden.
Zugleich hätten einzelne Referenten allerdings auch Kritik in Teilen des Gesetzentwurfs geäußert, weil dieser in der aktuellen Fassung nicht die erforderliche Entlastung bringe, zum Beispiel im Bereich Brandschutz oder Stellplätze. So habe ein Referent ausgeführt, dass der Entwurf zwar solide sei, allerdings nicht als Gamechanger beim Wohnungsbau gesehen werde. Teilweise hätten die Sachverständen in einzelnen Bereichen Verbesserungsvorschläge eingebracht.
In der anschließenden nicht öffentlichen Beratung hätten die Fraktionen laut Staab von einer guten Anhörung gesprochen, die wichtige Rückmeldungen gegeben habe. Die Fraktionen Grüne und CDU hätten erklärt, die Anhörung habe gezeigt, dass der Entwurf insgesamt gut ankomme. Allerdings sei die LBO-Novelle sicher nicht abschließend und könne immer angepasst und weiterentwickelt werden. Die SPD-Fraktion habe erläutert, sie begrüße jede Form von Beschleunigung beim Bauen. Nach der Reform müsse aber direkt an weiteren Verbesserungen gearbeitet werden. Die FDP/DVP-Fraktion habe erklärt, die Anhörung habe deutlich gezeigt, dass die Reform gute Punkte enthalte. Allerdings wünsche sich die Fraktion deutlich mehr im Bereich Neubau zur Lösung des Wohnungsproblems. Nur Umnutzung und Sanierung reiche nicht aus. Ministerin Nicole Razavi (CDU) habe ausgeführt, dass die Experten unisono der Meinung seien, dass durch die LBO-Reform wirklich etwas erreicht werde. In der Anhörung habe sie nichts gehört, was das Land in der LBO noch tun könne, um den Neubau anzukurbeln.
Der Ausschuss habe dem Gesetzesentwurf einstimmig mit drei Enthaltungen zugestimmt. Drei Änderungsanträge sowie zwei Entschließungsanträge der Fraktion FDP/DVP habe der Ausschuss abgelehnt, berichtete Staab. Die zweite Beratung ist in der Plenarsitzung am 13. März 2025 vorgesehen.
Darüber hinaus beriet der Ausschuss über den Gesetzesentwurf zur Änderung des Landesplanungsgesetzes. Auch in diesem Fall habe das Gremium dafür gestimmt, dem Plenum zu empfehlen, dem Gesetzesentwurf der Landesregierung zuzustimmen.
Baden-Württemberg muss international offensiver bleiben
Stuttgart. Der Ausschuss für Europa und Internationales hat sich in seiner Sitzung am Mittwoch, 19. Februar 2025, mit dem Koordinator für deutsch-polnische zwischengesellschaftliche und grenznahe Zusammenarbeit, Dietmar Nietan, ausgetauscht. Über die Deutsche Universität in Kairo hat Prof. Dr. Dieter Fritsch informiert. Das hat der Vorsitzende Willi Stächele (CDU) mitgeteilt. „Baden-Württemberg muss international offensiver bleiben“, so Stächeles Einschätzung.
„Polen ist ein Schlüsselland der EU-Sicherheitsarchitektur“, betonte der Ausschussvorsitzende. Deutschland und Polen verbinde eine enge Nachbarschaft. Aufgabe Dietmar Nietans sei es, zur weiteren Annährung beider Gesellschaften beizutragen und gemeinsam deutsch-polnische Projekte voranzubringen, erläuterte der Vorsitzende. Dietmar Nietan freute sich darüber, dass Polen für den Europaausschuss eine Bedeutung habe. Am 15.10.2023 habe Polen seine autoritäre Regierung nach acht Jahren abgewählt. Dies sei durch eine exorbitante Steigerung der Wahlbeteiligung erreicht worden. Die neue polnische Regierung, so Nietan, lege Wert auf die Belebung des Weimarer Dreiecks, also der Beziehungen zu Deutschland und Frankreich. Nach den Wahlen seien auch die Regierungskonsultationen zwischen Deutschland und Polen wiederbelebt, ein gemeinsamer Aktionsplan sei erstellt worden. Dabei seien gemeinsame Positionen zu allen wichtigen Themen gefunden worden.
Nietan berichtete, dass in den vergangenen Monaten wichtige Projekte der Zivilgesellschaft vorangebracht wurden. So solle ein Deutsch-Polnisches Haus als Erinnerungsort für die polnischen Opfer der deutschen Verbrechen in Polen geschaffen werden. Dieser Ort der Erinnerung solle auch ein Ort der Begegnung werden. Überdies solle der polnischen Sprache in Deutschland mehr Präsenz geboten werden durch außerschulischen herkunftssprachlichen Polnisch Unterricht.
Nietan wolle sich weiter dafür einsetzen, dass Deutschland und Polen gemeinsam durch eine gute Zusammenarbeit ihrer Verantwortung in der EU gerecht werden. Umfassende Ansätze hätte Polen in seiner Agenda zur Ratspräsidentschaft erarbeitet, die unter dem Motto „Security, Europe!“ Sicherheitsthemen in den Blick nehme. So müsste die Zusammenarbeit in der Sicherheits- und Energiepolitik weiter ausgebaut werden. Im Juni 2025 werde es in der neuen polnischen Botschaft in Berlin ein deutsch-polnisches Forum geben. Polens Platz sei in der Mitte Europas, betonte Dietmar Nietan und Polens Wunsch sei es, dass Europa strategisch unabhängig ist. Nietans Ausführungen seien im Ausschuss positiv aufgenommen worden. Fragen hätte es insbesondere zu den Themen europäische Verteidigungsstrategie, wirtschaftliche Entwicklungen, Bildung und Jugendaustausche gegeben. Für Baden-Württemberg sei der Ausbau der Schüler- bzw. Jugendaustausche, evtl. mit neuen Formaten, wichtig, so Stächele. Der Vorsitzende dankte Nietan für sein großes Engagement.
Informationen zur Deutschen Universität Kairo, insbesondere Entwicklungen und Bezug zu Baden-Württemberg, trug Prof. Dr. Dieter Fritsch, Vice Chairman of Board of Trustees for Academic Affairs der German University in Cairo (GUC) und ehemaliger Rektor der Universität Stuttgart, vor. Anfang 2001 sei die Entscheidung gefallen, die GUC unter der Schirmherrschaft der beiden deutschen staatlichen Universitäten Stuttgart und Ulm zu gründen. Das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst habe dies voll unterstützt. Im Oktober 2003 sei die GUC eröffnet worden mit 900 Studierenden. Fünf Jahre später zählte sie bereits zu den führenden Privatunis in Ägypten. Derzeit seien rund 13.000 Studierende eingeschrieben, mehr als 33.000 hätten bislang graduiert. Die GUC sei das größte und erfolgreichste transnationale Bildungsprojekt des Deutschen Akademischen Austauschdienstes. 2014 wurde die GIU Berlin gegründet, es folgte in Ägypten die GUI Neue Hauptstadt.
„GUC, GIU Berlin und GIU Neue Hauptstadt sind eine unglaubliche Erfolgsgeschichte des deutschen Bildungsexports“, betonte Dr. Fritsch. 2.300 Absolventen seien bislang auf dem deutschen Arbeitsmarkt untergekommen. Ohne Unterstützung aus Baden-Württemberg wären GUC, GIU Berlin und GIU Neue Hauptstand nicht möglich geworden, so Dr. Fritsch. In der Wahrnehmung sei dieser „Nachwuchsexport“ in Deutschland jedoch noch nicht so präsent. Für die Zukunft wünsche sich die GUC eine breite Aufnahme in die deutsche Forschungslandschaft, deutsche Forschungsgelder und eine Verbesserung der Kooperation mit deutschen Universitäten. Aktuell befände sich die Deutsche Internationale Schule in Kairo (DISK) in der Fertigstellung. Sie biete Platz für 1.750 Schüler, die dort ein Deutsches Abitur ablegen können. „Wir werden diese Entwicklungen gerne im Auge behalten“, versprach Vorsitzender Willi Stächele.
Verkehrsausschuss stimmt Landesmobilitätsgesetz mehrheitlich zu
Stuttgart. Der Ausschuss für Verkehr hat in der Sitzung am Mittwoch, 19. Februar 2025, über das Mobilitätsgesetz des Landes Baden-Württemberg (LMG) beraten und anschließend dem Gesetz mehrheitlich zugestimmt. Das berichtete der Ausschussvorsitzende Rüdiger Klos (AfD).
Leitmotiv des LMG ist laut Gesetzesbegründung „die Ermöglichung und Gestaltung einer nachhaltigen, leistungsfähigen, sozial gerecht gestalteten und verlässlichen Mobilität“ im Einklang mit den Klimaschutzzielen des Landes. Das Gesetz befugt Kommunen, Abgaben zur Mitfinanzierung des öffentlichen Personennahverkehrs zu erheben. Zudem sieht es vor, dass Stadt- und Landkreise auf freiwilliger Basis Koordinatorenstellen für den Ausbau und Erhalt von Radverkehrsnetzen schaffen. Daneben enthält das Gesetz Regelungen zur Beschaffung sauberer und energieeffizienter Fahrzeuge für den Nahverkehr durch die Kommunen sowie zur Erhebung und Übermittlung von Mobilitätsdaten, um die Bedarfe für die öffentliche Ladeinfrastruktur festzulegen. Das Gesetz bietet außerdem die Grundlage für ein Digitales Parkraummanagement.
Bei einer öffentlichen Anhörung zum Gesetz in der vergangenen Woche im Verkehrsausschuss war deutlich geworden, dass Kommunal- und Wirtschaftsverbände sowie das Bus- und Kfz-Gewerbe dem Gesetzentwurf trotz mehrfacher Überarbeitung durch das Verkehrsministerium weiterhin sehr skeptisch gegenüberstehen. Nach Angaben des Ausschussvorsitzenden erklärte die FDP/DVP in der Sitzung, das Signal der Anhörung sei eindeutig gewesen. Die Verbände wollten das Gesetz nicht. Auch aus Sicht der FDP/DVP sei das Gesetz überflüssig. Sinnvolle Inhalte könnten unterhalb der Gesetzesschwelle geregelt werden.
Auch die SPD bekräftigte laut Klos, die Verbände hätten deutlich gemacht, dass das Gesetz in seiner jetzigen Form unnötig sei. Die AfD habe erklärt, das Gesetz sei Ausdruck einer „Klimaschwindelpolitik“ und werde einen „gigantischen Bürokratieaufbau“ verursachen.
Die Grünen äußerten nach Angaben des Ausschussvorsitzenden, das bisherige Gesetzgebungsverfahren habe ein „angemessenes Ringen“ zwischen progressiven verkehrspolitischen Kräften einerseits und auf Wahrung des Besitzstands zielenden Kräften andererseits gezeigt. Beim Mobilitätsgesetz handle es sich um ein „Ermöglichungsgesetz“ für intelligente Verkehrslösungen vor Ort im Sinne des Klimaschutzes. Die CDU habe betont, für sie habe die Anhörung im Landtag keine neuen Erkenntnisse gebracht. Wichtig sei, dass erst ein ÖPNV-Grundangebot vorliegen müsse, bevor ein Landkreis oder eine Kommune die Einführung eines Mobilitätspasses beschließen kann.
Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) erklärte nach Angaben von Klos, das im laufenden Verfahren „drastisch verschlankte“ Gesetz eröffne verschiedenste Möglichkeiten für eine verbesserte Mobilität. Es könne keine Rede davon sein, dass die Kommunen „verhaftet“ oder verschiedene Verkehrsträger gegeneinander ausgespielt werden. Alles in allem bringe das Gesetz verkehrspolitisch einen „großen Schritt nach vorn“.
Wie der Vorsitzende berichtete, stimmte der Ausschuss der Gesetzesvorlage nach der Diskussion mehrheitlich zu. Ein Änderungsantrag der FDP/DVP, demzufolge das Außerkrafttreten mit Ablauf des 30. April 2026 ins Gesetz aufgenommen werden sollte, sei mehrheitlich abgelehnt worden.
Debatte über Rückzahlung der Coronasoforthilfen und über Nichtraucherschutz
Stuttgart. Über den Stand der Gerichtsurteile, Urteilsbegründungen und Rückforderungen bei den Coronasoforthilfen hat der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus in seiner Sitzung am Mittwoch, 12. Februar 2025, beraten. Das berichtete der Ausschussvorsitzende Dr. Erik Schweickert (FDP/DVP). Zudem sei über die geplante Novellierung des Landesnichtraucherschutzgesetzes sowie über den Förderaufruf „Praxissprints“ im Rahmen des Förderprogramms Invest BW diskutiert worden.
Das Thema Coronasoforthilfen wurde auf Antrag der FDP/DVP aufgerufen. Die bereits erfolgreichen Klagen gegen Rückzahlungen vor den Verwaltungsgerichten Freiburg, Stuttgart und Karlsruhe seien für die Landesregierung und die ausführende L-Bank empfindliche Niederlagen, so die Liberalen in ihrem Antrag. Vor diesem Hintergrund wollten sie erfahren, welche Konsequenzen die Regierung aus den Urteilen zieht und welche Auswirkungen auf mögliche weitere und bereits von Unternehmen getätigte Soforthilferückzahlungen sie sieht.
Aus der Antwort des Wirtschaftsministeriums geht hervor, dass bis zum 31. Dezember 2024 vor den Verwaltungsgerichten im Land elf Klagen verhandelt worden seien, die sich gegen Rückforderungsbescheide richteten. Davon hätten sich acht auf Fälle bezogen, die auf Grundlage der „Richtlinie Soforthilfe Corona“ des Landes bewilligt wurden. Diesen Klagen sei stattgegeben worden. Von den drei Klagen, die sich auf gemeinsame Hilfen des Bundes und des Landes auf Grundlage der „Verwaltungsvorschrift Soforthilfe Corona“ bezogen hätten, seien zwei abgewiesen worden. Ein Verfahren sei bislang noch nicht entschieden, so das Ministerium.
Außerhalb dieser Verfahren habe es im Zusammenhang mit den genannten Klagen 91 Klagerücknahmen, 17 vollständige Klageabweisungen wegen unzulässiger Klage, zehn übereinstimmende Erledigungserklärungen und sechs Erledigungen auf sonstige Weise (Löschung wegen Dopplung) gegeben. Bis zum Stichtag hätten zu 1.444 Klagen noch keine rechtskräftigen Entscheidungen vorgelegen. Insgesamt seien 2020 in der Frühphase der Pandemie 245.700 Anträge auf Soforthilfen bewilligt worden.
Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) erklärte nach Angaben des Ausschussvorsitzenden in der Sitzung, man müsse nun zunächst den weiteren Fortgang der Verfahren abwarten. Rechtssicherheit werde es erst geben, wenn der Verwaltungsgerichtshof des Landes entschieden habe. Erst dann könne das Ministerium eine abschließende Bewertung vornehmen. Sie führte ebenso aus, dass alle bereits erfolgte Rückzahlungen, gegen die nicht geklagt wurde, als abgeschlossen gelten, selbst wenn sie eine gleiche Fallkonstellation aufweisen wie erfolgreiche Klagen. Diese Fälle würden nicht wieder angefasst werden. Dies stieß auf Kritik bei Vertretern der FDP/DVP-Fraktion.
Ebenfalls auf Antrag der FDP/DVP befasste sich der Ausschuss mit möglichen Konsequenzen der geplanten Novellierung des Landesnichtraucherschutzgesetzes (LNRSchG). Die Liberalen wollten wissen, ob Gastronomie und Veranstaltungsbranche mit nochmals schärferen Auflagen etwa für Außenbereiche rechnen müssen, wenn künftig auch Vapes, E-Zigaretten und Tabakerhitzer unter das Gesetz fallen. Wie der Ausschussvorsitzende berichtete, verliehen die Liberalen in der Sitzung ihrer Erwartung Ausdruck, dass sich das Wirtschaftsministerium beim federführenden Sozialministerium im Sinne der Unternehmen einsetzen werde.
Die Wirtschaftsministerin habe daraufhin erklärt, es solle nicht zu Verschärfungen kommen. Dies habe die CDU bekräftigt, ebenso eine Vertreterin des Sozialministeriums. FDP/DVP und SPD hätten dies als wenig überzeugend bezeichnet. Wenn es angeblich keine Verschärfungen geben solle, könne man sich die Novellierung ja schenken.
Wiederum auf Antrag der FDP/DVP diskutierte der Ausschuss den aktuellen Stand des Förderaufrufs „Praxissprints“ im Rahmen des Förderprogramms Invest BW. Gefördert werden Machbarkeitsstudien zu Forschungs-, Entwicklungs- und Innovationsvorhaben. Die Liberalen bekräftigten nach Angaben Dr. Schweickerts in der Sitzung ihre bereits im Antrag geäußerte Kritik am engen Zeitplan von der Ausschreibung am 6. Dezember 2024 über die Einreichungsfrist 20. Dezember 2024 bis zum Vorhabenbeginn spätestens am 20. März 2025. Der Zeitplan sei nicht sachgerecht, um qualitativ hochwertige Vorhaben zu fördern und die Forschungseinrichtungen angemessen zu unterstützen.
Die Wirtschaftsministerin habe in der Sitzung die enge Taktung eingeräumt, so der Ausschussvorsitzende. Ihr Haus habe aber Forschungseinrichtungen frühzeitig über den Förderaufruf auf der Basis von im Jahr 2024 nicht verbrauchten Mitteln in Höhe von 19 Millionen Euro informiert. Daraufhin seien binnen zwei Wochen 569 Förderanträge eingegangen. Es seien bereits 26 Projekte mit einem Fördervolumen von 6,5 Mio. Euro bewilligt worden. Weitere Bewilligungen seien zeitnah vorgesehen.
Ebenfalls auf Antrag der FDP/DVP befasste sich der Ausschuss mit einer möglichen Austragung der nächsten ESA-Ministerratskonferenz unter deutschem Vorsitz in Stuttgart. Die Liberalen äußerten ihr Bedauern, dass nicht Stuttgart als Austragungsort gewählt wurde. Auf Nachfrage lieferte das Bundeswirtschaftsministerium dazu einen umfangreichen Kriterienkatalog, der die Grundlage für diese Entscheidung bilde.
Weitere Themen der Sitzung: Die Geschäftsführung von Baden-Württemberg international (BW_i); die wirtschaftliche und touristische Bedeutung der landeseigenen Casinos sowie der Masterplan Mittelstand Baden-Württemberg.
Zu Gast waren in der Sitzung außerdem Mitglieder der Wirtschaftsjunioren Baden-Württemberg.
Finanzausschuss befasst sich mit Maßnahmen und Kosten für Instandhaltung der Württembergischen Staatstheater
Stuttgart. Der Finanzausschuss des Landtags hat sich in seiner Sitzung am Donnerstag, 13. Februar 2025, auf Antrag der SPD-Fraktion mit den Kosten für Instandhaltungsmaßnahmen in den Gebäuden der Württembergischen Staatstheater (WST) befasst. Wie aus der Beantwortung der Fragen hervorgeht, sind eine ganze Reihe an baulichen und technischen Maßnahmen notwendig, um den Spielbetrieb in den nächsten Jahren sicherstellen zu können. Das teilte der Ausschussvorsitzende Martin Rivoir (SPD) mit.
Rivoir zufolge muss zur Aufrechterhaltung des Spielbetriebs vor dem Bezug des Interims und der grundlegenden Sanierung der Gebäude der Württembergischen Staatstheater insbesondere in die Instandhaltung des Littmann-Baus investiert werden. Die Antragsteller gingen davon aus, dass durch den weiteren zeitlichen Verzug diese Kosten deutlich über den bereits im aktuellen Haushaltsentwurf veranschlagten 4,5 Millionen Euro pro Jahr liegen. Rivoir sagte, es dürften Kosten von bis zu 100 Millionen Euro anfallen, um den Betrieb im Littmann-Bau bis in die 30er Jahre möglich zu machen. Ein Großteil dieser Investitionen würden bei der Sanierung wieder rausgerissen.
Das Finanzministerium habe laut Rivoir erklärt, dass im Rahmen des jährlichen Bauunterhalts, im sogenannten Baukorridor, vornehmlich in der Sommerpause eine Vielzahl notwendiger baulicher und technischer Wartungs- und Instandhaltungsmaßnahmen insbesondere zur Sicherstellung des Spielbetriebs umgesetzt würden. Im Littmann-Bau stünden regelmäßig zum Beispiel die Erneuerung des Bühnenbodens, die Aufarbeitung der Zuschauersitze, die Instandhaltung der Bühnentechnik und TÜV-Begehungen an. Für einen Weiterbetrieb, insbesondere des Littmann-Baus, bis in das Jahr 2033 seien umfangreichere Maßnahmen erforderlich. Zum jetzigen Zeitpunkt seien unter anderem die Ertüchtigung der Decken im Unter- und Erdgeschoss, die Ertüchtigung der Dachabsicherung, der Austausch der Kälteanlage und die Erneuerung der Druckstation der Bühnenhydraulik absehbar. Zudem müssten Aufzugsanlagen ertüchtigt werden. Auch eine Erneuerung des Eisernen Vorhangs als bauliche Brandschutzeinrichtung und des Tonpults würden voraussichtlich erforderlich werden. Aufgrund des Alters des Gebäudes und insbesondere des Alters der technischen und bühnen-technischen Anlagen könnten weitere Maßnahmen hinzukommen, berichtete Martin Rivoir.
Die Maßnahmen beträfen laut Ministerium überwiegend die Sparten Oper und Ballett, welche die Bühne im Littmann-Bau nutzten. Die in den Jahren 2025 und 2026 umzusetzenden Maßnahmen seien bereits festgelegt. Derzeit erarbeite der für den Baukorridor zuständige Landesbetrieb Vermögen und Bau Baden-Württemberg in Abstimmung mit den WST das ab dem Jahr 2027 für die Aufrechterhaltung des Spielbetriebs umzusetzende Bauprogramm unter Berücksichtigung der längeren Nutzungsdauer bis zum Beginn der Sanierung. Nach jetzigem Stand werde voraussichtlich ab dem Jahr 2027 angenommen, dass dann für die Umsetzung dieser Maßnahmen eine Verlängerung der jährlichen Spielzeitpause von sechs auf etwa zwölf Wochen erforderlich werden könnte.
Die SPD-Fraktion habe laut Rivoir in der Sitzung erklärt, der Fraktion sei es sehr wichtig, dass die Sanierung gelinge. Doch angesichts der ausufernden Kosten sei der eingeschlagene Weg politisch nicht mehr durchsetzbar und inhaltlich nicht mehr richtig. Das Ministerium reite hier „ein totes Pferd, denn die politische Mehrheit für diesen Weg der Sanierung ist längst nicht mehr gegeben.“ Die SPD-Fraktion habe erklärt: „Hamburg zeigt mal wieder wie es geht: Dort wird ein neues Opernhaus für 400 Millionen Euro gebaut. Dies muss das Vorbild für Stuttgart sein: Ein neues Haus für die Oper und die Grundsanierung des Littmann-Baus, der dann für Ballett und Konzerte genutzt werden kann.“ Die CDU-Fraktion habe sich erkundigt, ob es möglich sei abzuschätzen, was eine Sanierung kosten würde, die den Spielbetrieb in den nächsten rund 25 Jahren sichere. Das Finanzministerium habe geantwortet, dass die Möglichkeit einer grundlegenden Sanierung während des laufenden Spielbetriebs nicht möglich sei, da man sich an die Spielpausen halten müsse.
Die Maßnahmen würden im Rahmen des Baukorridors grundsätzlich zu gleichen Teilen von der Stadt Stuttgart und dem Land getragen. In der Vergangenheit seien für den Baukorridor rund 3,5 Millionen Euro pro Jahr bereitgestellt worden. Für die Jahre 2024 bis 2026 sei der Baukorridor auf rund 4,5 Millionen Euro erhöht worden. Davon entfielen nach jetzigem Stand auf den Littmann-Bau im Jahr 2025 rund 1,3 Millionen Euro und im Jahr 2026 rund 1,6 Millionen Euro. Zudem werde davon ausgegangen, dass die erforderlichen Instandhaltungsarbeiten im Littmann-Bau aufwendiger werden. Bei einer Weiterführung des Baukorridors bis in das Jahr 2033 müsse der finanzielle Umfang in Abhängigkeit der notwendigen Maßnahmen und in Abstimmung mit der Stadt voraussichtlich entsprechend angepasst werden.
Bildungsausschuss befasst sich mit Bericht über gefährliche religiös-weltanschauliche Angebote
Stuttgart. Der Ausschuss für Kultus, Jugend und Sport hat sich in seiner Sitzung am Donnerstag, 13. Februar 2025, mit der Mitteilung der Landesregierung zum 11. Bericht der Interministeriellen Arbeitsgruppe für gefährliche religiös-weltanschauliche Angebote, welcher den Zeitraum von November 2018 bis August 2024 umfasst, beschäftigt. Das hat die Vorsitzende Petra Häffner (Grüne) mitgeteilt. „Antidemokratische Bestrebungen müssen rechtzeitig erkannt werden, denn die Anzahl der gefährlichen Angebote ist groß“, so Häffner.
Digitalisierung, Modernisierung und Pluralisierung und auch die multiplen derzeit herrschenden Krisen würden dem Bericht zufolge zu einem stetigen Wandel der deutschen Gesellschaft führen, erläuterte Ministerin Schopper Häffner zufolge. Dies wirke sich auch auf das religiöse und weltanschauliche Spektrum aus. Die Corona-Pandemie habe dabei als Katalysator gewirkt. Eine Individualisierung des religiösen Lebens nehme zu. Neue nichtinstitutionalisierte religiöse und weltanschauliche Angebote, Bewegungen und Gemeinschaften würden in Baden-Württemberg aktiver und präsenter werden sowie immer mehr an Bedeutung gewinnen.
Der Bericht beleuchte zudem die verstärkte Nutzung von Social-Media-Plattformen wie TikTok, Instagram und YouTube oder auch Messengerdiensten durch verschiedene Gruppierungen mit potenziell gefährdendem Einfluss. Dazu zählten auch so genannte „Sinnfluencer“, die unter anderem diskriminierende, esoterische oder auch spirituelle Inhalte teilen. Durch die Digitalisierung sei die Verbreitung religiöser und weltanschaulicher Inhalte und die Vernetzung von Glaubensgemeinschaften über geografische Grenzen hinweg erleichtert worden. Verstärkt worden sei der Trend durch die Corona-Pandemie, da hier zeitweise nur digitale (spirituelle) Angebote realisierbar waren.
Ein weiterer Schwerpunkt des Berichts liege auf dem wachsenden Esoterikmarkt, gab Häffner die Aussage der Ministerin wieder. Die Zunahme lasse sich unter anderem durch die psychische Belastung mit Zukunftsängsten und Ungewissheiten durch die langanhaltenden Krisen begründen. Auch die Isolation und die Sorge um die Gesundheit während der Pandemie habe den Markt weiter gestärkt. Besonders besorgniserregend sei die Verbreitung der sogenannten „Konspiritualität“, einer Schnittmenge von Esoterik und Verschwörungsmythen, sowie der „braunen Esoterik“, einer gefährlichen Mischung aus esoterischen und rechtsextremen Ideologien mit völkischen und kultischen Weltansichten.
Auch Coaching-, Heilungs- und Therapieangebote würden unter anderem im schulischen Bereich eine steigende Nachfrage verzeichnen. Dies liege unter anderem an der angespannte Versorgungssituation auf dem therapeutischen Markt. Lehrerinnen und Lehrern, sowie auch Eltern, falle es zunehmend schwerer, seriöse Angebote von unseriösen zu trennen. Unabhängige Qualitätskontrollen für die vielen Anbieter auf dem Markt würden fehlen. Um unter anderem Schülerinnen und Schüler vor solchen gefährlichen Angeboten mit ihren monetären und psychischen Auswirkungen zu schützen, stehe die Stärkung der Medienkompetenz im Zentrum. Hier habe die Ministerin auf die Medienbildung verwiesen, die es künftig bei G9 schon ab Klasse 5 geben werde. Die im Bericht angesprochenen Themen sollen im Curriculum aufgegriffen werden, sagte Schopper.
Über die Digitalisierung von Glauben und Spiritualität müsse sensibilisiert und kontinuierlich aufgeklärt werden. Zudem sei ein angemessener Umgang mit den tatsächlichen Sorgen notwendig, um einer möglichen Radikalisierung vorzubeugen und die Resilienz zu stärken. Im Bereich Opferschutz seien Selbsthilfe-Angebote, wie das zentrale Beratungsportal „www.beware-bw.de“ sowie die verschiedenen Beratungs- und Informationsstellen, wie die vom Bildungsministerium geförderte, kostenfreie Zebra-BW – die „Zentrale Beratungsstelle für Weltanschauungsfragen“, gefordert. Im Ausschuss sei gefragt worden, ob die Mittel für Zebra ausreichen. Die Ministerin habe betont, dass sie gerne mehr Geld hätte und dies für den Haushalt 2027 auf den Zettel genommen werden müsse. Da heute auch immer mehr Kinder ohne Bekenntnis in den Schulen seien, müsste auch über früheren Ethikunterricht nachgedacht werden.
„Diese Entwicklungen betreffen uns alle, und wir müssen wachsam bleiben, um unsere Gesellschaft und insbesondere junge Menschen zu schützen“, erklärte die Ausschussvorsitzende Petra Häffner abschließend.
Landwirtschaftsausschuss spricht über Maßnahmen aus Strategiedialog für eine zukunftsfähige Landwirtschaft
Stuttgart. Der Ausschuss für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz hat sich in seiner Sitzung am Mittwoch, 12. Februar 2025, unter dem Vorsitz von Martin Hahn (Grüne) auf Anträge der FDP/DVP sowie SPD hin mit der praktischen Umsetzung der Ergebnisse und Handlungsempfehlungen des Strategiedialogs und des im Oktober 2024 verabschiedeten Gesellschaftsvertrags zur Zukunft der Landwirtschaft und der biologischen Vielfalt in Baden-Württemberg befasst.
Der Gesellschaftsvertrag sei von der Landesregierung als Ergebnis des zweijährigen Strategiedialogs Landwirtschaft gemeinsam mit rund 50 Akteuren beteiligter Verbände, Kirchen, Institutionen und Unternehmen unterzeichnet worden. Von der FDP/DVP sowie SPD sei Hahn zufolge in der Sitzung kritisiert worden, dass sie beim Strategiedialog zu wenig eingebunden wurden. Diese Kritik sei von Seiten der Grünen abgewiesen worden. So hätte es Beratungsmomente gegeben, zu denen der Landwirtschaftsminister gerufen habe. Zudem sei die Intention des Strategiedialogs gewesen, vor allem die Markteilnehmer einzubinden.
Als Reaktion auf den Strategiedialog habe der Ministerrat im Dezember 2024 eine Roadmap erarbeitet, die bereits in der Umsetzung sei. Dabei seien die 42 Handlungsempfehlungen aus dem Strategiedialog priorisiert worden, gab Hahn die Ausführungen des Ministeriums wieder. Zu dem umfassenden Maßnahmenplan zählten unter anderem die Einsetzung eines Kulturlandschaftsrats, die Vereinfachung bestehender Regelungen und Verwaltungsstrukturen, der verstärkte Einsatz von Pheromonen im Weinbau, der Ausbau der Mehrgefahrenversicherung für landwirtschaftliche Betriebe und die Erhöhung der Planungssicherheit in der Tierhaltung. Darüber hinaus seien Maßnahmen zur Stärkung des Regionalmarketings geplant, was auch von der Opposition begrüßt worden sei. Ziel sei es, die Landwirtschaft im Land nachhaltiger zu gestalten sowie regionale Erzeuger und die Biodiversität langfristig zu stärken. Mit jährlichen Fortschrittsberichten wolle die Landesregierung die Umsetzung der Maßnahmen überprüfen.
Der Gesellschaftsvertrag enthalte neben den Handlungsempfehlungen auch 19 Selbstverpflichtungen der beteiligten Akteure, um unter anderem die regionalen Wertschöpfungsketten in Baden-Württemberg zu stärken. Die konkrete Umsetzung der Empfehlungen liege jedoch aufgrund des Kartellrechts bei den zuständigen Akteurinnen und Akteuren, habe das Landwirtschaftsministerium Hahn zufolge erklärt.
Bei der Zielsetzung des Strategiedialogs handele es sich laut der FDP/DVP um einen guten Ansatz, um die Erzeuger und den Handel im Rahmen des möglichen zusammenzubringen. Von Seiten der FDP/DVP sowie SPD sei in der Sitzung jedoch kritisiert worden, dass die Ergebnisse aus dem Strategiedialog zu unkonkret und die Lösung mit den Selbstverpflichtungen unbefriedigend seien, wie der Ausschussvorsitzende weiter berichtete. Es sei im Nachgang schwer zu bewerten, was durchgeführte Maßnahmen gebracht hätten, wenn Verbindlichkeiten fehlten und der Erfolg nicht vorher definiert sei. Dies würde bei einer späteren Bewertung der Maßnahmen zu Schuldabweisungen seitens der Regierung führen.
Die Landesregierung habe für die Umsetzung der Roadmap im Doppelhaushalt 2025/2026 und für die nachfolgenden Jahre Mittel in Höhe von insgesamt 143 Millionen Euro vorgesehen. Von Seiten der Opposition sei in der Sitzung hinterfragt worden, ob diese Summe tatsächlich zur Verfügung stehen werde. Hahn berichtete, dass sich das Land zudem bei Bund und EU dafür einsetzen werde, dass zusätzliche Mittel zur Erreichung der Ziele des Strategiedialogs bereitgestellt würden.
Innenausschuss befasst sich mit Berechnungsverfahren und zunehmender Zersplitterung bei Kommunalwahlen
Stuttgart. Der Innenausschuss des Landtags hat sich in seiner Sitzung am Mittwoch, 12. Februar 2025, auf Antrag der Fraktionen CDU und FDP/DVP mit der zunehmenden Zersplitterung bei Kommunalwahlen und den Folgen für die Handlungsfähigkeit von Städten und Gemeinden befasst. Im Mittelpunkt der Debatte sei unter anderem die Frage gestanden, ob ein anderes Sitzberechnungsverfahren diese Entwicklung verhindern würde und ob eine Sperrklausel verfassungsrechtlich zulässig wäre. „Die Debatte im Ausschuss hat gezeigt, dass die Fraktionen beim Thema Berechnungsverfahren verschiedene Meinungen vertreten“, sagte der Vorsitzende des Gremiums, der CDU-Abgeordnete Ulli Hockenberger.
Hockenberger zufolge habe sich die CDU-Fraktion mit ihrem Antrag nach den Auswirkungen des Berechnungsverfahrens nach Sainte-Laguë/Schepers im Vergleich zu d´Hondt bei der Kommunalwahl 2024 erkundigt. Die Fraktion FDP/DVP habe mit ihrem Antrag in Erfahrung bringen wollen, ob und inwieweit seit 2014 kommunale Gremien aufgrund einer Zersplitterung in ihrer Funktions- und Handlungsfähigkeit beeinträchtigt gewesen seien. Zudem sei gefragt worden, welche konkreten Vorschläge für eine verfassungskonforme Änderung des Sitzverteilungsverfahrens die Landesregierung habe bzw. für möglich und zulässig erachte.
Die Landesregierung habe erklärt, sie könne die Sorge des Städtetags vor einer zunehmenden Zersplitterung der kommunalen Gremien insbesondere in den größeren Städten nachvollziehen. Sie teile auch die Auffassung des Städtetags, dass durch die Mitwirkung zahlreicher Fraktionen, Gruppierungen oder Einzelräte die Arbeit in den kommunalen Gremien erschwert werden könne. Zugleich habe die Landesregierung erklärt, dass ihr und den Kommunalaufsichtsbehörden (Regierungspräsidien und Landratsämter) keine Erkenntnisse im Sinne der Fragestellung (welche Kommunen die Funktions- und Handlungsfähigkeit eines gewählten kommunalen Gremiums mutmaßlich aufgrund einer Zersplitterung gefährdet oder beeinträchtigt sehen) vorlägen, da diesbezügliche Anfragen nach den Kommunalwahlen 2014 und 2019 nicht eingegangen seien. Es seien daher keine Handlungsempfehlungen gegeben worden.
Bei der Debatte in der Ausschusssitzung habe die CDU-Fraktion erklärt, sie halte eine Rückkehr zum Verfahren d´Hondt für die richtige Vorgehensweise, um das Problem der Zersplitterung zu lösen. So seien beispielsweise in Pforzheim von 17 Wahlvorschlägen zehn Wahlvorschläge mit nur einem Sitz in den Gemeinderat eingezogen. Die Fraktion der Grünen habe ausgeführt, dass große Städte wie Pforzheim verstärkt von einer Zersplitterung betroffen seien. In der Fläche in Baden-Württemberg würden in den meisten Kommunen die unterschiedlichen Berechnungsverfahren jedoch keine großen Unterschiede ergeben. Aktuell gebe es keinen Drang, am Kommunalwahlsystem etwas zu ändern. Trotzdem könne immer geschaut werden, wo etwas verbessert werden könne. Die gleiche Position habe die Fraktion FDP/DVP vertreten und argumentiert, dass die Zersplitterung in der täglichen Arbeit der Gemeinderäte gar kein Problem darstelle. Offensichtlich sei die Zersplitterung nicht das Problem zu dem es gemacht werde. Eine Rückkehr zu d´Hondt würde die Zersplitterung ohnehin nicht lösen. Dazu bräuchte es vermutlich ein ganz anderes Berechnungssystem.
Die SPD-Fraktion habe erklärt, dass die Arbeit in den Kommunen derzeit noch funktioniere. Dies liege auch ganz besonders am Engagement der Bürgermeister, denen es gelänge, verschiedene Meinungen unter einen Hut zu bringen. Allerdings sei die Arbeit viel schwieriger geworden, vor allem dort, wo viele Einzelinteressen vorhanden seien. Die Fraktion habe Gesprächsbereitschaft und -notwendigkeit signalisiert. Die AfD-Fraktion, welche ursprünglich eine Sperrklausel favorisiert habe, habe erläutert, dass die Probleme eher größer als kleiner würden. D´Hondt würde das Problem zwar etwas schmälern, sei aber nicht die Optimallösung. Es sei wichtig, bereits jetzt zu überlegen, wie man bis zur nächsten Kommunalwahl eine bessere Lösung finde.
Nach Angaben des Vorsitzenden habe Innenminister Thomas Strobl ausgeführt, dass es beim Verfahren Sainte-Laguë/Schepers für Kleinstgruppierungen einfacher sei, einen Sitz zu erlangen, als beim Verfahren nach d´Hondt. Allerdings sei die zunehmende Zersplitterung nicht allein eine Folge des Berechnungsverfahrens, sondern auch eine Entwicklung der letzten Jahre, in denen Einzelinteressen eine immer größere Rolle spielten.
In diesem Zusammenhang sei auch über die Frage einer Sperrklausel diskutiert worden. Eine Sperrklausel stelle nach Auffassung der Landesregierung einen erheblichen Eingriff in den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Gleichheit der Wahl dar. Sperrklauseln seien zwar nicht generell unzulässig, es seien jedoch hohe verfassungsrechtliche Hürden zu beachten, wie auch das Bundesverfassungsgericht entschieden habe. Sperrklauseln bedürfen deshalb eines besonderen, sachlich legitimierten zwingenden Grundes. Die in einigen Flächenländern Deutschlands früher bestehenden Prozent-Sperrklauseln bei Kommunalwahlen seien durch die Verfassungsgerichte durchweg für verfassungswidrig erklärt worden. Derzeit gebe es in keinem Land eine Sperrklausel für Kommunalwahlen. Eine Prozent-Sperrklausel könnte nach der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung nur gerechtfertigt werden, wenn diese erforderlich wäre, um die Funktionsfähigkeit der Kommunalvertretungen sicherzustellen.
Erkenntnisse darüber, dass die Funktionsfähigkeit der Gemeinderäte und Kreistage in Baden-Württemberg beeinträchtigt oder gefährdet wäre, lägen der Landesregierung nach eigenen Angaben nicht vor. Die Einführung einer Sperrklausel im baden-württembergischen Kommunalwahlrecht sei deshalb nach Auffassung der Landesregierung nicht möglich, fasste Hockenberger die Ausführungen zusammen.
Wissenschaftsausschuss befasst sich mit Cybersicherheit der Kunst- und Kultureinrichtungen
Stuttgart. Der Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kunst hat sich in seiner Sitzung am Mittwoch, 12. Februar 2025, mit der Cybersicherheit der Kunst- und Kultureinrichtungen in staatlicher Trägerschaft befasst, einem Antrag der FDP/DVP. Das hat die Vorsitzende Nese Erikli (Grüne) mitgeteilt.
Die Antragsteller wollten vom Ministerium wissen, inwieweit öffentliche Einrichtungen im Bereich der Kunst und Kultur in Baden-Württemberg gefährdet sind oder bereits Opfer von Angriffen wurden und welche Maßnahmen zur Stärkung der Cybersicherheit für diese vorgesehen sind. Staatssekretär Arne Braun habe berichtet, so Nese Erikli, dass Angriffe auf Kultureinrichtungen zunehmen, jedoch weitgehend abgefangen würden. Kunst und Kultur stünden derzeit nicht gezielt im Visier der Angreifer. Die Absicherung des Cyberraums und der Schutz vor Cyberangriffen seien zentrale Zukunftsthemen. Das Bewusstsein für diese Problematik müsse weiter geschärft werden, habe der Staatssekretär ausgeführt. Die Landesregierung habe auf die Herausforderungen reagiert und eine landesweite Cybersicherheitsstrategie entwickelt und umgesetzt. Bei den Kunst- und Kultureinrichtungen gebe es Herausforderungen durch heterogene und über die Jahrzehnte gewachsene Informationsinfrastrukturen. Dies erfordere häufig eine Abwägung zwischen der Sicherheit und der öffentlichen Arbeit der Kunst- und Kultureinrichtungen, insbesondere im digitalen Bereich. Zur zentralen Unterstützung der Kunst- und Kultureinrichtungen in staatlicher Trägerschaft sei im Landesarchiv eine Koordinierungsstelle für Informationssicherheit eingerichtet worden, diese berate und unterstütze die einzelnen Einrichtungen und fördere deren Austausch.
Im Falle eines Cyberangriffs stehe den Kunst- und Kultureinrichtungen in staatlicher Trägerschaft die Cybersicherheitsagentur Baden-Württemberg (CSBW) als Anlaufstelle zur Verfügung. Über die CSBW habe die Landesregierung konkrete Angebote und Unterstützungsleistungen sowohl im Bereich der Prävention als auch im Bereich der Reaktion und Detektion geschaffen. So biete die CSBW Schulung und Sensibilisierung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern an, Web-Based-Trainings, Handlungsempfehlungen und Factsheets. Umfassendes Informationsmaterial gebe es auf der Website www.cybersicherheit-bw.de(externer Link).
Im Übrigen laufe derzeit, eine Ausschreibung für einen Rahmenvertrag Informationssicherheit. Das Thema werde mit Nachdruck vorangetrieben, habe der Staatssekretär betont, so Nese Erikli.
Präsidentin Aras: Wir müssen uns gegen Demokratieverachtung und Menschenfeindlichkeit stellen
Stuttgart. Der Landtag von Baden-Württemberg hat am Montag, 27. Januar 2025, dem 80. Jahrestag der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau, mit einer zentralen Gedenkfeier der Ermordung und des Leids von Millionen von Menschen unter der nationalsozialistischen Schreckensherrschaft gedacht. Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) rief die Bürgerinnen und Bürger angesichts des Erstarkens rechtsextremer Kräfte dazu auf, sich entschieden gegen Demokratieverachtung und Menschenfeindlichkeit zu stellen.
„Das Grauen, das sich der Welt am 27. Januar 1945 offenbarte, ist zum Inbegriff geworden für das Menschheitsverbrechen des Holocaust“, erklärte Landtagspräsidentin Aras in ihrer Gedenkrede. Mehr denn je gelte es heute, „den Weg des Erinnerns immer wieder zu beschreiten, sonst wuchert er zu“. Es gehe darum zu begreifen, „wozu Menschen fähig sind, wenn man dem Hass und der Herzlosigkeit nicht Einhalt gebietet“. Mit Blick auf das Erstarken rechtspopulistischer und rechtsextremer Kräfte in Deutschland, Europa und weltweit sagte die Landtagspräsidentin: „Viele von uns spüren, dass wieder etwas ins Rutschen gerät. Aras zitierte in diesem Zusammenhang den israelischen Holocaustforscher Yehuda Bauer: „Es ist nicht 1933. Aber die Gefahr ist da.“ Die Landtagspräsidentin rief dazu auf, nicht zuzuschauen, „wie die Demokratieverachtung und Menschenfeindlichkeit weiter einsickert in unsere Gesellschaft“.
Die Gedenkfeier fand im Beisein von Vertretern aller Fraktionen statt, darunter die Fraktionsvorsitzenden Andreas Schwarz (Grüne), Andreas Stoch (SPD) und Anton Baron (AfD), der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Dr. Timm Kern (FDP/DVP), der Abgeordnete Arnulf von Eyb (CDU) und Landtagsvizepräsident Daniel Born (SPD). Die Landesregierung war durch Petra Olschowski (Grüne) vertreten, Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kunst. Zu den Gästen zählten zudem Vertreterinnen und Vertreter des öffentlichen Lebens und des konsularischen Korps. Auch zahlreiche Schülerinnen und Schüler waren anwesend.
Eine Besonderheit der zentralen Gedenkfeier des Landtags ist, dass sie von den Verbänden der Opfergruppen mit vorbereitet wird. Stellvertretend für alle Opferverbände sprach Michael Kashi, Vorstandsmitglied der Israelitischen Religionsgemeinschaft Württembergs, ein Grußwort. Jugendliche aus der Stadtgesellschaft trugen in einem Beitrag des Vereins Weissenburg Zeitzeugenberichte aus der Zeit des Nationalsozialismus vor. An Infoständen im Foyer des Landtags war eine Begegnung mit Opfergruppen möglich.
Prof. Dr. Martin Sabrow, Senior Fellow am Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam und Sprecher des Leibniz-Forschungsverbundes „Wert der Vergangenheit“, zeichnete in einem Vortrag Entstehung und Wirkung der Gedenkkultur in Deutschland nach. Aktuell sei das Gedenken von einer Trivialisierung bedroht, die durch das Verschwinden der letzten Zeitzeugen des Holocaust beschleunigt werde. Das Gedenken verliere dadurch an Lebendigkeit. Zugleich griffen Rechtspopulisten die Gedenkkultur frontal an, wenn etwa behauptet werde, die Nazi-Herrschaft sei nur ein „Vogelschiss in der Geschichte“. Es bleibe der „Auftrag aller historischen Wissensvermittlung, gegen die groteske Verzerrung gesicherter geschichtlicher Erkenntnisse anzugehen“, so Sabrow.
Der Gedenkfeier ging ein stilles Gedenken voraus. Dabei legten unter anderem Vertreterinnen und Vertreter des Landes und von Opferorganisationen beim Mahnmal für die Opfer nationalsozialistischer Gewaltherrschaft (zwischen Altem Schloss und Karlsplatz in Stuttgart) Kränze und Gestecke nieder.
Der Jahrestag der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz am 27. Januar 1945 ist seit 1996 in Deutschland offizieller Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus. Am 80. Jahrestag war die zentrale Gedenkfeier des Landtags dem Gedenken in der Bundesrepublik selbst gewidmet. „Wir wollen nicht nur an alle Opfergruppen erinnern, sondern auch zurückblicken auf den beschrittenen, oft beschwerlichen Weg hin zu einer bundesweiten Erinnerungskultur. Wir wollen aber auch vorausschauen auf den vor uns liegenden Weg des Erinnerns. Denn angesichts wachsender Geschichtsvergessenheit und des Erstarkens von Menschenfeinden stehen wir womöglich erneut am Scheideweg der Demokratie. Ein Erinnern, das uns leitet, ist somit wichtiger denn je“, so die Landtagspräsidentin.
Die Rede der Landtagspräsidentin zum Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus finden Sie hier(externer Link).
Ständiger Ausschuss befasst sich mit freiwilliger Ausreise, Aufnahmeeinrichtungen und Bezahlkarte für Geflüchtete
Stuttgart. Der Ständige Ausschuss des Landtags hat sich in seiner Sitzung am Donnerstag, 23. Januar 2025, auf Antrag der Fraktion FDP/DVP mit einer Reihe von Anträgen zum Thema Migration befasst. Das teilte der Vorsitzende des Gremiums, der CDU-Abgeordnete Guido Wolf, mit.
Nach Angaben Guido Wolfs beriet der Ausschuss zunächst über das Thema freiwillige Rückkehr ins Heimatland. Hier hätten vor allem Fragen zum Ablauf des Verfahrens und zum aktuellen Sachstand im Mittelpunkt gestanden. Bund und Länder tragen seit 1979 gemeinsam das Rückkehrprogramm REAG/GARP, seit 2024 unter dem Namen REAG/GARP 2.0. Nach Auskunft des Ministeriums der Justiz und für Migration seien im Jahr 2024 insgesamt 3.473 Personen aus Baden-Württemberg freiwillig ausgereist. Für die Jahre zuvor seien folgende Zahlen erfasst worden: 2023 2.327 Personen, 2022 1.835 Personen, 2021 877 Personen, 2020 837 Personen, 2019 1.950 Personen.
2023 habe die durchschnittliche Dauer bei der Antragsbearbeitung und Ausreiseorganisation durch das BAMF bei zwei bis drei Wochen gelegen, in Einzelfällen aber auch über zwölf Wochen. Die Antragsteller hätten in der Sitzung von „erfreulichen Zahlen“ bei freiwilligen Rückkehrern gesprochen. Das Programm funktioniere gut. In Baden-Württemberg gebe es laut Ministerium sechs Rückkehrberatungsstellen des Landes in den Erstaufnahmeeinrichtungen. Daneben gebe es derzeit 33 landesgeförderte Rückkehrberatungsstellen im ganzen Land, die von Kommunen oder Nichtregierungsorganisationen getragen würden. Weitere Rückkehrberatungsstellen arbeiteten unabhängig von einer Förderung durch das Land, berichtete der Ausschussvorsitzende Guido Wolf.
Ein weiteres Thema in der Ausschusssitzung war der aktuelle Stand und die künftigen Planungen für die Aufnahmeeinrichtungen des Landes. Nach Auskunft des Justizministeriums böten die Erstaufnahmeeinrichtungen in Baden-Württemberg aktuell eine Gesamtkapazität für rund 11.800 Personen, die sich in 6.100 Personen an Regelkapazitäten und 5.700 Personen an Notkapazitäten aufteile. Der Staatssekretär im Ministerium der Justiz und für Migration, Siegfried Lorek (CDU), habe in der Sitzung ausgeführt, dass das künftige Konzept 12.000 Regelplätze und 15.000 Betten vorsehe. Ziel sei, ausreichend Regelplätze zur Verfügung zu stellen, um im Fall von stark steigenden Flüchtlingszahlen nicht Hallen in Städten und Gemeinden als Notplätze belegen zu müssen.
Die durchschnittliche Belegung des Ankunftszentrums (AZ), der Landeserstaufnahmeeinrichtungen (LEA), der Erstaufnahmeeinrichtungen (EA) und der Notunterkünfte (NU) habe im Zeitraum April 2023 bis September 2024 bei rund 5.900 Personen und damit bei 97 Prozent der verfügbaren Regelkapazitäten gelegen. Aktuell betrage die Belegung rund 70 Prozent, weil vor dem Winter weniger Personen angekommen seien als vermutet und die Kapazitäten bereits im Vorfeld erhöht worden seien. Die durchschnittliche Unterbringungsdauer in der Erstaufnahme habe im Zeitraum April 2023 bis September 2024 bei rund eineinhalb Monaten gelegen. Staatssekretär Lorek zufolge sei das Ziel, die Aufenthaltsdauer auf fünf Monate zu erhöhen, fasste Guido Wolf die Ausführungen zusammen.
Darüber hinaus informierte sich der Ausschuss beim Ministerium der Justiz und für Migration über den aktuellen Stand bei der Einführung der Bezahlkarte für Geflüchtete. Die Antragsteller hätten unter anderem danach gefragt, wann der landesweite Rollout geplant sei. Das Ministerium der Justiz und für Migration habe geantwortet, dass der Zuschlag für das für 14 Länder einheitliche Bezahlkartensystem am 25. September 2024 erfolgt sei. Insgesamt handele es sich bei der erstmaligen, flächendeckenden Einführung eines Bezahlkartensystems um ein umfangreiches und komplexes Projekt. In Baden-Württemberg solle die Einführung der Bezahlkarte daher auch schrittweise erfolgen.
Staatssekretär Lorek habe ausgeführt, dass die Nutzung der Bezahlkarte als Pilotprojekt in der Erstaufnahmeeinrichtung Eggenstein-Leopoldshafen begonnen habe. Nach zwei, drei anfänglichen Schwierigkeiten laufe das Projekt nun gut. Inzwischen hätten die Aufnahmeeinrichtungen landesweit zahlreiche Bezahlkarten abgerufen. Staatssekretär Lorek habe erläutert, er gehe davon aus, dass die Einführung der Bezahlkarte in vielen Kreisen im Februar beginne, so Guido Wolf.
Ausschuss für Wohnen berät über Wohnungsleerstand und die Zukunft kirchlicher Gebäude
Stuttgart. Der Ausschuss für Landesentwicklung und Wohnen hat sich in seiner Sitzung am Mittwoch, 22. Januar 2025, mit dem Wohnungsleerstand in Baden-Württemberg sowie der Weiternutzung und Zukunft kirchlicher Gebäude im Südwesten befasst. „In beiden Fällen ging es um die Frage, wie vorhandene Gebäude und Räume genutzt werden können“, sagte die Ausschussvorsitzende Christiane Staab (CDU).
Mit dem Wohnungsleerstand sowie der Bekämpfung von örtlichen Wohnraummangel in Baden-Württemberg befasste sich das Gremium auf Antrag der SPD-Fraktion. Aus Perspektive der Antragsteller hätten sich Fragen zum Leerstand in den Städten mit über 100.000 Einwohnern in Baden-Württemberg ergeben. Hierzu zählten die Großstädte Stuttgart, Mannheim, Karlsruhe, Freiburg, Heidelberg, Heilbronn, Ulm, Pforzheim sowie Reutlingen. Aus Zensurergebnissen zu Wohnungen zum Stichtag 15. Mai 2022 gehe hervor, dass die Universitätsstadt Mannheim mit 4,5 Prozent Leerstandsquote den höchsten Wohnungsleerstand im Land habe. Allgemein gebe es im Land Baden-Württemberg zurzeit eine Leerstandsquote von 4,2 Prozent.
Die Gründe dafür, dass Wohnungen leer stünden, seien unterschiedlich. Eigentümer hätten dies beispielsweise damit begründet, dass die Wohnung innerhalb von drei Monaten bezugsfertig seien, derzeit laufende beziehungsweise geplante Baumaßnahmen stattfänden oder ein Verkauf anstehe, fasste Staab die Antworten von Ministerin Nicole Razavi (CDU) zusammen. Bereits jetzt gäbe es eine ganze Reihe an möglichen Maßnahmen, um Leerstand entgegenzuwirken. Dazu zähle zum Beispiel das Zweckentfremdungsverbotsgesetz, das im Falle von Verstößen Ausgleichszahlungen, die Schaffung von Ersatzwohnraum oder als letztes Mittel Strafen und Bußgelder ermögliche. In Stuttgart beispielsweise seien seit Inkrafttreten des Verbots im Jahr 2016 insgesamt 2.257 Verfahren eingeleitet worden. Es seien über 400.000 Quadratmeter Ersatzwohnraum gesichert, rund 1,9 Millionen Euro als Ausgleichszahlungen festgesetzt und fast 400 Wohnungen wieder dem Wohnungsmarkt zugeführt worden. Außerdem seien Bußgelder in Höhe von 27.500 Euro verhängt worden.
Darüber hinaus gebe es laut Ministerium verschiedene Förderprogramme wie die Städtebauförderung oder „Flächen gewinnen durch Innenentwicklung“, aber auch andere Instrumente wie die Wiedervermietungsprämie oder die Beratungsprämie. Im Ausschuss habe Einigkeit geherrscht, dass die Aktivierung von Flächen und leerstehenden Immobilien ein geeignetes Mittel sei, um weiteren Wohnraum für die Menschen im Land zu schaffen, sagte die Ausschussvorsitzende.
Staab zufolge beriet der Ausschuss darüber hinaus auf Antrag der Grünen-Fraktion über das Thema Weiternutzung und Zukunft kirchlicher Gebäude im Land. Die Antragstellenden hätten vor dem Hintergrund der Umstrukturierungsprozessen der Diözesen Rottenburg-Stuttgart und Freiburg sowie die württembergische und die badische Landeskirche gefordert, eine breite gesamtgesellschaftliche Debatte über den Wert und die Zukunft kirchlicher Gebäude mit künftigen Lösungs- und Nutzungsmöglichkeiten. Fraktionsübergreifend sei man sich einig gewesen, dass es sich um ein höchst relevantes Thema handele, welches auch zukünftig große Bedeutung habe, berichtete Christiane Staab.
Bei der Debatte im Ausschuss sei vor allem die Frage im Mittelpunkt gestanden, welchen Wert die kirchlichen Gebäude, die sich häufig in zentraler Lage innerhalb von Städten und Gemeinden befinden, für die Gesellschaft hätten. Diese Gebäude gehörten zu den wertvollsten Zeugnissen unseres Kulturerbes, prägten häufig die Identität ganzer Städte und Dörfer und hätten auch über die rein kirchliche Nutzung hinaus eine große Bedeutung für das gesellschaftliche Zusammenleben. Aufgrund der demografischen Entwicklung, geringerer Eintritts- und höherer Austrittszahlen verlören die beiden Kirchen in relevantem Umfang Mitglieder. Infolge dessen komme es bei Kirchen, Gemeinde- und Pfarrhäuser zur Umnutzung oder Umbauung. Die Abgeordneten hätten darauf verwiesen, dass es bundes- und europaweit eine ganze Reihe an gelungenen Beispielen für die Weiternutzung von kirchlichen Gebäuden gebe. Die Landesregierung habe jedoch darauf verwiesen, dass es hierfür keine allgemeingültige Lösung gebe, sondern dies oft von der jeweiligen Kirche, vor allem von ihrem kirchenverfassungsrechtlichen System sowie ihrem Selbstverständnis abhänge. Zur Frage der möglichen Umnutzung von kirchlichen Gebäuden stehe das Landesamt für Denkmalpflege sowie das Ministerium für Landesentwicklung und Wohnen im Austausch mit den Landeskirchen.
Umweltausschuss spricht sich für Erhalt der einheitlichen Strompreisgebotszone in Deutschland aus
Stuttgart. Der Ausschuss für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft hat sich in seiner Sitzung am Donnerstag, 23. Januar 2025, auf Antrag der FDP/DVP intensiv mit den potenziellen Auswirkungen einer möglichen Neugestaltung der Stromgebotszonen auf Baden-Württemberg auseinandergesetzt. Das Umweltministerium habe sich dabei zusammen mit dem Umweltausschuss erneut deutlich für den Erhalt der einheitlichen deutsch-luxemburgischen Stromgebotszone positioniert, teilte der Ausschussvorsitzende Daniel Karrais (FDP/DVP) mit: „Der Landtag von Baden-Württemberg steht fraktionsübergreifend hinter der klaren Positionierung der Landesregierung. Wir fordern alle Parteien und Akteure auf Bundesebene auf, sich vor dem Hintergrund bald anstehender Verhandlungen zum Programm der nächsten Bundesregierung in Zukunft auf europäischer Ebene entsprechend klar zu positionieren.“
Bislang gelte in Deutschland eine einheitliche Stromgebotszone. Verzögerungen beim Netzausbau sowie Veränderungen im Energiesystem durch die Energiewende führten jedoch insbesondere zwischen Nord- und Süddeutschland zu Netzengpässen im Übertragungsnetz. Deshalb werde von der EU-Kommission seit 2022 durch die europäische Agentur für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden (ACER) eine Aufteilung der einheitlichen deutsch-luxemburgischen Stromgebotszone in zwei bis fünf Preiszonen als möglicher Lösungsansatz untersucht. Dazu zähle beispielweise eine Aufteilung in eine Nord- und eine Südzone. Die vier Übertragungs-netzbetreiber seien beauftragt worden, eine gemeinsame Empfehlung abzugeben, die anschließend von der Bundesregierung und der Europäischen Kommission geprüft werde, berichtete Karrais.
Eine vom Umweltministerium in Auftrag gegebene Studie habe die Auswirkungen und mögliche Folgemaßnahmen einer Trennung dieser Stromgebotszone für Baden-Württemberg untersucht. Das vom Beratungsunternehmen Frontier Economics in Zusammenarbeit mit Energy Trend Research und LEITFELD Rechtsanwälte erstellte Gutachten habe ergeben, dass die energiewirtschaftlichen und gesamtgesellschaftlichen Kosten einer Gebotszonentrennung den zu erwartenden Nutzen übersteigen würden. Eine wichtige Maßnahme bleibe hingegen der Netzausbau.
Führende Wirtschaftsverbände und Gewerkschaften würden zudem ebenfalls vor den möglichen Nachteilen einer solchen Teilung warnen. Auch das Bundeswirtschaftsministerium habe sich bereits im August 2024 in einem Optionspapier gegen eine gegenwärtige Aufteilung der deutsch-luxemburgischen Stromgebotszone ausgesprochen. Dies habe das Ministerium mit der hohen Komplexität mitten im Systemumbau und den Verteilungseffekten sowie der Wettbewerbsfähigkeit der Industriezentren begründet. Diese Haltung sei von der Landesregierung in der Sitzung erneut bestätigt worden, teilte Karrais mit. Staatssekretär Dr. Andre Baumann habe betont: „Wir setzen uns auf allen Ebenen und mit ganzer Kraft für eine einheitliche deutsche Stromgebotszone ein.“
Im Mittelpunkt der Beratungen haben Karrais zufolge die wirtschaftlichen Risiken für Baden-Württemberg gestanden, die durch unterschiedliche Strompreiszonen innerhalb Deutschlands entstehen könnten. Eine Aufteilung würde einer Studie des Energieberatungsunternehmens Enervis zufolge zu erheblichen Preisunterschieden zwischen den Zonen führen, so Karrais. Demnach könnten die Strompreise in Süddeutschland bis 2027 um etwa zwölf Euro pro Megawattstunde (MWh) steigen. In Norddeutschland hingegen könnten diese um etwa elf Euro pro MWh sinken. So seien Preisunterschiede von über 20 Euro pro Megawattstunde zwischen Nord- und Süddeutschland möglich, habe die FDP/DVP gewarnt. Dies stelle insbesondere für das produzierende Gewerbe in Baden-Württemberg eine erhebliche Belastung dar.
Neben steigenden Energiepreisen seien in der Sitzung, als Risiken getrennter Stromgebotszonen, eine schwache Konjunktur und Unternehmensabwanderungen ins (außereuropäische) Ausland sowie die Kosten für die Einführung genannt worden. Folglich seien sich die Ausschussmitglieder fraktionsübergreifend einig gewesen, dass eine einheitliche Stromgebotszone erhalten werden müsse, so Karrais. „Ein höherer Strompreis im Süden Deutschlands würde die Wirtschaftskraft unseres Landes massiv schwächen. Wir brauchen stattdessen Planungssicherheit für Bevölkerung und die Wirtschaft. Gleichzeitig gilt es den Netzausbau konsequent voranzutreiben“, habe Dr. Baumann in der Sitzung Karrais zufolge erklärt. Das Umweltministerium habe das Bundeswirtschaftsministerium aufgefordert, die notwendigen Rahmenbedingungen zu schaffen und Initiativen zu ergreifen, um eine Gebotszonentrennung zu verhindern und werde sich auch weiterhin aktiv in die Diskussionen auf Bundes- und EU-Ebene einbringen.
Europaausschuss informiert sich über die Prioritäten der polnischen EU-Ratspräsidentschaft
Stuttgart. Der Geschäftsträger a. i. der Republik Polen, Jan Tombiński, ist am Mittwoch, 22. Januar 2025, zu Gast im Ausschuss für Europa und Internationales gewesen und hat dort die Schwerpunkte der polnischen EU-Ratspräsidentschaft vorgestellt. Überdies hat sich der Europaausschuss mit dem Präsidenten der Landesanstalt für Kommunikation Baden-Württemberg, Dr. Wolfgang Kreißig, ausgetauscht. Das hat der Vorsitzende Willi Stächele (CDU) mitgeteilt.
Zu Beginn der Sitzung wählte der Europaausschuss Catherine Kern (Grüne) zur neuen stellvertretenden Vorsitzenden. Die Neuwahl war notwendig geworden, da die bisherige Stellvertreterin, Andrea Bogner-Unden, ihr Mandat gesundheitsbedingt zum Jahresende 2024 niedergelegt hatte.
Am 1. Januar 2025 hat Polen zum zweiten Mal den halbjährlichen Vorsitz im Rat der Europäischen Union (EU) von Ungarn übernommen. Das polnische Präsidentschaftsprogramm steht unter dem Motto „Security, Europe!“ und hat folgende Schwerpunkte: Verteidigung und Sicherheit, Schutz von Menschen und Grenzen, Widerstand gegen Einflussnahme aus dem Ausland und Desinformation, Gewährleistung der Sicherheit und Freiheit von Unternehmen, Energiewende, wettbewerbsfähige und widerstandsfähige Landwirtschaft sowie Gesundheitssicherheit. Wie Jan Tombiński darlegte, sehe Polen in Russlands Vorgehen eine existenzielle Bedrohung für die europäische Sicherheitsarchitektur. Deshalb fordere die polnische Ratspräsidentschaft gemeinsames und ehrgeiziges Handeln in der europäischen Verteidigungspolitik. Es bedürfe einer Verbesserung der Verteidigungsbereitschaft durch gesteigerte Militärausgaben, eine stärkere Rüstungsindustrie und die Schließung von Verteidigungslücken. Der Schutz von Menschen und Grenzen solle mit der Stärkung des EU-Katastrophenschutzverfahrens und der Ziele der EU für die Katastrophenresilienz erreicht werden, so Tombiński. Die EU müsse sich proaktiv auf mögliche Krisen vorbereiten, um ihre Bürgerinnen und Bürger zu schützen. Unter anderem mit der Förderung interner Reformen der EU möchte sich Polen dafür einsetzen, dass die EU die Resilienz ihrer Demokratien stärkt und Polarisierung und Spaltung verhindert. Überdies verfolge die polnische Ratspräsidentschaft das Ziel, den gemeinsamen Binnenmarkt auszubauen und Bürokratie abzubauen. Auch die zuverlässige Energieversorgung steht auf der polnischen Agenda. Die Position der europäischen Landwirte in Lieferketten soll gestärkt werden und EU-Standards in den Bereichen Lebensmittelqualität, Sicherheit und Nachhaltigkeit geschützt werden.
„Polen hat sich ein sehr ehrgeiziges Programm für sechs Monate Präsidentschaft aufgestellt“, bemerkte Vorsitzender Stächele. Doch mit Blick auf den Krieg in der Ukraine und dem Machtwechsel in den USA sei es besonders wichtig, Europa schmackhaft zu machen. „Wir müssen die Menschen mitnehmen, da sie den Weg mit gehen müssen, Europa stärker zu machen.“ Die von der polnischen Ratspräsidentschaft gewählten Schwerpunkte unter dem Motto „Security, Europe“ seien im Ausschuss begrüßt worden, so Willi Stächele. „Für uns in Baden-Württemberg ist es auch wichtig, dass die polnische Präsidentschaft weiter an den EU-Schweiz-Beziehungen arbeiten möchte“, bekräftigte er.
Die „Europäische Medienentwicklung“ war Thema im Austausch mit dem Präsidenten der Landesanstalt für Kommunikation Baden-Württemberg (LFK), Dr. Wolfgang Kreißig. „Die europäische Medienpolitik hat eine enorme Bedeutung bekommen und sieht spannenden Zeiten entgegen“, so Vorsitzender Willi Stächele. Dr. Kreißig bestätigte, dass sie „im Feuer“ stünde. Bislang hätten sich die Europäischen Verträge auf dem Grundsatz „Einheit in Vielfalt“ berufen, es gelte der Grundsatz der Subsidiarität, ein kompetenzbezogener Verhältnismäßigkeitsgrundsatz sowie Kompetenzzuweisungen (Kulturklausel, Binnenmarktklausel). Innerhalb kürzester Zeit habe ein Paradigmenwechsel stattgefunden hin zu Verordnungen, die den einzelnen Mitgliedsstaaten Spielräume wegnehmen würden. Eine europäische Regulierung erfolge seit Ende 2022 über das Digital Services Act (DAS). Es regle u. a. den Umgang mit rechtswidrigen Inhalten, beinhalte Transparenzpflichten, Beschwerdemanagement sowie Jugendmedienschutz und gelte horizontal für sämtliche Internet-Dienstleistungen. Flankiert werde es seit Frühjahr 2024 durch das European Media Freedom Act (EMFA), das alle in der Öffentlichkeit tätigen Medien erfasse. Bislang habe EMFA jedoch kaum Auswirkungen auf Deutschland, so Dr. Kreißig. Sein vorläufiges Fazit: die Staatsferne der Medienaufsicht sei abgeschwächt worden. Es gebe eine mangelnde Rechtsklarheit zwischen nationalem und europäischem und innerhalb des europäischen Rechts. Zuständigkeiten und Grundsätze würden ausgehöhlt. Dennoch schaffe Europäisches Recht mehr Handlungsoptionen. Die Umsetzung der Maßnahmen erfordere aber nach wie vor nationale Regulierungsbehörden.
Im Ausschuss sei erörtert worden, dass man sich hier in einem Spannungsfeld bewege zwischen nicht zu wenig und nicht zu viel Regularien, berichtete Willi Stächele. Der Begriff der Medienfreiheit werde in der EU bislang unterschiedlich ausgelegt. „Medien machen nicht Halt vor Grenzen, deshalb muss in diesem Bereich gearbeitet werden. Es besteht der Wunsch nach Schutz, aber ohne die Medienvielfalt kaputt zu machen und neue Bürokratie aufzubauen.“ Das Thema werde den Europaausschuss künftig noch weiter beschäftigen, war sich Willi Stächele sicher.
Landtagspräsidentenkonferenz: Schutz unserer Demokratie als zentrale Aufgabe für die Zukunft
Stuttgart. Die deutschen und österreichischen Landesparlamente, der Südtiroler Landtag und das Parlament der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens sehen den Schutz unserer Demokratie als zentrale Aufgabe für die nächsten Jahre an. Eine entsprechende Erklärung beschlossen die Parlamentspräsidentinnen und Parlamentspräsidenten am Montag, 20. Januar 2025, auf ihrer Europakonferenz in Brüssel. Sie trafen sich zu Beginn der neuen fünfjährigen Mandatsperiode der EU-Kommission (Amtsantritt: 1. Dezember 2024), um vor Ort die Stimme der europäischen Regionen einzubringen.
Mit Sorge sehen die Präsidentinnen und Präsidenten die zunehmenden Bedrohungen, denen die Europäische Union (EU) ausgesetzt ist. Im Kern sei die Union bis heute ein Friedensprojekt, das derzeit mehr denn je gegen Angriffe von innen wie von außen geschützt werden muss. „Die Landesparlamente leisten bereits jetzt einen wichtigen Beitrag für eine stabile, demokratische und wertebasierte EU. Es muss auch in den nächsten Jahren eine zentrale Aufgabe sein, unsere Demokratie, unsere Werte und unsere freie europäische Lebensweise zu schützen“, betonte Landtagspräsidentin Muhterem Aras am Montag bei der Vorstellung der Europaerklärung im Rahmen der Konferenz. „Wir dürfen nicht zulassen, dass unser gemeinsames Haus Europa von destruktiven Kräften demontiert wird“, so Aras.
Durch ihre Nähe zu den Bürgerinnen und Bürgern sowie zu Unternehmen vor Ort haben die Landesparlamente konkrete Erfahrungen damit, ob EU-Recht in der Praxis gut funktioniert. Daher fordern die Präsidentinnen und Präsidenten in ihrer Brüsseler Erklärung größere Einflussmöglichkeiten der Landesparlamente auf EU-Vorhaben: Ihre Stellungnahmen zu neuen Gesetzgebungsvorschlägen der EU-Kommission (sogenanntes Subsidiaritätsfrühwarnsystem) sollten demnach stärker berücksichtigt werden. Auch sollten die Parlamente die Möglichkeit erhalten, selbst Initiativen auf europäischer Ebene vorzuschlagen. Zudem müsse der Europäische Ausschuss der Regionen (AdR) im institutionellen Gefüge der EU gestärkt werden. Etwa durch eine Beteiligung an den Abstimmungen (Trilogen) zwischen Europäischem Parlament, Rat und Europäischer Kommission im EU-Gesetzgebungsverfahren, sofern sie Auswirkungen auf die regionale und kommunale Ebene haben.
Um die parlamentarische Zusammenarbeit in der Mehrebenendemokratie zu stärken und den Austausch zwischen den Abgeordneten auf regionaler, nationaler und europäischer Ebene zu vertiefen, regen die Präsidentinnen und Präsidenten ferner die Schaffung einer „Konferenz der Parlamente“ an. „Gerade in schwierigen Zeiten wie heute kann die Zusammenarbeit der Parlamente die Demokratie in Europa insgesamt stärken“, bekräftigte Aras.
Die Konferenz der Präsidentinnen und Präsidenten der Landesparlamente tagt seit 1947 unter wechselnder Federführung und erörtert Fragen des Föderalismus sowie aktuelle Herausforderungen für die Landtage. Seit 2017 findet einmal jährlich eine Europakonferenz des Gremiums in Brüssel statt, bei der unter anderem die Rolle der Landesparlamente in der Europäischen Union thematisiert wird. Die diesjährige Konferenz kam am Montag, den 20. Januar 2025, unter dem Vorsitz des Salzburger Landtags und des Landtags von Baden-Württemberg in Brüssel zusammen.
Fördersystem des Landes und Agenda der neuen EU-Kommission auf dem Prüfstand
Stuttgart. Der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus hat sich in der Sitzung am Mittwoch, 15. Januar 2025, mit dem Fördersystem und den Förderprogrammen des Landes und deren Grad der Digitalisierung beschäftigt. Das erklärte der Ausschussvorsitzende Dr. Erik Schweickert (FDP/DVP). Zudem habe der Ausschuss über mögliche Auswirkungen der Wirtschaftspolitik der neuen EU-Kommission auf den Standort Baden-Württemberg diskutiert.
Noch vor Eintritt in die Tagesordnung der Sitzung im Landtag zeigte sich der Ausschussvorsitzende Dr. Schweickert sehr verwundert, dass das Wirtschaftsministerium einseitig die Entscheidung getroffen hatte, dass neben der von einer Präsenzteilnahme entschuldigten Ministerin bis auf eine Ausnahme auch die Mitarbeiter des Wirtschaftsministeriums der Wirtschaftsausschusssitzung ausschließlich digital beiwohnten sollten. Diese Entscheidung sei nicht nur entgegen der bisherigen Gepflogenheiten, sondern passe auch nicht zum jahrelangen guten und sachorientierten Austausch zwischen dem Wirtschaftsausschuss und dem Wirtschaftsministerium, so der Ausschussvorsitzende. Er kündigte an, dem Thema auf den Grund zu gehen und dies mit der Landtagspräsidentin zu besprechen.
Weiter befasste sich der Ausschuss auf Grundlage von Anträgen der FDP/DVP und der Grünen mit dem Förderwesen im Land. Die Liberalen mahnten in ihrem Antrag angesichts eines „Dickichts an Förderprogrammen“ grundsätzlichen Reformbedarf im Sinne bereits öffentlicher Vorschläge ihrer Fraktion wie des Normenkontrollrats an. Die Grünen fragten in ihrem Antrag nach dem Stand der Digitalisierung bei den Förderprogrammen des Wirtschaftsministeriums und betonten die Bedeutung einer medienbruchfreien Abwicklung vom Antrag über die Mittelfreigabe bis zur Evaluation von Fördermaßnahmen.
Aus den Antworten des Finanzministeriums im Einvernehmen mit weiteren Ministerien geht hervor, dass 2023 insgesamt 292 Förderprogramme ausgewiesen waren. Im Haushaltsjahr 2023 seien für diese Förderprogramme insgesamt 8,4 Milliarden Euro vorgesehen gewesen. Die Aufwendungen für Administration und Organisation der Programme hätten insgesamt 114,8 Millionen Euro betragen. Nach Angaben des Ausschussvorsitzenden erklärte Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) in der Sitzung, die Landesregierung arbeite stetig daran, die Landesförderprogramme für alle potenziellen Fördernehmenden übersichtlich und verständlich zu gestalten. Dabei messe sie der digitalen Abwicklung große Bedeutung bei. Es gehe darum, die Prozesse zu verschlanken und mehr Empfänger zu erreichen. Noch bestehende Medienbrüche seien auch dem Umstand geschuldet, dass das Land mit Förderdienstleistern zusammenarbeite, die über eigene Software verfügten.
Wie Dr. Schweickert berichtete, kritisierte die FDP/DVP, die Digitalisierung im Förderwesen stehe noch ganz am Anfang. Lediglich zehn Prozent der Programme würden medienbruchfrei abgewickelt. Weniger Programme anzubieten, diese dann aber konsequent digital, sei naheliegend, hätten die Liberalen erklärt, so der Ausschussvorsitzende. Auch die SPD habe geäußert, die „Förderkulisse“ sei zu groß, man könne vor lauter Bäumen den Wald nicht sehen. Die Grünen hätten erklärt, bei der Digitalisierung gebe es Verbesserungspotenzial. Dies habe das Ministerium aber erkannt und arbeite daran. Die CDU habe ausgeführt, es gelte, mit weniger mehr zu erreichen. Manche Komplexität sei aber auch von der EU vorgegeben.
Wiederum auf Antrag der FDP/DVP diskutierte der Ausschuss über die Wirtschaftspolitik der neuen EU-Kommission und mögliche Folgen für Baden-Württemberg. Das Wirtschaftsministerium betonte in seiner Antwort, es begrüße, dass die Kommission „Von der Leyen II“ sich auf die Förderung der Wettbewerbsfähigkeit, die Sicherung der strategischen Souveränität sowie die ökologische Transformation der europäischen Wirtschaft konzentrieren wolle. Ziel müsse es sein, die wirtschaftliche Dynamik zu fördern und die Innovationskraft zu stärken, damit Unternehmen auch unter verschärften Wettbewerbsbedingungen erfolgreich bleiben können.
Wie Dr. Schweickert berichtete, signalisierten die Grünen in der Sitzung Übereinstimmung mit diesen Zielen. Dagegen hätten Liberale und CDU schwere Bedenken gegen die konkrete Ausgestaltung geäußert. Das De-Facto-Verbrennerverbot, CO2-Flottengrenzwerte und Bürokratie seien Gift für die heimische Wirtschaft, habe die FDP/DVP erklärt und gefordert, die Landesregierung müsse sich in Brüssel entschieden für hiesige Unternehmen einsetzen. Die CDU habe deutlich gewarnt, die EU-Kommission könne nicht wie bisher bürokratische Vorschriften im Akkord erlassen und müsse diesbezüglich die „Reset-Taste“ drücken.
Ebenfalls auf Antrag der FDP/DVP thematisierte der Ausschuss erneut das ungewollt tragende Engagement des Landes auf der Expo Dubai. Überschrift: „Vier Jahre Expo-Debakel und kein Ende“. Die Wirtschaftsministerin wartete nach Angaben von Dr. Schweickert mit der Neuigkeit auf, dass die Streitwertbeschwerde der Landesregierung erfolgreich beschieden worden sei. Der Streitwert sei kurz vor Weihnachten von bisher zwölf Millionen Euro auf 1,7 Millionen Euro reduziert worden. Dadurch sänken die vom Land zu tragenden Verfahrenskosten von knapp 500.000 Euro auf 100.000 Euro. Das Land war zuvor mit seiner Schadenersatzklage gegen die einstigen Expo-Partner gescheitert. Gegen das Urteil werde man nicht in Berufung gehen, habe Dr. Hoffmeister-Kraut erklärt.
Beim Antrag der SPD-Fraktion zum Wechsel in der Geschäftsführung von Baden-Württemberg international (BW_i) zeigte sich die Ministerin bei ihren Antworten maximal zurückhaltend, da es sich dabei um eine eigenständige Agentur handle. Selbst bei Fragen der SPD-Fraktion zu Zeitplänen und aktuellem Stand gab die Ministerin keine Auskunft, was bei den Oppositionsfraktionen SPD und FDP/DVP zu großem Unverständnis führte.
Des Weiteren befasste sich der Ausschuss mit Anpassungen am Vergaberecht, der Bedeutung von Handwerksberufen für andere Wirtschaftsbereiche, der Innovationsallianz, der Verpackungsindustrie Baden-Württembergs, Reallaboren, den Start-up BW Acceleratoren, der Einführung einer Versicherungspflicht für Elementarschäden, den potenziellen wirtschaftlichen Folgen eines Kriegs zwischen China und Taiwan und Fragen des Mutterschutzes für Selbstständige.
Finanzausschuss befasst sich mit Förderprogramm Corona-Hilfen für Hotel- und Gaststättengewerbe
Stuttgart. Der Finanzausschuss des Landtags hat sich in seiner Sitzung am Donnerstag, 16. Januar 2025, mit dem Förderprogramm „Stabilisierungshilfe Corona für das Hotel- und Gaststättengewerbe“ befasst. Im Mittelpunkt der Beratung stand die Evaluation der Corona-Hilfen. Diese habe ergeben, dass die finanziellen Unterstützungsmaßnahmen insgesamt hilfreich und zufriedenstellend gewesen seien, sagte der Vorsitzende des Gremiums, der SPD-Abgeordnete Martin Rivoir. Weil die Opposition mit den Antworten der Landesregierung teilweise nicht zufrieden war, muss diese nun einen weiteren Bericht vorlegen.
Martin Rivoir zufolge hatte der Ausschuss beschlossen, die Landesregierung aufzufordern, in den Landesprogrammen grundsätzlich eine Vorrangigkeit der Bundeshilfen festzulegen, soweit Land und Bund gleichartige Förderungen gewährten. Außerdem solle dafür Sorge getragen werden, dass eingesetzte IT-Verfahren einen Datenabgleich und die automatisierte Übergabe relevanter Daten für Förderanträge ermöglichten. Zudem sei beschlossen worden, dass die Regierung dem Landtag bis Juni 2025 berichten solle, inwieweit sie bei gegebenem Anlass die Empfehlungen des Rechnungshofs im Rahmen der Aufarbeitung der Corona-Wirtschaftshilfen – etwa im Rahmen von Bund-Länder-Abstimmungen oder Überlegungen für künftige, vergleichbare bundesweite Förderprogramme – eingebracht habe oder einzubringen gedenke.
In ihrer Antwort habe die Landesregierung zum ersten Punkt ausgeführt, dass die Evaluation ergeben habe, dass sich die Stabilisierungshilfe Corona trotz Überschneidungen bei Zielstellung, Zielgruppe und den Fördergegenständen mit der Überbrückungshilfe sowie November- und Dezemberhilfe des Bundes gut in die Förderlandschaft von Bund und Land eingefügt habe. Die Zuwendungsempfänger hätten den Antrags- und Bewilligungsprozess überwiegend positiv und die Förderkonditionen als passfähig bewertet. Die Fallstudien und die Onlinebefragung hätten der Stabilisierungshilfe Corona zudem einen hohen Grad an Zielerreichung und Wirksamkeit bescheinigt. Auch sei berichtet worden, dass die Stabilisierungshilfe zur Erschließung neuer Geschäftsbereiche und zur mentalen Entlastung beitrug, „da sie Sicherheit und den Rückhalt von Seiten des Landes signalisiert“ habe, fasste Martin Rivoir die Ausführungen der Landesregierung zusammen.
Insgesamt könne laut Regierung festgestellt werden, dass die Stabilisierungshilfe Corona in der konkreten Ausnahmesituation trotz Überschneidungen mit Bundesförderungen eine Berechtigung gehabt habe. Der Einsatz von Landesförderungen bleibe jedoch auch in Ausnahmesituationen sorgfältig abzuwägen, wenn gleichartige Bundesförderungen verfügbar seien und keine Vorrangigkeit von Landes- vor Bundesförderungen gewährleistet werden könne. Der vorrangige Einsatz von verfügbaren Bundesmitteln sei bereits landeshaushaltsrechtlich und im Sinne der Haushaltsgrundsätze geboten und werde somit von der Landesregierung beachtet.
Zum zweiten Punkt habe die Regierung geantwortet, dass der Evaluator den Einsatz einer zentralen Antragstellungs- und Bearbeitungsplattform mit einem vollständig digitalen Antragsprozess befürwortet habe, um Fehleranfälligkeiten zu reduzieren und die Verfahrenstransparenz zu erhöhen. Als zentrale Anforderungen an eine solche Plattform würden niedrigschwellige Nutzungsmöglichkeit für eine breite Zielgruppe, technologische Anschlussfähigkeit an externe Schnittstellen etwa von Gutachterstellen oder der Finanzbehörden sowie eine generelle Erweiterbarkeit für sich ändernde Anforderungen oder Datenquellen bezeichnet. Damit wäre auch der Empfehlung des Rechnungshofs, bei eingesetzten IT-Verfahren einen Datenabgleich und die automatisierte Übergabe relevanter Daten für Förderanträge zu ermöglichen, Rechnung getragen.
Zum dritten Punkt habe die Regierung laut Martin Rivoir erklärt, dass die Empfehlungen des Rechnungshofs im Rahmen der Evaluation in die Ausarbeitung von Handlungsempfehlungen für etwaige künftige Notfall-Massenprogramme eingeschlossen seien. Die Landesregierung habe die Empfehlungen bereits anlässlich der Härtefallhilfen Energie für kleine und mittlere Unternehmen in Bund-Länder-Abstimmungen eingebracht und werde diese im Falle künftiger Gelegenheiten selbstverständlich wieder berücksichtigen und einbringen.
Dem Vorsitzeden zufolge habe die Fraktion der FDP/DVP bei der anschließenden Debatte kritisiert, dass die Regierung nicht alle Fragen detailliert beantwortet habe. Aus diesem Grund habe die Fraktion angeregt, dass die Landesregierung bis zum 31. Dezember 2025 einen neuen Bericht vorlegen solle, um zu verstehen, welche der Empfehlungen angegangen werde. Die SPD-Fraktion habe sich dieser Position angeschlossen und ausgeführt, dass sie gerne wissen würde, wie der Datenabgleich stattfinde. Auch die SPD-Fraktion habe einen weiteren Bericht mit detaillierten Angaben angeregt. Der Ausschuss habe daraufhin beschlossen, dass die Regierung bis Dezember 2025 dem Gremium erneut berichten solle, sagte Martin Rivoir.
Debatte über Tempo des Ausbaus von Radschnellwegen
Stuttgart. Der Ausschuss für Verkehr hat sich in der Sitzung am Donnerstag, 16. Januar 2025, mit dem Ausbau von Radwegen und Radschnellwegen beschäftigt. Das berichtete der Ausschussvorsitzende Rüdiger Klos (AfD). Weitere Themen waren demnach die Förderung von BW-e-Trucks und Biogas-Nutzfahrzeugen sowie eine erste Bilanz des Verkehrssicherheitspaktes.
Zum Ausbau von Radwegen und Radschnellwegen im Land lagen dem Ausschuss zwei unabhängig voneinander gestellte Anträge von SPD und FDP/DVP vor. Die SPD wollte in Erfahrung bringen, wie weit die Landesregierung angesichts selbst gesteckter „ehrgeiziger Ziele“ beim Ausbau des Radwegenetzes bereits gekommen sei. Die Liberalen fragten in diesem Zusammenhang nach der aktuellen Ausbaustrategie, die nach ihrer Auffassung vor dem Hintergrund offensichtlich stockender Bauvorhaben einer Priorisierung bedürfe.
Aus den Antworten des Verkehrsministeriums geht hervor, dass sich derzeit 23 Radschnellwege-Projekte mit einem Umfang von ca. 350 km in konkreter Planung befinden. Elf werden demnach durch das Land geplant, weitere sechs zusammen von Land und Landkreisen beziehungsweise Kommunen und sechs in eigener Verantwortung durch Landkreise beziehungsweise Kommunen. Die bisher fertiggestellten Abschnitte summierten sich auf ca. 19 km. In Umsetzung oder kurz davor befänden sich weitere Teilabschnitte mit einer Gesamtlänge von gut 15 km.
Generell sei festzustellen, dass Radschnellwege hinsichtlich ihrer komplexen und zeitintensiven Planungsprozesse mit Straßen vergleichbar seien, erklärte Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) nach Angaben des Ausschussvorsitzenden in der Sitzung. Trotz Widerständen vor Ort halte das Ministerium aber an der Ausbaustrategie fest. Bis 2030 werde man mindestens 20 Radschnellverbindungen schaffen, wie im Koalitionsvertrag festgeschrieben. Die Verbindungen würden generell eine hohe Zustimmung genießen, sowohl in kommunalen Gremien als auch in der breiten Öffentlichkeit. Wie bei vielen Straßenbauvorhaben könne diese grundsätzliche Zustimmung mit zunehmender Konkretisierung und Betroffenheit jedoch sinken.
Grüne und CDU unterstützten die Pläne des Ministeriums, wie Klos berichtete. Die CDU habe hervorgehoben, ein attraktiver Radverkehr sei eine Chance für die Mobilität. Wo es planerische Probleme und Zeitverzug gebe, könne man mit Teilabschnitten operieren. Das sei besser als nichts. Dagegen habe die SPD ihre Skepsis bekräftigt. Bis 2030 müsse man dreieinhalbmal so viele Streckenkilometer wie bisher fertigstellen, um die eigenen Ziele zu erreichen. Die FDP/DVP habe gefordert, sich auf bestimmte Projekte zu konzentrieren, damit diese schneller fertig werden. Zudem sei bei Eröffnung neuer Teilabschnitte die Verkehrssicherheit zu beachten. Zuletzt habe es bei einem Teilabschnitt des Radschnellwegs 14 diesbezüglich Mängel gegeben.
Auf Antrag der CDU befasste sich der Ausschuss mit dem Förderprogramm BW-eTrucks und Biogas-Nutzfahrzeuge. Damit unterstützt das Land Unternehmen bei der Umstellung ihrer Lkw-Flotte auf batterie- oder brennstoffzellenelektrische Antriebe. Die ursprüngliche Überlegung, auch Biogas-Nutzfahrzeuge zu fördern, wurde aber nicht aufgenommen, was CDU und FDP/DVP nach Angaben von Rüdiger Klos in der Sitzung kritisierten. Der Minister habe dazu erklärt, Biogasfahrzeuge seien nach EU-Recht zwar sauber, aber nicht emissionsfrei. Er befürworte die Technologie, sie mache beim Betrieb landwirtschaftlicher Nutzfahrzeuge Sinn, da sie vor Ort produziertes Biogas nutzen könnten. Angesichts begrenzter Fördermittel von insgesamt 7,5 Millionen Euro habe man sich jedoch dafür entschieden, mit der Förderung einen größtmöglichen positiven Effekt im Sinne der Klimaziele zu erreichen.
Mit einer ersten Bilanz des Verkehrssicherheitspakts Baden-Württemberg nach einem Jahr befasste sich der Ausschuss auf Antrag der Grünen. Das Ziel „Vision Zero“ der Landesregierung, worunter ein Straßenverkehr ohne Getötete und Schwerverletzte zu verstehen ist, sei im Ausschuss allgemein begrüßt worden, berichtete der Ausschussvorsitzende. Ebenso das konkrete Etappenziel, die Anzahl der Verkehrstoten bis 2030 um 60 Prozent gegenüber 2010 zu reduzieren. Um auf diesem Weg voranzukommen, müssten verstärkt Lkw-Abbiegeassistenten in den Fokus genommen werden, hätten die Grünen gefordert und erklärt, eine – bisher nicht vorgeschriebene – Erfassung der Geräte bei der Unfallaufnahme sei zwingend. Ein Vertreter des Innenministeriums habe dazu in der Sitzung erklärt, die Unfallaufnahme sei bundeseinheitlich geregelt. Baden-Württemberg könne eine Erfassung der Abbiegeassistenten nicht im Alleingang umsetzen.
Mündlicher Bericht der Vertrauensanwältin Michaela Spandau im Wissenschaftsausschuss
Stuttgart. Die Vertrauensanwältin für den Bereich sexualisierte Diskriminierung, sexuelle Belästigung und Gewalt im Geschäftsbereich des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst, Michaela Spandau, hat am Mittwoch, 15. Januar 2025, auf Antrag der SPD im Wissenschaftsausschuss über ihre Arbeit berichtet. Das hat die Vorsitzende Nese Erikli (Grüne) mitgeteilt.
Michaela Spandau stehe mit rechtlicher Beratung bei Fragen der zum Ministerium zählenden Einrichtungen im Zusammenhang mit sexualisierter Diskriminierung, sexueller Belästigung und Gewalt seit November 2020 zur Verfügung. Betroffene könnten sich – wenn gewünscht anonym – an die im Opferrecht und -schutz langjährig erfahrene Rechtsanwältin wenden. Ihre Haupttätigkeit liege, berichtete Spandau, in der Beratung von betroffenen Personen und trage bei Vorkommnissen in den Einrichtungen dazu bei, schnell zu einer rechtlichen Einordnung zu kommen. Spandau betrachtet ihr Angebot als Ergänzung zu bestehenden Strukturen. Die Kontaktaufnahme erfolge oft telefonisch, auch anonym. Im letzten Jahr habe es 238 Anrufe gegeben, nicht aus jedem Anruf habe sich ein Fall ergeben.
Ein weiteres wichtiges Tätigkeitsfeld der Vertrauensanwältin ist die Fortbildung für Mitarbeitende und Studierende. Jeder müsse wissen, was sexuelle Belästigung ist und man müsse vor allem auch darüber sprechen. Mit ihrer Bekanntheit sei sie zufrieden, so Spandau. Viele Kanäle würden auf sie verweisen, es gebe auch ein Vorstellungsvideo. Spandau betonte, dass in den Einrichtungen klare Handlungsrichtlinien vorliegen müssten und auch die Zuständigkeiten geklärt sein sollten, dann ließen sich Vorfälle besser bearbeiten. Besonders wichtig ist Michaela Spandau auch die Aufklärung an Schulen. Betroffene müssten sich trauen auszusprechen, wenn etwas passiert ist. Junge Menschen müssten gestärkt werden „Nein“ zu sagen.
„Es ist wichtig, die Menschen darin zu stärken, sich für ihre Rechte einzusetzen“, betonte auch Nese Erikli, die sich sehr herzlich bei Michaela Spandau für ihren Bericht und den Austausch bedankte.
Weitere Informationen:
Michaela Spandau ist seit 2014 Fachanwältin für Strafrecht. Sie ist Gründungsmitglied des Netzwerks engagierter Rechtsanwälte im Opferschutz (NERO) und berät ehrenamtlich und anonym Erwachsene und Kinder, die von Gewalt- und Sexualstraftaten betroffen sind. Sie ist Co-Autorin des Werks „Opferrechte – Handbuch des Anwalts für Opferrechte“.
Kontaktdaten:
Mail: vertrauensanwaeltin-mwk@rechtsanwaelte-js.de(externer Link)
Innenausschuss befasst sich mit dem Wiederaufbau von Infrastruktur nach den Unwettern im Jahr 2024
Stuttgart. Der Innenausschuss des Landtags hat sich in seiner Sitzung am Mittwoch, 15. Januar 2025, auf Antrag der CDU-Fraktion mit dem Wiederaufbau von zerstörter oder beschädigter Infrastruktur durch Unwetter im Jahr 2024 in Baden-Württemberg befasst. Demnach kostet allein die Reparatur von Schäden an Landesstraßen über 50 Millionen Euro, sagte der Vorsitzende des Gremiums, der CDU-Abgeordnete Ulli Hockenberger. In diesem Zusammenhang beriet das Gremium auch darüber, welche Maßnahmen die Landesregierung in den vergangenen Jahren im Bereich Hochwasserschutz und Soforthilfe nach Unwettern ergriffen hat.
Hockenberger zufolge haben die Unwetter im Sommer 2024 zu enormen Schäden in Baden-Württemberg geführt. „Insbesondere an Gebäuden und an der Infrastruktur wie Straßen, Eisenbahnstrecken sowie bei Brücken sind große Schäden entstanden“, sagte der Vorsitzende. Nach Auskunft des Innenministeriums bestünde für das Bundesstraßennetz aufgrund der Unwetter ein Investitionsbedarf in Höhe von rund fünf Millionen Euro sowie für das Landesstraßennetz ein Investitionsbedarf in Höhe von rund 50 Millionen Euro. Im Landesstraßennetz seien Schäden vor allem in den Regierungsbezirken Stuttgart und Tübingen entstanden. Die Schadenshöhe an kommunalen Straßen sei dem Verkehrsministerium nicht bekannt. Die Bahninfrastruktur sei vor allem im Rems-Murr Kreis betroffen gewesen. Die Schadenshöhe betrage derzeit bei der Wieslauftalbahn rund fünf Millionen Euro, bei der Schwäbischen-Wald-Bahn etwa 3,5 Millionen Euro. Die Schadenshöhe bei Bahnverkehrsstrecken des Bundes sei dem Ministerium nicht bekannt.
Die Antragsteller hätten sich laut Hockenberger erkundigt, welche Maßnahmen ergriffen werden könnten, um die Entstehung von Schäden an Infrastruktur durch Unwetter zu verhindern. Das Innenministerium habe erklärt, dass im Jahr 2022 die Hochwasserstrategie des Landes, unter anderem aufgrund der Erfahrungen des Ahrtalhochwassers, fortgeschrieben worden sei. Schwerpunkte lägen auf der Umsetzung des Dammertüchtigungsprogramms des Landes, der zügigen Erstellung und Umsetzung von Hochwasserschutzkonzepten und dem Freihalten und der Wiedergewinnung von Retentionsflächen. Außerdem fördere das Land die Erstellung der kommunalen Starkregenmanagementkonzepte, da Überflutungen überall, auch fernab von Gewässern auftreten könnten.
Die vorhandenen technischen Hochwasserschutzanlagen im Land wie Schutzdämme und Rückhaltebecken hätten ihre Aufgaben während des Hochwassers im Mai/Juni 2024 zuverlässig erfüllt und viele Überflutungen trotz der zum Teil sehr hohen Abflüsse verhindert. Die Hochwasserschutzanlagen seien für einen Schutzgrad ausgelegt, der sich in der Regel an einem 100-jährigen Hochwasser orientiere. Baden-Württemberg besitze mit über 800 Rückhaltebecken und über 1.000 Kilometer landeseigenen Schutzdämmen derzeit einen Hochwasserschutz, der bereits viele Siedlungen und rund zwei Drittel der Vermögenswerte schütze. Beim Hochwasser im Mai/Juni 2024 sei es jedoch zu Hochwasserschäden gekommen, weil die Hochwasserstände an mehreren Gewässern in Baden-Württemberg weit oberhalb eines 100-jährigen Hochwassers lagen, berichtete der Vorsitzende.
Zur Bewältigung von Krisensituationen biete das geltende Haushalts- und Vergaberecht dem Ministerium zufolge eine ganze Reihe an Möglichkeiten, um Vergabeverfahren der Landeseinrichtungen im Liefer- und Dienstleistungsbereich und Bauleistungsbereich schnell, aber auch rechtssicher und effizient durchzuführen. So könnten öffentliche Auftraggeber beispielsweise in Dringlichkeits- und Notfallsituationen im Falle von Unwetterschäden zur beschleunigten Vergabe von Aufträgen für den Wiederaufbau kritischer Infrastruktur auf Vergabeverfahren ohne reguläre Ausschreibung zurückgreifen. Aufgrund des besonderen Ausnahmecharakters seien bei diesen Verfahrensarten nach Würdigung der Gesamtumstände im Dringlichkeitsfall auch sehr kurze Fristen (bis hin zu 0 Tagen) denkbar.
Die Antragsteller hätten sich darüber hinaus erkundigt, in welchen Fällen die Landesregierung in den letzten zehn Jahren finanzielle Mittel als Soforthilfe zur Verfügung gestellt habe. Laut Ministerium seien für den Wiederaufbau der Gemeinde Braunsbach, die im Jahr 2016 besonders schwer betroffen gewesen sei, bislang rund 47 Millionen Euro aus Mitteln verschiedener Fachförderprogramme bewilligt worden. Anlässlich der Unwetter 2016 seien Soforthilfen an private Haushalte im Umfang von rund 5,4 Millionen Euro aus Mitteln des Landes gewährt worden. Vor dem Hintergrund der Unwetterereignisse 2016 habe das Land neue Richtlinien für die Gewährung von Landeshilfen nach schweren Naturereignissen und Unglücksfällen geschaffen. Diese Richtlinien beinhalten zwei Förderbereiche: den Bereich Soforthilfen für Private und für kleine Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft, der Land- und Forstwirtschaft und Angehörige freier Berufe sowie den Bereich Landeshilfen für Kommunen. Seit Inkrafttreten dieser Richtlinien im Jahr 2018 seien aus dem Bereich Soforthilfen keine Mittel zur Verfügung gestellt worden. Im Bereich Landeshilfen für Kommunen seien aufgrund der Unwetterschäden im Mai und Juni 2024 25 Millionen Euro zur Verfügung gestellt worden, fasste der Ausschussvorsitzende die Angaben zusammen.
Landtag gedenkt der Opfer des Nationalsozialismus
Stuttgart. Die Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau jährt sich in wenigen Tagen zum 80. Mal. Aus diesem Anlass gedenkt der Landtag am 27. Januar 2025, dem Jahrestag der Befreiung, mit einer zentralen Gedenkfeier der Ermordung und des Leids von Millionen von Menschen unter der nationalsozialistischen Schreckensherrschaft.
Die Gedenkfeier findet am Montag, 27. Januar, um 11 Uhr im Plenarsaal des Landtags statt. Eine Besonderheit der zentralen Gedenkfeier des Landtags ist, dass sie von den Verbänden der Opfergruppen mit vorbereitet wird. Stellvertretend für alle Opferverbände spricht Michael Kashi, Vorstandsmitglied der Israelitischen Religionsgemeinschaft Württembergs, ein Grußwort.
Prof. Dr. Martin Sabrow, Senior Fellow am Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam und Sprecher des Leibniz-Forschungsverbundes „Wert der Vergangenheit“ zeichnet in einem Vortrag Entstehung und Wirkung der Gedenkkultur in Deutschland nach. Er spricht in diesem Zusammenhang über vergangene, gegenwärtige und zukünftige Herausforderungen. Die Gedenkrede hält Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne). Jugendliche aus der Stadtgesellschaft tragen in einem Beitrag des Vereins Weissenburg Zeitzeugenberichte aus der Zeit des Nationalsozialismus vor. An Infoständen im Foyer des Landtags ist eine Begegnung mit Opfergruppen möglich.
Der Gedenkfeier geht ein stilles Gedenken voraus. Dabei legen unter anderem Vertreterinnen und Vertreter des Landes und von Opferorganisationen beim Mahnmal für die Opfer nationalsozialistischer Gewaltherrschaft (zwischen Altem Schloss und Karlsplatz in Stuttgart) Kränze und Gestecke nieder.
Der Jahrestag der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz am 27. Januar 1945 ist seit 1996 in Deutschland offizieller Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus. „Das Grauen, das sich der Welt an jenem Tag offenbarte, ist zum Inbegriff geworden für das Menschheitsverbrechen des Holocaust“, erklärt Landtagspräsidentin Aras.
Am 80. Jahrestag ist die zentrale Gedenkfeier des Landtags dem Gedenken in der Bundesrepublik selbst gewidmet. „Wir wollen nicht nur an alle Opfergruppen erinnern, sondern auch zurückblicken auf den beschrittenen, oft beschwerlichen Weg hin zu einer bundesweiten Erinnerungskultur. Wir wollen aber auch vorausschauen auf den vor uns liegenden Weg des Erinnerns. Denn angesichts wachsender Geschichtsvergessenheit und des Erstarkens von Menschenfeinden stehen wir womöglich erneut am Scheideweg der Demokratie. Ein Erinnern, das uns leitet, ist somit wichtiger denn je“, so die Landtagspräsidentin.
Zwei weitere Veranstaltungen im Landtag stehen im Jahresverlauf ganz im Zeichen dieses Jahrestages: Am 9. Juli erinnert das Landesparlament an den in Stuttgart geborenen Juristen Fritz Bauer, der den Auschwitz-Prozessen den Weg bereitete. Selbst aus einer jüdischen Familie stammend, brachte er als hessischer Generalstaatsanwalt den Frankfurter Auschwitz-Prozess im Jahre 1963 auf den Weg. Die Auseinandersetzung mit dem Holocaust erlebte in dieser Zeit erstmals eine öffentliche Dimension. Mit der Veranstaltung soll sowohl das Leben und Wirken Fritz Bauers beleuchtet als auch ein Beitrag zur Förderung von Geschichts- und Demokratiebewusstsein geleistet werden, deren Folgen bis in die heutige Demokratie hineinwirken.
Eine dramatische Auseinandersetzung mit dem Frankfurter Auschwitz Prozess leistet das Theaterstück „Die Ermittlung“ von Peter Weiss. Am 30. September und 1. Oktober inszeniert das Schauspiel Stuttgart im Landtag das Theaterstück, das vom ersten Frankfurter Auschwitz-Prozess inspiriert wurde. Die deutschlandweite Uraufführung von „Die Ermittlung“ setzte 1965 eine gesellschaftliche Diskussion in Gang. Das erschütternde Stück beruht auf Zeugenaussagen und Verhören vor dem Frankfurter Gericht.
Medienvertreterinnen und -vertreter, die am Montag, 27. Januar 2025, von der Gedenkfeier (Beginn: 11:00 Uhr) und vom stillen Gedenken (Beginn 10:30 Uhr) berichten möchten, melden sich bitte an unter: landtagspressestelle@landtag-bw.de(externer Link)
Weitere Informationen finden Sie auf der Homepage(externer Link) des Landtags.
Bernd Mettenleiter übernimmt 2025 Präsidentschaft im Oberrheinrat
Stuttgart/Baden-Baden. „Ich freue mich sehr, im kommenden Jahr die Präsidentschaft des Oberrheinrats zu übernehmen“, sagte Bernd Mettenleiter (Grüne) nach seiner Wahl im Rahmen der Plenarversammlung des trinationalen Parlaments der Oberrheinregion am 6. Dezember 2024 in Baden-Baden. „Als Einwohner Acherns (Ortenaukreis) sind die engen Verbindungen zwischen Baden, dem Elsass, der Nordwestschweiz und der Südpfalz für mich ein Herzensanliegen. Der Oberrheinrat kann hierfür einen wichtigen Beitrag leisten“, so Mettenleiter. Die baden-württembergische Präsidentschaft 2025 stehe unter dem Motto „Wandel gemeinsam grenzüberschreitend gestalten“.
Unter diesem Motto werde sich der Oberrheinrat 2025 insbesondere mit der Notwendigkeit von Veränderungen in der Region befassen. Invasive Arten, Dürreperioden oder Starkregen aber auch der Ausbau von Wasserstoffinfrastruktur sind nur einige Beispiele, die grenzüberschreitende Antworten benötigen. Darüber hinaus soll die Zusammenarbeit mit der europäischen Ebene im Fokus der Aktivitäten stehen. „In grenzüberschreitenden Regionen wie dem Oberrhein wird Europa konkret gelebt. Es gibt jedoch noch viele existierende Hindernisse für die Menschen vor Ort, die wir nur im Zusammenspiel mit der Europäischen Union lösen können“, unterstreicht Mettenleiter seine Schwerpunktsetzung. Er möchte die Positionen des Oberrheinrats daher noch stärker in Richtung Europäische Union transportieren.
Wichtig sei ihm, auf die bereits geleistete Arbeit des Oberrheinrats in den vergangenen Jahren aufzubauen und begonnene Aktivitäten fortzuführen, etwa im Schienenverkehr oder bei der Einbindung junger Menschen in den grenzübergreifenden Austausch. Er dankte auch der scheidenden Präsidentin Béa Bieber, Grossrätin des Kantons Aargau, für ihren starken Einsatz im laufenden Jahr. „Béa Bieber hat die nachhaltige Entwicklung der Region und die enge Zusammenarbeit mit anderen Akteuren am Oberrhein vorangebracht. Zudem hat sie mit dem „Dreilandspiel“ etwas Außergewöhnliches geschaffen. Dieses Brettspiel bietet jungen Menschen eine wunderbare Möglichkeit, sich unkonventionell mit der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit auseinanderzusetzen.“ Mettenleiter zeigte sich davon überzeugt, dass es gerade in herausfordernden Zeiten mehr denn je unabdingbar sei, den engen Austausch mit den Nachbarregionen zu suchen, voneinander zu lernen und gemeinsame Lösungen zu erarbeiten. Der Oberrheinrat sei hierfür ein wertvolles Gremium, welches genau dies ermögliche. „Der Oberrheinrat wirkt nach außen hin als Sprachrohr der Region und nach innen hin als Bindeglied zwischen den beteiligten Partnern. Daher blicke ich gespannt auf das kommende Jahr und lade alle Mitglieder des Oberrheinrats herzlich ein, die Zukunft unserer Oberrheinregion gemeinsam grenzüberschreitend zu gestalten“, betont Mettenleiter abschließend.
Weitere Informationen
Gesamtvolumen für Landeshaushalt 2025/2026 beträgt 135,41 Milliarden Euro
Stuttgart. Der Finanzausschuss des Landtags hat nach insgesamt sechs Sitzungen am Freitag, 28. November 2024, seine Beratungen zum Landeshaushalt für die Jahre 2025 und 2026 abgeschlossen. „Das Gesamtvolumen des Haushalts hat sich aufgrund der vom Ausschuss beschlossenen Anträge gegenüber dem Haushaltsentwurf um rund 1,09 Milliarden Euro auf 135,41 Milliarden Euro für die beiden Jahre verringert“, sagte der Vorsitzende des Gremiums, der SPD-Abgeordnete Martin Rivoir. Das entspricht einem Minus von 0,80 Prozent.
Die Beratungen hatten seit Mitte November stattgefunden. Auf der Tagesordnung standen 17 Einzelpläne mit insgesamt über 200 Kapiteln und knapp 5.000 Seiten. „Der Finanzausschuss hat insgesamt 611 Anträge behandelt“, berichtete der Vorsitzende. Das waren 24 Anträge mehr als beim Landeshaushalt 2023/2024. Von den nun behandelten 611 Anträgen wurden 256 Anträge angenommen. Der Haushalt für das Jahr 2025 beträgt nun rund 66,50 Milliarden Euro. Das entspricht im Vergleich zum Haushaltsentwurf einem Rückgang um rund 0,68 Milliarden Euro beziehungsweise 1,01 Prozent. Für das Jahr 2026 umfasst der Etat des Landes rund 68,91 Milliarden Euro. Das sind 0,41 Milliarden Euro bzw. 0,41 Prozent weniger als im Entwurf vorgesehen.
„Der Landeshaushalt ist mit seinen Zehntausenden Einzelpositionen sehr komplex, entsprechend erforderten die Beratungen ein hohes Maß an Konzentration und Disziplin“, erklärte Martin Rivoir nach der finalen Haushaltssitzung des Finanzausschusses. Er dankte allen Beteiligten der Fraktionen, der Ministerien, des Rechnungshofs sowie der zuständigen Ausschussreferentin für deren großen Einsatz im Zuge der Haushaltsberatungen. Angesichts teils unterschiedlicher Auffassungen der Fraktionen bei einigen Punkten sei hart, aber stets sehr sach- und zielorientiert gearbeitet worden. „Die gute Arbeitsatmosphäre und die sehr gute Vorarbeit zu den Beratungen haben dazu beigetragen, die Tagesordnung im vorgesehenen Zeitplan abzuarbeiten“, betonte Martin Rivoir.
Als ärgerlich bezeichnete es der Vorsitzende jedoch, dass einzelne Beratungsergebnisse aus der nichtöffentlichen Sitzung bereits per Pressemitteilung veröffentlicht wurden. Rivoir: „Wir machen im Ausschuss nur die Vorberatung, das Plenum des Landtags entscheidet endgültig. Der Respekt vor diesem Gremium und dessen Souveränität in der endgültigen Entscheidung sollte eigentlich dazu führen, dass solche Wichtigtuereien unterbleiben. Der Gipfel der Respektlosigkeit vor dem Parlament ist es, den noch ausstehenden Beschluss des Landtags zu einem Antrag, wie geschehen, als „reine Formsache“ abzutun.“
Der Landeshaushalt umfasst die Etats für alle Ministerien, für den Landtag, den Rechnungshof, den Verfassungsgerichtshof sowie für den/die Landesbeauftragte/n für den Datenschutz und die Informationsfreiheit. Die zweite Lesung des Landeshaushalts steht an den Plenartagen am 11., 12. und 13. Dezember 2024 an. Die abschließende dritte Beratung ist für den 18. Dezember 2024 geplant.
Präsidentin Aras: Ein demokratisches Europa braucht die starken Stimmen der Regionen und Kommunen
Stuttgart. Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) hat bei der 163. Plenarsitzung des Europäischen Ausschusses der Regionen (AdR) am Mittwoch und Donnerstag, 20. und 21. November 2024, die Bedeutung eines offenen Binnenmarkts mit einem freien Personen- und Warenverkehr besonders für Grenzregionen wie Baden-Württemberg betont. „Ich bin überzeugt: dauerhafte Grenzschließungen wie während der Pandemie kosten Europa seine Stärke, seinen Wohlstand und seine Wettbewerbsfähigkeit. Damit würden alle Bürgerinnen und Bürger an Lebensqualität verlieren.“ Aras warb zudem dafür, dass wirtschafts- und innovationskräftige Regionen wie Baden-Württemberg im Rahmen der europäischen Kohäsionspolitik besser berücksichtigt werden sollten und dass verstärkt Investitionen in Forschung und Innovation gebraucht würden.
Anlässlich des nun 30-jährigen Jubiläums des AdR hob Landtagspräsidentin Aras die Rolle der Regionen und Kommunen im europäischen Mehrebenensystem hervor, da sie für Bürgernähe und den Schutz von Freiheit und Demokratie stünden.
Aras wurde als Mitglied des Landtags für die Mandatsperiode von Januar 2020 bis Januar 2025 benannt. In dieser Zeit und Funktion war sie Mitglied in den Fachkommissionen für Wirtschaftspolitik (ECON) sowie für Umwelt, Klimawandel und Energie (ENVE).
Schwerpunkte setzte sie in der Wirtschaftspolitik als Berichterstatterin des Gremiums für das Binnenmarktnotfallinstrument und als Delegierte des AdR in der Konferenz zur Zukunft Europas.
Aras dankte dem ehemaligen AdR-Präsidenten und designierten Kommissar für Mobilität und Tourismus, Apostolos Tzitzikostas, für seinen erfolgreichen Einsatz, dem AdR und damit den Regionen und Kommunen Europas eine stärkere Stimme in der Zukunftskonferenz verschafft zu haben. Sie setze große Hoffnung in seine Tätigkeit als Kommissar, so Aras weiter, damit regionale und lokale Expertise noch besser in die EU-Gesetzgebung Einfluss findet.
Der Europäische Ausschuss der Regionen (AdR) war 1994 als ein beratendes Gremium der Europäischen Union eingerichtet worden, das sich aus 329 Mitgliedern zusammensetzt, die lokale und regionale Gebietskörperschaften aus allen 27 EU-Mitgliedstaaten vertreten. Baden-Württemberg stehen alle zehn Jahre zwei Sitze im AdR zu, von denen die Landesregierung dem Landtag einen überlässt. Die Amtszeit Aras‘ als Vertreterin des Landtags im AdR endet 2025 regulär nach fünf Jahren.
Lesung und Gesprächsrunde mit der Autorin Lena Gorelik im Schlachthof in Lahr
Stuttgart/Lahr. „Was ist Heimat?“ So lautet die zentrale Frage bei der Lesung und Gesprächsrunde zum Thema Heimat und Vielfalt mit der Autorin Lena Gorelik am Donnerstag, 28. November 2024, um 19 Uhr, im Schlachthof in Lahr. Bei der Veranstaltung liest Gorelik Auszüge aus ihrem Roman „Wer wir sind“. Landtagspräsidentin Muhterem Aras eröffnet den Abend mit einer Begrüßung. Der Oberbürgermeister der Stadt Lahr, Markus Ibert, spricht ein Grußwort.
Nach Stuttgart und Heilbronn ist Lahr die dritte Station der Lese-Reihe mit Autorin Lena Gorelik, die der Landtag von Baden-Württemberg veranstaltet. Die Autorin liest im Schlachthof aus ihrem Roman „Wer wir sind“. Darin verarbeitet sie die gemeinsame Ausreise ihrer russisch-jüdischen Familie von Russland nach Deutschland und bringt damit die Einwanderungserfahrungen vieler Menschen zum Ausdruck. Als sogenannte Kontingentflüchtlinge kamen sie 1992 von St. Petersburg nach Ludwigsburg . Geflohen war die Familie vor dem Antisemitismus im postsowjetischen Russland. In der Ludwigsburger Geflüchtetenunterkunft begann für Lena Gorelik die Suche nach der eigenen Identität in einer für sie noch fremden Kultur. Das Erlebnis dieser Emigration wird in dem Roman thematisiert und bietet einen Ansatz über die gesellschaftlich bedeutenden Themen von Heimat, Identität und Fremdsein sowie über das Leben als Jüdin in Deutschland ins Gespräch zu kommen.
In einer anschließenden Gesprächsrunde wird Moderatorin Nicole Köster neben Lena Gorelik auch ausführlich Menschen im Publikum zu Wort kommen lassen. Für die musikalische Begleitung der Lesung sorgt der Schlagzeuger und Percussionist Murat Coşkun. Der Abend wird mit einem Stehempfang ausklingen.
Wer an der Lesung teilnehmen möchte, kann sich mit dem Stichwort „Gorelik“ per Mail unter veranstaltungen@landtag-bw.de(externer Link) gerne anmelden. Hinweise zur Anmeldung und weitere Informationen gibt es auf der Homepage des Landtags www.landtag-bw.de.(externer Link)
Anhörungen im Bildungs- und Sozialausschuss zum 52. Landesjugendplan
Stuttgart. Die Ausschüsse für Kultus, Jugend und Sport sowie Soziales, Gesundheit und Integration haben am Mittwoch, 6. November 2024, in einer gemeinsamen öffentlichen Sitzung die Stellungnahme des Landesjugendrings zu den Entwürfen des 52. Landesjugendplans für die Haushaltsjahre 2025/2026 angehört, wie die Ausschussvorsitzenden Petra Häffner (Grüne, Bildungsausschuss) und Florian Wahl (SPD, Sozialausschuss) mitteilten.
Der 52. Landesjugendplan fasst alle Leistungen des Landes zusammen, die direkt oder indirekt an die Kinder und Jugendlichen in Baden-Württemberg gerichtet sind. Er umfasst die Förderung von Jugendhilfe-Trägern sowie von außerunterrichtlichen Maßnahmen, wie beispielsweise das Bildungsreferenten-Programm, Jugenderholungs-freizeiten, Schüler- und Jugendaustausche sowie Integrationsmaßnahmen. Das Gesamtvolumen des neuen Landesjugendplans beträgt 625,9 Millionen Euro im Jahr 2025 sowie 639,3 Millionen Euro im Jahr 2026 und steht unter dem Vorbehalt des noch ausstehenden Landtagsbeschlusses zum Staatshaushaltsplan 2025/2026.
Wie die Ausschussvorsitzenden Häffner und Wahl berichteten, habe Alexander Strobel, Vorstandssprecher des Landesjugendrings, erklärt, dass die Folgen von Corona in der Jugendarbeit enorm gewesen seien. Er sei froh, dass es nun langsam wieder gelinge, sich aus der Corona-Delle herauszuarbeiten und Angebote wieder zu stärken. Es gebe jedoch noch viel aufzuholen. Dazu zähle auch der steigende Bedarf an notwendigen und gleichzeitig aufwändigen Schulungen, unter anderem zu den Themen sexuelle Prävention, Hygiene, Vereins- oder auch Steuerrecht. Die bürokratischen Aufwände seien immens. Er forderte daher eine dauerhafte Erhöhung der zur Verfügung gestellten Mittel.
Als Negativbeispiel habe er über die kritischen Zustände in der kommerziellen Kinder- und Jugendarbeit mit nicht ausgebildeten Mitarbeitern gesprochen, welche Recherchen des SWR-Investigativformats „Vollbild“ aufgedeckt hätten. Schulungen zur Prävention sexueller Gewalt und ein Führungszeugnis sollten auch hier ein Mindeststandart sein. Eine soziale Vorsorge in der Jugendarbeit sei günstiger als die Nachsorge.
Um das Ehrenamt weiter zu stärken, habe Strobel für eine Anpassung des Gesetzes zur Stärkung des Ehrenamts in der Jugendarbeit votiert. Er forderte eine Entgeltfortzahlung für den zehntägigen Sonderurlaub, auf den die Arbeiternehmenden Anspruch hätten. „Dies wäre ein Booster für das Ehrenamt“, habe Strobel in der Sitzung erklärt. Zudem biete die aktuell in Modellversuchen getestete Ehrenamtskarte eine gute Möglichkeit, das Ehrenamt mehr in die öffentliche Wahrnehmung zu rücken. Im Moment sei diese für Jugendliche jedoch eher unattraktiv, da sie keine kommerziellen Angebote enthalte.
Vertreter aller Fraktionen sprachen dem Landesjugendring ihre Anerkennung für dessen wertvolle Arbeit aus, berichteten die Ausschussvorsitzenden. Die AfD habe darauf hingewiesen, dass sich diese Wertschätzung auch in den Finanzen wiederspiegeln müsse. Die Grünen hätten in der Sitzung erklärt, dass sie glücklich über die Strukturen wären, welche der Landesjugendring geschaffen habe, da die Jungendarbeit nicht nur in den Schulen, sondern vor allem außerhalb passiere. Auch die Mitglieder der SPD seien sich einig gewesen: „Kinder sind die Zukunft“. Das gelte unabhängig von der wirtschaftlichen Lage. Die FDP habe zudem darauf hingewiesen, dass man die Entbürokratisierung im Ehrenarmt stärken müsse.
Im Anschluss an die gemeinsame öffentliche Sitzung des Sozial- und des Bildungs-ausschusses wurde in einer separaten öffentlichen Sitzung des Bildungsausschusses auch der Landesverband der Musikschulen angehört. Der Vorsitzende des Landes-verbandes der Musikschulen, Ingo Sadewasser, habe den hohen Wert der musikalischen Bildung betont und erklärt, dass die vorgesehene Landesförderung in Höhe von 12,5 Prozent für die Musikschulen auf 15 Prozent erhöht oder zumindest auf 12,5 Prozent festgeschrieben werden müsse. Hier sei angesichts der Kosten-steigerungen durch die Tarifabschlüsse sowie die Folgen des so genannten Herrenberg-Urteils, wodurch bislang honorarangestellte Mitarbeitende festangestellt werden müssen, eine Verlässlichkeit seitens der Politik notwendig. Andersfalls könnte es zu Musikschulschließungen oder einer Kostensteigerung für Eltern kommen. Wie Bettina Kleemann, Vorstand im Landesmusikschulbeirat, berichtete, sei die Belastung bei diesen durch hohe Gebühren und weitere Ausgaben, wie beispielsweise teure Instrumente oder Fahrtkosten, jedoch bereits sehr hoch.
Die Fraktionen der Grünen und CDU hätten in der Sitzung erklärt, dass es schade sei, dass die 15 Prozent nicht erreicht wurden, da man in den finanziellen Rahmen-bedingungen agieren müsse. Die CDU werde sich für eine Festschreibung der 12,5 Prozent einsetzen.
Die studienvorbereitende Ausbildung an Musikschulen (SVA) für besonders begabte Schülerinnen und Schüler sei im städtischen und auch ländlichen Raum ein voller Erfolg, wie Sadewasser berichtete. Diese sei ein wichtiger Faktor bei der Bekämpfung des Fachkräftemangels und würde zur musikalischen Bildungsgerechtigkeit beitragen. Mit dem neuen Projekt „SBM – Singen Bewegen Musizieren“ werde zudem gerade an zehn ausgewählten Schulen eine einheitliche musikalische Förderung in der 1. und 2. Klasse getestet. Auch die CDU habe sich den Projekten gegenüber positiv gezeigt, wie Häffner erklärte. SBM und weitere musikalische Angebote würden einen guten Beitrag zur Sprachförderung leisten, daher sei es richtig, sie in den Klassen anzubieten.
Alle Fraktionen haben Häffner zufolge ihre Dankbarkeit für die Arbeit der Musikschulen ausgesprochen. Die FDP/DVP habe hervorgehoben, die Musikschulen leisteten einen wichtigen Beitrag für die elementare Bildung und den sozialen Zusammenhalt, teilte Häffner mit.
Anhörung im Bildungsausschuss zum Landessportplan
Stuttgart. In einer öffentlichen Sitzung hat sich der Ausschuss für Kultus, Jugend und Sport am Mittwoch, 6. November 2024, mit dem 30. Landessportplan für die Haushaltsjahre 2025/2026 befasst. Dazu war der Landessportverband zu Gast in der Sitzung, der den Mitgliedern des Gremiums mündlich über seine Sichtweise zu dem Plan berichtet hat, wie die Ausschussvorsitzende Petra Häffner (Grüne) mitteilte.
Mit dem Landessportplan soll über das Engagements des Kultusministeriums sowie anderer Ministerien für den Sport im Land informiert werden. Darin enthalten sind Angaben zur Förderung des Schul-, Breiten- und Leistungssports. Die Landesregierung erklärte Häffner zufolge, dass sie mit dem Plan die Bedeutung des Sports unterstreichen und umfassende Fördermittel bereitstellen wolle, um die Vielfalt sportlicher Aktivitäten im Land zu unterstützen.
Jürgen Scholz, Präsident des Landessportverbands, nahm in der Sitzung Stellung zum 30. Landessportplan. Er dankte dabei der Politik für die Unterstützung in den letzten Jahrzehnten und die gemeinsame Suche nach Lösungen. Sport habe eine hohe gesellschaftliche Relevanz, was sich auch in den letzten Sportgroßereignissen gezeigt habe. Dies bestätigte auch Ulrich Derad, Hauptgeschäftsführer des Landessport-verbands. Mit aktuell rund vier Millionen Mitgliedern sei eine Rekordzahl erreicht. Baden-Württemberg sei das sportlichste Bundesland in Deutschland und habe auch bei den olympischen Spielen eine gute Medaillenausbeute vorweisen können.
In der Zukunft gehe es darum, Nachwuchstalente zu entdecken und im Leistungssport international noch konkurrenzfähiger zu werden. Dafür sollen mehr lokale Wettkämpfe stattfinden, bei denen die Themen Leistung und Leistungsentwicklung implementiert werden. Um das zu erreichen, seien Kooperationen und eine größere Öffnung der Schulwelt notwendig.
Die Grundlage für die Förderung im Leistungs- aber auch Breitensport sei der Solidarpakt, so Derad. Dieser bestehe seit 2007 zwischen dem Landessportverband und dem Land Baden-Württemberg und sei ab 2022 für weitere fünf Jahre verlängert worden. Für die Jahre 2025 und 2026 sei eine Fördersumme von jeweils 104,9 Millionen Euro vorgesehen. Einen großen Posten nehme die Förderung des Breiten- und Freizeitsports ein. Hier seien jährliche Zuschüsse in Höhe von rund 42 Millionen Euro veranschlagt. Mit rund 25 Millionen Euro fließe ein Großteil davon in die Aus- und Fortbildung sowie in Zuschüsse für die Beschäftigung von lizenzierten Übungsleiterinnen und Übungsleitern. Derad habe gelobt, dass die Bezahlung von Trainern fix geregelt sei. Rund 20 Millionen Euro sollen jährlich zur Förderung des Leistungssports eingesetzt werden – Schwerpunkte blieben dabei Investitionen in personelle und sächliche Leistungssportstrukturen der Sportfachverbände.
Zusätzlich zu den Summen aus dem Solidarpakt seien für die Förderung des kommunalen Sportstättenbaus jeweils 17 Millionen Euro geplant. Dies solle aus Mitteln des kommunalen Investitionsfonds kommen. Wie Derad erklärte, konnte mit den 2022 und 2023 einmalig zur Verfügung gestellten Mitteln aus dem dafür erstellten Sonderprogramm des Solidarpakts der Sanierungsstau beim Vereinssportstättenbau der letzten Jahre abgebaut werden. Aktuell gäbe es jedoch große Zurückhaltung bei energetischen Sanierungen, da der Eigenanteil für die Sportstätten hoch sei. Der Solidarpakt sei laut FDP/DVP ein Erfolgsmodell. Gemäß Aussagen der CDU habe der Solidarpakt zur aktuellen positiven Entwicklung maßgeblich beigetragen. Nach Angaben Häffners werde sich die Landesregierung in künftigen Jahren für eine Erhöhung des Budgets einsetzen.
Weiter wies Scholz auf die Herausforderungen der Zukunft hin. Dazu zähle unter anderem der Anspruch auf einen Ganztagsplatz für Grundschüler ab dem Jahr 2026. Hier erklärte er, dass der Landessportverband die Betreuung sicherstellen möchte, er sich dabei jedoch von der Politik allein gelassen fühle und sich diese deutlicher artikulieren müsse. Eine Betreuung werde wohl nur mit einer Mischung aus Ehren- und Hauptamtlichen klappen. Derad zufolge sei jedoch ein Bürokratieabbau nötig, um überhaupt Menschen ins Ehrenamt zu bringen. Die Ehrenamtskarte sei im Anschluss ein gutes Instrument, das inhaltlich ausgebaut werden müsse. Die FDP/DVP habe sich in der Sitzung überzeugt gezeigt, dass der Sport eine wichtige Rolle spielen könnte, um die Ganztagsbetreuung zu ermöglichen, so die Ausschussvorsitzende.
Auf die Frage der CDU, ob ein sportliches Ganztagsangebot dem Bewegungsmangel entgegenwirken könnte, habe Scholz geantwortet, dass Bewegung bereits im Kindergarten anfange müsse. Kinder hätten eigentlich ein natürliches Bewegungsbedürfnis. Bei Besuchen in Kindergärten glaube man nicht, was bei vielen Kindern alles nicht klappe. Daher sei es zu spät, erst in den Grundschulen mit dem Sport zu starten. Neue Initiativen wie das Programm „SchwimmFidel – ab ins Wasser!“ sollen beispielsweise die Schwimmfähigkeit von Vorschulkindern durch Anfängerschwimmkurse fördern.
Umweltausschuss tauscht sich über Fortschritte bei zwei zentralen Naturschutzvorhaben aus
Stuttgart. Der Ausschuss für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft hat am Donnerstag, 24. Oktober 2024, unter anderem auf Antrag der FDP/DVP-Fraktion über die geplante Erweiterung des Nationalparks Nordschwarzwald sowie auf Antrag der SPD-Fraktion über die Errichtung eines Biosphärengebiets in Oberschwaben bzw. dem Allgäu beraten, berichtete der Ausschussvorsitzende Daniel Karrais (FDP/DVP).
Die Abgeordneten seien sich in der Sitzung einig gewesen, dass beide Vorhaben die Chance böten, wertvolle Natur- und Kulturräume zu bewahren. „Diese Projekte unterstreichen das Engagement des Landes für den Erhalt der Biodiversität und die Förderung nachhaltiger Entwicklung“, erklärte Karrais. Oberschwaben und das Allgäu hätten eine besondere naturräumliche Bedeutung. Die Regionen seien geprägt von zahlreichen Moorlandschaften und einer reichen Artenvielfalt. Die Einrichtung eines Biosphärengebiets würde, so die Landesregierung, die Möglichkeit bieten, wertvolle Lebensräume zu schützen und gleichzeitig eine nachhaltige Entwicklung der Region voranzutreiben. Bereits im Koalitionsvertrag sei daher festgehalten worden, dass dort ein drittes Biosphärengebiets geschaffen werden solle.
Die Opposition habe in der Sitzung kritisiert, dass sich die Landesregierung bei diesem Vorhaben, zumindest öffentlich wahrnehmbar, sehr passiv und zurückhaltend zeige. Das Ministerium habe erwidert, dass seit letztem Jahr ein umfassender und ergebnis-offener Prüfprozess laufe, der mit Informations- und Beteiligungsphasen auf lokaler und regionaler Ebene gestartet wurde. Gründlichkeit gehe hier vor Schnelligkeit. Acht Arbeitskreise würden Lösungsansätze in zentralen Bereichen wie Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Moorschutz, Tourismus, Regionalvermarktung und nachhaltigem Wirtschaften erarbeiten. Bis November 2024 sollen die Ergebnisse vorliegen.
Der aktuelle Fokus liege auf der Festlegung potenzieller Flächen und Schutzzonen im Gebiet zwischen dem Federsee, Isny und Wangen im Süden und Ostrach bzw. Bad Saulgau im Westen. Der Prüfprozess berücksichtige die Interessen der 57 betroffenen Kommunen sowie der Landkreise Biberach, Ravensburg und Sigmaringen. Die Akzeptanz für das Vorhaben würde sich regional stark unterscheiden. Einige Gegenden seien gespalten oder zeigten sich kritisch. Die Ausarbeitung der parzellenscharfen Abgrenzung mit der entsprechenden Zonierung soll voraussichtlich im Oktober 2024 abgeschlossen sein. Anschließend seien Gespräche mit den von Pflegezonen betroffenen Grundbesitzenden geplant. Die potenziellen Kernzonen würden sich ausschließlich im Eigentum des Landes befinden und durch ForstBW oder die Liegenschaftsverwaltung der Kommunen betreut werden. Abstimmungsgespräche würden hier bereits während der Erarbeitung der Zonierung stattfinden. Weiter solle die Zonierung nur auf aktuellen Schutzgebieten stattfinden. Neue Schutzbereiche müssten damit nicht ausgewiesen werden. Zudem erklärte das Ministerium, dass nur öffentliche Fläche abgegrenzt werden würden. Am Ende würden die betroffenen Gemeinden entscheiden, ob und in welchem Umfang sie sich an dem Biosphärengebiet beteiligen möchten. Dies könne am Ende darüber entscheiden, ob das Gebiet von der UNESCO anerkannt werde.
Neben dem Biosphärengebiet in Oberschwaben bzw. dem Allgäu stand die geplante Erweiterung des Nationalparks Schwarzwald im Mittelpunkt der Beratungen. Ziel der Erweiterung sei es, die bislang getrennten Teile des Nationalparks durch einen Flächentausch zwischen dem Land Baden-Württemberg und der Waldgenossenschaft Murgschifferschaft zu verbinden. Diese habe ihre grundsätzliche Bereitschaft signalisiert, Teile ihrer Waldflächen im Tausch gegen gleichwertige Waldparzellen zur Verfügung zu stellen. Gleichzeitig bleibe der Genossenschaft die Möglichkeit, ihre wirtschaftlichen Interessen zu wahren, indem sie die staatliche Beteiligung an der Genossenschaft zurückerwerben könne. Karrais hob hervor, dass die Verhandlungen noch nicht abgeschlossen und somit der genaue Umfang sowie die finanziellen Auswirkungen des Flächentauschs noch ungeklärt seien. Das Ministerium habe erklärt, dass derzeit Details zwischen Fachleuten und Betroffenen erarbeitet werden würden.
Die Abgeordneten sprachen Karrais zufolge, über die Notwendigkeit einer frühzeitigen Einbindung der lokalen Bevölkerung in den Prozess. Der Nationalpark Schwarzwald verfolge gemäß Nationalparkgesetz seit seiner Gründung 2014 partizipative Entscheidungsprozesse. Diese intensive Beteiligungskultur solle auch bei der geplanten Erweiterung beibehalten werden, erklärte Karrais. Dazu zähle insbesondere die enge Zusammenarbeit mit dem Nationalparkrat und dem -beirat, welche unter anderem das konkrete Vorgehen der regionalen Bürgerbeteiligung festlegten. Ergänzend sei aufgrund des partizipativen Gesetzgebungsverfahrens in Baden-Württemberg eine Bürgerbeteiligung auf Landesebene geplant.
In der Sitzung sei gemahnt worden, dass es durch den Flächentausch für einzelne Betriebe auf regionaler Ebene oder auch für überwiegend lokal agierende forstliche Lohnunternehmer zu finanziellen Einbußen kommen könnte. Die FDP/DVP-Fraktion habe in der Sitzung erklärt, dass der Tausch für die Bevölkerung zudem kein gutes Geschäft wäre, da die Murgschifferschaft u.a. bessere Flächen erhalten als abgeben würde. Weiter habe sie darauf hingewiesen, dass berücksichtigt werden solle, ob abgegebene Flächen für Windkraft genutzt werden könnten. Auswirkungen auf die Region und den Tourismus seien daher bei der Entscheidung zu einer räumlichen Erweiterung einzubeziehen.
Landtagspräsidentin Aras: Wir müssen Europa gegen die Feinde der Demokratie verteidigen
Kehl/Stuttgart. Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) hat junge Europäerinnen und Europäer dazu aufgerufen, sich angesichts des Erstarkens demokratiefeindlicher und europaskeptischer Kräfte nicht entmutigen zu lassen. „Das gute Zusammenleben in Europa ist die Grundlage für unseren Wohlstand und dafür, dass wir in Frieden und Freiheit leben können. Wir dürfen nicht zulassen, dass Nationalismus und Populismus unser gemeinsames demokratisches Projekt Europa zerstören“, sagte Aras am Donnerstagabend bei einer Veranstaltung der Landtagsreihe „Wertsachen – was uns zusammenhält“ in der Stadthalle Kehl.
Unter dem Motto „Demokratie in Europa – von der Vision zum gelebten Miteinander“ waren Bürgerinnen und Bürger zu Podiumsdiskussion und Austausch nach Kehl eingeladen. Ein besonderer Fokus des Abends lag auf den Erwartungen und Wünschen von jungen Menschen in Europa. Im Rahmen der „Wertsachen“-Veranstaltung hatte Impulssprecher und Podiumsteilnehmer Martin Speer dazu am Donnerstagmittag Schülerinnen und Schüler der 12. Klasse des Sozial- und Gesundheitswissenschaftlichen Gymnasiums Kehl zu einem Workshop begrüßt.
Schülerin Julia Göbel fasste die Ergebnisse des Workshops auf dem Podium so zusammen: „Wir wollen als junge Europäerinnen und Europäer einbezogen werden und mehr mitbestimmen können, schließlich geht es um unsere Zukunft.“ Themen wie Frieden, Zusammenhalt, Geschlechtergerechtigkeit und Kampf gegen Fake News in sozialen Medien seien für junge Menschen besonders wichtig. Sie und ihre Mitschülerinnen und Mitschüler erwarteten, dass die Politik den Forderungen mehr Gehör schenke.
Die rund 200 Gäste in der Stadthalle Kehl, darunter viele Schülerinnen und Schüler, erwartete ein vielfältiges Programm rund um europapolitische Fragen. Die Landtagspräsidentin eröffnete den Abend. Nach einem Grußwort von Wolfram Britz, Oberbürgermeister der Stadt Kehl, steuerte der Autor, Aktivist und Berater Martin Speer einen Impulsvortrag bei. Der Titel: „Eine Reise durch Europas Zukunft“. Speer wurde 2015 gemeinsam mit Vincent-Immanuel Herr durch seine Kampagne „FreeInterrail“ bekannt. Danach sollten alle EU-Bürgerinnen und Bürger zum 18. Geburtstag ein 30-Tage-Interrailticket geschenkt bekommen.
„Die EU ist mehr als ihre Verträge und mehr als ein Wirtschaftsblock. Die EU ist – vor allem zwischen der Region Grand Est und Baden-Württemberg – längst gelebter Alltag. Zum Beispiel für 23.000 Menschen, die in Kehl täglich in beiden Richtungen über die Grenze pendeln“, so Aras in ihrer Begrüßung. An die Adresse junger Europäerinnen und Europäer sagte sie: „Wenn eure Generation jetzt sagt, dass ihr mehr Gehör verdient und einen festen Platz in der Diskussion, dann habt ihr Recht.“ Als Politikerin nehme sie sehr wohl wahr, dass junge Menschen heute viel politischer seien und sich mehr engagierten als noch vor wenigen Jahrzehnten. „Deshalb mein Appell: Bewahrt euch den Grundoptimismus, das Engagement und das Grundvertrauen in die Demokratie und Europa!“
Bei der Podiumsdiskussion tauschten sich Martin Speer und Julia Göbel mit Stephan Preiß, Kreisvorsitzender der Jungen Europäischen Föderalisten Kehl, und Jeanne Barseghian, Bürgermeisterin der Stadt Straßburg und Präsidentin des Eurodistrikts Strasbourg-Ortenau, über aktuelle europäische Herausforderungen und den Zustand der Demokratie in Europa aus. Barseghian äußerte sich kritisch darüber, dass aktuell acht Mitglieder des Schengenraums wieder Grenzkontrollen durchführen, darunter seit Mitte September Deutschland und ab 1. November auch Frankreich. Die Menschen beiderseits des Rheins spürten, dass dies für die EU „nicht die richtige Richtung“ sei. Mit Blick auf die erstarkenden euroskeptischen Kräfte sagte Barseghian, jene Kräfte, die Europa stärken wollen, müssten nun Koalitionen bilden.
Moderiert wurde die Podiumsdiskussion mit Publikumsbeteiligung von der TV-Journalistin und langjährigen Auslandskorrespondentin Ute Brucker. Für den musikalischen Rahmen mit Rap-, Electro- und Dancehall-Klängen sorgte die deutsch-französische Band Zweierpasch. Im Anschluss an die Veranstaltung lud die Landtagspräsidentin zu einem Stehempfang.
Ausschuss für Landesentwicklung berät über Digitalen GeoZwilling und Strategiedialog „Bezahlbares Wohnen"
Stuttgart. Der Ausschuss für Landesentwicklung und Wohnen hat sich am Mittwoch, 23. Oktober 2024, unter anderem mit der Digitalisierung von Infrastrukturen, vor allem mit dem Potenzial des Digitalen GeoZwillings befasst. „Ein GeoZwilling ist eine wichtige Grundlage für die moderne Erledigung gesetzlicher Aufgaben und ein Schlüssel für eine digitale Verwaltung“, berichtete die Ausschussvorsitzende Christiane Staab (CDU). Ebenso beriet der Ausschuss über weitere Anträge wie etwa zum Strategiedialog „Bezahlbares Wohnen“ sowie zu den Themen FFH-Mähwiesen, Eigentumsförderung und Förderung von Wohnraum für Auszubildende.
Auf Antrag der Grünen-Fraktion beriet das Gremium über den Stand bei der Umsetzung des Digitalen GeoZwilling. Die Antragsteller hätten ausgeführt, das Ziel der Landesregierung sei eine schnelle Umsetzung des Vorhabens. Ein geodatenbasierter Zwilling (geoZwilling) sei laut Beschreibung des Ministeriums für Landesentwicklung und Wohnen ein hochpräzises, hochaktuelles und detailliertes digitales 3D-Abbild des Landes. Es basiere auf vernetzten Geodaten verschiedenster Art und Herkunft. Zudem ermögliche es das Monitoring, die Analyse und die Steuerung von Prozessen in Echtzeit, fasste Staab die Beschreibung zusammen.
Laut Ministerium sei der GeoZwilling von großer Bedeutung, da die Anwendungsszenarien von Planen, Bauen und Wohnen direkt unterstützt werden. Auch in anderen Ressorts und auf kommunaler Ebene, insbesondere rund um die Themen Umwelt- und Naturschutz sowie Katastrophenschutz und Sicherheit, fänden sich viele Anwendungen. Beispielsweise erlaube ein GeoZwilling eine punktgenaue Vulnerabilitätsanalysen beim Ausfall kritischer Infrastrukturen oder das Management von Evakuierungsmaßnahmen. Ebenso könnten durch Simulation künftig verbesserte Prognosen über Luftaustausch oder Einwirkungen von Starkregen- und Hochwassergefahren erstellt werden, sagte die Ausschussvorsitzende Staab.
Das Ministerium habe Staab zufolge ausgeführt, dass die Entwicklung und Implementierung eines GeoZwillings nach Beschluss der Digitalisierungsstrategie digital.Länd systematisch vorangetrieben werde. Im Rahmen der Vorbereitungsphase 2022/2023 seien erste Konzepte entwickelt worden. Die Anlaufphase 2024/2025 solle der Initiierung erster Pilotprojekte dienen wie beispielsweise die Erprobung einer Geo-Augmented-Reality-App. Im Rahmen der Aufbauphase 2026 bis 2030 solle abhängig von einer etwaigen Bereitstellung zusätzlicher Haushaltsmittel im Doppelhaushalt 2025/2026 mit dem Personal-, Technik- und Kompetenzaufbau eines GeoZwillings begonnen und anschließend in eine Betriebsphase übergeleitet werden.
Der Ausschussvorsitzenden zufolge befasste sich das Gremium auf Antrag der Grünen-Fraktion zudem mit dem Strategiedialog „Bezahlbares Wohnen und Innovatives Bauen“ als Instrument zur nachhaltigen Weiterentwicklung des Bau- und Wohnraumsektors in Baden-Württemberg. Nach Darstellung der Antragsteller gehe es dabei um nicht weniger als die Zukunftsfähigkeit des Wohn- und Bausektors in Baden-Württemberg, fasste Staab die Begründung der Antragsteller zusammen. Nach Auskunft des Ministeriums messe die Landesregierung dem bezahlbaren Wohnen und innovativen Bauen eine herausragende Bedeutung bei. Daher sei der ressortübergreifenden Strategiedialogs gegründet worden - nicht zuletzt aufgrund der herausfordernden Lage der Bau- und Immobilienbranche in Baden-Württemberg. Der drastische Rückgang der Auftragseingänge und Baugenehmigungen, insbesondere im Wohnungsbau, habe sowohl für die Bauwirtschaft selbst als auch für das gesamtwirtschaftliche Umfeld erhebliche Folgen.
Im Jahr 2022 sei mit dem Strategiedialog ein Arbeitsformat geschaffen worden mit dem Ziel, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, das Bauen ökologischer zu machen und den in Zukunft weiter steigenden Anforderungen des Klimaschutzes Rechnung zu tragen sowie die Digitalisierung und Transformation der Bauwirtschaft voranzutreiben, um das Planen und Bauen innovativer zu gestalten und dabei dem Fachkräftemangel entschieden entgegenzutreten. Arbeitsgruppen seien das zentrale Instrument des Strategiedialogs zur Erreichung dieser Ziele. Thematische Schwerpunkte seien unter anderem die Themensäule I „Bezahlbares Wohnen, Quartier, Fläche, Planung“, die Themensäule II „Innovatives und ökologisches Bauen und Sanieren“ und die Themensäule III „Transformation und Digitalisierung der Bauwirtschaft“. Weitere Schwerpunkt würden in Expertengesprächen behandelt.
Staab zufolge beriet der Ausschuss darüber hinaus auf Antrag der FDP/DVP-Fraktion über das Thema „Behinderung der innerörtlichen und wirtschaftlichen Entwicklung durch FFH-Mähwiesen“, auf Antrag der SPD-Fraktion über das Thema „Hohe Summen in der Eigentumsförderung und Programmberichte“ sowie auf Antrag der Grünen-Fraktion über das Thema „Junges Wohnen: Förderung von Wohnraum für Auszubildende“.
Petitionsausschuss befasst sich mit Eingabe zur Weiterbildung von Ärzten bezüglich der Erkrankung Nesselsucht
Stuttgart. Mit einer Petition, die die Weiterbildung von Ärzten bezüglich der Erkrankung Nesselsucht sowie die Berücksichtigung von Nesselsucht im Medizinstudium fordert, hat sich der Petitionsausschuss in seiner Sitzung am Donnerstag, 24. Oktober 2024, befasst. Das hat der Vorsitzende, Thomas Marwein (Grüne), mitgeteilt. „Es ist wichtig, dass wir immer wieder die Aufmerksamkeit auf komplexe Krankheitsbilder und den Leidensdruck vieler Betroffener lenken“, so Marwein.
Die Petentin, die in der gemeinnützig anerkannten Patientenorganisation „Urtikaria-Helden gUG“ engagiert ist, fordert im Nachgang zu einem auf Bundesebene eingereichten und abgeschlossenen Petitionsverfahren die Befassung mit ihrem Anliegen auf Landesebene. Hier vorrangig unter dem Aspekt der ärztlichen Aus- und Weiterbildung in Bezug auf die Hauterkrankung Urtikaria (Nesselsucht). Die Erkrankung müsse ernst genommen werden und bereits während des medizinischen Studiums eine größere Rolle spielen. Eine bessere medizinische Versorgung in diesem Bereich sei unerlässlich, so die Petentin, um Patientinnen und Patienten besser aufklären zu können und zeitnah die richtige Diagnose zu stellen. Die behandelnden Ärztinnen und Ärzte müssten über aktuelle Behandlungsmöglichkeiten besser informiert sein. Überdies habe die Petentin moniert, dass es aus ihrer Sicht immer noch unüblich sei, dass im Falle nachgewiesener schwerer Verläufe der Erkrankung der Grad der Behinderung angemessen erhöht werde.
Das Sozialministerium habe in seiner Stellungnahme dargelegt, so Thomas Marwein, dass im aktuell bekannten Referentenentwurf einer Verordnung zur Neuregelung der ärztlichen Ausbildung spezifische Inhalte, die das Krankheitsbild Urtikaria betreffen, stärkere Detailtiefe erlangen. So solle etwa der Nationale Kompetenzbasierte Lernzielkatalog Medizin (NKLM) Version 2.0 in der zukünftigen Approbationsordnung für Ärztinnen und Ärzte verankert werden, inklusive Kapitel IV „Erkrankungen“, Rubrik „Haut, Hautanhang, Schleimhaut“. Überdies sei das Krankheitsbild Urtikaria auch ausdrücklich in der Weiterbildungsordnung 2020 der Landesärztekammer Baden-Württemberg genannt. Im Rahmen der ärztlichen Weiterbildung könnten mit der Zusatzweiterbildung „Allergologie“ Kenntnisse über allergische Erkrankungen an der Haut erworben werden, die Symptomatik, Genetik/Epigenetik, Differentialdiagnose und Therapieoptionen umfassen.
Die Komplexität von Krankheitsbildern und die damit einhergehenden unbestreitbaren Schwierigkeiten bei der Bewertung des Grades der Behinderung erfordere die Berücksichtigung vieler unterschiedlicher Faktoren, gab Marwein die Erläuterungen des Ministeriums wieder. Bei schweren chronischen, sich über Jahre hinziehenden Verläufen sei ein Grad der Behinderung von 40 bis 50 oder über 50 möglich. In mittlerweile regelmäßig durchgeführten Schulungen für die Bewertung des Grades der Behinderung aufgrund Urtikaria werde darauf hingewiesen. Die Schulungen seien im Fortbildungscurriculum des Ärztlichen Dienstes des Regierungspräsidiums Stuttgart in Baden-Württemberg für versorgungsmedizinische Gutachterinnen und Gutachter vorgesehen.
„Es ist mir ein besonderes Anliegen, auf die Situation erkrankter Menschen aufmerksam zu machen“, betonte der Vorsitzende. Es sei nicht wirklich ein Defizit in der Aus- und Weiterbildung zu erkennen. Gleichwohl müsse wohl mehr in die Erforschung des Krankheitsbildes investiert werden, um Betroffenen nicht nur eine Diagnose, sondern auch Hilfen an die Hand zu geben. „Der Petitionsausschuss hat die Materialüberweisung an die Regierung einstimmig beschlossen“, so Marwein abschließend.
Sozialausschuss berät über Armut in Baden-Württemberg
Stuttgart. Der Ausschuss für Soziales, Gesundheit und Integration hat sich in seiner Sitzung am Mittwoch, 23. Oktober 2024, auf Antrag der Fraktion Grüne mit den Rahmenbedingungen der Armutsberichterstattung in Baden-Württemberg befasst. Das hat der Ausschussvorsitzende Florian Wahl (SPD) berichtet.
Armut sei auch in Baden-Württemberg für viele Menschen weiterhin Realität. Damit verbunden seien schlechtere Teilhabechancen, eingeschränkte Bildungsmöglichkeiten und geringere Aufstiegsperspektiven, wie Wahl darlegte. Die Landesregierung habe in der Sitzung erklärt, dass es von entscheidender Bedeutung sei, Armut beteiligungsorientiert und auf Basis valider und aussagekräftiger Daten zu bekämpfen. Dies seien zentrale Voraussetzungen, um passgenaue Maßnahmen zur Armutsprävention zu ergreifen. Die Landesregierung habe das Konzept der modularen Berichterstattung im Jahr 2022 eingeführt. Mit diesem agilen Ansatz solle Armut umfassend aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet werden.
Das neue Konzept bestehe aus fünf Modulen: dem „Gesellschaftsmonitoring BW“, dem „Gesellschaftsreport BW“, den „Kurzanalysen“, den „Berichten zur gesellschaftlichen Teilhabe“ und den „Fachtagen Armut und Teilhabe“. Diese Module würden es aus Sicht der Landesregierung ermöglichen, die Perspektive der Betroffenen einzubeziehen, eine hohe öffentliche Wahrnehmung des Themas Armut zu erzeugen, aktuelle Entwicklungen detailliert zu erfassen sowie als Landtag und Landesregierung flexibel auf neue Herausforderungen und Bedarfslagen zu reagieren.
Die Module „Gesellschaftsmonitoring BW“ und „Gesellschaftsreport BW“ hätten bereits vor 2022 bestanden. Beim Monitoring würden 40 Indikatoren zu Armut und Reichtum jährlich fortgeschrieben und mit Basisinformationen ergänzt. Beim Report werde jährlich ein Thema aus dem Bereich Armut und Reichtum behandelt. Die bisherigen Berichte seit 2022 deckten zentrale Themen wie die Überschuldung von Familien, Ernährungsrisiken für armutsgefährdete Menschen sowie die soziale Isolation und Einsamkeit Betroffener ab. Diese Berichte würden nicht nur wertvolle Informationen liefern, sondern auch mit ihren Schlussfolgerungen maßgeblich zur Praxis der Armutsprävention und -bekämpfung beitragen. Auch das im Rahmen der modularen Berichterstattung neu eingeführte Modul der „Kurzanalysen“ habe sich gemäß Aussagen der Landesregierung als sehr hilfreich erwiesen, um auf aktuelle Entwicklungen, wie beispielsweise die Teuerung der Lebensmittel- und Energiepreise oder auch Frauen- und Kinderarmut, schnell zu reagieren und gezielte Maßnahmen vorzuschlagen, so Wahl.
Von großer Bedeutung seien die im Rahmen des Moduls „Berichte zur gesellschaftlichen Teilhabe“ in der Analysephase stattfindenden (Online)-Fachgespräche sowie die veröffentlichten Berichte. Dazu zählten der im März 2024 veröffentlichte Bericht zur Altersarmut und die noch bevorstehenden Analysen zur Wohnsituation und zur Demokratiebetrachtung armutsgefährdeter Menschen. Ein wesentlicher Aspekt dieses Moduls sei die verstärkte Einbindung der Fachöffentlichkeit sowie von Menschen, die von Armut betroffen seien. „Damit wird sichergestellt, dass ihre Perspektiven ausreichend Berücksichtigung finden,“ betonte Wahl. Diese Form der Beteiligung habe nicht nur eine wertschätzende Funktion, sondern ermögliche auch praxisnahe Handlungsempfehlungen.
Der jährliche Fachtag des Moduls „Fachtag Armut und Teilhabe“ habe zuletzt im Juli 2024 stattgefunden und diene ebenfalls als zentrale Plattform für den Austausch zwischen Fachleuten, politischen Entscheidungsträgern und Menschen mit Armutserfahrung. Bei der Armutsberichterstattung werde auch der Landesbeirat für Armutsbekämpfung und Prävention Baden-Württemberg mit seinen rund 30 Mitgliedern unter Vorsitz von Sozialminister Lucha beteiligt. Die Analyseergebnisse und Handlungsempfehlungen der modularen Armutsberichterstattung würden in die Maßnahmen des Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Integration zur Armutsbekämpfung und -prävention einfließen und zur passgenauen Umsetzung von Förderprojekten, wie beispielsweise den Förderaufrufen „Überschuldung von Familien“ und „Förderung von Maßnahmen zur gesunden Ernährung und sozialen Teilhabe für Alle“, beitragen.
In die Sitzung waren sich die Abgeordneten zudem einig, dass die Einbindung von Menschen mit subjektiven Armutserfahrungen, wie bei der kürzlich stattgefundenen landesweiten Aktionswoche „Armut bedroht alle!“ als Teil der Landesarmutskonferenz, unabdingbar sei, fasste Wahl zusammen. Die vollständigen Berichte der modularen Armutsberichterstattung seien auf der Seite des Sozialministeriums öffentlich zugänglich.
Landwirtschaftsausschuss befasst sich mit Zukunftsperspektiven von Biogasanlagen
Stuttgart. Der Ausschuss für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz hat sich in seiner Sitzung am Donnerstag, 16. Oktober 2024, auf Antrag der CDU mit dem Potenzial von Biogasanlagen für die Energiewende in Baden-Württemberg befasst, berichtete der Ausschussvorsitzende Martin Hahn (Grüne).
Nach Angaben Hahns erklärten die Ausschussmitglieder in der Sitzung, dass Biogasanlagen ein Stabilitätsanker in der Energiewende seien. Diese nicht fossile, nachhaltige Energiequelle trage entscheidend zur Strom-, Wärme- und Gasversorgung bei und fördere die Netzstabilität, insbesondere im ländlichen Raum. Biogasanlagen könnten, bei Ausbau ihres Flexibilitätspotenzials, ähnlich wie auch H2-ready-Erdgaskraftwerke, Schwankungen bei der erneuerbaren Energie aus Wind und Sonne ausgleichen. Bei einer flexiblen Fahrweise der Biogasanlagen könne der Erdgas- bzw. H2-Bedarf auf Jahresbasis um zwei Prozent gesenkt werden, erklärte Hahn.
Laut dem Energiebericht 2024 machten Biogas, Biomethan und Klärgas im Jahr 2022 2,2 Prozent des Primärenergieverbrauchs in Baden-Württemberg aus. Bei der Bruttostromerzeugung in Baden-Württemberg aufgeschlüsselt nach Energieträgern, wiesen Biogas und Biomethan einen Anteil von 5,4 Prozent aus. Der Anteil der begrenzten Ressource Biogas für die Vor-Ort-Verstromung könne gemäß der Langfristszenarien des Bundes zurückgehen, da aufbereitetes Biomethan künftig bevorzugt in der Industrie und im Verkehr eingesetzt werde, legte Hahn dar.
Die starke Förderung von Biogasanlagen in den 2000er-Jahren habe zur Errichtung vieler Anlagen beigetragen. Mit 1.032 Anlagen habe Baden-Württemberg einen signifikanten Anteil an der deutschen Biogasproduktion. Allerdings liefen viele 20-jährige Einspeisevergütungen aus, was das Risiko von Stilllegungen berge. Bis Ende 2027 würden laut Marktstammdatenregister etwa 260 Biogasanlagen das Ende ihrer ersten Förderperiode erreichen. Weitere 354 Anlagen würden bis Ende 2031 folgen. Um eine zehnjährige Anschlussförderung zu sichern, könnten bestehende Anlagen an Ausschreibungen der Bundesnetzagentur teilnehmen, so Hahn. Ohne eine erfolgreiche Teilnahme an einer EEG-Ausschreibung sei ein systemdienlicher Weiterbetrieb einer Biogasanlage momentan noch nicht möglich. Das Ministerium fordere daher eine Erhöhung des Ausschreibevolumens. Zudem sei eine Erhöhung der Flexibilisierungszuschläge notwendig, um die Zukunftsfähigkeit der Biogasanlagen, welche keine Anschlussförderung erhielten, zu sichern. Bei Ausschreibungen sollten Anlangen priorisiert werden, welche bereits an das Wärmenetz angeschlossen seien. Diese bräuchten eine Gewissheit für ihren Fortbestand.
Nach Angaben der Landesregierung hätten in den letzten drei Jahren zwölf landwirtschaftliche Biogasanlagen ihren Betrieb eingestellt, führte Hahn aus. Weiter befürchte die Landesregierung, dass die Zahl der Stilllegungen deutlich steigen könnte, wenn die jetzigen Rahmenbedingungen unverändert blieben. Die möglichen Erträge aus dem Verkauf von Strom, Wärme, Gas und weiteren Dienstleistungen sowie die Förderkulisse und gesetzlichen Vorschriften spielten eine wichtige Rolle für Anlagenbetreiber und müssten optimiert werden.
Der Ausschuss hatte Hahn zufolge weitere Maßnahmen zur Stärkung von Biogasanlagen in Baden-Württemberg besprochen. Mit der Biogasstrategie habe sich die Landesregierung das Ziel gesetzt, die Entwicklung von Biogasanlagen im Sinne einer klimafreundlichen und biodiversitätsfördernden Energieversorgung mit langfristig tragfähigen Betriebskonzepten zu unterstützen.
Wichtiger Faktor seien dabei die Treibhausgas (THG)-Emissionen, welche bei der Stromerzeugung aus Biogas entstünden. Diese hingen stark vom Substrateinsatz ab. Die beste Bilanz gäbe es nach Angaben der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe beim ausschließlichen Einsatz von Wirtschaftsdüngern, wie Gülle oder Mist. Dann könnten Biogasanlagen gar negative THG-Emissionen ausweisen. Dies liege daran, dass durch die Nutzung von biogenen Rest- und Abfallstoffen zur Biogaserzeugung, THG-Emissionen vermieden würden, die bei einer Nichtnutzung angefallen wären. Daher sehe die Biogasstrategie Baden-Württemberg einen Substratwechsel hin zu mehr Gülle und biogenen Rest- und Abfallstoffen vor, gab Hahn die Ausführungen des Ministeriums wieder. Das Ministerium habe erklärt, dass das Potenzial von Reststoffen besser ausgeschöpft werden müsse. So könne es Sinn machen, dass Biogasanlagen eine höhere Einspeisevergütung erhielten, wenn sie Reststoffe einsetzten.
Eine weitere wesentliche Maßnahme sei die Sammelmenge für häusliche Bioabfälle von 60 auf 80 kg pro Einwohner und Jahr zu erhöhen und diese komplett energetisch durch Vergärung zu verwerten. Dies würde die Biogasproduktion aus diesem Bereich nahezu verdoppeln. Notwendig seien dafür jedoch weitere Biogasanlagen. Die Strategie umfasse auch die Beseitigung von Hemmnissen für die Annahme biogener Reststoffe aus Gewerbe und Industrie sowie die Einrichtung eines Kompetenzzentrums für angewandte Bioökonomie für den ländlichen Raum. Darüber hinaus würden Fortbildungsangebote und Veranstaltungen zur Vernetzung von Akteuren geplant, um den Austausch und die Zusammenarbeit zu fördern. Die geplanten Maßnahmen zur Förderung von Biogas seien jedoch abhängig von den verfügbaren Haushaltsmitteln.
Da der Rechtsrahmen für den Betrieb von Biogasanlagen weitestgehend durch Bundesrecht bestimmt werde, setze sich die Landesregierung auf Bundesebene für eine Optimierung der Rahmenbedingungen ein, um die Wettbewerbsfähigkeit von Biogasanlagen zu stärken. Dazu gehörten Anträge zur Verbesserung der EEG-Ausschreibungen und ein regelmäßiger Austausch zu Bioenergiethemen. Ein verstärkter Fokus auf den Ausbau von Biogasanlagen und deren Flexibilität werde als essenziell erachtet, um den Herausforderungen der Energiewende gerecht zu werden, fasste Hahn die Beratungen zusammen.
Strategiedialog Automobilwirtschaft und Qualität im Schienenverkehr im Fokus
Stuttgart. Mit Sachstand und Perspektiven des von der Landesregierung initiierten Strategiedialogs Automobilwirtschaft hat sich der Ausschuss für Verkehr in der Sitzung am Donnerstag, 17. Oktober 2024, befasst. Das berichtete der Ausschussvorsitzende Rüdiger Klos (AfD). Ebenfalls diskutiert worden seien die Qualität im Schienenpersonennahverkehr und der aktuelle Stand bei den Regiobuslinien.
Mit dem Strategiedialog Automobilwirtschaft (SDA) befasste sich der Ausschuss auf Antrag der Grünen. Sie hatten dazu einen umfangreichen Fragenkatalog an die Landesregierung gerichtet. In der Antwort bekräftigte das Staatsministerium im Einvernehmen mit weiteren Ministerien das Ziel, „die Transformation der baden-württembergischen Leitbranche Automotive zu einem Erfolg zu machen“. Im Rahmen des SDA seien federführend durch das Staatsministerium alle relevanten Transformationsthemen identifiziert worden, die man nunmehr bereits seit 2017 sektorenübergreifend und strukturiert bearbeite.
Vertreterinnen und Vertreter aus Wirtschaft, Wissenschaft, Verbänden, Ministerien, der Landesinnovationsagentur e-mobil BW und gesellschaftlicher Gruppen arbeiteten in Arbeitsgruppen und Projekten zusammen. Die Aktivitäten seien in den Schwerpunkten Fahrzeug, Energie und Daten organisiert. Innerhalb der Schwerpunkte definierten Lenkungskreise Ziele, die in Ad-hoc-Arbeitsgruppen bearbeitet werden und in konkrete Handlungsempfehlungen, Projekte und Maßnahmen münden.
Es gehe beim SDA darum, verlässliche Rahmenbedingungen zu setzen und der Wirtschaft Problemlösungsangebote zu machen, um letztlich Wertschöpfung im Land zu halten und Jobs zu sichern, habe Staatssekretärin Elke Zimmer in Vertretung von Verkehrsminister Winfried Hermann (beide Grüne) in der Sitzung erklärt, so Klos. Ein Vertreter des Wirtschaftsministeriums habe beispielhaft darauf verwiesen, dass bisher von rund 500 kleinen und mittleren Unternehmen 800 Beratungsanfragen an die Landeslotsenstelle Transformationswissen BW eingegangen seien.
Nach Angaben von Klos lobten Grüne und CDU den Strategiedialog, aus dem sich bereits zahlreiche Projekte ergeben hätten. Das Format sei ein Aushängeschild und stehe beispielhaft für den Praxisbezug der Landespolitik, hätten die Grünen erklärt. Die FDP/DVP habe dagegen kritisiert, der Strategiedialog helfe den Autobauern angesichts von Flottengrenzwerten für den Kohlendioxydausstoß nicht.
Ebenfalls auf Antrag der Grünen befasste sich der Ausschuss mit der Qualität im Schienenpersonennahverkehr (SPNV) und insbesondere mit der Umsetzung des vor Jahresfrist aufgelegten „Aktionsplans Qualität im SPNV“ des Verkehrsministeriums. Die Grünen hätten den Aktionsplan gelobt, er zeige ein starkes Problembewusstsein der Landesregierung angesichts der großen Unzufriedenheit von Bahnkunden, berichtete der Ausschussvorsitzende. Staatssekretärin Zimmer habe auf erste Erfolge beispielsweise durch vom Land forcierte robustere Fahrpläne hingewiesen, die höhere Mindesthalte- und Mindestwendezeiten sowie großzügigere Pufferzeiten vorsehen, um die Verlässlichkeit für Fahrgäste zu steigern.
Die SPD habe in diesem Zusammenhang nach dem Stand des Ausbaus des digitalen Bahnknotens Stuttgart durch die Deutsch Bahn gefragt, so Klos. Ein Vertreter des Verkehrsministeriums habe erklärt, die dritte und finale Ausbaustufe werde voraussichtlich umgesetzt, die Freigabe durch den DB-Konzernvorstand stehe aber noch aus. Die dritte Stufe werde aber abgespeckt, die Bahnhöfe Plochingen und Ludwigsburg würden demnach nicht digitalisiert.
Wiederum auf Antrag der Grünen befasst sich der Ausschuss mit dem aktuellen Stand der Regiobuslinien im Land. Während die Grünen hervorgehoben hätten, bisher 47 Regiobuslinien auf einer Strecke von 1.200 Kilometern seien eine Erfolgsgeschichte, von der der schienenferne ländliche Raum profitiere, hätten CDU und FDP/DVP Fragen nach der Wirtschaftlichkeit der Linien gestellt, so der Ausschussvorsitzende. Ein Vertreter des Verkehrsministeriums habe dazu in der Sitzung erklärt, wenn die Linien nicht wirtschaftlich wären, würden sich die beteiligten Kommunen aus der hälftigen Finanzierung zurückziehen. Das dies bisher nirgends geschehen sei, spreche eine klare Sprache.
Finanzausschuss berät über Zuständigkeit beim Förderprogramm „Landärzte“
Stuttgart. Der Finanzausschuss des Landtags hat sich in seiner Sitzung am Donnerstag, 17. Oktober 2024, mit dem Förderprogramm „Landärzte“ befasst. Es soll die ambulante ärztliche Versorgung im ländlichen Raum sichern und verbessern. Hintergrund der Beratung war ein Beschluss des Gremiums von Dezember 2023, mit dem die Landesregierung aufgefordert wurde, die Übertragung der Abwicklung des Förderprogramms auf die Kassenärztliche Vereinigung (KVBW) zu prüfen. In ihrer Antwort an den Ausschuss führte die Landesregierung nun aus, dass das Sozialministerium nach der Prüfung zu dem Ergebnis gekommen ist, die Abwicklung nicht auf die KVBW zu übertragen. Das teilte der Vorsitzende des Gremiums Martin Rivoir (SPD) mit.
Der Rechnungshof des Landes hatte Rivoir zufolge in seiner Denkschrift 2023 kritisiert, dass das Förderprogramm parallel und inhaltlich unkoordiniert zu einem ähnlich ausgerichteten Angebot der Kassenärztlichen Vereinigung laufe. Die Prüfer hätten daher vorgeschlagen, dass das Sozialministerium die eigenständige Bearbeitung des Förderprogramms „Landärzte“ einstellen solle. Die Abwicklung solle auf die Kassenärztliche Vereinigung übertragen werden. Der Finanzausschuss hatte daraufhin beschlossen, dass die Regierung die Umsetzung der Empfehlung prüfen solle.
Das Sozialministerium habe seine Entscheidung unter anderem damit begründet, dass die Übertragung keine Einsparung von Verwaltungsaufwand zur Folge hätte. Denn durch die Abstimmung zur konkreten Ausgestaltung des Förderverfahrens und
Überwachung der Einhaltung der zuwendungsrechtlichen Vorgaben durch die KVBW und dem Verbleib der konzeptionellen Verantwortung beim Sozialministerium würde eher zusätzlicher Abstimmungsaufwand entstehen. Außerdem werde kein Kosteneinsparpotenzial gesehen. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass die KVBW eigene Personalressourcen und Kosten für die Bearbeitung eines anderen Förderprogramms zur Verfügung stelle. Diese müssten also weiterhin vom Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration gestellt werden.
Mit Blick auf die vom Rechnungshof bemängelte Doppelstruktur habe das Ministerium erklärt, dass das Förderprogramm „Ziel und Zukunft“ (ZuZ) der KVBW den gesamten Planungsbereich der jeweiligen (Fach-)Arztrichtung erfasse und damit deutlich breiter ausgestalte sei. Kleinere Gemeinden unter 3 000 Einwohnern würden nicht berücksichtigt. Das Förderprogramm „Landärzte“ trete genau in diese Lücke, indem es ausschließlich Hausärztinnen und Hausärzte fördere, vor allem in kleinen ländlichen Gemeinden mit einer hausärztlichen Unterversorgung, wie Rivoir zusammenfassend berichtete.
Der Beschluss des Ausschusses von Dezember 2023 habe auch die Forderung beinhaltet, das Förderprogramm in regelmäßigen Abständen zu evaluieren und gegebenenfalls anzupassen. Das Ministerium habe geantwortet, dass es dem Beschluss gerne folge und das Förderprogramm evaluieren lasse. Die Evaluierung solle von einer externen dritten Stelle erfolgen. Mit ersten Erkenntnissen wird voraussichtlich im Spätherbst bis Winter dieses Jahres gerechnet. Im Wege der Evaluierung könnte eine Erhöhung und Ausgestaltung der Fördersummen wie auch eine mögliche Staffelung konkret beziffert werden. Eine Erhöhung der Förderbeträge erscheine dem Sozialministerium als durchaus angebracht. Der Finanzausschluss beschloss dem Vorsitzenden zufolge in der Sitzung, dass die Landesregierung dem Gremium bis 30. September 2025 über den aktuellen Stand berichten solle.
Bei der anschließenden Debatte haben Martin Rivoir zufolge die Abgeordneten den Verbleib des Förderprogramms beim Sozialministerium überwiegend begrüßt. Die CDU-Fraktion habe ausgeführt, dass sie dem Sozialministerium sehr dankbar sei für das Förderprogramm für die ärztliche Versorgung in kleinen Gemeinden. Angesichts des Ärztemangels in manchen Regionen sei dieses Programm dringend notwendig. Die Grünen-Fraktion habe zugestimmt, dass es keinen Sinn mache, die Abwicklung zu übertragen, wenn dies keine Ersparnis bringe. Dies sei das auschlaggebende Argument. Auch die SPD-Fraktion habe erklärt, dass sie eine Übertragung aus den von Ministerium genannten Gründen nicht haben wolle. Die Fraktion FDP/DVP habe verdeutlicht, dass es nie darum gegangen sei, die Förderprogramme zusammenzulegen, sondern zu zentralisieren. Die AfD-Fraktion habe darauf hingewiesen, dass gerade auf dem Land der Mangel an Kinder- und Frauenärzten ein großes Problem sei.
Bildungsausschuss bespricht Änderung des Privatschulgesetzes
Stuttgart. Der Ausschuss für Kultus, Jugend und Sport hat sich in seiner Sitzung am Donnerstag, 17. Oktober 2024, mit einem Gesetzentwurf der Landesregierung zur Änderung des Privatschulgesetzes sowie der Vollzugsverordnung zum Privatschulgesetz befasst, berichtete die Ausschussvorsitzende Petra Häffner (Grüne).
Ziel der Gesetzesänderung des Privatschulgesetzes (PSchG) und der Vollzugs-verordnung zum Privatschulgesetz (VVPSchG) sei es, nicht mehr aktuelle und überholte Regelungen, welche in der Verwaltungspraxis keine Relevanz mehr hätten, zu streichen sowie redaktionelle Anpassungen und Klarstellungen vorzunehmen. Dies solle die Handhabung des Gesetzes in der Praxis vereinfachen und modernisieren. So führe unter anderem die Vereinheitlichung von Begrifflichkeiten zu einer besseren Übersichtlichkeit und Verständlichkeit der Regelungen, erklärte Häffner die Beweggründe des Ministeriums.
In der Ausschusssitzung sei im Rahmen der Überarbeitung des Gesetzes unter anderem über eine stellenweise Gleichbehandlung von Ersatzschulen und Ergänzungsschulen gesprochen worden. Nach § 7 PSchG sei, nach einer vorherigen Zustimmung der oberen Schulaufsichtsbehörde, ein nicht länger als einjähriger Nichtbetrieb im Hinblick auf die Genehmigung für Ersatzschulen unschädlich. Da es in diesem Bereich keinen Grund für eine unterschiedliche Behandlung von Ersatzschulen und Ergänzungsschulen gäbe, solle diese Regelung nun auch im Gleichklang für die Ergänzungsschulen angewendet werden.
Der Entwurf sei am 9. Juli 2024 vom Ministerrat zur Anhörung freigegeben worden. Vom 11. Juli bis 13. August 2024 fand eine Anhörung der Interessenvertretungen der Schulen in freier Trägerschaft statt. Die Rückmeldungen seien dabei durchweg positiv gewesen. Sowohl die Arbeitsgemeinschaft Freier Schulen Baden-Württemberg (AGFS) als auch der Deutsche Bundesverband für Logopädie e. V. (dbl) begrüßten die geplanten Änderungen.
Häffner zufolge bewerte die AGFS unter anderem die Neufassung des § 10 Absatz 2 Nr. 1f PSchG positiv – statt Privatschulen werde in der Neufassung nun präziser von Ersatzschulen gesprochen. Ebenso befürwortete sie die Änderungen zu § 18 Absatz 3 Satz 1 PSchG. Darin würden die Anforderungen an die Gleichwertigkeit (und nicht Gleichartigkeit) der wissenschaftlichen und pädagogischen Ausbildung von Lehrkräften an Freien Schulen nun ebenfalls präzisiert.
In der Neufassung des § 17 Absatz 1 PSchG werde klargestellt, dass auch Schulen für Physiotherapie und Schulen für Logopädie auf Antrag Zuschüsse des Landes erhalten können – damit würden darin nun alle grundsätzlich zuschussberechtigten Ersatzschularten aufgeführt. So entstehe ein Gleichklang mit den in § 18 PSchG genannten Schulen. Diese Maßnahme soll die rechtliche Klarheit und die Praxisanwendung deutlich verbessern. Der dbl begrüße die Änderung.
Der Normenkontrollrat Baden-Württemberg befürworte ebenfalls die Bereinigung des Gesetzes und lobte die Vereinfachung und bessere Verständlichkeit der Vorschriften für die Regierungspräsidien als Normanwender.
Durch die Anpassungen soll weder eine Mehrbelastung für die öffentlichen Haushalte noch ein bürokratischer Mehraufwand entstehen, gab Häffner die Ausführungen des Ministeriums wieder. Zudem handele es sich bei den geplanten Änderungen um den ersten von vielen Schritten für mehr Klarheit und einer Anpassung an die veränderten Anforderungen. Weitere Schritte und Gesetzesänderungen seien geplant, fasste Häffner die Beratungen zusammen.
Die Abgeordneten haben dem Gesetzentwurf der Landesregierung zur Änderung des Privatschulgesetzes in der Sitzung einstimmig zugestimmt.
Abgewiesene Expo-Schadensersatzklage: Ministerium entscheidet bis Ende der Woche über Rechtsmittel
Stuttgart. Der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus hat sich in der Sitzung am Mittwoch, 16. Oktober 2024, mit der Klage des Landes auf Schadensersatz für die Kostenübernahme des Baus des Baden-Württemberg-Hauses auf der Expo Dubai 2020 gegenüber der Expo-Projektgesellschaft und ihrer Partner befasst. Das berichtete der Ausschussvorsitzende Dr. Erik Schweickert (FDP/DVP). Weitere Themen waren demnach die Bedeutung von Sitzbänken für den Wandertourismus und die vom Verkehrsministerium initiierten bwegt-Wanderwege.
Mit der erstinstanzlich niedergeschlagenen Schadensersatzklage gegenüber der Expo-Projektgesellschaft und ihrer Partner befasste sich der Ausschuss unter der Überschrift „Expo-Debakel und kein Ende“ auf Antrag der FDP/DVP. Zunächst mit Bezug auf die bereits am 9. Juli von der 17. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart in mündlicher Verhandlung geäußerte vorläufige Rechtsauffassung, derzufolge die Klage wenig Aussicht auf Erfolg habe, hatten die Liberalen erfahren wollen, wie das Land weiter vorzugehen gedenke. Nunmehr unter dem Eindruck der jüngsten Entscheidung der Zivilkammer, die die Klage am 17. September abgewiesen hatte, wiederholten sie in der Sitzung am Mittwoch nach Angaben des Ausschussvorsitzenden diese Frage. Sie taten dies begleitet vom Vorwurf, das Ministerium habe sich zu einer von vornherein aussichtslosen Klage verleiten lassen. Besser wäre es gewesen, sich außergerichtlich zu vergleichen, hätten die Liberalen argumentiert, so Dr. Schweickert. SPD und AfD hätten dem beigepflichtet.
In Vertretung von Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) habe Staatssekretär Dr. Patrick Rapp (CDU) erklärt, das Ministerium werde fristgemäß bis Ende dieser Woche über mögliche Rechtsmittel gegen das erstinstanzliche Urteil entscheiden, berichtete der Ausschussvorsitzende. Dr. Rapp habe betont, es werde keine einfache Entscheidung. Das letzte Wort liege bei der Ministerin. Man werde den Ausschuss umgehend informieren. Zugleich habe er darauf verwiesen, dass die Klage letztlich auf einem Kabinettsbeschluss basiert habe. Nach Angaben von Dr. Schweickert zeigten sich FDP/DVP, SPD und AfD überrascht von der Aussage des Staatssekretärs, der genaue Streitwert der Klage – im Raum standen bisher gut zwölf Millionen Euro – stehe noch gar nicht fest, da der Expo-Schaden für das Land noch nicht abschließend zu berechnen sei. Zuvor sei zu klären, ob Umsatzsteuerpflicht bestehe, habe Dr. Rapp erklärt. Laut Dr. Schweickert stellten die Liberalen überschlägig bisher aufgelaufene Verfahrenskosten von 675.000 Euro gegen den mutmaßlichen Streitwert in den Raum.
Die Bedeutung von Sitzbänken für den Wandertourismus im Land beschäftigte den Ausschuss ebenfalls auf Antrag der FDP/DVP. Hintergrund des Antrags sei die Beobachtung, dass Gemeinden in teilweise großem Umfang Sitzbänke mit Hinweis auf eine besondere Verkehrssicherungspflicht abbauen würden. Ein Vertreter des Ministeriums für Ländlichen Raum stellte auf Nachfrage klar, dies sei durch neue gesellschaftliche Ansprüche und daraus folgende Gerichtsurteile, beispielsweise zu Unfällen auf Trimm-Dich-Pfaden im Wald, zu erklären. Dort werde immer wieder auf die Betriebsgefahr einer Einrichtung im Wald hingewiesen. Daraufhin zeigten alle Fraktionen Unverständnis über diese Entwicklung, berichtete Dr. Schweickert. „Die aktuell geltende Rechtslage wird als lebensfremd wahrgenommen“, so der Ausschussvorsitzende. Der Tagesordnungspunkt wurde schließlich mit der Aufforderung an die Landesregierung geschlossen, entsprechend auf die in Berlin anstehende Novelle des Bundeswaldgesetzes einzuwirken und dort Vorschläge für eine lebensnahe Regelung von Verkehrssicherungspflichten im Wald zu unterbreiten.
Wiederum auf Antrag der FDP/DVP diskutierte der Ausschuss über die vom Verkehrsministerium initiierten sogenannten bwegt-Wanderwege, von denen zehn bereits eingeweiht und sieben weitere in Planung sind. Es sei bemerkenswert, dass sich der Verkehrsminister offensichtlich als Tourismusminister versuche und es dabei an Abstimmung mit dem eigentlich zuständigen Wirtschaftsministerium zu mangeln scheine, hätten die Liberalen in der Sitzung erklärt, so Dr. Schweickert. Staatssekretär Dr. Rapp habe daraufhin klargestellt, es gebe keine Konkurrenz zwischen den Häusern. Sein Haus habe auch kein Problem damit, wenn das Verkehrsministerium mit attraktiven Wanderzielen für Bus und Bahnen werbe.
Weitere Themen im Ausschuss: Auswirkungen eines europäisch-chinesischen Handelskonflikts auf den baden-württembergischen Automobilstandort; Auslandsinvestitionen und Verlagerung von Fertigungsstandorten baden-württembergischer Unternehmen; ESA-Programme und ESA-Ministerratskonferenzen.
Wissenschaftsausschuss befasst sich mit Situation von Studierenden der ersten Generation in Baden-Württemberg
Stuttgart. Der Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kunst hat sich in seiner Sitzung am Mittwoch, 16. Oktober 2024, auf Antrag der SPD-Fraktion mit der Situation von Studierenden der ersten Generation in Baden-Württemberg befasst. Das hat die Vorsitzende Nese Erikli (Grüne) mitgeteilt: „Viele haben Probleme, im akademischen Milieu Fuß zu fassen.“
Eine Studierendenbefragung in Deutschland von 2021 habe gezeigt, dass immer mehr Studierende aus einem Elternhaus kommen, in dem mindestens ein Elternteil die Hochschulreife erworben habe. Auch der Anteil derjenigen, bei denen mindestens ein Elternteil einen Hochschulabschluss hat, sei gestiegen. „Dennoch spielt die soziale Herkunft immer noch eine große Rolle für die Bildungschancen und den Bildungserfolg“, gab Nese Erikli die Begründung des Antrags wieder. Die Antragsteller wollten erfragen, welche Informationen der Landesregierung zu Studierenden der ersten Generation in Baden-Württemberg vorliegen und welche Maßnahmen sie ergreift, um sich für Bildungs- und Chancengerechtigkeit im Land einzusetzen.
Das Wissenschaftsministerium habe erläutert, so Erikli, dass aus amtlicher Statistik keine Informationen zum Bildungshintergrund der Studierenden vorlägen. Erkenntnisse zum Bildungshintergrund liefere die Sozialerhebung vom Deutschen Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW). Wegen einer Umstellung der Datenerhebung und Analyse lägen aktuell jedoch keine Randauszählungen vor. Die Ministerin habe berichtet, dass in ihrem Haus die Zahlen künftig noch besser ausgewertet werden könnten.
Ausführlichere Informationen habe es zu den Beratungs- und Unterstützungsangeboten gegeben, wie etwa zur Beruflichen Orientierung an den Schulen in Baden-Württemberg. Diese sei auf Interessen und Potenzial der Schülerinnen und Schüler unabhängig vom Elternhaus ausgerichtet. Die Berufliche Orientierung sei ein langjähriger, vielschichtiger und häufig nicht linear verlaufender Prozess bei Schülerinnen und Schülern. Es werde eine Berufswahlkompetenz aufgebaut und diese ermögliche im Idealfall einen direkten Übergang in eine Ausbildung oder ein Studium. Das Wissenschaftsministerium unterstütze Studieninteressierte und Studierende umfassend in allen Phasen des Student-Life-Cycles. Insbesondere die Beraterinnen und Berater der individuellen oder gruppenbezogenen Angebote könnten auf den Bildungshintergrund eingehen und dabei unterstützen, dass die Situation von Studierenden aus nicht-akademischem Hintergrund berücksichtigt werde. Wichtig sei in diesem Zusammenhang auch, die BAföG-Reform im Blick zu haben, aber auch bezahlbaren Wohnraum. Hier sei vor allem an das Programm „Junges Wohnen“ gedacht worden, so Erikli.
Die Studierendenwerke des Landes böten umfangreiche Beratungs- und Unterstützungsangebote für alle Studierenden an. Begrüßt wurde im Ausschuss nahezu fraktionsübergreifend die Arbeit von Arbeiterkind.de. Das Land habe konkrete Projekte der Initiative von 2022 bis 2024 mit insgesamt 256.000 Euro gefördert. „Der Wissenschaftsausschuss macht sich dafür stark, im Haushalt 2025/26 Mittel für die wertvolle, meist ehrenamtlich geleistet Arbeit von Arbeiterkind vorzusehen“, gab Erikli ihren Eindruck der Beratungen wieder. „Mit seinen Mentorenprogrammen hat Arbeiterkind nochmal einen ganz anderen Zugriff“, betonte sie.
Chancengerechtigkeit beim Hochschulzugang sei verfassungsrechtlich geschützt. Im Übrigen sei der Hochschulzugang in Baden-Württemberg durch eine sehr breite Durchlässigkeit der Bildungswege geprägt. „Nicht jede oder jeder muss studieren, aber die Chance sollte für alle bestehen“, so Erikli abschließend.
Innenausschuss befasst sich mit Ermittlungserfolgen gegen kriminelle Gruppierungen im Großraum Stuttgart
Stuttgart. Der Innenausschuss des Landtags hat sich in seiner Sitzung am Mittwoch, 16. Oktober 2024, mit den Ermittlungserfolgen der BAO Fokus gegen zwei kriminelle Gruppierungen im Großraum Stuttgart befasst. Innenminister Thomas Strobl (CDU) berichtete den Abgeordneten mündlich unter anderem über polizeiliche Maßnahmen gegen die Gruppierungen, Organisationsstrukturen, Festnahmen und sichergestellte Waffen. Das teilte der Vorsitzende des Ausschusses, der CDU-Abgeordnete Ulli Hockenberger, mit. Der Bericht des Ministers und die anschließende Debatte im Ausschuss fanden in öffentlicher Sitzung statt und wurden per Livestream auf der Website des Landtags übertragen.
Hockenberger zufolge führte Strobl aus, dass die Polizei Baden-Württemberg seit dem Jahr 2022 intensiv gegen zwei kriminelle Gruppierungen im Großraum Stuttgart ermittelt. Bei den Gruppenkonflikten handele es sich nicht um Organisierte Kriminalität im herkömmlichen Sinn, sondern um ein neues Kriminalitätsphänomen, die sogenannte subkulturelle Gewaltkriminalität. Dabei handele es sich um eine neue Qualität von Gewalt, die in dieser Form in Baden-Württemberg bisher nicht aufgetreten sei.
Zum Kreis der beiden Gruppierungen gehörten mehrere hundert Personen, darunter Unterstützer, Mitläufer und Führungspersonen. Mitglieder der Gruppen seien überwiegend junge Männer, die insbesondere durch den Wohnort, die Schule und ihre Freizeitgestaltung zueinander fänden. Die Gruppenzugehörigkeit werde in Form von Videos auf sozialen Netzwerken wie „TikTok“, „YouTube“ oder „Instagram“ sowie durch Rap-Videos glorifiziert. Ein dominantes Auftreten der Gruppierungen gegenüber Anderen und das Begehen von Gewalttaten als „Lifestyle“ seien Kernelemente dieser Subkultur. Im Vordergrund stehe zudem die Perspektive auf „schnelles Geld“, Ruhm und Anerkennung. Diese Umstände übten auf die Jugendlichen und Heranwachsenden eine erhebliche Anziehungskraft aus, fasste Hockenberger die Ausführungen des Innenministers zusammen. Die Polizei sei mit einem maximalen Kräfteansatz gegen diese Entwicklungen vorgegangen. Dabei hätten die Ermittler die zur Verfügung stehenden Mittel der Gefahrenabwehr, der Strafverfolgung, der Präventionsarbeit und auch verwaltungsrechtliche Maßnahmen ausgeschöpft. Strobl habe erklärt, klares Ziel sei gewesen, das neue Phänomen im Keim zu ersticken, damit sich dieses nicht im Südwesten ausbreite.
Im gesamten Komplex hätten sich bis zu 140 Ermittlerinnen und Ermittler unter zentraler Federführung des Landeskriminalamts mit den beiden kriminellen Gruppierungen befasst. Durch den hohen Fahndungs- und Ermittlungsdruck seien wichtige Wirkungstreffer erzielt worden: 83 Festnahmen sowie etliche Verurteilungen, bei denen zusammengenommen Haftstrafen von über 120 Jahren erreicht worden seien. Durch die zahlreichen Festnahmen, auch von Führungspersonen, gelte eine der Gruppierungen in ihrem strukturellen Aufbau bereits als bedeutend geschwächt.
Ein zentrales Ziel sei neben der Schwächung der Strukturen die Entwaffnung der Gruppierungen. Bei rund 250 Durchsuchungen seien 104 Waffen, darunter 33 Schusswaffen, sichergestellt und aus dem Verkehr gezogen worden. Neben zwei Handgranaten seien zwei Maschinenpistolen und sogar zwei Sturmgewehre, darunter eine Kalaschnikow des Typs AK-47, sichergestellt worden. Acht bis zehn der Waffen fielen unter das Kriegswaffenkontrollgesetz. Insgesamt seien 2.435 Personenkontrollen und 1.497 Fahrzeugkontrollen durchgeführt worden.
Strobl habe ausgeführt, dass diese Erfolge nun gefestigt werden müssten, um ein Wiedererstarken der Gruppierungen zu verhindern. Die Polizei werde die Ermittlungen daher konsequent fortführen. Sie werde die Möglichkeit ordnungsrechtlicher, insbesondere gewerberechtlicher, fahrerlaubnisrechtlicher, ausländerrechtlicher und waffenrechtlicher Maßnahmen weiterhin in behördenübergreifender Zusammenarbeit niederschwellig prüfen. Gleichzeitig solle durch Präventionsarbeit ein Abrutschen junger Menschen verhindert werden, berichtete Ulli Hockenberger aus dem Bericht.
Die Abgeordneten dankten den Ermittlungsbehörden für die geleistete Ermittlungsarbeit und erkundigten sich in der Sitzung unter anderem nach der Herkunft der Waffen und nach der Staatsangehörigkeit der Gruppenmitglieder. Strobl und LKA-Präsident Andreas Stenger hätten ausgeführt, dass es sich bei den sichergestellten Kriegswaffen überwiegend um Deko-Waffen handele, die rückgebaut wurden, so dass diese wieder schussfähig seien. Zur Frage der Nationalität hätten beide erklärt, dass die Personen unter anderem einen türkischen Hintergrund hätten, aber auch aus dem Westbalkan, Osteuropa oder Afrika stammten. Entscheidend für die Mitgliedschaft in den Gruppen sei nicht die Herkunft, sondern vor allem der Wohnort und die Schule, sagte Hockenberger.
Europäisches Miteinander stärken: Landtagspräsidentin Aras lädt zur Reise durch die Zukunft Europas
Kehl/Stuttgart. Die von Landtagspräsidentin Muhterem Aras initiierte Veranstaltungsreihe „Wertsachen – was uns zusammenhält“ gastiert am Donnerstag, 24. Oktober 2024, um 19:00 Uhr in der Stadthalle Kehl. Unter dem Motto „Demokratie in Europa – Von der Vision zum gelebten Miteinander“ lädt die Landtagspräsidentin alle Bürgerinnen und Bürger zum Austausch ein. „Wir freuen uns darauf ins Gespräch zu kommen mit Menschen, die Europa jeden Tag leben. Und zwar dort, wo das europäische Miteinander bereits Alltag ist, nämlich in Kehl, im Herzen des Eurodistrikts Strasbourg-Ortenau“, erklärt die Landtagspräsidentin.
In welche Richtung entwickelt sich Europa nach der jüngsten Europawahl, die pro-europäische und demokratische Kräfte geschwächt hat? Wie lässt sich der europäische Gedanke trotz aller Widersprüche konkret mit Leben füllen? Und welche Vision von einem zukünftigen Europa haben insbesondere jüngere Menschen? Diese und viele weitere Fragen stehen am Donnerstag, 24. Oktober 2024, im Mittelpunkt der nächsten Ausgabe der Veranstaltungsreihe „Wertsachen – was uns zusammenhält".
Besucherinnen und Besucher erwartet in der Stadthalle Kehl ein vielfältiges Programm rund um europapolitische Fragen. Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) eröffnet um 19:00 Uhr den Abend. Nach einem Grußwort von Wolfram Britz, Oberbürgermeister der Stadt Kehl, steuert der Autor, Aktivist und Berater Martin Speer einen Impulsvortrag bei. Der Titel: „Eine Reise durch Europas Zukunft“. Speer wurde 2015 gemeinsam mit Vincent-Immanuel Herr durch seine Kampagne „FreeInterrail“ bekannt. Danach sollten alle EU-Bürgerinnen und Bürger zum 18. Geburtstag ein 30-Tage-Interrailticket geschenkt bekommen.
Bei einer anschließenden Podiumsdiskussion tauschen sich Martin Speer und Stephan Preiß, Kreisvorsitzender der Jungen Europäischen Föderalisten Kehl, auf dem Podium mit Jeanne Barseghian, Bürgermeisterin der Stadt Straßburg und Präsidentin des Eurodistrikts Strasbourg-Ortenau, über aktuelle europäische Herausforderungen und den Zustand der Demokratie in Europa aus. Ein besonderer Fokus wird dabei auf den Belangen und Wünschen von jungen Menschen in Europa liegen. Moderiert wird die Podiumsdiskussion mit Publikumsbeteiligung von der TV-Journalistin und langjährigen Auslandskorrespondentin Ute Brucker.
Für den musikalischen Rahmen mit Rap-, Electro- und Dancehall-Klängen sorgt die deutsch-französische Band Zweierpasch. Im Anschluss an die Veranstaltung lädt die Landtagspräsidentin zu einem Stehempfang.
Das ausführliche Programm der Wertsachen-Veranstaltung finden Sie auf der Homepage des Landtags von Baden-Württemberg: www.landtag-bw.de(externer Link)
Anmeldungen bitte per Email mit dem Stichwort „Wertsachen“ an: veranstaltungen@landtag-bw.de(externer Link).
LFK-Präsident berichtet im Ständigen Ausschuss über KI als wirksames Mittel im Kampf gegen strafbare Inhalte
Stuttgart. Der Präsident der Landesanstalt für Kommunikation Baden-Württemberg (LFK), Dr. Wolfgang Kreißig, war am Donnerstag, 26. September 2024, zu Gast in der Sitzung des Ständigen Ausschusses. Er berichtete den Abgeordneten über den Einsatz von KI als wirksames Tool gegen strafbare Inhalte im Internet und die Rolle der Medienanstalten bei der Regulierung von Plattformen nach dem Digital Services Act. Das teilte der stellvertretende Vorsitzende des Ausschusses, der AfD-Abgeordnete Ruben Rupp, mit.
Nach Angaben Rupps stellte Dr. Kreißig den Abgeordneten das Tool KIVI vor, das im Auftrag der Landesanstalt für Medien NRW entwickelt wurde und inzwischen von der LFK und allen anderen Medienanstalten eingesetzt wird. Mit dem Tool könnten Rechtsverstöße im Internet gesucht und bearbeitet werden. Das Tool untersuche über eine API-Schnittstelle ausgewählte Plattformen und Webseiten nach unzulässigen und entwicklungsbeeinträchtigenden Inhalten, derzeit unter anderem bei YouTube, X und Telegramm. Aktuell noch nicht durchsucht würden die sozialen Netzwerke Facebook und Instagram, da der Meta-Konzern den Medienanstalten keine Schnittstelle zur Verfügung stelle, über das sie das Tool einsetzen könnten. Bislang habe das KIVI-Tool über 12.500 potentielle Verstöße identifiziert, die von Mitarbeitenden der Medienanstalten überprüft und bestätigt wurden. Alle vom KIVI-Tool identifizierten Fälle würden über eine Schnittstelle an das Bundeskriminalamt weitergeleitet, das die Fälle dann zur weiteren Bearbeitung den zuständigen Landeskriminalämtern und Landesmedienanstalten zuweise.
Vorteile des KI-Tools seien Dr. Kreißig zufolge eine automatisierte Identifikation von Rechtsverstößen im Internet, eine automatisierte Zuweisung an die zuständige Medienanstalt, die Verhinderung von Doppelbearbeitungen und eine Verringerung der psychischen Belastung für Mitarbeitende im Monitoringbereich durch Schutzfunktionen wie beispielsweise einen Unschärferegler bei drastischen Gewaltinhalten, fasste Rupp die Ausführungen des LFK-Präsidenten zusammen. Dr. Kreißig habe den Einsatz von KIVI als „riesigen Schnitt nach vorne bezeichnet“. Mithilfe der KI könnten viel mehr Fälle überprüft und identifiziert werden als früher, als dies händisch geschehen musste.
Dr. Kreißig habe in seinem Bericht auch die Auswirkungen durch den Digital Services Act (DSA) und das Digitale-Dienste-Gesetz (DGG) erläutert. Gemäß DGG seien die Medienanstalten gemeinsam mit der Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz für die Durchsetzung von Art. 28 Abs. 1 DSA (Jugendschutz) zuständig. Anbieter von Vermittlungsdiensten seien bereits jetzt mit Anordnungsverfahren dazu aufgefordert, rechtswidrige Inhalte zu entfernen. Mit Inkrafttreten des DDG und dem 5. Medienänderungsstaatsvertrag eröffneten sich der LFK weitere Verfahrenswege.
Dem stellvertretenden Vorsitzenden Rupp zufolge zeigten sich die Abgeordneten in der Sitzung sehr interessiert, über die Möglichkeiten des KI-Tools zu erfahren. Sie hätten sich danach erkundigt, ob die LFK vom Land Baden-Württemberg Unterstützung bei der Anwendung benötige, zum Beispiel bei personellen Fragen. Außerdem hätten die Abgeordneten ebenfalls betont, wie wichtig es sei, strafbare Inhalte aus dem Internet zu entfernen.
Umweltausschuss trifft sich zu öffentlicher Anhörung zum Thema Tiefe Geothermie in Baden-Württemberg
Stuttgart. Der Ausschuss für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft hat sich in einer öffentlichen Anhörung am Donnerstag, 26. September 2024 mit den Chancen, dem Potenzial und dem Umgang mit der Tiefen Geothermie in Baden-Württemberg befasst. Dazu waren Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Wirtschaft, dem Versicherungsbereich und von Behördenseite zu Gast, berichtete der Ausschussvorsitzende Daniel Karrais (FDP/DVP).
„In der Bevölkerung bestehen trotz der Chancen teilweise starke Sorgen vor dem Einsatz der Tiefen Geothermie. Darum ist es wichtig, dass sich der Umweltausschuss mit Chancen, Risiken und rechtlichen Rahmenbedingungen beschäftigt“, betonte Karrais in seiner Eröffnungsrede. Es sei Aufgabe des Landes dafür zu sorgen, dass Bürgerinnen und Bürger höchstmögliche Sicherheit erhielten und von Landesseite aus alles darangesetzt werde, dass die Akzeptanz für Tiefengeothermie-Projekte hoch sei.
Dr. Andre Baumann, Staatssekretär des Umweltministeriums, habe sich überzeugt gezeigt, dass die Tiefengeothermie eine Chance für die Energiewende sei. Sie sei eine bezahlbare, klima- und umweltfreundliche sowie sichere Zukunftstechnologie, die weltweit etabliert sei. Durch das Beiprodukt Lithium könne man sich zudem von anderen Ländern unabhängiger machen. Beim Thema Schaden durch Geothermie habe er betont, dass Prävention vor Kompensation stünde. So sei in Baden-Württemberg nur hydrothermale Geothermie erlaubt. Zudem werde unter anderem vor Bohrungen eine 3D-Seismik verlangt, bei welcher der Untergrund detailliert erkundet werde. Eine gemeinsame Initiative des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWK) und der Förderbank KfW zur Absicherung des Fündigkeitsrisiko bei geothermischen Bohrungen durch eine staatlich unterstützte Versicherung werde derzeit geprüft.
In der Anhörung zeigte sich Gregor Dilger, Geschäftsführer des Bundesverbands Geothermie e. V. (BVG), überzeugt, dass die Politik verlässliche Rahmenbedingungen im Bereich Geothermie für Unternehmen schaffen und Genehmigungsverfahren beschleunigen müsse. Mit dem Entwurf des Geothermiebeschleunigungsgesetzes sei auf Bundesebene eine gute Maßnahme in Arbeit. Dilger appellierte an das Land diese zu unterstützen und weitere Impulse zu setzen.
Helmut Mangold, Geschäftsführer der Innovative Energie Pullach IEP GmbH, erklärte, dass bereits die Hälfte von Pullach mit Geothermie versorgt werde und man durch den hohen Wirkungsgrad preiskompatibel mit Erdgas und auch Erdöl sei und es keine Förderung im laufenden Betrieb gäbe. Die kostspieligen Anfangsinvestitionen könnten hingegen von den Kommunen nicht einfach so gestemmt werden.
Zu Gast war auch Birgit Kimmig, Leiterin des Landesamts für Geologie, Rohstoffe und Bergbau (LGRB) im Regierungspräsidium Freiburg, gemeinsam mit Rupert Thienel, stellvertretender Referatsleiter der Landesbergdirektion des Landesamts. Die Bergbehörde genehmigt und überwacht unter anderem Vorhaben zur Gewinnung von tiefer Geothermie im Land. Kimmig sprach den Wunsch aus, dass es bei Projekten begleitende Informationen für Bürger geben solle. Dies würde zur Akzeptanz beitragen. Sorgen, dass das Grundwasser durch Geothermie beeinträchtigt werden könne, habe sie zurückgewiesen. Thienel erklärte die Technik, mit der die Bohrung von Grundwasserschichten abgeschlossen werde. „Eine Durchmischung mit Grundwasser kann ich mir damit nicht vorstellen“, sagte Thienel. Um Verfahren künftig zu beschleunigen, bat er, auch die Zeit für Beteiligungsverfahren zu berücksichtigen, die durch Verlängerungsanträge der Gemeinden oft ausgedehnt würden. Kimmig ergänzte, dass Projekte, wie sie im französischen Vendenheim durchgeführt wurden, in Baden-Württemberg nicht genehmigt werden könnten.
Experte Prof. Dr. Oliver Brand, Inhaber des Lehrstuhls für Bürgerliches Recht, Privatversicherungsrecht, Wirtschaftsrecht und Rechtsvergleichung an der Universität Mannheim, erklärte, dass es die Bevölkerung umtreibe, ob diese im Schadensfall hinreichend entschädigt würde. Brand riet deutlich davon ab, in dem Zusammenhang von Landesbürgschaften Gebrauch zu machen. Man müsse eine Gleichbehandlung mit anderen Fällen wahren, andernfalls sei dies rechtsphilosophisch fragwürdig und könne zudem zu einem Samariterdilemma führen. Er kündigte die Vorstellung eines Gutachtens am 7. Oktober 2024 im Bundestag in Berlin an, bei dem eine sinnvolle Lösung für Schadensfälle präsentiert werden solle.
Als weitere Experten waren Inka Mirbach und Ralph Winter geladen. Sie waren Zufallsbürgerin und Zufallsbürger des Dialogforums GeoHardt. Durch das Dialogforum seien Unsicherheiten und Ängste der Teilnehmenden reduziert worden und das Vertrauen in Experten sowie die Akzeptanz für Geothermie gewachsen. Winter forderte in der Anhörung, dass allgemein mehr Bürgerforen initiiert werden sollten.
Prof. Dr. Eva Schill, Leiterin des Programms Geothermal Systems am Lawrence Berkeley National Laboratory in Kalifornien, hob hervor, dass Geothermie eine weltweit etablierte Technologie sei und auch ein Potential für den deutschen Arbeitsmarkt biete. Sie bestätigte ebenso, dass aus den jahrelangen Erfahrungen aus dem Großraum München für die Tiefe Geothermie im Oberschwäbischen gelernt werden könne. Sie verwies darauf, dass durch solche Projekte keine Großschäden auftreten könnten. In den USA seien viele Technologien aus der Öl- und Gasbranche dafür weiterentwickelt worden. Innerhalb kürzester Zeit wäre eine Steigerung der Effizienz und eine Senkung der Kosten erreicht worden. Sie habe dafür plädiert Kooperationen zu nutzen und voneinander zu lernen.
Der gemeinsame Antrag von Grünen, CDU, SPD sowie FDP/DVP, der als Beratungsgrundlage für diese Sitzung diente, sei am Ende der Anhörung einstimmig beschlossen worden. Die Abgeordneten zeigten sich damit einig, dass Tiefe Geothermie in geologisch geeigneten Regionen das Potenzial habe, bei der Umstellung auf erneuerbare Energiequellen mitzuwirken und so einen Beitrag zur Erreichung des Ziels der Klimaneutralität bis 2040 zu leisten, fasste Karrais zusammen.
Petitionsausschuss befasst sich mit Eingabe zur Änderung des Nichtraucherschutzgesetzes
Stuttgart. Mit einer Petition, die die Aufnahme eines Rauchverbots auf öffentlichen Kinderspielplätzen in das Landesnichtraucherschutzgesetz (LNRSchG) fordert, hat sich der Petitionsausschuss in seiner Sitzung am Donnerstag, 26. September 2024, befasst. Das hat der Vorsitzende, Thomas Marwein (Grüne), mitgeteilt. „Ein Rauchverbot auf öffentlichen Spielplätzen ist grundsätzlich zu befürworten“, betonte Marwein. „Der Petitionsausschuss hat mit großer Mehrheit beschlossen, die Eingabe zur Erwägung an die Regierung zu überweisen. Wir gehen davon aus, dass dieser Punkt bei der derzeitig anstehenden Novellierung des Gesetzes Berücksichtigung findet.“
Die Petentin habe darauf hingewiesen, dass neben den Gefahren, welche für Kinder durch das Passivrauchen auf Kinderspielplätzen bestehen würde, es auch Gefahren im Zusammenhang mit weggeworfenen Zigarettenstummeln geben würde. Das Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration habe die Rechtslage erläutert. Die im LNRSchG normierten Rauchverbote würden sich, bis auf wenige Ausnahmen, auf den Innenbereich beziehen und berücksichtigten den Außenbereich nicht. So habe das LNRSchG das Ziel, dass in Schulen sowie bei schulischen Veranstaltungen, in Jugendhäusern, in Tageseinrichtungen für Kinder, in Behörden, Dienststellen und sonstigen Einrichtungen des Landes und der Kommunen sowie in Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen und Gaststätten nicht geraucht wird. Die Regelungen sollten insbesondere bei Kindern und Jugendlichen dem Schutz vor den Gefahren des Passivrauchens dienen.
Das Rauchen auf öffentlichen Kinderspielplätzen sei tatsächlich in der aktuellen Fassung des Landesnichtraucherschutzgesetzes nicht geregelt. Derzeit werde seitens der Landesregierung eine Novellierung des LNRSchG angedacht, gab Marwein die Ausführungen des Ministeriums wieder. Die angedachte Novellierung werde durch eine sog. dialogische Bürgerbeteiligung begleitet. Gegebenenfalls erforderliche Anpassungen, die dem Schutz der Bevölkerung und insbesondere von Kindern und Jugendlichen dienen, würden, ohne dem Bürgerbeteiligungsverfahren und dem sich anschließenden parlamentarischen Verfahren vorzugreifen, angemessen berücksichtigt, habe das Ministerium versichert.
Ausschuss berät über Potenziale durch Sanierung von Wohngebäuden der 1950er bis 1970er Jahre
Stuttgart. Der Ausschuss für Landesentwicklung und Wohnen hat sich in seiner Sitzung am Mittwoch, 25. September 2024, unter anderem mit Potenzialen zur Schaffung von Wohnraum über Sanierungen der Wohnungsbestände der 1950er- und 1970er Jahre befasst. „Wohnraummangel ist weiterhin ein großes Thema, weshalb alle Möglichkeiten in den Blick genommen werden sollten, um neuen Wohnraum für die Menschen im Land zu schaffen“, sagte die Ausschussvorsitzende Christiane Staab (CDU). Darüber hinaus beriet der Ausschuss über weitere Anträge unter anderem zu den Themen Wärmepumpe, Stellplatzschlüssel und Landesentwicklungsplan.
Der Ausschuss hat sich auf Antrag der Grünen-Fraktion mit dem Thema Wohnraum befasst. Nach Angaben der Antragsteller sei in den 1950er- bis 1970er-Jahren in Deutschland ein großer Teil des heutigen Wohnungsbestands errichtet worden. In diesem Wohnungsbestand schlummerten erhebliche Potenziale, um über Sanierungen, Ausbau und Aufstockung zusätzlichen oder auf die heutigen Bedürfnisse angepassten Wohnraum zu schaffen. Dabei müsse überlegt werden, wie diese Quartiere langfristig mit hochwertigem und preiswertem Wohnraum der Wohnraumversorgung dienen könnten und welche Maßnahmen zum Bestandserhalt zusätzlich nötig seien.
Staab zufolge führte das Ministerium für Landesentwicklung und Wohnen aus, dass es im Jahr 2023 in Baden-Württemberg 2.497.082 Wohngebäude gegeben habe. Im Zeitraum von 1952 bis 1980 seien insgesamt 879.655 Wohngebäude fertiggestellt worden. Somit betrage der Anteil der Wohngebäude, die zwischen 1952 und 1980 gebaut worden seien, 35,2 Prozent am Gesamtbestand aller derzeitigen Wohngebäude im Südwesten. Die Fraktionen von Grünen, CDU und SPD hätten auf das große Potenzial der Wohngebäude hingewiesen und auch dafür plädiert, bei der Ausgestaltung von Förderprogrammen des Landes auch verstärkt die Sanierung der Bestandgebäude der 50er, 60er- und 70er Jahre in den Blick zu nehmen. Die SPD-Fraktion habe beklagt, dass die Landesregierung wenig über den Zustand dieser Wohngebäude wisse, obwohl diese 35 Prozent des Bestands ausmachten.
Das Ministerium habe ausgeführt, dass die Typologie der in den 50er bis 70er Jahren gebauten Gebäude sehr unterschiedlich sei. Diese reiche von Ein- und Zweifamilienhäusern, über „Plattenbauten“ in Großsiedlungen sowie die weit verbreiteten zwei- bis fünfgeschossigen Mehrparteienwohngebäude mit flachem Satteldach in städtebaulich zeilenförmiger Anordnung („Zeilenbauten“) bis hin zu anderen Typologien. Diese Wohngebäude unterschieden sich jedoch in ihrer Bauweise bzw. im Aufbau ihrer Bauteile. Zudem spielten u.a. Faktoren wie Topografie, Zuschnitt und Zugänglichkeit des Grundstücks eine Rolle bei der Entscheidung, welche Sanierungsmaßnahmen für ein Gebäude sinnvoll, wirtschaftlich und umsetzbar seien. Dies führe dazu, dass jede Sanierung individuell sei. Eine pauschale Sanierungsstrategie, die auf alle Gebäude aus diesem Zeitraum angewendet werden könne, gebe es daher nicht. Ein Vertreter des Ministeriums habe zugestimmt, dass es sinnvoll sei, den Blick verstärkt auf Sanierungen anstatt auf Abriss und Neubau zu richten. Zugleich habe er darauf hingewiesen, dass es am Ende für Eigentümer häufig darauf ankomme, was sich rechne, fasste die Vorsitzende die Ausführungen zusammen.
Staab zufolge beriet der Ausschuss zudem auf Antrag der FDP/DVP-Fraktion über das Thema „Verkehrsminister Hermann und der Stellplatzschlüssel“, auf Antrag der SPD-Fraktion über das Thema „Installation von Wärmepumpen und Landesbauordnung (LBO)" sowie auf Antrag der AfD-Fraktion über das Thema „Anwendung des Vorkaufsrechts durch Städte und Kommunen“. Darüber hinaus habe sich das Gremium mit dem FDP/DVP-Antrag „Hat die Landesregierung die Wirtschaft bei der Neuaufstellung des Landesentwicklungsplans vergessen?“ befasst.
Debatte über Familienbildung und Familienförderstrategie
Stuttgart. Der Ausschuss für Soziales, Gesundheit und Integration hat in seiner Sitzung am Mittwoch, 25. September 2024, unter anderem über die Familienbildung in Baden-Württemberg und die Familienförderstrategie des Landes diskutiert. Das berichtete die stellvertretende Ausschussvorsitzende Fadime Tuncer (Grüne).
Die SPD hatte den Antrag „Familienbildung stärken und Familienförderstrategie umsetzen“ eingebracht und diesbezüglich einen umfangreichen Fragenkatalog an die Landesregierung gerichtet. Angesichts der Herausforderungen durch zurückliegende Pandemien und fortgesetzte Krisen sei es „unerlässlich, die Bedürfnisse von Kindern und Familien in den Mittelpunkt der politischen Agenda zu stellen“, hieß es in der Antragsbegründung. Eine Stärkung der Familienbildung durch das Land sei daher unerlässlich.
Aus der Antwort des Sozialministeriums im Einvernehmen mit weiteren Ministerien wird ersichtlich, wie die Landesregierung Einrichtungen der Familienbildung in Baden-Württemberg bisher unterstützt. Das Kultusministerium fördert Familienbildungszentren, die dem Weiterbildungsförderungsgesetz entsprechen, indirekt durch Zuwendungen an kirchliche Träger beziehungsweise deren Dachverbände. Dafür sind im laufenden Jahr Mittel in Höhe von rund 7,43 Millionen Euro vorgesehen. Das Sozialministerium dagegen unterstützt konkrete Maßnahmen und Angebote zur Stärkung der Erziehungskompetenz in der Regie kommunaler Träger über das Landesprogramm „Stärke“.
Das Sozialministerium verweist im Weiteren auf die neue Familienförderstrategie, die seit November 2022 unter Federführung des Ministeriums erarbeitet werde. Der Fokus habe insbesondere auf von Armut gefährdete Familien, Familien mit Migrationsgeschichte und Familien mit einem Kind mit Behinderungen gelegen. Die Ergebnisse der bisher erfolgten Arbeiten befänden sich derzeit in der fachlichen Abstimmung, erklärte eine Vertreterin des Sozialministeriums nach Angaben der stellvertretenden Ausschussvorsitzenden Tuncer in der Sitzung. Im Anschluss sei eine Befassung des Ministerrats mit dem Ziel vorgesehen, die Umsetzung der Strategie noch in der laufenden Legislaturperiode zu beginnen. Über die dafür einzusetzenden Ressourcen müsse der Landtag im Rahmen der anstehenden Beratungen für den Doppelhaushalt 2025/2026 entscheiden.
Grüne und CDU lobten nach Angaben Tuncers die bisher geleisteten Vorarbeiten für die neue Familienförderstrategie. Familienpolitische Akteure aus allen Bereichen seien eingebunden gewesen. Auch den Familien und ihren vielfältigen Bedürfnissen habe man Gehör geschenkt. Die in der Sitzung erfolgte Ankündigung der Grünen, die Koalitionspartner hätten im Entwurf für den Doppelhaushalt 2,5 Millionen Euro jährlich für Zuwendungen im Rahmen der Familienförderstrategie hinterlegt, sei im Ausschuss positiv aufgenommen worden, so Tuncer.
Die SPD habe in diesem Zusammenhang erklärt, es müsse vor allem darum gehen, die vorhandenen Mittel richtig auszugeben und bestehende Institutionen wie beispielsweise Familienbildungsstätten zu stärken. Diese hätten eine wichtige Lotsenfunktion für Familien. Viele Einrichtungen seien aber finanziell ausgezehrt und könnte diese Funktion nicht mehr wie bisher ausüben. Die FDP/DVP habe geäußert, auch angesichts der Schwierigkeiten, aus Altersgründen vermehrt ausscheidendes Personal in Familienbildungsstätten zu ersetzen, müsse stärker als bisher auf Digitalisierung der Einrichtungen gesetzt werden. Dem solle auch die Familienförderstrategie Rechnung tragen.
Fadime Tuncer (Grüne) wurde zu Beginn der Sitzung einstimmig zur stellvertretenden Ausschussvorsitzenden gewählt. In Abwesenheit des Vorsitzenden Florian Wahl (SPD) leitete sie die Sitzung.
Bericht und Austausch im Europaausschuss
Stuttgart. Der Ausschuss für Europa und Internationales hat in seiner Sitzung am Mittwoch, 25. September 2024, den Generalkonsul der Französischen Republik, Gaël de Maisonneuve, zu Gast zu einem Austausch. Das hat der Vorsitzende Willi Stächele (CDU) mitgeteilt. „Es ist sehr wichtig, dass wir mit dem Generalkonsul regelmäßig im Gespräch bleiben“, betonte er.
Zu Beginn der Sitzung informierte Innenminister Thomas Strobl den Europaausschuss über den aktuellen Planungsstand der ersten EU-Großübung Magnitude, die vom 24. bis 26. Oktober 2024 erstmalig in Deutschland bzw. in Baden-Württemberg (Nordbaden) stattfindet. Die Krisen der vergangenen Jahre stellten den Bevölkerungs- und Katastrophenschutz in Deutschland und in Europa vor neue Herausforderungen, so Strobl. Krisen und Katastrophen kennen keine Grenzen, die beste Vorbereitung sei „üben, üben, üben.“ In einer sich stetig weiterentwickelnden Gesellschaft und schnell veränderten Welt müssten wir uns damit beschäftigen und auch ‚das Undenkbare‘ denken. Dabei rücke der europäische Katastrophenschutz immer weiter in den Vordergrund. Durch die Ausrichtung der EU-Großübung Magnitude werde der Katastrophenschutz konstruktiv grenzüberschreitend weiterentwickelt. Die EU-Großübung erfreue sich großen Interesses bei den mitwirkenden nationalen und internationalen Partnern. So habe sich etwa ganz aktuell die Direction départementale des services d’incendie et de secours du Haut-Rhin (SDIS 86) der Übung angeschlossen, berichtete der Innenminister. Die SDIS 86 werde im Übungsszenario auf Grund von bestehenden bilateralen Abkommen der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit der Feuerwehren alarmiert und zu Hilfe gerufen werden, um die Suche und Bergung verschütteter Personen zu übernehmen. Weiter werde auch die Feuerwehr Wien dabei sein und mit einem Team an der Bekämpfung von chemischen, biologischen, radiologischen und nuklearen Gefahren mitwirken.
Im Rahmen der EU-Großübung solle die Bevölkerung rund um die Themen Katastrophenschutz und Bevölkerungsschutz sensibilisiert werden. Dazu sei am 23. September eine Informationskampagne gestartet worden. Die Bevölkerung solle robuster und resilienter gemacht werden, auch die Eigeninitiative solle angestachelt werden. Insgesamt sei die Katastrophenübung aber auch Werbung für ehrenamtliches Engagement im Bevölkerungsschutz. „Die Großübung ist ein sehr gutes Beispiel für ein praxisnahes Europa“, betonte Vorsitzender Willi Stächele, der sich beim Minister für die Einladung des Europaausschusses zur Übung im Oktober bedankte.
Anschließend hat sich der Europaausschuss mit dem Generalkonsul der Französischen Republik, Gaël de Maisonneuve, ausgetauscht. Er trat sein Amt im September 2022 an und ist zugleich Direktor des Institut Français in Stuttgart. Der Generalkonsul betonte in seinem kurzen Vortrag die Stärke der deutsch-französischen Beziehungen am Beispiel Baden-Württembergs. Er spannte den Bogen dabei vom ersten Fußballspiel zwischen den Städten Montbéliard und Ludwigsburg, über die Unterzeichnung des Elysée-Vertrags 1963 bis zur Verabschiedung der Frankreich-Konzeption durch den baden-württembergischen Landtag im Juli 2020.
Außerdem berichtete de Maisonneuve über den Stand der deutsch-französischen Kooperationen in Baden-Württemberg. Es gebe etwa vier Kulturzentren, 17 ABIBAC (Deutsch-Französisches Abitur), 45 Deutsch-Französische-Hochschul-Diplome, mehr als 80 Vereine, fast 500 dezentrale Kooperationen sowie 850 Tochterunternehmen. Das Institut setzt sich für die Verbreitung der französischen und frankophonen Kultur in Deutschland ein und fördert die Zusammenarbeit zwischen beiden Ländern. Es bietet zusammen mit seinen Partnereinrichtungen heute eines der am Breitesten aufgestellten Netze französischer Kulturinstitute weltweit und vereint elf Instituts français an insgesamt 14 Standorten. Zu den 13 deutsch-französischen Kulturzentren unterhält es enge Kooperationen. Ganz neu sei ein Abkommen über die grenzüberschreitende Berufsausbildung, das im Juli 2023 im Elsass unterzeichnet worden sei. Das französische Netzwerk in Deutschland sei beispielhaft für Zusammenarbeit im Dienst der nachhaltigen Entwicklung. Im Ausschuss sei der Vortrag auf große Zustimmung gestoßen, so Vorsitzender Willi Stächele: „Großes Kompliment für Ihr Engagement.“ Stächele äußerte einen Wunsch: „Vielleicht könnten Sie die Parlamentarier im Elsass für einen Austausch mit uns gewinnen.“ Die EU stehe vor neuen Prüfphasen, „es ist wichtig, dass wir als Ausschuss die Partnerschaften begleiten.“
Bericht der Ermittlungsbeauftragten zum Thema „Sexuelle Belästigung in Landesbehörden“ veröffentlicht
Stuttgart. Der von der Ermittlungsbeauftragten des Untersuchungsausschusses „IdP & Beförderungspraxis“ erstellte Bericht vom 27. Februar 2024 über die Auswertung von Aktenbeständen zu dem Themenfeld „sexuelle Belästigung in Landesbehörden“ wurde mit Beschluss des Untersuchungsausschusses vom 20. September 2024 in teilweise anonymisierter Fassung veröffentlicht. Das hat die Vorsitzende des Gremiums, Daniela Evers (Grüne), mitgeteilt. „Der Ausschuss freut sich, die Öffentlichkeit über die Erkenntnisse der Ermittlungsbeauftragten informieren zu können“, so Evers.
Mit Entscheidung vom 5. Oktober 2023 hatte der Untersuchungsausschuss „IdP & Beförderungspraxis“ einstimmig die Einsetzung einer Ermittlungsbeauftragten zu dem Untersuchungsgegenstand der sexuellen Belästigung in Landesbehörden beschlossen. Die Einsetzung erfolgte zur Unterstützung der Untersuchungen nach Teil A. I. Nr. 1. – Klärung der Frage, wie die Landesregierung mit dem Thema und Vorwürfen der sexuellen Belästigung in Landesbehörden bisher umgegangen ist – sowie nach Teil A. I. Nr. 3. – Klärung der Frage, welche Informationen den Behörden und weiteren Stellen zu Vorwürfen der sexuellen Belästigung oder von sexuellen Annäherungsversuchen durch A. R. und anderen Beschäftigen von Landesbehörden vorliegen und welche Personen innerhalb und außerhalb des Innenministeriums mit direkten und indirekten Kontakten zu Angehörigen der Ministerien oder anderer Behörden davon zu welchen Zeitpunkten Kenntnis erhielten – des Einsetzungsbeschlusses vom 01. Juni 2022, LT-Drs. 17/2649. Erteilt wurde der Auftrag an Frau Richterin am Amtsgericht Bärbel Hönes.
Gemäß dem erteilten Ermittlungsauftrag vom 5. Oktober 2024 wurde ein Teil der für den Untersuchungsauftrag relevanten Verdachtsfälle sexueller Belästigung im Bereich der Landesregierung und der Landesbehörden Baden-Württemberg, welche dem Untersuchungsausschuss von Seiten der Landesregierung gemeldet wurden, näher durch die Ermittlungsbeauftragte untersucht. Zu diesem Zweck hat die Ermittlungsbeauftragte die insoweit durch das Staatsministerium, das Ministerium des Inneren, für Digitalisierung und Kommunen, das Ministerium der Justiz und für Migration und das Ministerium für Finanzen vorgelegten sächlichen Beweismittel (insbesondere Akten) gesichtet und ausgewertet sowie ergänzende Erkundigungen bei den aktenvorlegenden Ministerien eingeholt. Darüberhinausgehende eigene Ermittlungen wurden von der Ermittlungsbeauftragten entsprechend ihres beschränkten Auftrags nicht durchgeführt.
Ziel der Tätigkeit der Ermittlungsbeauftragen war zum einen, dem Untersuchungsausschuss einen fundierten Überblick über den Umfang und die Art der gemeldeten Verdachtsfälle sexueller Belästigung in Landesbehörden sowie über den Umgang der Landesregierung und der jeweiligen Landesbehörden mit diesen Verdachtsfällen zu ermöglichen. Zum anderen sollte die Ermittlungsbeauftragte dem Ausschuss auf der Grundlage ihrer bei den Ermittlungen gewonnenen Erkenntnisse und Feststellungen eine Einschätzung geben, ob weitergehende Untersuchungen zu den Themenfeldern der sexuellen Belästigung in Landesbehörden sowie des diesbezüglichen Umgangs der Landesregierung und der Landesbehörden erforderlich erscheinen und hierfür ggf. weiterführende Empfehlungen aussprechen.
Nähere Informationen zu dem der Ermittlungsbeauftragten erteilten Auftrag können dem Beschluss des Untersuchungsausschusses vom 5. Oktober 2024 entnommen werden, welcher ebenfalls veröffentlicht wurde und dem Bericht der Ermittlungsbeauftragten vom 27. Februar 2024 vorangestellt ist.
Mit Datum vom 27. Februar 2024 hat die Ermittlungsbeauftragte dem Untersuchungsausschuss ihren Ermittlungsbericht vorgelegt.
Gemäß Beschluss des Untersuchungsausschusses vom 20. September 2024 wurde der Bericht nunmehr in – aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes – teilweise anonymisierter, pseudonymisierter und umformulierter Fassung veröffentlicht, um der Öffentlichkeit einen Einblick in die Erkenntnisse der Ermittlungsbeauftragten zu ermöglichen.
Der Bericht steht ab sofort auf der Internetpräsenz des Landtags von Baden-Württemberg zum Herunterladen zur Verfügung.
Katastrophenschutz an Schulen wird im Bildungsausschuss diskutiert
Stuttgart. Der Ausschuss für Kultus, Jugend und Sport hat sich in seiner Sitzung am Donnerstag, 19. September 2024, auf Anträge der Fraktionen CDU und FDP/DVP mit der derzeitigen Rolle des Katastrophenschutzes und der Krisenprävention an Schulen befasst, wie die Ausschussvorsitzende Petra Häffner (Grüne) mitteilte.
Seit dem Schuljahr 2023/2024 sollen Schülerinnen und Schüler nach einer Gesamtkonzeption des Innenministeriums und des Kultusministeriums im Unterricht Wissen über Katastrophenereignisse, den Katastrophenschutz sowie das Verhalten im Katastrophenfall erlangen. Ziel, des den Schulen am 10. Juli 2023 mitgeteilten Konzepts, sei es, den Katastrophenschutz im Schulcurriculum zu verankern und für eine nachhaltige Vermittlung über die einzelnen Klassenstufen hinweg zu sorgen. Nun wurden die bereits ergriffenen Maßnahmen sowie gesammelten Erfahrungen durch die Antragsteller abgefragt und im Ausschuss diskutiert, berichtete Petra Häffner.
Einig waren sich die Abgeordneten auf Grund der vergangenen Krisenereignisse über die Notwendigkeit einer frühzeitigen Sensibilisierung der Bevölkerung für das Verhalten in Krisensituationen und die frühe Einbindung von Kindern und Jugendlichen. Wie Häffner ausführte, könnten nach Auskunft des Kultusministeriums an den allgemein-bildenden Schulen zahlreiche Anknüpfungspunkte aus dem Bildungsplan 2016 genutzt werden, um die Leitperspektiven Prävention und Gesundheitsförderung sowie Bildung für nachhaltige Entwicklung fächerübergreifend und von der Grundschule bis zu den Abschlussklassen mit zunehmender Komplexität aufzugreifen. Auch in den Bildungsplänen der beruflichen Schulen gäbe es zum Thema Katastrophenschutz, beispielsweise im Fach Gemeinschaftskunde, Andockmöglichkeiten.
Für Lehrkräfte der Grundschulen sowie der ersten und zweiten Sekundarstufe biete das Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung (ZSL) auf ihrer Website unter der Rubrik „IM FOKUS – Katastrophenschutz an Schulen“ altersgerechte Unterrichtsmaterialien sowie Informationen über Naturkatastrophen sowie das Verhalten im Katastrophenfall.
Seit dem 8. März 2024 gäbe es zudem eine gemeinsame Verwaltungsvorschrift des Kultus- und des Innenministeriums über das Verhalten an Schulen bei Notfällen und Krisenereignissen (VwV Krisenereignisse an Schulen). Darin verankert sei ein jährlicher Aktionstag zum Katastrophenschutz mindestens für die Klassenstufe 6 der allgemeinbildenden Schulen. Schülerinnen und Schüler sollen dabei durch den direkten Kontakt mit ehrenamtlichen Helfern im Bevölkerungsschutz praxisbezogen für diese Themen sensibilisiert werden. Zudem könnten die Aktionstage auch einen wichtigen Beitrag zur Nachwuchsgewinnung im Ehrenamt für die Blaulichtfamilie leisten, zeigte sich das Kultusministerium Häffner zufolge überzeugt. Auf Nachfragen der Abgeordneten habe das Ministerium erklärt, dass Ehrenamtliche für ihren Einsatz an Schulen einen Lohnersatz erhalten könnten. Durch eine geplante aktive Abfrage an den Schulen solle zudem geprüft werden, ob die Aktionstage durchgeführt wurden. Rückmeldungen zu den ersten Projekten seien bislang durchweg positiv gewesen.
Durch das Juniorhelferprogramm würden außerdem Erste Hilfe-Maßnahmen bereits in den Grundschulen altersgerecht angeboten werden. Dies führe dazu, dass die Bereitschaft, im Ernstfall zu helfen, zunehme. An weiterführenden Schulen gebe es den Schulsanitätsdienst, bei dem es, neben dem Erlernen der Ersten Hilfe, auch um die Vermittlung sozialer Kompetenzen bei der Erstversorgung der Mitschüler gehe. Bei einer zweistündigen Lehrerfortbildungsveranstaltung zum Thema „Schüler-Reanimationsprogramm“ sollen Lehrer durch die 2015 gestartete Initiative „Löwen retten Leben – In Baden-Württemberg macht Wiederbelebung Schule“ lernen, wie sie das Thema in den Schulen vermitteln können.
Neben der Wissensvermittlung sei auch über das Verhalten an Schulen bei Notfällen und Krisenereignissen gesprochen worden. Dies sei ein weiterer Bestandteil der VwV Krisenereignisse. Schulen sollen sich demnach darauf vorbereiten, Notfälle und Krisenereignisse richtig einzuschätzen und geeignete Maßnahmen zu treffen. Ein von den Schulen erstellter Krisenplan gehe an regionale Polizeipräsidien, die Feuerwehr sowie Schulträger. Darin enthalten seien unter anderem Angaben zum schulinternen Krisenteam, Gebäude- sowie Flucht- und Rettungspläne, erklärte Häffner. Für die Krisenteams würden schulpsychologische Fortbildungen angeboten, welche auf den Ernstfall vorbereiteten sowie Verantwortlichkeiten und Abläufe klären sollen. Zudem müsse mindestens einmal im Schuljahr eine Brandalarmübung in den Schulen stattfindenden. Ebenso werde in der VwV Krisenereignisse eine jährliche Übung mit den Lehrkräften für das Verhalten mit Verbleib im Gebäude bzw. in Räumen empfohlen.
Debatte über Hochwassermanagement und Hybrid-Fahrzeuge
Stuttgart. Der Ausschuss für Verkehr hat sich in seiner Sitzung am Donnerstag, 19. September 2024, mit Hochwasserschäden an der Verkehrsinfrastruktur in Baden-Württemberg und dem Hochwassermanagement zum Erhalt der Verkehrsinfrastruktur beschäftigt. Das hat der Vorsitzende des Gremiums, Rüdiger Klos (AfD), mitgeteilt. Ein weiteres Thema seien die Potenziale von Hybrid-Fahrzeugen in Baden-Württemberg gewesen.
Mit Hochwasserschäden an der Verkehrsinfrastruktur in Baden-Württemberg und dem Hochwassermanagement zum Erhalt der Verkehrsinfrastruktur befasste sich der Ausschuss auf Antrag der Grünen. Ende der Pfingstferien 2024 hatten die Hochwasserereignisse erhebliche Schäden an der Verkehrsinfrastruktur in Baden-Württemberg verursacht. Betroffen davon waren Straßen- und Radverkehr, Schieneninfrastruktur sowie die Binnenwasserwege. Aus Perspektive der Antragsteller hätten sich Fragen zur Planung präventiver Maßnahmen sowie zur Höhe finanzieller Aufwendungen ergeben.
Im Bereich der Straßeninfrastruktur seien infolge von Starkregen- und Hochwasserereignissen, Überschwemmungen und Hangrutschungen erhebliche Schäden an der Bundes-, Landes- und kommunalen Straßeninfrastruktur entstanden. Schäden in größerem Umfang waren insbesondere im Rems-Murr-Kreis, im Landkreis Göppingen sowie im Landkreis Reutlingen zu verzeichnen, gab Klos die Ausführungen von Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) wieder.
Das Ministerium habe dargelegt, so der Ausschussvorsitzende, dass damit gerechnet werden müsse, dass solche Extremwetterereignisse aufgrund des Klimawandels, welche die Verkehrsinfrastruktur stark gefährden, zukünftig häufiger stattfinden. Deswegen sei es umso wichtiger Vorsorge zu leisten. Für das Landesstraßennetz bestehe beispielsweise ein geschätzter Investitionsbedarf in Höhe von rund 50 Mio. Euro. Das Land investiere bereits seit Jahren in eine langfristige Strategie zur Prävention vor künftigen Hochwasserschäden. Man müsse dennoch mit einer hohen finanziellen Aufwendung in den nächsten Jahren rechnen. Von Oppositionsseite sei im Ausschuss kritisiert worden, dass die geplanten Sanierungsmaßnahmen zu gering wären, so Klos.
Der Minister habe darauf verwiesen, dass derzeit in einer Arbeitsgruppe mit Vertreterinnen und Vertretern der Länder Nordrhein-Westfalen, Bayern, Hessen, Thüringen und Saarland unter Leitung des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr das Thema „Audits zur Hochwassergefährdung der Verkehrsinfrastruktur“ untersucht werde. Ziel sei es, notwendige Maßnahmen für einen hochwasser- und starkregenangepassten Umbau zu eruieren.
Ebenso beschäftigte sich der Verkehrsausschuss auf Antrag der SPD mit den Potenzialen von Hybrid-Schienenfahrzeugen in Baden-Württemberg. Der Einsatz von Hybrid-Schienenfahrzeugen, die sowohl unter Fahrdraht als auch mit Batteriebetrieb fahren können, könnte die aufwendige und teure Elektrifizierung von Bahnstrecken überflüssig machen. Die Landesregierung habe sich zum Ziel gesetzt, den Schienenpersonennahverkehr (SPNV) in Baden-Württemberg lokal-emissionsfrei auszubauen, erklärte Minister Hermann nach Angaben des Ausschussvorsitzenden. Konkret bedeute das eine konsequente Elektrifizierung des Schienennetzes durch konventionelle Elektrifizierung. Das Land beurteile den Einsatz von BEMU-Fahrzeugen (Battery-Electric-Multiple-Unit) grundsätzlich als positiv. Dies betreffe auch die Zuverlässigkeit, Nutzerfreundlichkeit und den Fahrgastkomfort.
Vertreter der Regierungsfraktionen erkundigten sich Klos zufolge im Gremium nach der zeitlichen Perspektive der Umstellung von Strecken auf batterieelektrischem Betrieb. Wie aus den Antworten des Ministers hervorgeht, werde die Umstellung aktuell für Anfang bis Mitte der 2030er-Jahre angestrebt. Dafür müsse die erforderliche Ladeinfrastruktur errichtet und neue Triebzüge beschaffen werden. Parallel dazu führe die Landesanstalt für Schienenfahrzeuge Baden-Württemberg ein Ausschreibungsverfahren zur Beschaffung von 120 einstöckigen elektrischen und batterieelektrischen Fahrzeugen durch.
Finanzausschuss befasst sich mit möglichem Ersatz von Polizeikosten bei kommerziellen Großveranstaltungen
Stuttgart. Der Finanzausschuss des Landtags hat sich in seiner Sitzung am Donnerstag, 19. September 2024, mit dem möglichen Ersatz von Polizeikosten bei kommerziellen Großveranstaltungen befasst. Das Gremium folgte dabei einstimmig einer Anregung des Rechnungshofs, wonach die Landesregierung aufgefordert wird, spätestens sechs Monate nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts über die weitere Entwicklung der Rechtslage in den anderen Ländern und ihre eigenen Überlegungen zum Polizeikostenersatz bei kommerziellen Großveranstaltungen zu berichten. Das teilte der Ausschussvorsitzende Martin Rivoir (SPD) mit.
Der Finanzausschuss und der Rechnungshof bezogen sich dabei auf eine Verhandlung des Bundesverfassungsgerichts, das derzeit der Frage nachgeht, ob der Staat die Deutsche Fußball-Liga (DFL) an den Kosten für Polizeieinsätze bei Fußballspielen beteiligen darf. Ein Urteil ist bislang nicht bekannt.
Nach Angaben Rivoirs hat die Landesregierung dem Ausschuss aufgrund eines Beschlusses zahlreiche Daten zu Kosten und Einsatzkräften bei Fußballspielen in den ersten fünf Fußballligen in Baden-Württemberg zur Verfügung gestellt. Demnach seien in der Spielzeit 2023/2024 rund 27.950 Polizeikräfte eingesetzt worden. Die Einsatzstunden hätten sich auf 188.032 Stunden belaufen, die Polizeikosten auf rund 13,87 Millionen Euro.
Im Vergleich zur Spielzeit 2018/2019, der letzten regulären Saison vor der Corona-Pandemie, sei ein Anstieg der Einsatzstunden der Polizei von 148.763 Stunden auf 164.907 Stunden in der Spielzeit 2022/2023 erfolgt. In der darauffolgenden Spielzeit 2023/2024 habe sich der Anstieg auf insgesamt 188.032 Stunden fortgesetzt. Analog zu dieser Entwicklung seien die Polizeikosten in der Spielzeit 2022/2023 auf etwa 11,38 Millionen Euro und in der darauffolgenden Spielzeit 2023/2024 auf 13,87 Millionen Euro gestiegen.
Dem Anstieg der Einsatzstunden und somit auch der Polizeikosten lägen nach Angaben der Landesregierung vielfältige Ursachen zugrunde. Zum einen habe es einen erheblichen Anstieg der Zuschauerzahlen von rund einer halben Million Personen im Vergleich der Spielzeiten 2018/2019 (2.770.064 Zuschauer) und 2023/2024 (3.277.467 Zuschauer) gegeben. Dies liege unter anderem am sportlichen Erfolg im baden-württembergischen Profifußball.
Zum anderen hätten sich auch Ligazugehörigkeiten geändert. Spielten in der Saison 2018/2019 noch sieben Mannschaften in den ersten drei Fußballligen, seien es in den beiden Spielzeiten 2022/2023 und 2023/2024 jeweils neun Mannschaften gewesen. Zum Wechsel der Spielzeiten 2022/2023 auf 2023/2024 sei es überdies zu diversen Auf- (1. FC Heidenheim, SV Stuttgarter Kickers, SSV Ulm 1846) bzw. Abstiegen (SV Sandhausen) von Vereinen mit einer aktiven Fanszene gekommen. Ein Wechsel der Ligazugehörigkeit gehe meist auch mit einer neuen Situation für die einsatzführenden Polizeidienststellen einher. Mangelnde Erfahrungswerte hinsichtlich des Aufeinandertreffens mit den jeweiligen Störerszenen in der neuen Spielklasse erschwerten die Beurteilung der Lage und führten somit oftmals zu einem höheren Kräfteansatz, fasste Rivoir die Ausführungen des Staatsministeriums zusammen.
Bürokratieabbau wichtiger als Landestariftreue- und Mindestlohngesetz
Stuttgart. Mit dem Landestariftreue- und Mindestlohngesetz (LTMG) sowie Meisterabschlüssen, Meisterprämie und Meistergründungsprämie hat sich der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus in der Sitzung am Mittwoch,
18. September 2024, befasst. Das berichtete der Ausschussvorsitzende Dr. Erik Schweickert (FDP/DVP). Ein weiteres Thema seien Zahlungsmoral und Zahlungsgeschwindigkeit bei Zahlungen der öffentlichen Hand gewesen.
Auf Antrag der SPD-Fraktion debattierte der Ausschuss den aktuellen Stand zum Landestariftreue- und Mindestlohngesetz (LTMG). Die antragstellende SPD-Fraktion wollte sich mit ihrem Antrag „Faire Wettbewerbsbedingungen und Stärkung der Tarifbindung? Bei Grün-Schwarz Fehlanzeige!“ nach Aussage des Ausschussvorsitzenden für eine Stärkung der Tarifbindung einsetzen und im Nachgang zu einer Regierungsbefragung wissen, welche Änderungen es am Gesetzentwurf gab. Nach Angaben des Wirtschaftsministeriums wurde der Gesetzentwurf dahingehend geändert, dass nunmehr ein vergabespezifisches Mindestentgelt eingeführt worden sei, das an die unterste Entgeltgruppe des Tarifvertrags des öffentlichen Dienstes gekoppelt sei. Zudem seien im LTMG-Entwurf strategische Beschaffungsziele für Vergaben unterhalb der EU-Schwellenwerte für Land und Kommunen verankert worden.
Die Landesregierung führte dazu nach Angaben von Dr. Schweickert aus, dass der ressortabgestimmte Entwurf des Gesetzes zur Änderung des LTMG nicht weiterverfolgt werde. Dies sei von Seiten der Fraktionen der FDP/DVP, der CDU und der AfD begrüßt worden. Von Seiten der Grünen-Fraktion sei klargestellt worden, dass man sich ein solches Gesetz gewünscht hätte, jedoch über den eigenen Schatten gesprungen sei und anerkenne, dass in den heutigen Zeiten eine solch bürokratische Regelung für die Wirtschaft und die Kommunen nicht mehr passend sei. Die SPD-Fraktion habe das faktische Ende eines Landestariftreue- und Mindestlohngesetzes massiv kritisiert.
Mit Meisterabschlüssen, Meisterprämie und Meistergründungsprämie beschäftigte sich der Ausschuss auf Antrag der FDP/DVP. Sie hatte diesbezüglich einen umfangreichen Fragenkatalog an das Wirtschaftsministerium gerichtet. Aus der Antwort geht hervor, dass die Anzahl der bestandenen Meisterprüfungen von 2020 bis 2023 um rund sieben Prozent angestiegen ist. Pro Jahr haben demnach zwischen 3.500 und 4.000 Personen in Baden-Württemberg ihren Meister im Handwerk abgelegt und die Meisterprämie in Höhe von 1.500 Euro erhalten. Die Gesamtausgaben dafür lagen 2023 bei 4,01 Millionen Euro. Im laufenden Jahr wurden bis 31. Mai 1,96 Millionen Euro für die Meisterprämie ausgegeben.
Weiter teilte das Ministerium mit, dass die Anzahl der Anträge und Bewilligungen für die Meistergründungsprämie über die Jahre auf zuletzt 133 bewilligte Anträge im vergangenen Jahr angestiegen sind. Das Darlehensvolumen betrage 15,59 Millionen Euro. Die Gesamtausgaben für die gestaffelt ausgezahlte Meistergründungsprämie beliefen sich auf bisher 1,62 Millionen Euro.
Nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Dr. Schweickert lobten alle Fraktionen die Instrumente der Meisterförderung im Handwerk. In Zeiten des Fachkräftemangels sendeten sie wichtige Signale, habe es geheißen. Die FDP/DVP habe sich unter anderem dafür ausgesprochen, die Förderungen auf nicht-meistergebundene Berufe auszuweiten und ein Andocken der Meisterausbildung an akademische Ausbildungswege zu ermöglichen. Die SPD habe für eine Förderung auch von Industriemeistern votiert und eine Erhöhung der Meisterprämie ins Gespräch gebracht. Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut erklärte laut Dr. Schweickert, sie würde sich einen Ausbau der Förderungen wünschen.
Ein weiteres Thema war ebenfalls auf Antrag der FDP/DVP die Zahlungsmoral und Zahlungsgeschwindigkeit bei Zahlungen der öffentlichen Hand. Aus der Antwort des Wirtschaftsministeriums geht hervor, dass die Landesregierung generell bestrebt ist, bestehende Ansprüche im Rahmen des gesetzlichen Zahlungsziels sach- und fristgerecht zu begleichen. Zahlungen seien grundsätzlich am Tag der Fälligkeit zu leisten, also spätestens 30 Tage nach Eingang einer ordnungsgemäßen und prüfbaren Rechnung, habe die Ministerin in der Sitzung bekräftigt, berichtete der Ausschussvorsitzende. Soweit in Einzelfällen Rechnungen erst nach Ablauf der Zahlungsfrist beglichen werden könnten, sei dies vor allem darauf zurückzuführen, dass inhaltliche Fragen zur Rechnung bestehen, unvollständige Rechnungsunterlagen vorliegen oder dass die zugrunde liegende Leistung vom Vertragspartner nicht vollständig oder nicht in der geforderten Qualität erbracht wurde, so das Ministerium.
Laut Dr. Schweickert äußerte die FDP/DVP, Berichte insbesondere aus der Bauwirtschaft legten den Schluss nahe, dass es um die Zahlungsmoral der öffentlichen Hand nicht gut bestellt sei. Es handle sich mitnichten um Einzelfälle, wenn Zahlungen ausbleiben, wie vom Ministerium in seiner Antwort behauptet. Insofern dürften sich Kommunen oder das Land nicht wundern, wenn öffentliche Ausschreibungen mitunter nur auf wenig Resonanz stoßen. Grüne und CDU betonten nach Angaben des Ausschussvorsitzenden die Vorbildfunktion der öffentlichen Auftraggeber. Es könne nicht sein, dass schleppende Zahlungen die Liquidität von Unternehmen gefährden, hätten die Grünen darüber hinaus erklärt, so Dr. Schweickert. Mögliche Gründe dafür müssten aufgebarbeitet werden.
Weitere Themen im Ausschuss: Umsetzung und bisherige Ergebnisse der Fachkräftegewinnung aus Indien; Unterstützung der Landesregierung für das Projekt „Cisterscapes – Cistercian Landscapes connecting Europe“; Innovationsgutscheine – Stand der Dinge und Pläne für die Zukunft; Fachkräftepotenzial von Frauen erschließen.
50 Jahre wissenschaftlich-technologische Zusammenarbeit mit Japan
Stuttgart. Der Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kunst hat sich mit einem interfraktionellen Antrag der Fraktionen Grüne, CDU, SPD und FDP/DVP in seiner Sitzung am Mittwoch, den 18. September 2024, beschäftigt. Dabei ging es u.a. um die Entwicklung der deutsch-japanischen Partnerschaft und die Potenziale der Zukunft durch die Kooperation der beiden Staaten. Dies teilte die Ausschussvorsitzende Nese Erikli (Grüne) mit.
Hintergrund des Antrags ist die im März 2024 getätigte Reise des Wissenschaftsausschusses nach Tokio und Kyoto. Deutschland und Japan feierten dieses Jahr das fünfzigjährige Jubiläum des Abkommens über die Zusammenarbeit in wissenschaftlicher Forschung und technischer Entwicklung sowie das fünfunddreißigjährige Jubiläum des gemeinsamen Partnerschaftsabkommens zwischen Baden-Württemberg und der japanischen Präfektur Kanagawa. Bei zahlreichen Terminen in Hochschulen, Forschungs- und Kultureinrichtungen konnten mit den japanischen Partnern Erfahrungen ausgetauscht und gemeinsame Projekte und Impulse, Ideen und Ziele identifiziert werden, berichtete Erikli.
Nach Angaben der Vorsitzenden hat die Landesregierung erklärt, dass sie die langjährige vertrauensvolle Zusammenarbeit und den Austausch mit der Partnerpräfektur Kanagawa sehr schätze. Ziel sei es, den kulturellen und wissenschaftlichen Austausch zu fördern, die wirtschaftlichen Beziehungen zu stärken und gemeinsame Projekte in verschiedenen Bereichen voranzutreiben. Eine gemeinsame Absichtserklärung zwischen Baden-Württemberg und der japanischen Präfektur Kanagawa sei am Mittwoch, 17. Juli 2024, von Ministerpräsident Winfried Kretschmann und Kanagawas Gouverneur Yuji Kuroiwa unterschrieben worden, gab Erikli die Angaben des Ministeriums wieder.
Zudem befasste sich der Ausschuss mit der Verbesserung der Standortattraktivität für japanische Studierende in Baden-Württemberg. Die Ausschussvorsitzende zeigte sich über die Entwicklung der Anzahl japanischer bildungsausländischer Studierender an Hochschulen in Baden-Württemberg erfreut. Die Zahl stieg in den letzten zehn Jahren leicht an, fasste Erikli die Angaben von Ministeriumsseite zusammen. Die Mobilität von Studierenden und Forschenden diene als Ausgangspunkt interkultureller Verständigung und internationaler Spitzenforschung. Aktuell bestehe für Studierende und Forschende in beide Richtungen zahlreiche Mobilitätsprogramme. Die Finanzierung liege meistens auf Bundesebene. Auf Landesebene vergebe die Baden-Württemberg Stiftung jährlich etwa 1500 Stipendien an Studierende für Austauschprogramme. Der größte Anteil an Individual- und Projektförderung werde von deutscher Seite aus durch den Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) vergeben. Das MIRAI-Programm ergänze die umfangreichen Förderprogramme des DAAD.
Japan sei ein zentraler Kooperationspartner der baden-württembergischen Hochschulen aufgrund der exzellenten Universitäten in den Bereichen wie Robotik, Erneuerbare Energien oder Life Sciences. Derzeit bestehen 155 bilaterale Partnerschafts- und Kooperationsvereinbarungen. Ein Beispiel dafür sei etwa die Forschungskooperation zwischen der Universität Heidelberg und der Universität Kyoto. Laut Erikli seien sich die Ausschussmitglieder fraktionsübergreifend darüber einig gewesen, Partnerschaftskooperationen weiter voranzutreiben und die Zusammenarbeit zu vertiefen.
Innenausschuss befasst sich mit islamistischen Gefährdern und Messerangriffen in Baden-Württemberg
Stuttgart. Der Innenausschuss des Landtags hat sich in seiner Sitzung am Mittwoch, 18. September 2024, auf Antrag der CDU-Fraktion mit der Anzahl islamistischer Gefährder, mit Tatverdächtigen bei Messerangriffen sowie Abschiebungen nach Afghanistan befasst. Wie das Innenministerium bekannt gab, lebt in Baden-Württemberg derzeit jeweils eine niedrige zweistellige Anzahl an Personen, die als Gefährder bzw. als relevante Personen im Phänomenbereich der Politisch motivierten Kriminalität – religiöse Ideologie – eingestuft wird. Davon werde eine niedrige zweistellige Anzahl an Personen mit der Risikostufe „hoch“ bewertet. Das teilte der Vorsitzende des Gremiums, der CDU-Abgeordnete Ulli Hockenberger, mit.
Nach Angaben Hockenbergers definieren die Sicherheitsbehörden einen Gefährder als eine Person, zu der bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie politisch motivierte Straftaten von erheblicher Bedeutung, insbesondere solche im Sinne des § 100a Strafprozessordnung (StPO), begehen wird. Eine Person ist als relevant anzusehen, wenn sie innerhalb des extremistischen/ terroristischen Spektrums die Rolle einer Führungsperson, eines Unterstützers/Logistikers oder eines Akteurs einnimmt und objektive Hinweise vorliegen, welche die Prognose zulassen, dass sie politisch motivierte Straftaten von erheblicher Bedeutung, insbesondere solche im Sinne des § 100a StPO fördert, unterstützt, begeht oder sich daran beteiligt.
Seit dem Jahr 2019 habe sich dem Ministerium zufolge die Anzahl der Gefährder im Phänomenbereich der Politisch motivierten Kriminalität - religiöse Ideologie - in Baden-Württemberg von einer hohen zweistelligen auf eine derzeit niedrige zweistellige Zahl reduziert. Der Rückgang sei zum einen auf umfangreiche Ermittlungen zurückzuführen, die in einigen Fällen die im Raum stehende Gefährdungslage entkräften konnten. Zum anderen sei der Rückgang durch die Ausstufung von Gefährdern erfolgt, die ausgewiesen wurden oder nach ihrer Ausreise in Kampfgebiete verstorben sind.
Laut Hockenberger haben die Antragsteller ausgeführt, dass die Gefahr, die von islamistischen Gefährdern ausgeht, auch vor dem Hintergrund des politischen Weltgeschehens zunimmt. Auch der schreckliche Messerangriff in Mannheim, bei dem ein Polizeibeamter sein Leben verloren hat, zeige, wie groß die Gefahr terroristischer Angriffe sei. Mit dem Antrag hätten die Antragsteller daher in Erfahrung bringen wollen, wie sich die Situation in Deutschland und insbesondere in Baden-Württemberg darstelle.
In diesem Zusammenhang hätten die Antragsteller außerdem gefragt, wie sich die Anzahl der Gewalttäter sowie der Messerangriffe in den letzten fünf Jahren entwickelt habe und wie viele der Tatverdächtige nicht über eine deutsche Staatsangehörigkeit verfügten. Laut Innenministerium habe es im Jahr 2023 insgesamt 19.967 Tatverdächtige bei Gewaltkriminalität in Baden-Württemberg gegeben. Das entspreche einem Anstieg von 10,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Im Jahr 2019 seien es 17.669 Tatverdächtige gewesen. Von den 19.967 Tatverdächtigen im Jahr 2023 seien 50,7 Prozent (10.132 Personen) deutsche Staatsangehörige, 49,3 Prozent (9.835 Personen) hätten keine deutsche Staatsangehörigkeit.
Die Zahl der Tatverdächtigen im Zusammenhang mit Messerangriffen habe 2023 insgesamt 2.922 Personen betragen, das entspreche einem Anstieg von 13,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Von den Tatverdächtigen im Jahr 2023 seien 1.612 Personen (55,2 Prozent) nichtdeutsch, 1.310 Personen hätten die deutsche Staatsbürgerschaft.
Außerdem befasste sich das Gremium in diesem Zusammenhang auch mit der möglichen Abschiebung von ausreisepflichtigen Gefährdern und Gewalttätern nach Afghanistan und Syrien. In der Antwort der Landesregierung auf die Anfrage mit Stand 2. Juli 2024 sei von aktuell mindestens 41 Afghanen in Baden-Württemberg die Rede, bei denen kein Abschiebeverbot vorliege und es aufgrund grundrechtlicher Schutzpflichten zum Schutz von Leben und körperlicher Unversehrtheit der Bürgerinnen und Bürger ein verstärktes öffentliches Interesse an der Durchsetzung der Ausreisepflicht gebe. Innenminister Thomas Strobl (CDU) habe in der Sitzung auf Nachfrage von Abgeordneten mehrerer Fraktionen ausgeführt, dass der Bund auch nach dem jüngsten Abschiebeflug Ende August weiterhin Abschiebungen nach Afghanistan gewährleisten müsse. Auch im Falle von Syrien müsse der Bund Abschiebungen von Gefährdern und schweren Straftätern ermöglichen. Allerdings sei der Landesregierung nicht bekannt, was der Bund diesbezüglich in nächster Zeit vorhabe, fasste Hockenberger die Debatte zusammen.
Landwirtschaftsausschuss befasst sich mit der energetischen Nutzung von Holz
Stuttgart. Der Ausschuss für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz hat sich in seiner Sitzung am Mittwoch, 18. September 2024, auf Antrag der Grünen-Fraktion mit der Frage beschäftigt, inwiefern Holz in Baden-Württemberg in Zukunft nachhaltig zur Energieerzeugung genutzt werden könne und welche Auswirkungen dies auf Wald, Klima und Gesundheit habe, teilte der Ausschussvorsitzende Martin Hahn (Grüne) mit.
Da es sich bei Holz um einen nachwachsenden Rohstoff handele, leiste dieser einen wichtigen Beitrag zur nachhaltigen Energiegewinnung und damit auch zum Klimaschutz, gab Hahn die Ausführungen des Ministeriums wieder. Vorteil sei auch, dass man Holz unabhängig von Sonnen-, Wind- oder Wetterverhältnissen nutzen könne.
Regionales Holz würde zudem weniger Energie für den Transport benötigen sowie regionale Arbeitsplätze sichern. Die Holznutzung sei unter anderem im Schwarzwald gar ein Kulturgut. Auch aufgrund der aktuellen Energiekrise könne Holz, unter Berücksichtigung der Luftreinhaltung sowie der Ökosystemstabilität, als nachhaltiger Rohstoff vor allem im ländlichen Raum zur Versorgungssicherheit beitragen und sei eine gute Substitution für die Nutzung von Öl, Gas oder Kohle. Positiv sei dabei hervorgehoben worden, dass man im Bereich Holz ein Selbstversorgerland sei: Energieholzimporte spielten laut Berechnungen des Umweltbundesamts nur eine geringe Rolle für die Holzenergieversorgung. Die Holzvorräte in den Wäldern Baden-Württembergs seien zudem auf einem Höchststand.
Einig waren sich die Abgeordneten in der Sitzung nach Angaben Hahns, dass Holz möglichst gemäß der so genannten Kaskadennutzung eingesetzt werden sollte – dies sei auch in der Holzbau-Offensive des Landes verankert. Dabei werde einmal geerntetes Holz mehrfach genutzt. Ziel sei, die Ressource so häufig und so effizient wie möglich stofflich zu nutzen und erst am Ende des Produktlebenszyklus energetisch zu verwerten, wenn eine stoffliche Nutzung nicht mehr möglich sei. Durch die Holzbau-Offensive würden zudem Hybrid-Bauweisen mit Holz forciert, durch welche beim Bau vermehrt Holzreststoffe abfallen würden, die wiederrum als Biomasse energetisch verwendet werden könnten. Heimische, nachwachsende Rohstoffe so einzusetzen, sei laut Aussagen der Landesregierung weiterhin wünschenswert und klimafreundlich, berichtet Hahn aus der Sitzung.
Kritisch hinterfragt wurden in der Sitzung hingegen die gesundheitlichen Gefahren, die bei der energetischen Nutzung von Holz durch die Schadgase Feinstaub und
polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) entstünden, so Hahn. Diese bestünden gemäß Landesregierung weiterhin, konnten jedoch durch moderne Technologien, verbesserte Verbraucher- und Anwenderinformationen sowie strengere Emissionsgrenzwerte erheblich reduziert werden. Die Art der Bedienung von Einzelraumfeuerungen durch die Nutzer habe, neben der eingesetzten Feuerungstechnik, den größten Einfluss auf die Emissionen. Eine umfassende und eindeutige Gebrauchsanweisung durch die Hersteller sei daher notwendig. Das Umweltzeichen Blauer Engel würde zudem Verbrauchern zeigen, welche Holzkaminöfen besonders umweltfreundlich und schadstoffarm sind.
Wie Hahn ausführte, sei auch darüber diskutiert worden, dass durch ein erhöhtes Risiko von klimawandelbedingten Schäden klimastabilere Wälder erforderlich seien. Dafür werde im Moment die Richtlinie landesweiter Waldentwicklungstypen (WET) angepasst. Die Richtlinie sei für den Staatswald bindend und diene für den Kommunal- und Privatwald als Empfehlung. Je nach Risikoeinschätzung der Standorte bedeute dies die Steigerung der Mischungsanteile oder auch einen Wechsel der führenden Baumart – wobei der Nadelbaumanteil weiter zurückgehen werde. Laubbäume seien jedoch aktuell stofflich schlechter zu verwerten, was wiederrum zunächst zu einer Steigerung des potentiell nutzbaren Energieholzes führe. In Forschungsprojekten werde untersucht, inwiefern Laubhölzer auch stofflich besser genutzt werden könnten.
Präsidentin Aras: „Die Geschichte mahnt uns, wachsam zu sein“
Stuttgart. Heute vor 80 Jahren, am 2. August 1944, wurden die noch verbliebenen 4300 Sinti und Roma im deutschen Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau von der SS ermordet. Landtagspräsidentin Muhterem Aras nimmt an der zentralen Gedenkveranstaltung dort teil. „Das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau steht wie kein anderer Ort für die Schrecken des Holocaust und die Unmenschlichkeit des NS-Regimes. Die Geschichte mahnt uns, wachsam zu sein – wachsam gegen die Feinde der Demokratie und gegen die Feinde der menschlichen Würde“, mahnt die Landtagspräsidentin.
Auf Einladung des Vorsitzenden des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma, Romani Rose, und des Antiziganismusbeauftragten der Bundesregierung, Dr. Mehmet Daimagüler, nimmt Landtagspräsidentin Muhterem Aras als Teil der deutschen Delegation an einem mehrtägigen Gedenkprogramm in Krakau und Auschwitz teil. In diesem Rahmen legte sie in Verneigung vor den Opfern und Überlebenden für den Landtag einen Kranz nieder.
Die Landtagspräsidentin erklärt: „Das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau steht wie kein anderer Ort für die Schrecken des Holocaust und die Unmenschlichkeit des NS-Regimes. Das Leid der Sinti und Roma wurde jahrzehntelang nicht anerkannt und wird gesellschaftlich noch immer nicht gebührend erinnert. Wir dürfen niemals vergessen: Es waren viele Menschen, die an der Vernichtung der Sinti und Roma aktiv oder passiv mitwirkten. Die diese Brutalität über Anweisungen, Vorschriften, Kategorien, Listen organisierten, bürokratisierten und industrialisierten. Die die Menschlichkeit ignorierten für eine Ideologie, die auf Ausgrenzung, Hass und Diskriminierung beruhte. Die Geschichte mahnt uns, wachsam zu sein – wachsam gegen die Feinde der Demokratie und gegen die Feinde der menschlichen Würde.“
Die Gedenkveranstaltung wird vom Zentralrat der Sinti und Roma in Deutschland und dem Verband der Roma in Polen in Zusammenarbeit mit dem staatlichen polnischen Museum Auschwitz-Birkenau organisiert. Eingeladen sind hochrangige internationale Gäste, darunter auch Bundestagspräsidentin Bärbel Bas und Bundesratspräsidentin Manuela Schwesig sowie weitere Vertreterinnen und Vertreter von Bundestag und Bundesregierung.
Im Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau wurden insgesamt 500.000 Sinti und Roma von den Nationalsozialisten und ihren Handlangern ermordet. In der Nacht vom 2. auf den 3. August 1944 wurden die letzten 4300 im Lager verbliebenen Sinti und Roma, darunter Frauen, Kinder und ältere Menschen, von der SS gegen ihren erbitterten Widerstand in die Gaskammern getrieben.
1982 erkannte die Bundesrepublik Deutschland den NS-Völkermord an den Sinti und Roma völkerrechtlich verbindlich an. 2015 erklärte das Europäische Parlament den 2. August zum Europäischen Holocaust-Gedenktag für Sinti und Roma.
Kinder stehen im Mittelpunkt und entdecken Landespolitik und Landtag
Stuttgart. Der Landtag von Baden-Württemberg präsentierte sich am Samstag, 13. Juli 2024 fest in Kinderhand: Mehr als 140 Kinder und Jugendliche zwischen 8 und 13 Jahren sind gekommen, um auf politische Entdeckungsreise zu gehen. Unter dem Motto „Landtag erleben“ erkundeten die teilnehmenden Kinder bei einem spannenden Stationen-Lauf spielerisch Landespolitik und Landtag. Zum Auftakt des Kinderlandtags begrüßten Landtagsvizepräsident Dr. Wolfgang Reinhart (CDU) und der Vorsitzende des Landesjugendrings, Alexander Strobel, die jungen Gäste.
Der Kinderlandtag wurde im Rahmen des Projekts „Was uns bewegt“ von Landtag und Landesjugendring Baden-Württemberg e. V. organisiert. „Beim Kinderlandtag können Kinder und Jugendliche aus ganz Baden-Württemberg mit den Abgeordneten ins Gespräche kommen, diskutieren, debattieren und spielerisch den Landtag sowie die Landespolitik kennenlernen und hautnah vor Ort erleben. Alle haben die Chance, den Abgeordneten ihre Wünsche und Anliegen mitzuteilen und sich mit ihren Ideen einzubringen“, erklärte Dr. Reinhart. Es sei für die Demokratie ein tolles Zeichen, dass zum Kinderlandtag mehr als 140 Kinder und Jugendliche gekommen sind. Auch Alexander Strobel freute sich: „Alles beginnt im Kleinen, auch die Sensibilität für demokratisches Handeln“, sagte Strobel. Die Kinder hätten sich in regionalen Kinderpolitiktagen auf den Kinderlandtag vorbereitet.
Nach der offiziellen Begrüßung wurde den Teilnehmenden der Ablauf des Tages vorgestellt und Gruppen gebildet. Der Landtags-Stationen-Lauf begann dann auch gleich mit einer Kennenlernstation. Nach dem Mittagessen ging es gestärkt auf weitere Entdeckungsreise. Die Themen Demokratie, Kinderrechte und Landtag standen dabei besonders im Fokus. Höhepunkt des Kinderlandtags war dann der gemeinsame Abschluss mit Abgeordneten aller Fraktionen im Plenarsaal: Die Kinder richteten ihre erarbeiteten Wünsche an die Politik, etwa besseres Essen in der Schulmensa, weniger Verpackungen aus Plastik, mehr Informationen über das, was Politiker tun oder eine nachhaltigere Produktion von E-Autos.
Landtagspräsidentin Aras: Erinnerungskultur ist so wichtig wie nie
Stuttgart/Überlingen/Singen/Salem. Erinnerungskultur und Gedenken an die Opfer der NS-Gewaltherrschaft in der Bodenseeregion würdigte Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) auf ihrer diesjährigen Gedenkstättenreise am Donnerstag und Freitag, 11. und 12. Juli 2024. Aras besuchte Gedenkorte in Öhningen-Wangen, Überlingen, Gailingen und Singen. Über die Bedeutung des Erinnerns für die Zukunft sprach sie in der Schule Schloss Salem mit der Friedenspreisträgerin Aleida Assmann und rund 200 Gästen, darunter viele Schülerinnen und Schüler.
„Wo einst Diktatur und Menschenverachtung vorherrschten, ist heute unsere Demokratie, dafür können wir nicht dankbar genug sein“, sagte Landtagspräsidentin Aras in ihrem Grußwort zur Gedenkstättenreise 2024 am Donnerstagabend in der Schule Schloss Salem. Das Grundgesetz selbst, gerade 75 Jahre alt geworden, sei die direkte Antwort auf das finsterste Kapitel der Geschichte. Das sei ein entscheidender Punkt all jener Erzählungen, die von den Gedenkstätten bewahrt werden.
Gedenkstätten zeigten aber auch: „Geschichte ist unbeständig. Oder wie Bundeskanzler Willy Brandt sagte: Die Geschichte kennt kein letztes Wort.“ Deshalb dürften wir unsere Demokratie nicht für selbstverständlich halten, mahnte Aras. Es gelte, sie gegen die Feinde der Verfassung zu verteidigen. Das sei nicht nur Aufgabe des Staates, sondern es sei Aufgabe aller Bürgerinnen und Bürger, mit Haltung dagegenzustehen. „Die Geschichte mag zwar kein letztes Wort kennen, aber wir haben doch alle ein Wörtchen mitzureden“, so die Landtagspräsidentin.
Aras traf an beiden Tagen auf engagierte Ehrenamtliche in Gedenkstätten und Vereinen, auf Aktive der Jugendgedenkarbeit und viele interessierte Schülerinnen und Schüler aus Überlingen, Salem und Ravensburg. „Einmal mehr ist deutlich geworden, dass gerade auch die ehrenamtlichen Kräfte in kleineren Gedenkstätten eine enorm wichtige Arbeit leisten. Das verdient unser aller Respekt. Sie zeigen Haltung für unsere Grundwerte und Demokratie, indem sie eine lebendige Erinnerungskultur pflegen“, sagte die Landtagspräsidentin. Sie sei froh, dass vier Fraktionen des Landtags sie beim Thema Gedenkstättenarbeit unterstützen und die Förderung durch den Landtag erhöht werden konnte. „Wir – als wehrhafter Rechtssaat und als Zivilgesellschaft – brauchen die Erinnerung so dringend wie nie“, so Aras.
In der Schule Schloss Salem hielt die Kulturwissenschaftlerin und Friedenspreisträgerin Prof. (em.) Dr. Dr. h. c. Aleida Assmann einen Fachvortrag über „Die Zukunft der Erinnerungskultur“. Sie sprach sich dafür aus, den europäischen Gedanken zu stärken und die Gedenkstätten mehr zu vernetzen. Assmann berichtete, wie sie sich seinerzeit für die Errichtung des Holocaustmahnmals in Berlin engagierte.
Der Schulleiter der Schule Schloss Salem, Henrik Fass, hielt ein Grußwort bei der Abendveranstaltung. Schülerinnen und Schüler aus der Region diskutierten mit Aleida Assmann und Muhterem Aras. Moderiert wurde das Gespräch von Anna Koktsidou. Schülerinnen und Schüler der Schule Schloss Salem sorgten für die musikalische Umrahmung.
Begonnen hatte die Gedenkstättenreise am Donnerstagvormittag an der Jacob-Picard-Gedenkstätte und auf dem Jüdischen Friedhof in Öhningen-Wangen. Die Gedenkstätte im Rathaus Wangen ist nach dem Dichter Jacob Picard (1883-1967) benannt und zeichnet christlich-jüdische Geschichte des Dorfes nach. Nach einem Rundgang zu weiteren mit der jüdischen Geschichte Wangens verbundenen Orten im Beisein von Dr. Anne Overlack vom Freundeskreis Jacob Picard im Forum Allmende e.V. und Gert Wolf, dem Nachfahren einer über Generationen ortsansässigen jüdischen Familie, besuchte Aras den 1827 angelegten Jüdischen Friedhof.
Am Nachmittag besichtigte die Landtagspräsidentin die Dokumentationsstätte Goldbacher Stollen in Überlingen. Oswald Burger, Vorstand der Dokumentationsstätte Goldbacher Stollen und KZ Aufkirch e.V., führte Aras, den Oberbürgermeister der Stadt Überlingen Jan Zeitler (SPD) und rund 100 Schülerinnen und Schüler der Gymnasien Überlingen, St. Konrad Ravensburg und der Schule Schloss Salem durch die unterirdische Anlage. 1944 waren rund 800 Häftlinge aus dem KZ Dachau in ein Außenlager nach Aufkirch verlegt worden. Sie mussten ein rund vier Kilometer langes Stollensystem für die Rüstungsproduktion von vier Friedrichshafener Unternehmen schaffen. 243 Häftlinge starben bei dem Einsatz im Goldbacher Stollen.
Der zweite Tag der Gedenkstättenreise startete am Freitag im Jüdischen Museum Gailingen im ehemaligen jüdischen Schulhaus. Die Dauerausstellung bewahrt die Erinnerung an die jüdischen Bürgerinnen und Bürger und deren Anteil an der Entwicklung des Ortes und der Region vom 17. Jahrhundert bis in die 1940er Jahre und macht den Verlust für die Gemeinschaft durch den Holocaust bewusst. Heinz Brennenstuhl, Vorsitzender des Vereins für jüdische Geschichte Gailingen e.V. und ehemaliger Bürgermeister, sowie Dr. Thomas Auer, Bürgermeister und Stellvertretender Vorsitzender, begrüßten die Landtagspräsidentin, die sich anschließend in das Goldene Buch der Gemeinde eintrug.
Letzte Station der Gedenkstättenreise war die Theresienkapelle Singen im heutigen Singener Industriegebiet. Sie wurde 1946/47 von deutschen Kriegsgefangenen unter französischer Besatzung errichtet und ist durch das Engagement von Singener Bürgern heute die einzige erhaltene Lagerkapelle in Deutschland. Landtagspräsidentin Aras traf dort den Singener Oberbürgermeister Bernd Häusler (CDU) und die 1. Vorsitzende des Fördervereins Theresienkapelle Singen e. V., Dr. habil. Carmen Scheide. Seit 2015 ist die Theresienkapelle eine Gedenkstätte, die sich auf drei Zeitschichten bezieht: Die Erfahrung des Nationalsozialismus und des Einsatzes von Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern in der Singener Industrie, die unmittelbaren Nachkriegsjahre und den Umgang mit der Diktaturerfahrung im gesellschaftlichen Gedächtnis.
Die Landtagspräsidentin wurde auf der Gedenkstättenreise an verschiedenen Stationen von Landtagsabgeordneten aus den jeweiligen Wahlkreisen begleitet. Frühere Gedenkstättenreisen führten die Präsidentin zu Orten des Gedenkens und Erinnerns am Oberrhein (2018), in Südwürttemberg (2019), in Nordwürttemberg (2020), in Nordbaden (2022) und in die Landkreise Tübingen, Freudenstadt und Böblingen (2023). Die Landtagsverwaltung organisiert und veranstaltet die Gedenkstättenreise in Zusammenarbeit mit der Landeszentrale für politische Bildung.
Ständiger Ausschuss informiert sich über Bürgerbeteiligung in Baden-Württemberg
Stuttgart. Der Ständige Ausschuss des Landtags von Baden-Württemberg hat sich in seiner Sitzung am Donnerstag, 11. Juli 2024, mit der Bürgerbeteiligung in Baden-Württemberg befasst. Dazu war Staatsrätin Barbara Bosch zu Gast in der Sitzung, die den Mitgliedern des Gremiums mündlich über Bürgerbeteiligungsprozesse und ihren Mehrwert für Politik und Verwaltung anhand praktischer und wissenschaftlicher Erkenntnisse berichtete. Sie zog ein positives Fazit der Bürgerbeteiligung im Südwesten, die von den Bürgerinnen und Bürgern gut angenommen wird und dazu beiträgt, die Akzeptanz für politische Entscheidungen zu erhöhen, sagte der Ausschussvorsitzende Guido Wolf (CDU).
Nach Angaben Guido Wolfs führte Barbara Bosch aus, dass Debatten um Projekte zunehmend kontrovers verliefen. Es entstehe vermehrt ein Schwarz-Weiß-Denken und konfrontative Situationen, die eine sachliche Debatte gar nicht mehr zuließen. Um aus dieser Situation herauszukommen, setze die Landesregierung auf eine dialogische Bürgerbeteiligung. Diese verlaufe in vier Phasen. Zunächst gebe es einen Runden Tisch mit Interessensvertretenden, Verbänden, der organisierten Zivilgesellschaft und anderen Akteuren. Ziel sei es, einen Entwurf für eine Themenlandkarte zu erstellen, auf der alle geäußerten Themen im Zusammenhang mit dem Vorhaben aufgenommen würden. Im zweiten Schritt werde die Themenlandkarte im Beteiligungsportal BW online gestellt, so dass alle Interessierten die Landkarte kommentieren könnten. Ziel bei diesem Schritt sei, die Themenlandkarte zu vervollständigen und weitere Informationen für das Bürgerforum zu sammeln.
Im dritten Schritt befasse sich ein Bürgerforum mit zufällig ausgewählten Bürgerinnen und Bürgern mit dem Vorhaben. Die Bürgerinnen und Bürger tagten in moderierten Sitzungen, hörten Inputgeber an und diskutierten über die Punkte auf der Themenlandkarte. Ziel ist es, gemeinsame Empfehlungen zu erarbeiten. Im vierten Schritt würden die Empfehlungen des Bürgerforums öffentlich vorgestellt und an die Auftraggebenden aus der Politik übergeben.
Guido Wolf zufolge erläuterte Barbara Bosch, dass alle Bürgerforen ausgewertet und die beteiligten Bürger nach ihrer Zufriedenheit mit Ablauf und Ergebnissen befragt würden. Die Befragungen hätten ergeben, dass die Bürgerinnen und Bürger sehr zufrieden seien. Diese Haltung ändere sich auch nicht, selbst wenn die Politik den Empfehlungen nicht folge und anders entscheide. Wichtig sei aus Sicht der Bürgerinnen und Bürger vielmehr, dass sich die Politik mit den Positionen der Bürger befasse und diese wahrnehme.
Bosch sei in ihren Ausführungen auch auf die Servicestelle Bürgerbeteiligung eingegangen. Diese sei nun komplett aufgebaut und habe in diesem Jahr ihre operative Arbeit aufgenommen. Die Servicestelle berate die Behörden mit Sitz in Baden-Württemberg bei der Bürgerbeteiligung und unterstütze gegebenenfalls bei der Umsetzung bzw. begleite den Dialogprozess. In Kombination mit der Stabsstelle der Staatsrätin für Zivilgesellschaft und Bürgerbeteiligung sowie der Allianz der Bürgerbeteiligung sei Baden-Württemberg gut aufgestellt, um alle Akteure bei Beteiligungsprozessen zu integrieren.
Bei der anschließenden Debatte in der Sitzung begrüßten die Abgeordneten Guido Wolf zufolge die Bürgerbeteiligungsprozesse. Allerdings sei auch vereinzelt darauf hingewiesen worden, dass die Beteiligungsprozesse nicht alle Probleme lösen könnten. Auch sei die Sorge geäußert worden, dass Menschen, die eine eher konfrontative Haltung zu Politik hätten, nicht in den Bürgerforen vertreten seien. Bosch habe erläutert, dass für die Auswahl zwar keine Angaben zu politischen Einstellungen abgefragt werden, allerdings eine ganze Reihe an persönlichen Daten. Bosch habe sich überzeugt gezeigt, dass es gelinge, ein vielfältiges Bild der Bevölkerung zu bekommen.
Enquetekommission „Krisenfeste Gesellschaft“ legt Handlungsempfehlungen vor
Stuttgart. Rund zweieinhalb Jahre nach ihrer Einsetzung hat die Enquetekommission „Krisenfeste Gesellschaft“ am Mittwoch, 10. Juli, 2024, mit der Vorstellung des 884 Seiten umfassenden Abschlussberichts im Plenum ihre Arbeit beendet. „Die Enquetekommission hat mit zahlreichen Expertenanhörungen und Bürgerbeteiligungen Handlungsempfehlungen für eine erfolgreiche Bewältigung zukünftiger Krisen herausgearbeitet“, sagte der Vorsitzende Alexander Salomon (Grüne) bei der abschließenden Pressekonferenz, an der auch die Obleute der Fraktionen teilgenommen haben.
Nach Angaben Salomons hat der Landtag anlässlich der vorausgegangenen Krisen durch insbesondere die Pandemie, extreme Wetterereignisse, Bedrohungen kritischer Infrastrukturen und Kriege in der Plenarsitzung am 9. März 2022 auf Antrag der Fraktionen GRÜNE und CDU beschlossen, eine Enquetekommission „Krisenfeste Gesellschaft“ einzusetzen. Die Enquetekommission, der 14 Landtagsabgeordnete und acht Sachverständige als externe Mitglieder angehören, hat ihre Arbeit am 7. April 2022 aufgenommen. Übergeordnetes Ziel der Enquetekommission war es, das baden-württembergische Gemeinwesen in den Feldern Gesundheit, öffentliche Verwaltung, Gesellschaft und Wirtschaft auf künftige Krisen vorzubereiten, die Krisenvorsorge optimal zu gestalten und die Widerstandsfähigkeit unserer Gesellschaft zu stärken. Die Kommission hat in 22 öffentlichen Sitzungen 136 Sachverständige angehört.
Ein wichtiges Element der Enquetekommission „Krisenfeste Gesellschaft“ war die Verzahnung mit dem parallel zur Tätigkeit der Enquetekommission stattfindenden Bürgerforum „Krisenfeste Gesellschaft“ sowie der Kinder- und Jugendbeteiligung. Die Bürger tagten hier insgesamt sieben Mal und erarbeiteten hierbei 35 Empfehlungen und vier Leitsätze, die der weiteren Arbeit der Enquetekommission zugrunde gelegt wurden und den Mitgliedern des Gremiums wertvolle Hinweise gaben. Die Kommission möchte allen Beteiligten hier noch einmal für ihr großes Engagement danken.
Zu den von der Enquetekommission erarbeiteten Handlungsempfehlungen gehören unter anderem:
- Eine HiAP-Strategie (Health in All Policies -Gesundheit in allen Politikfeldern) soll ressortübergreifend und unter Beteiligung der bestehenden gesundheitspolitischen Gremien, insbesondere der Landesgesundheitskonferenz, auf der Grundlage von klar definierten Gesundheitszielen für das Land erarbeitet werden. Darin sollen Themen von herausragender Bedeutung für die Gesundheit wie der Klimawandel und die Reduzierung sozialer Ungleichheit berücksichtigt werden.
- Die Landesregierung soll sich für eine europäische Strategie, Koordinierung und Solidarität bei Notfallmaßnahmen in grenzüberschreitenden Krisenfällen einsetzen.
- Konzepte zur landesweiten Versorgungssicherheit bei der Beschaffung, Bevorratung und Ausgabe von Medikamenten, Medizinprodukten und Schutzgütern mit umfassenden Strategien (zentral oder eher dezentral) sind zu entwickeln, vorzuhalten bzw. vorhalten zu lassen und fortlaufend zu aktualisieren.
- Die Enquetekommission empfiehlt die rechtsverbindliche Festlegung von adäquaten Katastrophenschutzbedarfsplanungen auf der Grundlage von Risikoanalysen und denkbaren Schadensszenarien auf Landes-, Kreis- und Gemeindeebene unter Berücksichtigung der Kritischen Infrastrukturen.
- Die Leitstellenstruktur in Baden-Württemberg soll mittels eines Leitstellengesetzes auf Grundlage der Beschlüsse der Lenkungsgruppe „Leitstellenstruktur“ neu und modern unter den Gesichtspunkten der Effektivität und der Effizienz strukturiert werden.
- Das Computer Emergency Response Team (CERT) in der Cybersicherheitsagentur soll personell und finanziell so gestärkt werden, dass es für alle staatlichen Einrichtungen auf kommunaler Ebene und für kleinere und mittlere Unternehmen zum Einsatz kommen kann.
- Die Beachtung der intensiv kommunizierten Forderung nach Deregulierung, Entbürokratisierung und vor allem nach Standard- und Aufgabenkritik ist über die bereits eingeleiteten Maßnahmen der Allianz aus Landesregierung, kommunalen Landesverbänden und fünf Wirtschafts- und Finanzverbänden im Sommer 2023 hinaus auszubauen und zu beschleunigen.
- Die Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhalts soll ressortübergreifend vorangetrieben werden und dabei ist insbesondere auf eine inklusive Identität, den Schutz vulnerabler Gruppen und starke Institutionen abzuzielen.
- Die Qualifizierung von Engagierten bei bürgerlichem Engagement soll finanziell und fachlich gefördert werden.
- Medienkompetenz soll fächerintegrativ und spiralcurricular in alle Bildungspläne aufgenommen werden. Schülerinnen und Schüler sollen zum Beispiel lernen, was professionellen Journalismus auszeichnet. Dabei ist die Sprach- und Lesekompetenz als Schlüssel für Medienkompetenz mitzudenken. Es ist zu prüfen, inwiefern Jugendverbände, Studierende und andere Akteure eingebunden werden können, um die Schule in der Umsetzung der Angebote zu unterstützen. Das Informationsfreiheitsgesetz ist zu evaluieren und umfassend zu novellieren, da dieses im Umgang mit Desinformationen sehr wichtig ist.
Für die Fraktionen nahmen die Abgeordneten Petra Krebs (Grüne), Dr. Matthias Miller (CDU), Florian Wahl (SPD), Nikolai Reith (FDP/DVP) und Carola Wolle (AfD) an dem Pressegespräch teil. Die Obleute stellten ihre Sicht auf die Tätigkeit der Enquetekommission sowie auf die beschlossenen Handlungsempfehlungen dar. Die Fraktionen SPD und FDP/DVP fügten dem Abschlussbericht Minderheitenvoten an.
Der vollständige Abschlussbericht ist auf der Website des Landtags veröffentlicht: https://www.landtag-bw.de/files/live/sites/LTBW/files/dokumente/WP17/Drucksachen/7000/17_7000_D.pdf(externer Link)
Warnung vor Trenddroge Lachgas
Stuttgart. Mit aktuellen Trends und Folgen des Drogenkonsums in Baden-Württemberg hat sich der Ausschuss für Soziales, Gesundheit und Migration in der Sitzung am Mittwoch, 10. Juli 2024, beschäftigt. Wie der Ausschussvorsitzende Florian Wahl (SPD) berichtete, galt dem Missbrauch von Lachgas ein besonderes Augenmerk.
Zum Thema Drogenkonsum im Land lagen dem Ausschuss zwei Anträge der CDU vor. Der Antrag „Trend mit tödlichen Folgen – neue Drogen in Baden-Württemberg“ thematisierte unter anderem Missbrauchsfälle von Lachgas und fragte nach Fallzahlen für das Land. Aus der Antwort des Innenministeriums geht hervor, es sei seit Jahrzehnten bekannt, dass ein Konsum in geringem Umfang stattfinde. In letzter Zeit mehrten sich nun aber Berichte über den Konsum von Lachgas unter jungen Menschen. Dabei spielten mutmaßlich über soziale Medien verbreitete Videos ebenso eine Rolle wie die die einfache und legale Beschaffung.
Lachgas (Distickstoffmonoxid) ist ein farb- und geruchloses Gas mit euphorisierender Wirkung, das etwa in Kartuschen für Sprühsahne genutzt wird. Diese können im Einzelhandel frei erworben werden, auch in größeren Gebinden und teilweise mit Fruchtgeschmack versetzt. Erwerb und Konsum von Distickstoffmonoxid unterliegen bisher weder dem Betäubungsmittelgesetz (BtMG) noch dem Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetz (NpSG). Grundsätzlich ist der inhalative Konsum von Lachgas immer dann als Missbrauch einzustufen, wenn er nicht auf einer ärztlichen Verordnung beruht.
Laut Ministerium wurden im polizeilichen Nachrichtenaustausch für 2023 rund 100 Missbrauchsfälle mit einer deutlichen Zunahme in der zweiten Jahreshälfte bekannt, darunter vor allem der Konsum von Distickstoffmonoxid durch Jugendliche und junge Erwachsene. Zur Erhebung von Erkenntnissen zur Verbreitung des Gases wurden alle polizeilichen Vorkommnisse in Zusammenhang mit Distickstoffmonoxid erfasst, mitunter auch das bloße Auffinden leerer Gaskartuschen.
Nach Angaben des Ausschussvorsitzenden verwies Sozialminister Manfred Lucha (Grüne) in der Sitzung auf die jüngste Initiative des Bundesrats, die die Bundesregierung aufforderte, den Verkauf von Lachgas einzuschränken. Der Minister habe sich auch dafür ausgesprochen, das Gas dem NpSG zu unterwerfen. Dann könne die Droge mit den Mitteln des Strafrechts bekämpft werden. Laut Wahl warnte die SPD davor, Lachgas zu verharmlosen. Es sei fatal, dass die Droge einfach und legal zu beschaffen sei. Dem müsse Einhalt geboten werden.
Konsumentinnen und Konsumenten unterschätzen laut Ministerium häufig die Gefahren, die von Lachgaskonsum ausgehen. Kurzfristig können Schwindel, Kribbeln in Fingern und Füßen und Verwirrtheit auftreten. Schwerwiegendere Folgen können während des Konsums durch Sauerstoffmangel im Blut auftreten. Es kann zur Bewusstlosigkeit, zum Herz-Kreislauf-Versagen und zu Hirnschäden kommen. Bei den Rauschgifttoten sei 2023 Distickstoffmonoxid in fünf Fällen mitursächlich für den Eintritt des Todes gewesen, habe Minister Lucha erklärt, so Wahl. Die Altersspanne der Rauschgifttoten durch Lachgas reiche von 20 bis 31 Jahren.
Ebenfalls auf Antrag der CDU behandelte der Ausschuss „Vermeintliche Verunreinigungen von Cannabis und Cannabis-Produkten“. Zur Begründung verwies die CDU darauf, dass der Konsumentenschutz vor einer Gesundheitsgefährdung durch verunreinigte Substanzen von Befürwortern der erfolgten Cannabis-Teillegalisierung als zentrales Ziel bezeichnet worden sei. Aus der Antwort des Innenministeriums geht hervor, dass in der Vergangenheit in Einzelfällen im Rahmen von forensisch-toxikologischen Untersuchungen durch das Landeskriminalamt festgestellt werden konnte, dass Cannabisprodukte mit niedrigem THC-Gehalt mit synthetischen Cannabinoiden im Sinne des NpSG versetzt waren, um die Rauschwirkung zu steigern. Erkenntnisse über Todesfälle in Zusammenhang mit verunreinigtem Cannabis lägen nicht vor.
Laut Wahl begrüßte Minister Lucha, dass seit 1. Juli landesweit Anträge zum Betreiben von Cannabis-Anbauvereinigungen im Regierungspräsidium Freiburg gestellt werden können. Das Regierungspräsidium Tübingen übernehme landesweit die Überwachung der Anbauvereinigungen. Das seien wichtige Schritte zur Kontrolle des Cannabis-Marktes. Vertreter von Grünen und SPD sprachen sich für staatliche Analysen (Drug-Checking) von auf dem Markt verfügbaren Rauschmitteln nach dem Vorbild der Schweiz und der Niederlande aus.
Europaausschuss spricht mit dem Botschafter von Ungarn über die EU-Ratspräsidentschaft
Stuttgart. Der Ausschuss für Europa und Internationales hat in seiner Sitzung am Mittwoch, 10. Juli 2024, den Botschafter von Ungarn, Dr. Péter Györkös, zu Gast gehabt und sich mit ihm über die ungarische EU-Ratspräsidentschaft ausgetauscht. Das hat der Vorsitzende Willi Stächele (CDU) mitgeteilt. „Dr. Györkös ist durch und durch Europäer. Er will Europa und er weiß, wie schwierig es ist, Europa voranzubringen“, so Stächele in seiner Vorstellung des Botschafters.
Ungarn hat seit 1. Juli den halbjährlichen Vorsitz im Rat der Europäischen Union (EU) von Belgien in herausfordernden Zeiten übernommen; die europäischen Institutionen befinden sich nach der Wahl im Übergang. Das ungarische Präsidentschaftsprogramm steht unter dem Motto „Make Europe great again“ und hat folgende Schwerpunkte: Neuer europäischer Wettbewerbsfähigkeits-Deal, Stärkung der europäischen Verteidigungspolitik, kohärente und leistungsorientierte Erweiterungspolitik, Eindämmung der illegalen Migration, Gestaltung der Zukunft der Kohäsionspolitik, EU-Agrarpolitik, die auf die Landwirte ausgerichtet ist sowie Bewältigung der demografischen Herausforderungen.
Das Motto sei im Ausschuss kritisch gesehen worden, so Stächele. Dr. Györkös habe erläutert, dass es eine Verbindung zur ersten EU-Ratspräsidentschaft Ungarns im Jahre 2011 sei, die damals „Starkes Europa“ geheißen habe. Es seien im Ausschuss zahlreiche Fragen zur Ratspräsidentschaft gestellt worden, so etwa zur EU-Erweiterung mit Fokus auf dem Westbalkan, zur Migration und zur Verteidigung, zur Agrarpolitik und zu EU-Beziehung zu Drittstaaten wie der Schweiz, auf die der Botschafter ausführlich einging. Entscheidend werde sein, so Stächele, wie diese Themen im Miteinander umgesetzt werden.
Aber auch zur Reisetätigkeit des ungarischen Ministerpräsidenten nach Kiew, Moskau und Peking habe es Fragen gegeben. Vor allem die Reise nach Moskau habe große Irritationen ausgelöst, habe Staatssekretär Hassler berichtet. Auch der Vorsitzende Stächele hat die Vereinbarkeit des Ratsvorsitzes mit den Alleingängen des ungarischen Regierungschefs in der Ukraine-Frage hinterfragt. „Der Eindruck gegen die Einheit der EU und der Nato, dem Aggressor Putin in die Hände zu spielen, ist nachvollziehbar“, legte Stächele dar. Der mörderische Krieg Putins muss von Seiten des neuen Ratsvorsitzenden immer wieder beim Namen genannt werden, so seine Forderung. Jetzt müsse die interne Beratung der Reiseergebnisse in EU-Führungsgremien auf dem Fuße folgen und bewertet werden.
Europa sei dann stark, wenn es mit einer Sprache spreche. Kein anderer Mitgliedstaat habe in der Vergangenheit so viele Abstimmungen im Rat blockiert wie Ungarn, gab Stächele die Einschätzung von Staatssekretär Hassler wieder. Die ungarische Regierung habe angekündigt, eine konstruktive und neutrale Rolle als Ratspräsidentschaft einzunehmen. Dies sei angesichts vieler sensibler Dossiers ein verantwortlicher Ansatz, insbesondere auch im Blick auf die Unterstützung der Ukraine.
Alle waren sich am Ende darin einig, dass es wichtig ist, im Gespräch zu bleiben. Der Botschafter hat zum Ausdruck gebracht: Das Einzige, was uns voranbringt, ist, wenn wir miteinander reden. Das betonte auch Vorsitzender Willi Stächele: „Der Dialog muss fortgesetzt werden“, so seine Empfehlung an die Landesregierung.
Ausschuss für Landesentwicklung lehnt Volksantrag „Ländle leben lassen – Flächenfraß stoppen“ ab
Stuttgart. Der Ausschuss für Landesentwicklung und Wohnen hat sich seiner Sitzung am Mittwoch, 10. Juli 2024, mit dem Volksantrag „Ländle leben lassen – Flächenfraß stoppen“ befasst. Nach einer inhaltlichen Beratung beschloss das Gremium, dem Plenum zu empfehlen, den Volksantrag abzulehnen. Das teilte die Ausschussvorsitzende Christiane Staab (CDU) mit. Weitere Themen in der Ausschusssitzung waren unter anderem das Kompetenzzentrum Wohnen BW, Junges Wohnen, die Novelle des Landesplanungsgesetzes und die Eigentumsförderung.
Nach Angaben Staabs haben auch der Verkehrsausschusses, der Wirtschaftsausschusses, der Innenausschuss, der Landwirtschaftsausschuss und der Umweltausschuss den Volksantrag abgelehnt. In der Sitzung am Mittwoch habe es fraktionsübergreifend Einigkeit gegeben, dass der Volksantrag nicht zielführend sei. Die Fraktion Grüne habe ausgeführt, dass die Ansprüche an die Fläche vielfältig seien, was sich auch in der öffentlichen Anhörung im Juni gezeigt habe. Dort seien vielfältige Meinungen vorgetragen worden. Die CDU-Fraktion habe erklärt, die Zukunftsfähigkeit und der Wohlstand des Landes dürften nicht gegen andere Interessen ausgespielt werden. Allen Beteiligten sei wichtig, dass Fläche ein kostbares und begrenztes Gut sei. Die SPD habe darauf hingewiesen, dass die Kommunen Teil der Lösung seien. Ihnen müssten die benötigten Werkzeuge an die Hand gegeben werden. Die Fraktion FDP/DVP habe erläutert, der Volksantrag sei tief von Misstrauen geprägt. Die AfD-Fraktion habe den Volksantrag als fernab der Realität bezeichnet.
Weiteres Thema in der Ausschusssitzung war Staab zufolge auf Antrag der Grünen-Fraktion das Kompetenzzentrum Wohnen BW, welches ein Bestandteil der Wohnraumoffensive ist und Städte und Gemeinden bei der Schaffung von bezahlbarem Wohnraum berät, unterstützt und fördert. Kernelemente des Kompetenzzentrums seien der Prämienkatalog sowie das Förderprogramm „Bezahlbar Wohnen – Beratung für Kommunen“. Nach Auskunft des Ministeriums für Landesentwicklung und Wohnen habe sich das Kompetenzzentrum seit Einführung im Jahr 2020 etabliert. Bislang hätten 40 Kommunen die Basisberatung in Anspruch genommen. Auch die niederschwelligen Förderangebote des Prämienkatalogs entfalteten positive Wirkung vor Ort. Sie würden von den Kommunen sehr gut angenommen. Seit Einführung der Wiedervermietungsprämie im Juli 2020 seien 471 Anträge mit einem Volumen in Höhe von 555.699,44 Euro bewilligt worden. Zudem hätten seit der Einführung im April 2023 bereits 24 Beratungsprämien mit einem Volumen in Höhe von 9.600 Euro gewährt werden können, fasste Staab die Ausführungen zusammen.
Auf Antrag der Fraktion SPD beriet der Ausschuss nochmals über das Thema „Junges Wohnen – Auszubildendenwohnen – Mitarbeiterwohnen“. Die Bundesregierung hat zu Beginn des Jahres den Ländern im Rahmen des Sonderprogramms „Junges Wohnen“ insgesamt 500 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Davon entfallen 62,5 Millionen Euro auf Baden-Württemberg. Die Antragsteller hätten nun u.a. nach dem Stand des Förderprogramms „Junges Wohnen – Wohnheimplätze für Auszubildende“ gefragt, welches im Februar 2024 durch das Ministerium veröffentlicht worden sei. Förderfähig seien danach investive Maßnahmen zur Schaffung neuer Wohnheimplätze durch Neubau, Ausbau oder Umnutzung. Das damit gestartete Interessenbekundungsverfahren sei bis Ende April 2024 gelaufen. Zu dem Förderaufruf habe es über 100 inhaltliche Anfragen gegeben, die zum Teil in Interessenbekundungen mündeten. Insgesamt seien dem Ministerium 74 Interessenbekundungen mit insgesamt rund 3.300 Plätzen zugegangen. Die Bekundungen würden derzeit geprüft.
Zudem befasste sich das Gremium Staab zufolge auf Antrag der Fraktion FDP/DVP mit der geplanten Novelle des Landesplanungsgesetzes. Die Antragsteller hätten kritisiert, dass der Gesetzentwurf trotz der Ressortfreigabe dem Parlament noch nicht zur Abstimmung vorgelegt worden sei. Außerdem befürchte die Fraktion, dass dadurch auch die Reform des Landesentwicklungsplans in den Rückstand gerate. Das Ministerium habe geantwortet, dass zu Fragen zum Ablauf von Abstimmungsprozessen im Vorfeld der Ministerratsbefassung nicht Stellung genommen werde, da sie dem Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung unterfallen und als laufendes Regierungshandeln dem parlamentarischen Fragerecht entzogen seien. Die Landesregierung sei stets bestrebt, ein zielstrebiges und kompaktes Verfahren zur Erstellung von Regelungen durchzuführen. Da noch kein Beschluss des Ministerrats zur Freigabe eines Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Landesplanungsgesetzes für das offizielle Anhörungsverfahren gefasst worden sei, seien dementsprechend bisher keine Verbände hierzu angehört worden.
Weitere Themen in der Ausschusssitzung waren auf Antrag der SPD-Fraktion die Eigentumsförderung sowie ein Bericht des Umweltministeriums nach § 32 Absatz 2 Klimaschutz- und Klimawandelanpassungsgesetz Baden-Württemberg.
Landtagspräsidentin Aras auf Gedenkstättenreise in der Bodenseeregion
Stuttgart. Die diesjährige Gedenkstättenreise führt Landtagspräsidentin Muhterem Aras MdL (Grüne) am 11. und 12. Juli 2024 an Gedenkorte des NS-Terrors in Öhningen-Wangen, Überlingen, Gailingen und Singen. Ergänzend zu verschiedenen Treffen mit Ehrenamtlichen der Gedenkstättenarbeit widmet sich die Abendveranstaltung mit Kulturwissenschaftlerin Prof. (em.) Dr. Dr. h. c. Aleida Assmann im Schloss Salem dem „Erinnern für die Zukunft“.
Erste Stationen der Gedenkstättenreise 2024 sind am Donnerstag, 11. Juli, die Gedenkstätte des Dichters Jacob Picard und der Jüdische Friedhof in Öhningen-Wangen. Am Nachmittag besichtigt Landtagspräsidentin Aras die Dokumentationsstätte Goldbacher Stollen und KZ Aufkirch in Überlingen. Im Zweiten Weltkrieg wurden 800 Häftlinge aus dem KZ Dachau in ein Außenlager in Aufkirch verlegt und mussten ein rund vier Kilometer langes Stollensystem für die Rüstungsproduktion von vier Friedrichshafener Unternehmen schaffen.
Bei der Abendveranstaltung in der Aula der Schule Schloss Salem hält Friedenspreisträgerin Prof. (em.) Dr. Dr. h. c. Aleida Assmann einen Fachvortrag zum Thema „Die Zukunft der Erinnerungskultur“. Schülerinnen und Schüler aus der Region sprechen mit der emeritierten Konstanzer Professorin Assmann und Landtagspräsidentin Aras.
Am Freitag, 12. Juli, besucht die Landtagspräsidentin das Jüdische Museum in Gailingen. Letzte Station der Gedenkstättenreise ist die Theresienkapelle Singen. Sie wurde 1946/47 von deutschen Kriegsgefangenen unter französischer Besatzung errichtet.
Die Landtagspräsidentin wird auf der Gedenkstättenreise an verschiedenen Stationen von Landtagsabgeordneten aus den jeweiligen Wahlkreisen begleitet. Im letzten Jahr standen Gedenkorte in den Landkreisen Tübingen, Böblingen und Freudenstadt im Fokus der Gedenkstättenreise.
Finanzausschuss befasst sich mit Stand beim Neubau der Justizvollzugsanstalt Rottweil
Stuttgart. Der Finanzausschuss des Landtags hat sich in seiner Sitzung am Montag, 8. Juli 2024, mit dem aktuellen Stand beim Neubau der Justizvollzugsanstalt (JVA) Rottweil befasst. Das Staatsministerium teilte in einem Bericht an das Gremium mit, dass nach jetzigem Stand mit der Fertigstellung und Übergabe der neuen Haftanstalt im Jahr 2027 gerechnet wird. Das sagte der Vorsitzende des Gremiums, der SPD-Abgeordnete Martin Rivoir.
Nach Angaben Rivoirs führte das Staatsministerium aus, dass der Neubau mit 280 Millionen Euro Gesamtbaukosten im Staatshaushaltsplan etatisiert ist. Zudem seien eine Vorsorge in Höhe von 97 Millionen Euro für Genehmigungs- und Baugrundrisiken sowie für Baupreisrisiken getroffen worden. Die Baugenehmigung sei mit Wirkung zum 31. Januar 2023 erteilt worden. Auf dieser Basis habe das Finanzministerium im Februar 2023 die Zustimmung zur Baudurchführung erteilt.
Inzwischen seien rund 70 Prozent der Leistungen ausgeschrieben. Dazu gehörten die Rohbauarbeiten, Dacharbeiten und Photovoltaikanlagen, die Haftmauer sowie die Zaunanlagen und wesentliche Technikgewerke wie Starkstromanlagen, Wärmeversorgungsanlagen und Abwasser- und Wasseranlagen. Die Angebote der bisherigen Submissionen lägen innerhalb der dafür vorgesehenen Budgets der Bauunterlage. Der Neubau liege nach Auskunft des Ministeriums damit aktuell im Kostenrahmen.
Der ursprünglich für Herbst 2023 angestrebte Baubeginn sei bereits im zweiten Quartal 2023 erfolgt. Zunächst sei der Oberboden auf dem gesamten Baufeld abgetragen und auf geeigneten landwirtschaftlichen Flächen in der näheren Umgebung wieder eingebaut worden. Dadurch seien die Bodenqualität der landwirtschaftlichen Flächen verbessert worden. Die Maßnahme diene zudem der Wasserspeicherung als Teil der ökologischen Ausgleichsmaßnahmen. Im dritten Quartal 2023 sei mit den Erdbau- und Tiefbauarbeiten sowie der Modellierung des Baugeländes begonnen worden. Anfang 2024 hätten die Hochbauarbeiten begonnen. Derzeit fänden die Rohbauarbeiten für die Haftgebäude statt. Parallel sei mit der Ausführung der Haftmauer und der Zaunanlagen begonnen worden. Ausgehend von einer Gesamtbauzeit von rund vier Jahren werde die Fertigstellung und Übergabe des Neubaus der JVA Rottweil an den Nutzer Stand heute im Jahr 2027 angestrebt, fasste Martin Rivoir die Ausführungen zusammen.
Die Koordination der großen und komplexen Baustelle stelle nach Angaben des Staatsministeriums bereits mit wenigen Gewerken in Ausführung eine große Herausforderung dar. Es zeichne sich ab, dass diese mit zunehmender Zahl an beteiligten Firmen sowie gleichzeitig stattfindenden Arbeiten weiter steige. Vor diesem Hintergrund würden aktuell gemeinsam mit dem beauftragten Architekturbüro Lösungen für die Bauleitung vor Ort gesucht. Das durch die Staatliche Vermögens- und Hochbauverwaltung Baden-Württemberg für den Neubau zugeschnittene vertiefte Risikomanagement werde über die gesamte Laufzeit der Maßnahme geführt, weiterentwickelt und abschließend evaluiert.
In der Sitzung äußerten die Abgeordneten fraktionsübergreifend, dass der Neubau angesichts von Platzmangel in Haftanstalten dringend notwendig sei. Sie zeigten sich zudem erfreut darüber, dass sich die Arbeiten derzeit im geplanten Zeit- und Kostenrahmen bewegen. Der Landtag hatte im Oktober 2024 beschlossen, dass die Landesregierung dem Parlament bis Ende Juni 2024 erneut über den Stand sowie die Kostenprognose berichten müsse. In der Sitzung am Montag fasste das Gremium einen weiteren Beschluss. Demnach muss das Ministerium bis Ende Dezember 2025 erneut über Baufortschritte und Kostenentwicklung informieren.
Einsatz von Bodycams bei Bahnpersonal und Ladeinfrastruktur von E-Lkw
Stuttgart. Der Verkehrsausschuss hat sich in seiner Sitzung am Donnerstag, 4. Juli 2024, mit einem AfD-Antrag zum Einsatz von Bodycams bei Bahnpersonal befasst. Außerdem ist die Vergabe der Schienenpersonennahverkehre im Netz 64 Hochrhein-Schwarzwald-Bodensee, ein Antrag der SPD, thematisiert worden. Auch die Bedarfs- und Standortanalyse zum flächendeckenden Laden von E-Lkw (FDP/DVP) sowie Klimaschutz im Straßengüterverkehr – Welche Ladeinfrastruktur braucht Baden-Württemberg für die Antriebswende wurde beraten. Das hat der Vorsitzende Rüdiger Klos (AfD) mitgeteilt.
Körperkameras werden seit Februar 2023 bei der DB Regio Baden-Württemberg auf der Schwarzwaldbahn (Karlsruhe-Konstanz) im Rahmen eines Pilotprojekts eingesetzt und bislang von DB Regio positiv bewertet. Laut DB Regio Baden-Württemberg sei es bei der Schwarzwaldbahn innerhalb eines Jahres zu keinem Körperverletzungsdelikt bei Zugbegleitenden mit Bodycams gekommen. Es sei über kein negatives Feedback von Reisenden berichtet worden. Der Einsatz soll Klos zufolge noch in diesem Jahr ausgeweitet werden, auf Netze, in denen es bislang keine Videoüberwachung in den Fahrzeugen gibt: Netz 2 Stuttgart-Ulm-Bodensee und Netz 5 Donau-Ostalb, im gesamten Netz der S-Bahn Rhein-Neckar (seit 1.6.) sowie bundesweit bei DB Regio auf geeigneten Linien. Die Einsatzmöglichkeit bei grenzüberschreitenden Verkehren in die Schweiz befinde sich noch in Abstimmung. „Der Einsatz von Bodycams hat präventiven Charakter und verstärkt das Sicherheitsgefühl, was im Ausschuss einhellig begrüßt wurde“, so der Vorsitzende.
Auch das Thema Vergabe der Schienenpersonennahverkehre im Netz 64 sei diskutiert worden, so der Vorsitzende. Die Antragsteller hätten bemerkt, dass eine Neuausschreibung von Verkehrsverträgen in neu gebildeten Netzen wie in diesem Fall nicht nur eine reine Vergabe, sondern gleichzeitig auch eine wesentliche politische Weichenstellung sei. Deshalb seien Gründe für die Restrukturierung der Netze sowie der Rahmenbedingungen für die Vergaben wichtige Themen der Landespolitik. Ziel der Landesregierung sei gewesen, die Lose vom Verkehrsumfang her möglichst gleich groß zu bilden und idealerweise nach langsamen (S-Bahn) und schnellen (Regionalexpress) Verkehren zu trennen. Es werde davon ausgegangen, dass die Ausschreibung im 3. Quartal 2024 veröffentlicht werden könne. In den einzelnen Losen des Netzes 64 werde es jeweils mehrere zeitlich aufeinander folgende Inbetriebnahmestufen geben, die sich an der Fertigstellung von Infrastrukturprojekten, dem Zulauf von Neufahrzeugen und dem Auslaufen bestehender Verträge richten. Die Landesregierung mache in allen Vergaben umfangreiche Qualitätsvorgaben an die zu erbringende Leistung. „Bei der aktuellen Ausschreibung ist größerer Wert auf Qualität gelegt worden“, gab Klos die Ausführungen des Ministers wieder. „Leider ist es so, dass mindestens die Hälfte der Qualitätsstörungen auf die Infrastruktur zurückzuführen ist.“ Dies solle künftig bei den Pennalen berücksichtigt werden.
Welche Schlussfolgerungen lassen sich aus der Bedarfs- und Standortanalyse zum flächendeckenden Laden von E-Lkw in Baden-Württemberg ziehen und was hat die Analyse gekostet? Wie Rüdiger Klos ausführte, hätten sich die Kosten der Studie für die Betrachtung der öffentlichen Ladeinfrastruktur auf netto 154.320 Euro belaufen. Im März 2024 sei noch eine Ergänzung zur Studie beauftragt worden, deren Kosten sich auf 10.480 Euro belaufen haben. Es sei festgestellt worden, dass batterieelektrische Lkw unter den emissionsfreien Antrieben im Güterverkehr als bevorzugte Antriebsform bewertet würden. Überdies hätten sich Prognosen zur Anzahl von batteriebetriebenen Lkw für die Anwendung im Fern- sowie Regionalverkehr für die Zieljahre 2027, 2030 und 2035 ergeben. Auch liege der prognostizierte Bedarf an Energie für das öffentliche Laden im Fern- und im Regionalverkehr für die genannten Zieljahre vor und die prognostizierte Anzahl an notwendigen Ladepunkten für die unterschiedlichen Ladeszenarien werde genannt. Die Studienergebnisse ließen erkennen, wo im Land mögliche Standorte für Ladepunkte zu errichten seien, um die Bedarfe decken zu können. „Es ist jetzt notwendig, den Hochlauf von E-Lkw und dessen Ladeinfrastruktur zu unterstützen, damit die Potenziale zur Reduzierung von CO2 in diesem Sektor realisiert werden“, fasste Klos die Antwort des Ministeriums zusammen. Die Antriebswende laufe im Logistikbereich gerade erst an. Der Schwerlastverkehr sei eine große Herausforderung und die Ladeinfrastruktur müsse mitwachsen. In diesem Zuge sei auch der Antrag der Fraktion Grüne, Klimaschutz im Straßengüterverkehr – welche Ladeinfrastruktur braucht Baden-Württemberg für die Antriebswende?, beraten worden.
Rückmeldeverfahren und Rückzahlungen der Corona-Soforthilfen im Fokus
Stuttgart. Der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus hat sich in der Sitzung am Mittwoch, 3. Juli 2024, mit dem Rückmeldeverfahren und den Rückzahlungen der Corona-Soforthilfen befasst. Weitere Beratungsthemen waren nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Dr. Erik Schweickert (FDP/DVP) der Volksantrag „Ländle leben lassen – Flächenfraß stoppen“ und ausländische Auszubildende in Baden-Württemberg.
Auf Antrag der FDP/DVP befasste sich der Wirtschaftsausschuss mit dem Rückmeldeverfahren und den Rückzahlungen für die im Frühjahr 2020 gewährten Corona-Soforthilfen. Aus der Antwort des Wirtschaftsministeriums geht hervor, dass mit Stand 13. Mai 2024 von der L-Bank rund 195.700 Rückmeldungen verarbeitet wurden. In rund 24.700 Fällen verzeichnete die L-Bank demnach keine Rückmeldung, obwohl eine entsprechende Aufforderung bestand. Bei rund 94.800 Rückmeldungen wurde ein Rückzahlungsbedarf in Höhe von null Euro angegeben. In rund 75.000 Fällen wurden auf Grundlage von im Rückmeldeverfahren gemeldeten Rückzahlungsbedarfen festgesetzte Forderungen anteilig oder vollständig beglichen. In rund 22.000 Fällen wurde für derlei Forderungen bislang noch kein Geldeingang verzeichnet.
Das Ministerium weist in seiner Antwort darauf hin, dass es sich bei den genannten offenen Forderungen um Forderungen handelt, bei denen die Rückzahlung noch aussteht. Diese offenen Forderungen seien nicht mit fälligen Forderungen, also Forderungen, bei denen die Rückzahlung bis zum Stichtag 31. Januar 2024 bereits hätte geleistet werden müssen, gleichzusetzen. Laut Ministerium wurde für rund 8.800 Forderungen im Zusammenhang mit dem Rückmeldeverfahren eine Stundung mit oder ohne Ratenzahlung gewährt. Insgesamt wurden demnach rund 11.000 Widersprüche und 1.070 Klagen im Zusammenhang mit auf dem Rückmeldeverfahren basierenden Rückforderungsbescheiden eingereicht.
Laut Ministerium wurden im Rahmen der Corona-Soforthilfe Mittel in Höhe von rund 2,272 Milliarden Euro bewilligt. Grundsätzlich sei davon auszugehen, dass diese Mittel rechtmäßig gewährt wurden und keine Rückzahlung fällig wird. Indessen seien insgesamt Mittel in Höhe von rund 634 Millionen Euro wieder an die L-Bank zurückgeflossen. Zudem bestünden in Höhe von rund 193 Millionen Euro offene Forderungen, die auf Grundlage der im Rückmeldeverfahren gemeldeten Rückzahlungsbedarfe festgesetzt wurden.
Im vierten Quartal 2021 hatte das Ministerium das Rückmeldeverfahren aufgesetzt, mit dem Empfänger der Soforthilfe an die sich aus den förderrechtlichen Vorschriften und Bescheiden ergebenden Selbstüberprüfungs- und Mitteilungspflichten erinnert wurden. Alle Unternehmen und Selbstständigen, die sich bis dahin nicht zurückgemeldet hatten, wurden Ende Oktober 2023 letztmalig zur Abgabe einer Eigenerklärung über etwaige Rückzahlungsbedarfe bis spätestens zum 31. Januar 2024 aufgefordert.
Nach Angaben von Dr. Schweickert kritisierte die FDP/DVP das Rückmeldeverfahren als „Bürokratiemonster“. Viele Hilfeempfänger berichteten, sie hätten kein Erinnerungsschreiben erhalten, dafür aber eine Gesamtrückzahlungsaufforderung. Angesichts der Tatsache, dass rund 50 Prozent der Hilfen zurückzuzahlen seien, müsse man sich fragen, ob die Soforthilfe ein Erfolg gewesen sei. Grüne und CDU hätten dies in der Sitzung ausdrücklich bejaht, da es gelungen sei, ganze Branchen schnell und unbürokratisch zu stabilisieren, berichtete Dr. Schweickert. In einem Massenverfahren in der Größenordnung der Corona-Soforthilfe sei nicht auszuschließen gewesen, dass es zu Unzulänglichkeiten in der Bearbeitung kommt. Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) habe versichert, kein Unternehmen werde durch die Rückzahlungsaufforderung in die Insolvenz getrieben.
Ein weiteres Thema im Ausschuss war nach Angaben des Vorsitzenden der Volksantrag „Ländle leben lassen – Flächenfraß stoppen“ und die diesbezügliche Stellungnahme der Landesregierung. Laut Dr. Schweickert stimmte das Gremium einstimmig dafür, den Volksantrag abzulehnen. Seine Ziele seien teilweise richtig, aber die Mittel untauglich, habe es fraktionsübergreifend geheißen. Zudem befasste sich das Gremium auf Antrag der FDP/DVP mit ausländischen Auszubildenden in Baden-Württemberg. Nach Angaben von Dr. Schweickert gab es einen fraktionsübergreifenden Konsens, deren Zahl zu erhöhen, so beispielsweise durch eine verbesserte Sprachförderung in den Berufsschulen. 2022 bestanden 7.474 Auszubildende mit ausländischer Staatsangehörigkeit ihre Abschlussprüfung. Das waren 12,9 Prozent aller Auszubildenden.
Bildungsausschuss berät über Modellversuche zur Weiterentwicklung des Bildungssystems
Stuttgart. Der Ausschuss für Kultus, Jugend und Sport hat sich in seiner Sitzung am Donnerstag, 4. Juli 2024, auf Antrag der SPD-Fraktion mit Modellversuchen zur Erprobung neuer Maßnahmen und Konzepte für Schulen und im Bereich der frühkindlichen Bildung befasst. Das hat die Vorsitzende Petra Häffner (Grüne) mitgeteilt.
Die Antragstellenden wollten vom Ministerium für Kultus, Jugend und Sport wissen, welche Modellversuche aktuell und in der Vergangenheit durchgeführt wurden und welchen Effekt diese auf das baden-württembergische Bildungssystem haben. Zudem erkundigten sie sich laut Häffner nach den Kosten und wann die aktuell durchgeführten Modellversuche, etwa zu multiprofessionellen Teams an Grundschulen oder zu Inklusion in Kindertagesstätten, ausgeweitet würden.
Kultusministerin Theresa Schopper (Grüne) habe der Ausschussvorsitzenden zufolge im Ausschuss auf die Chancen, die Modellversuche bieten, hingewiesen: neue Konzepte könnten in einem begrenzten und dadurch auch geschützten Rahmen erprobt und bei Erfolg in die Fläche gebracht werden. Beim laufenden Modellversuch zu multiprofessionellen Teams, der an 16 Grundschulen durchgeführt werde und pro Standort und Schuljahr 239.600 Euro koste, sollen benachteiligte Schülerinnen und Schüler individueller gefördert und die Lehrkräfte etwa durch Assistenzen gestärkt werden. Er sei auf drei Jahre angelegt, die Evaluation sei noch in Planung. „Hier wird ein genereller Paradigmenwechsel stattfinden. Multiprofessionelle Teams werden aufgrund der sich verändernden Anforderungen an Schulen und Unterricht mehr und mehr Normalität werden“, habe Kultusministerin Schopper der Ausschussvorsitzenden zufolge im Ausschuss betont. Der Modellversuch zu Inklusion an Kitas, der 2020 an 184 Einrichtungen startete und etwa 6,65 Millionen Euro kostete, sei erfolgreich verlaufen und im nächsten Doppelhaushalt fest hinterlegt.
Des Weiteren seien im Ausschuss die Modellversuche zu herkunftssprachlichen Lernkursen und Ressourcensteuerung thematisiert worden. Die Antragstellenden hätten u.a. nachgefragt, wie der geplante schrittweise Aufbau von Lernkursen für Schülerinnen und Schüler mit arabischer, türkischer oder russischer Muttersprache – ergänzend zum deutschsprachigen Unterricht – von aktuell 100 auf 1.000 Lernkurse bis zum Schuljahr 2026/2027 erfolgen solle. Ministerin Schopper habe ausgeführt, dass das Ministerium finanziell die Möglichkeiten für bis zu 1.000 Kurse schaffen wolle, die Durchführung aber nicht steuere. Der Modellversuch Ressourcensteuerung, der 2015 startete und kontinuierlich weiterentwickelt werde, ziele auf die Entwicklung einer möglichst auf die Situation an der Schule vor Ort ausgerichteten Ressourcenzuweisung im Sinne einer fairen Verteilung der zur Verfügung stehenden Ressourcen. Häffner zufolge erklärte die Kultusministerin: „Die Bedingungen an Schulen sind, je nach Größe und Standort, oft unterschiedlich. Die Erkenntnisse des Modellversuchs nutzen wir dafür, um Gerechtigkeitsfragen zu klären und Ressourcen fein austariert zu verteilen.“
Die Antragstellenden erkundigten sich beim Kultusministerium außerdem nach den Projekten „Lesen macht stark“ und „Mathe macht stark“, die in der schriftlichen Beantwortung des Antrags nicht aufgeführt waren, wie Häffner weiter berichtete. Kultusministerin Schopper habe zugesagt, weitere Informationen hierzu schriftlich nachzureichen.
Förderungen von Leistungssport an Hochschulen im Fokus
Stuttgart. Der Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kunst hat sich in seiner Sitzung am Mittwoch, 3. Juli 2024, auf Antrag der Fraktion Grüne mit der Förderung von Spitzensport an Hochschulen in Baden-Württemberg beschäftigt. Das hat die Vorsitzende Nese Erikli (Grüne) mitgeteilt. „2024 ist mit der Fußball-Europameisterschaften in Deutschland und den Olympischen Spielen in Paris ein ereignisreiches Sportjahr. Baden-Württemberg bietet als exzellenter Studien- und Wissenschaftsstandort attraktive Rahmenbedingungen für junge Sporttalente“, so Erikli.
Den Antragstellenden ging es etwa um die Frage nach Angeboten und Möglichkeiten für Kaderathletinnen und Kaderathleten mit Blick auf die Vereinbarkeit von Studium und Spitzensport. Auch die Kooperation zwischen Wissenschaftseinrichtungen und Sportakteuren im Land sowie die Sportinfrastrukturen an Hochschulen oder in Hochschulnähe wurde thematisiert. Wie aus den Antworten des Wissenschaftsministeriums hervorging, messe die Landesregierung dem Spitzensport eine hohe Bedeutung zu. Es sei ein besonderes Anliegen der Spitzensportförderung, die Vereinbarkeit von Spitzensport und Hochschulstudium soweit wie rechtlich möglich zu optimieren, gab Erikli die Ausführungen des Ministeriums wieder.
Erikli zufolge werde Spitzensport bereits beim Hochschulzugang berücksichtigt. Bei der Studienplatzvergabe in örtlich zulassungsbeschränkten Studiengängen bestehe für Spitzensportlerinnen und Spitzensportler über eine Vorabquote verbesserte Chancen einen Studienplatz in Trainingsortnähe zu erhalten. Das Landeshochschulgesetz ermögliche flexible Studienzeiten und Prüfungsfristen, wie etwa separate Prüfungstermine, alternative Prüfungsformate oder Ersatzleistungen in Bezug auf Abwesenheiten. Auch die Möglichkeit der digitalen Lehrangebote seien unterstützend. Daneben seien Mentorinnen und Mentoren an Hochschulen eingesetzt, die studierenden Spitzensportlerinnen und Spitzensportlern bei Fragen der individuellen Studienorganisation oder auftretenden Konflikten unterstützen. „Obwohl die Angebote gut funktionieren, ist die Vereinbarkeit von Studium und Hochleistungssport eine wahnsinnige Herausforderung für die Spitzensportlerinnen und -sportler“, fasste Erikli die Ausführungen der Ministerin zusammen.
Auch die Studierendenwerke des Landes förderten Kooperationen mit Hochschulen, die mit Olympiastützpunkten (OSP) kooperieren. Dabei handele es sich um die Bereitstellung von Kontingenten studentischen Wohnraums, wodurch Kaderathletinnen und Kaderathleten bevorzugt Zimmer erhielten und nicht das übliche Bewerbungsverfahren durchlaufen müssten. Finanzielle Unterstützungsmöglichkeiten biete der Landesstudienpreis Spitzensport, welcher durch die Staatliche Toto-Lotto GmbH Baden-Württemberg, das Kultusministerium und den Landessportverband Baden-Württemberg im Zwei-Jahres-Rhythmus vergeben werde. Zusätzlich könnten Spitzensportlerinnen und Spitzensportler Förderanträge bei der Stiftung OlympiaNachwuchs Baden-Württemberg stellen.
Die Antragsteller erfragten ebenso nach Kooperationen zwischen Hochschulen, OSP und weiteren Elite-Sportstätten in Baden-Württemberg. Die drei Olympiastützpunkte in Stuttgart, der Metropolregion Rhein-Neckar und in Freiburg-Schwarzwald, kooperieren unter anderen mit der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg. An jedem der drei OSP-Standorte in Baden-Württemberg sei ein Laufbahnberater angestellt, welche Landeskaderathletinnen und -athleten so begleiten und beraten, dass sie den Anforderungen der schulischen, universitären und beruflichen Ausbildung gerecht werden könnten. Daneben gebe es Beratungsstellen und Studiensekretariate für Studieninteressierte und Studierende an Hochschulen. Spezialisierte Beratungsangebote für junge Sportlerinnen und Sportler seien an Partnerhochschulen des Spitzensports vorzufinden. Der Landesverband Baden-Württemberg e.V. stehe über die OSP im Austausch mit den sportwissenschaftlichen Hochschulen, so Erikli abschließend.
Innenausschuss empfiehlt Plenum Zustimmung zu Neufassung des Rettungsdienstgesetzes
Stuttgart. Der Innenausschuss des Landtags empfiehlt dem Plenum, dem Gesetz über den Rettungsdienst (Rettungsdienstgesetz – RDG) zuzustimmen. Einen entsprechenden Beschluss fasste das Gremium in seiner Sitzung am Mittwoch, 3. Juli 2024, mehrheitlich. Das teilte der Ausschussvorsitzende Ulli Hockenberger (CDU) mit. Vor der Beratung über den Gesetzentwurf hörte das Gremium öffentlich Sachverständige von kommunalen Landesverbänden, der Medizin, Rettungsdiensten und der Feuerwehr an. Dabei äußerten die Experten teilweise Verbesserungsvorschläge und forderten eine Überarbeitung des Gesetzesentwurfs.
Nach Angaben Hockenbergers sieht der Gesetzesentwurf der Landesregierung eine Reform des Rettungsdienstgesetzes vor. Demnach solle das erste Rettungsmittel künftig in 95 Prozent der Fälle innerhalb von zwölf Minuten eintreffen. Bislang lag die Hilfsfrist bei zehn bei 15 Minuten. Auch soll stärker berücksichtigt werden, um welche Notfallkategorie es sich handelt – beispielsweise ob eine lebensbedrohliche Notlage besteht – und welches Rettungsmittel in welcher Zeit gebraucht wird. Außerdem sollen neue Instrumente wie beispielsweise der Telenotarzt eingeführt werden und Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitäter sollen mehr Maßnahmen eigenständig durchführen können. Dazu soll dann auch gehören, dass sie etwa bestimmte Medikamente verabreichen dürfen.
Vor der Beratung über den Gesetzentwurf hörte das Gremium in einer öffentlichen Sitzung mehrere Sachverständige an. Das waren Prof. Dr. Alexis von Komorowsk (Hauptgeschäftsführer Landkreistag Baden-Württemberg und Vertretung für den Gemeindetag Baden-Württemberg), Bürgermeister Dr. Clemens Maier (Vorsitzender des Rechts- und Verfassungsausschusses, Städtetag Baden-Württemberg), Dr. Frank Knödler (Präsident Landesfeuerwehrverband Baden-Württemberg e. V.), Prof. Dr. Andreas Pitz (Hochschule Mannheim Sozialrecht, Gesundheitsrecht, Non-Profit Recht), Prof. Dr. Erik Popp (Sektionsleiter, Notfallmedizin der Universitätsklinik Heidelberg) und Frank Flake (2. Vorsitzender Deutscher Berufsverband Rettungsdienst e. V.).
Bei der Bewertung des Gesetzentwurfs standen neben verschiedenen Details im Gesetz vor allem die neue Hilfsfrist sowie die Finanzierung des Rettungsdienstes im Mittelpunkt. Prof. Dr. Alexis von Komorowsk beispielsweise begrüßte die Einführung der neuen Hilfsfrist, da dadurch ein differenziertes System entwickelt worden sei, das einen Qualitätsfortschritt erzielen könne. Allerdings verschlechtert der Entwurf seiner Ansicht nach die Rahmenbedingungen für den Bau von neuen Rettungswachen. Derzeit sei das Land verpflichtet, 90 Prozent der Kosten zu tragen. Die übrigen zehn Prozent entfielen auf den Leistungsträger. Künftig solle der Anteil mindestens zehn Prozent betragen, was zu einer Verschiebung von Finanzierungsrisken auf Rettungsdienste führe. Bürgermeister Dr. Clemens Maier führte aus, dass die Umsetzung der neuen Hilfsfrist mehr Personal und hohe Investitionen erfordere. Außerdem forderte er ein größeres Mitspracherecht der Stadt- und Landkreise in den Bereichsausschüssen. Prof. Dr. Andreas Pitz erklärte, derzeit fehlten wesentliche Planungskriterien. Viele der relevanten Rettungsdiensteinsätze seien in den Planungsvorgaben herausgenommen werden. Zum Beispiel seien Masseneinsätze oder Notarzteinsätze gar nicht enthalten, am Ende zähle nur der akute Blaulichteinsatz für 95 Prozent der Fälle. Allerdings werde nicht erklärt, was ein akuter Blaulichteinsatz sei. Begrüßt wurde von den Experten die Einführung des Telenotarztes. Frank Flake wies dabei darauf hin, dass dieser an Leitstellen angehängt werden solle und nicht in Kliniken. Wie Prof. Dr. Alexis von Komorowsk führte auch Flake aus, dass der Rettungsdienst aufgrund von Personalmangel und einer Zunahme an Einsätzen immer stärker belastet sei.
Bei der anschließenden Beratung in der nicht öffentlichen Sitzung haben Hockenberger zufolge die Fraktionen SPD und FDP/DVP ausgeführt, dass es geboten gewesen wäre, die Beschlussfassung angesichts der erstmals in dieser Form vorgetragenen Bedenken zu verschieben und den Gesetzentwurf zunächst gründlich zu überprüfen. Die SPD-Fraktion habe einen entsprechenden Antrag gestellt, den das Gremium jedoch mehrheitlich abgelehnt habe. Die CDU-Fraktion habe erklärt, viele dieser Erkenntnisse seien schon vor Wochen vorgetragen worden. Die Anhörung habe keine Neuigkeiten gebracht. Die Oppositionsfraktionen hätten angekündigt, bei der nächsten Beratung im Plenum eine Vielzahl von Änderungsanträgen einzubringen.
Das Gremium stimmte Hockenberger zufolge zudem einem Änderungsantrag von Grünen und CDU zu, der teilweise mit einem Änderungsantrag von SPD übereinstimmt. So können etwa durch die Einrichtung und den Betrieb eines App-Alarmierungssystems entstehende Kosten in den Benutzungsentgelten nach §43 Absatz 3 entsprechend berücksichtigt werden
Ausschussmitglieder bewerten Volksantrag „Ländle leben lassen – Flächenfraß stoppen“
Stuttgart. Der Ausschuss für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz hat sich in seiner Sitzung am Mittwoch, 3. Juli 2024, mit dem Volksantrag „Ländle leben lassen – Flächenfraß stoppen“ befasst. „Der Ausschuss begrüßt den Volkantrag und stimmt den Initiatoren in vielen Punkten zu. In seiner aktuellen Fassung wurde der Antrag jedoch einstimmig abgelehnt“, teilte der Ausschussvorsitzende Martin Hahn (Grüne) mit.
Am 1. März 2024 wurden 53.276 Unterschriftenformulare des von mehr als 20 Umwelt-, Naturschutz- und Landwirtschaftsverbänden initiierten Volksantrages „Ländle leben lassen – Flächenfraß stoppen“ an den Landtag von Baden-Württemberg übergeben. In der Folge fand am 14. Juni eine öffentliche Anhörung im Plenarsaal des Landtags von Baden-Württemberg unter Beteiligung von fünf Fachausschüssen des Landtags statt. Die Antragstellenden fordern unter anderem eine gesetzliche Verankerung von verbindlichen Obergrenzen für den Flächenverbrauch, die bis 2035 die Netto-Null garantieren, die Einführung von höheren Mindestbaudichten in Regionalplänen sowie einen besseren Schutz fruchtbarer Böden vor Überbauung. Nun wurde der Volksantrag im Landwirtschaftsausschuss beraten, so Hahn.
Landwirtschaftsminister Peter Hauk (CDU) habe Hahn zufolge im Ausschuss hervorgehoben, dass sich die Regierungsfraktionen im Koalitionsvertrag bereits darauf verständigt haben, den Freiflächenverbrauch auf max. 2,5 Hektar pro Tag und bis 2035 auf Netto-Null zu reduzieren. Dafür brauche es Anreize, wie sie etwa im Biodiversitätsstärkungsgesetz enthalten seien. Durch Kompensationen werde die Neuversiegelung von Flächen, die in manchen Fällen trotzdem nötig sein werde, möglichst nachhaltig gestaltet. Zudem werde man landwirtschaftliche Flächen einem verstärkten Prüfprozess unterziehen und stärker unter Schutz stellen, da diese besonders von Bebauungsplänen bedroht seien. Es sei ein langer Prozess, den Freiflächenverbrauch im Land zu reduzieren, bei dem sich alle Beteiligten anstrengen müssten.
Die Ausschussmitglieder betonten laut Hahn, dass trotz der Ablehnung dieser Grundfassung des Volksantrags dieser einen wichtigen Punkt getroffen habe. „Fraktionsübergreifend ist man sich einig, dass die Initiatoren des Volksantrags ein Thema ansprechen, das auf die Tagesordnung gehört“, sagte der Ausschussvorsitzende. „Wir müssen mit Blick auf den Klimawandel nachhaltiger mit unseren Flächen umgehen und die Flächeninanspruchnahme besser steuern.“ Vonseiten der Regierungsfraktionen sei im Ausschuss betont worden, es müsse sorgsamer mit dem begrenzten Gut der Fläche umgegangen werden, für die Biodiversität, aber auch um unabhängig von internationalen Nahrungsketten und importierten Energien zu bleiben. Dazu sei ein Portfolio aus gesetzlichen, planerischen und operativen Maßnahmen notwendig.
Die Oppositionsfraktionen hätten im Ausschuss betont, dem Volksantrag in vielen Punkten zuzustimmen, so Hahn. Man verwehre sich allerdings gegen eine zu starre Fixierung einzelner Maßnahmen, die in die Kompetenzen der Kommunen eingreife. Die Rückführung des Flächenverbrauchs könne nur gemeinsam mit den Kommunen gelingen. Die Umsetzung der Innenentwicklung, der Verzicht auf Neuplanungen im Außenbereich sowie die Rücknahme von Bebauung durch Entsiegelung finde in den Kommunen vor Ort statt.
Umweltausschuss informiert sich in Österreich und Slowenien über Klimaziele, Nationalparks und Umgang mit dem Wolf
Stuttgart/Klagenfurt/Ljubljana. Auf seiner Informationsreise hat der Ausschuss für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft in dieser Woche den Landtag Kärnten (Österreich) sowie politische Vertreterinnen und Vertreter in Slowenien besucht. Das Gremium um Ausschussvorsitzenden Daniel Karrais (FDP/DVP) informierte sich vom 24. bis 28. Juni bei den österreichischen und slowenischen Ansprechpartnern insbesondere über die Themen Klimaziele, Naturschutz und Nationalparks.
Nach einem Zusammentreffen mit dem Präsidenten des Landtags Kärnten, Reinhart Rohr, und der Landesrätin Sara Schaar fand zunächst ein Fachgespräch mit dem Ausschuss für Naturschutz, National- und Biosphärenparks sowie mit dem Ausschuss für Standort, Energie und Raumordnung des Landtags Kärnten statt. Dabei stellten die süddeutschen Besucher Gemeinsamkeiten, aber auch Unterschiede im Umgang mit geschützten Arten fest. Der Umweltausschuss besichtigte das Bleistätter Moor in Steinbach am Ossiacher See. „Auf circa 100 Hektar bietet dieses ‚Europaschutzgebiet‘ an der Tiebelmündung einen attraktiven Lebensraum für seltene Tier- und Pflanzenarten. Auf ehemals intensiv landwirtschaftlich genutzten Flächen sind Flachwasserbereiche und Feuchtgebiete entstanden, die die Wasserqualität des Ossiacher Sees verbessern“, berichtete Ausschussvorsitzender Daniel Karrais. Am Ossiacher Tauernteich sprachen die Ausschussmitglieder mit Vertretern der Österreichische Bundesforste AG und des zugehörigen Forstbetriebes Kärnten-Lungau über Waldbewirtschaftung im Spannungsfeld des Klimawandels touristischer Naturnutzung und naturschutzfachlicher Erfordernisse. „Die Bundesforste verfolgen einen klaren Ansatz des Schützens durch Nützen. Waldbewirtschaftung wird hier als Beitrag zum Klimaschutz gesehen, statt als Hindernis“, fasste Karrais zusammen. Als Zeichen der Zusammenarbeit durften der Ausschussvorsitzende Daniel Karrais und Staatssekretär Andre Baumann einen Apfelbaum an einer neu errichteten Hütte für Waldpädagogik einsetzen.
In Ljubljana tauschten sich die Ausschussmitglieder mit der deutschen Botschafterin Natalie Kauther, dem Staatssekretär im Ministerium für Umwelt, Klima und Energie, Uroš Vajgl, sowie mit Abgeordneten der Slowenischen Nationalversammlung aus. „Im Fokus der Gespräche in Ljubljana standen insbesondere die slowenischen Klimaziele, wobei Slowenien klar auf die Kernenergie zur Lösung der Energieprobleme setzt. Besondere Herausforderungen sehen die Abgeordneten im Mitnehmen der Bevölkerung auf den Pfad der Klimaziele“, teilte der Ausschussvorsitzende mit. Bei einem weiteren Termin in Ljubljana stellten örtliche Vertreterinnen und Vertreter das Projekt „Mission 100 klimaneutrale Orte der Stadtgemeinde Ljubljana“ vor. Aus Baden-Württemberg sind auch Mannheim und Heidelberg Teil der Mission 100, deren Teilnehmer das Ziel haben bis 2030 klimaneutral zu werden.
Die Informationsreise des Umweltausschusses schloss mit einem Besuch des slowenischen Triglav Nationalparks. Mit dem Leiter der Abteilung Naturschutz Andrej Arih sprachen die Ausschussmitglieder über den Umgang mit geschützten Arten, Konflikte zwischen Wolf, Bär, Luchs und Nutztierhaltung und die Auswirkungen des Klimawandels auf den Erhaltungszustand des Parks. „In Slowenien hat man einen pragmatischen Umgang mit Wölfen gefunden. Problemtiere, die übergriffig werden, können unbürokratisch entnommen werden. Obwohl es über 500 Braunbären gibt, haben diese heute nur selten Auswirkungen auf Mensch und Landwirtschaft. Es treten Gewöhnungseffekte ein. Es zeigt sich, dass die Entnahme von Tieren einfach möglich sein sollte, um die Akzeptanz sowie die Sicherheit zu erhöhen. Anscheinend kann nach einer Gewöhnungsphase eine Koexistenz von Wolf, Bär und Mensch gelingen“, fasste Karrais die Erkenntnisse zusammen.
Parlamente von Katalonien und Baden-Württemberg vereinbaren institutionelle Zusammenarbeit
Stuttgart. Zum Abschluss der Präsidiumsreise nach Barcelona im Rahmen der Landes-Partnerschaft „Vier Motoren für Europa“ zieht Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) eine positive Bilanz. „Im Mittelpunkt des Informationsbesuchs stand der parlamentarische Austausch. Der Landtag von Baden-Württemberg und das Parlament von Katalonien teilen viele gemeinsame Interessen und haben eine institutionelle Zusammenarbeit vereinbart. Dadurch rücken unsere beiden Länder noch enger zusammen“, erklärt Aras.
In Gesprächen mit weiteren Akteuren vor Ort habe sich das Landtagspräsidium mit Muhterem Aras an der Spitze, dem neben den Vorsitzenden der Fraktionen von Grünen, CDU, SPD, FDP/DVP und AfD weitere Abgeordnete angehören, über Stand und Perspektiven der Zusammenarbeit auf zentralen Feldern der Wirtschaftspolitik informieren können, so Aras. Dabei sei das große Potenzial der Kooperation zwischen den beiden wirtschaftsstarken europäischen Regionen Katalonien und Baden-Württemberg immer wieder deutlich geworden.
Im weiteren Fokus der Präsidiumsreise vom 24. bis 28. Juni standen Energie- und Klimafragen sowie die Fachkräftegewinnung. Die Abgeordneten besuchten die deutsche Auslandsberufsschule (feda EDU Barcelona German Business School), die mit namhaften Unternehmen aus Baden-Württemberg kooperiert, und kamen zu einem Austausch mit dem Unternehmerverband Foment del Treball zusammen. Weitere Fachtermine nahm das Landtagspräsidium im Forschungszentrum für Wasserstoff der Polytechnischen Universität Katalonien (UPC) und auf dem LNG-Flüssiggasterminal des Energiekonzerns Enagas wahr, der zum Drehkreuz für grünen Wasserstoff ausgebaut werden soll.
Ein Höhepunkt der Präsidiumsreise war der Besuch des am 12. Mai neu gewählten katalonischen Parlaments. Dort traf das Präsidium auf Parlamentspräsident Josep Rull i Andreu und führende Abgeordnete. Der Präsident empfing die Gäste aus Baden-Württemberg als erste internationale Delegation seit seinem Amtsantritt. „Das ist ein gutes Signal für die Fortsetzung und Vertiefung der Zusammenarbeit auch in der neuen Wahlperiode“, so Aras.
Demokratie feiern: Präsidentin Muhterem Aras lädt zum Bürgerfest in den Landtag von Baden-Württemberg ein
Stuttgart. Am Samstag, 29. Juni 2024, findet von 11 bis 17 Uhr das Bürgerfest im Landtag von Baden-Württemberg statt. Es steht unter dem Motto: „Deine Freiheit. Mein Respekt – 75 Jahre Grundgesetz“. „Wir wollen gemeinsam ein großes Fest der Demokratie feiern und laden am Samstag in das Haus des Landtags ein“, sagt Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne). „Austausch, Begegnung und Diskussion sind elementar für unsere Demokratie und stehen im Mittelpunkt unseres Bürgerfestes“, betont Aras.
Ob allein oder in Begleitung, jung oder lebenserfahren – am kommenden Samstag erwartet Besucherinnen und Besucher des Landtags ein vielfältiges Programm im Plenarsaal (moderiert von Hitradio antenne 1, RADIO REGENBOGEN und Radio 7) sowie auf der Bühne in der Lobby (SWR). Zwischen 11 und 17 Uhr wird es unter anderem musikalische und künstlerische Beiträge auf beiden „Bühnen“ geben. Landtagspräsidentin Aras eröffnet das Bürgerfest um 11:15 Uhr im Plenarsaal. Unter dem Titel „Fragen erwünscht“ haben die Gäste die Möglichkeit, Abgeordneten ihre Fragen zu stellen und in Austausch mit ihnen zu treten. Auch an den Informationsständen der Fraktionen können Interessierte mehr über die Arbeit der jeweiligen Fraktionen erfahren.
Auf der SWR-Bühne im Hauptgeschoss erwarten die Besucherinnen und Besucher unter anderem Beiträge der Fraktionen. SWR-Intendant Prof. Dr. Kai Gniffke trifft um 12:45 Uhr Landtagspräsidentin Aras zu einem Gespräch. Die SWR Redaktion Landespolitik stellt sich vor (13:50 Uhr) und die Fraktionsvorsitzenden kommen um 14:10 Uhr zur sogenannten Elefantenrunde zusammen. Auch musikalische Beiträge u. a. von der SWR4 Band und einer Abgeordneten-Band sind zu hören.
Die Fraktionen bieten zudem jeweils Führungen durch ihre Fraktions- und Arbeitsräume an, auch das Büro der Landtagspräsidentin kann besichtigt werden. Zusätzlich finden Kunstführungen statt sowie Führungen durch die Verwaltung, die Einblicke in die Strukturen bietet, die die parlamentarische Arbeit erst ermöglichen. Die Kartenausgabe für alle Führungen befindet sich im Bürger- und Medienzentrum. Im Obergeschoss stellen der Stenografische Dienst, der Petitionsausschuss, der Landesjugendring, die Stiftung Entwicklungs-Zusammenarbeit Baden-Württemberg (SEZ), die Vertreterinnen und Vertreter der Kirchen sowie das Hauptstaatsarchiv sich und ihre Arbeit vor. Die ganz jungen Gäste können im Hauptgeschoss des Landtags in der VHS-Mal- und Trickfilmwerkstatt kreativ werden.
Das ausführliche Programm mit weiteren Informationen rund um das Bürgerfest finden Sie auf der Homepage des Landtags von Baden-Württemberg, www.landtag-bw.de.
Landtag stärkt durch Informationsbesuch Kooperation mit Katalonien
Stuttgart. Im Rahmen der Landes-Partnerschaft „Vier Motoren für Europa“ informiert sich das Präsidium des Landtags von Baden-Württemberg in dieser Woche in Barcelona über Stand und Perspektiven der Zusammenarbeit auf zentralen Feldern der Wirtschaftspolitik. Das Präsidium mit Präsidentin Muhterem Aras (Grüne) an der Spitze, dem neben den Vorsitzenden der Fraktionen von Grünen, CDU, SPD, FDP/DVP und AfD weitere Abgeordnete angehören, führt in der Hauptstadt Kataloniens darüber hinaus Gespräche, um die Kooperation der beiden wirtschaftsstarken europäischen Regionen zu vertiefen. Im Fokus stehen dabei insbesondere Energie- und Klimafragen sowie die Fachkräftegewinnung.
Geplant ist unter anderem ein Austausch mit dem Präsidenten des am 12. Mai neu gewählten katalonischen Regionalparlaments, Josep Rull Andreu (Partei Junts per Catalunya), sowie weiteren Abgeordneten.
„Ich freue mich sehr, dass Präsident Josep Rull Andreu an der Spitze des neu gewählten Parlaments von Katalonien die Mitglieder des Landtagspräsidiums als erste internationale Delegation empfängt. Das ist ein gutes Signal für die Fortsetzung der Zusammenarbeit auch in der neuen Wahlperiode“, erklärt Landtagspräsidentin Muhterem Aras.
Unter der Überschrift „Fachkräftegewinnung“ steht ein Besuch der deutschen Auslandsberufsschule in Barcelona (feda EDU Barcelona German Business School) auf dem Programm. Studierende können dort unter anderem verschiedene duale kaufmännische Ausbildungen in mehr als 60 multinationalen Unternehmen absolvieren.
Weitere Fachtermine in Barcelona nimmt das Landtagspräsidium unter anderem im Forschungszentrum für Wasserstoff der Polytechnischen Universität Katalonien (UPC) und auf dem LNG-Flüssiggasterminal des Energiekonzerns Enagas wahr. Ministerpräsident Kretschmann hatte im Oktober letzten Jahres mit Andalusien eine Energie- und Klimapartnerschaft mit dem Schwerpunkt grüner Wasserstoff und reFuels begründet. Daran knüpft die Informationsreise des Landtagspräsidiums nach Barcelona vom 24. bis 28. Juni 2024 an.
Die Bezeichnung „Vier Motoren für Europa“ steht für eine 1988 gegründete transnationale und interregionale Arbeitsgemeinschaft zwischen dem deutschen Land Baden-Württemberg, der autonomen spanischen Gemeinschaft Katalonien, der italienischen Region Lombardei und der französischen Region Auvergne-Rhône-Alpes.
Finanzhilfen in Höhe von rund vier Millionen Euro bewilligt
Stuttgart. Der Wirtschaftsausschuss hat in einer Sondersitzung am Mittwoch, 19. Juni 2024, drei Finanzhilfeanträge bewilligt. Das Fördervolumen beträgt nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Dr. Erik Schweickert (FDP/DVP) insgesamt rund vier Millionen Euro, davon stammt etwa die Hälfte aus dem Förderprogramm Invest BW und die andere Hälfte wurde im Rahmen der EU-Kleinbeihilferegelung bewilligt.
Das Förderprogramm Invest BW unter Federführung des Wirtschaftsministeriums unterstützt Unternehmen schnell und unbürokratisch bei Investitionen in Zukunftstechnologien. Im Rahmen der dritten Tranche des Förderprogramms (Invest BW III) konnten in einem technologieoffenen Förderaufruf vom 23. Oktober 2023 bis zum Stichtag 31. Januar 2024 Anträge eingereicht werden. Für drei Vorhaben wurde eine Förderung empfohlen. Das beantragte Fördervolumen beträgt rund 2,65 Millionen Euro. Eine Förderung wurde bereits vom Wirtschaftsausschuss bewilligt. Für zwei weitere Förderungen (Präzisionsonkologie, Architekturgestaltung durch KI, siehe Tabelle unten) gab es am Mittwoch grünes Licht.
Über die Förderanträge entscheidet das Ministerium. Bei besonders bedeutsamen Vorhaben und einem Fördervolumen von mindestens 500.000 Euro wird ein Fachbeirat eingeschaltet. Die Bewilligung dieser großen Fördermittel obliegt dem Wirtschaftsausschuss.
Der Ausschuss gab nach Angaben des Ausschussvorsitzenden auch grünes Licht für die Förderung von Woodward L’Orange, einem der weltweit führenden Hersteller von Power-to-X-kraftstofffähigen Einspritzsystemen für Großmotoren, die beispielsweise in Schiffen eingesetzt werden, im Rahmen der EU-Kleinbeihilferegelung. Für die Dekarbonisierung der weltweiten Schifffahrt seien solche Einspritzsysteme von zentraler Bedeutung. Das Vorhaben sei eine technologische Musterlösung und stelle einen wichtigen Beitrag zur Standortsicherung dar.
Die Deutschland-Tochter des US-Unternehmens Woodward L’Orange beschäftige in Baden-Württemberg rund 1.100 Mitarbeiter, davon rund 800 in Glatten, so Dr. Schweickert.
Mit Blick auf die zum 30. Juni 2024 auslaufende EU-Kleinbeihilferegelung sei es deshalb ein wichtiges Signal, dass der Ausschuss kurzfristig über die Finanzhilfe entscheiden konnte, betonte der Ausschussvorsitzende schließlich. Trotzdem mahnte er gegenüber dem Wirtschaftsministerium nochmals eine möglichst frühzeitige Einbindung und Information über Fördervorhaben an, um dem Ausschuss rechtzeitig fundierte Entscheidungen über Fördergelder zu ermöglichen.
Der Wirtschaftsausschuss bewilligte Finanzhilfen für folgende Fördervorhaben:
Fördervorhaben | Fördersumme | |
MVZ Zentrum für ambulante Onkologie Tübingen GmbH und NMI Naturwissenschaftliches und Medizinisches Institut an der Universität Tübingen, beide Tübingen |
Innovationen für Präzisionsonkologie |
1.247.962,00 Euro |
neoBlM GmbH und KIT - Karlsruher Institut für Technologie, beide Karlsruhe |
Revolutionäre Architekturgestaltung durch generative KI-TechnoIogien |
716.354,00 Euro |
Woodward L'Orange GmbH, Glatten |
Power-to-X (PtX)-kraftstofffähige Einspritzsystemen für Großmotoren |
2.000.000,00 Euro |
Ausschuss für Landesentwicklung berät über Realisierungsprämie, Mietpreise und Baugenehmigungen
Stuttgart. Der Ausschuss für Landesentwicklung und Wohnen hat sich in seiner Sitzung am Mittwoch, 12. Juni 2024, mit der Realisierungsprämie für Neubauten, der Überwachung von Mietpreisen sowie der Bearbeitungsdauer von Bauanträgen befasst. Das teilte die Vorsitzende des Gremiums, die CDU-Abgeordnete Christiane Staab, mit.
Nach Angaben der Vorsitzenden befasste sich das Gremium auf Antrag der SPD-Fraktion mit dem aktuellen Stand der Realisierungsprämie. Die Fraktion habe in Erfahrung bringen wollen, wie die Arbeit an der Prämie seit letztem Jahr gediehen sei, wie diese Prämie ausgestaltet sein solle und woraus sich aus Sicht der Landesregierung der Bedarf für eine solche zusätzliche Maßnahme ergebe. Staab zufolge teilte das Ministerium für Landesentwicklung und Wohnen mit, dass mit der Einführung der Prämie beabsichtigt werde, auf die sich insgesamt deutlich abschwächende Neubautätigkeit im Wohnungsbausektor zu reagieren, die zu späteren Fertigstellungen, zur vorläufigen Zurückstellung und auch zur Aufgabe vieler Bauvorhaben geführt habe. So sei die Zahl der Baugenehmigungen für Neubauwohnungen im Südwesten im Jahr 2023 gegenüber dem Vorjahr um 32 Prozent gesunken.
Das Ministerium sehe es nach eigenen Angaben als richtig an, flankierende Förderanreize wie die Realisierungsprämie zu setzen, um die zeitnahe Schaffung von neuen sozial gebundenen Wohnungen zu gewährleisten. Die Prämie sei als Zusatz zur Basisförderung für sozial gebundenen Wohnraum angedacht und solle ein Beitrag zu einer Stabilisierung des Antragsgeschehens sein. Die Pläne des MLW sähen vor, dass eine Realisierungsprämie für bezugsfertige Wohneinheiten gewährt werden könne, die neu errichtet, neu erworben oder unter wesentlichem Bauaufwand zusätzlich geschaffen wurden. Die Förderhöhe solle 6.000 Euro pro Wohneinheit betragen. Für selbst genutztes Wohneigentum sei eine Höhe von 20.000 Euro pro Wohneinheit vorgesehen. Das Ministerium rechne mit einem jährlichen Mittelabruf aufgrund der Gewährung der Realisierungsprämie in Höhe von ca. 60 Millionen Euro, fasste Christiane Staab die Ausführungen zusammen.
Auf Antrag der Fraktion FDP/DVP beriet der Ausschuss zudem über das Thema „Systematische Überwachung von Mietangeboten – Datenerhebung der Firma M.“ Der Vorsitzenden zufolge führten die Antragsteller aus, dass einige Kommunen Vermieter ausspähten und ihre Angebote an den Pranger zu stellten. Offensichtlich werde hierzu ein „Service“ der vom Land geförderten Firma M. genutzt und in einer Art Schleierfahndung online Mietangebote gescannt. Auf Grundlage der so gewonnenen Daten würden Vermieter angeschrieben und mutmaßlich zu hohe Mieten angemahnt. Die Fraktion habe das Abmahnverhalten als „mehr als fragwürdig“ bezeichnet.
Die Landesregierung habe geantwortet, sie habe die 89 Städte und Gemeinden im Anwendungsbereich der Mietpreisbremse angeschrieben und um Stellungnahme zu den Fragen des Antrags gebeten. Die Stadt Stuttgart habe geantwortet, dass private Dienstleister lediglich die Sammlung öffentlich zugänglicher Daten übernehmen. Die Stadt Esslingen habe erklärt, die Dienstleistung der Firma M. diene der Stadt Esslingen in erster Linie dazu, einen Überblick über den Mietwohnungsmarkt zu erhalten. Für die Stadt Ludwigsburg stehe eine Erhebung und Auswertung zum Ludwigsburger Mietwohnungsmarkt mit einer Analyse der online angebotenen Wohnungen im Fokus. Es werde hierfür auf öffentlich zugängliche Daten zurückgegriffen.
Ebenfalls auf Antrag der Fraktion FDP/DVP befasste sich der Ausschuss mit Bearbeitungszeiten von Bauanträgen. Die Fraktion habe argumentiert, dass u.a. von Bauherren oft die Bearbeitungsdauer von Bauanträgen als ein zentrales Problem beim Bauen genannt werde. Eine Beschleunigung von Baugenehmigungsverfahren könnte durch eine ausgedünnte Landesbauordnung (LBO) erreicht werden. Auch hätten in der Vergangenheit einige Bundesländer versucht, eine Beschleunigung durch die Einführung einer sogenannten Genehmigungsfiktion, also die beantragte Genehmigung nach Ablauf der für die Entscheidung festgelegten Frist als erteilt gelten zu lassen, zu erreichen. Die Landesregierung habe mehrfach eine große LBO-Reform angekündigt, jedoch ohne bisher eine Novelle vorzulegen oder Eckpunkte bekannt zu geben. Daher halte es die Fraktion für fraglich, ob die Landesregierung plane, auch in Baden-Württemberg die Genehmigungsfiktion für Bauanträge einzuführen.
Das Ministerium für Landesentwicklung und Wohnen habe erklärt, ihm sei die Kritik über die Dauer baurechtlicher Genehmigungsverfahren bekannt. Die Gründe für überlange Verfahrensdauern seien vielseitig und teils auf formelle Anforderungen als auch materiell-rechtliche Anforderungen des Baugenehmigungsverfahrens zurückzuführen. Aus diesem Grund werde das Ministerium im Zuge der bevorstehenden Reform Vorschläge zur Änderung der Landesbauordnung (LBO) unterbreiten. Neben dem Abbau baulicher Standards solle die Reform auch Maßnahmen zur Optimierung und Beschleunigung baurechtlicher Verfahren umfassen. Den Sinn und Zweck einer Genehmigungsfiktion halte das Ministerium grundsätzlich für vorhabenneutral. Eine Beschränkung auf konkrete, im Regelfall weniger komplexe Bauvorhaben sei möglich, so Staab.
Ständiger Ausschuss berät über Tätigkeitsbericht des Landesdatenschutzbeauftragten
Stuttgart. Der Ständige Ausschuss des Landtags hat sich in seiner Sitzung am Donnerstag, 13. Juni 2024, mit dem 39. Datenschutz-Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Baden-Württemberg für das Jahr 2023 befasst. Ein wichtiges Thema sei die Künstliche Intelligenz gewesen, die auch künftig eine immer größere Rolle spiele, sagte der Vorsitzende des Gremiums, der CDU-Abgeordnete Guido Wolf.
Nach Angaben Guido Wolfs stellte der Datenschutzbeauftragte Prof. Dr. Tobias Keber zunächst die wichtigsten Zahlen für das Jahr 2023 vor. Demnach gingen im vergangenen Jahr 3.817 Beschwerden ein, das seien 21 mehr als im Jahr zuvor. Die Zahl der gemeldeten Datenpannen habe 2.913 betragen, was 166 Fälle mehr als im Vorjahr und einem weiterhin hohen Wert entspreche. Die Zahl der Kontrollen habe 71 betragen, das seien 38 mehr als im Vorjahr.
Ein Schwerpunkt im Bericht sei die EU-Digitalstrategie gewesen, unter die verschiedene Rechtsvorschriften wie etwa der Data Governance Act, der Digital Markets Act oder der Digital Services Act fallen. Hinzu komme nun noch die europäische KI-Verordnung. Diese ziele darauf ab, Innovationen zu fördern, gleichzeitig das Vertrauen in KI zu stärken und sicherzustellen, dass diese Technologie in einer Weise genutzt wird, die die Grundrechte und die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger der EU respektiert. Keber habe ausgeführt, dass die DSGVO von der neuen Verordnung unberührt bleibe. Weiter habe er deutlich gemacht, dass es wichtig sei, KI und Datenschutz gemeinsam zu denken, berichtete der Ausschussvorsitzende.
Als weiteren Schwerpunkt stellte Prof. Dr. Keber die Beratungsangebote seiner Behörde vor. Dazu gehöre die konkrete Betrachtung von Einzelfällen im öffentlichen und privaten Bereich, das LfDI-Tool „DS-GVO.clever“ für Vereine und kleinere Betriebe, eine einfache und niederschwellige Erreichbarkeit, der Austausch mit Verantwortlichen vor Ort und sowie Kontrollen und auch Sanktionen durch die lokale Aufsicht. Ziel des LfDI sei es, Grundrechte zu schützen, in dem Datenschutzvorfälle erst gar nicht auftreten. Daher wolle der LfDI beraten, helfen und unterstützen, damit Verantwortliche datenschutzrechtlich tragfähige Lösungen finden.
Im vergangenen Jahr seien (ohne Bildungszentrum) 1.682 (-253 gegenüber 2022) Beratungen durchgeführt worden, im Bildungszentrum habe es zudem 3.732 Anmeldungen (+477 gegenüber 2022) gegeben. Das Bildungszentrum BIDIB biete Beratungen, Workshops und Schulungen an. Dazu zählten öffentliche Veranstaltungen und fachspezifischen Veranstaltungen, zum Beispiel für Kommunen, Polizei und Vereine. Das Angebot „Schule digital“ habe 80 Veranstaltungen mit ca. 1.500 Interessierten umfasst. Außerdem habe es im Januar eine Schulung „Rechtsgrundlagen im Datenschutz beim Einsatz von Künstlicher“ mit rund 400 Teilnehmenden gegeben.
Guido Wolf zufolge beschrieb Keber seine Behörde als „lernende Behörde“. Digitale Entwicklung werde immer schneller. Öffentliche Stellen, Unternehmen, Bürgerinnen und Bürger suchten nach schneller Unterstützung. Dabei müsse die DSGVO im Kontext der gesellschaftlichen Entwicklung gesehen werden. Der LfDI habe rechtliche, technische und gesellschaftliche Aspekte im Blick, um mit fundiertem Wissen wirksam und schnell seine Aufgaben nach der DSGVO wahrzunehmen. Zum Ausblick habe Keber erläutert, der LfDI werde die Europäische Digital- und Rechtsakte sowie die DSGVO einordnen, er wolle Navigationshelfer sein. Der LfDI entwickele sich darüber hinaus zu einem Kompetenzzentrum für Datenschutz und Künstliche Intelligenz und biete eine Plattform zum Austausch über Datenschutz und KI, fasste Guido Wolf die Ausführungen zusammen.
Nach Angaben des Vorsitzenden bedankten sich die Abgeordneten fraktionsübergreifend für den Bericht und die Arbeit des Datenschutzbeauftragten. Insbesondere das umfangreiche Beratungsangebot der Behörde sowie die Beteiligungsmöglichkeiten im Vorfeld von datenschutzrelevanten Entscheidungen seien als positiv bewertet worden.
Petitionsausschuss befasst sich mit Sportwetten und Lootboxen und fordert Bericht von der Regierung
Stuttgart. Mit einer Petition, die Sportwetten und Lootboxen betrifft, hat sich der Petitionsausschuss in seiner Sitzung am Donnerstag, 13. Juni 2024, befasst. Das hat der Vorsitzende, Thomas Marwein (Grüne), mitgeteilt. „Glücksspiel ist ein weit verbreitetes Problem in unserer Gesellschaft, Glücksspielsucht ist im Aufwind“, so Marwein. „Es ist eine große gesellschaftliche Aufgabe, das Suchtpotenzial einzudämmen.“
Der Petent strebe mit seiner Petition bezüglich zweier Sachverhalte eine Änderung des Glücksspielstaatsvertrages an. Zum einen solle ein Werbeverbot für Sportwetten im Fernsehen und im Internet vor 23 Uhr aufgenommen werden, um zu verhindern, dass Kinder und Jugendliche permanent Werbung für Sportwetten und damit für Glücksspiel bei Sportübertragungen ausgesetzt werden. Zum anderen fordere der Petent, dass Lootboxen bzw. alle käuflichen, auf „Glück“ beruhenden Angebote in Computerspielen für Kinder und Jugendliche verboten werden.
Das Staatsministerium habe in seiner Stellungnahme darauf hingewiesen, dass im Rahmen der Evaluierung des Glücksspielstaatsvertrags auf den Bereich der Werbung besonders Augenmerk gelegt werde und ein Gutachten „Glücksspielwerbung im Fernsehen und im Internet im Spannungsfeld von Kanalisierung und Suchtprävention“ durch die Gemeinsame Glücksspielbehörde der Länder (GGL) in Auftrag gegeben worden sei. Es sei zu erwarten, dass dieses Gutachten Aufschluss darüber geben werde, inwiefern die Bestimmungen des § 5 GlüStV 2021“ geeignet oder verbesserungsfähig seien. Untersucht werde auch die Wirkung der Werbung und des Sponsorings, aber auch der „werbenden Berichterstattung“ auf sämtliche Empfänger. Zur Werbung zählten dabei TV-Spots, Werbung auf Social-Media-Kanälen, aber auch Werbung in ihrer Gesamtwirkung sowie die Sonderwerbemaßnahmen wie die Gewährung von Boni und Rabatten zur Kundengewinnung/-bindung. Bevor eine Änderung der werberechtlichen Bestimmungen erfolge, sollte das Ergebnis dieser Studie abgewartet werden, ein Zwischenbericht werde Ende 2024 erwartet.
Der Einsatz von Lootboxen (Beutekisten) werde vom Staatsministerium als problematisch angesehen. Es handele sich hierbei jedoch nicht um eine glücksspielrechtliche Frage, sondern in erster Linie um eine des Verbraucher- bzw. Jugendschutzes. Bisher gebe es kein Urteil, das Lootboxen als Glücksspiel klassifiziere. Die Beutekisten würden vermehrt in Computerspielen angeboten und könnten von den Nutzern gekauft werden. Sie enthalten Dinge, die den Spielverlauf günstig beeinflussen können oder auch nutzlos sind. In Großbritannien, Belgien und in den Niederlanden würden Lootboxen bereits als Glücksspiel gelten. In den Niederlanden seien sie für Kinder und Jugendliche verboten. Auch in der EU werde das Verbot gefordert. „Auch Jugendliche geben für Lootboxen viel Geld aus, das ist eine Sache, die wir ernst nehmen müssen“, betonte Vorsitzender Marwein. De jure seien Lootboxen kein Glücksspiel, aber de facto eben schon. Wie Thomas Marwein darlegte, habe das Ministerium in der Sitzung berichtet, dass es zwischenzeitlich eine Entschließung der Bürgerschaft Bremen gebe, die fordere, dass sich die Hansestadt Bremen im Bundesrat für ein Verbot von Lootboxen auch in Deutschland einsetzen soll. Eine entsprechende Initiative bliebe abzuwarten.
Der Petitionsausschuss hat mit großer Mehrheit beschlossen, die Petition der Regierung zur Erwägung zu überweisen. „Es ist uns wichtig, hier nochmals einen Bericht zu bekommen“, führte Marwein aus.
Parlamentarisches Kontrollgremium berät in öffentlicher Sitzung über Verfassungsschutzbericht
Stuttgart. Das Parlamentarische Kontrollgremium des Landtags (PKG) ist am Donnerstag, 13. Juni 2024, zu seiner zweiten öffentlichen Sitzung zusammengekommen. „Wir tagen heute nicht im Geheimraum, sondern im Plenarsaal des Landtags. Hier und heute werden zwar keine Geheimnisse verraten. Aber wir verfolgen mit diesem Format ein wichtiges Ziel: Nämlich die Arbeit des Verfassungsschutzes und des Parlamentarischen Kontrollgremiums anschaulicher und greifbarer, nachvollziehbarer und transparenter zu machen“, sagte der Vorsitzende des Gremiums, der Grünen-Abgeordnete Oliver Hildenbrand, zu Beginn der Sitzung.
Zunächst stellten Innenminister Thomas Strobl (CDU) und die Präsidentin des Landesamts für Verfassungsschutz Baden-Württemberg, Beate Bube, den Verfassungsschutzbericht 2023 vor. Im Anschluss folgte eine Debatte. Die Sitzung war für Medien sowie interessierte Bürgerinnen und Bürger zugänglich. Zudem wurde die gesamte Sitzung per Livestream übertragen und steht als Aufzeichnung auf der Website des Landtags dauerhaft zur Ansicht zur Verfügung. Hildenbrand sagte, der Verfassungsschutzbericht sei ein jährlicher Seismograf, wie es um den Schutz unserer Demokratie steht. Auf rund 250 Seiten gebe er einen Überblick über verfassungsfeindliche und sicherheitsgefährdende Bestrebungen und benenne Gefahren, skizziere Entwicklungen und analysiere Zusammenhänge. Er diene der Aufklärung und Information der Öffentlichkeit.
“Wir wollen diesen Bericht nicht nur zur Kenntnis nehmen, sondern wir wollen damit arbeiten. Ja, wir wollen ihn auch als Auftrag verstehen“, betonte der Vorsitzende. Denn klar sei, dass unsere Demokratie angegriffen werde – von innen und von außen. „Wir müssen unsere offene Gesellschaft gegen ihre Feinde verteidigen – egal aus welcher Ecke sie kommen. Uns wird gerade deutlich vor Augen geführt: Auch 75 Jahre nach Verabschiedung unseres Grundgesetzes, dem Fundament unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung, sind Demokratie und Freiheit nicht selbstverständlich“, so Oliver Hildenbrand. Der Verfassungsschutz sei ein Teil der Wehrhaftigkeit unserer Demokratie. Er werde oft als Frühwarnsystem bezeichnet. Effektiv arbeitend, rechtsstaatlich handelnd, parlamentarisch kontrolliert - nur so könne der Verfassungsschutz dieser Aufgabe gerecht werden.
Das Parlamentarische Kontrollgremium ist für die Kontrolle des Verfassungsschutzes in Baden-Württemberg zuständig. Es tritt ungefähr monatlich zu Sitzungen zusammen, in denen der Geheimdienst über seine Tätigkeit berichtet. Im Oktober 2022 hatte der Landtag beschlossen, dass das Gremium mindestens einmal im Jahr zu einer öffentlichen Sitzung zusammenkommen muss. Um seine Aufgaben wahrnehmen zu können, ist das PKG mit einer ganzen Reihe an Befugnissen ausgestattet: Dazu gehören das Recht auf Akteneinsicht, das Zutrittsrecht zu den Dienststellen sowie das Recht, Angehörige des Landesamtes für Verfassungsschutz zu befragen. Das Parlamentarische Kontrollgremium erstattet außerdem dem Landtag regelmäßig Bericht über seine Kontrolltätigkeit.
Der Tätigkeitsbericht des Gremiums für die erste Hälfte der aktuellen Wahlperiode liegt seit Kurzem vor. Er ist als Landtagsdrucksache 17/6101 veröffentlicht worden und steht im Online-Angebot des Landtags zum Download bereit.
Sozialausschuss thematisiert Prostitution in Baden-Württemberg
Stuttgart. Der Ausschuss für Soziales, Gesundheit und Integration hat in seiner Sitzung am Mittwoch, 12. Juni 2024, auf Antrag der CDU die derzeitige Situation von Prostituierten in Baden-Württemberg beleuchtet. Insbesondere diskutiert wurde die vom Bund durchgeführte Evaluation des Prostituiertenschutzgesetzes. Das hat der Ausschussvorsitzende Florian Wahl (SPD) mitgeteilt.
Die Antragsteller hatten beim Sozialministerium die Zahl der Angebote sexueller Dienstleistungen in Baden-Württemberg seit 2017 schriftlich erfragt. Hintergrund ist das Prostituiertenschutzgesetz, welches im Juli 2017 in Kraft trat. Es habe erstmals
umfassende Regelungen für das Prostitutionsgewerbe geltend gemacht, mit dem Ziel, die in der Prostitution tätigen Personen besser vor Gewalt zu schützen.
Dem Ministerium zufolge habe sich Prostitution seit den pandemiebedingten Schließungen der Bordellbetriebe in den Jahren 2020 bis 2023 zunehmend in den schwer kontrollierbaren privaten Bereich verlagert. Die Anzahl der Wohnungs-, Straßen- und Hotelprostitution sei gestiegen. Die Anbahnung erfolge häufig über das Internet oder Vermittlungsplattformen. Dadurch habe sich die Gefahr von gewaltsamen Übergriffen und Unsicherheit für Menschen in der Prostitution erhöht. Laut Wahl seien sich die Ausschussmitglieder fraktionsübergreifend darüber einig gewesen, dass die Situation in Deutschland mehr als besorgniserregend sei, insbesondere mit Blick auf einen potenziell noch stärkeren Anstieg illegaler Prostitution während der Fußball-Europameisterschaft 2024. „Es besteht dringender Handlungsbedarf, um Prostituierte besser zu schützen und Menschenhandel zu bekämpfen“, so Wahl.
Die Antragsteller erfragten ebenso die Entwicklung der Zahl der Gewalttaten seit Einführung des Prostituiertenschutzgesetzes. Die Polizeiliche Kriminalstatistik der Polizei Baden-Württemberg zeige, dass die Anzahl der Straftaten mit 194 Straftaten im Jahr 2023, im Vergleich zum Vorjahr mit 155 Fällen, um 25,2 Prozent gestiegen sei und damit einen neuen Höchststand erreiche, gab Wahl die Antwort von Ministeriumsseite wieder. Die Mehrheit der Fälle seien Rohheitsdelikte und Straftaten gegen die persönliche Freiheit. Mehr als ein Viertel der Taten seien Körperverletzungsdelikte.
Ein Vertreter des Innenministeriums habe im Ausschuss bestätigt, dass von einem hohen Dunkelfeld der illegalen Prostitution im Land auszugehen sei. Zu den Präventionsmaßnahmen zählten u.a. regelmäßig gezielte Personen- und Objektkontrollen und eine vertrauensvolle Zusammenarbeit von Beratungsstellen, Behörden und polizeilichen Fachdienststellen. Die polizeiliche Präsenz im Rotlichtmilieu zur Aufhellung der Dunkelziffer sei unabdingbar, habe Staatssekretärin Dr. Ute Leidig (Grüne), in Vertretung des Sozialministers Manfred Lucha (Grüne), im Ausschuss erklärt. In Baden-Württemberg bestehe ein gewachsenes Angebot von Fachberatungsstellen für Menschen in der Prostitution, für Betroffene von Menschenhandel zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung und häusliche sowie sexualisierte Gewalt. Dazu zähle die Beratungsstelle „Amalie“ für Frauen in der Prostitution, der Opferhilfeverein WEISSER RING oder das bundesweite Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“.
Ausschussmitglieder von Regierungs- und Oppositionsfraktionen erkundigten sich laut Wahl bei Dr. Leidig nach ersten Zwischenergebnissen der Evaluation des Prostituiertenschutzgesetzes durch das Kriminologische Forschungsinstitut Niedersachsen e. V. (KFN) im Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. „Die Evaluation ist ein breit angelegter Prozess, um komplexe Zusammenhänge zu verstehen“, gab Wahl die Antwort der Staatssekretärin wieder. Sie habe im Juli 2022 begonnen und soll bis spätestens Juli 2025 mit Vorlage des Berichtes beim Deutschen Bundestag abgeschlossen werden. Erst dann könne die Landesregierung eine wissenschaftlich basierte Bewertung der Wirksamkeit vornehmen sowie Schlussfolgerungen daraus ziehen, so die Staatssekretärin. Zur Diskussion könnte dann etwa das Nordische Modell für Prostitution stehen, indem ein Sexkaufverbot gelte und somit die Kunden von Prostituierten kriminalisiert werden.
Im Europaausschuss: Austausch zu EU-Kohäsionspolitik und Steinbeis-Europa-Zentrum
Stuttgart. Der Ausschuss für Europa und Internationales hat sich in seiner Sitzung am Mittwoch, 12. Juni 2024, mit Karl-Heinz Lambertz, ehemaliger Ministerpräsident und Parlamentspräsident der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens und Mitglied der Hochrangigen Expertengruppe zur Zukunft der Kohäsionspolitik, zum Thema „Zukunft der EU-Kohäsionspolitik nach 2027 – aktuelle Entwicklungen“ ausgetauscht. Das hat die stellvertretende Vorsitzende Andrea Bogner-Unden (Grüne) mitgeteilt. Außerdem war Dr. Petra Püchner, Europabeauftragte der Ministerin für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus und Leiterin des Steinbeis-Europa-Zentrums, zu Gast zu einem Gespräch über ihre Tätigkeit.
Er wolle Appetit machen auf das, was im 80-seitigen „Expertenbericht zur Kohäsionspolitik nach 2027“ stünde, kündigte Karl-Heinz Lambertz zu Beginn seiner Ausführungen im Europaausschuss an. Und er hatte nicht zu viel versprochen. „Es ist Ihnen gelungen, dieses wichtige und ernste Thema einfach und anschaulich zu erklären“, lobte Bogner-Unden. Eingerichtet wurde die Expertengruppe von der EU-Kommissarin für Kohäsion und Reformen, Elisa Ferreira. Der Bericht ist das Ergebnis der intensiven Arbeit der Gruppe und beantwortet drei Schlüsselfragen zur Reflexion über die Zukunft der Kohäsionspolitik nach 2027: 1. Warum ist die Kohäsionspolitik für die Zukunft Europas von entscheidender Bedeutung? 2. Was macht die Kohäsionspolitik und was sollte sie machen? 3. Wie kann die Kohäsionspolitik ihre Aufgabe des wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalts vor dem Hintergrund des grünen, des digitalen und des demografischen Wandels besser erfüllen?
Lambertz machte deutlich, dass es nicht nur Freunde der Kohäsionspolitik gebe. Wenn man Befürworter einer stärkeren Integration sei, sei die Kohäsionspolitik jedoch ein unerlässlicher Bestandteil der Europapolitik, gehöre zur DNA der EU und sie müsse deshalb auch zukunftstüchtig bleiben bzw. gemacht werden. Sie müsse sich weiterentwickeln, denn sie habe auch Schwachpunkte. Ihr Alleinstellungsmerkmal sei eine Politik, die den Blick auf die Situation vor Ort lenke, bei der Regionen, Staaten und die EU auf Augenhöhe zusammenarbeiteten, sowohl bei der Definition der politischen Inhalte als auch bei der Umsetzung. Sie sei eine langfristig gedachte Politik. Auf Deutsch bedeute der Begriff Kohäsion Zusammenhalt. Die Expertengruppe habe sich mit der Frage beschäftigt, wie es mit der Kohäsionspolitik nach der EU-Erweiterung weitergehe. Sie müsse auf jeden Fall in allen Mitgliedstaaten (nicht nur in den neuen) stattfinden. Kohäsionspolitik müsse perfekt koordiniert sein, sie bringe Europa langfristig weiter und versehe alle Regionen Europas mit neuen Perspektiven. Es gehe vor allen Dingen darum, neue Potenziale zu entwickeln und sie in Interaktion zu bringen. Eine große Herausforderung sei die Entbürokratisierung. „Es ist wichtig, dass wir mit der Kohäsionspolitik vorankommen“, so Andrea Bogner-Unden am Ende von Lambertz Ausführungen.
Anschließend habe Dr. Petra Püchner ihr Tätigkeitsfeld vorgestellt. Ihre Hauptaufgabe sei Andrea Bogner-Unden zufolge das Werben für EU-Projektfinanzierungen für Kleinstunternehmen, kleine und mittlere Unternehmen (KMU) und Industrie sowie Start-Ups. Dr. Püchner ist seit Januar 2018 Europabeauftragte der Wirtschaftsministerin und Leiterin des Steinbeis-Europa-Zentrums. Die EU stelle andere Mittel zur Verfügung als die, die in Deutschland zur Verfügung gestellt würden. Dr. Püchner habe ausgeführt, dass etwa beim Programm Horizont 2020 im Förderzeitraum 2014 bis 2020 von insgesamt 1,62 Milliarden Euro 500,9 Millionen an baden-württembergische Unternehmen rückgeflossen seien, davon 233,5 Millionen Euro an KMU. Beim Programm Horizont Europa (2021 – 2027) seien bislang 223,8 Millionen Euro an BW-Unternehmen geflossen, von insgesamt 773,3 Millionen Euro. 130,2 Millionen Euro an KMU. Obwohl Baden-Württemberg hier auf einem guten Weg sei könnten die Zahlen noch besser sein, so Dr. Püchner. So sei es ihr ein großes Anliegen, noch mehr für diese Möglichkeiten der Förderung durch die EU bei baden-württembergischen Unternehmen zu werben. Wichtig sei auch eine breitere Vernetzung der Innovationsregionen in Europa, um gemeinsam mehr Strahlkraft und Einfluss etwa auf europäische Regularien zu nehmen, fasste die stellvertretende Vorsitzende Bogner-Unden Dr. Püchners Ausführungen zusammen.
Außerdem hat die Europabeauftragte die Internetplattform https://have-your-say.ec.europa.eu (Sagen Sie Ihre Meinung zu Europa und seiner Politik) vorgestellt. Auf der deutschsprachigen Web-Seite könne jeder Einfluss auf die EU-Politik nehmen, indem er seine Ansichten, etwa zu künftigen politischen Maßnahmen der EU, mitteile. Dr. Püchner warb dafür, möglichst frühzeitig mitzuarbeiten. Die stellvertretende Ausschussvorsitzende Bogner-Unden dankte der Europabeauftragten für ihre theoretischen und praktischen Einblicke in ihre Arbeit.
Baden-Württemberg Stiftung fördert Forschungsgutachten zur NS-Belastung ehemaliger südwestdeutscher Abgeordneter
Stuttgart. Der Aufsichtsrat der Baden-Württemberg Stiftung hat in seiner Sitzung am 5. Juni 2024 beschlossen, ein vom Landtag von Baden-Württemberg initiiertes Forschungsprojekt zur NS-Belastung ehemaliger Abgeordneter der südwestdeutschen Parlamente mit 310.000 Euro zu fördern. Ein wissenschaftlicher Beirat mit renommierten Expertinnen und Experten aus Baden-Württemberg begleitet die Forschungen. Koordiniert wird das Projekt von der Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg (LpB).
Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) zeigte sich sehr erfreut über die positive Entscheidung der Baden-Württemberg Stiftung, das vom Präsidium des Landtags förmlich beschlossene Forschungsprojekt finanziell zu unterstützen. Sie betonte: „Die Aufarbeitung der NS-Vergangenheit in allen Bereichen der Gesellschaft und damit auch in den Landesparlamenten ist ein zentraler Baustein unseres gegebenen Versprechens: Nie wieder!“ Nachdem nun auch die Finanzierung des Projekts auf den Weg gebracht wurde, könne nun mit der Forschungsarbeit begonnen werden. Erste Ergebnisse will der wissenschaftliche Beirat dem Präsidium bis zum Herbst 2025 vorlegen.
In einem ersten Teil soll ein Forschungsgutachten klären, ob im Landtag ausgestellte Kunstwerke, künstlerisch dargestellte Persönlichkeiten sowie die Kunstschaffenden durch den Nationalsozialismus belastet sind. Ein zweites Teilprojekt befasst sich mit möglichen NS-Belastungen ehemaliger Mitglieder der südwestdeutschen Parlamente zwischen 1946 und 1956. Dabei handelt es sich um 522 Abgeordnete, die in Baden, Württemberg-Baden, Württemberg-Hohenzollern und Baden-Württemberg die jeweiligen Landesverfassungen geschaffen und den Südweststaat gegründet haben. Dem Forschungsgutachten soll eine tiefer- und weitergehende Studie zu möglichen NS-Belastungen von Abgeordneten folgen, die zwischen 1956 und 2001 dem Landtag von Baden-Württemberg angehörten.
Innenausschuss informiert sich über Arbeit der Hubschrauberstaffel der Polizei
Stuttgart. Der Innenausschuss des Landtags hat diese Woche auf Einladung von Innenminister Thomas Strobl (CDU) die Hubschrauberstaffel der baden-württembergischen Polizei am Stuttgarter Flughafen besucht und sich über deren Arbeit informiert. „Die Polizeihubschrauberstaffel absolviert jährlich rund 2.300 Einsätze und leistet damit einen wichtigen Beitrag zur Sicherheit im Südwesten“, sagte der Vorsitzende des Gremiums, der CDU-Abgeordnete Ulli Hockenberger. Im Mittelpunkt des gemeinsamen Besuchs mit dem Innenminister am Mittwoch, 5. Juni 2024, stand auch aufgrund der anstehenden Fußball-Europameisterschaft das Thema polizeiliche Drohneneinsätze.
Nach Angaben Hockenbergers gehören zu den Einsatzschwerpunkten der Polizeihubschrauberstaffel Such- und Fahndungseinsätze sowohl bei Tag als auch bei Nacht. Darüber hinaus zählen Gewässerüberwachungsflüge, Flüge bei Großveranstaltungen und verkehrspolizeilichen Einsätzen, der schnelle Transport von Spezialeinheiten, die Brandbekämpfung aus der Luft oder andere Anlässe zur Bildübertragung zu den Aufgaben.
Im Mittelpunkt des Besuchs standen Hockenberger zufolge die in wenigen Tagen beginnende UEFA EURO 2024 und das Kompetenzzentrum für Drohnen, das bei der Polizeihubschrauberstaffel eingerichtet ist. Dieses sei laut Innenministerium bundesweit führend im Bereich der Drohnendetektion und -abwehr. Vor Ort hätten Vertreter der Polizei verdeutlicht, dass sich die Polizei in Baden-Württemberg – auch als Teil einer bundesweiten Projektgruppe – seit Monaten intensiv auf die bevorstehenden Veranstaltungen und Einsatzlagen vorbereite. Der Innenminister habe erläutert, dass nach jetzigem Stand keine Erkenntnisse vorlägen, die auf eine konkrete Gefährdung hindeuteten. Es gelte allerdings weiterhin, dass eine abstrakt hohe Gefährdungslage vorliege. Die Europameisterschaft finde in einem spezifischen geopolitischen Kontext statt. Deshalb müsse die Polizei auch die Hochrisikospiele, die in Stuttgart stattfinden, genau in den Blick nehmen. Dazu gehörten etwa die Gefahr von Cyberangriffen oder die Gefahr durch Drohnen.
Gerade bei Drohnen seien wegen der fortlaufenden technischen Entwicklung immer preisgünstigere und gleichzeitig leistungsfähigere Modelle verfügbar, die auch für Terrorangriffe eingesetzt werden könnten. Bei der UEFA EURO 2024 setze die Polizeihubschrauberstaffel deshalb Systeme zur Erkennung und Abwehr von Drohnen ein und habe anlässlich der Großveranstaltung in den vergangenen Monaten neue Drohnen beschafft. Bislang habe das Kompetenzzentrum 235 Beschäftigte der Polizei Baden-Württemberg zu Luftfahrzeugfernführern fortgebildet. Landesweit seien 145 Drohnen für unterschiedliche polizeiliche Zwecke im Einsatz. „Der Besuch der Hubschrauberstaffel hat einmal mehr deutlich gemacht, dass die Polizei in Baden-Württemberg für das anstehende Großereignis mit vielen Tausenden Gästen gut aufgestellt ist“, sagte Ulli Hockenberger.
Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg und Stuttgart 21 im Fokus
Stuttgart. Der Verkehrsausschuss hat sich in seiner Sitzung am Donnerstag, 6. Juni 2024, mit den Aufgaben und dem Stellenaufwuchs der Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg (NVBW) beschäftigt. Das berichtete der Ausschussvorsitzende Rüdiger Klos (AfD). Ein weiteres Thema seien Inbetriebnahmeszenarien für das Bahnprojekt Stuttgart 21 gewesen.
Mit der Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg mbh, deren Anteile zu 100 Prozent beim Land liegen, befasste sich der Ausschuss auf Antrag der SPD. Sie hatte einen umfangreichen Fragenkatalog an das Verkehrsministerium gerichtet. Aus den Antworten geht hervor, dass die NVBW als Dienstleister für das Ministerium längst nicht mehr nur den Schienenpersonennahverkehr im Land organisiert, sondern mehr und mehr auch sonstige Aufgaben im Rahmen des nicht schienengebundenen Personennahverkehrs übernimmt. Das betrifft den Bus-, Rad und Fußverkehr ebenso wie Projekte der digitalen Verkehrssteuerung und des Klimaschutzes.
Nach Angaben des Ministeriums sind für die NVBW derzeit 213,5 Stellen bewilligt. 2011 seien es 27,0 gewesen. Das Ministerium erklärte weiter, es verfüge über 390,5 Stellen. 2011, als das Ministerium seine Arbeit aufgenommen habe, seien es 59 gewesen. Nach Angaben des Ausschussvorsitzenden erklärte Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) in der Sitzung, die Aufgaben für die NVBW seien in den vergangenen Jahren stetig gewachsen, da man zunehmend Aufgaben übernommen habe, die früher beispielsweise von der Regionaltochter der Deutschen Bahn (DB Regio) erbracht worden seien. Der Personaleinsatz sei angemessen und liege im Ländervergleich im oberen Drittel, wobei man keinen Spitzenplatz belege.
Laut Klos kritisierten sowohl CDU als auch SPD, dass die NVBW als landesbeteiligte Gesellschaft der unmittelbaren parlamentarischen Kontrolle entzogen sei. So habe der Verkehrsausschuss keine Möglichkeit, etwa bei der Entwicklung des Stellenplans mitzureden. Aus Sicht des Parlaments sei dies kein guter Zustand. Besser sei es, wenn die Aufgaben von einer Abteilung des Ministeriums erledigt würden, hätten CDU und SPD argumentiert, so Klos. Der Minister habe erwidert, sein Haus müsse steuern und regulieren, das operative Geschäft gehöre aber nicht ins Ministerium. Die Grünen hätten dem zugestimmt, so der Ausschussvorsitzende.
Ein weiteres Thema im Ausschuss seien auf Antrag der Grünen mögliche Inbetriebnahmeszenarien für Stuttgart 21 gewesen, berichtete Klos. Fraktionsübergreifend sei die von der Deutschen Bahn offiziell noch nicht bestätigte abermalige Verschiebung des Projektstarts 21 begrüßt worden. Noch im März hatte die Bahn erklärt, sie sehe die Inbetriebnahme des künftigen Stuttgarter Hauptbahnhofs weiterhin für Dezember 2025 vor. Dann sickerte im Mai durch, die Bahn wolle alle wesentlichen Elemente von Stuttgart 21 – mit Ausnahme der Gäubahnanbindung über den Flughafen – bis spätestens Ende 2026 in Betrieb nehmen.
Nach Angaben des Ausschussvorsitzenden erklärte Verkehrsminister Hermann, er gehe davon aus, dass die Bahn konkrete Inbetriebnahmeszenarien für 2026 nunmehr in der Sitzung des S-21-Lenkungskreises in der kommenden Woche präsentieren werde. Die Verschiebung sei richtig. Es gelte, einen holprigen Start unbedingt zu vermeiden. Ab Dezember 2025 sei ohnehin maximal ein Probebetrieb möglich gewesen, habe Hermann erklärt, so Klos. Die FDP habe den Minister gebeten, bei der Sitzung des Lenkungskreise die Interessen der Fahrgäste in den Mittelpunkt zu stellen.
Bürokratieabbau und Förderung neuartiger Fluggeräte im Fokus
Stuttgart. Der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus hat sich in seiner Sitzung am Mittwoch, 5. Juni 2024, erneut mit den Fortschritten von Normenkontrollrat und Entlastungsallianz beim Bürokratieabbau befasst. Zudem diskutierte der Ausschuss die Entwicklung neuartiger Fluggeräte und die von der Landesregierung abgelehnte Unterstützung für das Unternehmen Volocopter. Dies hat der Ausschussvorsitzende Dr. Erik Schweickert (FDP/DVP) mitgeteilt. Zudem wurde die von der EU geplante Praktikumsrichtlinie thematisiert.
In einer Unterrichtung des Landtags in EU-Angelegenheiten habe Staatssekretär Dr. Patrick Rapp (CDU) in Vertretung von Ministerin Dr. Hoffmeister-Kraut (CDU) die kritische Haltung des Wirtschaftsministeriums zur sogenannten EU-Praktikumsrichtlinie erläutert, da die Richtlinie zwar auf die Verbesserung der Arbeitsbedingungen von Praktikanten abziele, jedoch einen erheblichen Aufwuchs an Bürokratie bedeute. Von Seiten der Grünen und der SPD habe man sich explizit zur Praktikumsrichtlinie bekannt und diese positiv bewertet. Von Seiten der CDU, FDP und AfD wurde die EUPraktikumsrichtlinie teilweise massiv kritisiert. „Diese zusätzliche Bürokratie könnten gerade kleine und mittelständische Unternehmen kaum leisten“, so Dr. Schweickert zur Debatte im Ausschuss. Der diesbezügliche Antrag der FDP/DVP-Fraktion auf Subsidiaritätsrüge sei bei Zustimmung durch FDP und AfD und Enthaltung der CDUFraktion durch die Gegenstimmen der Grünen-Fraktion sowie der SPD-Fraktion mehrheitlich abgelehnt worden.
In einem FDP/DVP-Antrag zu den Bürokratieabbaubemühungen der Landesregierung wollten die Antragsteller vom Staatsministerium wissen, wie der neu konstituierte Normenkontrollrat (NKR BW) und die Entlastungsallianz ausgestaltet seien und welche Seite 2 von 3 ersten Ergebnisse sie liefern konnten. Die Arbeit der beiden Gremien war bereits am 24. April 2024 Thema im Wirtschaftsausschuss (s. PM 47/2024). Die Antworten von Ministeriumsseite seien zu diesem Zeitpunkt noch nicht zufriedenstellend gewesen, nach einer Beschwerde bei der Parlamentspräsidentin aber noch einmal ergänzt worden, so Dr. Schweickert. „Der Ausschuss hat sich dann mit den gelieferten Ergänzungen des Staatsministeriums zufrieden gezeigt“, fasste Dr. Schweickert abschließend zusammen.
„Volocopter Bruchsal und die Ablehnung einer Bürgschaft durch die Landesregierung“ waren auf Antrag der SPD ein weiteres Thema im Ausschuss. Wie der Ausschussvorsitzende die Perspektive der Antragssteller wiedergab, sähen viele Expertinnen und Experten in der Entwicklung von emissionsfreien Fluggeräten und von sogenannten Flugtaxis eine Chance für die Mobilität der Zukunft. Das Unternehmen Volocopter GmbH in Bruchsal spiele eine bedeutende Rolle, auch für Chancen am Wirtschaftsstandort Baden-Württemberg. „Umso überraschender ist es, dass sich die Landesregierung nicht an einer Unterstützung beteiligen wollte“, warf Dr. Schweickert die Frage der Antragsteller auf.
Die Nachfragen und Antworten des Wirtschaftsministeriums zum Antrag der SPD fanden auf Wunsch der Landesregierung in einer vertraulichen Aussprache statt. Vor Eintritt in die vertrauliche Aussprache verwies der Ausschussvorsitzende noch auf die just am Tage vor der Ausschusssitzung stattgefundene Presseberichterstattung. Beispielsweise sei der Süddeutschen Zeitung zu entnehmen, dass nun verschiedene Aktionäre eingesprungen seien und eine Insolvenz des Unternehmens verhindert hätten.
In der öffentlichen Beantwortung des SPD-Antrags (Landtagsdrucksache 17/6640) stellte die Landesregierung dar, dass sie Volocopter seit vielen Jahren auf unterschiedliche Weise fördere. Das Land habe 2023 eine anteilig ergänzende KoFinanzierung des Unternehmens geprüft, letztlich seien aber keine passenden Instrumente dafür identifiziert worden.
Ferner befasste sich der Wirtschaftsausschuss mit Anträgen zu den Bildungsstätten des Handwerks, der Digitalisierungsprämie Plus sowie Start-up-Acceleratoren in den Bereichen Social, Female und GovTech.
Der Wirtschaftsausschuss bewilligte zudem Finanzhilfen von Invest BW für das folgende Fördervorhaben:
Unternehmen |
Fördervorhaben |
Fördersumme |
Kunststoff-Metallwarenfabrik Josef Schnee KG |
Innovative Fertigungstechnologie für Geschirrkorb-Baugruppen (Fliptines) |
642.927 Euro |
Bei einer weiteren Finanzhilfe habe der Ausschuss vor der Entscheidung und nach langer Debatte den Antrag zur vertieften Klärung von noch offenen Fragen zurück an das Wirtschaftsministerium überwiesen.
Landwirtschaftsausschuss besucht Landesgartenschau 2024 in Wangen im Allgäu
Stuttgart. Der Ausschuss für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz hat am Mittwoch, 5. Juni 2024, die Landesgartenschau in Wangen im Allgäu besucht. „Die Landesgartenschau in Wangen erfreut sich mit bisher rund 200.000 Besucherinnen und Besuchern großer Beliebtheit“, berichtete der Ausschussvorsitzende Martin Hahn (Grüne) im Rahmen des Ortstermins. Nach dem Hochwasseralarm am vergangenen Wochenende ist die Schau seit Dienstag, 4. Juni, wieder regulär geöffnet.
Nach der Sitzung des Landwirtschaftsausschusses im Großen Sitzungssaal im Rathaus der Stadt Wangen besichtigen die Ausschussmitglieder das Landesgartenschaugelände, auf dem die Folgen des Hochwassers in den Auwiesen noch zu sehen war. Dort wurden die Gremiumsmitglieder vom Vorsitzenden von bwgrün.de, Gerhard Hugenschmidt, sowie von den Geschäftsführern der Landesgartenschau in Wangen im Allgäu, Edith Heppeler und Karl-Eugen Ebertshäuser begrüßt.
Unter dem Motto „Sei’s wias will“, welches die Allgäuer Mentalität zusammenfassen soll, stehen Landwirtschaft, Wald, Forst und Handwerkskunst im Fokus. „Bei der diesjährigen Landesgartenschau in Wangen im Allgäu hat die Renaturierung der Argen eine besondere Rolle eingenommen“, so Martin Hahn. Das Flussbett wurde geweitet, verschiedene Strömungsverhältnisse geschaffen und der Argen insgesamt wieder mehr Raum gegeben. Abgeflachte Uferzonen laden zum Verweilen ein, so der Ausschuss-vorsitzende. „Hier zeigt sich wieder: Landesgartenschauen geben einen langfristig wirksamen Anschub für die ökologische Vielfalt in der Region“, betonte Hahn. Die Landesgartenschau in Wangen findet noch bis zum 6. Oktober 2024 statt.
Zahl der Hass-Straftaten in Baden-Württemberg erreicht höchsten Stand seit zehn Jahren
Stuttgart. Der Innenausschuss des Landtags hat sich in seiner Sitzung am Mittwoch, 5. Juni 2024, auf Antrag der Fraktionen Grüne und CDU mit der Entwicklung von Hasskriminalität in Baden-Württemberg befasst. Wie in der Sitzung deutlich wurde, ist die Zahl der Straftaten im Zusammenhang mit Hass und Hetze im vergangenen Jahr erheblich gestiegen. Im Jahr 2023 wurden im Südwesten 1.514 Hassdelikte registriert, das sind 650 Fälle mehr als im Jahr zuvor. Die Straftaten der Hasskriminalität haben damit im Zehnjahresvergleich einen Höchststand erreicht“, sagte der Ausschussvorsitzende Ulli Hockenberger (CDU).
Nach Angaben Hockenbergers hat das Innenministerium auf Anfrage der beiden Fraktionen mitgeteilt, dass die Zahl der Straftaten mit Bezug zu Hass und Hetze im vergangenen Jahr um 650 Fälle auf 1.514 Straftaten gestiegen ist. Die meisten davon hätten einen fremdenfeindlichen und rechtsmotivierten Hintergrund. In der Polizeilichen Kriminalstatistik werde Hasskriminalität unter dem Phänomenbereich politisch motivierte Kriminalität erfasst. Dabei werde zwischen den Themenfeldern „religiöse Ideologie“ (2023: 61 Fälle, 2022: 12), „ausländische Ideologie“ (2023: 311 Fälle, 2022: 69) „rechts“ (2023: 915 Fälle, 2022: 555), „links“ (2023: 13 Fälle, 2022: 14) und „sonstige Zuordnung“ (2023: 216 Fälle, 2022: 214 Fälle) unterschieden. Insbesondere im Bereich „rechts“ habe es eine starke Zunahme gegeben. Zudem hätten angesichts des Nahostkonflikts Delikte mit Bezug zu dem Konflikt an Bedeutung gewonnen.
Körperliche Übergriffe und unmittelbare Konfrontationen seien 2023 weiterhin eher selten gewesen. Der deliktische Schwerpunkt habe mit 665 erfassten Fällen bei den Volksverhetzungsdelikten gelegen, gefolgt von den Beleidigungsdelikten mit 214 erfassten Fällen. Nahezu die Hälfte der erfassten Fälle von Hasskriminalität sei im Jahr 2023 im Internet begangen worden. Die Fallzahlen hätten sich hier mit 699 Fällen im Jahr 2023 im Vergleich zum Vorjahr mit 266 Fällen mehr als verdoppelt.
Darüber hinaus werden laut Hockenberger die Delikte zusätzlich in Unterthemenfeldern erfasst, die eine genauere Zuordnung zu einzelnen Bereichen ermöglichen. Mehrfachnennungen seien dabei möglich. So weise die Statistik im Bereich „Antisemitisch“ 668 Straftaten (2022: 245), im Bereich „Antiziganistisch“ 15 Straftaten (2022: 14), im Bereich „Ausländerfeindlich“ 471 Straftaten (359), im Bereich „Behinderung“ sieben Straftaten (2022; 12), im Bereich „Christenfeindlich“ 41 Straftaten (2022: 17), im Bereich „Deutschfeindlich“ 21 Straftaten (2022: 24) und im Bereich „Frauenfeindlich“ 32 Straftaten (2022: 34) aus.
Hinzu kämen 1.377 Delikte (2022: 735) im Bereich „Fremdenfeindlich“, 65 Straftaten (2022: 27) im Bereich „Geschlechtsbezogene Diversität“, 32 Straftaten (2022: 21) im Bereich „Gesellschaftlicher Status“, 156 Straftaten (2022: 48) im Bereich „Islamfeindlich“, 235 Delikte (2022: 231) im Bereich „Rassismus“ und 100 Delikte (2022: 39) im Bereich „Sexuelle Orientierung“.
Im Bereich Hassposting wurden Hockenberger zufolge im Jahr 2023 840 Delikte erfasst. Im Jahr zuvor habe die Zahl noch bei 336 Fällen gelegen.
Landtagspräsidentin Aras: „Erhebt eure Stimme und verschafft eurer Meinung Gehör!“
Stuttgart. Die 51 Erstpreisträgerinnen und Erstpreisträger des 66. Schülerwettbewerbs des Landtags sind am heutigen Mittwoch, 5. Juni 2024, im Haus des Landtags in Stuttgart von Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) geehrt worden. „Respekt, Hut ab und Gratulation zu euren kreativen Arbeiten und klugen Argumenten, zu euren großartigen Beiträgen“, lobte Aras die Preisträgerinnen und Preisträger bei ihrer Begrüßung im Plenarsaal. Sie forderte die Jugendlichen auf: „Beteiligt euch an der Wahl am 09.06., bringt eure Stimme ein, macht aus dem Wahltag ein Event, ein Fest der Demokratie.“
Mehr als 2.500 Schülerinnen und Schüler aus ganz Baden-Württemberg sind dem Aufruf von Landtag und Landeszentrale für politische Bildung (LpB) gefolgt und haben sich am 66. Schülerwettbewerb des Landtags beteiligt. Insgesamt wurden 1.859 Beiträge eingereicht, 580 Arbeiten wurden von mindestens zwei Personen verfasst. 1.464 Schülerinnen und Schüler erhalten einen Preis, 937 Teilnehmende werden mit einem dritten Preis ausgezeichnet, 470 Mal wird ein zweiter Preis verliehen und es gibt 51 Erstpreisträgerinnen und -träger. Sechs Schülerinnen konnten sich über einen Förderpreis freuen, der bereits im April verliehen wurde.
In diesem Jahr wurden die Themen erstmalig von einem eigenen Gremium erstellt, dem neun Lehrkräfte aller Schularten angehören. Zum ersten Mal konnten auch Podcasts eingereicht werden, was dazu geführt hat, dass es in dieser Kategorie doppelt so viele Einsendungen gab als noch im Jahr zuvor, als nur die Ton-Reportage angeboten wurde. Ähnliche Zuwächse verzeichnet auch das Format „Gedicht“, das durch das Format „Poetry Slam“ ergänzt wurde. Wieder mehr Plakate (875) wurden beim 66. Schülerwettbewerb eingereicht, dieses Mal zur Frage, wie interkulturelles Zusammenleben gelingen kann. Sehr gefragt war das Thema Künstliche Intelligenz im Schulalltag, das 328 Schülerinnen und Schüler aufgegriffen haben. 670 Teilnehmende haben sich mit 471 Arbeiten eigenen politischen Fragestellungen gestellt, auch in kreativen Formaten wie Comics und Kurzgeschichten.
„Welche Frage ihr euch auch gestellt habt, alle sind wichtig. Es sind alles Themen, die wir nicht aus den Augen verlieren dürfen“, sagte Präsidentin Aras. „Ihr seid das beste Beispiel dafür, dass sich junge Menschen Gedanken um gesellschaftliche Themen machen und sich für unsere Gesellschaft interessieren.“ Mit Blick auf die am Sonntag stattfindenden Europa- und Kommunalwahlen appellierte die Präsidentin: „Nutzt die Möglichkeit! Geht zur Wahl!“
Die Erstpreisträgerinnen und Erstpreisträger dürfen sich über eine von der Landeszentrale für politische Bildung organisierte fünftägige Bildungsreise nach Prag freuen.
Enquetekommission „Krisenfeste Gesellschaft“ beschließt Handlungsempfehlungen
Stuttgart. Die Enquetekommission „Krisenfeste Gesellschaft“ hat den Weg frei gemacht für die Erstellung des Abschlussberichts. Das Gremium stimmte in einer nicht öffentlichen Beratungssitzung am Mittwoch, 15. Mai 2024, über die Handlungsempfehlungen für die vier Handlungsfelder Gesundheit, öffentliche Verwaltung, Gesellschaft und Wirtschaft ab. Die Fraktionen Grüne und CDU votierten für die Empfehlungen, die Fraktionen SPD und FDP/DVP dagegen. Die AfD-Fraktion war in der Sitzung nicht anwesend. Das teilte der Vorsitzende der Enquetekommission, der Abgeordnete Alexander Salomon (Grüne), mit.
Anlässlich der vorausgegangenen Krisen durch insbesondere die Pandemie, extreme Wetterereignisse, Bedrohungen kritischer Infrastrukturen und Kriege hat der Landtag in seiner 31. Plenarsitzung am 9. März 2022 auf Antrag der Fraktionen GRÜNE und CDU beschlossen, eine Enquetekommission „Krisenfeste Gesellschaft“ einzusetzen. Die Enquetekommission, der 14 Landtagsabgeordnete und acht Sachverständige als externe Mitglieder angehören, hat ihre Arbeit in der 1. Sitzung am 7. April 2022 aufgenommen.
Übergeordnetes Ziel der Enquetekommission ist es, das baden-württembergische Gemeinwesen in den Feldern Gesundheit, öffentliche Verwaltung, Gesellschaft und Wirtschaft auf künftige Krisen vorzubereiten, die Krisenvorsorge optimal zu gestalten und die Widerstandsfähigkeit unserer Gesellschaft zu stärken.
Die Enquetekommission hat in 25 Sitzungen mit zahlreichen Anhörungen von Expertinnen und Experten Handlungsempfehlungen für eine erfolgreiche Bewältigung zukünftiger Krisen herausgearbeitet.
„Die Geschäftsstelle der Enquetekommission arbeitet derzeit intensiv an der Fertigstellung des Abschlussberichts, der insbesondere auch die Minderheitenvoten beinhalten wird, so dass dieser wie geplant im Juli im Plenum eingebracht werden kann“, kündigt der Vorsitzende der Enquetekommission, Alexander Salomon, an.
Nach Angaben Salomons stimmte das Gremium in seiner 25. Sitzung am 15. Mai 2024 über die Gestaltung des Abschlussberichts ab und ist damit auf der Zielgeraden. Auf Antrag der Fraktionen Grüne und CDU beschloss die Enquetekommission mehrheitlich, als Anlagen die Tagesordnungen der Sitzungen, die Ablaufpläne der öffentlichen Anhörungen, den Abschlussbericht zum Bürgerforum „Krisenfeste Gesellschaft“ sowie die Abschlussdokumentation Krisenfeste Kinder- und Jugendbeteiligung in den Abschlussbericht aufzunehmen. Im Anhang des Abschlussberichts werde auf die öffentlich zugänglichen Dokumente verwiesen werden wie Protokolle der öffentlichen Sitzungen, Präsentation der Sachverständigen, schriftliche Stellungnahmen der Verbände und Große Anfragen zur Bestandsaufnahme der Enquetekommission. „Diese Dokumente sollen in einen rein digitalen Anlagenband aufgenommen und im Bericht auf der Internetseite des Landtags als Download angeboten werden“, berichtet der Vorsitzende. Einen Antrag der Fraktionen SPD und FDP/DVP, der sich ebenfalls mit der Struktur und der Gestaltung des Abschlussberichts befasste, habe das Gremium mehrheitlich abgelehnt.
Innenausschuss berät über mögliche Terrorziele von Jugendlichen sowie Ausschreitungen in Stuttgart
Stuttgart. Der Innenausschuss des Landtags hat sich in einer nicht öffentlichen Sitzung am Donnerstag, 16. Mai 2024, mit den islamistischen Terrorplänen von vier Jugendlichen und möglichen Anschlagszielen befasst. Dafür informierte Innenminister Thomas Strobl (CDU) die Mitglieder des Gremiums über den aktuellen Stand der Ermittlungen. Demnach sei Stuttgart kein Terrorziel der Jugendlichen gewesen. Das teilte der Vorsitzende des Gremiums, der CDU-Abgeordnete Ulli Hockenberger, mit. Zudem beriet der Innenausschuss über die Ausschreitungen bei der Revolutionären 1. Mai Demonstration in Stuttgart.
Nach Angaben Hockenbergers stellte Innenminister Strobl in der Sitzung den aktuellen Stand der Ermittlungen dar. Die Anfang April verhafteten Jugendlichen hätten sich über Messengerdienste ausgetauscht und einen islamistisch motivierten Terroranschlag geplant. Bei dem Ideenaustausch seien mehrere Städte in Deutschland als mögliche Ziele genannt worden, Baden-Württemberg habe aber nicht dazu gehört. Der Präsident des Landeskriminalamts, Andreas Stenger, habe ergänzt, in einer frühen Phase von Ideen sei Stuttgart zunächst als mögliches Anschlagsziel genannt worden. In späteren Phasen habe Stuttgart allerdings keine Rolle mehr gespielt. Der Fokus für mögliche Terroranschläge habe auf Nordrhein-Westfalen gelegen.
Die Ermittlungsbehörden ermittelten Strobl zufolge derzeit gegen vier Jugendliche, darunter einen 16-Jährigen aus Ostfildern, wegen des Verdachts der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat sowie Mord und Totschlag, berichtete Hockenberger. Der Jugendliche sei umgehend nach seiner Identifizierung am 1. April festgenommen worden. Dieser befinde sich wie die drei anderen Verdächtigen in Untersuchungshaft. Bei der Durchsuchung seiner Räumlichkeiten in Ostfildern seien Gegenstände sichergestellt worden, vor allem elektronische Geräte wie Handys. Waffen seien – anders als bei den Jugendlichen in NRW - bei der Durchsuchung nicht gefunden worden. Stenger habe auf Nachfrage von Abgeordneten ausgeführt, dass derzeit Gegenstand von Ermittlungen sei, ob der Jugendliche bereits im Vorfeld auffällig gewesen sei. Nach derzeitigem Stand sei dies nicht der Fall gewesen.
Hockenberger zufolge lobte Strobl die Arbeit der Sicherheitsbehörden. Diese seien wachsam und hätten schnell gehandelt. Die Zusammenarbeit zwischen Nachrichtendiensten und Polizei habe gut funktioniert. Das Gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum habe erneut seine Leistungsfähigkeit unter Beweis gestellt. Strobl habe auch ausgeführt, dass das LKA landesweit etwa 4.000 Personen dem islamistischen Extremismus zurechne, davon zähle eine mittlere zweistellige Zahl zu Gefährdern. Als alarmierend habe Strobl den Trend bezeichnet, sich in Chatgruppen über Gewalt auszutauschen und zu verherrlichen.
Zudem befasste sich das Gremium mit den Ausschreitungen bei der Revolutionären
1. Mai Demonstration in Stuttgart. Strobl habe auch in diesem Fall über den aktuellen Stand informiert. Demnach versammelten sich gegen Mittag 400 bis 500 Personen am Karlsplatz und zogen im Anschluss durch die Innenstadt. In der Tübinger Straße sei dann innerhalb des Demonstrationszugs ein Block gebildet worden, Teilnehmer hätten sich vermummt und entgegen der Auflagen Banner entrollt. Um auf die Einhaltung der Auflagen hinzuwirken, habe die Polizei den Demonstrationszug angehalten. Daraufhin hätten Teilnehmer die Polizei unvermittelt angegriffen und mit Pfefferspray, mit Schrauben versehenen Dachlatten sowie Fahnenstangen attackiert. Die Angriffe hätten eine so hohe Intensität gehabt, dass eine Polizeikette kurzzeitig zurückgeschoben worden sei. Durch den Einsatz von Polizeipferden und Pfefferspray sei die Lage wieder beruhigt worden, fasste Hockenberger die Ausführungen zusammen.
Bei den Ausschreitungen seien 30 Polizeibeamte leicht verletzt worden, vor allem durch Atemwegsreizungen, Prellungen und Zerrungen. Auch drei Polizeipferde seien verletzt worden. Strobl habe betont, dass die Behörden konsequent gegen die Gewalttäter vorgingen. Angriffe auf Polizeibeamte seien Angriffe auf unseren Staat und die Demokratie. Die Gewalttäter bekämen die volle Härte des Rechtsstaats zu spüren.
Für Verwunderung sorgte Hockenberger zufolge in der Sitzung der Bericht der Polizei, dass der Veranstalter der Demonstration wiederholt Kooperationsgespräche abgelehnt habe. Diese Information sei der Öffentlichkeit bislang nicht bekannt gewesen. Abgeordnete hätten in der Sitzung deutlich gemacht, dass Deeskalation von allen Seiten ausgehen müsse, also auch von Organisatoren einer Demonstration
Anpassung der Diäten nach Maßgabe der allgemeinen Einkommens- und Kostenentwicklung zum 1. Juli 2024
Stuttgart. Orientiert an den vom Statistischen Landesamt festgestellten Daten zur allgemeinen Einkommens- und Kostenentwicklung werden die Diäten der Abgeordneten des Landtags von Baden-Württemberg zum 1. Juli 2024 angepasst. Grundlage hierfür ist das sogenannte Indexierungsverfahren, das vom Landtag im Jahr 2005 eingeführt und am 9. Juni 2021 für die 17. Wahlperiode bestätigt wurde. Nach Angaben der Landtagsverwaltung erhöht sich entsprechend dieser Bemessungsmethode die steuerpflichtige Grundentschädigung für die Parlamentarierinnen und Parlamentarier um 5,9 Prozent auf 8.878 Euro (bisher 8.383 Euro).
Wie die Landtagsverwaltung weiter bekannt gibt, werden die Kostenpauschale um 6,3 Prozent auf 2.679 Euro (bisher 2.520 Euro) und der Vorsorgebeitrag für die Altersvorsorge um 3,42 Prozent erhöht auf 2.034 Euro (bislang 1.967 Euro). Bemessungszeitraum für die aktuelle Anpassung ist das Jahr 2023.
Indexierungsverfahren bedeutet, dass die Entschädigung auf der Grundlage statistischer Maßzahlen angepasst wird. Für die Grundentschädigung teilt das Statistische Landesamt die Veränderung des Nominallohnindex für Baden-Württemberg mit, der die allgemeine Einkommensentwicklung in Baden-Württemberg abbildet. Für die Kostenpauschale ermittelt das Statistische Landesamt den Wert anhand der Entwicklung des Verbraucherpreisindex für Baden-Württemberg, während sich der Vorsorgebeitrag an der Entwicklung des Höchstbeitrags zur allgemeinen Rentenversicherung ausrichtet. Auf der Grundlage dieser Werte werden die neuen Entschädigungsleistungen errechnet und von der Landtagspräsidentin im Gesetzblatt für Baden-Württemberg veröffentlicht.
Beschäftigungsquote von schwerbehinderten Menschen in der Landesverwaltung sinkt auf unter vier Prozent
Stuttgart. Mit der Beschäftigung schwerbehinderter Menschen in der Landesverwaltung hat sich der Ausschuss für Soziales, Gesundheit und Integration in der Sitzung am Mittwoch, 8. Mai 2024, befasst. Wie der Ausschussvorsitzende Florian Wahl (SPD) berichtete, kritisierte die SPD in der Sitzung die ihrer Auffassung nach unzureichenden Bemühungen der Landesregierung, die Beschäftigungsquote zu erhöhen. Auch der jüngst beschlossene Stellenpool für Menschen mit Schwerbehinderung, die in den Ministerien beschäftigt werden sollen, sei nicht ambitioniert genug.
Nach Angaben Wahls diskutierte der Ausschuss den laut einem Landtagsbeschluss jährlich vorzulegenden Bericht der Landesregierung zur Beschäftigung schwerbehinderter Menschen. Der aktuelle Bericht liefert Zahlen für das Jahr 2022. Danach lag die errechnete Beschäftigungsquote schwerbehinderter Menschen in der Landesverwaltung im Jahresdurchschnitt bei 3,99 Prozent. 2021 hatte der Jahresdurchschnitt noch 4,12 Prozent betragen, 2020 lag er bei 4,24 Prozent.
Laut dem Bericht erfüllen sechs Bereiche (2021: sieben Bereiche) der Landesverwaltung, die Zahlen zu der Erhebung beisteuern, die gesetzliche Pflichtbeschäftigungsquote in Höhe von fünf Prozent nicht. Damit sei es auch 2022 nicht gelungen, die Verpflichtung zur Zahlung einer Ausgleichsabgabe zu verhindern. Das Land Baden-Württemberg habe als Arbeitgeber bereits seit dem Jahr 2015 die Pflichtbeschäftigungsquote nicht mehr erreicht. Es sei deshalb im Jahr 2022 eine Ausgleichsabgabe in Höhe von insgesamt 4.057.603,69 Euro an das Integrationsamt beim Kommunalverband für Jugend und Soziales zu entrichten gewesen, heißt es in dem Bericht der Landesregierung.
Nach Angaben des Ausschussvorsitzenden würdigte die SPD zwar den in dieser Woche vom Kabinett beschlossenen Stellenpool für Menschen mit Schwerbehinderung, auf den die Ministerien zugreifen können, ohne die an ihn geknüpften Stellen selbst finanzieren zu müssen. Der Pool komme aber viel zu spät und die Zahl von 100 Poolstellen reiche nicht aus, um die Beschäftigungsquote von schwerbehinderten Menschen in der Landesverwaltung signifikant zu erhöhen. Die Quote werde von derzeit 3,99 lediglich auf 4,03 Prozent steigen, wenn der Pool komplett aufgefüllt sei, hätten die Sozialdemokraten vorgerechnet, so Wahl. Auch die Liberalen hätten dies als nicht ambitioniert genug kritisiert.
Wie der Ausschussvorsitzende weiter berichtete, hätten die Grünen ebenso wie Sozialminister Manfred Lucha (Grüne) in der Sitzung eingeräumt, dass Baden-Württemberg im Ländervergleich hinterherhinke. Dennoch sei der Stellenpool ein Meilenstein, der eine neue Dynamik in der Beschäftigung von Menschen mit Schwerbehinderung auslösen könne. Zugleich habe der Minister zu bedenken gegeben, dass die Nichterfüllung der Fünf-Prozent-Quote auch demografische Gründe habe, da viele langjährig beschäftigte schwerbehinderte Menschen aus den geburtenstarken Jahrgängen die Altersgrenze erreichten und aus der Landesverwaltung ausschieden. Auch das Thema Frühverrentung spiele eine Rolle, habe Lucha erklärt, so Wahl.
Laut Wahl konnte sich die SPD nicht mit ihrem Antrag durchsetzen, die Gemeinsame Verwaltungsvorschrift über die Beschäftigung schwerbehinderter Menschen in der Landesverwaltung umfassend zu ändern und beispielsweise als Zielbeschäftigungsquote sechs Prozent zu fixieren. Der Antrag habe keine Mehrheit erhalten.
Ausschuss für Landesentwicklung befasst sich mit Umsetzung von Beschlüssen der 142. Bauministerkonferenz
Stuttgart. Der Ausschuss für Landesentwicklung und Wohnen hat sich in seiner Sitzung am Mittwoch, 8. Mai 2024, mit der Umsetzung der Beschlüsse der 142. Bauministerkonferenz (BMK) in Baden-Württemberg, einem Antrag der Fraktion Grüne, befasst. Das hat die Vorsitzende Christiane Staab (CDU) mitgeteilt.
Nach Angaben Staabs hätten die Antragsteller mit ihrem Antrag die Umsetzung der auf der BMK erhobenen Forderungen auf Landesebene und den Stand der Überlegungen auf Seiten der zuständigen Ministerien ermitteln wollen. In einem Positionspapier seien bei der BMK verschiedene Beschlüsse gefasst, Forderungen gegenüber der Bundesregierung artikuliert und die Themen Umbau, Sanierung und Aufstockung in den Fokus gerückt worden. Dies sei insbesondere relevant vor dem Hintergrund der angestrebten Klimaneutralität Baden-Württembergs ab 2040 und der gesetzlich verankerten Sektorziele. Hier habe die Landesregierung besonders die energetische Sanierung, den Erhalt und die Ertüchtigung des Gebäudebestands als wichtige Maßnahmen identifiziert. „Im Ausschuss wurde das einhellig begrüßt“, berichtete Staab.
Das Ministerium habe in der Beantwortung dargelegt, dass nach Wegen gesucht werden solle, wie die Weiternutzung von Bestandsgebäuden wirtschaftlich attraktiv gestaltet werden könnte, so dass typische finanzielle Risiken einer Sanierung im Bestand ausgeglichen würden. Die Weiternutzung von bestehenden Gebäuden anstelle eines Ersatz-Neubaus trage signifikant dazu bei, Treibhausgasemissionen (THG-Emissionen) aus der Bautätigkeit zu verringern. Mit der Lebenszyklusbetrachtung könnten die Umweltwirkungen von Gebäuden während ihres gesamten Lebenszyklus ermittelt werden. Der Lebenszyklus umfasse die Herstellung und den Transport der eingesetzten Produkte und technischen Anlagenteile, die Errichtung und Nutzung und den späteren Rückbau der Gebäude sowie die daran anschließende Verwendung, Verwertung und Entsorgung. Durch den Erhalt des Gebäudebestands müssten die Treibhausemissionen für die Herstellung und den Transport der verbleibenden Baumaterialien und die Errichtung nicht mehr aufgewendet werden. Diese „Graue Energie“ könne nach dem Positionspapier der BMK im Sinne des Klimaschutzes zu einer „Goldenen Energie“ werden, in dem dieser Vorteil entsprechend bei der Ökobilanzierung gegenüber Neubauten umfassend berücksichtigt würde.
Nach Angaben Staabs habe die BMK unter baden-württembergischem Vorsitz Leitlinien zur Fortschreibung des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) und der Förderstandards auf Basis von Treibhausgasemissionen (THG-Emissionen) veröffentlicht und in der „Stuttgarter Erklärung“ zentrale Eckpunkte für die Fortschreibung des GEG formuliert habe. Darin fordere die BMK von der Bundesregierung unter anderem, neben dem bisherigen Standard-Ansatz einen individuellen, technologieoffenen Zielerreichungsplan (was die THG-Emissionen angeht) als ordnungsrechtliche Alternative im GEG zu etablieren. Derzeit sei die Lebenszyklusbetrachtung im Bundesförderprogramm „Klimafreundlicher Neubau“ eine Förderbedingung und gelte somit auch für geförderte Neubauten in Baden-Württemberg. Zudem sei die Lebenszyklusbetrachtung im Planungswerkzeug N!BBW, das vom Ministerium zur Verfügung gestellt werde, eines von zehn Nachhaltigkeitskriterien.
Ministerin Razavi habe dargelegt, so die Ausschussvorsitzende, dass es grundsätzlich darum gehe, Maßnahmen für ein kostengünstigeres Bauen zu ergreifen. Es müsse schneller geplant, schneller genehmigt und bauliche Standards abgesenkt werden. Auch solle die Digitalisierung genutzt werden, um schneller zu werden. Insgesamt habe die Bauministerkonferenz unter dem Vorsitz Baden-Württembergs große Schritte gemacht. Überdies sei einstimmig ein sog. „Belastungsmoratorium“ verabschiedet worden, das verhindern solle, dass sich Bauen verteuere. Die Vorschläge zur Änderung der Landesbauordnung seien derzeit in der Ressortabstimmung und würden dann in einer Anhörung noch ausführlich diskutiert.
Weitere Themen in der Sitzung waren die Fortsetzungen der Beratungen zu den Anträgen „Flächenbesitzverhältnisse und Bodenpolitik in Baden-Württemberg“, ein Antrag der SPD und das „Versagen des Landes beim Runden Tisch Wohnbau“ (FDP/DVP). Außerdem „Flächenmanager“ (AfD), die „Rolle der Regionalverbände in der Innenstadtentwicklung vor dem Hintergrund des Planungsgebots“ (FDP/DVP), der „Sachstand der Entschlackung der Landesbauordnung und Auswirkungen auf die Bautätigkeit in Baden-Württemberg“ (AfD) sowie „Wohnraummangel und Ausbildungswohnheime“ (AfD).
Gauck und Aras: Wir müssen die Demokratie gegen ihre Feinde verteidigen
Stuttgart. Bundespräsident a. D. Joachim Gauck und Landtagspräsidentin Muhterem Aras haben am Mittwoch in Stuttgart dazu aufgerufen, die Demokratie entschlossen gegen ihre Feinde zu verteidigen. Gauck hielt am Abend im Landtag von Baden-Württemberg vor rund 500 Gästen die Festrede bei einer Veranstaltung zum 75. Jahrestag der Verabschiedung des Grundgesetzes durch den Parlamentarischen Rat am 8. Mai 1949 in Bonn. Dazu hatte die Landtagspräsidentin im Rahmen der von ihr initiierten Reihe WERTSACHEN eingeladen.
„Trotz Wertebindung garantiert das Grundgesetz allein nicht, dass unsere freiheitlich-demokratische Ordnung überlebt“, mahnte der frühere Bundespräsident. Die Demokratie brauche Demokraten, damit sie widerstandsfähig ist. „Die vielen Demonstrationen in den letzten Monaten gegen eine Aushöhlung der Demokratie haben mir gezeigt, dass sehr viele Bürger unseres Landes den Auftrag verstanden haben“, so Gauck. Landtagspräsidentin Aras erklärte: „Bei allen Angriffen auf die Demokratie ist die Härte des Rechtsstaats gefragt.“ Gefragt seien aber auch „die klare Haltung und Positionierung aller Demokratinnen und Demokraten in unserem Land. Denn so, wie das Grundgesetz unsere Menschenwürde achtet und schützt, müssen auch wir das Grundgesetz achten und schützen.“
Wer lange vom Guten profitiere, gewöhne sich so daran, dass er es oft nicht mehr zu schätzen weiß, sagte Gauck. Dann verwies er auf die eigene Biografie: „Aber ich, der ich fünf Jahrzehnte in einer Diktatur gelebt habe, empfand und empfinde dieses Grundgesetz als ein großes Glück. Es schuf die Grundlage für ein freiheitliches Westdeutschland, das jahrzehntelang meinen Sehnsuchtsort bildete, und es hat beigetragen zur deutschen Einheit, die auch mich Teil einer demokratischen Ordnung werden ließ.“ Für ihn sei „die heutige Feier deswegen kein leeres Ritual und ganz gewiss keine Pflichtübung, sondern eine willkommene Gelegenheit, das Grundgesetz auch nach 75 Jahren als eine bewährte Grundlage für unsere Freiheit und Demokratie zu würdigen“.
Auch Landtagspräsidentin Aras verwies auf die eigene Herkunft. „Der Bau, den der Parlamentarische Rat Baustein für Baustein, Artikel für Artikel errichtet hat, dieser Bau ist ein gutes Haus geworden. Ein gutes Haus, für alle die hier leben und die Hausordnung achten. Ob sie im Geltungsbereich des Grundgesetzes geboren sind oder hier eine Heimat gefunden haben: Menschen wie meine Eltern und ich, die wir aus Unfreiheit in den Freiheitsraum und Schutz des Grundgesetzes gelangten und darin heimisch geworden sind“, sagte Aras. Nie hätten es sich ihre Eltern vorstellen können, „dass Menschen die Errungenschaften der Demokratie mit Füßen treten, sie verachten, eine Diktatur oder gar einen Gottesstaat auf deutschem Boden fordern könnten“.
Umso mehr gelte es nun, dagegenzuhalten und zusammenzuhalten, „wenn es darum geht, unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung zu verteidigen“, so die Landtagspräsidentin. Gauck erinnerte in diesem Zusammenhang daran, den Müttern und Vätern des Grundgesetzes sei aus historischer Erfahrung sehr bewusst gewesen, dass die Demokratie nicht achtlos gegen Demokratiefeinde sein dürfe. Carlo Schmid, Jurist, Sozialdemokrat, der maßgeblich das Grundgesetz mitgestaltete, habe von Anfang an den „Mut zur Intoleranz“ jenen gegenüber gefordert, „die die Demokratie gebrauchen wollen, um sie umzubringen“, so der frühere Bundespräsident.
Die von Nicole Köster moderierte abendliche WERTSACHEN-Veranstaltung mit Joachim Gauck und den Podiumsgästen Tijen Onaran und Dr. Ronen Steinke bildete den Abschluss der Feierlichkeiten zum 75. Grundgesetzgeburtstag rund um Landtag und Opernvorplatz, die am Mittag nach der Plenarsitzung mit einem Lunchkonzert im Opernhaus begonnen hatten. Anschließend wurde das Fest auf dem Areal zwischen Landtag und Oper mit viel Musik und Mitmachaktionen fortgesetzt.
Bürgerinnen und Bürger nutzten dabei die Gelegenheit, mit Abgeordneten aller Fraktionen, der Bürgerbeauftragten des Landes sowie mit Vertreterinnen und Vertretern der Landeszentrale für politische Bildung und des Landesverfassungsgerichtshofs ins Gespräch zu kommen. „Ich freue mich sehr, dass so viele Menschen gekommen sind, um rund um den Landtag gemeinsam unser wunderbares Grundgesetz zu feiern und auch damit die Demokratie zu festigen“, sagte Landtagspräsidentin Aras.
Hintergrund des Jubiläums: Am 8. Mai 1949 wurde das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland im Parlamentarischen Rat beschlossen, am 23. Mai 1949 wurde es offiziell verkündet. Die Grundwerte, die in unserer Verfassung niedergeschrieben sind, waren eine Reaktion auf die Schrecken des Nationalsozialismus: Nie wieder sollten in diesem Land Diktatur und Unrecht herrschen.
Das Jubiläumsjahr 2024 feiert der Landtag von Baden-Württemberg noch bis zum Herbst mit verschiedenen Veranstaltungen. Das Motto lautet: „75 Jahre Grundgesetz: Deine Freiheit. Mein Respekt“.
75 Jahre Grundgesetz: Landtag von Baden-Württemberg lädt zu Jubiläumsveranstaltung ein
Stuttgart. Der Landtag von Baden-Württemberg und die Staatsoper Stuttgart feiern am Mittwoch, 8. Mai 2024, den 75. Geburtstag des Grundgesetzes mit viel Musik rund um Landtag und Staatsoper Stuttgart. Beim „Fest zur Festigung der Demokratie“ gibt es für Besucherinnen und Besucher auch Mitmachaktionen sowie die Möglichkeit zu Gesprächen mit Abgeordneten aller Fraktionen auf dem Opernvorplatz. Am Abend hält Bundespräsident a. D. Joachim Gauck bei der Jubiläumsveranstaltung im Rahmen der WERTSACHEN-Reihe die Festrede.
„Dieses Jubiläum ist ein großartiger Anlass, stolz auf unsere Demokratie zu schauen, sich aber auch vor Augen zu führen, was momentan durch das Erstarken von Verfassungsfeinden auf dem Spiel steht“, so Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) im Vorfeld des Festes. „Alle Menschen sind daher am 8. Mai herzlich eingeladen, gemeinsam unser wunderbares Grundgesetz zu feiern und auch damit die Demokratie zu festigen“, betont die Landtagspräsidentin. Das Fest zum Verfassungsjubiläum startet um 12:45 Uhr mit einem Lunchkonzert im Foyer I. Rang des Opernhauses. Cellisten des Staatsorchesters Stuttgart präsentieren Musik-Highlights aus Klassik, Pop und Oper in mitreißenden Arrangements. Es begrüßen der Intendant der Staatsoper Stuttgart, Viktor Schoner, und Landtagspräsidentin Muhterem Aras.
Im Anschluss, etwa ab 13:30 Uhr, wird das Geburtstagsfest auf dem Opernvorplatz fortgesetzt. Der Landtag lädt ein zu Austausch und Gesprächen mit Abgeordneten aller Fraktionen, der Bürgerbeauftragten des Landes sowie Vertreterinnen und Vertretern der Landeszentrale für politische Bildung und des Landesverfassungsgerichtshofs. Bei verschiedenen Mitmachaktionen kann jede und jeder selbst aktiv werden und sich informieren. Für musikalische Unterhaltung sorgt Sänger und Gitarrist Matthias Klink, der mit seiner Band JABB Blues und Jazz-Rock spielen wird. Die Außengastronomie der Oper ist geöffnet.
Am Abend findet als Teil der Veranstaltungsreihe „WERTSACHEN – Was uns zusammenhält“ eine Podiumsdiskussion zum Thema „75 Jahre Grundgesetz – Unsere Verantwortung für Demokratie und Zusammenhalt“ statt. Nach einem Grußwort von Landtagspräsidentin Muhterem Aras hält Bundespräsident a. D. Joachim Gauck die Festrede. Wie erhalten wir die Errungenschaften unserer Demokratie? Wie sichern wir den gesellschaftlichen Zusammenhalt in einer Zeit, in der demokratiefeindliche Einstellungen und Misstrauen gegenüber dem Staat zunehmen und die offene, liberale Gesellschaft bedrohen? Über diese Fragen diskutieren mit Moderatorin Nicole Köster anschließend die Unternehmerin Tijen Onaran, der Jurist und Autor Dr. Ronen Steinke und Joachim Gauck.
Hintergrund des Jubiläums: Am 8. Mai 1949 wurde das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland im Parlamentarischen Rat beschlossen und am 23. Mai 1949 offiziell verkündet. Die Grundwerte, die in unserer Verfassung niedergeschrieben sind, waren eine Reaktion auf die Schrecken des Nationalsozialismus: Nie wieder sollten in diesem Land Diktatur und Unrecht herrschen. Das Jubiläumsjahr 2024 feiert der Landtag von Baden-Württemberg unter dem Motto: „75 Jahre Grundgesetz: Deine Freiheit. Mein Respekt“ mit verschiedenen Veranstaltungen.
Umweltausschuss diskutiert Empfehlungen des Klimasachverständigenrates
Stuttgart. Der Ausschuss für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft hat im öffentlichen Teil seiner Sitzung am Donnerstag, 2. Mai 2024, den Bericht des Klimasachverständigenrates besprochen. „Die kürzlich erfolgte Einschätzung des Klimasachverständigenrates hat gezeigt, dass Baden-Württemberg bei den Klimazielen und insbesondere den Sektorzielen nicht im Plan liegt“, teilte der Ausschussvorsitzende Daniel Karrais (FDP/DVP) aus der Sitzung mit.
„Die Regierung hat hier Handlungsbedarf“, so Karrais weiter, „Vorschläge für die drängendsten Punkte wurden vom Klimasachverständigenrat vorgestellt. Es zeigt sich, dass bei vielen Themen der Bund oder die EU zuständig sind, einen passenden Rahmen zu schaffen. Trotzdem muss das Land eine ausreichende Finanzierung für die Kommunen sicherstellen“, sagte der Vorsitzende.
Der vollständig in der Sitzung anwesende Klimasachverständigenrat gab seine Einschätzungen zu den Themen Carbon Management, Wärmewende und Finanzierung kommunaler Klimaneutralität ab. Die Vorsitzende des Rates, Maike Schmidt vom Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg, betonte, um CO2-Neutralität im Land zu erreichen, gebe es aus Klimaschutzsicht weiterhin die klare Rangfolge Dekarbonisierung vor Defossilierung vor den aktuell stark diskutierten Methoden Carbon Capture and Use (CCU) und Carbon Capture and Storage (CCS). „Der vollständige Verzicht auf Kohlenstoff ist bei der Energieerzeugung und -nutzung der am schnellsten umsetzbare und kosteneffizienteste Weg“, so Schmidt. „CCU und CCS sind ein unerlässlicher Baustein, um Netto-Treibhausgasneutralität zu erreichen, aber ohne eine CO2-Infrastruktur sind sie für Baden-Württembergs Industrie nicht nutzbar.“ Das Land müsse deshalb schnell in die Infrastrukturplanung und -realisierung einsteigen und die Industriezweige ebenso wie zivilgesellschaftliche Akteure einbinden.
Zur Wärmewende fasste Dr. Martin Pehnt, wissenschaftlicher Geschäftsführer des ifeu – Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg gGmbH, die Aufgaben einer Wärmepolitik des Landes zusammen. Die Europäische Gebäuderichtlinie EPBD werde große Auswirkungen auf das Land haben und müsse in deutsches Recht umgesetzt werden. „Die EPBD verpflichtet dazu, sechzehn Prozent der schlechtesten Nichtwohngebäude zu sanieren“, so Pehnt. Das Land Baden-Württemberg werde die Vorgaben und Förderprogramme des Bundes flankieren müssen etwa durch entschlackte Verfahren, den Ausbau von Wärmenetzen, eine differenzierte Förderung mit sozialen Kriterien und die Verzahnung mit der Städtebauförderung. Prof. Dr. Sabine Löbbe von der Hochschule Reutlingen thematisierte die immensen Investitionsbedarfe in Kommunen und Unternehmen. „Die Anzahl finanzschwacher Kommunen wächst, die herkömmliche Kommunalfinanzierung ist nicht ausreichend für die Bewältigung der Zukunftsaufgaben zum Klimaschutz“, betonte Löbbe. Der Klimasachverständigenrat empfehle dem Land u.a., die finanzielle Ausstattung der Kommunen dauerhaft zu erhöhen, um eine langfristige verbindliche Rahmensetzung statt unsicherer Fördermittel anzubieten. Zudem sei zu prüfen, ob das Land selbständig einen Fond als übergreifendes Finanzierungsinstrument für den kommunalen Klimaschutz auflegen könne.
Die Regierungsfraktionen verwiesen im anschließenden Austausch insbesondere auf die Frage der Finanzierung als Knackpunkt der Empfehlungen und den genau zu erörternden Spielraum auf Landesebene, berichtete Daniel Karrais. Vonseiten der Oppositionsfraktionen sei betont worden, mit der Änderung im Bund, was die vereinbarten Sekorenziele betreffe, stelle sich die Frage, ob das Land weiter an den Zielen festhalte. Über allem stehe die Planungssicherheit der nächsten Jahre, für die Bürgerinnen und Bürger, aber auch für die Kommunen, die teilweise schon jetzt rote Zahlen schrieben. „Die Zukunft der Festschreibung von Sektorzielen des Landes ist im Ausschuss umstritten. Es müssen weitere Debatten folgen, ob ein baden-württembergischer Sonderweg weiter richtig ist“, fasste Karrais abschließend zusammen. Der Ausschuss bedankte sich fraktionsübergreifend bei den sechs Expertinnen und Experten des Klimasachverständigenrates für ihren wissenschaftlich fundierten Überblick.
Debatte über Tätigkeitsbericht 2023 der Bürgerbeauftragten
Stuttgart. Der Ständige Ausschuss hat in seiner Sitzung am Donnerstag, 2. Mai 2024, über den Tätigkeitsbericht der Bürgerbeauftragten des Landes für das Jahr 2023 beraten. Das berichtete der Ausschussvorsitzende Guido Wolf (CDU).
Nach Angaben des Ausschussvorsitzenden führte die Bürgerbeauftragte Beate Böhlen in der Sitzung aus, Bürgerinnen und Bürger hätten sich im Berichtsjahr in 837 Fällen an sie und ihr Team gewandt. Dieser Wert entspreche der Anzahl der angelegten Akten und stehe für Fälle, in denen umfangreichere Bearbeitungen notwendig waren und beispielsweise zuständige Behörden angeschrieben wurden, Prüfungen der Sach- und Rechtslage oder ausführlichere Auskünfte und Beratungen erfolgten. Nicht mitgezählt worden seien einfachere, oft telefonische Anfragen, die man unmittelbar habe beantworten können.
Schwerpunktmäßig greife der Tätigkeitsbericht Beschwerden von Eltern und Elternteilen über die Arbeit von Jugendämtern, über die stockende Digitalisierung und über die Arbeit von Ausländerbehörden auf, habe Böhlen erklärt, so Wolf. Die Bürgerbeauftragte habe beispielhaft den Fall eines Beschwerdeführers vorgetragen, dessen bestehendes Arbeitsverhältnis gekündigt worden sei, weil die zuständige Ausländerbehörde ihm auch nach vier Monaten die erforderlichen Papiere nicht habe aushändigen können.
773 der 837 Fälle seien inzwischen abgeschlossen, habe die Beauftragte weiter berichtet. Von den abgeschlossenen Eingaben seien rund 76 Prozent mit positivem Ergebnis bearbeitet worden. Davon seien in 13 Prozent der Fälle eine vollumfängliche und in drei Prozent der Fälle eine teilweise Abhilfe möglich gewesen. Durch Information und Beratung sei es in 45 Prozent der Fälle möglich gewesen, den Menschen eine Hilfestellung zur Überwindung ihrer Problematik zu geben. Durch Weiterleitung und Vermittlung haben man in 14 Prozent der Fälle eine Weichenstellung zur Abhilfe schaffen können. In zwölf Prozent der Fälle habe man dem Anliegen nicht abhelfen können. Ebenfalls in zwölf Prozent der Fälle seien Anliegen zurückgezogen worden oder es seien keine Unterlagen nach dem Erstkontakt nachgereicht worden.
In ihrer besonderen Zuständigkeit für die Polizei Baden-Württemberg habe sie insgesamt 194 Eingaben erhalten, davon 177 von Bürgerinnen und Bürgern und 17 von Polizeiangehörigen, habe Böhlen erklärt, so der Ausschussvorsitzende. Bei den Beschwerden von Bürgerinnen und Bürgern gegen die Polizei sei es etwa um die unrechtmäßige Ausübung von Gewalt oder Diskriminierung aufgrund ethnischer Herkunft gegangen. Böhlen habe darüber informiert, dass sie dazu bereits dem Innenausschuss berichtet habe, so der Ausschussvorsitzende.
Nach Angaben von Wolf dankten alle Fraktionen mit Ausnahme der AfD der Bürgerbeauftragten und ihrem Team für ihre Arbeit, da diese wichtig sei. Die AfD habe erklärt, die Bürgerbeauftragte sei zu teuer und daher abzulehnen. Die Grünen hätten geäußert, die Empfehlungen der Bürgerbeauftragten etwa zur Prozessbeschleunigung in Behörden seien nicht nur zur Kenntnis zu nehmen, sondern müssten auch umgesetzt werden. Dafür sei es auch erforderlich, dass Behörden sich untereinander besser vernetzen.
Debatte über Beschleunigungspakt und Empfehlungen des Verkehrsgerichtstags
Stuttgart. Der Verkehrsausschuss hat sich in seiner Sitzung am Donnerstag, 25. April 2024, mit dem sogenannten Beschleunigungspakt zwischen Bund und Ländern sowie mit den jüngsten Empfehlungen des Deutschen Verkehrsgerichtstags befasst. Ein weiteres Thema war nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Rüdiger Klos (AfD) die Berücksichtigung regionaler Betriebshöfe bei Ausschreibungen und Vergaben im öffentlichen Personennahverkehr.
Mit dem im vergangenen November beschlossenen Pakt für Planungs-, Genehmigungs- und Umsetzungsbeschleunigung zwischen Bund und Ländern befasste sich der Ausschuss auf Antrag der CDU. Sie wollte in Erfahrung bringen, wann mit ersten Ergebnissen zu rechnen sei. Das zuständige Staatsministerium wies im Einvernehmen mit weiteren Ministerien auf die im Rahmen des Pakts eingerichtete Bund-Länder-Arbeitsgruppe hin, die am 19. Januar erstmals getagt habe. Dort seien noch keine inhaltlichen Entscheidungen getroffen worden.
Nach Angaben des Ausschussvorsitzenden erklärte ein Mitarbeiter des Staatsministeriums in der Sitzung, dass erste Ergebnisse voraussichtlich im Rahmen der Konferenz der Ministerpräsidenten mit dem Bundeskanzler in kommenden Juni vorgelegt werden sollen. Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) habe bekräftigt, dass das Land Verkehrsvorhaben in eigener Verantwortlichkeit bereits beschleunige, wo immer dies möglich sei, so Klos. Die CDU habe den Antrag für nicht erledigt erklärt, da wesentliche Fragen noch nicht beantwortet seien. Der Minister habe zugesagt, spätestens nach der Konferenz im Juni Rede und Antwort zu stehen.
Die Berücksichtigung regionaler Betriebshöfe bei Ausschreibungen und Vergaben von öffentlichen Leistungen am Beispiel des Personennahverkehrs thematisierte der Ausschuss auf Antrag der FDP/DVP. Die Liberalen wollten wissen, inwiefern es im Rahmen von Ausschreibungen sowohl im Bus- wie auch Schienenverkehr möglich ist, das Vorhandensein eines oder mehrerer Betriebshöfe im näheren Umkreis der ausgeschriebenen Verkehrsleistungen zur Bedingung zu machen. Wenn dies gegeben sei, bestehe bei technischen Problemen die Möglichkeit einer schnelleren Reparatur oder eines Fahrzeugersatzes.
Aus der Antwort des Verkehrsministeriums geht hervor, dass öffentliche Auftraggeber neben dem grundsätzlichen Vorhandensein eines Betriebshofs auch einen bestimmten Umkreis vorgeben können, in dem dieser zu liegen hat. Es dürfe aber grundsätzlich kein Umkreis für einen Betriebshof gewählt werden, bei welchem von vornherein absehbar ist, dass nur ein Bewerber dort einen Betriebshof vorhalten könnte, sodass die anderen Bewerber von vornherein die Vertragspflicht nicht erbringen könnten.
Nach Angaben des Ausschussvorsitzenden erklärte Minister Hermann auf Nachfrage der FDP/DVP, dass Ministerium empfehle den für den Busverkehr zuständigen Kommunen, bei Ausschreibungen die Erreichbarkeit von Betriebshöfen zu berücksichtigen. Dies sei aber Sache der Kommunen, nicht des Landes. Das Land werde in seiner Zuständigkeit künftig verstärkt entsprechende Vorgaben für den Schienenverkehr machen und versuche schon jetzt, wie jüngst in Pforzheim, auch selbst Betriebswerkstätten für Schienenfahrzeuge zu übernehmen, wenn sich die Gelegenheit biete. Gute erreichbare Werkstätten in einem Umkreis von möglichst deutlich unter 100 Kilometern seien essentiell für funktionsfähigen Schienenverkehr, habe der Minister erklärt, so Klos. Die Liberalen hätten dem beigepflichtet.
Auf Antrag der Grünen behandelte der Ausschuss die Empfehlungen des jüngsten Verkehrsgerichtstags (VGT) in Goslar. Darunter auch die Empfehlung, Fahrzeuge einzuziehen, die bei strafbaren Trunkenheitsfahrten genutzt worden sind. In der Praxis werde sich ein Vollzug schon deshalb als schwierig erweisen, da viele Fahrzeuge nicht nur einen, sondern mehrere Eigner haben, antwortete das Verkehrsministerium im Einvernehmen mit weiteren Ministerien. Wie der Ausschussvorsitzende berichtete, habe der Verkehrsminister in der Sitzung aber grundsätzlich Sympathie für ein härteres Vorgehen gegen Straftäter gezeigt und in diesem Zusammenhang auf das Vorbild der Schweiz verwiesen.
Hermann habe zudem signalisiert, er werde Pläne zur Errichtung einer Meldestelle für Bagatellunfälle mit Sachschaden befürworten, wie ebenfalls vom VGT empfohlen. Dort könnten sich Unfallverursacher registrieren lassen. Dies könne die bestehende Warte- und Auskunftspflicht nach Paragraf 142 des Strafgesetzbuches (Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort) bürgernah und zeitgemäß ergänzen.
Finanzausschuss berät über neue Richtlinien für Förderung von Bau und Sanierung von Vereinssportanlagen
Stuttgart. Der Finanzausschuss des Landtags hat sich in seiner Sitzung am Donnerstag, 25. April 2024, mit den vom Parlament geforderten neuen Richtlinien bei Zuwendungen für den Bau und die Sanierung von Vereinssportanlagen befasst. Das Staatsministerium kam nun der in dem Beschluss enthaltenen Forderung nach, den Abgeordneten über die veranlassten Maßnahmen zu berichten. Das hat der Vorsitzende des Gremiums, der SPD-Abgeordnete Martin Rivoir, mitgeteilt.
Nach Angaben Rivoirs hatte der Rechnungshof in seiner Denkschrift 2022 zur Haushalts- und Wirtschaftsführung des Landes das Verfahren für Zuwendungen kritisiert. Der Rechnungshof hatte untersucht, wie das Land das Förderverfahren in den Jahren 2017 bis 2021 mit einem Gesamtvolumen von 85,4 Millionen Euro durchführte und wie die Sportbünde und Sportvereine als Zuwendungsempfänger die Fördervorhaben umsetzten. Die Rechnungsprüfer seien zu dem Ergebnis gekommen, dass bei der Vereinssportanlagenförderung der sich aus den gestellten Förderanträgen ergebende Mittelbedarf seit vielen Jahren das Volumen der bewilligten Zuwendungen übersteige. Eingehende Förderanträge würden daher regelmäßig mehrere Jahre zurückgestellt, bevor sie bewilligt werden.
Der Landtag hatte Rivoir zufolge daraufhin im November 2022 einen mehrere Punkte umfassenden Beschluss gefasst. Unter anderem sehe dieser vor, dass die Landesregierung darauf hinwirken solle, dass die Sportbünde die für die Vereinssportanlagen veranschlagten Mittel tatsächlich hierfür verwenden. Außerdem solle laut Beschluss sichergestellt werden, dass aus Gründen der Gleichbehandlung Sportfördermittel landesweit nach einheitlichen Maßstäben gewährt werden.
Das Staatsministerium habe Rivoir zufolge mitgeteilt, dass vom Landessportverband Baden-Württemberg eine Arbeitsgruppe eingerichtet worden sei, in der alle drei Sportbünde mit Präsident, Geschäftsführer und Bauberater sowie Vertreter des Landessportverbands vertreten gewesen seien. Als Ergebnis sei unter anderem festgelegt worden, dass eine angemessene Eigenbeteiligung der Vereine von in der Regel 15 Prozent eingefordert werde, Anträge zur Förderung von Luftsportvereinen und des Skisports zugelassen würden, vereinseigene Schwimmbäder sowie Spielfeldbarrieren gefördert würden und für die Förderung von Flutlichtanlagen eine einheitliche Förderobergrenze von bis zu 35.000 Euro festgelegt werde. Von den Sportbünden sei zudem ein neues, selbst entwickeltes, onlinebasiertes Fördermodul „Sportstättenbau“ eingerichtet worden, das drei unterschiedliche Altsysteme ablösen werde. Mit diesem Modul werde es künftig möglich sein, für jeden der drei Sportbünde die vereinheitlichten Dokumente abzurufen und zu verwenden, fasste Martin Rivoir die Ausführungen zusammen.
Weiter sehe der Beschluss vor, dass eine Förderung nur unter der Voraussetzung gewährt werde, dass keine Überförderung seitens der öffentlichen Hand erfolge. Laut Ministerium sei bei Projektförderungen dem Förderantrag eine aufgegliederte Darstellung der zuwendungsfähigen Ausgaben des Vorhabens mit einer Übersicht über die Finanzierung dieser Ausgaben (Kosten- und Finanzierungsplan für Projektförderungen), eine summarische Darstellung der übrigen mit dem Vorhaben zusammenhängenden, aber nicht zuwendungsfähigen Ausgaben und eine Übersicht über die Finanzierung dieser Ausgaben sowie eine Erklärung, dass mit dem Vorhaben noch nicht begonnen wurde, beizufügen.
Die Bewilligung werde auf Basis der vorgelegten und geprüften Finanzierungsübersichten vorgenommen. Der nach Abschluss eines Vorhabens vorzulegende Verwendungsnachweis weise alle Soll- und Ist-Ausgaben sowie die jeweiligen Gegenfinanzierungen aus. Bisher seien im Verwendungsnachweis lediglich die Ist-Ausgaben sowie die Gegenfinanzierungen ausgewiesen worden. Künftig sei mit Prüfung des Verwendungsnachweises und bei Endabrechnung des Vorhabens ein Abgleich zu den Antrags- und Bewilligungsangaben in einem Dokument möglich. Zudem werde der Forderung nachgekommen, dass künftig ausschließlich Verwendungsnachweise anerkannt werden, die den rechtlichen Vorgaben entsprechen.
Knapp 80 Prozent der Grundschulen bieten Schwimmunterricht an
Stuttgart. Der Ausschuss für Kultus, Jugend und Sport hat sich in seiner Sitzung am Donnerstag, 25. April 2024, auf Antrag der Grünen-Fraktion damit befasst, wie viel Schwimmunterricht an Grundschulen im Land stattfindet. Das hat die Ausschussvorsitzende Petra Häffner (Grüne) mitgeteilt. „Ziel muss sein, dass alle Schülerinnen und Schüler in Baden-Württemberg zum Ende ihrer Grundschulzeit die Schwimmfähigkeit erreichen,“ betonte Häffner.
In dem Antrag sei Häffner zufolge nach konkreten Gründen für fehlenden Schwimmunterricht gefragt worden und welche Maßnahmen vom Kultusministerium ergriffen würden, um die Anzahl der Schulen ohne Schwimmunterricht zu reduzieren. Von insgesamt 2.396 Grundschulen und Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren (SBBZ) hätten in einer Erhebung des Ministeriums zu Beginn des laufenden Schuljahres 1.904 Schulen angegeben, dass Schwimmunterricht stattfinde. Dies entspreche einem Anteil von rund 79,5 Prozent. Damit hätten sich die Zahlen gegenüber der Erhebung 2018/2019 verbessert. Damals hatten rund 75,8 Prozent (1.766) der Grundschulen angegeben, Schwimmunterricht anzubieten, fasste Häffner die Angaben von Ministeriumsseite zusammen.
„Bei der aktuellen Lücke von 20 Prozent beim Schwimmunterricht gilt es, nochmal genauer hinzuschauen,“ so die Ausschussvorsitzende. „Lokal gibt es große Unterschiede, wie viele Schwimmflächen vorhanden sind, da müssen wir auch von unserer Seite aus die Kommunen konstruktiv unterstützen.“ Fraktionsübergreifend seien sich die Ausschussmitglieder einig gewesen, dass der aktuelle Anteil an Schulen ohne Schwimmunterricht immer noch zu hoch sei. „Hier muss genau hingeschaut werden, ob Schwimmflächen fehlen oder vorhandene, z.B. Freibäder, noch nicht genutzt werden,“ unterstrich Häffner. Schulen, an denen aktuell kein Schwimmunterricht stattfindet, hätten dies in der Erhebung vor allem mit einem fehlenden Zugang zu Wasserflächen (292 Schulen), dem Fehlen qualifizierter Lehrkräfte (73 Schulen) oder beidem zugleich (127 Schulen) begründet.
Alle Grundschulen ohne Schwimmunterricht sollen möglichst noch im Schuljahr 2023/2024 über die Schulaufsicht unterstützt und beraten werden, habe Kultusministerin Theresa Schopper (Grüne) laut Häffner im Ausschuss dargelegt. Als konkrete Maßnahme habe die Ministerin u.a. Fortbildungen zum Thema Schwimmen am Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung (ZSL) genannt. Schulen, die ausschließlich aufgrund fehlender qualifizierter Schwimmlehrkräfte keinen Schwimmunterricht anbieten, könne so eine Lösung angeboten werden. Auch bei begründet fehlendem regelmäßigem Zugang zu Wasserflächen gebe es Lösungen, um Schwimmunterricht anbieten zu können. Längeren Anfahrtszeiten begegne man beispielsweise durch Schwimmschullandheime oder Blockunterricht. Zudem habe sich das SchwimmMobil „Wundine on Wheels“ zur Wassergewöhnung sehr gut etabliert. Insgesamt hätten seit Herbst 2022 über 700 Kinder von fünf bis acht Jahren das kostenlose Angebot nutzen können. „Besonderer Dank gebührt der DLRG und Schwimmvereinen, die Schwimmunterricht in Kooperationen mit Schulen anbieten, aber auch den Kommunen, die ihre Schwimmflächen engagiert erhalten,“ so die Ausschussvorsitzende abschließend.
Rechtsextremismus erforschen. Demokratie und Zivilgesellschaft stärken!
Stuttgart. Der Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kunst hat sich in seiner Sitzung am Mittwoch, 24. April 2024, mit der Dokumentationsstelle Rechtsextremismus (DokRex) am Generallandesarchiv sowie mit der Forschungsstelle Rechtsextremismus (IRex) an der Universität Tübingen über ihre Arbeit ausgetauscht. Das hat die Vorsitzende Nese Erikli (Grüne) mitgeteilt.
Vom Landesarchiv Baden-Württemberg waren Prof. Dr. Gerald Maier (Präsident) und Prof. Dr. Wolfgang Zimmermann (Leiter des Generallandesarchivs Karlsruhe und kommissarischer Leiter der Dokumentationsstelle Rechtsextremismus) zu Gast. Vom Institut für Rechtsextremismusforschung (IRex) waren PD Dr. Rolf Frankenberger (wissenschaftlicher Geschäftsführer) und Reiner Baur (administrativer Geschäftsführer) dabei. Wie Erikli berichtet hat, dokumentiere DokRex am Landesarchiv Baden-Württemberg die Entwicklungen im rechtsextremen Spektrum. Aufgabe sei die Sammlung, Auswertung und Zurverfügungstellung von Materialien und Wissen zum Thema Rechtsextremismus sowie die begleitende wissenschaftliche Erforschung von Entwicklungen und Prävention in diesem Bereich, erläuterte Erikli den parlamentarischen Auftrag. Zusätzlich zu einer Datensammlung aus dem Archiv von Anton Maegerle, der seit den 1980er Jahren zum Thema Rechtsextremismus Dokumente sammelte, untersuche DokRex Daten, Dokumente, Webseiten und Social-Media-Posts aus öffentlich zugänglichen Quellen und beleuchte Aktivitäten rechter Netzwerke, demokratiefeindliches Gedankengut und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit. DokRex dokumentiere, analysiere, teile und sensibilisiere, gab Erikli das Selbstverständnis der Einrichtungen wieder. Als weitere Schritte seien unter anderem der Einstieg in Social-Media-Aktivitäten sowie die Einbindung von RECHTS.GESCHEHEN online auf der Website von DokRex geplant.
Das Institut für Rechtsextremismusforschung (IRex) sei auf Empfehlung des zweiten Untersuchungsausschusses des Landtags von Baden-Württemberg zum NSU am 11. Mai 2023 an der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät der Universität Tübingen eingerichtet worden, so Erikli. Das Institut erforsche Rechtsextremismus und seine gesellschaftlichen Einbettungen, wodurch Demokratie, Staat und Zivilgesellschaft gestärkt werden sollen. Sowohl die Entstehung und Verbreitung als auch die Bedrohungspotenziale für die Gesellschaft durch Rechtsextreme sollen dabei erforscht werden. Das IRex befinde sich noch in der Aufbauphase, die bis April 2025 andauern solle. So laufe derzeit das Besetzungsverfahren für drei Professuren für Rechtsextremismusforschung mit unterschiedlichen Schwerpunkten, eine weitere Professur für sozialwissenschaftliche Antisemitismusforschung solle folgen.
„Baden-Württemberg hat bundesweit einmalige Strukturen zur Erforschung des Rechtsextremismus dauerhaft geschaffen“, betonte die Ausschussvorsitzende. Beide Einrichtungen würden den Auftrag als Chance und Verpflichtung annehmen. Gemeinsame Unternehmung sei die Stärkung und Verteidigung des demokratischen Verfassungsstaates auf Basis von aktueller wissenschaftlicher und dokumentarischer Arbeit. Dies gelinge nur in einer gemeinsamen Anstrengung aller demokratischen Kräfte in ihren unterschiedlichen gesellschaftlichen Rollen und Funktionen. Universität und Landesarchiv setzten dabei auf Dialog, Auseinandersetzung und Zusammenarbeit mit vielfältigen Partnern aus allen Bereichen von Staat und Gesellschaft.
„Baden-Württemberg hat bundesweit das erste universitäre, politikwissenschaftliche Institut zur Erforschung von Rechtsextremismus geschaffen und dauerhaft finanziert. Damit hat Baden-Württemberg eine Vorreiterrolle übernommen“, so Erikli abschließend.
Liberale fordern mehr Tempo und schnellere Ergebnisse beim Bürokratieabbau
Stuttgart. Der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus hat sich in seiner Sitzung am Mittwoch, 24. April 2024, mit den Rollen und Fortschritten von Normenkontrollrat und Entlastungsallianz beim Bürokratieabbau, mit dem Thema Unternehmensnachfolge sowie mit den Potenzialen des Weintourismus in Baden-Württemberg befasst. Das berichtete der Ausschussvorsitzende Dr. Erik Schweickert (FDP/DVP).
Das Thema Bürokratieabbau rief der Ausschuss auf Antrag der FDP/DVP auf. Die Liberalen wollten von der Landesregierung unter anderem wissen, welche Rolle dem neu konstituierten Normenkontrollrat innerhalb der 2023 ins Leben gerufenen Entlastungsallianz für Baden-Württemberg zukommt. Aus der Antwort des Staatsministeriums im Einvernehmen mit dem Wirtschaftsministerium und weiteren Ministerien geht hervor, dass der Normenkontrollrat (NKR) aufgrund seiner Unabhängigkeit seine Arbeitsschwerpunkte eigenständig bestimme. Auf Bitten der Landesregierung unterstütze der NKR die Arbeit der Entlastungsallianz im Querschnittsthemenfeld Förderwesen und sei in die dortige Facharbeit eingebunden.
Die Entlastungsallianz sei als Format zur Erarbeitung konkreter Entlastungsvorschläge ins Leben gerufen worden, so das Staatsministerium weiter. In diesem Zusammenhang solle das Instrument des sogenannten Praxis-Checks genutzt werden, um gemeinsam mit Unternehmen, Verwaltungen sowie Bürgerinnen und Bürgern Entlastungs- und Vereinfachungsmöglichkeiten zu identifizieren, bevor neue Regelungen erlassen werden.
Wie der Ausschussvorsitzende Dr. Schweickert berichtete, zeigten sich die Liberalen in der Sitzung höchst unzufrieden mit der Beantwortung ihres Antrags und hätten sich diesbezüglich auch bereits bei Landtagspräsidentin Muhterem Aras beschwert. Wichtige Informationen zur Zusammensetzung der Entlastungsallianz seien vorenthalten worden, konkrete Vorhaben in Sachen Bürokratieabbau würden nicht beschrieben, auch unter Hinweis auf vertrauliche Abstimmungen in der Regierung. Auf dieser Basis sei es für den Ausschuss unmöglich, das Vorankommen bei diesem wichtigen Thema beurteilen zu können. Während die Grünen erklärt hätten, die Entlastungsallianz habe gute erste schnelle Ergebnisse geliefert, hätten CDU, SPD und AfD sich ähnlich skeptisch gezeigt wie die FDP/DVP. „Die Zeit der Ankündigungen ist vorbei, es kommt auf Taten an“, so der Ausschussvorsitzende dazu. Auf mehrfache Nachfrage der CDU habe zudem eine Vertreterin des Staatsministeriums nicht bestätigen wollen, dass dem Landtag noch vor der Sommerpause ein erstes Gesetzesvorhaben zur Entbürokratisierung zugeleitet werde. Darüber hinaus wollte das Staatsministerium auch keine Angaben zum Abstimmungsverhalten des Landes im Bundesrat zum Bürokratieentlastungsgesetz IV machen.
Auf Antrag der Grünen befasste sich der Ausschuss mit dem Thema Unternehmensnachfolge. Sie wollten unter anderem in Erfahrung bringen, wie das Land insbesondere kleine und mittlere Unternehmen dabei unterstützt, Geschäftsübergaben zu ermöglichen. Aus der Antwort des Wirtschaftsministeriums im Einvernehmen mit weiteren Ministerien geht hervor, dass in den Jahren 2022 bis 2026 laut Schätzungen rund 27.300 Betriebe im Südwesten zur Übergabe anstanden beziehungsweise noch anstehen. Das Land fördere und berate die Unternehmen im Prozess der Nachfolge mit verschiedenen Programmen und Angeboten, unter anderem auch mit zinsverbilligten Darlehen und Bürgschaften, habe Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) erklärt, so der Ausschussvorsitzende. Alle Fraktionen hätte sich dafür ausgesprochen potenzielle Nachfolger und Nachfolgerinnen zu unterstützen. Die für den Herbst angekündigte Nachfolgekampagne der Landesregierung müsse in diesem Sinne liefern.
Die Potenziale von Gastronomie und Übernachtungen im Weintourismus thematisierte der Ausschuss auf Antrag der FDP/DVP. Wie das Wirtschaftsministerium mitteilte, bestehe kein Zweifel am großen Potenzial des Weintourismus in Baden-Württemberg. Nach Angaben von Dr. Schweickert sprachen sich alle Fraktionen dafür aus, die Weinbaubetriebe dabei zu unterstützen, die Potenziale zu heben. Diese seien aber je nach Weinregion unterschiedlich. Das 2017 aufgelegte landesweite Weintourismuskonzept der Tourismus Marketing GmbH Baden-Württemberg weise in die richtige Richtung. Die Liberalen hätten zudem auf Hemmnisse im Baurecht hingewiesen, so der Ausschussvorsitzende. Es dauere oft zu lange, bis Vorhaben für Um- und Neubauten für neue touristische Angebote von den Betrieben umgesetzt werden könnten. Außerdem müsse bei einer Beurteilung, inwieweit Weintourismus ein sinnvolles Standbein darstelle, der Fokus noch stärker auf betriebswirtschaftliche Aspekte gelegt werden.
Der Wirtschaftsausschuss bewilligte zudem Tourismusfinanzhilfen im Rahmen des Tourismusinfrastrukturprogramms 2024 in Höhe von insgesamt rund 7,4 Millionen Euro.
Standort | Projekt | Förderung |
Gutach | Attraktivierung des Kurparks und der Kuranlagen | 815.702 Euro |
Bad Bellingen | Sanierung und Umgestaltung des Kurparks (Kurparkweiher, Wegenetz) |
558.689 Euro |
Bad Krozingen | Modernisierung des Kulturzentrums Kurhaus Bad Krozingen |
645.248 Euro |
Wertheim | Ersatzneubau der Stützmauern am Wanderweg „Oberer Haagweg“ |
810.000 Euro |
Ellwangen | Errichtung eines Spiel- und Aussichtsturms im Rahmen der Landesgartenschau 2026 |
720.000 Euro |
Bad Rappenau | Neubau des Solebads RappSoDie 1. Bauabschnitt – Abbruch des bestehenden Solebads und Neubau des Eingangsgebäudes zur bestehenden Sauna |
1.347.125 Euro |
Bad Wurzach | Errichtung eines Aussichtsturms im Wurzacher Ried |
2.475.815 Euro |
Landwirtschaftsausschuss befasst sich mit Herkunftskennzeichnung Baden-Württemberg
Stuttgart. Der Ausschuss für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz hat sich in seiner Sitzung am Mittwoch, 24. April 2024, auf Antrag der AfD-Fraktion mit der Herkunftskennzeichnung Baden-Württemberg befasst. Das hat der Ausschussvorsitzende Martin Hahn (Grüne) mitgeteilt. „Die Herkunftskennzeichnung ist eine baden-württembergische Erfolgsgeschichte“, fasste Hahn die Beratungen zusammen.
Wie Hahn ausführte, stelle das Land mit seinen Qualitätsprogrammen, dem Biozeichen Baden-Württemberg (BIOZBW) und dem Qualitätszeichen Baden-Württemberg (QZBW), geeignete Instrumente zur Verfügung, um Qualität und Herkunft transparent zu kommunizieren. Die Qualitätsprogramme umfassten nahezu alle Primärprodukte und würden inhaltlich stetig weiterentwickelt, gab Hahn die Ausführungen des Ministeriums wieder. Neue Produktbereiche würden kontinuierlich eingeführt, etwa der Produktbereich Streuobst. Beim QZBW und BIOZBW stünde die ausgezeichnete Qualität im Vordergrund. „Eine reine Herkunftskennzeichnung wie von den Antragstellern gefordert ist in diesem Kontext aufgrund EU-rechtlicher Vorgaben nicht zulässig“, betonte Hahn. Die Qualitätsprogramme des Landes seien bei der EU notifiziert und müssten mit der Rahmenregelung der EU für staatliche Beihilfen im Agrar- und Forstsektor und in ländlichen Gebieten im Einklang stehen. Sie bestünden seit über 25 Jahren und seien auf andere Länder und Regionen übertragbar. „Wir sind mit unseren Qualitätskennzeichnungen Vorreiter“, legte Hahn dar.
Das Ministerium stünde seit Jahren mit allen marktrelevanten Lebensmitteleinzelhandelsketten in Kontakt. Mit den Bauern befinde man sich in regelmäßigem Austausch. Transparenz, Wertschätzung, Verlässlichkeit und Planungssicherheit seien der Schlüssel, um Marktpotenziale entfalten und nutzen zu können. Die Qualitätsprogramme des Landes sind Hahn zufolge geeignete Instrumente, um gesicherte Qualität entlang der Wertschöpfungskette sicherzustellen und am Markt transparent kommunizieren zu können und um Marktpotenziale auszuschöpfen.
Innenausschuss berät über Strukturen sowie Verbindungen zwischen „Identitärer Bewegung“ und AfD
Stuttgart. Der Ausschuss des Inneren, für Digitalisierung und Kommunen hat sich in seiner Sitzung am Mittwoch, 24. April 2024, mit den Strukturen der „Identitären Bewegung“ (IB) sowie den Verbindungen der Organisation zur Alternative für Deutschland bzw. zur Jungen Alternative für Deutschland befasst. Laut Innenministerium bestehen zwischen IB und AfD inhaltliche und personelle Verbindungen. Das teilte der Vorsitzende des Gremiums, der CDU-Abgeordnete Ulli Hockenberger, mit.
Der Ausschuss hat Hockenberger zufolge auf Antrag der Grünen-Fraktion zunächst über die „Identitäre Bewegung“ und ihre Anhängerschaft in Baden-Württemberg beraten. Laut Innenminister Thomas Strobl (CDU) würden der „Identitären Bewegung“ im Südwesten rund 100 Personen zugeordnet, vor allem junge Männer bis ca. 35 Jahre. Anhand der Wohnsitze der bekannten Anhänger ließen sich keine besonderen örtlichen Schwerpunkte innerhalb Baden-Württembergs feststellen. Als regionale Aktionsschwerpunkte der Gruppe für das vergangene Jahr seien allerdings der Regierungsbezirk Tübingen sowie der Raum Stuttgart auszumachen.
Zudem sei es Hockenberger zufolge um Verbindungen der IB zu anderen Gruppierungen und zur AfD gegangen. So habe das Innenministerium mitgeteilt, dass die Regionalgruppe „Identitäre Bewegung Schwaben“ seit Herbst 2023 unter der Bezeichnung „Reconquista 21“ auftrete. Andere Ortgruppen wie „Kesselrevolte“, „Teck-Patrioten“ und „Festung Ulm“ entfalteten derzeit kaum bzw. keine Aktivitäten und dürften in der Regionalgruppe „Reconquista 21“ aufgegangen sein. Auch zu dem im Jahr 2017 gegründeten „Schwäbischen Kulturverein e.V.“ in Konstanz gebe es Verbindungen. Zum Zeitpunkt der Gründung seien mindestens fünf der sieben Gründungsmitglieder Aktivisten der „Identitären Bewegung Schwaben“ gewesen.
Zwischen der „Identitären Bewegung“ und den baden-württembergischen Landesverbänden der Jungen Alternative (JA) bzw. der Alternative für Deutschland seien laut Innenministerium inhaltliche Verbindungen festzustellen, zum Beispiel beim Thema „Remigration“. So habe sich beispielsweise die AfD-Fraktion im Landtag von Baden-Württemberg im August 2023 auf Instagram mit einer Aktion der „Identitären Bewegung Schwaben“, die sich gegen durch Migranten begangene sexuelle Übergriffe in Freibädern wandte, solidarisiert.
Die personellen Verbindungen beschränkten sich auf einzelne Personen, die Kontakt miteinander pflegten. Darüber hinaus seien im Hinblick auf das Teilnehmerfeld von Veranstaltungen auch Überschneidungen von IB und dem Landesverband der JA bzw. der AfD bekannt. Beispielsweise hätten im vergangenen Jahr Mitglieder der „Identitären Bewegung Schwaben“ an Diskussionsveranstaltungen und „Stammtischen“ des Landesverbands der JA teilgenommen, bei denen auch Bundestagsabgeordnete der AfD anwesend gewesen seien. Zudem sei in der Vergangenheit immer wieder festgestellt worden, dass Mitglieder der „Identitären Bewegung“ und des baden-württembergischen Landesverbands der JA bzw. der AfD an den gleichen Veranstaltungen teilnahmen, so zum Beispiel bei einer Versammlung der „Jungen Alternative“ am 22. Oktober 2023 in Ludwigsburg anlässlich einer Kinderbuchlesung.
Nach Angaben des Vorsitzenden beriet der Ausschuss zudem auf Antrag der CDU-Fraktion über den Antrag „AfD – nur ein rechtsextremistischer Verdachtsfall?“ Den Antragstellern zufolge seien die AfD-Landesverbände in Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt als gesichert rechtsextremistisch eingestuft. Auch in Baden-Württemberg äußere sich die AfD laut Verfassungsschutz in Teilen migrationskritisch. Diese Haltung scheine vom Landesverband zumindest in Teilen unterstützt zu werden.
Wie das Ministerium berichtete, führe das Landesamt für Verfassungsschutz die jeweiligen Landesverbände von AfD und JA als Beobachtungsobjekte (Verdachtsfälle). Eine Einstufung einer Organisation als Beobachtungsobjekt entfalte in erster Linie im Innenverhältnis des LfV Wirkung, etwa mit Blick auf die rechtliche Zulässigkeit der für die Beobachtung zur Verfügung stehenden nachrichtendienstlichen Mittel. Bei einem Verdachtsfall sei der Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel in rechtlich engeren Grenzen zulässig als bei einer gesichert extremistischen Bestrebung, fasste Hockenberger die Ausführungen zusammen.
Auch in diesem Antrag sei es um die Frage von personellen Verbindungen gegangen. Ein Beispiel sei ein Instagram-Posting des Landesverbands der JA vom 22. Mai 2023, aus dem hervorgehe, dass eine Führungsfigur der baden-württembergischen IB an einem Treffen des baden-württembergischen Landesverbands der JA mit dem Fraktionsvorsitzenden der AfD-Landtagsfraktion teilgenommen habe.
Ausschuss für Landesentwicklung berät über Volksantrag, Junges Wohnen und Wohnraumförderung
Stuttgart. Der Ausschuss für Landesentwicklung und Wohnen hat sich in seiner Sitzung am Mittwoch, 10. April 2024, mit der Zulassung des Volksantrags „Ländle leben lassen – Flächenfraß stoppen“ befasst. Wie die Ausschussvorsitzende Christiane Staab (CDU) mitteilte, hat das Gremium einstimmig beschlossen, dem Landtag zu empfehlen, den Volksantrag für zulässig zu erklären. Darüber hinaus beriet der Ausschuss im öffentlichen Sitzungsteil über die Förderung von Wohnheimplätzen für Auszubildende und die Wohnraumförderung.
Nach Angaben der Vorsitzenden haben die Initiatoren den Volksantrag Anfang März 2024 an den Landtag von Baden-Württemberg übergeben. Ein Volksantrag bedarf der Unterschrift von mindestens 0,5 vom Hundert der Zahl der Wahlberechtigten, das sind derzeit mindestens 38.356 Personen. Der Landtag hat den Volksantrag zuzulassen, wenn er „vorschriftsmäßig gestellt ist“, wozu auch die Zahl und Gültigkeit der Unterstützungsunterschriften zählt.
Wie die Vorsitzende ausführte, habe die Prüfung der Unterschriften ergeben, dass die benötigte Anzahl an Unterschriften ohne Zweifel gültig sei. Des Weiteren bestünden keine Zweifel, dass der Zulassungsantrag auch im Übrigen vorschriftsmäßig gestellt sei. Insbesondere sei er fristgerecht, schriftlich und unter Beifügung des Gegenstands des Volksantrags mit seinem vollständigen Wortlaut eingereicht worden. Über die Zulassung des Volksantrags solle in der Plenarsitzung am 18. April beraten werden. „Der Ausschuss hat beschlossen, dass nach der Zulassung eine Anhörung im Ausschuss für Landesentwicklung und Wohnen unter Beteiligung aller weiteren erforderlichen Ausschüsse durchgeführt werden solle. Als Termin sei der 14. Juni 2024 festgelegt worden“, berichtete Christiane Staab.
Zudem befasste sich der Ausschuss auf Antrag der SPD-Fraktion im öffentlichen Sitzungsteil mit dem Thema „Junges Wohnen: Förderung von Wohnheimplätzen für Auszubildende“. Die Bundesregierung hat zu Beginn des Jahres den Ländern im Rahmen des Sonderprogramms „Junges Wohnen“ insgesamt 500 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Davon entfallen 62,5 Millionen Euro auf Baden-Württemberg. Die Antragsteller hätten kritisiert, dass die Landesregierung bislang weder für Studierendenwohnheime noch für Auszubildendenwohnheime Förderrichtlinien vorgelegt habe, sagte Staab.
Die Ministerin für Landesentwicklung und Wohnen, Nicole Razavi (CDU), habe ausgeführt, dass die Mittel je zur Hälfte (31,25 Millionen Euro) in den Bereich des Wissenschaftsministeriums und des Wohnungsministeriums fielen. Das Wissenschaftsministerium sei für Studierendenwohnheime zuständig und das Wohnungsministerium für Wohnräume für Auszubildende. Während es im Fall der Studierendenwohnheime Erfahrung gebe, werde mit dem Bereich von Wohnungen für Auszubildende komplettes Neuland betreten, da es vergleichbare Wohnheime für Auszubildende nicht gebe. Daher müsse ein komplett neues Förderprogramm geschrieben werden. Eine weitere Herausforderung sei: Während sich studentisches Wohnen auf die Uni- und Hochschulstandorte konzentriere, verteile sich das Auszubildendenwohnen über das ganze Land.
Aus diesem Grund sei am 1. Februar ein Förderaufruf veröffentlicht worden, der noch bis zum 30. April laufe. Ziel sei es, damit in Erfahrung zu bringen, welche Bedingungen ein solches Förderprogramm erfüllen müsse. Es solle nämlich kein Förderaufruf geschrieben werden, der womöglich an der Zielgruppe vorbeigehe, sagte die Ministerin. Mit dem darin vorgesehenen Interessenbekundungsverfahren sollen Investoren aufgefordert werden, konkret geplante Projekte, die nur mithilfe einer staatlichen Unterstützung realisiert werden können, vorzustellen und so zur Förderung anzumelden. Bislang seien Interessensbekundungen für elf Projekte eingegangen.
Ebenfalls auf Antrag der SPD-Fraktion hat der Ausschuss über die Wohnraumförderung und insbesondere über die Eigentumsförderung beraten. Nach Angaben Razavis sei das Bewilligungsvolumen des Landeswohnraumförderprogramms in 2023 um zusätzliche Fördermittel in Höhe von rund 135 Millionen Euro aufgestockt worden. Hierbei handele es sich u.a. um Förderbeitragsreste der L-Bank, Bundesfinanzhilfen, nicht gebundene Ausgabereste aus Landesmitteln sowie um Umschichtungen innerhalb des Landeshaushalts.
Razavi sagte, die Eigentumsförderung sei ein wichtiger Teil innerhalb der sozialen Wohnraumförderung, werde aber nicht priorisiert behandelt. Sie hat damit zugleich der Darstellung der Antragsteller widersprochen, dass Mittel aus der Wohnraumförderung für die Eigentumsförderung genutzt worden seien. Die Ministerin sagte, es seien keine Mittel zweckendfremdet und es sei niemandem etwas weggenommen worden, sondern hierfür seien ausschließlich die 14,6 Millionen Euro der L-Bank, die aus einer unerwartet verminderten Inanspruchnahme der bankeigenen Programme für die Eigentumsförderung stammen, verwendet worden. Damit sei 116 Familien und jungen Menschen mit niedrigem und mittlerem Einkommen ein Eigenheim möglich gemacht worden. Wenn man dies auf den Gesamtbetrag von 135 Millionen Euro hochrechne, entspreche dies über 1.000 Familien, denen geholfen werden konnte.
Kommunale Wärmeplanung in Baden-Württemberg im Fokus
Stuttgart. Der Ausschuss für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft hat sich in seiner Sitzung am Donnerstag, 11. April 2024, auf Anträge der SPD-Fraktion und der FDP/DVP-Fraktion hin mit dem aktuellen Stand der kommunalen Wärmeplanung in Baden-Württemberg befasst. Das hat der Ausschussvorsitzende Daniel Karrais (FDP/DVP) mitgeteilt.
Die Antragstellenden der SPD und der FDP/DVP hatten beim Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Informationen zur Anzahl und Qualität der eingereichten Wärmepläne sowie den Gründen für Verzögerungen erfragt, so Karrais. Im Fokus der Anträge standen zudem das Zusammenspiel mit der Bundesförderung, die Unterstützungsmöglichkeiten des Landes wie auch die konkrete Umsetzung der Planungen – etwa Hinweise darauf, ob Bürgerinnen und Bürger bald mit einer Anschlussmöglichkeit an ein Fernwärme- oder Nahwärmenetz rechnen können.
Das Umweltministerium zähle laut Karrais zum aktuellen Zeitpunkt bei 104 verpflichteten Großen Kreisstädten und Stadtkreisen 78 eingereichte kommunale Wärmepläne. Die Abgabe von 26 Wärmeplänen stünde noch aus. Die Regierungspräsidien befänden sich im Austausch mit allen betroffenen Kommunen, mit der letzten verspäteten Einreichung sei im Oktober 2024 zu rechnen, habe ein Vertreter des Umweltministeriums im Ausschuss mitgeteilt. Als Gründe für eine verzögerte Abgabe des kommunalen Wärmeplans seien unter anderem Personalmangel in den Kommunen, Krankheit der zuständigen Bearbeiterinnen und Bearbeiter und die umfassende Öffentlichkeitsbeteiligung genannt worden. „Die Öffentlichkeits- und Bürgerbeteiligung ist für die Kommunen aufwendig, trägt aber zur Akzeptanz der kommunalen Wärmeplanung wie auch der Wärmewende insgesamt bei“, gab Karrais die Auffassung des Ministeriums wieder. Bürgerinnen und Bürger würden frühzeitig in Planungen involviert und können ihre Anregungen vor Ort mitteilen.
Die Ausschussmitglieder mehrerer Fraktionen erkundigten sich Karrais zufolge in der Sitzung nach dem Stand der wissenschaftlichen Auswertung der Datenerhebung. Die antragstellenden Fraktionen hätten zudem genauer wissen wollen, ob die Prüfungen über eine Bestandsaufnahme hinausgingen und welche Qualität die bislang eingereichten Wärmepläne aufwiesen. Staatssekretär Dr. Andre Baumann (Grüne) habe dargelegt, dass die Prüfung der Wärmepläne tiefer ginge und die Regierungspräsidien bei zu vagen Angaben über die kommunalen Wärmebedarfe bei den Kommunen direkt nachfragten. Bisher seien fünf der eingereichten Wärmepläne geprüft, das reiche für abschließende Aussagen über die Qualität noch nicht aus.
Mit der wissenschaftlichen Auswertung wolle das Ministerium Kommunen wie Bürgerinnen und Bürgern Orientierung geben, worauf sie sich in Zukunft einstellen müssten, berichtete Karrais weiter. Die Analyse solle Indizien dafür anzeigen, ob Gebäude künftig über ein zentrales Wärmenetz gespeist werden oder ob dezentrale Lösungen mit Holzhackschnitzeln oder Wärmepumpen gefunden werden müssten. Wichtiges Ziel sei es, Eigentumsbesitzerinnen und -besitzer hier nicht im Ungewissen zu lassen.
Auf die Frage nach Fördermöglichkeiten für die kommunale Wärmeplanung sei von Regierungsseite angemerkt worden, dass bis Ende 2023 die Erstellung freiwilliger kommunaler Wärmepläne vom Umweltministerium gefördert worden sei. Auf Bundesebene gebe es eine Förderung für effiziente Wärmenetze (BEW), bei der entsprechende Anträge eingereicht werden könnten. In Zukunft werde die Wärmeplanung durch das Wärmeplanungsgesetz des Bundes zur Pflichtaufgabe für alle Kommunen im Land. Für Oktober 2024 sei wie im letzten Jahr ein Wärmegipfel geplant, bei dem Umweltministerin Thekla Walker (Grüne) Auswertungen und Ideen zur Wärmeplanung vorstellen werde.
Petitionsausschuss befasst sich mit Einführung von verpflichtenden Reanimationsunterricht an Schulen
Stuttgart. Soll bundesweit verpflichtend Reanimationsunterricht in Schulen eingeführt werden? Mit einer Petition, die das fordert, hat sich der Petitionsausschuss in seiner Sitzung am Donnerstag, 11. April 2024, befasst. Das hat der Vorsitzende, Thomas Marwein (Grüne), mitgeteilt. „Das Thema Reanimation ist sehr wichtig“, so Marwein. In Baden-Württemberg werde nicht nur in der Schule auf freiwilliger Basis sehr viel für eine gute Erste-Hilfe-Ausbildung getan. „Obwohl wir inhaltlich hinter der Petition stehen, haben wir sie einstimmig für erledigt erklärt“, fasste Marwein zusammen. „Trotzdem sollten wir alle in unseren Wahlkreisen Werbung für Erste-Hilfe-Auffrischungen machen“, appellierte der Vorsitzende.
Der Petent fordere mit seiner Eingabe die bundesweit verpflichtende Einführung von Reanimationsunterricht ab Klasse 7 bis zum Ende der Schulzeit im Umfang von jährlich zwei Unterrichtsstunden, erläuterte Marwein. Ziel sei, die Reanimationsquote durch Laien signifikant zu steigern. Marwein zufolge begründet der Petent seine Zielsetzung damit, dass in Deutschland jährlich über 70.000 Menschen in Folge eines Herz-Kreislaufstillstands sterben würden und dass dies die dritthäufigste Todesursache sei. Laut Petent könnten viele Leben gerettet werden, wenn jeder Mensch die Herzdruckmassage bereits in der Kindheit erlernt hätte und diese in kritischen Situationen einsetzen könnte. Überdies habe der Petent darauf verwiesen, dass der Schulausschuss der Kultusministerkonferenz bereits 2014 eine flächendeckende Einführung von Reanimations-Unterricht in Schulen empfohlen hätte, diese Empfehlung aber nicht umgesetzt worden sei. Auch die WHO empfehle seit 2015 Unterricht in Wiederbelebung ab der 5. Klasse. Beispiele aus dem EU-Ausland würden zeigen, dass eine gesetzliche Verankerung der Ausbildung in Wiederbelebung für Schülerinnen und Schüler jährlich tausende Menschenleben rette.
In Baden-Württemberg enthielten die Bildungspläne der allgemein bildenden und der beruflichen Schulen bereits zahlreiche Anknüpfungspunkte für die Themen „Erste Hilfe“ und „Herz-Lungen-Wiederbelebung“, gab Marwein die Antwort des Kultusministeriums wieder. So sollten etwa schon Schülerinnen und Schüler der Klassen 3 und 4 über das Juniorhelferprogramm an Erste-Hilfe- und Unfallverhütungsmaßnahmen herangeführt werden. Im Bildungsplan der weiterführenden Schulen sei die Thematik unter anderem im Fach Biologie abgebildet, in der Sekundarstufe der Haupt-/Werkrealschule, der Realschule und der Gemeinschaftsschule im Fach „Alltagskultur“. Auch in den beruflichen Schulen seien zahlreiche Bezüge zum Bildungsplan gegeben. Überdies gebe es seit dem Jahr 2015 das Laienreanimationsprogramm „Löwen retten Leben“ (LRL), das in Kooperation mit dem Deutschen Roten Kreuz (DRK) und der Stiftung Deutsche Anästhesiologie angeboten werde. In Baden-Württemberg sind, so Marwein, auch alle weiteren Erste-Hilfe-Ausbildende Hilfsorganisationen wie Arbeitersamariterbund, Deutsche Lebensrettungsgesellschaft, Johanniter Unfallhilfe oder Malteser Hilfsdienst an LRL beteiligt. Bundesweit sei Baden-Württemberg das erste Bundesland, das in dieser Weise die Schulen bei der praktischen Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten bei der Laienreanimation unterstütze. Auch bestehe für Schulen die Möglichkeit, einen Schulsanitätsdienst einzurichten. „Die Ausführungen zeigen, dass wir in Baden-Württemberg qualitativ sehr gut aufgestellt sind und dass es auf freiwilliger Basis eine hohe Engagementbereitschaft gibt“, betonte Thomas Marwein abschließend.
Medizinischer Dienst Baden-Württemberg im Fokus
Stuttgart. Der Ausschuss für Soziales, Gesundheit und Integration hat in seiner Sitzung am Mittwoch, 10. April 2024, auf Antrag der FDP/DVP-Fraktion über den aktuellen Status und die wachsenden Aufgabenbereiche des Medizinischen Dienstes Baden-Württemberg (MD) beraten. Das hat der Ausschussvorsitzende Florian Wahl (SPD) mitgeteilt.
Die Antragstellenden erfragten beim Sozialministerium unter anderem, wie sich die Zahl der Pflegebegutachtungen des MD in den letzten Jahren entwickelt hat und ob ausreichend Gutachterinnen und Gutachter des MD für die Aufgaben im gesetzlichen Rahmen zur Verfügung stehen. Der MD spiele eine Schlüsselrolle in der Sicherstellung einer qualitativ hochwertigen, effizienten und wirtschaftlichen medizinischen Versorgung und Pflege, betonten die Antragstellenden Wahl zufolge im Ausschuss. Das erweiterte Aufgabenspektrum auch im Hinblick auf die Krankenhausreform und der demografische Wandel erforderten, den MD politisch stärker in den Blick zu nehmen.
Vonseiten des Ministeriums sei bestätigt worden, dass die Aufträge zur Begutachtung von pflegebedürftigen Menschen in den letzten Jahren deutlich angestiegen seien, so Wahl. „In den vergangenen fünf Jahren verzeichnete der Medizinische Dienst eine Steigerung um 27 Prozent“, berichtete der Ausschussvorsitzende. Der MD prognostiziere, dass die Pflegeaufträge in den kommenden zehn Jahren um 60 Prozent steigen könnten. „Das würde einen jährlichen Zuwachs von etwa 20.000 Aufträgen für den Medizinischen Dienst bedeuten“, betonte Wahl. Stand Januar 2024 gebe es 802,1 gutachterlich tätige Vollzeitstellen beim Medizinischen Dienst (vgl. 2014: 524,7; 2019: 697,5). Gesundheitsminister Manfred Lucha (Grüne) habe betont, dass insbesondere im Bereich der Pflegefachkräfte alle Medizinischen Dienste in erheblichem Umfang Personal aufbauen mussten. Derzeit sei die Bewerbungssituation für den MD zufriedenstellend, die Landesregierung gehe daher davon aus, dass auch in den kommenden Jahren den Aufgaben im gesetzlichen Rahmen nachgekommen werden könne, fasste Wahl die Ausführungen von Regierungsseite zusammen.
Von Oppositionsseite sei im Ausschuss laut Wahl angemahnt worden, sich beim steigenden Stellenbedarf nicht mit einem Verweis auf die demografischen Entwicklungen der Gesellschaft zufriedenzugeben. Man müsse im Gesundheitswesen Synergien z.B. von Prüfungen durch MD und Heimaufsicht sowie in der Pandemie aufgebaute digitale Strukturen nutzen, damit sich der Zuwachs nicht in der Dynamik fortsetze. „Gemeinsame Prüfungen von Heimaufsicht und Medizinischem Dienst haben sich nicht bewährt, was sich aber bewähren muss, ist die bessere Abstimmung der beiden Prüfungen“, gab Wahl die Ausführungen von Minister Lucha im Ausschuss wieder. Der Medizinische Dienst Baden-Württemberg sei ein kompetenter und unabhängiger Partner der Landesregierung.
Europaausschuss im Gespräch mit dem Botschafter der Bundesrepublik in Bern
Stuttgart. Der Ausschuss für Europa und Internationales hat sich in seiner Sitzung am Mittwoch, 10. April 2024, mit dem Botschafter der Bundesrepublik Deutschland in Bern, Michael Flügger, ausgetauscht. Das hat der Vorsitzende Willi Stächele (CDU) mitgeteilt. „Die langjährige grenzüberschreitende Zusammenarbeit von Baden-Württemberg und der Schweiz als einem unserer wichtigsten Handelspartner etwa am Oberrhein, am Hochrhein oder am Bodensee, hat Modellcharakter in Europa“, sagte Stächele. 64.000 Pendler sowie Ex- und Importe in Höhe von 21 bzw. 19 Milliarden Euro seien wichtig fürs Land.
Die Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU sind seit Mai 2021 getrübt. Damals brach der Bundesrat die Verhandlungen mit Brüssel über ein institutionelles Rahmenabkommen einseitig ab. Jetzt sondiere man in etlichen Gesprächsrunden mit der EU-Kommission die Möglichkeiten für einen neuen Anlauf, in dem es um die Aktualisierung der fünf bestehenden Binnenmarktabkommen der Schweiz (Personenfreizügigkeit, Abbau technischer Handelshemmnisse, Landwirtschaft, Land- und Luftverkehr) sowie um den Abschluss von zwei neuen Abkommen für Strom und Lebensmittelsicherheit gehe, legte der Botschafter dar. Knackpunkte für eine Einigung seien u.a. die Nachhaltigkeitsinitiative sowie die Spesenregelung. Flügger betonte im Hinblick auf die Erfolgsaussichten der Verhandlungen, dass die Schweizer und der Schweizer Bundesrat Ergebnisse erzielen wollten. Allerdings machte er auch deutlich, dass sich dies über einen längeren Zeitrahmen durchaus bis 2027 hinziehen könnte.
Freier Marktzugang, dynamische Übernahme von EU-Recht und Streitbeilegung sind die zentralen Themen für die sich auch Europastaatssekretär Florian Hassler (Grüne) in Bern und Brüssel einsetzt: „Ein neues Abkommen eröffnet Baden-Württemberg die Chance, die Zusammenarbeit in den zentralen Zukunftsfeldern voranzutreiben, etwa in den Bereichen Energie und Gesundheit.“ Die Europäische Kommission sei der Schweiz bereits entgegengekommen etwa bei der Personenfreizügigkeit oder dem Lohnschutz.
In der anschließenden Gesprächsrunde seien weitere Themen wie Fluglärm, atomare Endlager und grenzüberschreitende Landwirtschaft sowie die Hochschulkooperation in der deutsch-schweizer Grenzregion (Eucor) angesprochen worden. Vorsitzender Stächele dankte dem Botschafter ausdrücklich für „den Blick in die Schweiz“ und bescheinigte dem Staatssekretär, dass „wir fraktionsübergreifend hochzufrieden sind, was die Regierung in Sachen Schweiz bewegt.“ Außerdem fasste er zusammen: „Wir als Baden-Württemberg müssen noch mehr Transmissionsriemen sein, in die Schweiz und nach Berlin. Dies solle mit einem Parlamentariertreffen umgesetzt werden.
Michael Flügger ist seit September 2020 Botschafter in der Schweiz, zuvor war er fünf Jahre lang Vertreter Deutschlands im Politischen und Sicherheitspolitischen Komitee der EU und Leiter der Politischen Abteilung an der Ständigen Vertretung Deutschlands bei der EU in Brüssel.
Verkehrsausschuss befasst sich mit der Zukunft der Mobilitätsgarantie und Umweltzone Stuttgart
Stuttgart. Der Verkehrsausschuss hat sich in seiner Sitzung am Donnerstag, 14. März 2024, unter anderem mit der Zukunft der Mobilitätsgarantie, einem Antrag der SPD-Fraktion sowie auf Antrag der FDP/DVP mit der Umweltzone Stuttgart befasst. Das hat der Vorsitzende Rüdiger Klos (AfD) mitgeteilt.
Klos zufolge hätten die Antragsteller angegeben, dass Grüne und CDU in ihrem Koalitionsvertrag den Menschen im Land eine Mobilitätsgarantie bis 2026 versprochen hätten. Dieses Versprechen hätte der Verkehrsminister in einem Interview „kassiert“. Der Antrag solle nun die Konsequenzen für Fahrgäste und Partner beim ÖPNV sowie die Folgen für weitere Ziele und Versprechen der Landesregierung beleuchten.
Aus den Antworten des Ministeriums gehe hervor, dass die Umsetzung bis 2026 nicht erreicht werden könne. „Der Landesregierung ist es wichtig, realistische Ziele zu setzen“, gab Klos Ausführungen des Ministeriums wieder. Fahrermangel im Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV), die nicht vorhersehbare Energiekrise und die kurzfristig erforderliche Finanzierung des Deutschlandtickets seien einige Gründe warum die Finanzierung der Mobilitätsgarantie nicht bereits zum Doppelhaushalt 2023/2024 erfolgt sei. Aus systemischen Gründen könne die Mobilitätsgarantie nicht in einem Schritt umgesetzt werden. Für die Umsetzung sei ein stufenweiser Einstieg in die Finanzierung erforderlich, das Land befinde sich derzeit in Abstimmung mit den kommunalen Landesverbänden. Aktuell werden Details zur konkreten Ausgestaltung der Mobilitätsgarantie diskutiert und berechnet. Der Ausbau des ÖPNV sei eines von zehn Handlungsfeldern der ÖPNV-Strategie 2030, berichtete Klos. Durch die Einführung des Deutschlandtickets sei bereits ein wesentlicher Baustein umgesetzt worden.
Auf Antrag der FDP/DVP-Fraktion hat sich der Verkehrsausschuss auch mit der Umweltzone Stuttgart befasst. In einigen Städten in Baden-Württemberg seien Umweltzonen aufgehoben worden, weil die Einhaltung der Grenzwerte gesichert gewesen wäre. Obwohl die Messergebnisse auch in Stuttgart deutlich unter den Grenzwerten gelegen hätten, gelte die Umweltzone Stuttgart bislang weiter. „Der Ausschuss hat sich intensiv mit dem Thema befasst“, so Rüdiger Klos. Es habe Einigkeit darüber bestanden, dass die Fahrverbote aufgehoben werden könnten, wenn klar ist, dass die Grenzwerte dauerhaft eingehalten werden. Das Ministerium habe die Landesanstalt für Umwelt (LUBW) gebeten, die Grenzkonzentrationen zu ermitteln, bei denen die Umweltzone aufgehoben werden könnte und die Grenzwerteinhaltung sicher zu erwarten sei. Dies sei derzeit in Bearbeitung. „Der Ausschuss hat einvernehmlich beschlossen, den Beschlussantrag, die Umweltzone Stuttgart aufzuheben, in der nächsten Sitzung nochmals aufzurufen, wenn bis dahin die Werte vorliegen“, fasste Klos die Beratungen zusammen.
Finanzausschuss berät Bericht zu Landesbeteiligungen an Unternehmen
Stuttgart. Der Finanzausschuss des Landtags hat sich in seiner Sitzung am Donnerstag, 14. März 2024, mit dem Beteiligungsbericht 2023 des Landes Baden-Württemberg befasst. Der Bericht gibt einen Einblick in die wirtschaftlichen Verhältnisse der unmittelbaren und mittelbaren Beteiligungen des Landes Baden-Württemberg, der Beteiligungsgesellschaft des Landes Baden-Württemberg mbH und der Baden-Württemberg Stiftung, sagte der Ausschussvorsitzende Martin Rivoir (SPD).
Nach Angaben des Vorsitzenden bedankten sich die Abgeordneten für die Erstellung des 462 Seiten starken Berichts. Seit einem Beschluss des Parlaments im Jahr 1994 muss die Landesregierung jährlich Berichte über Tätigkeitsbereiche, wirtschaftliche Entwicklung und Zusammensetzung der Gesellschaftsorgane sowie eine personalbezogene Auflistung aller Angehörigen von Aufsichtsgremien und ihrer Dotierung vorlegen. Das Land hält sowohl unmittelbare als auch mittelbare Beteiligungen. Unmittelbare Beteiligungen sind Unternehmen, an denen das Land direkt beteiligt ist. Bei mittelbaren Beteiligungen ist das Land nicht direkt, sondern über eine andere Gesellschaft an den Unternehmen beteiligt.
In dem Bericht für das Jahr 2023 wird ein Einblick über die wirtschaftlichen Verhältnisse der mehr als 90 Landesbeteiligungen gegeben. Zugeordnet werden die Unternehmen zu den Bereichen Dienstleistungsunternehmen, Bäder, Energie- und Versorgungsunternehmen, Flughäfen, Glücksspielunternehmen, Häfen, Krankenhäuser, Kreditinstitute, Medienunternehmen, Produktionsunternehmen, Studierendenwerke, Verkehrs- und Transportunternehmen, wissenschaftliche Unternehmen, Fonds und sonstige Unternehmen.
Laut Martin Rivoir werden in dem Bericht die wichtigsten Kennzahlen der unmittelbaren Landesbeteiligungen einschließlich der EnBW Energie Baden-Württemberg AG ohne Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfWBank) dargestellt. Demnach beschäftigten die Unternehmen Ende 2022 zusammen rund 97.300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, das sind rund 10.000 Personen mehr als noch zwei Jahre zuvor. Die Bilanzsumme beträgt 478.831 Millionen Euro, die Umsatzerlöse 63.576 Millionen Euro. Die Ablieferungen an den Landeshaushalt belaufen sich auf 357 Millionen Euro.
Im Vergleich zum Vorjahr ist in der Darstellung die DRM Datenraum Mobilität GmbH enthalten. Das Land ist hier zu zwei Prozent beteiligt. Außerdem wird in diesem Beteiligungsbericht erstmals über die französische Abwärmegesellschaft Calorie Kehl-Strasbourg sowie die Cyber Valley GmbH berichtet. Diese Gesellschaften wurden im Jahr 2021 gegründet, nahmen aber erst im Jahr 2022 den operativen Geschäftsbetrieb auf. Das Land ist zu 12,75 Prozent an Calorie Kehl-Strasbourg und zu 51 Prozent an der Cyber Valley GmbH beteiligt.
Das Land beteiligt sich nach Angaben des Finanzministeriums nur dann an einem Unternehmen des privaten Rechts, wenn ein wichtiges Landesinteresse an der Beteiligung vorliegt, das sich nicht auf eine andere Weise besser und wirtschaftlicher erreichen lässt. Die Gründe für eine Unternehmensbeteiligung seien vielfältig. So könne der Erhalt von Arbeitsplätzen in einer strukturschwächeren Region eine Unternehmensbeteiligung rechtfertigen. Das treffe etwa auf die Badische Staatsbrauerei Rothaus AG zu. Auch die Stärkung des Wirtschafts- und Wissenschaftsstandorts Baden-Württemberg oder die Förderung von neuen Technologien könnten eine Beteiligung rechtfertigen.
Weitere Faktoren könnten etwa die Aufrechterhaltung des Wettbewerbs im Verkehrsbereich, die Schaffung und Unterhaltung wichtiger Infrastruktureinrichtungen für Wirtschaft und Bevölkerung oder die Förderung von Forschung, Bildung, Kunst und Kultur sein. Immer bedeutender würden Ziele wie die Energiewende und das Thema Nachhaltigkeit, fasste der Vorsitzende die Begründungen zusammen.
Der vollständige Bericht kann auf der Website des Finanzministeriums abgerufen werden: https://fm.baden-wuerttemberg.de/de/service/publikationen
Bildungsausschuss befasst sich mit abgeschaffter Rechtschreibmethode „Lesen durch Schreiben“
Stuttgart. Der Ausschuss für Kultus, Jugend und Sport hat in seiner Sitzung am Donnerstag, 14. März 2024, auf Antrag der FDP/DVP-Fraktion über die 2016 wieder abgeschaffte Rechtschreibmethode „Lesen durch Schreiben“ diskutiert. Das hat die Vorsitzende Petra Häffner (Grüne) mitgeteilt.
Die Antragstellenden wollten vom Kultusministerium u.a. wissen, wie das damals ausgesprochene Verbot in der Praxis umgesetzt wird und wie die Landesregierung den Einfluss der Methode, auch „Schreiben nach Gehör“ genannt, auf die Rechtschreibkompetenzen der betroffenen Schülerinnen und Schülern bewertet. Auf korrekte Rechtschreibung wurde bei „Lesen durch Schreiben“ ausdrücklich nicht geachtet. „Die Landesregierung reagierte 2016 auf den Ländervergleich des Instituts für Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (lQB) Berlin für die Sekundarstufe I in den Sprachen“, erklärte die Ausschussvorsitzende. „Baden-Württemberg schnitt im Bereich der Rechtschreibung schlechter ab, weswegen die Grundschulen per Erlass dazu aufgefordert wurden, Methoden, bei denen Kinder lange nicht auf die richtige Rechtschreibung achten müssen, nicht mehr zu praktizieren.“
Die Antragstellenden hätten in ihrem Fragenkatalog an das Ministerium nachgehakt, ob man einen Zusammenhang zwischen der Methode „Lesen durch Schreiben“ und den rückläufigen Kompetenzen baden-württembergischer Grundschulkinder im Kompetenzbereich Orthografie sehen könne, so Häffner weiter. Staatssekretär Volker Schebesta (CDU) habe betont, es gebe vielfältigen Einflussfaktoren und Randbedingungen des Lernens von Schülerinnen und Schülern. Die Ergebnisse von Schulleistungsstudien könne man nicht auf den Einsatz einer einzelnen Unterrichtsmethode zurückführen. Vonseiten der Antragstellenden sei im Ausschuss kritisch angemerkt worden, es sei widersprüchlich, dass das Verbot unter der damaligen Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) infolge der Studienergebnisse ausgesprochen worden sei und gleichzeitig die empirische Nachweisbarkeit angezweifelt werde. „Es ist für den Bildungsausschuss aber unstrittig, dass die Entscheidung, „Lesen durch Schreiben“ abzuschaffen, richtig war“, so Häffner. Vonseiten der Regierungsfraktionen sei nochmals auf die aktuellen Fortschritte in der Bildungspolitik und die Fortbildungsangebote für Grundschullehrkäfte mit Programmen wie „Starke BASIS!“ Deutsch hingewiesen worden.
Arbeitsbedingungen in der Paketbranche und Unterstützung für das Handwerk im Fokus
Stuttgart. Der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus hat sich in der Sitzung am Mittwoch, 13. März 2024, mit den Arbeitsbedingungen in der Paketbranche in Baden-Württemberg befasst. Ein weiteres Thema waren nach Angaben des Vorsitzenden Dr. Erik Schweickert (FDP/DVP) die Auswirkungen der Wirtschaftskrise auf das Handwerk in Baden-Württemberg.
Die Arbeitsbedingungen in der Paketbranche thematisierte der Ausschuss auf Antrag der SPD, die dazu einen umfangreichen Fragenkatalog an die Landesregierung gerichtet hatte. Aus der Antwort des zuständigen Wirtschaftsministeriums geht hervor, dass für Kurier-, Express- und Paketdienste (KEP) bundesweit rund 570.000 Beschäftigte tätig sind, rund 70.000 davon in Baden-Württemberg. Etwa die Hälfte von ihnen arbeiten als Fahrerinnen und Fahrer. Nach Angaben des Ministeriums, das sich auf Einschätzungen der Gewerkschaft Verdi beruft, habe sich die Zahl der Beschäftigten in den vergangenen Jahren nicht erhöht, während das Paketaufkommen stetig wachse, zuletzt auf 582 Millionen Sendungen (2022) in Baden-Württemberg. Infolgedessen sei die Arbeitsbelastung für die Beschäftigten gestiegen, insbesondere durch Zeitdruck.
Wie der Ausschussvorsitzende berichtete, habe Staatssekretär Dr. Patrick Rapp in Vertretung von Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut (beide CDU) in der Sitzung erklärt, die Landesregierung unterstütze die Bemühungen der Bundesregierung, die Arbeitsbedingungen in der Paketbranche zu verbessern. So verpflichte das geplante Postrechtsmodernisierungsgesetz Anbieter, die von ihnen eingesetzten Subunternehmer regelmäßig zu überprüfen oder überprüfen zu lassen. Zudem enthalte der Gesetzentwurf eine Kennzeichnungspflicht für Pakete mit erhöhtem Gewicht. Pakete mit einem Gewicht von mehr als 20 Kilogramm sollen demnach in Zukunft durch eine Person nur noch dann zugestellt werden dürfen, wenn geeignete technische Hilfsmittel zum Transport zur Verfügung gestellt werden.
Nach Angaben von Dr. Schweickert gab es einen fraktionsübergreifenden Konsens, die teils schwierigen Arbeitsbedingungen in der KEP-Branche im Auge zu behalten. Sub- und Sub-Sub-Unternehmer müssten von den zuständigen Behörden von Bund, Land und Kommunen konsequent kontrolliert werden, um Schwarzarbeit und Scheinselbstständigkeit zu bekämpfen sowie die Einhaltung des Arbeitsschutzes zu garantieren. Die SPD habe gefordert, das Land müsse sich stärker in der Beratung von KEP-Beschäftigten engagieren, die bisher vom Bund und den Gewerkschaften getragen werde. Die Bezuschussung von einer der drei Beratungsstellen im Land aus EU-Fördermitteln, die das Land abrufe und verteile, reiche nicht.
Auf Antrag der FDP/DVP befasste sich der Ausschuss mit den Auswirkungen der Wirtschaftskrise auf das Handwerk in Baden-Württemberg und diskutierte über Maßnahmen der Landesregierung, das Handwerk zu unterstützen. Nach Angaben des Ministeriums ist davon auszugehen, dass es 2023 im Vergleich zum Vorjahr beim nominalen Umsatz (2022: 118,1 Mio. Euro) und bei der Zahl der im Handwerk tätigen Personen (2022: 790.000) einen leichten Rückgang gab, während die Zahl der Betriebe (2022: 140.975) gewachsen sei. Die Rückgänge seien vor allem auf die angespannte Situation im Bauhauptgewerbe zurückzuführen. Insgesamt stehe das Handwerk aber gut da.
FDP/DVP und SPD forderten laut Dr. Schweickert, das Handwerk stärker beim Thema Nachwuchs zu unterstützen. So müsse die Meisterprämie modifiziert und ausgebaut werden, um eine Gleichstellung von beruflicher und akademischer Bildung zu erreichen. Zudem müssten überbetriebliche Ausbildungsstätten modernisiert und damit attraktiver für junge Menschen werden. Die dafür jährlich vorgesehenen sechs Millionen Euro reichten nicht. Grüne und CDU hätten im Ausschuss mit diesen Forderungen sympathisiert, zugleich jedoch auf die angespannte Haushaltslage verwiesen. Die CDU-Fraktion betonte dazu noch die Bedeutung des Bürokratieabbaus. Man habe hier große Erwartungen an die von der Landesregierung initiierte Entlastungsallianz. Diese müsse nun aber auch liefern und für echte Erleichterungen beim Handwerk sorgen.
Weitere Themen im Ausschuss waren nach Angaben des Ausschussvorsitzenden gemeinnützige und gemeinwohlorientierte Unternehmen sowie Aufgaben, Ziele und Handlungsspielräume des Eich- und Beschusswesens in Baden-Württemberg. Dabei habe sich die FDP/DVP dafür ausgesprochen, die Eichpflicht für Milchautomaten auszusetzen oder zumindest einzuschränken.
Landwirtschaftsausschuss befasst sich mit Erosions-Vorschriften GLÖZ 5
Stuttgart. Der Ausschuss für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz hat in seiner Sitzung am Mittwoch, 13. März 2024, auf Antrag der FDP/DVP-Fraktion über die Vorgaben zur Begrenzung von Bodenerosion nach den Vorschriften GLÖZ 5 diskutiert. Das hat der Ausschussvorsitzende Martin Hahn (Grüne) mitgeteilt. Die neuen Standards für den „guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand von Flächen“ (GLÖZ) enthalten Vorgaben zum Erosionsschutz, nach der das Pflügen zu bestimmten Jahreszeiten untersagt ist.
„GLÖZ 5 ist ein wichtiges Thema, das wir im Ausschuss diskutieren müssen“, so Hahn. „Es schlägt in der Landwirtschaft aktuell richtige Wellen, viele Praktikerinnen und Praktiker haben Sorge mit dieser Regelung.“ Die Antragstellenden hatten das Ministerium nach einer Einschätzung gefragt, wie sich ein pauschales Pflugverbot auf erosionsgefährdeten Flächen im Zeitraum 1. Dezember bis 15. Februar auf die baden-württembergische Landwirtschaft auswirken würde. Die EU-Gesetzgebung zur Begrenzung von Wasser- und Winderosion auf landwirtschaftlichen Böden ist Teil der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) in Europa ab 2023 und sieht ein solches Verbot grundsätzlich vor.
Landwirtschaftsminister Peter Hauk (CDU) habe in der Sitzung betont, dass die entsprechende Bundesregelung den Ländern ermögliche, für die erosionsgefährdeten Flächen ergänzende Maßnahmen durch Rechtsverordnung zu erlassen, so Hahn. Dies bedeute konkret, dass in Baden-Württemberg das Pflügen auf den ausgewiesenen erosionsgefährdeten Standorten weiterhin möglich sei, sofern dort im Gegenzug gleichwertige Maßnahmen zum Erosionsschutz umgesetzt werden. Der Landwirtschaftsminister habe dem Ausschuss laut Hahn zugestimmt, dass ein pauschales Pflugverbot, wie es im grundsätzlich festgelegt worden sei, vielfältige negative Auswirkungen auf den Pflanzenbau hätte. Aus Landessicht brauche es keine solchen Auflagen im Ackerbau. Bund und Land seien allerdings angehalten gewesen, das geltende EU-Gesetz durch die Regelungen auszudehnen, um die Situation für die betroffenen Landwirtinnen und Landwirte einfacher zu machen. Geltendes Recht sei durch die Verordnung jetzt das Landesrecht.
Zu den Maßnahmen habe das Ministerium in der schriftlichen Beantwortung des Antrags bereits ausgeführt, für Gebiete mit niedriger Erosionsgefährdung sei eine praktikable Lösung gefunden worden: Hier werde die Bewirtschaftung quer zum Hang als eigenständige Maßnahme gelten. Für die Gebiete mit hoher Erosionsgefährdung sei die Bewirtschaftung quer zum Hang in Verbindung mit einer weiteren Maßnahme vorgegeben, z. B. der Anlage von Erosionsschutzstreifen. Für den Erosionsschutzstreifen gelte eine Mindestschlaggröße von 0,6 Hektar und die Mindestbreite sei auf 6 Meter herabgesetzt worden. Außerdem werde der Einsatz von Grubber, Scheibenegge und Fräse nicht eingeschränkt. Es bestehe situativer Handlungsspielraum, fasste Hahn die Ausführungen von Ministeriumsseite zusammen.
Im Ausschuss sei indes fraktionsübergreifend angemahnt worden, GLÖZ 5 sei ein Beispiel, wie gute fachliche Praxis mit immer mehr Bürokratie und Zusatzregelungen ausgefüllt werde, berichtete der Ausschussvorsitzende weiter. Die Regelungen verbesserten die Situation nur teilweise, es gebe weiterhin fehlende Ausnahmen und Berücksichtigungen, beispielsweise werde die Kartoffel nicht als Reihenkultur eingestuft. Zudem hätten die Antragstellenden Kritik geäußert, die Landwirtinnen und Landwirte seien zu spät informiert worden. Die rechtliche Situation im letzten Sommer für viele sehr unklar gewesen, das Merkblatt „Mindestpraktiken der Bodenbewirtschaftung zur Begrenzung von Erosion (GLÖZ 5)“ sei erst am 31. Januar 2024 veröffentlicht worden.
Bekämpfung illegalen Glücksspiels: Innenausschuss debattiert über Maßnahmen und Entwicklung
Stuttgart. Der Ausschuss des Inneren, für Digitalisierung und Kommunen hat in seiner Sitzung am Mittwoch, 13. März 2024, auf Antrag der Fraktion CDU über die aktuelle Lage des illegalen Glücksspiels in Baden-Württemberg beraten. Besonders in einem Spielbereich stellte die Polizei in den vergangenen Jahren eine Zunahme der Verstöße fest. Das hat der Ausschussvorsitzende Ulli Hockenberger (CDU) mitgeteilt.
Nach Angaben des Vorsitzenden wollten die Antragsteller vom Innenministerium unter anderem wissen, welche Formen des illegalen Glücksspiels es gibt und wie viele Straftaten im Zusammenhang mit illegalem Glücksspiel in den letzten fünf Jahren in Baden-Württemberg registriert wurden. Laut Ministerium beinhalte der unerlaubte Glücksspielmarkt vor allem Sportwetten, virtuelle Automatenspiele, Online-Poker, Online-Casinospiele, Zweitlotterien und sonstige Glücksspiele. Bei den polizeilich festgestellten Fällen von verbotenen Glücksspielen handele es sich überwiegend um Geldspielgeräte ohne oder mit erloschener Zulassung sowie um manipulierte Geräte.
Außerdem seien internetbasierte Glücksspielplattformen oder elektronische Spielgeräte, sogenannte Fun Games und Fun4Four-Geräte, oft von illegalem Glücksspiel betroffen. Seit dem Frühjahr 2022 hätten die Polizeipräsidien landesweit deutlich mehr manipulierte Fun Game-Geräte sowie zuletzt auch Fun4Four-Geräte festgestellt. Im Jahre 2022 habe der illegale Glücksspielmarkt in Deutschland, gemessen an den Bruttospielerträgen, rechnerisch etwa 815 Millionen Euro betragen. Das entspreche sechs Prozent des Gesamtvolumens des deutschen Glücksspielmarkts. Delikte im Bereich des unerlaubten Glücksspiels umfassen Hockenberger zufolge in der polizeilichen Kriminalstatistik die Paragrafen 284 (unerlaubte Veranstaltung eines Glücksspiels), 285 (Beteiligung am unerlaubten Glücksspiel) sowie 287 Strafgesetzbuch (unerlaubte Veranstaltung einer Lotterie oder einer Ausspielung). In Betracht kommen könne je nach konkreter Tatbegehung auch Betrug, Geldwäsche und/oder Steuerhinterziehung, sagte der Ausschussvorsitzende.
Insgesamt lägen die Fälle des unerlaubten Glücksspiels in Baden-Württemberg auf einem niedrigen Niveau, habe das Innenministerium mitgeteilt. Jedoch seien die Fälle in den letzten fünf Jahren kontinuierlich angestiegen. Im Jahre 2022 (209 Fälle) sei eine Zunahme von 280 Prozent im Vergleich zum Jahre 2018 (55 Fälle) zu verzeichnen gewesen, was vor allem auf einen Anstieg der Straftaten in Zusammenhang mit Paragraf 284 StGB (318 Prozent) zurückzuführen sei (2018: 32 Fälle, 2022: 134 Fälle). Die Straftaten in Verbindung mit Paragraf 285 StGB stiegen ebenso in den letzten fünf Jahren um 241 Prozent (2018: 22 Fälle, 2022: 75 Fälle). Auf die Frage, ob Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass eine Zunahme des illegalen Glücksspiels aufgrund des Inkrafttretens des Glücksspielstaatsvertrags stattgefunden habe, habe das Ministerium geantwortet, dass hierfür laut der „Gemeinsamen Glücksspielbehörde der Länder (GGL)“ keine Anhaltspunkte vorliegen. Im Gegenteil sei der Anteil des illegalen Marktes am Gesamtmarkt zwischen 2020 auf 2021 von 13 auf sieben Prozent bzw. von 2021 und 2022 von sieben auf sechs Prozent gesunken.
Bei der Debatte in der Sitzung sei insbesondere darüber diskutiert worden, mit welchen Maßnahmen der illegale Glücksspielmarkt weiter eingedämmt werden könne. Die CDU-Fraktion habe darauf hingewiesen, dass sich der Markt zwar insgesamt auf einem niedrigen Niveau bewege, man diesen aber trotzdem im Auge behalten müsse. Die FDP/DVP-Fraktion habe erklärt, sie vernehme Hinweise, dass unerlaubtes Glücksspiel zunehme. FDP/DVP und SPD hätten wissen wollen, mit welchen Maßnahmen das Innenministerium diese Entwicklung stoppen wolle. Strobl habe in seiner Antwort auf die Beobachtungen der GGL verwiesen, wonach der Markt leicht gesunken sei. Polizeiliche Maßnahmen zur Bekämpfung des illegalen Glücksspiels seien etwa die Beschlagnahme von Geld und Gegenständen, die Beschlagnahme oder Pfändung von Konten sowie steuerrechtliche Maßnahmen. Vertreterinnen des Innen- und Wirtschaftsministeriums hätten erläutert, dass eine flächendeckende Kontrolle zur Bekämpfung des illegalen Glücksspiels nicht möglich sei. Dafür fehle in den zuständigen Behörden das Personal, fasste Hockenberger die Debatte zusammen.
UsA „IdP & Beförderungspraxis“ legt weitere Sitzungstermine fest
Stuttgart. Der Untersuchungsausschuss „IdP & Beförderungspraxis“ hat seine Sitzungstermine bis Ende des Jahres festgelegt. Das hat die Vorsitzende Daniela Evers (Grüne) mitgeteilt.
Neu in den Sitzungskalender aufgenommen werden demnach: Freitag, 20. September 2024, Freitag, 25. Oktober 2024, Montag, 25. November 2024 und
Montag, 16. Dezember 2024.
Hinzu kommen die bisher schon festgelegten Sitzungen am: Montag, 22. April 2024 Montag, 13. Mai 2024 Montag, 17. Juni 2024 und Montag, 15. Juli 2024.
Sibylle Thelen übernimmt Direktion der Landeszentrale für politische Bildung
Stuttgart. Sibylle Thelen leitet die Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg (LpB) ab Freitag, 1. März 2024, in alleiniger Verantwortung. „Ich freue mich darauf, die erfolgreiche Zusammenarbeit mit Sibylle Thelen fortzusetzen. Politische Bildungsarbeit ist wichtiger denn je. Besonders in Zeiten wie diesen gilt es, demokratisches Bewusstsein und Engagement auf allen Eben zu stärken“, erklärte Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne).
Sibylle Thelen hatte als Co-Direktorin seit 1. Januar 2020 die Doppelspitze der Landeszentrale gemeinsam mit LpB-Direktor Lothar Frick gebildet, der nun nach 20 Jahren in den Ruhestand tritt. Präsidentin Muhterem Aras dankte Lothar Frick, der von Oktober 2004 bis Februar 2024 die LpB geleitet hatte, für sein langjähriges Engagement. „Ohne seinen Einsatz wäre die Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg nicht das, was sie heute ist“, sagte Aras. „Der Landtag von Baden-Württemberg dankt Lothar Frick für seinen langjährigen engagierten Einsatz, die LpB vor allem auch mit neuen Formaten und digitalen Angeboten zukunftsfähig aufgestellt zu haben.“
Die Weichen für den gleitenden Wechsel in der LpB-Direktion hatte das Kuratorium der Landeszentrale bereits in seiner Sitzung vom 27. Juni 2023 gestellt. Das Gremium folgte damit dem Vorschlag von Landtagspräsidentin Muhterem Aras für die personelle Neuerung.
Sibylle Thelen kam 2011 als Abteilungsleiterin „Demokratisches Engagement“ zur LpB. Bis zu ihrem Wechsel in die Direktion leitete sie zugleich den Fachbereich Gedenkstättenarbeit. Zuvor arbeitete die Politikwissenschaftlerin als Journalistin, so unter anderem als Leitende Redakteurin bei der „Stuttgarter Zeitung“.
Die Landeszentrale für politische Bildung ist eine Einrichtung des Landes Baden-Württemberg zur Stärkung des politischen Bewusstseins der Bürgerinnen und Bürger sowie der Förderung ihrer demokratischen Teilhabe. Die Überparteilichkeit der Arbeit der Landeszentrale, die als nicht rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts beim Landtag eingerichtet ist, wird durch ein Kuratorium sichergestellt.
Ständiger Ausschuss berät über Programminhalte und Ziele der öffentlich-rechtlichen Sender
Stuttgart. Der Ständige Ausschuss des Landtags hat sich in seiner Sitzung am Donnerstag, 29. Februar 2024, mit den Selbstverpflichtungserklärungen der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ARD, ZDF und Deutschlandradio befasst. „In den Berichten der drei Sender werden detailliert Rück- und Ausblicke, Ziele, Leitlinien und digitale Weiterentwicklungen dargestellt“, sagte der Vorsitzende des Gremiums, der CDU-Abgeordnete Guido Wolf. Der Ausschuss habe die Berichte nach einem Austausch mit Vertretern der drei Rundfunkanbieter zur Kenntnis genommen.
ARD, ZDF und Deutschlandradio sind gesetzlich verpflichtet, sich alle zwei Jahre zu ihren Rück- und Ausblicken zu erklären. Nach Angaben des Vorsitzenden Guido Wolf äußerten sich im Ständigen Ausschuss Tom Buhrow (stellvertretender Vorsitzender ARD und Intendant WDR), Stefan Raue (Intendant Deutschlandradio) und Dr. Florian Kumb (Abteilungsleiter Programmplanung ZDF) zur Lage ihrer Sender sowie zu den Aussichten für das System des Öffentlichen Rechtlichen Rundfunks (ÖRR) insgesamt. Buhrow habe auch unter Hinweis auf die jüngst vorgelegten Empfehlungen des Zukunftsrats für den ÖRR erklärt, 2024 werde für die gebührenfinanzierten Sender ein entscheidendes Jahr. Die Reformdebatte sei voll entbrannt. Mit Spannung erwarteten die Rundfunkanstalten den von den Ländern für Herbst angekündigten Reformstaatsvertrag.
Buhrow habe, so Wolf, Wert auf die Feststellung gelegt, der Reformstaatsvertrag, der Überlegungen unter anderem zu einer Verschlankung des ÖRR bündeln soll, sei unabhängig vom Votum der unabhängigen Gebührenkommission KEF zu betrachten. Diese hatte eine Erhöhung der Rundfunkgebühren um 0,58 Cent auf 18,94 Euro vorgeschlagen, was einigen Bundesländern zu viel erscheint, den Sendern des ÖRR aber zu wenig. Der ARD-Vizevorsitzende habe erklärt, eine Steigerung in diesem Umfang sei für die Sender schon angesichts der immer noch erhöhten Inflation nicht auskömmlich und würde eine Schrumpfung auch beim Angebot erzwingen. Man könne dann dem Auftrag gemäß Rundfunkstaatsvertrag nicht mehr in vollem Umfang nachkommen. Das müsse allen klar sein.
Wie der Ausschussvorsitzende weiter berichtete, bekräftigten die Vertreter von ZDF und Deutschlandradio ebenso wie Buhrow ihre Absicht, bereits eingeschlagene Reformpfade weiter zu gehen. Dazu gehöre beispielsweise, zentrale interne verwaltungsmäßige oder technische Dienste nicht mehr in allen Anstalten vorzuhalten, sondern in einer Anstalt für alle zu bündeln oder gar an externe Anbieter abzugeben, habe ZDF-Abteilungsleiter Dr. Kumb erklärt. Auch beim Ausbau des gemeinsamen Streamings von Video- und Audio-Inhalten halte man Kurs.
Aus allen Fraktion, so Wolf, habe es Wortmeldungen zu der Frage gegeben, wie es dem ÖRR gelingen könne, Menschen zu erreichen, die den beitragsfinanzierten Sendern den Rücken zugekehrt haben. Die Sendervertreter hätten daraufhin von ihren Anstrengungen berichtet, mit Zuschauer/innen und Hörer/innen ins Gespräch zu kommen. Das ZDF baue zu diesem Zweck ein digitales Zuschauerpanel auf („ZDFmitreden“), erklärte Dr. Kumb. Nach erfolgtem Ausbau werde so ein regelmäßiger Dialog mit rund 50.000 Personen ermöglicht.
Der Intendant des Deutschlandradios, Raue, habe darauf verwiesen, dass man verstärkt darauf setze, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit unterschiedlichen Herkünften und Ausbildungswegen zu rekrutieren. Dies könne dabei helfen, die Bandbreite der Berichterstattung zu verbessern und Bevölkerungskreise zu erreichen, die sich nicht oder nicht mehr angesprochen fühlten. Zudem arbeite man daran, die eigene journalistische Vorgehensweise transparenter darzustellen. Dies könne helfen, Vertrauen zurückzugewinnen.
Nach Angaben des Ausschussvorsitzenden bekräftigten Vertreter aller Fraktion den dringenden Reformbedarf im System des ÖRR. Mehrfach sei geäußert worden, nach den Vorfällen beim RBB mit Vetternwirtschaft und Verschwendung gebe es eine „Vertrauenskrise“. Wolf erklärte, die Bekundungen der Sender, Reformen auf allen Ebenen anzugehen, seien durchaus glaubwürdig. Jetzt komme es darauf an, die Maßnahmen auch umzusetzen.
Petitionsausschuss befasst sich mit Eingaben zum Opferentschädigungsgesetz
Stuttgart. Mit mehreren Eingaben zum Opferentschädigungsgesetz hat sich der Petitionsausschuss in seiner Sitzung am Donnerstag, 29. Februar 2024, befasst. Das hat der Vorsitzende, Thomas Marwein (Grüne), mitgeteilt. „Eine Abhilfe war nicht möglich, da wir uns im Bundesrecht bewegen“, so Marwein. Dennoch habe es im Gremium Vorschläge gegeben, die die Situation von Betroffenen verbessern könnten. „Letztlich wurden die Petitionen als Material an die Regierung überwiesen“, fasste Marwein zusammen.
Die Petenten hätten in ihren Eingaben etwa die Einrichtung einer unabhängigen Monitoringstelle zur Überprüfung der Verfahren nach dem Opferentschädigungsgesetz sowie eine unabhängige Beschwerdestelle für Gewaltopfer gefordert. Insbesondere sei unter Bezugnahme auf eine Veröffentlichung des Weißen Rings in seiner Zeitschrift „Forum Opferhilfe“ zur bundesweiten Situation ein langwieriges, hochbürokratisches und nicht kundenfreundliches Antragsverfahren bemängelt worden. Dieses führe dazu, dass Gewaltopfer Anträge aus Selbstschutz zurücknehmen würden.
Der Bund habe unter dem Eindruck der schweren Folgen des Terroranschlags am Berliner Breitscheidplatz 2016 die erhöhte Dringlichkeit und die Bedeutung von schnellen psychologischen Hilfen und medizinischen Behandlungsmöglichkeiten sowie einer umfassenden Nachversorgung der Gewaltopfer erkannt. Aus diesem Grund sei das Soziale Entschädigungsrecht umfassend reformiert worden, gab Marwein die Ausführungen des Sozialministeriums wieder. Die Belange von Gewaltopfern stünden nunmehr im Fokus des SGB XIV – Soziale Entschädigung, das das Opferentschädigungsgesetz am 1.1.2024 abgelöst hat. Als neue, niederschwellige Angebote seien etwa Schnelle Hilfen eingeführt worden, das seien Leistungen in Traumaambulanzen und Leistungen des Fallmanagements. Hierdurch sollte erreicht werden, dass mehr Betroffene die Leistungen der Sozialen Entschädigung in Anspruch nehmen und besser unterstützt werden. Darüber hinaus stünden im Land verschiedene Einrichtungen und Institutionen für Informationen und Hilfen zur Verfügung. 2020 sei von der Landesregierung ein ehrenamtlicher Opferbeauftragter ernannt und eine zentrale Anlaufstelle für Opfer und Betroffene von Terroranschlägen, Amokläufen und Großschadensereignissen sowie deren Angehörigen beim Justizministerium eingerichtet worden.
Der Petitionsausschuss hatte einen Vertreter des Weißen Rings in die Sitzung eingeladen, um mit ihm über Erfahrungen im Umgang mit Opfern von Gewalttaten zu sprechen. Im Gespräch sei deutlich geworden, so Marwein, dass das Soziale Entschädigungsrecht weniger als einem Viertel der Bevölkerung bekannt sei. Nur 9,5 Prozent der Betroffenen würden einen Antrag stellen. Überdies seien die Erfolgsaussichten abhängig vom Bundesland, in dem der Antrag gestellt werde.
„Eine Verbesserung für Opfer wäre es, wenn in den Strafverfahren der Adhäsionsantrag gestellt wird“, so Thomas Marwein. Im Adhäsionsverfahren könnten im deutschen Prozessrecht zivilrechtliche Ansprüche, die aus einer Straftat erwachsen, statt in einem eigenen zivilgerichtlichen Verfahren unmittelbar im Strafprozess geltend gemacht werden, sofern der Streitgegenstand noch nicht anderweitig gerichtlich anhängig gemacht worden sei. „Aus Opfersicht macht das viel Sinn und führt letztlich auch zu einer Entlastung der Gerichte“, erläuterte der Vorsitzende. Außerdem habe sich der Petitionsausschuss Gedanken über Opferlotsen gemacht und über speziell geschulte Staatsanwälte und Richter. Auch das Sozialressort habe der Ausschuss in den Blick genommen. Marwein: „Schulungen für Sachbearbeitende in den Versorgungsämtern sind ein guter Weg zu einem empathischeren Umgang mit Opfern.“ In der Regel würden Opfer von Retraumatisierung sprechen, wenn sie im Verwaltungsverfahren direkt mit der Tat konfrontiert würden. „Das Sozialministerium könnte diese Schulungen anbieten oder für die Teilnahme an Schulungen anderer Anbieter werben“, legte Thomas Marwein dar.
GreenTech-Strategie der Landesregierung im Fokus
Stuttgart. Der Ausschuss für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft hat sich auf Antrag der FDP/DVP-Fraktion in seiner Sitzung am Donnerstag, 29. Februar 2024, mit aktuellen Maßnahmen der GreenTech-Strategie der Landesregierung befasst. Dies hat der Ausschussvorsitzende Daniel Karrais (FDP/DVP) mitgeteilt. „Ein erklärtes Ziel im Koalitionsvertrag der Landesregierung ist es, Baden-Württemberg als Leitmarkt und Leitanbieter in der Umwelt- und Energietechnik zu etablieren“, erklärte Karrais.
„Baden-Württemberg soll Musterland für GreenTech werden“, so Karrais weiter. Die Antragstellenden erfragten beim Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus den Umsetzungsstand dieses Vorhabens zur Halbzeit der Legislaturperiode und eine klarere Begriffsdefinition. Definiert werde GreenTech vonseiten der Landesregierung als Sammelbegriff für Technologien, Lösungen und Dienstleistungen, welche Umwelt-, Ressourcen-, und Klimaschutz umsetzen und fördern. Es gäbe jedoch keine klar abgegrenzte Definition von GreenTech. Bei diesem sich dynamisch entwickelnden Querschnittsthema, das mehrere Ministerien betreffe, sei eine scharfe statistische Erfassung auch nicht zweckdienlich, gab Karrais die Antwort von Ministeriumsseite wieder. GreenTech biete jedoch der mittelständisch geprägten Wirtschaft in Baden-Württemberg ausgezeichnete Chancen auf einem wichtigen Zukunftsmarkt. Ein aktuelles Bild zur Entwicklung der Branche zeichne unter anderem die im Juli 2023 veröffentlichte Studie „Analyse der GreenTech-Branche in Baden-Württemberg“ der Landesagentur Umwelttechnik BW (UTBW).
Die größten Leitmärkte der Branche stellten der Studie zufolge die Energieeffizienz, gefolgt von der Umweltfreundlichen Energieerzeugung und -speicherung und dem Leitmarkt Wasserwirtschaft, so Karrais. Der Leitmarkt Energieeffizienz verzeichne über 74 000 Erwerbstätige (2021) und knapp 6,9 Milliarden Euro Bruttowertschöpfung (2020) in Baden-Württemberg. Das höchste Erwerbstätigenwachstum zwischen 2012 und 2021 verzeichne der Leitmarkt Luftreinhaltung mit 4,2 Prozent, gefolgt von der Energieeffizienz mit 3,1 Prozent und der Wasserwirtschaft mit 2,2 Prozent. Auf dem Leitmarkt Luftreinhaltung sei das Land Markt- und Innovationsführer in Deutschland, gab der Ausschussvorsitzende die Angaben des Wirtschaftsministeriums wieder. Mit 7,2 Milliarden Euro im Jahr 2021 machten GreenTech-Exporte 3,2 Prozent der Gesamtexporte Baden-Württembergs aus.
Vertreter der Opposition erkundigten sich dem Ausschussvorsitzenden zufolge im Gremium nach dem Umsetzungsstand der geplanten GreenTechBW-Onlineplattform. Ein Vertreter des Umweltministeriums habe im Ausschuss berichtet, die Haushaltsmittel für die Plattform seien schon für 2024 bereitgestellt und die benötigten Stellen dafür geschaffen worden. Die Landesagentur Umwelttechnik BW habe am 1. Februar 2024 damit begonnen, die Plattform einzurichten. Sie fungiere als Anlaufstelle für Unternehmen und umfasse alle relevanten Akteure im Themenfeld GreenTech, insbesondere Unternehmen, Start-ups, wissenschaftliche Einrichtungen sowie Netzwerke und Verbände.
GreenTech spiele in der Ansiedlungsstrategie des Landes, die etwa hochinnovative Unternehmen und Zukunftsbranchen mit besonders wachstumsstarke Technologie- und Geschäftsfeldern anziehen will, eine wichtige Rolle, wie ein Vertreter des Wirtschaftsministeriums Karrais zufolge in der Sitzung weiter ausführte. In diesem Zusammenhang sei die zentrale Standortförderungsagentur Baden-Württemberg International (BW_i) hervorgehoben worden. Sie solle die Ansprache von potenziellen Ansiedlungsunternehmen für das Land auf Konferenzen, Messen und sonstigen Veranstaltungen erleichtern. „Die GreenTech-Branche und die Ansiedlung von GreenTech-Unternehmen ist ein zentrales strategisches Thema und hat eine wachsende wirtschafts- und umweltpolitische Bedeutung für Baden-Württemberg. Wir müssen ressortübergreifend schauen, ob die Ziele und Vorschläge, die wir hier beraten, auch erfüllt werden können“, sagte der Ausschussvorsitzende abschließend.
Ausschuss für Wohnen berät mehrere Anträge rund um Bauen und Landesentwicklung
Stuttgart. Der Ausschuss für Landesentwicklung und Wohnen hat in seiner Sitzung am Mittwoch, 28. Februar 2024, über eine ganze Reihe an Anträgen rund um die Themen Bauen, Wohnen und Landesentwicklung beraten. „In der Sitzung wurde die ganze Bandbreite an Themen deutlich, mit der sich der Ausschuss mit Blick auf die wohnliche, bauliche und räumliche Entwicklung des Landes befasst“, sagte die Vorsitzende Christiane Staab (CDU). Ein zentrales Thema im Ausschuss war die Neuaufstellung des Landesentwicklungsplans, die derzeit in Arbeit ist. Weitere Themen waren etwa die Förderung neuer Technologien im Wohnungsbau, das „Virtuelle Bauamt“ und das Wohnraumförderprogramm 2024.
Der aktuelle Stand bei der Neuaufstellung des Landesentwicklungsplans (LEP) wurde auf Antrag der CDU auf die Tagesordnung gesetzt. Ein zentraler Aspekt für die Neuaufstellung sei die Evaluation des derzeit gültigen LEP aus dem Jahr 2002, da dieser noch nie evaluiert worden sei. Nach aktuellem Stand der Evaluation müsse der LEP angesichts zahlreicher Entwicklungen und Veränderungen in den letzten 20 Jahren unter anderem im Hinblick auf Auswirkungen der Digitalisierung bzw. einer zunehmend vernetzten Gesellschaft, Anpassung an den Klimawandel und Schutz der Biodiversität überarbeitet und ergänzt werden. Darüber hinaus sehe die Landesregierung Anpassungsbedarf bei den Themen Unternehmensneuansiedlungen, Standorterweiterungen und Transformation der Wirtschaft, insbesondere zur Klimaneutralität sowie Berücksichtigung des Klimaschutzes, vor allem der Energiewende und der Mobilität der Zukunft, berichtete die Ausschussvorsitzende.
Ein zentrales Element bei der Novelle des LEP sei die Bürgerbeteiligung. Nach Auskunft von Ministerin Nicole Razavi (CDU) habe das Ministerium ein breit angelegtes Verfahren zur frühzeitigen und vorgezogenen Beteiligung aller Interessierten – noch vor dem förmlichen Anhörungsverfahren zum fertigen Planentwurf – aufgesetzt. Dieser Beteiligungsprozess gehe deutlich über das hinaus, was die gesetzlichen Vorgaben zum Verfahren vorsehen. Zum Einsatz kämen ganz unterschiedliche Beteiligungsformate wie etwa Bürgerdialoge in den vier Regierungsbezirken, bei denen zufällig ausgewählte Bürgerinnen und Bürger über zentrale Fragen zum neuen LEP diskutierten. Am Ende des Bürgerbeteiligungsprozesses stehe die Übergabe von Empfehlungen an das Ministerium. In vier Regionaldialogen sollen zudem Vertreterinnen und Vertreter von Gemeinden, Städten und Landkreisen, der Regierungspräsidien, der Regionalverbände, der kommunalen Landesverbände sowie Abgeordnete die Gelegenheit erhalten, sich aus erster Hand über die Arbeiten am neuen LEP zu informieren und Rückmeldungen hierzu zu geben. Die Regionaldialoge fänden bis März 2024 statt. Razavi habe die Beteiligung angesichts des enormen Umfangs als Marathonlauf bezeichnet, sagte Staab.
Nach Angaben der Vorsitzenden befasste sich das Gremium auf Antrag der Fraktion FDP/DVP mit der technologieoffenen Förderung zur Beschleunigung des Wohnungsbaus. Konkret sei es um Innovationen im Betonbau gegangen, die die Einsparung von Emissionen und Ressourcen ermöglichen solle wie etwa die CO2-Speicherung von Beton oder die Verwendung von ressourcenschonendem Beton (R-Beton). Ziel solle sein, mit der richtigen Förderung die Bauwirtschaft zu entlasten und gleichzeitig zur Reduktion von Emissionen und damit zum Umwelt- und Klimaschutz beizutragen. Ein weiteres Thema, das auf Antrag der Fraktion FDP/DVP im Ausschuss beraten worden sei, sei das Scheitern des „Runden Tisches Wohnbau“ sowie den Gründen dafür gewesen.
Auf Antrag der SPD-Fraktion diskutierte der Ausschuss über Flächenbesitzverhältnisse in Baden-Württemberg. Im Mittelpunkt habe die Frage gestanden, wie sich die Besitzverhältnisse der Bodenflächen im Südwesten entwickelt hätten und sich aktuell darstellten. Nach Ansicht der Antragsteller seien diese Daten ein wichtiger Aspekt nachhaltiger Wohnungs-, Bau- und Mietenpolitik. Die Landesregierung habe mitgeteilt, dass ihr nur Daten zu den Besitzverhältnissen in den Geschäftsbereichen der Ministerien vorlägen. Die Besitzverhältnisse bei natürlichen und juristischen Personen seien nicht bekannt. Zudem sei es um die Frage nach der Zahl der Vermietungen gegangen. Laut Regierung seien für den Zeitraum 2021 in bislang 698.546 Fällen und damit in knapp 18 Prozent der durchgeführten Einkommensteuerfestsetzungen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigt worden, so Staab. Ebenfalls auf Antrag der SPD-Fraktion habe der Ausschuss über das Wohnraumförderprogramm 2024 gesprochen.
Auf Antrag der CDU-Fraktion beriet der Ausschuss über den aktuellen Stand und die künftigen Planungen beim „Virtuellen Bauamt“. Mit der Digitalisierung baurechtlicher Verfahren erfolgen alle Verfahrensschritte von der Antragsstellung, über die Beteiligung von Behörden, die Bearbeitung des Vorgangs bis zur Bekanntgabe der Entscheidung digital. Mit Ausnahme von zwölf unteren Baurechtsbehörden (ein Landkreis und elf Städte) hätten sich dem „Virtuellen Bauamt Baden-Württemberg“ alle Baurechtsbehörden angeschlossen. Die Pilotkommunen, die seit Mitte 2023 das Projekt erprobt haben, hätten keine Störungen gemeldet. Derzeit befänden sich 96 untere Baurechtsbehörden im sogenannten Silent-goLive. Hierbei würden Bauanträge in Echtumgebung gestellt und bearbeitet. Ziel sei es, dass 2024 alle Projektteilnehmer das „Virtuelle Bauamt“ nutzen könnten, sagte Christiane Staab.
Quorum für Landespflegekammer wohl nicht erreicht
Stuttgart. Der Ausschuss für Soziales, Gesundheit und Integration hat in seiner Sitzung am Donnerstag, 28. Februar 2024, auf einen gemeinsamen Antrag der SPD- und der FDP/DVP-Fraktion hin über Probleme beim Registrierungsverfahren zur Einrichtung der Pflegekammer Baden-Württemberg öffentlich beraten. Das hat der Ausschussvorsitzende Florian Wahl (SPD) mitgeteilt. „Sozialminister Manfred Lucha (Grüne) hat im Ausschuss dargelegt, dass das benötigte Quorum von 60 Prozent nach ersten Schätzungen gar nicht erreicht wurde“, berichtete Wahl, „die Landespflegekammer wird damit nach jetzigem Kenntnisstand nicht eingerichtet.“
Die Antragstellenden wollten vom Sozialministerium unter anderem wissen, welche technischen und organisatorischen Mängel im Registrierungsverfahren bei der Einrichtung der Pflegekammer aufgetreten seien. Zudem ging es im Ausschuss um das Errichtungsquorum. SPD und FDP kritisierten, dass die Landesregierung keine Aufhebung oder Verlängerung der Frist über den 23. Februar 2024 hinaus in Betracht gezogen habe. Sie hatten eine Fristverlängerung bis zum 30. April 2024 gefordert, um auch Pflegekräften, die von Registrierungsproblemen betroffen waren, zu ermöglichen, am Quorum teilzunehmen, berichtete Wahl. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass die Wahl zur ersten Vertreterversammlung nur stattfinden darf, wenn mindestens 60 Prozent der zukünftigen Pflichtmitglieder registriert wurden. Für das 60-Prozent-Quorum zählen nur Registrierungen, bei denen keine Einwendung erhoben wurde. Erheben mehr als 40 Prozent der Pflichtmitglieder eine Einwendung innerhalb der Frist, wird keine Pflegekammer errichtet.
Sozialminister Lucha skizzierte im Gremium den aktuellen Stand nach Ablauf der gesetzten Einwendungsfrist. Es zeichne sich belastbar ab, dass das gesetzte Quorum für die Pflegekammer nicht erreicht werde, man könne das zum jetzigen Zeitpunkt aber noch nicht offiziell verkünden. „Der Gründungsausschuss konnte in fast allen Fällen bei den Registrierungsproblemen Abhilfe schaffen“, so Lucha. „Das Verfahren war komplex, es wurden 120.000 Pflegekräfte im Land angeschrieben. Mit dem Quorum von 60 Prozent haben wir uns selbst eine hohe Hürde gesetzt und die Gegnerschaft der Pflegekammer sehr ernst genommen.“ Von allen kontaktierten Personen habe es in rund 11.000 Fällen Probleme gegeben, die in 8.000 Fällen behoben werden konnten. Dabei habe es sich vor allem um technische Übertragungsfehler, Probleme im Meldesystem wegen gleicher Nachnamen oder Umlaute und Doppelversendungen gehandelt. Die circa 3.000 Rücksendungen wegen fehlender Adressdaten seien aus dem Quorum herausgerechnet worden, um Verfahrensfehler auszuschließen, so der Minister.
Vonseiten der Fraktionen Grüne und CDU wurde im Ausschuss unterstrichen, das Quorum sei nach wie vor der richtige Weg für die Einrichtung der Pflegekammer Baden-Württemberg gewesen, das Endergebnis werde so akzeptiert, wie es ausfalle. Das Verfahren sei demokratisch abgelaufen. SPD und FDP betonten hingegen, das Widerspruchsverfahren und die technischen Mängel seien aus ihrer Sicht problematisch für die Einrichtung einer Pflegekammer. Ein Verfahren, das die ausdrückliche Zustimmung der Pflegekräfte ersuche, sei besser geeignet. Es müsse bei einer so wichtigen und langfristigen Angelegenheit sichergestellt werden, dass das Verfahren transparent ablaufe.
Auch die inhaltlichen Befürchtungen der Opposition im Hinblick auf die Einrichtung einer Pflegekammer parallel zu den Gewerkschaften hätten sich bestätigt, so die SPD. „Fraktionsübergreifend war sich der Ausschuss einig, dass die politischen Aufgaben in der Pflege in Baden-Württemberg unabhängig vom Ergebnis des Quorums groß bleiben. Die Stärkung der Pflege muss unser aller Ziel sein“, sagte Florian Wahl abschließend.
Europaausschuss informiert sich über grenzüberschreitende Themen
Stuttgart. Der Ausschuss für Europa und Internationales hat in seiner Sitzung am Mittwoch, 28. Februar 2024, Gesprächspartner zu verschiedenen Themen zu Gast gehabt. Wie der Vorsitzende Willi Stächele (CDU) mitgeteilt hat, informierte etwa Staatssekretär Dr. Patrick Rapp über die Entsenderichtlinie, Staatssekretär Volker Schebesta über die Situation des Französischunterrichts am Oberrhein und die Regierungspräsidentin des Regierungsbezirks Karlsruhe Sylvia M. Felder über die Präsidentschaft der deutsch-französisch-schweizerischen Oberrheinkonferenz (ORK). „Für den Europaausschuss ist es wichtig, sich mit Themen zu beschäftigen, die unmittelbar unsere nachbarschaftlichen Beziehungen betreffen“, sagte Stächele.
Die ORK verbindet Regierungs- und Verwaltungsbehörden auf regionaler Ebene und bildet den institutionellen Rahmen der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit. Wie Regierungspräsidentin Felder darlegte, besteht die ORK aus zwölf Arbeitsgruppen, nahezu 40 Expertenausschüssen und rund 500 Mitarbeitenden aus regional zuständigen Verwaltungen. Das Jahr 2024, indem Baden-Württemberg die Präsidentschaft innehat, steht unter dem Motto „Gemeinsam nachhaltig verwalten, um unsere Zukunft am Oberrhein zu gestalten“. Folgende gemeinsame Prioritäten wurden Felder zufolge festgelegt: 1. Wirtschaftsstandort Grenzregion stärken, 2. Verbesserung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit im Krisenmanagement und Katastrophenschutz, 3. Gemeinsam den klimatischen Herausforderungen begegnen, 4. Regionale Verwaltungszusammenarbeit festigen und 5. Kontinuität in der langjährigen grenzüberschreitenden Zusammenarbeit am Oberrhein. „Wir beschäftigen uns mit Themen, die die Menschen in der Region betreffen. Es sind für sie Alltagsprobleme, die gelöst werden müssen“, so Felder. Willi Stächele bedankte sich für das große Engagement.
Staatssekretär Volker Schebesta informierte das Gremium über die Situation des Französischunterrichts am Oberrhein. „Wir haben das Gefühl, dass das noch nicht richtig funktioniert“, gab Willi Stächele den Eindruck des Ausschusses wieder. Dem Kultusministerium sei es ein wichtiges Anliegen, die Partnersprache Französisch zu fördern, sagte der Staatssekretär. Dabei würden zwei Ziele verfolgt: Möglichst viele Schülerinnen und Schüler in ganz Baden-Württemberg sollen Französischgrundkenntnisse erwerben und es sollen auch speziell die Schülerinnen und Schüler gefördert werden, die ein besonderes Interesse an Frankreich bzw. Französisch haben und leistungsstark sind. Diese Ziele bildeten sich in zwei Maßnahmen ab. Zum einen im Partnerschaftsprojekt DELF scolaire intégré und an den Grundschulen in der Rheinschiene mit DELF prim. Zum anderen gebe es an 18 Gymnasien in Baden-Württemberg die Möglichkeit, neben dem baden-württembergischen Abitur auch das französische Baccalauréat zu erwerben (Abibac).
Wie Schebesta weiter ausführte, lernen aktuell knapp 20 Prozent aller 1,5 Millionen Schülerinnen und Schüler Französisch als erste, zweite oder dritte Fremdsprache. In der Rheinschiene ist in fast allen Schularten im Schuljahr 2021/2022 gegenüber 2016/2017 eine leichte Zunahme der Französischlernenden zu verzeichnen. Entlang des Oberrheins werde als erste Fremdsprache in Klasse 3 und 4 in allen Grundschulen Französisch unterrichtet. Derzeit gebe es neun bilinguale Grundschulen in der Rheinschiene und 18 deutsch-französische Gymnasien in ganz Baden-Württemberg. Schebesta verwies überdies auf die Académie de Strasbourg, die das Ministerium beim gemeinsamen Ziel, die jeweilige Partnersprache und den Austausch zu fördern, unterstütze, etwa durch das neue Projekt deutsch-französische Schülerbotschafterinnen und -botschafter zu gewinnen und zu schulen. „Insbesondere am Oberrhein stärkt der gegenseitige Erwerb der Partnersprache den Zusammenhalt, die Zusammenarbeit und die Vernetzung mit unseren Partnern auf der anderen Seite des Rheins“, bemerkte Schebesta abschließend.
„Viele Unternehmen und Handwerksbetriebe in der Grenzregion stehen vor enormen bürokratischen Herausforderungen, wenn sie ihre Beschäftigten für einen Auftrag nach Frankreich entsenden wollen“, so Staatssekretär Dr. Patrick Rapp in seinem mündlichen Bericht zur Entsenderichtlinie. Um EU-weit den Schutz der Rechte und die Arbeitsbedingungen entsandter Arbeitnehmer sicherzustellen und um gleiche Wettbewerbsbedingungen zu gewährleisten, enthält das EU-Recht eine Reihe verbindlicher Vorschriften für die Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen entsandter Arbeitnehmer. Dr. Rapp nannte das aufwendige Anmeldeverfahren und die umfangreichen Dokumentationspflichten als Gründe, die viele Betriebe beim Schritt über die Grenze zögern ließen. Der Verwaltungsaufwand lohne sich nur ab einem gewissen Umsatz, gab Dr. Rapp den Eindruck der Kammern wieder. Im europäischen Binnenmarkt sollte die Dienstleistungserbringung unkompliziert möglich sein, teilte der Staatssekretär die Ansicht der Wirtschaft. Vor diesem Hintergrund sei eine besondere Regelung für die deutsch-französische Grenzregion sinnvoll, so Dr. Rapp. Im Geiste des Vertrags von Aachen könnte eine spezifische Regelung hier die weitere Integration des gemeinsamen Binnenmarkts befördern. Sogenannte Experimentierklauseln würden gemein als gute Möglichkeit gelten, um auf die besonderen Bedürfnisse von Grenzregionen einzugehen. Vor dem Hintergrund des seit Jahren aktuellen Entsendethemas habe sich das Wirtschaftsministerium dazu entschlossen, für die Drei-Jahres-Periode 2023-25 den Vorsitz in der Arbeitsgruppe „Wirtschaft und Arbeit“ in der Oberrheinkonferenz zu übernehmen, um noch direkteren Einfluss auf die Entscheidungsfindung in den Gremien der grenzübergreifenden Zusammenarbeit zu haben. „Baden-Württemberg bemüht sich intensiv, Bewegung in die Verhandlungen zu bringen. Wenn Europa in den Grenzregionen nicht funktioniert, wo dann“, bemerkte Vorsitzender Willi Stächele.
Zustimmung für Forschungsprojekt zur NS-Vergangenheit ehemaliger südwestdeutscher Abgeordneter
Stuttgart. Das von der Landeszentrale für politische Bildung (LpB) betreute Forschungsprojekt zur NS-Vergangenheit ehemaliger Abgeordneter der südwestdeutschen Parlamente in der Nachkriegszeit kann voraussichtlich im Sommer seine Arbeit aufnehmen. Das Vorhaben wurde vom Präsidium des Landtags in der Sitzung am Dienstag, 27. Februar 2024, förmlich beschlossen. Das Forschungsprojekt wird von einem wissenschaftlichen Beirat mit renommierten Expertinnen und Experten aus Baden-Württemberg begleitet.
In einem ersten Teil des Forschungsprojekts sollen Handlungsempfehlungen für den Umgang mit künstlerischen Darstellungen von NS-belasteten Abgeordneten im Landtag von Baden-Württemberg sowie für den Umgang mit den Künstlern, die diese Darstellungen schufen, erarbeitet werden. Biografische Forschungen zu den Künstlern verschiedener im Landesparlament befindlicher Werke und zu dargestellten Landtagspräsidenten sowie Forschungen zu der Frage, wer die Künstler nach welchem Verfahren beauftragt hat, will der wissenschaftliche Beirat dem Präsidium bis zum Herbst 2025 vorlegen.
Der zweite Teil des Forschungsgutachtens widmet sich den Mitgliedern der südwestdeutschen Parlamente in der Nachkriegszeit von 1946 bis 1956. Die Biografien der Abgeordneten sollen daraufhin untersucht werden, ob und inwieweit sie sich als Mitglieder der NSDAP sowie der dieser Partei verbundenen Massenorganisationen zu den Zielen der nationalsozialistischen Weltanschauung bekannt und in deren Sinne gewirkt haben. Neben der Dokumentation der bloßen Mitgliedschaft soll der Versuch unternommen werden, wesentliche Teile ihres öffentlichen Wirkens in den Jahren zwischen 1933 und 1945 zu dokumentieren und einzuordnen. Bis zum Herbst 2025 soll im Rahmen des Projekts ein Forschungsgutachten erstellt werden, das alle 521 Abgeordneten der südwestdeutschen Landesparlamente bis 1956 daraufhin untersucht.
Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) begrüßte das vom Landtag initiierte und von der Landeszentrale für politische Bildung eigenverantwortlich umgesetzte Forschungsprojekt ausdrücklich. Sie betonte: „Die Aufarbeitung der NS-Vergangenheit in allen Bereichen der Gesellschaft und damit auch in den Landesparlamenten ist ein zentraler Baustein unseres gegebenen Versprechens: Nie wieder!“
Dem wissenschaftlichen Beirat, der die Landeszentrale bei dem Gutachten unterstützt, gehören an: Prof. Dr. Frank Engehausen (Historisches Seminar der Universität Heidelberg), Prof. Dr. Philipp Gassert (Historisches Institut der Universität Mannheim), Dr. Maike Hausen (LpB BW/Universitäten Tübingen und Mannheim), Prof. Dr. Sabine Holtz (Universität Stuttgart, Historisches Institut/Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg), Prof. Dr. Paula Lutum-Lenger (Haus der Geschichte Baden-Württemberg), Prof. Dr. Gerald Maier (Landesarchiv Baden-Württemberg), Prof. Dr. Sylvia Paletschek (Historisches Seminar der Universität Freiburg) und Prof. Dr. Reinhold Weber (LpB BW/Universität Tübingen).
Deutschland-Ticket und Bund-Länder-Beschleunigungspakt im Fokus
Stuttgart. Der Ausschuss für Verkehr hat sich in seiner Sitzung am Donnerstag, 22. Februar 2024, mit dem Pakt für Planungs-, Genehmigungs- und Umsetzungsbeschleunigung zwischen Bund und Ländern sowie mit der Finanzierung des Deutschland-Tickets beschäftigt. Das hat der Vorsitzende des Gremiums, Rüdiger Klos (AfD), mitgeteilt.
In ihrem Antrag zum Pakt für Planungs-, Genehmigungs- und Umsetzungsbeschleunigung zwischen Bund und Ländern erfragte die CDU von der Landesregierung, ob bereits erste Ergebnisse in der Folge des am 6. November 2023 geschlossenen Pakts des Bundeskanzlers mit den Regierungschefs der Länder vorliegen. Nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Klos habe die CDU in der Sitzung geltend gemacht, dass es mit Blick auf die wichtigen Ziele der Übereinkunft auf Tempo ankomme.
Ein Vertreter des hinsichtlich des Pakts federführenden Staatsministerium habe erwidert, dass es bei einem ersten Arbeitstreffen von Vertretern von Bund und Ländern am 19. Januar zunächst um organisatorische Fragen und das weitere Vorgehen gegangen sei, aber noch nicht um Inhalte, berichtete Klos. Entsprechend lägen noch keine Ergebnisse vor. Ein nächstes Arbeitstreffen finde Anfang März statt. Dann beginne die eigentliche inhaltliche Arbeit zu der Frage, wie Projekte in Deutschland und Baden-Württemberg schneller geplant, genehmigt und umgesetzt werden können. Die CDU habe sich darüber verwundert gezeigt, so Klos weiter. Beim Abschluss im November habe es schließlich geheißen, bis zum Ende des ersten Quartals würden erste Ergebnisse vorliegen, habe die CDU angeführt.
Anschließend befasste sich der Ausschuss auf Antrag der AfD mit der Finanzierung des Deutschland-Tickets. Sie wollte unter anderem in Erfahrung bringen, wie das Land mögliche anteilige Mehrausgaben für das von Bund und Ländern gemeinsam getragene Ticket finanzieren will. Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) habe in der Sitzung erklärt, dass die Finanzierung des Deutschland-Tickets 2024 gesichert sei, berichtete Klos. An Spekulationen über mögliche Mehrkosten wolle er sich nicht beteiligen. Die öffentlichen Diskussionen über eine mögliche Preiserhöhung seien kontraproduktiv gewesen, habe der Minister geäußert, so Klos. Der Minister führte weiter aus, dass das Deutschland-Ticket inzwischen rund elf Millionen Nutzer habe. Der Geltungsbereich umfasse ganz Deutschland und habe daher auch wegen seiner einfachen und unkomplizierten Handhabung für die Fahrgäste die Benutzung des ÖPNV vereinfacht.
Enquetekommission will Handlungsempfehlungen bis Sommer 2024 erarbeiten und beschließen
Stuttgart. Die Enquetekommission „Krisenfeste Gesellschaft“ hat am Freitag, 23. Februar 2024, die Befragung von Sachverständigen abgeschlossen und konzentriert sich nun auf die Erarbeitung von Handlungsempfehlungen. Als letzten Sachverständigen hörte das Gremium nochmals Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) an. „In 22 Sitzungen hat die Enquetekommission insgesamt 136 Sachverständige angehört“, sagte der Vorsitzende Alexander Salomon (Grüne) bei einem gemeinsamen Pressegespräch mit den Obleuten von vier Landtagsfraktionen im Anschluss an die Befragung des Ministerpräsidenten. Zudem seien von Organisationen, Verbänden und Institutionen 75 Stellungnahmen eingereicht worden.
Die Enquetekommission „Krisenfeste Gesellschaft“ soll Handlungsempfehlungen zu den vier Bereichen Gesundheit, Staat und Verwaltung, Gesellschaft sowie Wirtschaft erarbeiten, die das Ziel haben, das baden-württembergische Gemeinwesen für die Zukunft resilienter und krisenfester aufzustellen. „Das Ziel ist, dass die Empfehlungen ihre Wirkung nach Abschluss der Tätigkeit der Kommission entfalten, auf Landesebene umsetzbar sind und den Fokus auf die Umstände von Krisen setzen“, sagte der Vorsitzende.
Für die Fraktionen nahmen die Abgeordneten Petra Krebs (Grüne), Dr. Matthias Miller (CDU), Florian Wahl (SPD) und Nikolai Reith (FDP/DVP) an dem Pressegespräch teil. Die Obleute stellten ihre Sicht auf die bisherige Tätigkeit der Enquetekommission dar und gaben einen Ausblick auf die Erarbeitung der Handlungsempfehlungen.
Nach Angaben des Vorsitzenden werden die Mitglieder des Gremiums in den nächsten Wochen die Empfehlungen zu den vier Handlungsfeldern ausarbeiten und beschließen. Geplant ist, dass der Abschlussbericht der Enquetekommission dann im Sommer im Landtagsplenum vorgestellt und verabschiedet wird. „Das Gremium ist überzeugt, dass es mit den Empfehlungen dem Land Instrumente mit auf den Weg gibt, um künftig noch besser auf Krisen reagieren zu können“, betonte Salomon.
Der Landtag hatte die Kommission im März 2022 eingesetzt, im April 2022 hat sich das Gremium konstituiert. Seitdem hat die Enquetekommission zahlreiche Sachverständige angehört, darunter Ministerpräsident Winfried Kretschmann, Innenminister Thomas Strobl und Sozialminister Manfred Lucha sowie Expertinnen und Experten von Universitäten, Kliniken, Forschungseinrichtungen, Unternehmen, Kommunen, Behörden, Gewerkschaften und Verbänden. Das Gremium setzt sich aus 14 Mitgliedern der im Landtag vertretenden Fraktionen zusammen und darüber hinaus aus acht Sachverständigen, die als dauerhaft stimmberechtigte Mitglieder von den Fraktionen gewählt wurden.
Geprägt war die erste Hälfte der Enquetearbeit auch durch eine Bürgerbeteiligung, die parallel zur Arbeit des Gremiums stattgefunden hat. Zwischen Oktober 2022 und März 2023 haben sich Erwachsene, Jugendliche und Kinder mit der Frage beschäftigt, wie krisenfest die baden-württembergische Gesellschaft aufgestellt ist und welche Maßnahmen nötig sind, um die Resilienz (Widerstandsfähigkeit und Anpassungsfähigkeit) von Staat und Gesellschaft für mögliche künftige Krisen und Gefahrenlagen zu stärken. Die erarbeiteten Empfehlungen wurden im Mai 2023 an die Enquetekommission übergeben.
Land Baden-Württemberg behält Beteiligungen an Flughäfen Friedrichshafen und Rhein-Neckar
Stuttgart. Der Finanzausschuss des Landtags hat sich in seiner Sitzung am Donnerstag, 22. Februar 2024, mit der Beteiligung des Landes Baden-Württemberg an der Flughafen Friedrichshafen GmbH und der Rhein-Neckar Flugplatz GmbH befasst. Der Rechnungshof hatte in seiner Denkschrift 2023 empfohlen, dass das Land seine Beteiligung an den beiden Flughäfen abgeben soll. Wie der Vorsitzende des Finanzausschusses Martin Rivoir (SPD) mitteilte, ist das Gremium aufgrund der Bedeutung der beiden Flughäfen für die jeweilige Region dieser Empfehlung jedoch nicht gefolgt.
Dem Vorsitzenden zufolge hat der Ausschuss auf Antrag der Fraktionen Grüne und CDU mehrheitlich beschlossen, von der Mitteilung des Rechnungshofs Kenntnis zu nehmen. Nach Angaben Rivoirs ist das Land mit 5,74 Prozent an der Flughafen Friedrichshafen GmbH und mit 25 Prozent an der Rhein-Neckar Flugplatz GmbH beteiligt. Beide Gesellschaften seien im Segment der Regionalflughäfen tätig und betrieben dazu einen Flughafen bzw. Flugplatz. Die Gesellschaften seien nach Ansicht des Rechnungshofs wie viele andere in diesem Segment seit Jahren, auch bereits vor Ausbruch der Coronapandemie, defizitär. Dies liege vor allem an nicht ausreichenden Passagierzahlen und den folglich geringen Einnahmen. Den zu geringen Einnahmen stünden insbesondere hohe Ausgaben für Investitionen in die notwendige Flughafeninfrastruktur gegenüber.
Der Rechnungshof habe ausgeführt, dass nach Paragraf 65 der Landeshaushaltsordnung sich das Land an einem Unternehmen in einer Rechtsform des privaten Rechts nur dann beteiligen solle, wenn ein wichtiges Interesse des Landes vorliegt, und sich der vom Land angestrebte Zweck nicht besser und wirtschaftlicher auf andere Weise erreichen lasse.
Wie Martin Rivoir berichtete, habe das Finanzministerium darauf hingewiesen, dass der Flughafen Friedrichshafen bis 2019 im operativen Ergebnis (EBITDA) stets positiv abgeschnitten habe. Durch die beihilfekonforme finanzielle Unterstützung aller Gesellschafter, welche von der EU-Kommission genehmigt worden sei, bestehe derzeit eine positive Fortführungsprognose für den Flughafen. Zudem leiste der Flughafen Friedrichshafen einen wichtigen Beitrag zur Konnektivität, indem er durch seine geografische Randlage die Region mit internationalen Verkehrsnetzen und europäischen Wirtschaftszentren verknüpfe. Auch in der Sitzung hätten Abgeordnete darauf hingewiesen, dass der Flughafen für den Wirtschaftsstandort eine wichtige Rolle spiele.
Das Finanz- und das Verkehrsministerium sowie die Mehrheit der Abgeordneten sähen daher eine Veräußerung der Beteiligung an der Flughafen Friedrichshafen GmbH derzeit kritisch. Auch im Fall des Rhein-Neckar Flugplatzes blieben Finanzministerium und Abgeordnete bei ihrer Auffassung, die Beteiligung zu behalten. Eine Veräußerung der Beteiligung sei ein schwieriges Zeichen für die Wirtschaftsregion Mannheim, sagte der Ausschussvorsitzende Rivoir.
Bildungsausschuss befasst sich mit Antisemitismus an baden-württembergischen Schulen
Stuttgart. Der Ausschuss für Kultus, Jugend und Sport hat in seiner Sitzung am Donnerstag, 22. Februar 2024, auf Antrag der SPD-Fraktion über den Umgang mit antisemitischen Vorfällen an Bildungseinrichtungen im Land beraten. Das hat die Ausschussvorsitzende Petra Häffner (Grüne) mitgeteilt. „Wir sind uns im Ausschuss einig, dass jeder antisemitische Vorfall an unseren Schulen einer zu viel ist“, betonte die Ausschussvorsitzende. Die von der SPD eingebrachte Beschlussempfehlung, an den weiterführenden Schulen den Besuch einer KZ-Gedenkstätte verpflichtend einzuführen, sei dabei im Ausschuss mehrheitlich abgelehnt worden.
Die Antragstellenden wollten vom Kultusministerium unter anderem wissen, wie viele Meldungen antisemitischer Äußerungen und Übergriffe an Schulen es in den letzten Jahren gab und wie das Lehrpersonal im Umgang mit Antisemitismus geschult wird. Im Rahmen der im April 2018 eingeführten Meldepflicht für alle Vorfälle an öffentlichen Schulen, die antisemitische sowie andere religiös oder ethnisch begründete Diskriminierungen darstellen, seien dem Kultusministerium 142 solcher Fälle (Stand 19. Dezember 2023) bekannt geworden, gab Häffner die Ausführungen von Ministeriumsseite wieder. Davon wiesen 127 Fälle einen antisemitischen Bezug auf (2018: 12; 2019: 47; 2020: 13; 2021: 15; 2022: 11; 2023: 29). Vonseiten der Antragstellenden sei im Ausschuss betont worden, dass es sich bei den gemeldeten Vorfällen nur um die Spitze des Eisberges handele, da diese Ordnungsmaßnahmen oder Strafanzeigen nach sich gezogen hätten. Eine gesonderte Anlaufstelle für die Thematik im Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung (ZSL) und ein Pflichtbesuch einer KZ-Gedenkstätte für alle Schülerinnen und Schüler seien mögliche Maßnahmen.
Auf Nachfrage zu den Teilnahmezahlen an entsprechenden Lehrerfortbildungen habe Ministerin Theresa Schopper (Grüne) Häffner zufolge im Ausschuss ausgeführt, verpflichtende Fortbildungen gebe es zum jetzigen Zeitpunkt nicht. Seit 2020 habe das ZSL 89 Veranstaltungen mit knapp 900 teilnehmenden Lehrkräften durchgeführt, die das Thema Antisemitismus beinhaltet hätten. Weitere Seminare würden über zivilgesellschaftliche Organisationen und die Landeszentrale für politische Bildung angeboten. Nach dem Terrorangriff der Hamas am 7. Oktober 2023 habe das ZSL schnell reagiert und Online-Beratungen für Lehrkräfte sowie Online-Vorträge zu den Themen Antisemitismus und Nahost-Konflikt zur Verfügung gestellt.
Nach der Coronapandemie nähmen die Studienfahrten zu KZ-Gedenkstätten wieder stärker zu, berichtete die Ausschussvorsitzende weiter. Der entsprechende Fördertopf umfasse 365.000 Euro und werde vollständig genutzt, habe die Ministerin im Ausschuss betont. Gerade vor dem Hintergrund, dass es Schülerinnen und Schüler mit verschiedenen kulturellen und religiösen Hintergründen gebe und nicht immer ein direkter Anknüpfungspunkt zur deutschen Geschichte bestehe, könnte das Interesse für das Thema aber auch beispielsweise über Schulbesuche von Tandems jüdischen und muslimischen Glaubens geweckt werden. Vonseiten der Regierungsfraktionen sei eine Verpflichtung aller Schulen zum Besuch einer KZ-Gedenkstätte allein als nicht zielführend bezeichnet worden, so Häffner abschließend. Vielmehr müsse im Bereich Antisemitismus beziehungsweise Demokratieförderung insgesamt aufgestockt werden.
Potenzial der Gamesbranche im Fokus
Stuttgart. Der Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kunst hat sich in seiner Sitzung am Mittwoch, 21. Februar 2024, auf Antrag der FDP/DVP-Fraktion mit dem Potenzial der Gamesbranche in Baden-Württemberg befasst. Unter anderem ging es dabei um gezielte Maßnahmen zur Unterstützung der Spieleentwicklung, um Vernetzung und um das Potenzial der Gamesbranche. Das hat die Ausschussvorsitzende Nese Erikli (Grüne) mitgeteilt.
„Baden-Württemberg zählt zu den wirtschafts- und industriestärksten Standorten Deutschlands“, betonte Erikli. „Technologien aus dem Bereich der Games-Entwicklungen finden bereits heute weit über den digitalen Unterhaltungssektor hinaus in allen wirtschaftlichen Sektoren Anwendung, wie etwa in der Automobilindustrie, im Maschinenbau oder in der Medizintechnik“, fasste Erikli zusammen.
„Der deutsche Games-Markt ist einer der umsatzstärksten in Europa“, berichtete die Ausschussvorsitzende. Nach Auskunft des Jahresreports 2023 des Bundesverbandes game habe der Umsatz mit Games, Gaming-Online-Services im Jahr 2022 bei insgesamt 9,873 Milliarden Euro gelegen. Auch in Baden-Württemberg verzeichnete die gesamte Software- und Games-Industrie zwischen 2016 und 2021 ein erhebliches Wachstum von rund 45 Prozent. Baden-Württemberg liege, bezogen auf die Anzahl der Unternehmen und die Höhe der Umsätze, im oberen Mittelfeld.
Wie Erikli weiter ausführte, fördere die Landesregierung die Gamesbranche auch über die Medien- und Filmgesellschaft (MFG) Baden-Württemberg. Ziel der Games BW-Strategie sei es, eine hohe Anzahl an vielfältigen und qualitativ hochwertigen Spielen zu unterstützen, gut ausgebildete Entwicklerinnen und Entwickler im Land zu halten, Unternehmen aus dem In- und Ausland in Baden-Württemberg anzusiedeln und Unternehmensgründungen zu ermöglichen. „Aktuell stehen für die Förderung von Konzept- und Prototypentwicklungen 1,1 Millionen Euro zur Verfügung und darüber hinaus werden weitere Nachwuchs-, Qualifizierungs- und Förderprogramme mit insgesamt 305 Tausend Euro unterstützt“, gab Erikli die Angaben des Ministeriums wieder.
„Die Landesregierung versteht die Gamesbranche als zukunftsrelevante, kulturell und wirtschaftlich bedeutsame Branche in und für den Standort Baden-Württemberg“, fasste Erikli zusammen. Um die Position von Baden-Württemberg als national und international wettbewerbsfähigen Standort zu stärken, sei es unerlässlich auch zukünftig genügend Fördermittel zur Verfügung zu stellen.
Diskussion um Energieversorgung der Zukunft in Baden-Württemberg
Stuttgart. Der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus hat sich in der Sitzung am Mittwoch, 21. Februar 2024, mit der Unterstützung der Wirtschaft und insbesondere der Industrie bei der Erreichung der Klimaneutralität befasst. Das berichtete der Ausschussvorsitzende Dr. Erik Schweickert (FDP/DVP). Ein weiteres Thema sei die Inanspruchnahme des Bildungszeitgesetzes Baden-Württemberg und die Anerkennung seiner Träger gewesen.
Auf Antrag der FDP/DVP thematisierte der Ausschuss, wie die Landesregierung Unternehmen bei der Erreichung der Klimaneutralität unterstützt und eine angemessene Stromversorgung sicherstellt. Die Liberalen hatten dazu einen umfangreichen Fragenkatalog an die Landesregierung gerichtet und sich unter anderem nach dem Stand der strategischen Planungen in Sachen Kraftwerkspark und Stromerzeugung, Wasserstoffinfrastruktur sowie CO2-Management (Carbon Capture Storage/Use, kurz: CCS und CCU) in Baden-Württemberg erkundigt. Aus der Antwort des zuständigen Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft im Einvernehmen mit dem Wirtschaftsministerium geht hervor, dass die Landesregierung aufmerksam die strategischen Vorgaben des Bundes und der EU beobachte, die sich teils noch in Vorbereitung befänden. Zugleich stehe die Landesregierung in engem Austausch mit der Wirtschaft, um deren Bedürfnisse zu erkennen.
In diesem Sinne setze sich das Land gegenüber der Bundesregierung beispielsweise dafür ein, das geplante Wasserstoff-Kernnetz von Karlsruhe entlang des Rheins bis zur Schweizer Grenze zu verlängern, so das Umweltministerium in seiner Antwort. Dies werde jedoch vom Bundeswirtschaftsministerium mit dem Hinweis abgelehnt, dafür sei der 2021 aus dem Land gemeldete Bedarf zu gering. Das Land halte mit einer aktuellen landesweiten Erhebung dagegen, derzufolge mit höheren Bedarfen zu rechnen sei als bisher angenommen. Die aktuellen Zahlen bringe die Landesregierung in die bundespolitische Debatte ein mit dem Ziel, die Planung für das Wasserstoff-Kernnetz möglichst noch anzupassen.
Nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Dr. Schweickert kritisierten SPD und FDP/DVP, insbesondere aber auch die CDU, dass für die Planung des Wasserstoff-Kernnetzes 2021 viel zu geringe Bedarfe aus Baden-Württemberg gemeldet worden seien. Es sei bedauerlich, dass die Zuständigkeit für die Energieversorgung in der Hand des Umweltministeriums und nicht beim Wirtschaftsministerium liege, da die Belange der baden-württembergischen Wirtschaft viel stärker berücksichtigt werden müssten, so die CDU. Im Ergebnis würden bis 2032 bundesweit 9.300 Netzkilometer gebaut, davon aber nur 450 Kilometer im Land. Das sei nicht ausreichend und gefährde den hiesigen Industriestandort, kritisierten wiederum die drei Fraktionen der CDU, SPD und FDP/DVP unisono.
Ein Vertreter des Umweltministeriums erwiderte laut Dr. Schweickert, 2021 hätten viele der abgefragten Unternehmen das Thema Wasserstoff noch nicht ausreichend auf dem Schirm gehabt. Daher seien die Bedarfsanmeldungen relativ niedrig ausgefallen. Inzwischen habe sich das geändert. Das Ministerium setze alles daran, damit baden-württembergische Belange im Wasserstoff-Kernnetz besser abgebildet werden. Gelinge dies nicht, müsse man auf einen Ausbau des Kernnetzes ab 2035 drängen.
Mehrere Fraktionen hätten sich dafür ausgesprochen, im Rahmen der vom Bund jüngst vorgelegten Kraftwerksstrategie möglichst viele Kapazitäten nach Baden-Württemberg zu holen, um die Versorgung mit Strom sicherzustellen, so Dr. Schweickert. Die CDU habe betont, das Land dürfe sich nicht damit zufriedengeben, wenn auch in Bayern oder Hessen neue Kraftwerke gebaut werden. Das Land müsse zuerst an sich selbst denken. Die Grünen hätten konträr dazu erklärt, es könne angesichts der hohen Investitionen aber nicht darum gehen, Kraftwerkskapazitäten im Land um jeden Preis aufzubauen.
Auf Antrag der SPD thematisierte der Ausschuss die Inanspruchnahme des Bildungszeitgesetzes Baden-Württemberg sowie das Verfahren, mit dem Bildungsträger sich anerkennen lassen können. Aus der Antwort des Wirtschaftsministeriums geht hervor, dass im Land nicht regelmäßig erhoben wird, wie im Südwesten Bildungszeit in Anspruch genommen wird. Das Bildungszeitgesetz Baden-Württemberg sei aber in der Vergangenheit umfassend evaluiert worden. Laut Evaluationsbericht von 2019 nahmen 2017 rund 53.000 Personen Bildungszeit in Anspruch. Dies entspreche einer Inanspruchnahme von ca. 1,12 Prozent der Anspruchsberechtigten. Im Durchschnitt hätten die Befragten 2017 insgesamt 4,45 Bildungszeittage in Anspruch genommen.
Nach Angaben des Ausschussvorsitzenden äußerte sich die SPD enttäuscht angesichts der nicht vorliegenden aktuellen Zahlen. Die Landesregierung behandle das Thema stiefmütterlich, habe die SPD erklärt. Die Wirtschaftsministerin habe entgegnet, eine regelmäßige Erhebung sei zu aufwändig. Im Übrigen investiere das Ministerium regelmäßig in Weiterbildungsmaßnahmen. Die FDP kritisierte das Gesetz grundsätzlich und bezeichnete es als überflüssig, die AfD hingegen bewertete es als sinnvoll und notwendig.
Wie Dr. Schweickert weiter erklärte, bewilligte der Ausschuss die Aufstockung zweier bereits genehmigter Finanzhilfen im Rahmen des Förderprogramms IPCEI Mikroelektronik und Kommunikationstechnologien (IPCEI ME + KT) um insgesamt rund 700.000 Euro.
40 Prozent bio-regionale Lebensmittel in landeseigenen Kantinen angestrebt
Stuttgart. Der Ausschuss für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz hat in seiner Sitzung am Mittwoch, 21. Februar 2024, über biologische und regionale Wertschöpfungsketten für die landeseigenen Kantinen sowie den aktuellen Stand der für das Frühjahr 2024 angekündigten Kantinenrichtlinie beraten. Das hat der Ausschussvorsitzende Martin Hahn (Grüne) mitgeteilt. Künftig soll über eine Verwaltungsvorschrift der Anteil regionaler und bio-regionaler Lebensmittel mit transparenten und nachhaltigen Lieferketten steigen.
„Bis 2030 will das Land Baden-Württemberg mindestens 30 Prozent der landwirtschaftlichen Flächen ökologisch bewirtschaften“, erläuterte der Ausschussvorsitzende. „Dementsprechend sollen bis 2030 auch mindestens 30 bis 40 Prozent der Lebensmittel in landeseigenen Kantinen aus bio-regionalem Anbau kommen.“ Auf Antrag der Grünen-Fraktion befasste sich das Gremium damit, wie durch den Lebensmitteleinsatz in Landeskantinen regionale Wertschöpfungsketten gestärkt und der Ökolandbau gefördert werden könne. Laut Angaben des Landwirtschaftsministeriums gebe es 44 landeseigene Kantinen in Baden-Württemberg mit durchschnittlich 8.557 Essen pro Wochentag (Stand Dezember 2023), berichtete Hahn. Aktuell wiesen 15 Landeskantinen eine Bio-Zertifizierung auf.
An einem Projekt namens „Bio in der Gemeinschaftsverpflegung in Bio-Musterregionen“ hätten mehr als 30 Einrichtungen und Betriebe der Gemeinschaftsverpflegung teilgenommen, gab Hahn die Ausführungen von Ministeriumsseite wieder. Neben der Bio-Zertifizierung von 28 dieser Einrichtungen hätten durch das Modellprojekt Lebensmittelabfälle reduziert und Einsparpotenziale, z.B. durch angepasste Portionsgrößen, aufgezeigt werden können. Durch Vernetzung der regionalen Akteurinnen und Akteure von der landwirtschaftlichen Erzeugung bis zur Kantine bzw. Gemeinschaftsverpflegung versuchten die Bio-Musterregionen bereits jetzt, den Ökolandbau zu stärken und den Anteil an Biolebensmitteln zu erhöhen. Daran anknüpfend sei in einem Teilprojekt ein externer Berater zur Stärkung oder Initiierung regionaler Wertschöpfungsketten eingesetzt worden. Das Projekt werde momentan mit einer Umfrage ausgewertet. Insgesamt stehe fest, dass über sämtliche Produktgruppen hinweg die Verlässlichkeit aller Beteiligten entlang der gesamten Wertschöpfungsketten ausschlaggebend für den Erfolg sei, fasste Hahn die Ausführungen des Ministeriums zusammen
Die Grünen-Fraktion erfragte in einem weiteren Antrag an das Landwirtschaftsministerium die konkrete Umsetzung der angekündigten Kantinenrichtlinie. Der Ausschuss wollte von Minister Peter Hauk (CDU) insbesondere wissen, inwiefern Mehrkosten beim Umstieg auf bio-regionale Lebensmittel ausgeglichen werden können. Vonseiten des Ministeriums sei laut Hahn in der Beantwortung ausgeführt worden, die Verwaltungsvorschrift Kantine solle für das Frühjahr 2024 veröffentlicht und rückwirkend zum 1. Januar 2024 in Kraft treten. Die betroffenen Behörden und Kantinen würden bei der Umsetzung mit Informationsveranstaltungen unterstützt werden. Hochschulmensen sowie Justizvollzugsanstalten umfasse die Kantinenrichtlinie zunächst nicht. „Im aktuellen Entwurf der Verwaltungsvorschrift ist für 2030 verankert, dass die Landeskantinen 40 Prozent bio-regionale sowie 75 Prozent regionale Lebensmittel einsetzen“, fasste Hahn die Ausführungen des Ministers zusammen. Mit der Kantinenrichtlinie, die u.a. auch erhöhte Tierwohlstandards beim Fleisch und Säfte aus Streuobst vorschreibt, sei Baden-Württemberg bundesweit Vorreiter.
Beim Umstieg auf Bio-Lebensmittel müsse das Land mit Mehrkosten rechnen, berichtete Hahn weiter. Minister Hauk habe im Ausschuss darauf angesprochen dargelegt, dass die Bezuschussung von Kantinenessen in großen Unternehmen auch als Maßnahme der Mitarbeiterbindung gang und gäbe sei. Durch die Bio-Zertifizierung weiterer Landeskantinen wolle das Land lokale wie regionale Wertschöpfungsketten in Landwirtschaft und Ernährungsgewerbe stabilisieren. Auch ein Onlineportal für die Vernetzung und Transparenz bezüglich der Akteurinnen und Akteure entlang der Wertschöpfungskette sei in Planung.
Präsidentin Muhterem Aras: Baden-Württemberg verliert einen Parlamentarier mit Leib und Seele
Stuttgart. Mit großer Trauer hat Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) die Nachricht vom Tod des langjährigen Abgeordneten und ehemaligen Landtagspräsidenten Erich Schneider (CDU) aufgenommen. „Baden-Württemberg verliert einen profilierten Politiker, einen Parlamentarier mit Leib und Seele und überzeugten Demokraten, der sich immer für das Wohl der Menschen im Land eingesetzt hat“, sagte Aras. Insbesondere als Parlamentspräsident habe sich Schneider über Parteigrenzen hinweg Respekt und Anerkennung erworben. Erich Schneider ist diese Woche im Alter von 90 Jahren gestorben.
Landtagspräsidentin Aras würdigte Erich Schneiders politisches Leben als Parlamentarier und Europäer, der immer die Interessen der Menschen im Blick gehabt habe: „Erich Schneider hat sich mit Leidenschaft und Ehrgeiz für ein selbstbewusstes Landesparlament eingesetzt, das nicht nur in Deutschland, sondern auch im Europa der Regionen eine starke und wahrnehmbare Stimme der Bürgerinnen und Bürger ist; inhaltlicher Schwerpunkt seiner Arbeit war der Umweltschutz und der Ausbau der internationalen Beziehungen. So hat Erich Schneider beispielsweise das deutsch-israelische Stipendienprogramm des Landtags mit ins Leben gerufen und insbesondere die Beziehungen des Landes zu Burundi mit auf- und ausgebaut.“
Fast ein Vierteljahrhundert, von 1968 bis 1992, hat Erich Schneider als Abgeordneter für den Wahlkreis Backnang die Landespolitik mitgeprägt: als Mitglied in verschiedenen Ausschüssen, als parlamentarischer Geschäftsführer sowie als stellvertretender Vorsitzender der CDU-Fraktion und schließlich von 1982 bis 1992 als Präsident des Landtags von Baden-Württemberg. Als Vertreter des Landes war er außerdem Vizepräsident der von ihm mitinitiierten Versammlung der Regionen Europas und Vizepräsident des Europäischen Zentrums für regionale Entwicklung in Straßburg. Fast 20 Jahre war Erich Schneider ab 1960 Bürgermeister von Burgstall, später Burgstetten, und 18 Jahre Kreisrat im Rems-Murr-Kreis. Erich Schneider war Träger der Verdienstmedaille des Landes Baden-Württemberg und des Bundesverdienstkreuzes.
Aras sagte abschließend: „Erich Schneider hat in Burgstetten, in Baden-Württemberg, in Deutschland, in Europa und in der Welt Spuren hinterlassen, seine politische Stimme und menschliche Wärme werden fehlen. Der Landtag von Baden-Württemberg wird Erich Schneider stets ein ehrendes Andenken bewahren. Unsere und auch meine persönliche Anteilnahme gilt seiner Familie.“
Vorsitzender Marwein: Einwendungen gegen die Pflegekammer-Registrierung müssen an den Gründungsausschuss gerichtet werden
Stuttgart. Derzeit erreichen den Petitionsausschuss des Landtags von Baden-Württemberg zahlreiche Zuschriften, die sich gegen die Errichtung einer Landespflegekammer und die damit verbundene Pflichtmitgliedschaft für Pflegekräfte richten. Viele enthalten zusätzlich oder ausschließlich das offizielle Einwendungsformular des Gründungsausschusses zur Errichtung der Pflegekammer. Einwendungen gegen die Registrierung müssen jedoch direkt beim Gründungsausschuss in Waiblingen erhoben werden. Hierauf hat der Vorsitzende des Petitionsausschusses, Thomas Marwein (Grüne), hingewiesen.
Aktuell werden in Baden-Württemberg Tausende von Pflegekräften wegen ihrer Registrierung als Mitglied der zu gründenden Landespflegekammer Baden-Württemberg angeschrieben. Die Landespflegekammer wird für den Fall ihrer Errichtung etwa 110.000 Mitglieder haben. Voraussetzung für die Errichtung ist, dass mindestens 60 Prozent der zukünftigen Mitglieder registriert sind, die keine Einwendungen gegen ihre Registrierung erhoben haben, denn nur dann darf die Wahl zur ersten Vertreterversammlung stattfinden. Für das Errichtungsquorum von 60 Prozent werden nur diejenigen Kammermitglieder berücksichtigt, die keine Einwendungen erhoben haben, unabhängig davon, ob die Einwendung im Einzelfall berechtigt ist oder nicht.
Die meisten der über 1.000 Zuschriften, die den Petitionsausschuss zu diesem Thema erreicht haben, wenden sich gegen die Errichtung der Landespflegekammer und die damit verbundene Pflichtmitgliedschaft. „Diese Eingaben werden vom Petitionsausschuss im üblichen Verfahren behandelt“, betont Thomas Marwein. In vielen Fällen hätten die Einsender aber auch das ausgefüllte offizielle Einwendungsformular des Gründungsausschusses beigefügt oder sogar nur dieses eingereicht. Der Petitionsausschuss sei aber für die Entgegennahme der Einwendungen nicht der richtige Adressat, worauf man die Petenten auch hinweise. Mit einer Einreichung beim Landtag werde auch die gesetzliche Frist von sechs Wochen nicht eingehalten, warnt Marwein.
Nach dem Landespflegekammergesetz Baden-Württemberg können Pflegefachkräfte sowohl schriftlich als auch digital Einwendungen gegen die Registrierung erheben. Dies ist erst möglich, wenn der Gründungsausschuss die Pflegefachkräfte persönlich anschreibt, wie es zur Zeit geschieht. Ab diesem Zeitpunkt beginnt die gesetzliche Einwendungsfrist von sechs Wochen. Die Einwendungen sind direkt an den „Gründungsausschuss der Landespflegekammer Baden-Württemberg, 71331 Waiblingen“ zu richten. „Pflegekräfte, die gegen ihre Registrierung Einwendungen erheben wollen, sollten diese unbedingt an den Gründungsausschuss schicken und nicht an den Landtag“, so Marwein abschließend.
Landtagspräsidentin Aras: Nie wieder ist jetzt!
Stuttgart/Karlsruhe. Der Landtag von Baden-Württemberg hat am Freitag, 26. Januar 2024, der Opfer des Nationalsozialismus gedacht. Die Gedenkfeier aus Anlass der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau vor 79 Jahren, die sich am 27. Januar jährt, fand im Konzerthaus Karlsruhe statt. „Wir als Gesellschaft müssen unmissverständlich deutlich machen: Wir dulden keinen Antisemitismus! Nicht von rechts, nicht von links, nicht aus der Mitte der Gesellschaft, und nicht aus muslimischen Kreisen“, sagte Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) in ihrer Gedenkrede. Es gelte, jede Form von Menschenhass zu ahnden und zu ächten, „in Baden-Württemberg, in Deutschland, in Europa“.
„In diesem Jahr gedenken wir hier in Karlsruhe verstärkt der badischen Jüdinnen und Juden, die unter den ersten jüdischen Deportationsopfern waren“, erklärte Landtagspräsidentin Aras vor rund 450 Gästen, darunter Abgeordnete der Fraktionen, Vertreterinnen und Vertreter von Regierung und Opfergruppen sowie Repräsentanten der Region und zahlreiche Schülerinnen und Schüler. „Wir begreifen die Erinnerung auch als Mahnung für unsere heutige Zeit“, so die Landtagspräsidentin mit Blick auf aktuelle Ausschläge von Demokratiefeindlichkeit und Antisemitismus in Deutschland, aber auch mit Blick auf die Anschläge der Terrororganisation Hamas vom 7. Oktober.
„Es hat längst wieder angefangen. Und die Zeit, sich zu wehren, ist jetzt. Nie wieder ist jetzt! Nie wieder dürfen Menschenfeinde in diesem Land an die Macht kommen. Nie wieder darf Hass folgenlos zur Schau getragen werden. Jede und jeder Einzelne ist in der Pflicht, das zu verhindern, aufzustehen und Haltung zu zeigen“, so Muhterem Aras.
Der 27. Januar wurde im Jahr 1996 vom damaligen Bundespräsidenten Roman Herzog zum Tag des Gedenkens an alle Opfer des Nationalsozialismus erklärt. Der Landtag von Baden-Württemberg stellt jährlich wechselnd eine Opfergruppe in den Fokus. In diesem Jahr sind es die badischen Jüdinnen und Juden. Der Gedenkstunde im Konzerthaus ging ein Stilles Gedenken auf dem Jüdischen Teil des Hauptfriedhofs Karlsruhe voraus.
„Vor 75 Jahren, vier Jahre nach der Befreiung vom Nationalsozialismus, gab die junge Bundesrepublik mit dem Grundgesetz das Versprechen, fortan die Würde eines jeden Menschen zu achten und zu schützen“, betonte Präsidentin Aras. Darin angelegt sei auch folgendes Versprechen gewesen: Jüdinnen und Juden in Deutschland sollten nach dem Menschheitsverbrechen der Shoah keine Angst mehr haben: nicht um ihre Würde und nicht um ihr Leben. Angesichts der aktuellen demokratiefeindlichen und antisemitischen Strömungen in Deutschland stellte Aras fest: „Die Wahrheit ist: Juden und Jüdinnen in Deutschland haben wieder Angst. Das ist eine unermessliche Schande für unser Land.“
Alle Bürgerinnen und Bürger seien nun gefragt, Position zu beziehen. „Wo einem Hass zu Ohren kommt, gilt es den Mund aufzumachen: Sei es am Küchentisch oder in der Kneipe, im Parlament oder auf dem Pausenhof. Nur so bewährt sich und bewahrt sich unser Grundgesetz“, erklärte Aras. Die Demonstrationen gegen Rechtsextremismus und Fremdenhass in den vergangenen Tagen machten Mut, müssten sich aber noch expliziter gegen Antisemitismus richten.
An der Gedenkstunde des Landtags in Karlsruhe nahmen auch zahlreiche Glaubensgemeinschaften und Verbände teil: neben den Israelitischen Religionsgemeinschaften Württemberg und Baden auch die Jüdische Jugend Baden. Zudem waren im Konzerthaus Vertreterinnen und Vertreter von Justiz und Kirchen, des Konsularischen Korps, der Gedenkstättenarbeit sowie von Kommunen zugegen.
Grußworte sprachen der Oberbürgermeister der Stadt Karlsruhe, Dr. Frank Mentrup, und Rami Suliman, Vorsitzender der Israelitischen Religionsgemeinschaft Baden, mit der der Landtag die Gedenkfeier gemeinsam ausrichtete. Suliman verwies auf die Anschläge der Hamas vom 7. Oktober. Seitdem fühlten sich Jüdinnen und Juden auch in Deutschland wieder unsicher. Nicht alle Bürgerinnen und Bürger würden verstehen, dass Antisemitismus nicht nur für Menschen jüdischen Glaubens eine Gefahr sei, sondern für die Demokratie insgesamt.
Prof. Dr. Doron Kiesel, wissenschaftlicher Direktor der Bildungsabteilung des Zentralrats der Juden in Deutschland, beschrieb in einem Fachvortrag jüdisches Leben in Baden damals und heute. Aktuell zeigten sich Risse im deutsch-jüdischen Gebäude, juden- und israelfeindliche Positionen würden immer unverhohlener geäußert. Das sei besorgniserregend und werfe die Frage auf, ob jüdisches Leben in Deutschland weiter eine Zukunft habe.
Als Zeichen für das Erinnern stellten Vertreterinnen und Vertreter der Jüdischen Jugend Baden in einem Beitrag historische jüdische Persönlichkeiten aus Baden vor. Sie schilderten auch eindringlich, wie sich ihr Leben seit dem 7. Oktober 2023 verändert habe und von Angst geprägt sei.
Im Namen des Landtags von Baden-Württemberg versicherte die Landtagspräsidentin, dass jüdisches Leben fester Bestandteil unserer vielfältigen Gesellschaft ist und der Landtag fest an der Seite der Jüdinnen und Juden steht.
Musikalisch umrahmt wurde die Gedenkstunde durch Fenella Bockmaier am Klavier sowie Shachar Lavi und Ido Ramot, Gesang und Klavier.
Deutlich höherer Wasserstoffbedarf für Baden-Württemberg bis 2040
Stuttgart. Der Ausschuss für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft hat in seiner Sitzung am Donnerstag, 25. Januar 2024, die Ergebnisse der vom Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung (ZSW) durchgeführten Wasserstoff-Bedarfserhebung diskutiert. Das hat der Ausschussvorsitzende, FDP/DVP-Abgeordneter Daniel Karrais, mitgeteilt. Die anwesende Sachverständige des ZSW, Maike Schmidt, stellte in der Sitzung den prognostizierten Wasserstoffbedarf für die Bereiche Industrie, Verkehr sowie Strom- und Wärmeversorgung vor.
Im Ausschuss habe Maike Schmidt, Leiterin des Fachgebiets Systemanalyse im ZSW, die von der Landesregierung beauftragte Erhebung und wissenschaftliche Analyse zur Entwicklung des Wasserstoffbedarfs im Land bis 2040 für die Gremiumsmitglieder aufgeschlüsselt und nächste Schritte daraus abgeleitet. Bisherige Analysen zum zukünftigen Wasserstoffbedarf in Baden-Württemberg wiesen mit 30 bis 53,5 benötigten Terrawattstunden (TWh) für 2040 eine große Bandbreite auf und seien damit als Planungsbasis ungeeignet, berichtete Karrais. Das ZSW habe für seine Analyse eine Online-Abfrage an alle potentiellen Wasserstoff-Bedarfsträger im Land geschickt. Die 474 Rückmeldungen aus unterschiedlichsten Bereichen und Sektoren, darunter Industrie, Energieversorger, Stadtwerke, Verteilnetzbetreiber, Logistikunternehmen und kommunale Einrichtungen, hätten dem ZSW eine Hochrechnung und damit eine erste Orientierung für die H2-Infrastrukturplanung ermöglicht.
Die Bedarfsmeldungen seien unter der Prämisse, dass genügend Wasserstoff zu einem wettbewerbsfähigen Preis am jeweiligen Unternehmenssandort zur Verfügung stehe, getätigt worden. Das ZSW sei über diesen Weg zu dem Ergebnis gekommen, dass der Wasserstoffbedarf in den kommenden Jahren, insbesondere ab 2030 stark ansteigen werde und 2040 bei 90,7 benötigten Terrawattstunden liegen werde. Für das Jahr 2024 sei ein Bedarf von 3 TWh gemeldet worden, ab dem Jahr 2028 (9 TWh) kämen sukzessive größere Verteilnetzbetreiber hinzu. Ab 2032 (52,4 TWh) werde angenommen, dass Wasserstoff per Pipeline zur Verfügung stehen könne und auch die großen Kraftwerke zur Stromerzeugung mit Wasserstoff versorgt werden können.
Die Abfrage des ZSW sei auf die Industrie fokussiert gewesen, was eine gute Basis für die entsprechenden Hochrechnungen liefere, habe Schmidt im Ausschuss erklärt. Die Bedarfe seien regional verteilt nach Industriestrukturen und Meldungen analysiert worden. Schon deutlich vor 2030 wiesen die ermittelten Gesamtbedarfe für die Industrie eine dynamische Entwicklung auf, der Ostalbkreis sei dabei interessanterweise besonders früh mit hohem Bedarf vertreten. „Die Höhe der Bedarfe spiegelt Baden-Württembergs Industriestruktur, aber nicht nur die energieintensive Industrie ist auf Wasserstoff angewiesen, um wettbewerbsfähig zu bleiben“, gab Karrais die Ausführungen Schmidts wieder. Der Straßenverkehr weise einen relativ geringen Wasserstoffbedarf im Vergleich zur Industrie auf, aber auch hier würden schon bis 2030 in allen Kreisen die Bedarfe wachsen.
Die Rückfragen im Ausschuss richteten sich dem Vorsitzenden zufolge an Ministerin Walker (Grüne) ebenso wie an Maike Schmidt und thematisierten vor allem den möglichen parallelen Einsatz von Wasserstoff, Erdgas und erneuerbaren Energien zur Stromerzeugung und wie die aktuell noch schwer abwägbaren Preise für grünen Wasserstoff die berechneten Bedarfe verändern könnten. Gerade grüner Wasserstoff werde dringend benötigt, um die Wettbewerbsfähigkeit von Baden-Württemberg als Industriestandort zu erhalten. Abschließend habe die Sachverständige des ZSW Schmidt in der Sitzung betont, da für die kurze Frist bis 2028/2030 in Baden-Württemberg kein Wasserstoff per Pipeline zur Verfügung stehen könne, seien Vor-Ort-Versorgungskonzepte und H2-Hubs als wichtige und teilweise einzige Wasserstoffversorgungsoption gezielt zu initiieren und umzusetzen, so Karrais.
Ausschuss für Wohnen berät über Umwandlung von Flächen zu Wohnraum und Fachkräftemangel bei Architekten
Stuttgart. Der Ausschuss für Landesentwicklung und Wohnen hat sich in seiner Sitzung am Mittwoch, 24. Januar 2024, auf Antrag der Grünen-Fraktion mit der Frage befasst, wie bislang ungenutzte Flächen angepasst und als Wohnraum genutzt werden können. „Aufgrund er auch in den kommenden Jahren bestehenden Wohnraumknappheit ist es wichtig, dass sich der Ausschuss regelmäßig mit dem Thema befasst“, sagte die Ausschussvorsitzende Christiane Staab (CDU). Außerdem beriet das Gremium auf Antrag der Fraktion FDP/DVP über den Umgang der Architektenkammer mit dem Fachkräftemangel und der Anerkennung ausländischer Abschlüsse.
Nach Angaben der Vorsitzenden wollten die Antragsteller zum einen wissen, wie die Wohnsituation in Baden-Württemberg aussieht und welche Möglichkeiten es gibt, die Situation an Bedarfsänderungen anzupassen. Dem Ministerium für Landesentwicklung und Wohnen zufolge sei die Wohnfläche in Baden-Württemberg zwischen 2012 (468 Mio. Quadratmeter) und 2018 (507 Mio. Quadratmeter) um rund 8 Prozent gestiegen. In den letzten zehn Jahren habe die rechnerisch durchschnittliche Haushaltsgröße von 2,15 Personen (2012) auf 2,10 Personen (2022) abgenommen. Die rechnerische durchschnittliche Wohnfläche je Einwohner in Baden-Württemberg sei von 46,1 Quadratmeter (2012) auf 46,7 Quadratmeter (2022) gestiegen.
Das Ministerium habe ausgeführt, dass die Wohnungsbedarfsprognose der Prognos AG den Wohnungsbaubedarf im Land auf 54.000 Wohneinheiten pro Jahr beziffere. Es sei davon auszugehen, dass weiterhin erheblicher Wohnungsbaubedarf bestehe. Auch Erfolge bei der Aktivierung bestehenden, jedoch nicht zu Wohnzwecken genutzten Raums hätten das bestehende Wohnungsdefizit nicht ausgeglichen. Das Ministerium habe eine ganze Reihe an Maßnahmen genannt, mit denen das Land die Schaffung von Wohnraum unterstütze. Dazu zählten etwa die Förderprogramme „Wohnungsbau BW 2022“ und „Wohnraum für Geflüchtete“, die Städtebauförderung sowie Programme und Projekte wie „Wohnen im Kulturdenkmal“, „Junges Wohnen“ und „Neues Wohnen“.
Die Umwandlung ungenutzter und leerstehender Büro- und Gewerbeflächen könne einen Beitrag zur Wohnraumversorgung leisten, habe das Ministerium mitgeteilt. Als entscheidende Vorteile einer Umnutzung werde angesehen, dass keine Baugruben- und Gründungskosten entstünden, ebenso sei mit keinen oder nur geringen Rohbaukosten zu rechnen. Demgegenüber könnten hohe Umbaukosten für die Erreichung energetischer Standards, für Brand- und Schallschutz sowie evtl. für Stellplätze entstehen. Zudem unterliege der Vermieter strengeren mietrechtlichen Regulierungen und die Rückumwandlung von Wohn- zu Büroraum sei wegen Zweckentfremdungsverordnungen kaum möglich. Neben der Wirtschaftlichkeit sei ein weiteres Haupthindernis die Qualität der Standorte, insbesondere der Belastung durch Verkehrslärm, fasste Staab die Ausführungen zusammen.
Auf Antrag der Fraktion FDP/DVP befasste sich der Ausschuss mit dem Fachkräftemangel bei Architekten und der Anerkennung ausländischer Abschlüsse. Nach Angaben der Vorsitzenden hätten die Antragsteller erklärt, dass sich der Fachkräftemangel insbesondere im Bausektor auswirke. Es fehlten nicht nur Facharbeiter und Ingenieure, sondern auch Architekten. Eine funktionelle Einwanderung in den Arbeitsmarkt für die Bauwirtschaft sei daher unerlässlich. Dafür müssten die Rahmenbedingungen stimmen und die Anerkennung von ausländischen Architekturabschlüssen bundesweit harmonisiert werden. Mit dem Antrag sollte in Erfahrung gebracht werden, wie sich die Situation im Bausektor in Baden-Württemberg darstelle.
Zwischen Juni 2013 und März 2023 habe in Baden-Württemberg die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung bei Architekten (2013: 9.248, 2023:12.875) und bei Bauingenieuren in der Bauplanung und -überwachung (2013: 6.053, 2023: 8.055) deutlich zugenommen. Der Zuwachs sei in Teilen auch auf die Zunahme der Zahl an ausländischen Beschäftigten zurückzuführen. So sei die Zahl der ausländischen Architekten in dem Zeitraum von 716 auf 1.917 und die Zahl der Bauingenieure von 348 auf 896 gestiegen, berichtete Christiane Staab. Dennoch hätten bei einer bundesweiten Umfrage der Bundesarchitektenkammer zwischen 17 Prozent (Innenarchitektur) und 41 Prozent (Landschaftsarchitektur) der Architekturbüros angegeben, dass ihnen aktuell Personal fehle.
Probleme bei der Anerkennung ausländischer Abschlüsse entstünden in der Regel dann, wenn die von den Antragstellern vorgelegten Abschlüsse nicht mit den Kriterien für die Anerkennung übereinstimmten oder keine Nachweise erbracht würden. Zur Bekämpfung des Fachkräftemangels sei neben der Gewinnung von ausländischen Fachkräften auch die Gewinnung von inländischen Fachkräften von Bedeutung.
Auf die Frage, welche Möglichkeiten zur Harmonisierung der Aufnahmekriterien in die Architektenliste die Landesregierung angesichts von 16 verschiedenen Architekturgesetzen in Deutschland sehe, habe das Ministerium mitgeteilt, dass die Aufnahmekriterien aktuell als ausreichend harmonisiert angesehen würden. Die unionsrechtlichen Rahmenbedingungen für Aufnahmekriterien gelten für alle Länder. Eine einheitliche Orientierung biete zudem das Musterarchitektengesetz. Außerdem tauschten sich die Eintragungsausschüsse der jeweiligen Länderkammern jährlich bei einer Jahrestagung aus.
Diskussion über geriatrische Versorgung im Land
Stuttgart. Mit der geriatrischen Versorgung in Baden-Württemberg und dem Stand der Umsetzung des 2014 beschlossenen Geriatriekonzepts hat sich der Ausschuss für Soziales, Gesundheit und Integration in der Sitzung am Mittwoch, 24. Januar 2024, beschäftigt. Das berichtete der Ausschussvorsitzende Florian Wahl (SPD).
Auf Antrag der FDP/DVP thematisierte der Ausschuss die medizinische Versorgung von Patientinnen und Patienten über 65 Jahre in ambulanten und stationären Einrichtungen im Südwesten. Die Liberalen hatten dazu angesichts des wachsenden Anteils älterer Menschen in der Bevölkerung einen umfangreichen Fragenkatalog an das Sozialministerium gerichtet. Insbesondere wollten sie in Erfahrung bringen, wie sich das Versorgungsangebot seit Vorlage des Landesgeriatriekonzepts 2014 entwickelt hat.
Aus der Antwort des Ministeriums geht hervor, dass die Zahl der Krankenhäuser mit geriatrischer Fachabteilung und die Zahl der dort vorgehaltenen Betten in den vergangenen Jahren gestiegen ist. So waren 2014 zehn Kliniken mit Geriatrie und 445 Betten in der Statistik verzeichnet, 2022 waren es 23 Kliniken mit Geriatrie und 739 Betten. Fraktionsübergreifend habe es für diese Entwicklung hin zu mehr Spezialisierung Lob gegeben, berichtete der Ausschussvorsitzende Wahl. Zugleich habe im Ausschuss Einigkeit dahingehend geherrscht, dass es flexibler, vernetzter und fachübergreifender Versorgungsangebote mit einer starken ambulanten Basis bedürfe, um älteren Menschen ein möglichst langes selbstständiges Leben zu ermöglichen. Dies sei und bleibe das oberste Ziel des Geriatriekonzepts.
Wie Wahl weiter berichtete, habe die FDP/DVP die Problematik der Anschlussversorgung nach stationärem Aufenthalt angesprochen. Viele ältere Menschen fänden nach einer Krankenhausbehandlung keinen Platz in der Kurzzeitpflege, auch Reha-Plätze seien knapp. Dies führe dazu, dass diese Menschen häufig nicht mehr in die eigenen vier Wände zurückkehren können und stattdessen im Pflegeheim landen. Das Prinzip Reha vor Pflege müsse entsprechend gestärkt werden, habe die FDP/DVP gefordert, so Wahl.
Grüne und SPD hätten demgegenüber einer Stärkung der ambulanten Versorgung das Wort geredet, so der Ausschussvorsitzende. Vor allem flexible ambulante und wohnortnahe Angebote mit einem Fokus auf Prävention und Gesundheitsförderung seien geeignet, die Lebensqualität älterer Menschen zu sichern. Ziel müsse es sein, Klinikaufenthalte möglichst zu vermeiden. Dies könne gelingen, wenn sich die verschiedenen Gesundheitsberufe unter Einbeziehung der hausärztlichen Versorgung und der Geriatrischen Institutsambulanzen (GIA) besser als bisher vernetzen.
Laut Wahl habe Sozialminister Manfred Lucha (Grüne) in diesem Zusammenhang den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) von Kliniken, Ärzten und Krankenkassen als oberstes Lenkungsgremium im Gesundheitswesen scharf kritisiert. Der G-BA setze einseitig auf stationäre geriatrische Angebote und hinke der Entwicklung um 20 Jahre hinterher, habe Lucha erklärt. Dies zeige sich exemplarisch an den nicht mehr zeitgemäßen Vorgaben des G-BA für geriatrische Zentren.
Stiftung Forum Recht stellt im Ständigen Ausschuss Ziele und Projekte vor
Stuttgart. Die Stiftung Forum Recht hat sich am Donnerstag, 25. Januar 2024, in der Sitzung des Ständigen Ausschusses vorgestellt. Der stellvertretende Direktor Dr. Stephan Barthelmess berichtete den Abgeordneten über die Ziele der Stiftung, die Aktivitäten im vergangenen Jahr sowie über den Ausblick für das laufende Jahr. „Nie war die Zeit so wichtig wie heute, für den Rechtsstaat Werbung zu machen. Nicht nur für unseren eigenen Staat, sondern auch für andere Staaten in Europa“, sagte der Ausschussvorsitzende Guido Wolf (CDU). Es sei mit Sicherheit die richtige Entscheidung gewesen, die Stiftung zu gründen. Dass die Stiftung in Karlsruhe angesiedelt sei, wo sich die höchsten deutschen Gerichte befänden, sei für Baden-Württemberg und die Bundesrepublik großartig.
Nach Angaben des Vorsitzenden führte Barthelmess aus, dass die Stiftung per Gesetzesbeschluss durch den Bundestag am 19. Mai 2019 gegründet worden sei. Die Finanzierung erfolge zu 100 Prozent über den Bundeshaushalt. Ziel der Stiftung sei es, in einem auf Bürgerbeteiligung angelegten Kommunikations-, Informations- und Dokumentationsforum aktuelle Fragen von Recht und Rechtsstaat in Deutschland als Grundvoraussetzung einer funktionierenden und lebendigen Demokratie aufzugreifen und diese für alle gesellschaftlichen Gruppen in Ausstellungen und Aktivitäten vor Ort und im virtuellen Raum erfahrbar werden zu lassen. Das Gesetz sei so ausgelegt, dass auch historische, europäische und internationale Bezüge angemessen berücksichtigt werden. Die Stiftung wolle nicht nur an ihrem Sitz in Karlsruhe aktiv sein, sondern auch am Standort in Leipzig, im virtuellen Raum sowie durch mobile Angebote auch in ländlichen Gegenden.
Barthelmess hat Guido Wolf zufolge weiter erklärt, die Stiftung sei keine Rechtsberatung, sondern informiere über den Rechtsstaat, seine Struktur, seinen Wert und seine Anwendung. Die Stiftung schaffe dafür Anlässe, bei denen Menschen über ihre Erfahrungen mit dem Rechtsstaat sprechen, so dass Diskussions- und Erlebnisräume entstehen. Die Angebote der Stiftung sollen eine leicht zugängliche und offene Plattform sein mit dem Ziel, eine interdisziplinäre, partizipative und bereichernde Begegnung auf Augenhöhe zu ermöglichen.
Wie der Ausschussvorsitzende Guido Wolf weiter berichtete, blickte Barthelmess auch auf die Aktivitäten im vergangenen Jahr zurück. Das Jahresthema 2023 habe „Recht und Gerechtigkeit“ geheißen. Zu den Aktivitäten hätten unter anderem der Podcast „Justice, Baby“ mit Diskussionen mit Experten zum Thema Rechtsstaat, eine Web-Kampagne „Recht und Realität“, eine Film- und Gesprächsreihe, Kunstprojekte, Seminare und Workshops gehört. Im Jahr 2024, das unter dem Motto „In guter Verfassung? Die Zukunft des Rechtsstaats“ stattfinde, zählten etwa eine Live-Podcast-Reihe, eine digitale Kampagne, eine Ausstellung mit Porträts u.a. von Richter/innen aus Polen, eine Konferenz 75 Jahre Grundgesetz, Stadtrundgänge und Thementage. Zudem solle das Angebot an Workshops erhöht werden, fasste Guido Wolf den Ausblick für das laufende Jahr zusammen.
Außerdem habe Barthelmess Pläne und Ziele für Neubauten vorgestellt. Hierdurch solle ein neuartiges und außergewöhnliches Forum entstehen, das partizipatorisch konzipierte Informations-, Diskussions-, Reflexions- und Produktionsräume sowie Ausstellungsräume als zeitgeschichtliche Reflexionsräume für Idee, Geschichte und Realität von Recht und Rechtsstaatlichkeit biete. Parallel dazu solle es einen virtuellen Vermittlungs- und Diskursraum geben, dessen Inhalte und Produktionen in Wechselbeziehungen zu den Diskussionen und Produktionen in den analogen Gebäuden stünden.
Gespräch mit dem belgischen Botschafter Geert Leo G. Muylle über die EU-Ratspräsidentschaft
Stuttgart. Der Ausschuss für Europa und Internationales hat in seiner Sitzung am Mittwoch, 24. Januar 2024, den Botschafter des Königreichs Belgien, Geert Leo G. Muylle, zu einem Gespräch über die belgische EU-Ratspräsidentschaft eingeladen. „Die Präsidentschaft fällt in eine herausfordernde Zeit“, sagte der Ausschussvorsitzende Willi Stächele (CDU).
Belgien habe zum 1. Januar 2024 zum 13. Mal den Vorsitz im Rat der Europäischen Union (EU) übernommen, so der Botschafter. Das belgische Präsidentschaftsprogramm stehe unter dem Motto „Schützen, Stärken, Vorausschauen“. Für die kommenden Monate nannte Muylle sechs Schwerpunkte: 1. Verteidigung von Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Einheit, 2. Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit, 3. Grüner und gerechter Übergang, 4. Stärkung der Sozial- und Gesundheitsagenda, 5. Schutz von Menschen und Grenzen und 6. Förderung eines globalen Europas. Laufende Dossiers müssten vor der Wahl am 9. Juni 2024 so gut wie möglich abgeschlossen werden, betonte der Botschafter. Darüber hinaus müsse der Blick aber auch auf die Zukunft der EU gerichtet werden. Das betreffe sowohl eine geostrategische Erweiterung als auch interne Reformen. Um die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken, müsse der Binnenmarkt gestärkt werden, nannte Muylle ein Beispiel für den zweiten Schwerpunkt.
„Der belgische Vorsitz tritt den aktuellen Herausforderungen der EU im wirtschaftlichen, außenpolitischen und sozialen Kontext mit ihrem Programm entschieden gegenüber“, fasste Willi Stächele zusammen. Die von der Ratspräsidentschaft gewählten Großthemen seien wesentliche Schwerpunkte der EU. Willi Stächele zufolge sind die belgischen Ambitionen, die Sicherheit auf allen EU-Ebenen zu verbessern, hervorzuheben.
Geert Muylle ist seit August 2020 Botschafter des Königreichs Belgien in Berlin. Zuvor war er Ständiger Vertreter Belgiens bei den Vereinten Nationen und internationalen Institutionen in Genf und zuvor ständiger Vertreter bei der NATO. Als diplomatischer Berater war Muylle ebenfalls im Feld der belgischen EU-Politik tätig.
Landtage rufen gemeinsam zur Wahrung der Demokratie und zum Zusammenhalt in der Gesellschaft auf
Stuttgart. Die Präsidentinnen und Präsidenten der Landtage in Deutschland appellieren an alle demokratischen Kräfte, sich gemeinsam für den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft und gegen die Erneuerung und Verbreitung totalitärer Ideologien einzusetzen. Dazu verabschiedeten die Präsidentinnen und Präsidenten am Sonntag, 21. Januar 2024, anlässlich der Europakonferenz der deutschsprachigen Parlamente in Brüssel die gemeinsame Erklärung „Wehrhaftigkeit der Demokratie.“
Wie durch journalistische Berichterstattung bekannt wurde, trafen sich im November 2023 deutsche Politikerinnen und Politiker mit Rechtsextremen und finanzstarken Geldgebern. Die Beteiligten hegen offenbar Pläne für die Vertreibung von Millionen Menschen aus Deutschland.
„Die Präsidentinnen und Präsidenten der deutschen Landesparlamente stehen für die Menschenwürde, Menschenrechte und die freiheitlich demokratische Grundordnung und verurteilen solche menschenverachtende Bestrebungen. Diese sind weder mit dem Grundgesetz noch mit den Menschenrechten vereinbar, sondern widersprechen vielmehr unseren demokratischen und rechtstaatlichen Grundwerten zutiefst. Sie erinnern an die dunkelsten Stunden unserer Geschichte“, heißt es in der Erklärung. In diesem Jahr werde das 75-jährige Inkrafttreten der Verfassung der Bundesrepublik Deutschland, des Grundgesetzes, gefeiert. Dies müsse Anlass sein, sich die Werte, Stärken unserer Verfassung und unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung zu vergegenwärtigen.
Eine Demokratie sei nur so wehrhaft wie die Menschen, die sich für sie einsetzten. Die vergangenen Tage zeigten, dass viele Menschen in Deutschland bereit seien, dies zu tun. „Wir appellieren an alle demokratischen Kräfte, sich gemeinsam für den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft und gegen die Erneuerung und Verbreitung totalitärer Ideologien einzusetzen“, erklären die Präsidentinnen und Präsidenten.
„Die Präsidentinnen und Präsidenten der deutschen Landesparlamente werden alles in ihrer Macht Stehende tun, um die Stabilität unserer Demokratie zu wahren und uns gegen extremistische Tendenzen zu wehren. Dem verpflichten wir uns jeden Tag in unserer Arbeit für die Demokratie und werden dies auch zukünftig im Kampf gegen alle Verfassungsfeinde tun. Darauf können sich die Bürgerinnen und Bürger der Bundesrepublik Deutschland verlassen.“
Deutschsprachige Parlamente rufen gemeinsam zur Teilnahme an der Europawahl am 9. Juni 2024 auf
Stuttgart. Die Präsidentinnen und Präsidenten der deutschsprachigen Parlamente rufen alle Bürgerinnen und Bürger dazu auf, an den Europawahlen am 9. Juni 2024 teilzunehmen. Einen entsprechenden Beschluss fasste die Konferenz der Präsidentinnen und Präsidenten der deutschen und österreichischen Landesparlamente sowie des Südtiroler Landtages unter Beteiligung des Parlaments der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens bei ihrer Tagung am Sonntag, 21. Januar 2024, in Brüssel.
In dem gemeinsamen Wahlaufruf heißt es: „Mit Ihrer Stimme können Sie entscheiden, wer sich im Europäischen Parlament mit den Anliegen der Bürgerinnen und Bürger in den Regionen befassen soll. Sie nehmen damit auch unmittelbar Einfluss darauf, wie zukunftsfähige Lösungen aussehen können. Wir Präsidentinnen und Präsidenten der Regionalparlamente rufen dazu auf: Gehen Sie am 9. Juni 2024 wählen, entscheiden Sie mit über den zukünftigen Weg der Europäischen Union!“ Besonders appellieren die Präsidentinnen und Präsidenten an die Erstwählerinnen und Erstwähler, von ihrem Wahlrecht Gebrauch zu machen. Denn in Deutschland können dieses Jahr zum ersten Mal auch 16- und 17-Jährige wählen und damit über ihre Vertreterinnen und Vertreter im Europäischen Parlament entscheiden.
Die Entscheidungen, die heute getroffen werden, wirkten sich maßgeblich darauf aus, wie und wo die Menschen zukünftig leben und arbeiten werden, welche Lebensgrundlagen ihnen dafür zur Verfügung stünden und wie demokratisch unsere Gesellschaft verfasst sei. „Als Präsidentinnen und Präsidenten der deutschsprachigen Landtage sind wir überzeugt, dass die Ausübung demokratischer Rechte und die aktive Mitbestimmung wesentliche Bestandteile unseres wertebasierten Zusammenlebens sind. Das Recht der freien Wahl, das wir in der Europäischen Union genießen, gibt uns vielfältige Möglichkeiten, die elementaren Herausforderungen unserer Zeit mitzugestalten“, erklären die Präsidentinnen und Präsidenten in ihrem Aufruf. Dazu gehörten die Energiewende, Mobilität, Migration, Wettbewerbsfähigkeit, Wohlstand, Versorgungssicherheit, Erhalt von Rechtsstaatlichkeit und Demokratie sowie von Frieden und Freiheit. „Angesichts vielfacher Versuche von Diktaturen, die Entwicklung und Handlungsfähigkeit demokratischer Systeme zu beeinträchtigen, werden wir als Europäerinnen und Europäer diese Herausforderungen nur meistern, wenn wir geeint und solidarisch zusammenstehen. Setzen Sie dafür ein Zeichen mit Ihrer Stimme.“
Die Konferenz der Präsidentinnen und Präsidenten tagt regelmäßig unter jährlich wechselnder Federführung und erörtert aktuelle Herausforderungen der Landtage, Fragen des Föderalismus und die Position der Landesparlamente in Europa. Die Konferenz kam am Sonntag, 21. Januar 2024, unter dem Vorsitz des Abgeordnetenhauses Berlin und des Tiroler Landtags zu ihrer Europa-Tagung in Brüssel zusammen.
Debatte über Förderung des Schienenverkehrs und Verbandsklagerecht
Stuttgart. Der Verkehrsausschuss hat sich in der Sitzung am Donnerstag, 18. Januar 2024, mit der aktuellen Förderung des Schienenverkehrs im Land, Zugbestellungen und Brückensanierungen beschäftigt. Ein weiteres Thema war nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Rüdiger Klos (AfD) der gerichtlich verfügte Baustopp für die zweite Gauchachtalbrücke in der Ortsumfahrung Döggingen im Zuge der B 31.
Mit dem Baustopp für die zweite Gauchachtalbrücke bei Döggingen (Schwarzwald-Baar-Kreis) befasste sich der Verkehrsausschuss auf Antrag der AfD. Sie hatte einen umfangreichen Fragenkatalog an das Verkehrsministerium gerichtet und darin insbesondere thematisiert, dass der Baustopp im Eilverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Mannheim aufgrund einer Klage des Regionalverbands Südbaden des Verkehrsclubs Deutschland (VCD) erzwungen wurde.
Wie der Ausschussvorsitzende Klos berichtete, habe die AfD in der Sitzung geltend gemacht, dass Klagen wie die des VCD-Teilverbands geeignet seien, den Wirtschaftsstandort zu schwächen. Der Baubeginn der Brücke verzögere sich vermutlich um drei Jahre, nicht nur um ein Jahr, wie in der Antwort des Ministeriums ausgeführt. Es sei bedenklich, dass die Klage eines vergleichsweise kleinen Verbands ein so wichtiges Infrastrukturprojekt, das viele Menschen betreffe, zumindest vorläufig stoppen könne. Es sei richtig und wichtig, dass sich im Rechtsstaat Bürger gegen Bauprojekte wehren können. Dass dies mit dem noch recht neuen Instrument des Verbandsklagerechts nun auch Verbänden zusteht, die gar nicht unmittelbar betroffen seien, sei aber problematisch, habe die AfD kritisiert, so Klos.
Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) habe erwidert, das Verbandsklagerecht ergebe sich aus dem Umwelt- und Naturschutzrecht. Es diene der Umsetzung von Vorgaben des internationalen und europäischen Rechts sowie der Aarhus-Konvention. Durch den Zugang zu Umweltinformationen, durch Öffentlichkeitsbeteiligung und den Zugang zu Gerichten werde der Umweltschutz insgesamt verbessert, habe der Minister erklärt, so der Ausschussvorsitzende. Weitere Wortmeldungen dazu habe es nicht gegeben.
Weitere Themen waren nach Angaben von Klos die Förderung des Schienenverkehrs (Antrag der Grünen) und Zugbestellungen (Antrag der FDP/DVP). Die Grünen hätten sich aufgrund der vom Ministerium vorgelegten Zahlen ebenso wie die CDU zufrieden gezeigt und geäußert, die Schienenförderung nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) sei ungeachtet des jüngsten Haushaltsurteils des Bundesverfassungsgerichts gesichert. Minister Hermann habe hervorgehoben, dass 2022 die Bundesfinanzhilfen an Baden-Württemberg rund 30 Prozent der bundesweit ausbezahlten Regionalisierungsmittel ausmachten, so der Ausschussvorsitzende. Dies entspreche unter allen Bundesländern dem größten Anteil, habe der Minister erklärt. Die SPD habe sich dafür ausgesprochen, das Land müsse Kommunen bei der Kofinanzierung von Schienenverkehrsprojekten stärker fördern.
Die Liberalen hätten in der Sitzung die Frage aufgeworfen, was das Land unternehme, um sich gegen Lieferschwierigkeiten bei Schienenfahrzeugen zu wappnen, so Klos. Gerade zum Start von Stuttgart 21 müsse sichergestellt sein, dass genügend Züge mit modernster Technik bereitstehen. Es sei nicht sicher, ob dies gelinge, habe auch die CDU geäußert. Wie der Ausschussvorsitzende weiter berichtete, habe der Minister erklärt, das Land Baden-Württemberg habe insgesamt 130 Doppelstockfahrzeuge für Stuttgart 21 und den Digitalen Knoten Stuttgart bestellt. Nach dem mit dem Hersteller vereinbarten Lieferplan seien bis Ende Dezember 2025 davon 80 Fahrzeuge zugelassen auszuliefern sowie die verbleibenden 50 Fahrzeuge bis spätestens Ende 2026. Man lasse sich ständig über den Stand der Produktion informieren. Die Schwierigkeiten bei der Beschaffung von Schienenfahrzeugen hätten auch damit zu tun, dass es keine große Anbieterauswahl mehr gebe.
Auf Antrag der CDU diskutierte der Ausschuss zudem die Möglichkeit, bei der Brückensanierung auf Systeme zur nachträglichen Bauwerksverstärkung zurückzugreifen. Fraktionsübergreifend habe Einigkeit geherrscht, dass dies nur Sinn mache, wenn die so vorgenommene Sanierung wirtschaftlich sei, fasste der Ausschussvorsitzende Klos zusammen.
Vertreterinnen und Vertreter des Bürgerforums zu G8/G9 stellen Ergebnisse vor
Stuttgart. Der Ausschuss für Kultus, Jugend und Sport hat sich in seiner Sitzung am Donnerstag, 18. Januar 2024, mit den Empfehlungen des Bürgerforums zur Dauer des allgemeinbildenden Gymnasiums G8/G9 beschäftigt. Die Sprecherinnen und Sprecher des Bürgerforums, Organisatorin Dr. Antje Grobe sowie die Teilnehmenden Tuğba Veli, Mirko Köhler und Bastian Leins, stellten die Ergebnisse des Beteiligungsformats vor. Im Anschluss folgte eine allgemeine Fragerunde. „Vielen Dank für Ihr sehr wertvolles Engagement und Ihre Arbeit im Bürgerforum, deren Ergebnisse uns sehr beeindrucken“, betonte die Ausschussvorsitzende Petra Häffner (Grüne) zu Beginn der Anhörung.
Der Vorsitzenden zufolge stellten die vier Vertreterinnen und Vertreter des Bürgerforums ihre insgesamt erarbeiteten 48 Empfehlungen zur Dauer des allgemeinbildenden Gymnasiums sowie zur Weiterentwicklung des Gymnasiums und des gesamten Schulsystems im Ausschuss vor. Der Arbeitsauftrag an die zufällig ausgewählten Teilnehmenden des Bürgerforums sei ein differenzierter, mehrstufiger Meinungsbildungsprozess gewesen, der eine differenzierte Betrachtung des Themas von vielen unterschiedlichen Seiten auch unter Berücksichtigung von Fachexpertinnen und -experten ermögliche. Hervorgehoben hätten die Sprecherinnen und Sprecher des Forums bei ihrer Vorstellung, dass G8 nicht alleine die Ursache und G9 nicht alleine die Lösung für vielseitige Herausforderungen für junge Menschen, Lehrende und Eltern sein könne. „Weder bei G8 noch bei einer Rückkehr zum alten G9 besteht die Sicherheit, dass die Bildungsziele mit dem aktuellen Schulsystem erreicht werden“, betonten die Teilnehmer und Teilnehmerinnen des Bürgerforums laut Häffner.
Wie Häffner weiter ausführte, spreche sich das Bürgerforum für ein neues G9 als Regelfall an allgemeinbildenden Gymnasien mit G8 Schnellläufer-Zügen an großen Gymnasien oder Gymnasien mit spezieller Profilbildung aus. Das neue G9 solle die Entwicklungsfreiheit von Schülerinnen und Schülern unterstützen. Jugendliche benötigten mehr Zeit zum Lernen und Vertiefen von Stoff, aber auch um Verantwortung und Sozialkompetenzen im geschützten Umfeld der Schule zu erlernen. Klar sei laut den Ergebnissen des Bürgerforums auch, dass eine plötzliche Umstellung zu großen Belastungen der Lehrerschaft und zu hohen Kosten führen würde, weshalb das Bürgerforum einen schrittweisen Ausbau von G9 empfehle, berichtete Häffner. Es wünsche sich eine ganzheitliche Debatte zur Reform des Bildungssystems, um Bildungsziele zu erfüllen und mehr Bildungsgerechtigkeit zu ermöglichen. „Ein Zurück zum alten G9 soll es nicht geben“, gab Häffner die Ansicht der Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Forums wieder.
In der anschließenden Fragerunde hätten sich die Ausschussmitglieder fraktionsübergreifend sehr dankbar für den Beitrag des Bürgerforums gezeigt. Die Arbeit des Bürgerforums solle nicht als Alibiveranstaltung abgetan werden, gerade die Positionierung zur G8/G9 Debatte aus einer neutralen Rolle heraus helfe auch bei der politischen Entscheidungsfindung, fasste Häffner die Äußerungen auch von Oppositionsseite zusammen. „Wir schlagen vor, uns in etwa einem Jahr noch einmal mit den Vertreterinnen und Vertretern des Bürgerforums zusammenzusetzen und den politischen Fortschritt bei der Thematik noch einmal zu besprechen.“ Der fertiggestellte Abschlussbericht des Bürgerforums zu G8/G9 soll bis Anfang Februar zur Verfügung stehen.
Debatte über Wege zu weniger Bürokratielasten im Tourismus
Stuttgart. Mit touristischen Themen – dem Bürokratieabbau im Tourismus sowie den Perspektiven des Wandertourismus – hat sich der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus in seiner Sitzung am Mittwoch, 17. Januar 2024, beschäftigt. Das berichtete der Ausschussvorsitzende Dr. Erik Schweickert (FDP/DVP). Die Sitzung fand im Kongresszentrum der Messe Stuttgart statt, wo derzeit die Urlaubsmesse CMT gastiert. Wie Dr. Schweickert berichtete, nutzten die Ausschussmitglieder vor der Sitzung die Gelegenheit zu einem ausgiebigen Messerundgang und Austausch mit Ausstellern.
Mit dem Bürokratieabbau im Tourismus befasste sich der Ausschuss auf Antrag der FDP/DVP. Die Liberalen hatten dazu einen umfangreichen Fragenkatalog an die Landesregierung gerichtet. Im Zentrum stand die Frage, wie es gelingen könne, unverzichtbare Daten zum Tourismus zu erheben, ohne dabei vor allem kleine und mittlere Unternehmen über Gebühr mit Bürokratie zu belasten.
In der Diskussion habe sich fraktionsübergreifend ein Konsens dahingehend gezeigt, dass bestimmte Daten aus der Tourismuswirtschaft unverzichtbar seien, um die gezielte Förderung von Angeboten und Angebotsvermarktung zu ermöglichen, berichtete der Ausschussvorsitzende. Die Liberalen hätten in diesem Zusammenhang aber betont, der Bürokratieabbau müsse von der Landesregierung endlich mutig angegangen werden. Wenn etwa, wie von der Bundesregierung geplant, demnächst die Meldepflicht für deutsche Staatsangehörige in Hotels und Pensionen entfalle, könne es nicht sein, dass im Südwesten beispielsweise für die Kurtaxe vom Innenministerium eine bürokratische Ersatzerhebung durch die Hintertüre eingeführt werde.
Wie Dr. Schweickert weiter berichtete, habe Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut auf die von der Landesregierung angestoßene Entlastungsallianz zum Bürokratieabbau verwiesen. Von ihr werde auch die Tourismuswirtschaft profitieren. Viele kleine und mittlere Unternehmen seien nicht mehr in der Lage, den vielen bürokratischen Auflagen nachzukommen. Ein Grund dafür sei der Mangel an Fachkräften. Andererseits sei es wichtig, die amtliche Tourismusstatistik fortzuführen. Sie sei ein wichtiges Instrument zur Steuerung der Tourismusförderung. Laut Dr. Schweickert wurden die hohen Bürokratielasten beim Messerundgang des Ausschusses im Beisein der Wirtschaftsministerin von Ausstellern immer wieder thematisiert.
Ebenfalls auf Antrag der FDP/DVP thematisierte der Ausschuss Kosten, Einnahmen und Refinanzierung von Wandertourismus und Wanderwegen in Baden-Württemberg. Wie aus der Antwort des Wirtschaftsministeriums hervorgeht, fließen aktuell 4,14 Millionen Euro jährlich aus dem Landeshaushalt in die Förderung von Wandertourismus, davon entfallen allein rund 1,9 Millionen Euro auf das Tourismusinfrastrukturprogramm (TIP) des Wirtschaftsministeriums. Die Förderung sei auch mit Blick auf ihre Höhe im Ausschuss auf einhellige Zustimmung gestoßen, so der Vorsitzende Dr. Schweickert.
Die Liberalen hätten allerdings moniert, dass nicht nachvollziehbar sei, was genau mit dem Geld geschehe. Dies werfe die Frage nach der Zielgenauigkeit der Förderung auf. Grüne und CDU hätten gefordert, die Förderung stärker als bisher auf digitale Angebote zu konzentrieren. Durch digitale Wegweiser könnten beispielsweise Gaststätten profitieren, die nicht unmittelbar an Wanderwegen liegen, aber dennoch gut erreichbar sind.
Der Ausschussvorsitzende Dr. Schweickert stellte heraus, dass von der Förderung alle Wanderer profitieren. Es spiele keine Rolle, ob jemand acht Tage am Stück wandere oder innerhalb eines achttägigen Urlaubs nur einen Tag auf Schusters Rappen verbringe. Mit öffentlichen Mitteln geförderte neue Premiumwanderwege beispielsweise würden schließlich allen zur Verfügung stehen.
Innenausschuss befasst sich mit Erkenntnissen aus Projekt „Intelligente Videoüberwachung“ in Mannheim
Stuttgart. Der Innenausschuss des Landtags hat sich in seiner Sitzung am Mittwoch, 17. Januar 2024, auf Antrag der CDU-Fraktion mit den bisherigen Erfahrungen sowie der Zukunft des Projekts „Intelligente Videoüberwachung“ in Mannheim befasst. Ziel des bundesweit einmaligen Projekts ist es, mithilfe einer KI-gestützten Videoüberwachung den öffentlichen Raum sicherer zu machen. Der intelligente, algorithmenbasierte Videoschutz soll zum Beispiel Straftaten oder medizinische Notfälle erkennen und Hilfe veranlassen. Nach Auskunft des Innenministeriums seien die bisherigen Erkenntnisse sehr vielversprechend, weshalb das Projekt um weitere drei Jahre bis Ende 2026 verlängert wurde, sagte der Ausschussvorsitzende Ulli Hockenberger (CDU).
Dem Vorsitzenden zufolge hat die Stadt Mannheim mit dem Pilotprojekt einen neuen Weg eingeschlagen, um Straßenkriminalität im öffentlichen Raum besser bekämpfen zu können und Straftaten zu verhindern. Laut Innenminister Thomas Strobl (CDU) verlaufe das Projekt erfolgreich und es seien deutliche Fortschritte festzustellen. Die eingesetzte Software werde mithilfe Künstlicher Intelligenz (KI) stetig weiterentwickelt und fortlaufend verbessert. Die KI sei derzeit noch nicht so weit, um die Arbeit von Polizisten komplett übernehmen zu können. Eine Marktreife habe daher bislang noch nicht erlangt werden können. Der ursprünglich angenommene Projektzeitraum von fünf Jahren habe nicht ausgereicht. Aufgrund der bislang vielversprechenden und wissenschaftlich anerkannten Fortschritte sei eine Weiterführung des Projekts durch alle Projektpartner befürwortet worden. Nach erfolgter Prüfung sei seitens des Innenministeriums eine Verlängerung um drei Jahre bis November 2026 erfolgt, berichtete der Ausschussvorsitzende.
Die Ergebnisse des KI-Systems seien inzwischen als sehr zuverlässig und robust einzustufen. Das System soll zum Beispiel Schläge, Tritte oder Personen in hilfloser Lage erkennen und dies in Echtzeit an das Führungs- und Lagezentrum (FLZ) des Polizeipräsidiums Mannheim melden. Derzeit obliege es – analog der konventionellen Videoüberwachung - noch dem Videobeobachtungspersonal im Führungs- und Lagezentrum, relevante Vorfälle zu erkennen und zu entscheiden, ob Einsatzkräfte alarmiert werden müssen. Im Lauf des Jahres solle das System in den Echtbetrieb übergehen.
Insgesamt sei das KI-System in der Sitzung positiv bewertet worden. Allerdings hätten einzelne Abgeordnete bemängelt, dass das Projekt bis zum Abschluss acht Jahre dauere. Das sei zu lang, um ein solches System zu entwickeln. Strobl habe entgegnet, die Entwicklung von Künstlicher Intelligenz sei komplex und technisches Neuland. Diese Entwicklung benötige ausreichend Zeit. Außerdem habe die Corona-Pandemie das Projekt verzögert. Welchen Vorteil eine KI-Videoüberwachung biete, habe Strobl ebenfalls deutlich gemacht: Diese sei ein großer Gewinn für die innere Sicherheit, biete große Vorteile für die Polizeiarbeit, entlaste Polizisten und biete beim Datenschutz einen erheblichen Fortschritt.
Durch die Videobeobachtung in Echtzeit hätten in Mannheim bereits mehrfach Straftaten, sich anbahnende Konflikte, aber auch medizinische Not- und Unfälle frühzeitig erkannt werden können. Auch leiste diese Art der Videoüberwachung einen wichtigen Beitrag zur Aufklärung von Straftaten. Videoüberwachungsmaßnahmen seien daher ein Baustein, der zur Sicherheit in öffentlichen, kriminalitätsbelasteten Räumen beitragen könne. Eine aussagekräftige und abschließende Evaluation des Mannheimer Projekts werde unter wissenschaftlicher Beteiligung zum Jahresbeginn 2027 erfolgen, sagte der Vorsitzende Hockenberger.
Von Seiten der Mannheimer Bevölkerung werde der Videoschutz überwiegend positiv aufgenommen. Beim Sicherheitsaudit 2022/2023 hätten 58 Prozent (2020: 51 Prozent) der Befragten erklärt, dass sie sich durch die Videoüberwachung sicherer fühlten. Negative Begleiteffekte wie beispielsweise das Meiden von überwachten Plätzen seien nur sehr selten festgestellt worden. Auf Bundesebene habe Hamburg großes Interesse an einer Kooperation mit dem Mannheimer Modell. Im Juli 2023 sei der Pilotbetrieb in Hamburg gestartet – seither werde die intelligente Software auch dort erprobt. Eine Ausweitung des Projekts innerhalb von Baden-Württemberg werde geprüft, so der Vorsitzende abschließend.
Landwirtschaftsausschuss berät über Bericht zu reduziertem Pflanzenschutzmitteleinsatz
Stuttgart. Der Ausschuss für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz hat in seiner Sitzung am Mittwoch, 17. Januar 2024, über den dritten Bericht der Landesregierung zum reduzierten Einsatz chemisch-synthetischer Pflanzenschutzmittel in Baden-Württemberg diskutiert. Das hat der Ausschussvorsitzende, der Grünen-Abgeordnete Martin Hahn, mitgeteilt. In dem Bericht wurden außerdem Strategien zur Gesunderhaltung landwirtschaftlicher Nutzpflanzen dargelegt.
Landesweit solle der Einsatz von chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln bis zum Jahr 2030 um 40 bis 50 Prozent reduziert werden, berichtete Hahn aus der Sitzung mit Landwirtschaftsminister Peter Hauk (CDU). Im vergangenen Jahr sei eine umfassende Evaluierung des Einsatzes chemisch-synthetischer Pflanzenschutzmittel durchgeführt worden. Nach dem Landwirtschafts- und Landeskulturgesetz ist das Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz verpflichtet, dem Landtag jährlich einen schriftlichen Bericht über die Ergebnisse der Pflanzenschutzmittelreduktion vorzulegen.
Minister Hauk habe vor dem Gremium berichtet, das Betriebsmessnetz zur Ermittlung der Anwendungsmengen von Pflanzenschutzmitteln in der Landwirtschaft sei mittlerweile etabliert. Der Ausgangspunkt für die Berechnungen sei der Mittelwert aus den Jahren 2016 bis 2019. Von dieser sogenannten Baseline aus werde für jedes Jahr die Reduktion von Pflanzenschutzmitteln berechnet, wobei witterungsbedingt mit jährlichen Schwankungen zu rechnen sei. So habe im Jahr 2020 die ausgebrachte Menge an Pflanzenschutzmitteln 1.506 Tonnen betragen, was einen Rückgang vom berechneten Mittelwert um zwölf Prozent bedeute. Im Jahr 2021 seien 1.603 Tonnen verwendet worden, nur sechs Prozent weniger als die Baseline. Minister Hauk habe den geringeren Rückgang beim Einsatz von Pflanzenschutzmitteln mit der feuchten Witterung 2021 begründet. Die Daten für das Jahr 2022 seien noch nicht vollständig ausgewertet, aufgrund der trockeneren Witterung sei hier aber wieder mit einem verstärkten Rückgang zu rechnen.
Die Ausschussmitglieder zeigten sich Hahn zufolge ob des Berichts optimistisch. Fraktionsübergreifend werde das aufgebaute Betriebsmessnetz als sinnvoll für die Datenerhebung angesehen. Auch die eingeführten 39 Demobetriebe zur Pflanzenschutzmittelreduktion seien positiv hervorgehoben worden. „Das Ziel, den Pflanzenschutzmitteleinsatz im Land um 40 bis 50 Prozent zu reduzieren, halten wir für ambitioniert, aber hier ist Zuversicht angebracht. Dieses Thema hat noch viel Potenzial“, betonte Ausschussvorsitzender Hahn.
Wissenschaftsausschuss informiert sich über Beratungsangebote und Förderprojekte des Zentrums für Kulturelle Teilhabe Baden-Württemberg
Stuttgart. Der Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kunst hat sich auf Antrag der Fraktion Grüne in seiner Sitzung am Mittwoch, 17. Januar 2024, mit aktuellen Entwicklungen der Beratungsangebote und Förderprogramme des Zentrums für Kulturelle Teilhabe (ZfKT) Baden-Württemberg befasst. Dies teilte die Ausschussvorsitzende Nese Erikli (Grüne) mit. „Das ZfKT ist aus unserer Kulturlandschaft nicht mehr wegzudenken“, sagte Erikli.
Das Zentrum für Kulturelle Teilhabe sei ein Ort der Förderung und Beratung von Kulturschaffenden sowie kulturellen Institutionen und habe vor rund zwei Jahren seine Arbeit aufgenommen. Das ZfKT habe sich binnen kurzer Zeit etabliert und würde als Förderer und kompetenter Partner für Kulturinstitutionen und Kulturakteure landesweit wahrgenommen werden, fasste Erikli die Angaben seitens des Ministeriums zusammen. Es befasse sich mit der außerschulischen Kulturellen Bildung und Vermittlung für alle Lebensalter. Mit einer auf Diversität ausgerichteten Haltung unterstütze es Kulturinstitutionen darin, sich für ein vielfältigeres Publikum zu öffnen und nachhaltige Teilhabestrukturen aufzubauen. „Das ZfKT fördert mit trans- und interkulturellen Vermittlungsansätzen ein breites und vielstimmiges Kulturangebot“, berichtete die Ausschussvorsitzende.
Fraktionsübergreifend sei man sich über die Relevanz und Bedeutung von Kultur einig gewesen. „Eine aktive Mitgestaltung des kulturellen Lebens ist äußerst wichtig für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft“, betonte Nese Erikli. Wer sich aktiv einbringen und Prozesse mitgestalten könne, agiere bewusster mit seinem Umfeld, denn die kulturelle Teilhabe wirke sich positiv auf die personellen und sozial-emotionalen Kompetenzen von Menschen aus.
Zu den bisher landesweit ausgeschriebenen Förderprogramme zählten beispielsweise „Weiterkommen!“, „Zusammenbringen!“ sowie „Kurswechsel Kultur – Netzwerk.Richtung.Inklusion“. Laut Ministerium werden die Förderangebote des ZfKT immer besser angenommen und stoßen auf hohes Interesse. Zuletzt gab es im Herbst 2023 für „Weiterkommen“ eine so große Nachfrage, dass eine Sonderrunde aufgelegt wurde, um noch mehr Ideen zu fördern. Mit einem Gesamtbudget von 2,4 Millionen Euro sei das ZfKT heute gut aufgestellt, um Projekte und Vorhaben zahlreicher Kulturinstitutionen und Kulturakteure zu unterstützen. „Kultureinrichtungen und Kulturakteure sehen sich ermutigt, sich stärker für Kulturelle Teilhabe einzusetzen und wissen mit dem ZfKT einen kompetenten und zugewandten Partner an ihrer Seite“, fasste Erikli abschließend zusammen.
Landtag erhält Zertifikat als familienbewusster Arbeitgeber
Stuttgart. Die Verwaltung des Landtags von Baden-Württemberg hat für die strategische Gestaltung einer familien- und lebensphasenbewussten Personalpolitik das Zertifikat zum Audit Beruf und Familie erhalten. „Durch die Auditierung bewahren und stärken wir die Kultur des Miteinanders und der gegenseitigen Rücksichtnahme. Die Landtagsverwaltung wird damit sowohl für aktuelle als auch künftige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter noch attraktiver, weil sie Beruf und Familie noch besser als bisher vereinbaren können“, erklärt Landtagsdirektorin Christine Werner.
Das Zertifikat, das als Qualitätssiegel für eine gute Vereinbarkeit von familiären Verpflichtungen und beruflicher Tätigkeit gilt, wird vom Kuratorium der berufundfamilie Service GmbH vorläufig erteilt. Es gelte nun, die im Rahmen der Auditierung vereinbarten Ziele zur weiteren Verbesserung der Arbeitsbedingungen während der dreijährigen Zertifikatslaufzeit umzusetzen und so den Landtag als innovative Arbeitgebermarke weiter zu entwickeln, so Direktorin Werner.
Als Voraussetzung für die im vergangenen Dezember abgeschlossene Erstzertifizierung hatte die Landtagsverwaltung bereits im Sommer 2023 den Auditierungsprozess durchlaufen. Dabei wurde unter Beteiligung von Beschäftigten der Landtagsverwaltung und des Personalrats der aktuelle Stand der bereits angebotenen familien- und lebensphasenbewussten Maßnahmen ermittelt. Im Rahmen der Auditierung wurden zudem 18 strategische Ziele sowie 37 konkrete Einzelmaßnahmen definiert, die in einer Zielvereinbarung festgehalten sind. Die fortlaufende Umsetzung der Zielvereinbarung wird von der berufundfamilie Service GmbH jährlich überprüft. Drei Jahre nach der ersten Zertifizierung erfolgt die Re-Auditierung.
Die strategischen Ziele, die sich die Landtagsverwaltung gesetzt hat, nehmen die Zufriedenheit und Motivation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und damit ihre Bindung an den Landtag als Arbeitgeber in den Blick. Die Ziele betreffen beispielsweise die Arbeitsorganisation. So sollen Besprechungstermine möglichst nur innerhalb der Funktionszeit zwischen 9:00 und 16:00 Uhr und unter Berücksichtigung der Mittagspausenzeiten angesetzt werden.
Bei der Zielvereinbarung zum Arbeitsort wird die Möglichkeit überprüft, in zu definierenden familiären Notfällen vorübergehend ausschließliches mobiles Arbeiten zu gestatten. Die Zielvereinbarung Services für Familien sieht neben anderen Maßnahmen vor, dass die Landtagsverwaltung zunächst den Bedarf an Kinderbetreuung in verschiedenen Altersklassen ermittelt, um darauf basierend Betreuungsmöglichkeiten etwa durch Tagesmütter zu prüfen. Auch eine Kindernotbetreuung und die Einrichtung eines Eltern-Kind-Arbeitszimmers sind demnach als Ziele vorgesehen.
Der Landtag trauert um seinen früheren Landtagsvizepräsidenten Frieder Birzele
Stuttgart. Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) hat die Nachricht vom Tod des früheren baden-württembergischen Innenministers und Landtagsvizepräsidenten Frieder Birzele (SPD) mit großer Trauer aufgenommen. „Als Innenminister und später als Vizepräsident des Landtags hat sich Frieder Birzele beachtliche Verdienste um die Landespolitik erworben“, sagte Landtagspräsidentin Aras „Meine aufrichtige Anteilnahme gilt seinen Angehörigen.“
Frieder Birzele war von 1976 bis 2006 für die SPD Mitglied des Landtags von Baden-Württemberg (Wahlkreis Göppingen). Von 1996 bis 2006 bekleidete er das Amt des Stellvertretenden Parlamentspräsidenten, zuvor war er von 1992 bis 1996 Innenminister im Südwesten und von 1980 bis 1992 stellvertretender Vorsitzender der SPD-Landtagsfraktion. Zudem leitete er drei Untersuchungsausschüsse. Er war Träger des Verdienstkreuzes am Bande der Bundesrepublik Deutschland und Inhaber der Verdienstmedaille des Landes Baden-Württemberg.
Landtagspräsidentin Muhterem Aras: Wolfgang Schäuble gebührt Anerkennung und Dank für sein Wirken im Dienste der Bundesrepublik
Stuttgart. Mit großer Trauer hat Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) die Nachricht vom Tod Wolfgang Schäubles (CDU) aufgenommen. „Wie kaum ein anderer hat Wolfgang Schäuble sein berufliches Leben in den Dienst der Politik gestellt. In seinen vielfältigen Positionen und Funktionen hat er unser Land entscheidend geprägt und vorangebracht. Besonders als Bundestagspräsident habe ich ihn als engagierten Kämpfer für die parlamentarische Demokratie und mahnende Stimme gegen politischen Extremismus kennen- und schätzen gelernt“, sagte Landtagspräsidentin Aras. „Mein Beileid und meine aufrichtige Anteilnahme in diesen schweren Stunden gilt seinen Angehörigen.“
„51 Jahre lang vertrat Wolfgang Schäuble den Wahlkreis Offenburg im Bundesparlament, hat 14 Direktmandate gewonnen. Er hat sich über Parteigrenzen hinweg Respekt und Anerkennung verschafft und als überzeugter Parlamentarier stets das Wohl der Bürgerinnen und Bürger im Blick gehabt“, hob Aras hervor. Der Jurist war Kanzleramtschef, Innenminister, Finanzminister, Fraktionschef, Parteichef und Bundestagspräsident. „Wolfgang Schäubles Gradlinigkeit zeigte sich in seinem politischen Handeln. Er stand wie kein Zweiter für die Idee eines geeinten, friedlichen und wirtschaftsstarken Europas. Deutschland hat eine der bedeutendsten politischen Stimmen verloren“, so die Landtagspräsidentin. Baden-Württemberg verliert mit Wolfgang Schäuble eine starke und engagierte Stimme in der Bundespolitik. „Seine scharfsinnige und humorvolle Art wird der Politik fehlen“, sagte Muhterem Aras.
Umweltausschuss berät Stromversorgung im Land nach dem Kohleausstieg
Stuttgart. Der Ausschuss für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft hat sich in seiner Sitzung am Donnerstag, 14. Dezember 2023, auf Antrag der CDU mit dem Stromangebot und der Versorgungssicherheit im Land, insbesondere mit Blick auf den geplanten Kohleausstieg 2030, befasst. Das hat der Ausschussvorsitzende, der FDP/DVP-Abgeordnete Daniel Karrais, mitgeteilt. Auch die von der Bundesregierung angekündigte Kraftwerksstrategie wurde in der Sitzung diskutiert.
Die Antragsteller hatten beim Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft schriftlich erfragt, welche Konsequenzen die Landesregierung aus der Stellungnahme des Klima-Sachverständigenrats (KSR) zum Fortschritt des Klimaschutzes in Baden-Württemberg für den Sektor Energiewirtschaft ziehe und wie sie sich zur geplanten Kraftwerksstrategie der Bundesregierung positioniere. Zudem wollten sie wissen, wie die Landesregierung zu Forderungen von Netzbetreibern wie der TransnetBW GmbH stehe, Kraftwerke in den Reservebetrieb zu überführen und Back-up-Kraftwerke zu bauen, die bei Netzengpässen verfügbar seien.
Das Ministerium habe Karrais zufolge in der Beantwortung des Antrags auf die Ankündigung der EnBW verwiesen, den Kohleausstieg bis 2028 vollständig umsetzen zu wollen. Dies und die voranschreitenden Planungen zu einem bundesweiten Wasserstoffkernnetz seien in der Stellungnahme des KSR positiv hervorgehoben worden. Das Umweltministerium werde auch in Zukunft die Prozesse auf Bundesebene und EU-Ebene intensiv begleiten, damit die Versorgungssicherheit sichergestellt sei und die Wasserstoffinfrastruktur weiterentwickelt werde. In Bezug auf den weiteren Ausbau der erneuerbaren Stromerzeugung habe man auf die positive Entwicklung beim Ausbau der Photovoltaik hingewiesen, der Ausbau der Windenergie schreite vergleichsweise langsamer voran.
Zum Thema Reservekraftwerke und flexibel regelbare Erzeugungskapazitäten sei von Umweltministerin Thekla Walker (Grüne) bestätigt worden, dass im Transformationsprozess des Energieversorgungssystems auch weiterhin Kraftwerke in der Netzreserve notwendig sein werden, berichtete Karrais weiter. Dies gelte, bis genügend neue Biomasse- und wasserstofffähige Gaskraftwerke in Betrieb genommen worden seien. In Bezug auf Back-up-Kraftwerke, die auch bei geringer Einspeisung erneuerbarer Energien genutzt werden können, sei dem Ministerium zufolge bis 2030 eine Zunahme der gasbasierten Stromerzeugungskapazitäten auf mindestens fünf Gigawatt (GW) notwendig, was einen Zubau von mindestens 2,5 GW bedeute. Nur so ließe sich die Versorgungssicherheit in Baden-Württemberg weiter gewährleisten. Der Um- und Ausbau von „Fuel-Switch-Kraftwerken“ der EnBW trage zu dieser Zielerreichung bereits bei. Das Ministerium befinde sich in ständigem Austausch mit der Energiewirtschaft, um festzustellen, wie die Investitionsbedingungen für Kraftwerke, die nur zeitweise laufen sollen, europaweit aussehen.
Im Ausschuss sei von Regierungs- ebenso wie von Oppositionsfraktionen nochmals darauf hingewiesen worden, wie elementar die richtige Kraftwerksplanung angesichts der momentan noch stark fossil geprägten Energieversorgung für die Versorgungssicherheit des Landes sei, so Karrais. Zur Nachfrage bezüglich der Kraftwerksstrategie des Bundes habe Ministerin Walker im Ausschuss mitgeteilt, mit dem ersten Eckpunktevorschlag der Bundesregierung nicht zufrieden zu sein. Der Anteil der Wasserstoffkraftwerke sei in diesem Vorschlag zu hoch, Baden-Württemberg sei sich mit weiteren Bundesländern einig, dass stattdessen mehr der sogenannten Fuel-Switch- oder H2-ready-Gaskraftwerke finanziert werden müssten.
Behindertenbeauftragte: Viele Beschwerden über schleppende Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes
Stuttgart. Die Beauftragte der Landesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen, Simone Fischer, war am Mittwoch, 13. Dezember 2023, zu einem Gespräch mit dem Ausschuss für Soziales, Gesundheit und Integration eingeladen. Fischer habe über aktuelle Themen ihrer Arbeit berichtet, erklärte der Ausschussvorsitzende Florian Wahl (SPD). Ein besonders drängendes Thema sei die Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes im Land.
Der Ausschuss hatte der Regierungsbeauftragten vorab eine Reihe von Fragen zukommen lassen. Fischer habe darauf zum Auftakt des Gesprächs geantwortet, Schwerpunkte ihrer Arbeit skizziert und dabei auch eine vorläufige Bilanz ihrer bisherigen Tätigkeit gezogen, so der Ausschussvorsitzende. Ein zentraler Bestandteil ihrer Aufgabe sei es, Belange und Bedarfe von Menschen mit Behinderungen auf verschiedenen Ebenen und Handlungsfeldern sichtbar zu machen. Sie nutze dazu auch verschiedene Instrumente der Öffentlichkeitsarbeit. Dazu gehöre der Podcast „Einfach Inklusion“, habe Fischer erklärt. Zudem zähle es zu ihren Aufgaben, Stellungnahmen zu laufenden Gesetzesvorhaben abzugeben.
Wichtige Impulse für ihre Arbeit erhalte sie über ihre Funktion als Beschwerde- und Qualitätssicherungsstelle für Menschen mit Behinderungen im Land. Aktuell seien die Kürzung von Betreuungszeiten für Kinder mit Behinderungen in Kitas und Schulen ein großes Thema, ebenso das Fehlen von Integrationshelferinnen und -helfern, habe Fischer berichtet, so Wahl. Auch mangelnde Barrierefreiheit, beispielsweise im öffentlichen Verkehr und im digitalen Raum, sei Gegenstand vieler Meldungen, die sie und ihr Team erreichten. Mit Blick auf aktuelle Krisenlagen hätten viele Menschen mit Behinderung den Eindruck, dass bereits erzielte Fortschritte in Sachen Inklusion Stück für Stück wieder verloren gehen.
Immer wieder werde in Beschwerden zudem die schleppende Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes (BTHG) im Land thematisiert. Die 44 Landkreise und kreisfreien Städte als Träger der Eingliederungshilfe machten zwar Fortschritte, dennoch werde es nicht gelingen, alle Verträge im laufenden Jahr umzustellen, habe die Behindertenbeauftragte erklärt, so Wahl.
Nach dem BTHG orientieren sich die Leistungen für Menschen mit Behinderungen ausschließlich am persönlichen Bedarf des Einzelnen, der jeweils ermittelt und vertraglich fixiert werden muss. Den Menschen werde in diesem Prozess seitens der Behörden häufig zu verstehen gegeben, dass sie erheblichen bürokratischen Aufwand und somit Kosten verursachten. Dies geschehe auch durch öffentliche Äußerungen von Verantwortlichen. „Menschen mit Behinderungen als Kostenfaktor – dieses Bild sollten Behörden nicht zeichnen“, habe Fischer kritisiert, so Wahl. Die Bedarfsermittlung müsse gemeinsam mit den Menschen und vollumfänglich erfolgen. Darauf gebe es einen Rechtsanspruch.
Fraktionsübergreifend sei die Behindertenbeauftragte für ihre wertvolle Arbeit gelobt worden, berichtete der Ausschussvorsitzende. Die Vielfalt der von Fischer bearbeiteten Themen sei beeindruckend, habe es geheißen. Fischer wiederum habe sich bei den Abgeordneten für die Unterstützung bedankt und zudem die Zusammenarbeit mit den Ministerien gelobt, auch wenn die Kooperationsbereitschaft einiger Ministerien noch ausbaufähig sei.
Ausschuss für Wohnen berät über Eckpunkte für Reform des Landesentwicklungsplans
Stuttgart. Der Ausschuss für Landesentwicklung und Wohnen hat sich am Mittwoch, 13. Dezember 2023, in einer öffentlichen Sitzung mit der Reform des Landesentwicklungsplans (LEP) befasst. Zunächst stellte die Ministerin für Landesentwicklung und Wohnen, Nicole Razavi (CDU), die Eckpunkte des neuen Plans vor. Im Anschluss befasste sich das Gremium auf Antrag der Fraktion FDP/DVP mit dem Stand mehrerer Gutachten zur Neuaufstellung des Landesentwicklungsplans. Die Beratung der beiden Tagesordnungspunkte wurde auch per Livestream auf der Website des Landtags übertragen, teilte die Vorsitzende des Gremiums, die CDU-Abgeordnete Christiane Staab (CDU), mit.
Nach Angaben der Vorsitzenden ist der Landeswicklungsplan ein rahmensetzendes Gesamtkonzept für die räumliche Ordnung und Entwicklung Baden-Württembergs. Er betrachtet verschiedene Bereiche wie Wohnen, Verkehr, Landwirtschaft, Umwelt und Wirtschaft und legt fest, welche Flächen wie genutzt werden. Der aktuelle Plan stamme aus dem Jahr 2002 und müsse aufgrund zahlreicher Veränderungen in den vergangenen 20 Jahren neu ausgestaltet werden. Ministerin Razavi habe in der Ausschusssitzung ausgeführt, dass die Geschwindigkeit, in der Krisenereignisse auftreten, rasant zugenommen habe. Gleichzeitig stehe die Gesellschaft angesichts der Digitalisierung fast ausnahmslos aller Bereiche des gesellschaftlichen Lebens, des Strukturwandels der Industrie, der demographischen Entwicklung, des Klimaschutzes und des bereits spürbaren Klimawandels vor großen Herausforderungen. Deshalb sei es wichtig und richtig, nach über 20 Jahren den Landesentwicklungsplan neu aufzustellen. Ziel sei, ein modernes Kursbuch für Baden-Württemberg zu schaffen.
Nach Angaben der Vorsitzenden stellte die Ministerin in der Sitzung die Eckpunkte des neuen Landesentwicklungsplans vor. Demnach bestünden diese aus drei großen Handlungsfeldern. Erstens „In Stadt und Land verlässlich gut leben“ mit den Themenbereichen Daseinsvorsorge in guter Erreichbarkeit, attraktive und wohnortnahe Einzelhandelsangebote, Wohnraumentwicklung und Mobilität der Zukunft sowie Freizeit, Erholung und Tourismus. Zweitens „Wirtschaft stärken und Wohlstand sichern“ mit den Themenbereichen Entwicklung zukunftsfähiger Industrie- und Gewerbestandorte, Verkehr und digitale Infrastruktur, nachhaltige Energieversorgung, mineralisches Rohstoffmanagement und Kreislaufwirtschaft. Drittens „Freiraum schützen und an den Klimawandel anpassen“ u.a. mit den Bereichen Reduzierung des Flächenverbrauchs, Land- und Forstwirtschaft, Schutz vor Wasserextremen und Sicherung der Wasserversorgung.
Razavi habe darauf hingewiesen, dass es sich bei den vorgestellten Punkten nicht um einen ersten Entwurf des neuen Landesentwicklungsplans handele, sondern die Eckpunkte eine wichtige Diskussionsgrundlage darstellten. Mit dieser soll im kommenden Jahr mit den verschiedenen Ressorts, den Abgeordneten, der Öffentlichkeit, der Wirtschaft und anderen Institutionen in die Diskussion gegangen werden. Ziel sei es, dass – abhängig vom Verlauf der Diskussionen – Anfang 2025 ein erster Entwurf des neuen Landesentwicklungsplans vorliege, sagte Christiane Staab.
Bei der anschließenden Debatte hätten Abgeordnete der Oppositionsfraktionen kritisiert, dass die Ministerin das Eckpunkte-Papier erst wenige Minuten vor Sitzungsbeginn den Abgeordneten vorgelegt habe, weshalb in der Sitzung keine inhaltliche Diskussion möglich sei. Die Fraktion FDP/DVP habe darum gebeten, dass künftig zuerst das Parlament informiert werde und Follower und Öffentlichkeit erst im Anschluss. Die SPD-Fraktion habe angekündigt, sich weiter in die Debatte einzubringen. Die AfD-Fraktion habe gefordert, eine inhaltliche Debatte im Ausschuss oder Plenum zu ermöglichen. Einig seien sich alle Fraktionen gewesen, dass es sich bei der Reform des Landesentwicklungsplans um eine Mammutaufgabe handele. Grüne und CDU hätten betont, dass es um nichts weniger als die Zukunftsfähigkeit des Landes gehe. Alle Punkte müssten daher gründlich diskutiert werden. Mit der Erstellung der Eckpunkte sei der erste Schritt hin zum neuen LEP gemacht worden.
Zudem befasste sich das Gremium nach Angaben der Vorsitzenden mit mehreren Gutachten zum Landesentwicklungsplan, die das Ministerium zur Vorbereitung der Reform in Auftrag gegeben habe. Die Antragsteller der Fraktion FDP/DVP hätten das Ministerium gefragt, welche konkrete Fragestellung bzw. welcher konkrete Prüfauftrag den Gutachten zugrunde liegen und wie die ersten Zwischenergebnisse aussehen, fasste Staab den Antrag der Fraktion zusammen. Der Vorsitzenden zufolge wurden mehrere Gutachten in Auftrag gegeben, zum Beispiel „Raumanalyse“, „Evaluation des geltenden Landesentwicklungsplans“, „Juristische Aspekte der Instrumente zur Reduzierung der Flächeninanspruchnahme“ und „Einzelhandlungssteuerung im Landesentwicklungsplans Baden-Württemberg“. Das Ministerium habe beispielweise im Fall des Gutachtens „Raumanalyse“ geantwortet, dass das Erstellen einer umfassenden Raumanalyse eine notwendige Vorbedingung für die Neuaufstellung des Landesentwicklungsplans sei. Zu untersuchen sei, wie sich die grundlegenden Rahmenbedingungen für die raumstrukturelle Entwicklung in Baden-Württemberg und der Raum selbst seit dem Inkrafttreten des LEP von 2002 verändert hätten. Allein dieses Gutachten sei sehr komplex und in 20 Unterpunkte unterteilt. Das Ministerium habe erklärt, erste Zwischenergebnisse zu verschiedenen Gutachten lägen bereits vor. Erste Ideen daraus würden bereits jetzt in die Planungen zur Reform des LEP einfließen. Nach Auskunft des Ministeriums sollen die restlichen Gutachten im Lauf des Jahres 2024 abgeschlossen werden, berichtete die Ausschussvorsitzende.
Opposition fordert mehr Entschlossenheit im Kampf gegen die Wirtschaftskrise
Stuttgart. Der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus hat sich in der Sitzung am Mittwoch, 6. Dezember 2023, unter anderem mit der Lage der Wirtschaft im Land, der Transformation der Industrie hin zur Klimaneutralität und den Folgen des Klimawandels für den Tourismus beschäftigt. Das berichtete der Ausschussvorsitzende Dr. Erik Schweickert (FDP/DVP).
Mit der Lage der Wirtschaft im Land befasste sich der Ausschuss auf Antrag der FDP/DVP. Ihr Antrag trug die Überschrift „Wirtschaftskrise im Land – Maßnahmen der Landesregierung“ und beinhaltete einen umfangreichen Fragenkatalog an das Wirtschaftsministerium. So wollten die Liberalen beispielsweise wissen, wieso sich der Ministerpräsident für die Subvention von Großunternehmen in Form eines sogenannten Industriestrompreises ausgesprochen hat, kleinere Unternehmen wie beispielsweise das Handwerk hingegen keine Unterstützung erhalten sollen.
Nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Dr. Schweickert kritisierte die FDP/DVP in der Sitzung, das Wirtschaftsministerium zähle in seiner Antwort zwar viele Einzelmaßnahmen zur Unterstützung von Unternehmen auf, eine Gesamtstrategie des Landes zur Krisenbekämpfung sei aber nicht erkennbar. Auch vor diesem Hintergrund sei es unverständlich, dass die Landesregierung dem Wachstumschancengesetz der Bundesregierung im Bundesrat nicht zugestimmt habe. Während die SPD ebenfalls für das Wachstumschancengesetz geworben hätte, sei von Grünen und CDU Widerspruch gekommen, so Dr. Schweickert. Sie hätten darauf verwiesen, dass das Land dem vorliegenden Gesetzentwurf nicht zustimmen könne, weil er hohe Steuerausfälle insbesondere für die Kommunen verursachen würde. Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) äußerte sich nach Angaben des Ausschussvorsitzenden ähnlich.
Auf Antrag der Grünen thematisierte der Ausschuss zudem die Transformation der Industrie hin zur angestrebten Klimaneutralität Baden-Württembergs bis 2040. Aus der Antwort des Wirtschaftsministeriums geht hervor, dass die Landesregierung auf ein breites Maßnahmenbündel setzt, um den Klimaschutz im Industriesektor voranzubringen. So seien seit Anfang 2021 im Rahmen der ersten und zweiten Förderphase des Programms Invest BW bisher rund 300 Millionen Euro für entsprechende Innovationsvorhaben von Unternehmen zur Verfügung gestellt worden.
Wie Dr. Schweickert berichtete, erklärten die Grünen in der Sitzung, sie sähen das Land auf gutem Weg in die Transformation. Allerdings bräuchten vor allem energieintensive Branchen eine noch intensivere Unterstützung durch die Politik. Andere Fraktionen hätten dagegen erklärt, es gebe einen Handlungsstau, da die Politik die Transformation nicht entschieden genug begleite. In der Sitzung wurden eine ganze Reihe an Fragen, vornehmlich in Richtung Umweltministerium, gestellt. Beispielsweise wurde nach dem Planungsstand einer Wasserstoffinfrastruktur im Land jenseits des Wasserstoff-Kernnetzes gefragt, da das Kernnetz des Bundes nur die „Autobahnen“ darstelle. Es wurden stärkere Anstrengungen für die CO2-Abscheidung gefordert, und die CDU distanzierte sich von dem von den Grünen benannten Ziel eines Kohleausstiegs bis 2030. Stattdessen müssten Kohlekraftwerke im Land über CCS klimaneutral werden. Vom Bundesklimaschutzministerium mahnte die CDU die überfällige Kraftwerksstrategie an.
Aufgrund technischer Probleme im Videosystem blieben diese Fragen aber während der Sitzung unbeantwortet, eine schriftliche Erörterung wurde zugesagt. Die FDP schloss sich diesen wichtigen Fragen an. Die AfD habe gewarnt, die Transformation führe direkt in die Deindustrialisierung. Nach Angaben von Dr. Schweickert betonte Ministerin Dr. Hoffmeister-Kraut, das Land lege Wert darauf, auch kleine und mittlere Unternehmen mit Blick auf die angestrebte klimaneutrale Produktion zu unterstützen.
Ebenfalls auf Antrag der Grünen thematisierte der Ausschuss den Tourismus im Klimawandel. Nach Darstellung des Wirtschaftsministeriums unterstützt die Landesregierung die Tourismuswirtschaft auf verschiedenen Ebenen, um eine entsprechende Anpassung der Angebote zu erreichen. Die Tourismus Marketing GmbH Baden-Württemberg (TMBW) arbeite aktuell an der Entwicklung einer ganzheitlichen Nachhaltigkeitsstrategie für das Urlaubsland Baden-Württemberg unter Einbezug der relevanten Akteurinnen und Akteure. Ziel sei es, konkrete Handlungsleitlinien für eine nachhaltige Tourismuswirtschaft anzubieten.
Nach Angaben des Ausschussvorsitzenden hoben die Grünen hervor, es sei wichtig, dass die Kommunen und Regionen gemeinsam Konzepte entwickeln, die dem Klimawandel Rechnung tragen. Die CDU habe betont, dass diese Konzepte vor allem flexibel sein müssten. Schnee werde seltener, aber wenn es Schnee gebe, müssten die Angebote für Wintersport stimmen. Radwanderwege allein seien keine Lösung. Auch die FDP/DVP bekannte sich laut Dr. Schweickert zum Wintersport. Wichtig sei zudem, den Akteuren vor Ort die Entscheidung zu überlassen, wie sich der Tourismus ändern müsse.
Nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Dr. Schweickert bewilligte der Ausschuss einen Zuschuss in Höhe von 2,19 Millionen Euro für die Erneuerung des Blautopf-Areals in Blaubeuren im Rahmen des Tourismusinfrastrukturprogramms. Wie Dr. Schweickert weiter berichtete, verlängerte der Ausschuss zudem die Laufzeiten der aktuellen Garantieerklärungen des Landes für sieben Rückbauprojekte der Kerntechnischen Entsorgung Karlsruhe GmbH (KTE) bis 2030. Die Höhe der Deckungsvorsorge bleibt unverändert bei rund 22 Millionen Euro.
Programm „Lernen mit Rückenwind“ im Fokus
Stuttgart. Der Ausschuss für Kultus, Jugend und Sport hat sich in seiner Sitzung am Donnerstag, 7. Dezember 2023, mit dem aktuellen Stand und zukünftigen Plänen für das Förderprogramm „Lernen mit Rückenwind“ beschäftigt. Das hat die Ausschussvorsitzende Petra Häffner (Grüne) berichtet.
Auf Antrag der SPD-Fraktion informierte sich der Ausschuss über die Teilnehmerzahlen von Schülerinnen und Schülern, die Zusammenarbeit mit Kooperationspartnern und über die zukünftige Finanzierung des Programms „Lernen mit Rückenwind“. Erstmals wurde das Programm im Schuljahr 2021/2022 von der Landesregierung eingeführt, um in der Corona-Pandemie entstandene Lernlücken bei Schülerinnen und Schülern zu schließen. Es wird im laufenden Schuljahr 2023/2024 fortgeführt. Im Rahmen des Programms bieten Einzelpersonen und Kooperationspartner Kurse zur Unterstützung von Schülerinnen und Schülern an.
Laut Häffner seien sich die Ausschussmitglieder fraktionsübergreifend einig gewesen, dass Angebote wie das Rückenwind-Programm nach wie vor wichtig seien, um faire Bildungschancen zu ermöglichen. Gerade im Hinblick auf die schlechten Ergebnisse in der Pisa-Studie und den allgemeinen Lehrkräftemangel sei „Lernen mit Rückenwind“ ein gut funktionierendes Modell, das unbedingt in die Zukunft überführt werden müsse. Vonseiten der Oppositionsfraktionen sei im Ausschuss der Auszahlungsprozess kritisiert worden, Kooperationspartner wie auch Einzelpersonen hätten teils unverhältnismäßig lange auf ihr Geld warten müssen. „Die Zahlungsabwicklungen laufen wieder problemlos“, sei von Ministeriumsseite aus betont worden, erklärte Häffner.
Staatssekretärin Sandra Boser (Grüne) habe im Ausschuss berichtet, das Programm „Lernen mit Rückenwind“ habe bereits rund 670.000 Schülerinnen und Schüler erreicht, so Häffner. Es hätten sich seit Programmbeginn im Schuljahr 2021/2022 bis Oktober 2023 rund 17.700 Einzelpersonen registriert, darunter 9.053 Studierende und 900 Pensionäre. Diese würden nach erfolgreicher Rücksprache mit den Schulen einen befristeten Arbeitsvertrag als Pädagogische Assistentin oder Pädagogischer Assistent erhalten. Im günstigsten Fall könne die Einzelperson dann nach ein bis zwei Wochen an der Schule tätig werden. Genaue Angaben zu der Anzahl von Lehrkräften, pädagogischen Assistentinnen und Assistenten im Bestand sowie Personen, die im Rahmen des Lehrbeauftragtenprogramms bei „Lernen mit Rückenwind“ ehrenamtlich tätig sind, könne man nicht machen, da sich dieser Personenkreis im Onlineverfahren nicht registrieren müsse. Ebenso werde nicht erhoben, wie viele Personen von Kooperationspartnern bei Fördermaßnahmen für die Schulen tätig seien. Entsprechende Verträge werden direkt zwischen Schule und Kooperationspartner geschlossen, so Häffner. Die Zeiträume der Tätigkeit für das Rückenwind-Programm würden von einigen Wochen bis zu einem gesamten Schuljahr variieren.
Von Staatssekretärin Boser sei Häffner zufolge über die Finanzierung des Programms berichtet worden, dass „Lernen mit Rückenwind“ ein Gesamtvolumen von rund 258 Millionen Euro aus Bundes- und Landesmitteln umfasse. Das Land Baden-Württemberg habe das Programm bereits ein Jahr verlängert, allerdings liefen jetzt die Bundesmittel aus, die für eine Fortsetzung auch im Schuljahr 2024/25 vonnöten seien. Schulen stünden im laufenden Schuljahr durch Budgetrücklagen weiterhin alle bisherigen Fördermöglichkeiten zur Verfügung. Die Frage nach der Weiterfinanzierung 2024/25 bliebe offen, das Ministerium prüfe alle Möglichkeiten zur Fortsetzung des Förderprogramms, fasste die Ausschussvorsitzende Petra Häffner abschließend zusammen.
Aras: Wir sind entschlossener denn je, jüdisches Leben in der Mitte der Gesellschaft zu verankern
Stuttgart. Die Israelitischen Religionsgemeinschaften in Württemberg und Baden haben am Donnerstag, 7. Dezember 2023, im Landtag gemeinsam mit Abgeordneten, Vertreterinnen und Vertretern der beiden großen christlichen Kirchen und der muslimischen Gemeinde sowie weiteren Gästen das Entzünden der ersten Chanukkakerze gefeiert. „Wir möchten jüdische Traditionen als Teil unseres Landes sichtbar machen und sie selbstverständlich feiern“, sagte Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne). Dazu sei der Landtag entschlossener denn je angesichts der erschütternden Tatsache, dass das Leben von Jüdinnen und Juden derzeit in Deutschland wieder bedroht wird.
„Ich wünsche Ihnen allen, dass die Botschaft des Lichterfestes in diesem herausfordernden und teilweise furchtbaren Jahr etwas Trost spenden kann“, sagte die Landtagspräsidentin. Schock, Trauer und Angst bestimmten auch zwei Monate nach den verbrecherischen Anschlägen der Hamas und der Ermordung von 1400 jüdischen Menschen in Israel noch immer das Leben vieler Jüdinnen und Juden. „Noch stärker als zuvor prägt Antisemitismus ihr Leben. Hier in Baden-Württemberg, in Europa, in Israel und auf der ganzen Welt“, so Aras.
Die Landtagspräsidentin stellte klar, dass in Deutschland kein Platz ist für Antisemitismus, Hass und Ausgrenzung. „Als Landtag tun wir mit großer Leidenschaft alles dafür, dass jüdische Stimmen – in all ihrer Unterschiedlichkeit – Bühne und Resonanzraum haben und Antisemitismus überall bekämpft wird, wo er sich zeigt“, so Muhterem Aras. Zugleich sei es die Verpflichtung aller Bürgerinnen und Bürger, nach den Werten des Grundgesetzes zu handeln und gegen Antisemitismus vorzugehen.
Das Licht am achtarmigen Chanukka-Leuchter in der Lobby des Landtags entzündeten der Stuttgarter Rabbiner Yehuda Pushkin und die Landtagspräsidentin. Es folgten die Segensgesänge „Diese Lichter zünden wir an“ und „Zuflucht, meiner Hilfe Hort“ durch den Kantor der Israelitischen Religionsgemeinschaft Württemberg (IRGW), Nathan Goldman.
Präsidentin Aras und IRGW-Vorstand Mihail Rubinstein sprachen Grußworte. Rabbiner Pushkin und Alon Bindes, Vorstand der Jüdischen Studierendenunion Württemberg, ordneten das Lichterfest ein. Das Fest beginnt immer am 25. Tag des Monats Kislew, das ist der neunte Monat im jüdischen Kalender. In diesem Jahr – es ist das Jahr 5784 nach jüdischer Zeitrechnung – geht das Fest bis zum 15. Dezember. Mit dem Lichterfest feiern Jüdinnen und Juden den Sieg der Makkabäer über die griechisch-syrische Fremdherrschaft im Jahr 164 vor Christus und die Wiedereinweihung des Jerusalemer Tempels.
Das Entzünden der ersten Chanukkakerze wird seit 2021 vom Landtag gemeinsam mit den israelitischen Religionsgemeinschaften gefeiert. Die Veranstaltung findet im Wechsel einmal im Landtag und einmal an einem Ort in Baden-Württemberg statt, der jeweils von den Israelitischen Religionsgemeinschaften Württemberg (IRGW) und Baden (IRGB) vorgeschlagen wird.
Finanzausschuss beschließt Prüfung einer Neuausrichtung des Förderprogramms „Landärzte“
Stuttgart. Der Finanzausschuss des Landtags hat sich in seiner Sitzung am Donnerstag, 7. Dezember 2023, mit dem Förderprogramm „Landärzte“ befasst. Der Rechnungshof des Landes hatte in seiner Denkschrift 2023 vor allem einen zu hohen Haushaltsansatz für das Förderprogramm und eine unnötige Doppelstruktur kritisiert. Auf Antrag der Fraktionen Grüne und CDU beschloss das Gremium nun mehrheitlich, die Landesregierung aufzufordern, eine Neuausrichtung des Förderprogramms zu prüfen. Das teilte der Vorsitzende des Gremiums, der SPD-Abgeordnete Martin Rivoir, mit.
Nach Angaben des Vorsitzenden soll das Förderprogramm „Landärzte“ die ambulante ärztliche Versorgung im ländlichen Raum sichern und verbessern. Gefördert werden seit 2012 Ärzte, die in ländlichen Gebieten mit akuter oder drohender Unterversorgung eine vertragsärztliche Tätigkeit aufnehmen wollen. „Förderfähig sind der Erwerb und die Errichtung der Praxis sowie Ausgaben für deren Ausstattung wie zum Beispiel medizinische Gerätschaften, Mobiliar und IT-Ausstattung mit bis zu 30.000 Euro“, sagte Martin Rivoir. Dabei ist es unerheblich, ob eine klassische Einzelpraxis neu eröffnet oder übernommen wird oder ob ein Arzt etwa in einem medizinischen Versorgungszentrum arbeitet.
Für das Förderprogramm „Landärzte“ waren im Staatshaushaltsplan 2010/2011 erstmals 1,4 Millionen Euro mit einer Projektlaufzeit bis 2016 vorgesehen. Seit dem Doppelhaushalt 2020/2021 liegen die jährlichen Haushaltsmittel bei zwei Millionen Euro. Allerdings seien Antragszahlen und Bewilligungssummen in den letzten Jahren rückläufig gewesen. Nach einem Höchststand von 50 Bewilligungen im Jahr 2020 habe es 2021 nur 26 und 2022 nur 27 Bewilligungen gegeben. Seit der Erhöhung des Haushaltsansatzes auf zwei Millionen Euro habe die Mittelbindung im Durchschnitt lediglich bei knapp 40 Prozent gelegen. Nach Auskunft des Sozialministeriums in der Sitzung habe der zeitweise Rückgang der Antragszahlen auch mit der Corona-Pandemie zu tun gehabt. Aktuell nehme die Zahl der Anträge wieder zu. 2023 seien bislang 40 Anträge bewilligt worden, bis Jahresende kämen noch weitere Bewilligungen hinzu. Es werde geschätzt, dass sich die Summe der bewilligten Mittel 2023 auf 1,4 Millionen Euro belaufe, berichtete Martin Rivoir aus der Sitzung.
Der Rechnungshof habe ausgeführt, dass der jährliche Haushaltsansatz von zwei Millionen Euro deutlich zu hoch sei und auf maximal 800.000 Euro begrenzt werden sollte. Zudem habe der Rechnungshof kritisiert, dass das Förderprogramm parallel und inhaltlich unkoordiniert zu einem ähnlich ausgerichteten Angebot der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg laufe. Die Prüfer hätten daher vorgeschlagen, dass das Sozialministerium die eigenständige Bearbeitung des Förderprogramms „Landärzte“ einstellen sollte. Die Abwicklung sollte auf die Kassenärztliche Vereinigung übertragen werden. Die Fraktion FDP/DVP habe in der Sitzung darüber hinaus kritisiert, dass im Sozialministerium über Jahre keine Evaluation des Förderprogramms stattgefunden habe. Die Grünen-Fraktion habe erwidert, dass man inhaltlich gar nicht weit auseinanderliege und diese Forderung im Antrag der Regierungsfraktionen Grüne und CDU aufgegriffen werde.
Dem Vorsitzenden zufolge sieht der nun gefasste Beschluss des Finanzausschusses vor, die Landesregierung aufzufordern, die Übertragung der Abwicklung des Förderprogramms „Landärzte“ auf die Kassenärztliche Vereinigung zu prüfen. Ebenso solle die Erhöhung der Förderbeträge geprüft werden. Zudem sei das Förderprogramm in regelmäßigen Abständen zu evaluieren und gegebenenfalls anzupassen. Die Landesregierung solle dem Landtag bis 30. September 2024 über die veranlassten Schritte berichten, sagte Martin Rivoir.
Innenausschuss befasst sich mit Katastrophenschutzorganisationen in Baden-Württemberg
Stuttgart. Für das Land Baden-Württemberg wirkt derzeit eine ausreichende Zahl von Organisationen im Katastrophenschutz mit. Dies wurde in der Sitzung des Ausschusses des Inneren, für Digitalisierung und Kommunen am Mittwoch, 6. Dezember 2023, deutlich. Die Ausschussmitglieder beschäftigten sich mit der Frage, wie der Katastrophenschutz in Baden-Württemberg strukturell organisiert ist. „Der Katastrophenschutz ist eine wichtige zentrale landespolitische Aufgabe“, sagte der Vorsitzende Ulli Hockenberger (CDU).
In ihrem Antrag zu Katastrophenschutzorganisationen in Baden-Württemberg erfragten die Antragstellenden der FDP/DVP-Fraktion beim Innenministerium, wie der Katastrophenschutz, mit besonderem Augenmerk auf private Organisationen und dem notwendigen Anerkennungsverfahren, grundsätzlich organisiert ist. Aus der Beantwortung durch das zuständige Ministerium geht hervor, dass etwa der Arbeiter-Samariter-Bund Landesverband Baden-Württemberg e.V., die Bergwacht Schwarzwald e.V. und der BRH Bundesverband Rettungshund e.V. als private Organisationen im Katastrophenschutz des Landes mitwirken.
Ebenso sei im Bereich Waldbrandbekämpfung der Katastrophenschutzdienst @fire – Internationaler Katastrophenschutz Deutschland e.V. zu erwähnen. Im Bereich der Körperschaften des öffentlichen Rechts seien insbesondere die Kommunen mit ihren Gemeindefeuerwehren hervorzuheben. Die Anzahl der verfügbaren Katastrophenschutzorganisationen sei derzeit ausreichend, habe Staatssekretär Thomas Blenke mitgeteilt, sagte Hockenberger.
Auch der Ablauf und die Vorteile der Anerkennung von Katastrophenschutzorganisationen wurden im Gremium thematisiert. Damit eine Organisation anerkannt werde, müsse zunächst ein Bedarf festgestellt werden, die Organisation müsse für die geplante Aufgabenübernahme geeignet sein und um eine Mitwirkung nachgesucht haben, fasste Hockenberger die Angaben von Ministeriumsseite zusammen. „Diese Kriterien sind nicht ausdrücklich im Gesetz festgelegt, entsprechende Änderungen sind jedoch zurzeit in Arbeit“, so Hockenberger über die geplante Novellierung des Landeskatastrophenschutzgesetzes. Vorteile einer Anerkennung gäbe es für Katastrophenorganisationen selbst, aber auch für ihre Mitglieder. „Das Engagement der im Katastrophenschutz mitwirkenden privaten Hilfsorganisationen stützt sich auf das Selbstverständnis, als freiwillige Hilfsgesellschaften im humanitären Bereich Opfern von Katastrophen und anderen Notsituationen Hilfe zu leisten“, teilte der Ausschussvorsitzende mit.
Dieses ehrenamtliche Engagement werde insbesondere im Rahmen von Veranstaltungen ausgezeichnet. Helferrechte der ehrenamtlichen Einsatzkräfte würden etwa durch Regelungen zur Freistellung, Sachschadenersatz und Aufwendungsersatz bei Einsätzen abgesichert. Zudem würden vonseiten des Landes Fahrzeuge und Geräte für den Zweck des Katastrophenschutzes zur Verfügung gestellt.
Das Land entlastet die Universitäten bei Energiemehrkosten
Stuttgart. Ist die Einsparvorgabe aus dem Wissenschaftsministerium, den Energieverbrauch an den Hochschulen um 20 Prozent zu senken praktisch umsetzbar, ohne negative Auswirkungen auf Forschung und Lehre? Unter anderem mit dieser Fragestellung hat sich der Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kunst auf Antrag der FDV/DVP-Fraktion in seiner Sitzung am Mittwoch, 6. Dezember 2023, befasst. Das hat die Vorsitzende Nese Erikli (Grüne) mitgeteilt.
Die Energiekostensteigerungen stellten die Einrichtungen aus dem Geschäftsbereich des Wissenschaftsministeriums vor große Probleme, insbesondere die Einrichtungen, die ihre Energiekosten aus dem eigenen Etat bestreiten müssten, hätten die Antragsteller Erikli zufolge dargelegt. „Ende Oktober hat das Kabinett beschlossen, die Universitäten zu entlasten“, so die Vorsitzende. Die Mehrkosten der Universitäten durch gestiegene Energiekosten im Jahr 2023 würden vom Land zu 80 Prozent übernommen. Diese Entscheidung sei im Ausschuss begrüßt worden. Hierfür sei eine Entnahme aus der Rücklage für Inflations- und Energiepreisrisiken ermöglicht worden. Seit 2015 hätten die Universitäten Energiekosten eingespart. Durch den Ukrainekrieg reiche das Energiebudget jedoch nicht mehr aus und das Land unterstütze nun.
Es dürfe keine Einschränkung bei der Präsenzlehre geben, hätten die Antragsteller betont. Einigkeit bestand im Wissenschaftsausschuss darüber, dass allen an einer guten Universitätslandschaft gelegen sei, dazu gehöre eine gute Forschung und Lehre. Die Hochschulen zeigten in ihren Energie- und Klimaschutzkonzepten die für ihre jeweiligen Standorte passgenauen und notwendigen Maßnahmen auf, die geeignet seien, Energiesparen bzw. Klimaschutz mit den Anforderungen der Forschung und Lehre in Einklang zu bringen, gab Erikli die Ausführungen des Ministeriums wieder. Diese seien sehr vielfältig sowie individuell und je nach identifizierter Maßnahme kurz-, mittel- und langfristig umsetzbar und wirksam. „Das Wissenschaftsministerium hat immer betont, dass die individuellen Energie- und Klimaschutzkonzepte so konzipiert werden sollen, dass es keine negativen Auswirkungen auf Forschung und Lehre gibt“, betonte Nese Erikli. Die Ministerin habe darauf hingewiesen, dass die Hochschulen nicht nur Lehr- und Forschungsbetriebe seien, sondern auch Verwaltungen hätten. Grundsätzlich hätten die Hochschulen auch ein eigenes finanzielles Interesse daran, Energiekosten einzusparen, weil sie letztlich davon profitierten. Erikli zufolge habe die Ministerin abschließend berichtet, dass derzeit einige Anträge auf Klimaschutzmaßnahmen, finanziert durch Bundesmittel, nicht freigegeben seien.
Landwirtschaftsausschuss diskutiert über EU-Regelung für entalkoholisierten Biowein
Stuttgart. Der Ausschuss für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz hat sich am Mittwoch, 6. Dezember 2023, auf Antrag der FDP/DVP-Fraktion mit der Kennzeichnung entalkoholisierter Weine aus ökologischer Herstellung befasst. Das hat der Ausschussvorsitzende Martin Hahn (Grüne) mitgeteilt. „Nach derzeit geltendem EU-Recht ist es nicht möglich, entalkoholisierten Biowein auch als Bioprodukt zu kennzeichnen, hier gibt es eine Regelungslücke“, erklärte der Ausschussvorsitzende.
Die Antragsteller erkundigten sich beim Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz schriftlich, wann mit einer Aufnahme der Entalkoholisierung in die Öko-Verordnung EU 848/2018 zu rechnen sei. Bislang ließe sich ökologisch produzierter Wein, dem der Alkohol entzogen wurde, nach einer Neuregelung von Dezember 2021 nicht als entalkoholisierter Biowein sondern nur als konventioneller entalkoholisierter Wein vermarkten. Für Deutschland sei zwar eine Übergangsregelung geschaffen worden, nach welcher entalkoholisierter Biowein als „alkoholfreies Getränk aus Biowein“ verkauft werden könne. Diese Regelung sei von der EU-Kommission allerdings nochmals überprüft und negativ bewertet worden, sie laufe zum 31. Dezember 2023 aus. Die Antragsteller hätten im Ausschuss in diesem Zusammenhang auf das selbstgesteckte Ziel der Landesregierung hingewiesen, den Ökolandbau in Baden-Württemberg bis 2030 auf 30 bis 40 Prozent zu steigern, berichtete Hahn.
Vonseiten des Ministeriums sei Hahn zufolge bestätigt worden, dass es auf EU- und Bundesebene bisher nicht gelungen sei, Öko- und Weinrecht anknüpfend an das Lebensmittelrecht so zu synchronisieren, dass eine übergangslose Umsetzung möglich sei. Die mechanischen und physikalischen Entalkoholisierungsprozesse seien nicht in der Liste der zugelassenen Verfahren für die ökologische Erzeugung von entalkoholisiertem Wein. Die Rechtslage lasse hier keine Spielräume zu, die Verordnung müsse demnach noch ergänzt werden. Es müsse gemeinschaftlich an einer zügigen Umsetzung gearbeitet werden, habe Landwirtschaftsminister Peter Hauk (CDU) betont.
Fraktionsübergreifend sei im Ausschuss auf die für die Weinbranche im Land ungute Situation hingewiesen worden, berichtete Hahn weiter. Alkoholfreier Wein gehöre zwar zu den kleinsten Segmenten der Branche, die Nachfrage steige allerdings. Auch wenn die EU-Kommission eine Änderung der Regelung für Mitte des Jahres 2024 plane, sei dieser Fall beispielhaft für die starke Bürokratisierung des Bereichs.
Landtag feiert 70-Jahr-Jubiläum der Verfassung von Baden-Württemberg
Stuttgart. Mit einem Festakt hat der Landtag von Baden-Württemberg am Dienstag, 28. November 2023, an das Inkrafttreten der Landesverfassung vor gut 70 Jahren erinnert. Mit ihr vereinten sich die Länder Baden, Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern endgültig zum heutigen Südweststaat. „Erst mit dem gemeinsamen Wertegerüst der Landesverfassung wurden die drei Länder zu einer Wertegemeinschaft“, erklärte Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne). Sie bilde bis heute das Fundament für die beispiellose Erfolgsgeschichte des Landes.
„Wir leben heute in einem vereinten Südweststaat, in einem vereinten Deutschland und in einem vereinten Europa. Davon konnten die Menschen in den Trümmern des Krieges und der Diktatur nur träumen“, sagte die Landtagspräsidentin in ihrer Begrüßung vor rund 400 Gästen in der Parlamentslobby, darunter die Vorsitzenden der Fraktionen Grüne, CDU, SPD und FDP/DVP, zahlreiche Abgeordnete sowie Vertreterinnen und Vertreter des öffentlichen Lebens. Rückblickend betrachtet sei es eigentlich ein Wunder, dass es gelungen ist, aus diesen Trümmern und Träumen eine demokratische Heimat zu schaffen. Und dies nicht nur für Badener und Württemberger, sondern auch für die Heimatvertriebenen in der Nachkriegszeit, später für die sogenannten Gastarbeiterfamilien und für die Geflüchteten in neuerer Zeit. Die Menschen seien vom Land geprägt worden, doch hätten sie auch das Land geprägt und somit zu seiner Erfolgsgeschichte beigetragen. „Gerade, weil es so vielfältig ist, ist Baden-Württemberg ein liebenswertes und lebenswertes Land“, sagte Aras.
Zugleich rief die Landtagspräsidentin dazu auf, die Grundlagen des Zusammenlebens entschlossen zu verteidigen. „Unsere Vielfalt, unsere Werte und unsere Verfassung haben Feinde. Feinde, die unsere Demokratie gefährden!“, warnte Aras. Es gebe immer mehr rassistisch motivierte Hassverbrechen. Menschen, die in Verantwortung für das Land ein Mandat oder Amt ausüben, sähen sich mit Bedrohung und Einschüchterung konfrontiert. Bewaffnete Fanatiker, die Umsturzfantasien und Verschwörungsmythen in sich tragen, griffen Polizisten an. Zugleich grassiere – nicht nur aktuell – ein unverhohlener Antisemitismus, und dies nicht nur von rechts, sondern auch von links, aus manchen muslimischen Kreisen und auch aus der Mitte der Gesellschaft. „Wir Demokratinnen und Demokraten müssen zusammenhalten, dagegenhalten und durchhalten, wenn es darum geht, unsere Heimat zu schützen! Heute wie vor 70 Jahren gilt es, sich als Volk von Baden-Württemberg zu den Grund- und Menschenrechten zu bekennen“, so die Landtagspräsidentin.
Der Mannheimer Zeithistoriker Prof. Philipp Gassert rief im Festvortrag dazu auf, die demokratische Tradition und Erinnerung zu stärken. In der Rückbesinnung auf demokratische Gründungsgeschichten und die langen Freiheitsstränge unserer Geschichte liege eine Macht des Faktischen, die demokratische Identität und Stabilität schaffen könne. In einem Podiumsgespräch mit der Verfassungsrechtlerin Prof. Daniela Winkler, der Landesbischöfin der Evangelischen Landeskirche in Baden Prof. Heike Springhart und dem Vorsitzenden des Landesschülerbeirats Berat Gürbüz ging es auch um die Zukunftsperspektiven der Landesverfassung. Alle Teilnehmenden zeigten sich einig, dass die Verfassung wie schon in der Vergangenheit behutsam angepasst werden könne und müsse, um zeitgemäß zu bleiben. Die Moderation des Festakts lag in Händen der Journalistin Gigi Deppe.
Der Festakt zum 70-Jahr-Jubiläum der Landesverfassung am Dienstag markierte den Auftakt einer Veranstaltungsreihe des Landtags, die unter dem Motto „Deine Freiheit. Mein Respekt“ ganz im Zeichen der verbrieften Grundwerte unserer Demokratie steht. So findet am 8. Mai 2024, 75 Jahre nach der Verabschiedung des Grundgesetzes durch den Parlamentarischen Rat, ein Festakt im und um den Landtag statt. Ein weiterer Höhepunkt der Reihe wird das Bürger- und Verfassungsfest am 29. Juni 2024 sein.
In Leichter Sprache erklärt: die Landesverfassung
Stuttgart. Zum 70. Jahrestag der Verfassung des Landes Baden-Württemberg gibt es nun ein umfangreiches Online-Angebot in Leichter Sprache, das die Landesverfassung und damit die politische Grundordnung des Landes Baden-Württemberg erklärt. „Alle Menschen haben ein Recht auf umfassende Teilhabe am politischen und gesellschaftlichen Leben. Anlässlich des 70. Jahrestags der Landesverfassung wollen wir mit unserem Angebot in Leichter Sprache diese Teilhabe weiter fördern“, so Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne). Das Verfassungsjubiläum wird am Dienstagabend, 28. November 2023, im Haus des Landtags gefeiert.
Das übersichtlich gestaltete Online-Projekt richtet sich vor allem an Menschen mit kognitiven Einschränkungen oder Lernschwierigkeiten. Aber auch ganz allgemein können Bürgerinnen und Bürger hier auf verständliche Weise erfahren, wie die Landesverfassung aufgebaut ist, wie sie das Verhältnis von Mensch und Staat beispielsweise in den Bereichen Bildung, Erziehung oder Religionen regelt. Darüber hinaus wird erklärt, wie die Verfassungsorgane des Landes arbeiten, wie beispielsweise der Ministerpräsident gewählt wird oder wie ein Landeshaushalt entsteht. Wichtige oder schwierige Wörter werden besonders erläutert, denn Verständlichkeit steht bei dem Online-Angebot, das auch als Audio-Datei angehört werden kann, an oberster Stelle.
Das Projekt ist eine Gemeinschaftsproduktion der Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg (LpB), des Landtags von Baden-Württemberg und der Beauftragten der Landesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen Simone Fischer.
Zu finden ist es unter
www.landeskunde-baden-wuerttemberg.de/landesverfassung-leichte-sprache(externer Link).
Auch auf der Homepage des Landtags von Baden-Württemberg ist das Angebot verlinkt über
www.landtag-bw.de/home.html(externer Link),
https://www.landtag-bw.de/home/besucher/leichte-sprache.html(externer Link) und
https://www.landtag-bw.de/home/dokumente/informationsmaterial.html(externer Link).
Weitere Angebote der Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg in Leichter Sprache rund um die Themen Demokratie, Verfassungen und Wahlen finden Sie auch unter www.lpb-bw.de/infos-in-leichter-sprache(externer Link).
Ständiger Ausschuss berät über Situation und Leistungen für Geflüchtete in Baden-Württemberg
Stuttgart. Der Ständige Ausschuss des Landtags hat sich in seiner Sitzung am Donnerstag, 23. November 2023, mit der Situation von Geflüchteten in Baden-Württemberg, insbesondere aus der Ukraine, und der Leistungsgewährung nach dem Asylbewerberleistungsgesetz im Südwesten befasst. Das teilte der Vorsitzende des Gremiums, der CDU-Abgeordnete Guido Wolf, mit.
Nach Angaben Wolfs wollte die Fraktion FDP/DVP mit ihrem Antrag zur Situation von Geflüchteten in Erfahrung bringen, wie viele Flüchtlinge seit Januar 2022 zur vorläufigen Unterbringung in Baden-Württemberg angekommen sind und wie viele Personen seit dem russischen Angriffskrieg aus der Ukraine in den Südwesten gekommen sind. Nach Angaben des Ministeriums der Justiz und für Migration seien seit 1. Januar 2022 rund 33.660 geflüchtete Personen im Land angekommen. Mit jeweils über 3.000 Geflüchteten hätten der Stadtkreis Stuttgart und der Landkreis Ludwigsburg die höchste Zahl an Geflüchteten registriert. Geflüchtete aus der Ukraine seien in diesen Zahlen nicht erfasst. Von den 33.660 Personen seien 7.391 minderjährig gewesen.
Aus der Ukraine seien seit Beginn des russischen Angriffskriegs bis 20. Oktober 2023 112.380 Geflüchtete aufgenommen worden. Die größte Zahl an Geflüchteten seien in Stuttgart (10.015), Esslingen (8.549) und Ludwigsburg (8.544) erfasst worden. Die Antragsteller hätten die geringe Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten aus der Ukraine als erstaunlich bezeichnet. Nach Angaben des Ministeriums seien zum Zeitpunkt März 2023 nur 10.468 aus der Ukraine geflüchtete Personen sozialversicherungspflichtig beschäftigt gewesen, berichtete Guido Wolf.
Die Anzahl ukrainischer Schülerinnen und Schüler an öffentlichen Schulen in Baden-Württemberg belaufe sich auf 18.963 Personen. Die jungen Menschen erhielten mehrheitlich zunächst in sogenannten VKL-Klassen (Vorbereitungsklassen der allgemein bildenden Schulen) und VABO-Klassen (Vorqualifizierungsjahr Arbeit/Beruf mit Schwerpunkt Erwerb von Deutschkenntnissen der beruflichen Schulen) eine intensive Sprachförderung und würden auf die Integration in eine Regelklasse vorbereitet. Nach einer ersten Phase des Spracherwerbs in der VKL beginne in der Regel eine zunehmende Teilintegration in einer Regelklasse. Ein Teil der ukrainischen Schülerinnen und Schüler besuche anstelle einer VKL direkt eine Regelklasse unter Einsatz begleitender Sprachförderkurse.
Zudem beriet das Gremium nach Angaben des Vorsitzenden auf Antrag der SPD-Fraktion über die Leistungsgewährung nach dem Asylbewerberleistungsgesetz in Baden-Württemberg. Ziel des Antrags sei, die geltende Rechtslage und Verwaltungspraxis im Südwesten abzufragen. Hintergrund sei die aktuelle migrationspolitische Debatte und daraus resultierende Fragen zum Leistungsumfang.
Nach Auskunft des Ministeriums der Justiz und für Migration bestehe grundsätzlich kein Zusammenhang zwischen der Unterbringung im System der Flüchtlingsaufnahme und dem einschlägigen Leistungsrecht, das vielmehr an den aufenthaltsrechtlichen Status des jeweiligen Hilfeempfängers anknüpfe. Demnach könnten Personen in der vorläufigen Unterbringung im Sinne des baden-württembergischen Flüchtlingsaufnahmegesetzes (FlüAG) sowohl Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG, z. B. Asylsuchende), nach dem Sozialgesetzbuch (SGB II oder SGB XII, z. B. Geflüchtete aus der Ukraine nach § 24 Aufenthaltsgesetz) oder auch gar keine Sozialleistungen (bei eigenem Einkommen) beziehen. Dies gelte entsprechend auch in der kommunalen Anschlussunterbringung. Personen in privater Unterbringung – also außerhalb der Flüchtlingsaufnahme – könnten bei Vorliegen der Voraussetzungen ebenfalls Leistungen nach dem AsylbLG oder dem SGB II/SGB XII beziehen.
Art und Umfang der Leistungen an ausländische Staatsangehörige ohne dauerhaftes Aufenthaltsrecht werden laut Wolf bundeseinheitlich durch das Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) geregelt. In den ersten 18 Monaten ihres Aufenthalts in Deutschland erhielten Leistungsberechtigte Grundleistungen zur Deckung der grundlegenden Bedürfnisse des täglichen Lebens. Darunter fielen Leistungen für Unterkunft, Ernährung, Heizung, Kleidung, Gesundheits- und Körperpflege sowie Gebrauchs- und Verbrauchsgüter für den Haushalt. Zudem erhielten sie Leistungen zur Deckung persönlicher Bedürfnisse des täglichen Lebens. Leistungsberechtigte, die sich seit 18 Monaten ohne wesentliche Unterbrechung im Bundesgebiet aufhielten und die Dauer des Aufenthalts nicht rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst haben, erhielten hiervon abweichend keine Grundleistungen mehr, sondern Leistungen entsprechend dem SGB XII.
Wie Wolf ausführte, habe das Ministerium mitgeteilt, dass nach Auffassung der Landesregierung die Gewährung von Sach- statt Geldleistungen geeignet sei, Fehlanreize für die Einreise nach Deutschland abzubauen sowie finanzielle Transferleistungen in die Herkunftsländer zu reduzieren. Aus Sicht der Landesregierung gebe es zur Steuerung der Migration bzw. zur Begrenzung der irregulären Migration nicht „die eine“ Maßnahme. Vielmehr müssten hierfür viele Einzelmaßnahmen ineinandergreifen. Hierzu gehöre auch eine umfassende Gewährung von Sachleistungen bzw. die Einführung einer Bezahlkarte. Die SPD-Fraktion habe geäußert, es sei aus den Antworten ersichtlich, wo die Landesregierung handeln könne und müsse.
Umweltausschuss diskutiert über CO2-Bilanz der Landesverwaltung
Stuttgart. Der Ausschuss für Umwelt, Klima- und Energiewirtschaft hat am Donnerstag, 23. November 2023, den dritten Fortschrittsbericht der Landesregierung zu CO2-Bilanz der Landesverwaltung gemäß dem Klimaschutz- und Klimawandelanpassungsgesetz beraten. Das hat Gabriele Rolland (SPD), die als dienstältestes Ausschussmitglied heute in Vertretung des Vorsitzenden die Sitzung leitete, mitgeteilt. „Das Thema Treibhausgasneutralität ist uns im Ausschuss ein großes Anliegen“, so Rolland.
„Auch, wenn die Ziele sehr hoch gesteckt sind und vielleicht nicht alle im vorgegebenen Zeitraum erreicht werden können, sollten wir unsere Anstrengungen nicht mindern“, betonte Rolland. Baden-Württemberg strebt nach dem Klimaschutz- und Klimawandelanpassungsgesetz die Netto-Treibhausgasneutralität bis 2040 an. Bis 2030 sollen die klimaschädlichen Emissionen gegenüber dem Ausgangsjahr 1990 um mindestens 65 Prozent verringert werden – die Europäische Union strebt im Vergleich eine Senkung um 55 Prozent an. „Die Landesverwaltung selbst soll beim Klimaschutz eine Vorbildfunktion einnehmen und bis 2030 netto-treibhausgasneutral organisiert sein“, fasste Rolland die im Fortschrittsbericht genannte Zielsetzung zusammen. Dabei stünden die Einsparung von Energie, die effiziente Bereitstellung, Umwandlung, Nutzung und Speicherung von Energie wie auch die Nutzung erneuerbarer Energien im Vordergrund.
Umweltministerin Thekla Walker (Grüne) habe zu dem Fortschrittsbericht zur CO2-Bilanz der Landesverwaltung im Ausschuss gesagt, dass sich die Treibhausgasemissionen insgesamt rückläufig entwickelt hätten, in den vergangenen Jahren allerdings eine Stagnation zu verzeichnen gewesen sei. So beliefen sich die erhobenen Gesamtemissionen 2019 auf 447.245,55 Tonnen CO2, im Jahr 2020 auf 401.273,10 Tonnen CO2 und im Jahr 2021 auf 472.400,64 Tonnen CO2. Laut Rolland habe Walker den verlangsamten Rückgang vor allem auf den weiterhin großen CO2-Ausstoß der Liegenschaften des Landes gerade bei der Wärmenutzung zurückgeführt. Die angestrebte Netto-Treibhausgasneutralität der Landesverwaltung bis 2030 sei fast unmöglich zu erreichen, auch, weil die notwendigen Sanierungen des Gebäudebestands einige Jahre in Anspruch nehmen würden. Die Gebäudebereiche Strom, Wärme, Kälte und Abwasser müssten dekarbonisiert werden, auch beim Thema Mobilität, beispielsweise bei der Polizeiflotte, seien nur nach und nach Fortschritte zu erreichen.
Laut Rolland erfragten die Ausschussmitglieder mehrerer Fraktionen in der Sitzung insbesondere, ob bereits Zahlen erhoben worden seien, wie viel Geld in die Sanierung der Gebäude der Landesverwaltung investiert werden müsse. Ein Vertreter des Finanzministeriums habe im Ausschuss ausgeführt, die finanziellen Mehrbedarfe für die Sanierung der Liegenschaften könnten derzeit nicht abschließend festgelegt werden, berichtete Rolland weiter. Momentan läge die jährliche Sanierungsquote bei 1,5 Prozent, ob das Ziel von drei Prozent pro Jahr erreicht werden könne, hinge von verschiedenen Faktoren ab. Auch Abhängigkeiten von Fernwärmeunternehmen und die angemieteten Gebäude des Landes würden hier eine Rolle spielen. Grundsätzlich gelte bei den Landesliegenschaften die Regel Sanierung vor Neubau; vor allem im Bereich Wärme gelte es, Maßnahmen zu identifizieren, die eine hohe CO2-Wirksamkeit hätten.
Darüber hinaus sei der in der Fortschreibung des Klimaschutz- und Klimawandelanpassungsgesetzes im April 2023 eingeführte CO2-Schattenpreis und der Einsatz von recycelten Baumaterialien in der Sitzung thematisiert worden. In Baden-Württemberg soll künftig bei der Planung von Baumaßnahmen des Landes pro Tonne CO2, die durch die jeweilige Maßnahme entsteht, rechnerisch ein Preis zugrunde gelegt werden, um die Kosten für die Umwelt sichtbar zu machen. Von Regierungsseite sei Rolland zufolge ausgeführt worden, der Schattenpreis werde angewendet und solle Sanierungsentscheidungen unterstützen. Bei der Grundsatzentscheidung Sanierung oder Neubau benötige es allerdings noch eine Konzeption, da eine Berechnung des Schattenpreises ganz zu Beginn einer Maßnahme schwierig sei. Zur Frage nach klimafreundlichen und recycelten Baumaterialien habe Ministerin Walker auf die Holzbauinitiative verwiesen und unterstrichen, Recycling-Beton und eine höhere Recyclingquote bei Materialien aus abgerissenen Gebäuden seien erwünscht, der Markt hierfür müsse allerdings erst aufgebaut werden. Auch bei der Speicherung von CO2 mit der sogenannten CCS-Technologie sei die entsprechende Infrastruktur noch nicht aufgebaut.
Land und Bund können Planungen zur Errichtung eines Absetzgeländes auf der Staatsdomäne Waldhof weiter verfolgen
Stuttgart. Dürfen Land und Bund auf der im Zollernalbkreis gelegenen Staatsdomäne Waldhof ein Absetzgelände errichten? Mit der Eingabe einer Bürgerinitiative, die sich dagegen wendet, hat sich der Petitionsausschuss in seiner Sitzung am Donnerstag, 23. November 2023, befasst. Das hat der Vorsitzende Thomas Marwein (Grüne) mitgeteilt. „Im Rahmen der Standortsuche wurden mehr als 100 Gelände hinsichtlich ihrer militärischen Eignung überprüft. Diese Gelände wurden auch geprüft mit Blick auf Raum- und Regionalplanung, Wasserwirtschaft, Naturschutz, Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Immissionswerte. Das Staatsministerium hat die Ergebnisse dieser Prüfung auf dem Beteiligungsportal des Landes zur Verfügung gestellt.“
Gleich fünf Ministerien seien mit dem Thema befasst, wie der Ausschussvorsitzende darlegte. Neben dem Staatsministerium, das in der Sitzung für alle Stellung bezogen habe, auch das Umwelt-, das Verkehrs- und das Landwirtschaftsministerium sowie das Ministerium für Landesentwicklung und Wohnen. Gegenstand der Petition sei das gemeinsame und derzeit in Vorbereitung des luftrechtlichen Genehmigungsverfahrens befindliche Vorhaben des Landes und des Bundes, auf der Staatsdomäne Waldhof ein Absetzgelände zu errichten. „Dagegen wenden sich die Petenten in ihrer Grundforderung sowie in zwölf Einzelforderungen, die etwa die Themen Verkehr, Lärm und Sicherheit abbilden“, erläuterte Thomas Marwein.
Ein Absetzgelände sei rechtlich gesehen ein Flugplatz, gab Marwein die Erläuterungen des Staatsministeriums wieder. Es werde Absetzgelände genannt, da der Zweck des Geländes das Üben des Fallschirmspringens und nicht das Landen von Flugzeugen sei. Bislang fänden Fallschirmsprung-Übungen durch das in Calw stationierte Kommando Spezialkräfte (KSK) der Bundeswehr und die US-Streitkräfte auf den Gemarkungen Renningen und Malmsheim statt. Dieses Absprunggelände solle jedoch in den nächsten Jahren aufgegeben werden, damit ein dort tätiges Unternehmen sein Forschungs- und Entwicklungszentrum weiter ausbauen könne. Das Land habe sich bereits im Jahr 2010 vertraglich verpflichtet, die Suche nach einem Ersatzübungsgelände für die Bundeswehr mit dem Bund gemeinsam vorzunehmen. „Land und Bund suchen seit Jahren nach einem Ersatzgelände. Infrage kommende Flächen wurden von einer gemeinsamen Arbeitsgruppe des Staatsministeriums unterstützt durch die betroffenen Fachressorts und des Bundesministeriums der Verteidigung überprüft“, erläuterte Marwein. Zunächst sei der Segelflugplatz zwischen Haiterbach und Nagold aufgrund seiner Nähe zum Standort Calw als geeignete Fläche favorisiert worden, doch hätten die Flächen nur mittels Enteignung beschafft werden können. Der Truppenübungsplatz Meßstetten sei letztlich aufgrund von Sicherheitsbedenken des Verteidigungsministeriums nicht weiterverfolgt worden. Deshalb hätten Land und Bund Ende 2021 vereinbart, sich auf den Standort Waldhof zu konzentrieren. „Derzeit wird die Umsetzbarkeit in Vorbereitung des luftrechtlichen Genehmigungsverfahrens vertieft geprüft“, berichtete Thomas Marwein.
„Das Staatsministerium hält an der Umsetzung des Vorhabens fest“, so der Vorsitzende. Das Land habe sich zur Suche eines Ersatzgeländes verpflichtet. Landesinteressen seien, zukunftsfähige Arbeitsplätze im Land zu halten und die Einsatzfähigkeit der Bundeswehr zu gewährleisten, gab Marwein die Auffassung des Staatsministeriums wieder. Die entgegenstehenden Interessen der Petenten wie etwa der Verlust von Ackerland seien in Folge einer Abwägungsentscheidung und unter Wahrung der gesetzlichen Vorgaben nachzuordnen. „Es ist nachweislich ergebnisoffen geprüft worden“, so Marwein. Die Entscheidung für Waldhof sei das Resultat eines Abwägungsprozesses. Im Ergebnis überwiege das Landesinteresse an der Umsetzung des Vorhabens die anderen berechtigten Interessen. „Der Petitionsausschuss hat der nicht Petition abhelfen können“, sagte der Vorsitzende. Das Staatsministerium habe sehr deutlich gemacht, dass es um die Sorgen der landwirtschaftlichen Betriebe in der Umgebung wisse. „Das Staatsministerium wird auch weiterhin den Kontakt zu den landwirtschaftlichen Betrieben suchen“, fasste Marwein zusammen. Nach dem derzeitigen Stand der Planungen könne der Ackerbau auf den umliegenden Flächen weiterbetrieben werden.
Sozialausschuss thematisiert Digitalisierung in stationären Einrichtungen der Altenhilfe
Stuttgart. Der Ausschuss für Soziales, Gesundheit und Integration hat in seiner Sitzung am Mittwoch, 22. November 2023, über die digitale Transformation in stationären Einrichtungen der Altenpflege beraten. „Digitalisierung in Pflegeeinrichtungen ist nicht nur für die Arbeitsabläufe des Pflegepersonals von großer Bedeutung, sondern ebenso für die Bewohnerinnen und Bewohner“, sagte der Ausschussvorsitzende Florian Wahl (SPD). Zudem befasste sich das Gremium mit der Frage, wie bundesweit die Digitalisierung in der Langzeitpflege vorangetrieben werden kann.
In ihrem Antrag zur Digitalisierung in stationären Einrichtungen der Altenhilfe erfragten die Antragstellenden der Grünen-Fraktion beim Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration, inwiefern eine digitale Grundversorgung bei stationären Einrichtungen der Altenpflege eine Rolle spiele und wie die digitale Vernetzung von Bewohnern gewährleistet werden könne. Auch Maßnahmen zur Unterstützung der digitalen Transformation und Möglichkeiten der Finanzierung seien Gegenstand der Beratungen gewesen, berichtete der Ausschussvorsitzende Wahl.
Die Umsetzung digitaler Möglichkeiten in stationären Einrichtungen der Altenhilfe ermögliche und erweitere den Raum für Selbstbestimmung, Repräsentation und Teilnahme. „Bei der digitalen Grundversorgung muss an das Pflegepersonal und die Bewohner gedacht werden, der Zugang zum Internet ist Grundvoraussetzung“, gab Wahl die Ausführungen von Sozialminister Manfred Lucha wieder. Neben der IT-Basisinfrastruktur sollten Pflegeeinrichtungen allgemein etwa über eine moderne branchenspezifische Softwarelösung zum Beispiel für die Schichtplanung, den Einsatz mobiler Endgeräte zur sprachgesteuerten Pflegedokumentation oder digitale Systeme zur Durchführung von Televisiten verfügen. Weiter sollten die Zimmer der Bewohnerinnen und Bewohner unter anderem mit digitalen Pflegebetten, beispielsweise zur Erhebung von Vitaldaten, oder Sensoren zur Erkennung und Prävention von Stürzen ausgestattet sein. Die digitale Vernetzung von Bewohnerinnen und Bewohnern könne durch den Einbezug von Digitallotsen, welche die Akzeptanz und den Umgang mit digitaler Technik fördern und so Disparitäten begegnen können, gut gelingen. Dem Ministerium zufolge werde die Digitalisierung der Pflegeeinrichtungen über die Pflegesätze finanziert. Die Kosten der privaten Nutzung sei von den jeweiligen Bewohnern selbst zu tragen, sagte Wahl.
In der Sitzung hätten Abgeordnete darauf hingewiesen, dass die Digitalisierung in der Pflege in der Zukunft nicht nur im Bereich Vernetzung und Kommunikation immer wichtiger werde. Minister Lucha habe zudem ausgeführt, dass der Digitalisierung von Arbeitsprozessen wie beispielsweise der Erstellung von Schicht- oder Behandlungsplänen angesichts des Fachkräftemangels eine immer größere Bedeutung zukomme.
Das Land unterstütze die digitale Transformation in Pflegeeinrichtungen auch mit Maßnahmen im Rahmen der Digitalisierungsstrategie im Bereich der Langezeitpflege. Beispielsweise habe das Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration im Jahr 2020 das Landeskompetenzzentrum Pflege & Digitalisierung „PflegeDigital@BW“ etabliert, um Pflegeeinrichtungen bei der Digitalisierung zu unterstützen. Es stelle eigene Innovationsinfrastrukturen, Schulungs- und Bildungsangebote, Beratung und Vernetzung bereit. Mit der Zusatzqualifizierung Pflege Digital wolle man Pflegefachpersonen in der ambulanten und stationären Langzeitversorgung zu den Themen Digitalisierung und Einsatz neuer Technologien entsprechend fördern.
„Bundesweit werden Themen wie die Anbindung an Telematikinfrastruktur, Schulungskonzepte zu digitalen Kompetenzen und Televisiten diskutiert“, berichtete der Ausschussvorsitzende Wahl. Ebenso finde ein Austausch in der länderoffenen Arbeitsgruppe über die Weiterentwicklung der Digitalisierung in der Langzeitpflege statt.
Wirtschaftsausschuss befasst sich unter anderem mit der Mehrwertsteuer in der Gastronomie
Stuttgart. Der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus hat sich in seiner Sitzung am Mittwoch, 15. November 2023, mit einer ganzen Reihe aktueller Themen befasst. Wie der Ausschussvorsitzende Dr. Erik Schweickert (FDP/DVP) mitteilte, ging es unter anderem um die Mehrwertsteuer in der Gastronomie, um Aufwand, Kosten und Optimierungspotenzial bei der Corona-Soforthilfe-Abrechnung, die wirtschaftliche Entwicklung in Baden-Württemberg, die Zukunft der Leichtbauaktivitäten des Landes sowie um die Schadenersatzforderungen des Landes gegenüber der Expo-Projektgesellschaft.
Ausführlich beraten wurde ein Antrag der FDP/DVP zur Mehrwertsteuer in der Gastronomie. „Im Ausschuss bestand weitreichende Einigkeit darüber, dass die Gastronomie ein wichtiger Wirtschaftszweig für Baden-Württemberg ist“, sagte Dr. Schweickert. Vor dem Hintergrund der hohen Inflation wäre die Absenkung der Mehrwertsteuer in der Gastronomie auf sieben Prozent auch über den 31. Dezember 2023 hinaus sinnvoll. Die Entlastungsmaßnahme sei zuletzt bis Jahresende 2023 verlängert worden. Eine dauerhafte Absenkung der Umsatzsteuer auf Speisen in der Gastronomie sei jedoch in Anbetracht der Haushaltslage fiskalisch zweifelsfrei eine zusätzliche Belastung, so die Auffassung des Ministeriums. Einig war man sich darin, dass die Entscheidung, wie es mit der Mehrwertsteuer weitergeht, vom Bund zu treffen sei. Die Landesregierung habe zugesichert, so Dr. Schweickert, das zu respektieren, was der Bund aushandle. Dennoch forderte die Opposition eine Positionierung der Landesregierung in dieser Angelegenheit, so wie es beispielsweise auch Mecklenburg-Vorpommern vorgemacht hatte. Auch Aufwand, Kosten und Optimierungspotenzial bei der Corona-Soforthilfe-Abrechnung (ein Antrag der FDP/DVP) seien Gegenstand der Ausschussberatungen gewesen, berichtete Dr. Schweickert. Die Antragsteller erkundigten sich etwa nach den Hintergründen und dem Zustandekommen der Bagatellgrenze in Höhe von 250 Euro, bei deren Unterschreitung etwaige Rückzahlungen erlassen werden. Die Bagatellgrenze diene der Vereinfachung von Verwaltungsverfahren und den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit, gab der Vorsitzende die Auffassung des Ministeriums wieder. Bei Beiträgen unterhalb der Bagatellgrenze würde auf die Aufhebung des Bewilligungsbescheids verzichtet werden, somit entstünde gar kein Erstattungsanspruch. „Das Thema der Abrechnungen wird uns wohl noch Jahre beschäftigen“, bilanzierte Dr. Schweickert am Ende die Ausführungen des Ministeriums. Wie entwickelt sich das Bruttoinlandsprodukt in Baden-Württemberg? Mit welcher Konjunkturprognose wird in den kommenden zwei Jahren gerechnet? Diese und andere Fragestellungen sind in einem CDU-Antrag zur wirtschaftlichen Entwicklung in Baden-Württemberg zusammengefasst und die Antworten der Landesregierung vom Gremium beraten worden. „Als größtes Problem ist die Bereitstellung von Flächen ausgemacht worden“, berichtete der Ausschussvorsitzende. Es müsse genau überlegt werden, welche Maßnahmen zu treffen sind, um die wirtschaftliche Lage zu verbessern. Es seien vielfältige Krisen, die es zu bewältigen gelte. „Die Herausforderungen multiplizieren sich“, so Dr. Schweickert. Die Themen lauteten u.a. Ansiedlungsstrategie, Industrieland bleiben und klimaneutral werden, aber auch Ausbau der Infrastruktur und Fachkräftemangel. Außerdem hat sich der Wirtschaftsausschuss Dr. Schweickert zufolge mit einem Antrag der FDP/DVP befasst, der die Zukunft der Leichtbauaktivitäten des Landes thematisiert. Die Antragsteller wollten u.a. vom Ministerium wissen, wann und wie es zu der Entscheidung kam, eine „Geschäftsstelle Leichtbau für Baden-Württemberg“ auszuschreiben und neu zu vergeben. Aus Perspektive der Antragsteller hätten sich Fragen zu den Unterschieden der bisherigen und zukünftigen Leichtbau-Aktivitäten des Landes ergeben. Das Ministerium habe dargelegt, so der Ausschussvorsitzende, dass die Landesregierung Leichtbau weiterhin als wichtiges Zukunftsthema mit innovationspolitischer Relevanz betrachte. Kerninteresse des Landes sei die Innovationsförderung. Mit den im Land ansässigen starken Unternehmen, Hochschulen und Forschungseinrichtungen sollten innovative Leichtbaulösungen vorangebracht werden, die zur Gestaltung der aktuellen Transformation der Wirtschaft beitragen würden. Das Ministerium habe überdies vertraulich über den aktuellen Stand der Schadenersatzforderungen des Landes gegenüber der Expo-Projektgesellschaft berichtet. „Somit kam das Wirtschaftsministerium dem Informationsbedürfnis des Landtags entgegen, nachdem es zuvor jegliche Auskunft verweigert hatte“, so der Ausschussvorsitzende.
Umsetzungsstand beim Strategiedialog Landwirtschaft diskutiert
Stuttgart. Der Ausschuss für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz hat in seiner Sitzung am Mittwoch, 15. November 2023, in einer Öffentlichen Anhörung Sachverständige zum Thema „Umsetzungsstand Strategiedialog Landwirtschaft“ eingeladen. Der Anhörung lag ein gemeinsamer Antrag der Fraktion Grüne und der CDU-Fraktion im Ausschuss zugrunde. „Der Strategiedialog Landwirtschaft soll mit seinen rund 50 Akteuren aus Landwirtschaft, Naturschutz, Wirtschaft, Politik und Gesellschaft über einen Zeitraum von zwei Jahren zukunftsweisende Lösungsansätze für die Landwirtschaft in Baden-Württemberg erarbeiten“, sagte der stellvertretende Ausschussvorsitzende Klaus Hoher (FDP/DVP) zu Beginn der Anhörung.
Der Leiter der Geschäftsstelle des Strategiedialogs im Staatsministerium, Guido Petzold, fasste zunächst die Grundzüge des lösungsorientierten Formats eines Strategiedialogs und die im Staatsministerium angesiedelte Strukturierung zusammen. Das Hauptziel des Dialogs sei es, durch gemeinsames Abwägen mit allen Beteiligten die bäuerliche Landwirtschaft zu erhalten und gleichzeitig die Biodiversität im Land zu stärken. Dr. Konrad Rühl vom Landwirtschaftsministerium betonte, der Dialog laufe gut und es kämen durch das große Engagement der Beteiligten viele Ideen zusammen. Gleichzeitig mahnte er an, bei den politischen Maßnahmen, die die kleinstrukturierte bäuerliche Landwirtschaft für die Zukunft erhalten sollen, ökonomische Fragen immer mitzudenken. Von Verbandsseite trugen Sylvia Pilarsky-Grosch, Landesvorsitzende des BUND, die in Abstimmung mit NABU und dem baden-württembergischen Landesnaturschutzverband sprach, sowie der Vizepräsident des Landesbauernverbands in Baden-Württemberg, Hans-Benno Wichert, ihre Perspektiven vor dem Gremium vor. Pilarsky-Grosch hob hervor, aufgrund der großen Bandbreite an Themen im Strategiedialog werde es sehr viele Handlungsempfehlungen geben, hier sei eine einheitliche Ergebnissicherung und Priorisierung wichtig. Auch fehle momentan noch die Verzahnung mit anderen Prozessen wie den Maßnahmen aus dem Biodiversitätsstärkungsgesetz. Wichert fügte an, es müssten hohe Verbindlichkeiten geschaffen werden, gerade kleinbäuerliche Betriebe bräuchten Planungssicherheit und Maßnahmen, die für sie umsetzbar seien. Nur durch die anschließende politische Beachtung der im Strategiedialog erarbeiteten Handlungsempfehlungen könne Vertrauen bei den Landwirtinnen und Landwirten geschaffen werden.
Prof. Dr. Harald Grethe, Leiter des Fachgebiets „Internationaler Agrarhandel und Entwicklung“ an der Humboldt-Universität zu Berlin, hob positiv hervor, dass der ressortübergreifende Strategiedialog auf die Ebene des Staatsministeriums gezogen wurde. Hauptsächlicher Adressat des Dialogs sei die Landespolitik, die dann unter Beachtung des Strukturwandels der Branche und den Gegebenheiten des Arbeitsmarkts mit Augenmaß agieren müsse. Als Vertreter der Produzenten landwirtschaftlicher Produkte waren Berthold Dreher, Geschäftsführer der Ölmühle Oberschwaben, und Markus Kaiser, Bio-Landwirt und Mitglied der Erzeugergemeinschaft Schwarzwald Bio-Weiderind, im Gremium. Kaiser nannte Bildung, besseres Marketing für regionale Produkte und klar formulierte Ziele im Handel die Kernfaktoren für den Fortbestand der baden-württembergischen Landwirtschaft. Dreher kritisierte die für den Verdienst von Landwirtinnen und Landwirten deutlich zu niedrigen Lebensmittelpreise im Einzelhandel. Alexander Liedtke, Senior Consultant beim Discount-Lebensmittelmarkt Lidl, betonte, es sei wichtig, dass sich die verschiedenen Akteure der Wertschöpfungskette austauschen und sich ihrer gesellschaftlichen Verantwortung bewusst seien. Einer Weiterführung der Diskussion über das formale Ende des Strategiedialogs hinaus stünde Lidl positiv gegenüber. Josephine Glogger-Hönle vom Bildungsprojekt Ackerschwestern warnte vor dem fortschreitenden Höfesterben und psychischen Belastungen für Landwirtinnen und Landwirte.
In der anschließenden öffentlichen Fragerunde mit den Ausschussmitgliedern wurde die Frage, wie sich Verbraucherinnen und Verbraucher über das Bürgerforum zum Strategiedialog hinaus stärker in die Prozesse miteinbinden ließen, weiter diskutiert. Des Weiteren kam zur Sprache, dass von verschiedenen Arbeitsgruppen im Dialog mehr Zeit gefordert worden war und wie ein fortgesetzter Dialog über den festgesetzten Endzeitpunkt mit der Abschlussveranstaltung am 11. Oktober 2024 hinaus aussehen könnte. Die Sachverständigen unterstrichen nochmals, dass im Strategiedialog bis 2024 konkrete Handlungsempfehlungen und zumindest ein Zwischenergebnis erarbeitet werden sollen. Wichtig sei aber auch, dass die Prozesse des Strategiedialogs und die Finanzierungskonzepte nicht mit der aktuellen Legislaturperiode zu Ende gingen, sondern Bestand hätten. „Der jetzige Dialog zwischen allen Akteurinnen und Akteuren ist wichtig und gut, wir müssen aber auch schauen, wie der Strategiedialog innerhalb des gegebenen Zeitfensters zu einem guten Schluss und zu klaren Handlungsempfehlungen kommen kann“, fasste der stellvertretende Ausschussvorsitzende Hoher abschließend zusammen.
Erste Hilfe und Herz-Lungen-Wiederbelebung in Bildungsplänen
Stuttgart. Der Ausschuss für Kultus, Jugend und Sport hat sich in seiner Sitzung am Donnerstag, 16. November 2023, mit der Frage befasst, inwieweit die Themen Erste Hilfe und Herz-Lungen-Wiederbelebung in den Bildungsplänen allgemeinbildender und beruflicher Schulen verankert sind. Das hat die Ausschussvorsitzende Petra Häffner (Grüne) mitgeteilt.
Die Antragsteller der CDU-Fraktion wollten vom Ministerium für Kultus, Jugend und Sport wissen, welche Initiativen es seitens der Landesregierung gibt, Herz-Lungen-Wiederbelebung in Theorie und Praxis als festen Unterrichtsbestandteil an den Schulen und Hochschulen einzuführen. Sie erfragten in ihrem Antrag zudem, wie viele Schülerinnen und Schüler welcher Altersklassen an Schulprojekten zum Thema Wiederbelebung, beispielsweise „Löwen retten Leben“, teilgenommen haben und wie mit den verschiedenen Hilfsorganisationen im Land diesbezüglich kooperiert wird. Häffner zufolge zeigten sich die Antragsteller im Ausschuss überzeugt, die Ausbildung von Schulkindern könne zu einer Schlüsselstrategie werden, um die Reanimationsquote durch Laien dauerhaft zu erhöhen. Deutschland befinde sich hier momentan mit 45 Prozent im europäischen Vergleich nur im Mittelfeld.
Von Ministeriumsseite sei im Ausschuss betont worden, es gebe bereits viele Anknüpfungspunkte für die Themen Erste Hilfe und Wiederbelebung in den Bildungsplänen allgemeinbildender und beruflicher Schulen. Bei weiterführenden Schulen könne die Thematik etwa im Fach Biologie beim Inhaltsbereich Atmung, Blut und Kreislaufsystem bearbeitet werden. Im Wahlpflichtfach Alltagskultur, Ernährung, Soziales (AES) lernten Schülerinnen und Schüler der Klassen 7 bis 9 lebensrettende Sofortmaßnahmen und grundlegende Formen der Unfallsicherung. In beruflichen Schulen für gesundheits- und pflegebezogene Ausbildungsberufe sei das Thema Herz-Lungen-Wiederbelebung in den Bildungsplänen ohnehin verankert.
„Für weiterführende allgemeinbildende und berufliche Schulen steht in Baden-Württemberg das Programm ‚Löwen retten Leben‘ (LRL) als Laienreanimationsprogramm seit dem Jahr 2015 zur Verfügung“, berichtete Häffner weiter. Das Programm werde in Kooperation mit dem Deutschen Roten Kreuz (DRK) und der Stiftung Deutsche Anästhesiologie angeboten. Bundesweit sei Baden-Württemberg das erste Bundesland, das in dieser Weise die Schulen bei der praktischen Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten bei der Laienreanimation unterstütze. Die Zahl der teilnehmenden Schülerinnen und Schüler werde dem Kultusministerium zufolge bislang statistisch nicht erfasst, eine erstmalige Erhebung sei für den Herbst 2023 vorgesehen. Kultusministerin Theresa Schopper (Grüne) habe zugesichert, die Statistik für „Löwen retten Leben“ dem Bildungsausschuss entsprechend nachzureichen. Von Oppositionsseite sei im Ausschuss darüber hinaus angemerkt worden, dass eine statistische Erfassung zu den ausgebildeten Ersthelferinnen und Ersthelfern an Schulen ebenfalls zu wünschen sei. Die rechtlichen Vorgaben forderten fünf Prozent Ersthelfer im Lehrpersonal an allgemeinbildenden sowie 10 Prozent an berufsbegleitenden Schulen. „Wir wissen, dass das von den Beauftragten vor Ort gewissenhaft umgesetzt wird und haben bisher auf statistische Rückmeldungen verzichtet, um den Verwaltungsaufwand für die Schulen gering zu halten“, gab Häffner die Ausführungen von Kultusministerin Schopper zusammenfassend wieder.
Einstimmiger Beschluss: Landesregierung soll sich für Fertigstellung des Ausbaus der Rheintalbahn einsetzen
Stuttgart. Der Verkehrsausschuss hat in seiner Sitzung am Donnerstag, 16. November 2023, Sachverständige der Deutschen Bahn AG sowie der DB Netze AG zum aktuellen Sachstand beim Ausbau der Rheintalbahn zwischen Karlsruhe und Basel gehört. Anlass der Anhörung war ein interfraktioneller Antrag von Grünen, CDU, SPD und FDP/DVP. Das hat der Vorsitzende Rüdiger Klos (AfD) mitgeteilt. „Der Ausschuss hat einstimmig beschlossen, die Landesregierung zu ersuchen, sich weiter nachdrücklich auf allen Ebenen für die schnellstmögliche Fertigstellung des leistungsfähigen, menschen- und umweltverträglichen Ausbaus der Rheintalbahn einzusetzen“, berichtete Klos.
Der viergleisige Ausbau der Rheintalbahn zwischen Karlsruhe und Basel ist Rüdiger Klos Angaben zufolge eines der größten Ausbauprojekte im Schienennetz Baden-Württemberg. Die Rheintalbahn sei Bestandteil des TEN-Korridors (Trans-Europäische-Netze) von Rotterdam nach Genua und damit für den europäischen Schienengüterverkehr von großer Bedeutung. Sie sei sowohl für den Schienenpersonenverkehr und die Umsetzung des Deutschland-Taktes notwendig als auch für den Schienenpersonennahverkehr.
Thorsten Krenz, Deutsche Bahn AG, Konzernbevollmächtigter für das Land Baden-Württemberg, Sven Adam, DB Netz, Technische Projektabschnittsleitung Großprojekt ABS/NBS Karlsruhe-Basel sowie Christoph Klenert, DB Netz, Leiter Stakeholdermanagement und Kommunikation Großprojekt ABS/NBS Karlsruhe-Basel legten im Ausschuss den aktuellen Sachstand dar, so Klos. Sie hätten Ziele und Nutzen des Aus- und Neubaus vorgestellt und detaillierte Sachstandsinformationen zu den einzelnen Streckenabschnitten gegeben. „Die Experten haben die Rheintalbahn als Kernstück des Eisenbahnkorridors Rotterdam-Genua bezeichnet“, hob der Vorsitzende hervor. Rund 300 Züge verkehrten täglich auf der überlasteten, 200 Kilometer langen Strecke zwischen Karlsruhe und Basel. Die Ausbau- und Neubaustrecke sei eines der größten Infrastrukturprojekte der Deutschen Bahn. Ziel sei, pünktlicher und schneller zu werden und mehr Kapazitäten vor allem im Fern- und Güterverkehr zu schaffen. In verschiedenen Studien seien die Bereiche Wirtschaft, Arbeitsmarkt sowie soziale und ökologische Effekte untersucht worden. „Alle untersuchten Bereiche profitieren von der Rheintalbahn“, fasste Klos die Ausführungen der Experten zusammen. Schließlich hätten die Gäste noch Einblicke in den Planungs- und Realisierungsstand der Strecken- und Planfeststellungsabschnitte gegeben. „Die Abgeordneten haben sich fraktionsübergreifend bei den Bahn-Mitarbeitern für den umfassenden Einblick in den aktuellen Stand bedankt“, sagte Rüdiger Klos.
„Dem Ausschuss ist es wichtig, dass im Falle von lang andauernden Streckensperrungen aufgrund der Ausbauarbeiten die DB Netz AG als Vorhabenträgerin in der Pflicht gesehen wird, die durch Sperrungen entstehenden Nachteile möglichst zu vermeiden“, zählt Vorsitzender Klos einen weiteren Beschluss des Gremiums auf. Die DB Netz AG sei aufgefordert, unter Einbeziehung des Landes und der Region, leistungsfähige Ersatzkonzepte zu erarbeiten, umzusetzen und als Folgemaßnahme des Ausbauprojektes zu finanzieren, so Klos abschließend.
Zudem habe sich der Verkehrsausschuss mit einer Unterrichtung des Landtags in EU-Angelegenheiten befasst. „Es handelt sich um einen Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über Anforderungen an die kreislauforientierte Konstruktion von Fahrzeugen und über die Entsorgung von Altfahrzeugen“, berichtete Klos. „Um die klimapolitischen Ziele des Landes zu erreichen, sei eine Weiterentwicklung der Automobilindustrie hin zu kreislaufgeführten, ressourcenschonenden und klimafreundlichen Fahrzeugen und Produktweisen von erheblicher Bedeutung“, führte der Vorsitzende aus. Der Vorschlag fordere die Fahrzeugindustrie auf, Rohstoffe effizienter einzusetzen und im Kreislauf zu führen. Die Abhängigkeit von Rohstoffen solle reduziert und die Resilienz der Unternehmen erhöht werden. „Neue Geschäftsmodelle sind essenziell, damit die deutsche und damit auch die baden-württembergische Fahrzeugindustrie wettbewerbsfähig bleiben kann“, so Klos. Die Grünen-Fraktion habe die technischen Ziele der Verordnung als gut und wichtig bezeichnet. Die CDU-Fraktion habe geäußert, dass sie das Thema kritisch sehe, da es aufgrund der Regelungen zu einem Aufwuchs an weiterer Bürokratie kommen werde. Der Ausschuss habe von der Mitteilung Kenntnis genommen.
Enquetekommission „Krisenfeste Gesellschaft“ hört Sachverständige zu Herausforderungen für die Versorgungssicherheit an
Stuttgart. Die Enquetekommission „Krisenfeste Gesellschaft“ hat in ihrer öffentlichen Sitzung am Freitag, 10. November 2023, Sachverständige zum Thema „Herausforderungen für die Versorgungssicherheit und Kritischen Infrastrukturen durch multiple Krisen, insbesondere die Klimakrise“ angehört. Die Expertinnen und Experten kamen unter anderem von Verbänden, Gewerkschaften, Unternehmen, Hochschulen und Instituten. „Die Corona-Pandemie hat gezeigt, wie schnell sich eine Krise auf die Versorgung der Menschen und die Funktionsfähigkeit kritischer Infrastrukturen auswirken kann. Die Sachverständigen haben dem Gremium wichtige Hinweise gegeben, wie solchen Entwicklungen bei künftigen Krisen vorgebeugt werden könnte“, sagte der Vorsitzende des Gremiums, der Grünen-Abgeordnete Alexander Salomon.
In der anschließenden nicht öffentlichen Sitzung beschloss die Enquetekommission die Sachverständigen für die Sitzung am 1. Dezember 2023 zum Thema „Resilienz durch nachhaltige Investitions- und Innovationspolitik“. Demnach werden folgende Expertinnen und Experten zu der Sitzung eingeladen: Prof. Dr. Marius Busemeyer (Universität Konstanz), Prof. Dr. Anke Hassel (Hertie School of Governance Berlin), Andreas Schleicher (Organisation für Entwicklung und Zusammenarbeit OECD), Prof. Dr. Michele Tertilt (Universität Mannheim), Prof. Dr. Lars Feld (Albert-Ludwigs-Universität Freiburg/ Walter- Eucken- Institut e.V.), Prof. Dr. Katharina Hölzle (Universität Stuttgart/Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation) und Prof. Dr. Monika Schnitzer (Sachverständigenrat zur gesamtwirtschaftlichen Entwicklung).
Ermittlungsbeauftragte zum Thema „Sexuelle Belästigung in Landesbehörden“ nimmt Tätigkeit auf
Stuttgart. Die vom Untersuchungsausschuss IdP & Beförderungspraxis eingesetzte Ermittlungsbeauftragte, Richterin am Amtsgericht Bärbel Hönes, hat am Donnerstag, 2. November 2023, ihre Arbeit aufgenommen. Das hat die Vorsitzende des Gremiums Daniela Evers (Grüne) mitgeteilt. „Der Ausschuss begrüßt die Unterstützung seiner Arbeit durch die Ermittlungsbeauftragte und freut sich, dass Bärbel Hönes für diese Aufgabe gewonnen werden konnte“, so Evers.
Mit Entscheidung vom 5. Oktober 2023 hat der Untersuchungsausschuss IdP & Beförderungspraxis einstimmig die Einsetzung einer Ermittlungsbeauftragten zu dem Untersuchungsgegenstand der sexuellen Belästigung in Landesbehörden beschlossen. Ermittlungsbeauftragte sind ein im Untersuchungsausschussgesetz (§ 12a UAG) vorgesehenes Instrumentarium zur Unterstützung der Arbeit von parlamentarischen Untersuchungsausschüssen. Ermittlungsbeauftragten werden einzelne Ermittlungen zum Untersuchungsgegenstand übertragen, wodurch sie in der Regel die Untersuchung durch den Untersuchungsausschuss vorbereiten sollen. Dabei sind sie im Rahmen ihres Auftrags unabhängig und dem gesamten Untersuchungsausschuss verantwortlich. Nach Abschluss ihrer Untersuchungen erstatten Ermittlungsbeauftragte ausschließlich dem Untersuchungsausschuss über das Ergebnis ihrer Ermittlungen einen internen schriftlichen und mündlichen Bericht und unterbreiten einen Vorschlag über die weitere Vorgehensweise. Dementsprechend dürfen Ermittlungsbeauftragte selbst im Rahmen ihrer Tätigkeit auch gemäß § 12a Abs. 3 S. 5 UAG keine öffentlichen Erklärungen abgeben.
Der Untersuchungsausschuss hat mit Ermittlungsauftrag vom 05. Oktober 2023 die Einsetzung einer Ermittlungsbeauftragten zur Unterstützung der Untersuchungen nach Teil A. I. Nr. 1. – Klärung der Frage, wie die Landesregierung mit dem Thema und Vorwürfen der sexuellen Belästigung in Landesbehörden bisher umgegangen ist – sowie nach Teil A. I. Nr. 3. – Klärung der Frage, welche Informationen den Behörden und weiteren Stellen zu Vorwürfen der sexuellen Belästigung oder von sexuellen Annäherungsversuchen durch A. R. und anderen Beschäftigen von Landesbehörden vorliegen und welche Personen innerhalb und außerhalb des Innenministeriums mit direkten und indirekten Kontakten zu Angehörigen der Ministerien oder anderer Behörden davon zu welchen Zeitpunkten Kenntnis erhielten – des Einsetzungsbeschlusses vom 01. Juni 2022, LT-Drs. 17/2649, beschlossen.
Der Ermittlungsauftrag sieht vor, dass die Ermittlungsbeauftragte einen Teil der für den Untersuchungsauftrag relevanten Verdachtsfälle sexueller Belästigung im Bereich der Landesregierung und der Landesbehörden Baden-Württemberg, welche dem Untersuchungsausschuss von Seiten der Landesregierung gemeldet wurden, näher untersucht. Zu diesem Zweck sichtet die Ermittlungsbeauftragte die insoweit zum Untersuchungsgegenstand vorliegenden sächlichen Beweismittel (insbesondere Akten) und wertet diese aus. Soweit erforderlich, kann die Ermittlungsbeauftragte in Einzelfällen auch weitere Ermittlungen in den betroffenen Behörden und bei den beteiligten Personen durchführen.
Ziel der Tätigkeit der Ermittlungsbeauftragen ist zum einen, dem Untersuchungsausschuss einen fundierten Überblick über den Umfang und die Art der gemeldeten Verdachtsfälle sexueller Belästigung in Landesbehörden sowie über den Umgang der Landesregierung und der jeweiligen Landesbehörden mit diesen Verdachtsfällen zu ermöglichen. Zum anderen soll die Ermittlungsbeauftragte dem Ausschuss auf der Grundlage ihrer bei den Ermittlungen gewonnenen Erkenntnisse und Feststellungen eine Einschätzung geben, ob weitergehende Untersuchungen zu den Themenfeldern der sexuellen Belästigung in Landesbehörden sowie des diesbezüglichen Umgangs der Landesregierung und der Landesbehörden erforderlich erscheinen und hierfür ggf. weiterführende Empfehlungen aussprechen.
Der Untersuchungsausschuss hat Bärbel Hönes mit den Ermittlungen beauftragt. Hönes war zuletzt bis Ende Oktober 2023 als Strafrichterin am Amtsgericht Sinsheim tätig, wo sie auch den Vorsitz des Schöffengerichtes innehatte.
Über 6.600 Fälle von Straftaten gegen Einsatzkräfte von Polizei, Feuerwehr und Rettungsdiensten im Südwesten
Stuttgart. In Baden-Württemberg sind im Jahr 2022 insgesamt 6.622 Fälle von Straftaten gegen Einsatzkräfte der Polizei, der Feuerwehr, der Rettungsdienste sowie gegen Vollzugsbeamtinnen und -beamte registriert worden. Im Vergleich zum Vorjahr entspricht dies einer Steigerung um 573 Fälle, im Vergleich zum Jahr 2018 sogar um eine Steigerung um 890 Fälle. Das wurde am Donnerstag, 26. Oktober 2023, bei der Beratung eines Antrags der SPD-Fraktion im Ständigen Ausschuss des Landtags zur Verfolgung von Straftaten gegen Einsatzkräfte deutlich, wie der Vorsitzende des Gremiums, der CDU-Abgeordnete Guido Wolf, mitteilte. Zudem befasste sich der Ausschuss mit beschleunigten Verfahren.
Nach Angaben des Vorsitzenden wurden von den insgesamt 6.622 Fällen 5.467 Straftaten gegen Polizeibeamte (2021: 5.049 Fälle, plus 8,3 Prozent), 930 Straftaten gegen Beschäftigte im öffentlichen Dienst wie zum Beispiel Gerichtsvollzieher oder Zoll-Vollstreckungsbeamte (2021: 813 Fälle, plus 14,4 Prozent), 205 Straftaten gegen Angehörige von Rettungsdiensten (2021: 178 Fälle, plus 15,5 Prozent) und 20 Straftaten gegen Angehörige der Feuerwehr (2021: 9 Fälle) verübt. Damit seien die Straftaten gegen alle fünf Opfergruppen auf ein Fünfjahreshoch gestiegen. Bei den registrierten Delikten handele es sich um Straftaten gegen das Leben, Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung, Rohheitsdelikte und Straftaten gegen die persönliche Freiheit sowie Widerstand und tätliche Angriffe gegen Vollstreckungsbeamte.
Das Justizministerium habe mitgeteilt, dass es sich seit jeher für eine konsequente Strafverfolgung von Straftaten gegen Einsatzkräfte sowie gegen Vollstreckungsbeamte und Amtsträger einsetze. Dass Staatsanwaltschaften diese Straftaten konsequent verfolgten und sanktionierten, zeige sich an einem Anteil von Einstellungen nach Paragraf 153, 153a StPO von ca. neun Prozent. Die Strafverfolgungspraxis in diesem Kriminalitätsfeld sei Gegenstand der Erörterung auf der jährlichen Dienstbesprechung des Justizministeriums mit den Leiterinnen und Leitern der Generalstaatsanwaltschaften und Staatsanwaltschaften im Juli 2023 gewesen. Zwischen den Teilnehmern habe Einvernehmen bestanden, dass es weiterhin erforderlich sei, derartige Straftaten konsequent zu verfolgen. Die Leiterinnen und Leiter der Generalstaatsanwaltschaften und Staatsanwaltschaften hätten gleichzeitig darauf hingewiesen, dass die aktuelle Praxis der Strafverfolgung diesem Erfordernis gerecht werde, und Optimierungsspielräume kaum noch bestehen dürften. Aus diesen Gründen bestehe nach Auffassung des Ministeriums derzeit kein Anlass für weitere Maßnahmen hinsichtlich der konsequenten Strafverfolgung von Straftaten, fasste Guido Wolf die Ausführungen zusammen.
Zudem beriet der Ständige Ausschuss auf Antrag der SPD-Fraktion über beschleunigte Verfahren in Baden-Württemberg. Demnach kämen beschleunigte Verfahren in Fällen mit einfachem Sachverhalt oder klarer Beweislage im Bereich der geringfügigen bis unteren mittleren Kriminalität zur Anwendung. Dies seien etwa Beleidigung, Hausfriedensbruch, Körperverletzung, Sachbeschädigung oder Urkundenfälschung. Der Umfang der verhängten Strafen bei beschleunigten Verfahren bewege sich von Geldstrafen bis hin zu einjährigen Freiheitsstrafen sowohl mit als auch ohne Bewährung.
An den Gerichtsstandorten Freiburg, Mannheim, Stuttgart, Offenburg, Karlsruhe, Heilbronn und Ulm sei zwischen Juni 2020 und Juni 2023 mit dem Projekt zur Förderung der beschleunigten Verfahren begonnen worden. Für das Modellprojekt seien bereits im Haushalt 2020/2021 aufgrund des erheblichen personellen und organisatorischen Mehraufwands bei den teilnehmenden Gerichten und Staatsanwaltschaften sechs Neustellen und im Haushalt 2022 weitere acht Neustellen geschaffen worden.
Die Regierungsparteien hätten sich laut Guido Wolf im Rahmen der Koalitionsvereinbarung darauf verständigt, das beschleunigte Verfahren flächendeckend stärker zur Anwendung zu bringen. Daher seien im Haushalt 2023/2024 sechs Neustellen für den flächendeckenden Ausbau beschleunigter Verfahren geschaffen worden. Diese sollen den drei weiteren Standorten Heidelberg, Konstanz und Tübingen zugewiesen werden. Die Fraktionen von Regierung und Opposition hätten in der Sitzung Unterstützung für den Ausbau des beschleunigten Verfahrens ausgedrückt, berichtete Wolf.
Auch seien in der Sitzung die größeren erzieherischen Effekte bei beschleunigten Verfahrens betont worden. Die Fraktionen seien sich einig gewesen, dass diese schnellen Verfahren positiv zu werten seien. Auch für die Landesregierung stellten beschleunigte Verfahren ein wirksames strafverfahrensrechtliches Instrument dar, um die unter spezial- und generalpräventiven Aspekten besonders wünschenswerte rasche Sanktionierung von Straftaten im konkreten Einzelfall zu ermöglichen und gleichzeitig das allgemeine Vertrauen der Bevölkerung in den Rechtsstaat und dessen Handlungsfähigkeit weiter zu stärken, berichtete der Ausschussvorsitzende Guido Wolf.
Klimawandelanpassungsstrategie des Landes im Fokus
Stuttgart. Der Ausschuss für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft hat im öffentlichen Teil seiner Sitzung am Donnerstag, 26. Oktober 2023, über den Bericht des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft zur Klimawandelanpassungsstrategie diskutiert. Das hat der Ausschussvorsitzende Daniel Karrais (FDP/DVP) mitgeteilt. „Nach der Aktuellen Debatte im Plenum vor einigen Monaten liegt jetzt der Bericht zur aktualisierten Klimawandelanpassungsstrategie vor und wurde von Umweltministerin Thekla Walker noch einmal im Ausschuss vorgestellt“, berichtete Karrais aus der Sitzung.
Die Landesregierung hat sich mit dem novellierten Klimaschutz- und Klimawandelanpassungsgesetz verpflichtet, die Anpassungsstrategie aus dem Jahr 2015 wegen der sich verändernden klimatischen Bedingungen im Jahr 2023 zu aktualisieren. In der Ausschusssitzung berichtete Umweltministerin Walker (Grüne) über die in diesem Jahr fortgeschriebene Anpassungsstrategie, die für insgesamt elf Handlungsfelder aktuelle Vulnerabilitätsbewertungen zu besonderen Herausforderungen umfasst. Ein Maßnahmenkatalog zeigt anhand von rund 100 Steckbriefen auf, wie das Land Baden-Württemberg möglichen negativen Auswirkungen des Klimawandels vorbeugen und begegnen könnte. Besonderes Augenmerk werde in der aktualisierten Strategie zur Klimawandelanpassung auf die Klimawirkungen Hitze in urbanen Räumen, Trockenheit und Niedrigwasser, Starkregen und andere Extremereignisse und den Wandel von Lebensräumen und Arten gelegt, erklärte Walker vor dem Gremium. „Die Zielsetzung der Anpassungsstrategie lautet vor allem Resilienz, damit wir zunehmende Extremwetter und Hitzephasen besser handhaben können“, so Walker. Die Umsetzung der Maßnahmen müsse vor allem auch durch die kommunalen Verwaltungen, Landkreise und Unternehmen vor Ort erfolgen, es gebe aber auch übergeordnete Maßnahmen wie die Wasserplanung, um die man sich vor allem auf Landesebene kümmern müsse.
In der anschließenden Diskussion im Ausschuss sprachen die Gremiumsmitglieder insbesondere noch einmal über die finanziellen Belastungen, die in der Thematik auf Land und Kommunen zukommen werden. „Wir sind uns fraktionsübergreifend einig, dass die Anpassung an den Klimawandel ein wesentliches Querschnittsthema ist, das uns über alle Ministerien hinweg und in vielen Lebensbereichen in den kommenden Jahren beschäftigen wird“, so der Ausschussvorsitzende. Vonseiten der Grünen-Fraktion sei betont worden, dass Baden-Württemberg mit der vorgelegten Strategie aktiv vorangehe. Die Anpassung an den Klimawandel werde Geld kosten, es gebe hier allerdings keine Alternative, da eine verfehlte Anpassung an den Klimawandel Schäden verursachen würde, die monetär nicht aufzuwiegen seien. Auch die CDU-Fraktion äußerte sich positiv zum Bericht, der zeige, dass das Thema in Baden-Württemberg immer stärker ins Bewusstsein rückt. Die Kommunen hätten mit der vorgelegten Strategie Informationen und Dienstleistungen zur Verfügung, um die Maßnahmen sukzessive umzusetzen und sich auf Wetterextreme wie Starkregenereignisse und Hochwasser besser vorzubereiten. Allerdings fehle es weiterhin an Geld und Stellen in der Öffentlichen Verwaltung gerade in kleineren Gemeinden.
Die SPD-Fraktion nannte die elf Handlungsfelder im Bericht, darunter Verkehr und Infrastruktur, Wald und Forstwirtschaft, Gesundheit und Bevölkerungsschutz, die richtigen, sie müssten aber noch stärker vernetzt werden. Kommunen, Städte und Gemeinden stünden vor großen Herausforderungen, seien aber zum Teil noch nicht tätig geworden. Seitens des Landes müsse das eingefordert werden, das Land müsse allerdings auch in der Lage sein, die Forderungen finanziell darzustellen und flexibler zu werden, um beispielsweise topographisch benachteiligten Gemeinden zu helfen. Auch vonseiten der FDP/DVP-Fraktion wurde nochmals auf die gewaltigen finanziellen Belastungen verwiesen, die auf Land und Kommunen zukämen. Das Land habe bei der Klimawandelanpassungsstrategie die rechtlichen Kompetenzen, wirklich etwas zu verändern, allerdings müsse die von Ministerin Walker vorgestellte Strategie im nächsten Jahr auch in den Haushaltszahlen zu sehen sein. Es stelle sich die Frage, wie die Kommunen die Maßnahmen und erheblichen Veränderungen im Bestand finanzieren können. Die AfD-Fraktion stimmte ebenfalls zu, dass Anpassungen an veränderte klimatische Bedingungen erfolgen müssten, sie warnte gleichzeitig vor Angst und Panikmache in der Bevölkerung. Die Maßnahmen des Landes würden nicht zu einer großen Veränderung führen, zudem gebe es ein grundlegendes Finanzierungsproblem bei den Kommunen.
Vorsitzender Marwein: Kletterfelsen bleibt gesperrt, aber Evaluierung wird zugesichert
Stuttgart. Mit einer Eingabe zum Kletterverbot im Naturschutzgebiet Battertfelsen beim Schloss Hohenbaden hat sich der Petitionsausschuss in seiner Sitzung am Donnerstag, 26. Oktober 2023, befasst. Das hat der Vorsitzende Thomas Marwein (Grüne) mitgeteilt. „Der Felsen bleibt gesperrt, denn Naturschutz geht vor“, berichtete Marwein. „Dennoch haben wir die Petition zur Erwägung an die Regierung überwiesen, damit uns in vier Jahren ein Bericht über die Evaluation vorgelegt werden kann.“
Marwein zufolge ist der Petent Kletterer und wendet sich gegen die Entscheidung des Regierungspräsidiums Karlsruhe, Maßnahmen zur artenschutzrechtlich erforderlichen weiteren Beruhigung des Brutfelsens des Wanderfalkens, der Felswand Badener Wald, im Naturschutzgebiet umzusetzen. Die Maßnahmen umfassten ein durch Allgemeinverfügung der Stadt Baden-Baden als untere Naturschutzbehörde verfügtes ganzjähriges Betretungsverbot für diesen Felsen, die Entfernung der Kletterhaken an der Felswand, den Abbau der auf den Felskopf führenden Felsenbrücke sowie ein fünfjähriges Brutmonitoring. Betroffen von den Maßnahmen seien Kletterer und Wanderer, so Marwein. Der Petent wolle ein Schutzkonzept für den Wanderfalken, das den Belangen des Klettersports besser gerecht werde.
Mit der Summe an Einzelmaßnahmen verfolge das Schutzkonzept einen ganzheitlichen Ansatz, so Marwein, um mit großer Prognosewahrscheinlichkeit eine Trendumkehr bei der Entwicklung des Bruterfolgs der Wanderfalken zu erreichen. Die Kletterer würden nicht einseitig belastet, sondern bei der Umsetzung des Schutzkonzeptes erfolge eine Verteilung von Belastungen auf viele Schultern. Trotz günstiger Lage des Brutplatzes verschlechtere sich der Bruterfolg zunehmend. Während der Bruterfolg in den Jahren 2006 bis 2011 noch bei durchschnittlich 2,2 flüggen Jungtieren pro Jahr gelegen habe, habe er in der letzten Dekade merklich abgenommen und liege im Schnitt bei 1,0 flüggen Jungtieren pro Jahr. „Die Qualität des Brutplatzes leidet unter vielfältigen von Menschen verursachten Störungsquellen im nahen Umfeld“, bestätigte der Ausschussvorsitzende. Die vom Regierungspräsidium gewählten Maßnahmen der ganzjährigen Sperrung des Brutfelsens in Verbindung mit der Entfernung der Kletterhaken und dem Abbau der Felsenbrücke seien geeignet, die Situation zu beruhigen und Störungen für die Wanderfalken beim Brüten und der Aufzucht der Jungen zu reduzieren und so den Bruterfolg zu verbessern, gab Thomas Marwein die Ansichten des Ministeriums wieder.
Der Petitionsausschuss habe sich ausführlich mit der Eingabe befasst und sich bei einem Vorort-Termin mit allen Beteiligten ausgetauscht. „Wir helfen der Petition zunächst nicht ab, was bedeutet, dass der Felsen gesperrt bleibt. In vier Jahren soll dann evaluiert werden, ob sich die Bruterfolge des Wanderfalkens verbessert haben“, so Marwein. „Das Ministerium hat zugesagt, die Evaluierung dann mit allen Beteiligten und dem Petitionsausschuss zu besprechen.“
Ausschuss für Wohnen stimmt für Schaffung eines virtuellen Bauamts
Stuttgart. Der Ausschuss für Landesentwicklung und Wohnen hat in seiner Sitzung am Mittwoch, 25. Oktober 2023, mehrheitlich beschlossen, dem Plenum zu empfehlen, dem Gesetz zur Digitalisierung baurechtlicher Verfahren zuzustimmen. Damit soll ein „virtuelles Bauamt“ geschaffen werden, bei dem etwa Bauanträge digital eingereicht, bearbeitet und genehmigt werden können. Darüber hinaus beriet das Gremium auf Antrag der Fraktion FDP/DVP über Möglichkeiten des innovativen Holzbaus sowie innovative Bauverfahren und Baustoffe. Das teilte die Vorsitzende des Gremiums, die CDU-Abgeordnete Christiane Staab, mit.
Nach Angaben der Vorsitzenden sind nach dem Onlinezugangsgesetz Bund und Länder verpflichtet, ab dem Jahr 2023 ihre Verwaltungsleistungen digital über Verwaltungsportale anzubieten. Im Koalitionsvertrag sei vereinbart worden, der Baurechtsverwaltung in Baden-Württemberg im Jahr 2023 ein „virtuelles Bauamt“ zur Verfügung zu stellen. Das virtuelle Bauamt solle neben der Einreichung von Bauanträgen auch die Weiterbearbeitung und die Erteilung der baurechtlichen Entscheidungen digital und landesweit einheitlich sicherstellen sowie die rechtssichere Kommunikation mit den Antragstellern inklusive der Bekanntmachung und Zustellung der baurechtlichen Entscheidungen ermöglichen.
Die Digitalisierung baurechtlicher Verfahren führe nicht nur zur Modernisierung der Verwaltung, sondern auch zu Prozessoptimierungen und letztlich zum Bürokratieabbau. Zum einen könnten zügiger Baugenehmigungen erteilt werden, um so insbesondere die Schaffung weiteren Wohnraums voranzutreiben. Zum anderen führe die Digitalisierung auch zu Kostenersparnissen etwa durch geringere Druck-, Versand- und Personalkosten in der Verwaltung, berichtete die Ausschussvorsitzende.
Ein weiteres Thema in der Ausschusssitzung waren Möglichkeiten durch den innovativen Holzbau. Die Antragsteller der Fraktion FDP/DVP hätten ausgeführt, dass im modernen Holzbau Potenziale etwa in der kurzen Bauzeit, in der Verwendung nachhaltiger Rohstoffe und in der effizienten Flächennutzung liegen. Insbesondere für innovative Hochhäuser könne der Holzbau eine neue Möglichkeit bieten.
Die Landesregierung hat Staab zufolge dieser Auffassung zugestimmt und die Bedeutung des Holzbaus betont. Grundsätzlich sollte bei der Planung von Gebäuden und der Wahl von Baustoffen ein technologieoffener und baustoffneutraler Ansatz verfolgt werden, um die optimale Lösung zu finden. Holz biete dabei eine ganze Reihe an Vorteilen: zum Beispiel weniger energieintensive Verarbeitung, günstige Auswirkungen auf die Ökobilanz, Wiederverwendung, besondere Eignung für die Digitalisierung der Planungs- und Fertigstellungsprozesse, schnelle Bauabläufe und lärm- und emissionsarme Baustellen aufgrund eines hohen Vorfertigungsgrads.
Als Strategie für klimagerechtes Bauen setze das Bundesland Baden-Württemberg daher durch die Holzbau-Offensive seit 2018 innovative und wirkungsvolle Anreize und Impulse für eine klimaschonende und nachhaltige Baukultur. Im Zuständigkeitsbereich der Staatlichen Vermögens- und Hochbauverwaltung kämen Holz- und Holz-Hybridkonstruktionen seit vielen Jahren zum Einsatz. Im neuen Energie- und Klimaschutzkonzept für Landesliegenschaften sei festgelegt, dass der Einsatz klimagerechter Baustoffe wie bei Holz- und Holz-Hybridkonstruktionen weiter gestärkt werden solle. Der Holz-Hybridbau sei für gewerbliche Vorhaben, mehrgeschossiges Bauen und vielfältige Sonderbauten gleichermaßen geeignet wie für den weiter verbreiteten, kleiner dimensionierten Wohnbau. Der Holz-Hybridbau habe sich in den vergangenen Jahren insbesondere in Baden-Württemberg von einer Nischenbranche zu einer nachhaltigen und wirtschaftlichen Alternative im Bausektor entwickelt. Beispiele aus dem Holz Innovativ Programm (HIP) seien mehrgeschossige Bürogebäude wie das Landratsamt Waiblingen oder Wohn-Hochhäuser wie das BUGI 52 in Freiburg.
Zudem befasste sich der Ausschuss Christiane Staab zufolge mit innovativen Bauarten und Baustoffen sowie den dafür erforderlichen Genehmigungen. In der Landesbauordnung werde zwischen geregelten und ungeregelten Bauarten und Bauprodukten unterschieden. Ungeregelte, also nicht in den Technischen Bestimmungen aufgenommene Bauarten und Bauprodukte müssten demnach eine Zulassung erhalten, um eingesetzt werden zu dürfen. Ein Schwerpunkt der Beratung des Themas habe auf der Anwendung von ultrafestem Beton (Ultra High Performance Concrete) gelegen. Dabei handele es sich um Beton, der im Gegensatz zu „Normalbeton“ über weitere Zusatzstoffe verfüge und damit besondere Produkteigenschaften wie besonders hohe Dichtigkeit und Festigkeit habe.
Nach Angaben der Landeregierung seien im Jahr 2022 von der Landesstelle für Bautechnik 172 dieser innovativen Verfahren genehmigt worden, zum Beispiel im Bereich Betonbau, Dämmstoffe, Brandschutz und Fassadenbau. Individuelle Betrachtungen neuer Bauarten und Baustoffe seien unerlässlich. Die Landesbauordnung biete mit der Zustimmung im Einzelfall (ZiE) bzw. der vorhabenbezogenen Bauartgenehmigung (vBG) für ein einzelnes Bauvorhaben die notwendigen Instrumente an. Damit würden Abweichungen von den geltenden Technischen Baubestimmungen ermöglicht. Neu entwickelte Bauprodukte könnten so, unter Gewährleistung eines ausreichenden Sicherheitsniveaus, eingesetzt werden, lange bevor die Produktentwicklungen Eingang in das technische Normenwerk gefunden hätten. Diese Verfahren seien bereits in zahlreichen Fällen für die Entwicklung und Markteinführung innovativer, sicherer und erfolgreicher Bauprodukte und Bauarten genutzt worden, fasste Staab die Ausführungen zusammen.
Sozialausschuss befasst sich mit psychischer Gesundheit von Kindern und Jugendlichen
Stuttgart. Der Ausschuss für Soziales, Gesundheit und Integration hat in seiner Sitzung am Mittwoch, 25. Oktober 2023, über psychische Erkrankungen und Suizidversuche von Kindern und Jugendlichen in Baden-Württemberg, gerade auch infolge der Belastungen durch die Coronapandemie, gesprochen. Das hat der Ausschussvorsitzende Florian Wahl (SPD) mitgeteilt.
Wie der Ausschussvorsitzende berichtete, erfragten die Antragstellenden der SPD-Fraktion vor allem die aktuelle Lage bei Therapieplätzen und den teils langen Wartezeiten bei Kinder- und Jugendpsychiatrien im Land. „Wir können davon ausgehen, dass die Coronapandemie zu einem deutlichen Zuwachs von psychischen Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen in den letzten Jahren führte“, so Wahl. Die Antragstellenden hätten im Ausschuss auf den immer noch schwierigen Zugang zu Hilfsangeboten aufmerksam gemacht. Es gebe trotz der ausgeweiteten Förderung nach wie vor zu wenig Therapieplätze und lange Wartezeiten für betroffene Kinder und Jugendliche. Besonders tabuisiert sei weiterhin das Thema Suizid. Die Suizidprävention im Land müsse dringend gestärkt werden. Ein konkreter Ansatz in Baden-Württemberg, die Arbeitskreise Leben e.V., sei bislang nicht flächendeckend ausgeweitet.
In der Beantwortung des Antrags habe das Sozialministerium unter Berufung auf Studien des Robert-Koch-Instituts (RKI) und des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) zugestimmt, dass die Belastung von Kindern und Jugendlichen seit Beginn der Pandemie erheblich gestiegen sei. Hinsichtlich der psychischen Auffälligkeiten sei laut UKE-Studie die Zahl der Kinder und Jugendlichen von 18 Prozent vor der Pandemie auf 27 Prozent im Herbst 2021 gestiegen. Neben den Auswirkungen der Pandemie fühlten sich die befragten Kinder und Jugendlichen auch durch weitere äußere Faktoren wie die Energiekrise, den Ukrainekrieg und den Klimawandel belastet. Kinder und Jugendliche aus sozial schwächeren Verhältnissen seien in allen Befragungsrunden überdurchschnittlich stärker betroffen. Erhebungen der DAK für Baden-Württemberg zeigten einen erheblichen Anstieg depressiver Erkrankungen, Jugendliche von 15 bis 17 Jahren seien mit einem 1,7-fachen Anstieg bei Jungen und einer verdoppelten Erkrankungszahl bei Mädchen besonders betroffen.
Sozialminister Manfred Lucha (Grüne) habe laut Wahl im Ausschuss zugestimmt, dass in Baden-Württemberg aktuell nicht ausreichend Jugendpsychiaterinnen und -psychiater niedergelassen seien. Die Pandemie haben bei jungen Menschen vielfach eine natürliche Resilienzentwicklung verhindert. Das Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration stelle derzeit die bisherige Bedarfsplanung in der Kinder- und Jugendpsychiatrie auf den Prüfstand. In einem ersten Schritt sollen zunächst 136 zusätzliche Betten und Plätze, die das Land zunächst auf zwei Jahre befristet ausgewiesen hatte, dauerhaft zur Verfügung stehen. In einem zweiten Schritt solle ein neues Gesamtkonzept für die Bedarfsberechnung in der Kinder- und Jugendpsychiatrie erarbeitet werden, fasste Wahl die Ausführungen von Ministeriumsseite zusammen.
Europaausschuss beschließt Antrag zum Verordnungsvorschlag über aus genomischen Techniken gewonnene Pflanzen
Stuttgart. Der Minister für wirtschaftliche Entwicklung in der Lombardei, Guido Guidesi und die Sekretärin für Dialogpolitik in Katalonien, Gina Tost, sind am Mittwoch, 25. Oktober 2023 zu Gast im Ausschuss für Europa und Internationales. Außerdem hat sich der Ausschuss mit einem Verordnungsvorschlag über mit bestimmten neuen genomischen Techniken gewonnene Pflanzen sowie daraus gewonnenen Lebens- und Futtermitteln befasst, einer Unterrichtung des Landtags in EU-Angelegenheiten. Das hat der Vorsitzende Willi Stächele (CDU) mitgeteilt. „Wir haben hierzu mit großer Mehrheit einen Antrag beschlossen, in dem wir die Landesregierung u.a. ersuchen, sich für eine verantwortungsbewusste und innovative Landwirtschaft einzusetzen“, betonte Stächele.
Die EU-Verordnung ist Stächele zufolge unmittelbar wirksames Recht und regelt die absichtliche Freisetzung und das Inverkehrbringen von Pflanzen, die mit neuen genomischen Techniken gezüchtet wurden, sog. NGT-Pflanzen (new genomic techniques) sowie die aus ihnen gewonnenen Lebens- und Futtermittel. Die Regelungen betreffen sowohl die baden-württembergische Landwirtschaft, den ökologischen Landbau als auch die baden-württembergische Forschungs- und Wissenschaftslandschaft. Die Neuregelungen beziehen sich auf Pflanzen, die etwa mit gezielter Mutagenese gewonnen wurden, d.h. in die keine artfremde DNA eingebracht wurde. Mit der Neuregelung will die Kommission die Zulassungsverfahren und die Anforderungen an die Risikobewertung an die Vielfalt der potenziellen Pflanzenprodukte anpassen, die Probleme bei der Um- und Durchsetzung der derzeitigen Gesetzgebung angehen und die Entwicklung innovativer Produkte für ein nachhaltiges Agrar- und Ernährungssystem fördern.
„Die baden-württembergische Landwirtschaft setzt auf hochwertige Lebensmittel, naturnahen und biologischen Anbau und profitiert im ökologischen Bereich in hohem Maße wirtschaftlich vom Umsatz von Lebensmitteln ohne Einsatz von Gentechnik“, hob Willi Stächele ein Anliegen des gemeinsamen Antrags von Grünen, CDU und SPD hervor. Die Antragsteller hätten festgestellt, dass der Verordnungsvorschlag der EU-Kommission viele Fragen im Hinblick auf die Umsetzung des Vorsorgeprinzips, der Transparenz oder der Rückverfolgbarkeit genetischer Ressourcen offenlasse. „Mit dem gemeinsamen Antrag hat der Europaausschuss auf verschiedene Problematiken hingewiesen“, so Stächele.
Zuvor tauschte sich das Gremium mit Staatssekretärin Gina Tost (Katalonien) und Minister Guido Guidesi (Lombardei) aus, die beide die Stärken des Netzwerks „Vier Motoren für Europa“ betonten. Tost führte u.a. aus, dass Katalonien eine der wirtschaftsstärksten Regionen Spaniens sei mit rund acht Millionen Einwohnern. Sie berichtete von den großen politischen Konflikten im Land und dass Katalonien gegenüber der EU den Antrag gestellt habe, Katalanisch künftig zu den offiziellen Sprachen zu zählen. Herausforderungen seien in Katalonien die gleichen wie in Europa. Tost nannte den Klimawandel, die Digitalisierung und die Künstliche Intelligenz.
Guido Guidesi verwies darauf, dass die Lombardei der wirtschaftliche Motor Italiens sei. Obwohl die Lombardei nur acht Prozent des italienischen Territoriums ausmache, produziere sie etwas mehr als 20 Prozent des wirtschaftlichen Reichtums Italiens, was die industrielle Produktion angehe etwa 25 Prozent. Der Minister vertrat die Ansicht, dass mehr Autonomie auf regionaler Ebene in der Lombardei letztlich auch zu mehr Mitsprache in der EU führen könne. Die Lombardei sei weiterhin offen für strategische und wirtschaftliche Zusammenarbeit, besonders in den „Vier Motoren“.
„In vielen Bereichen haben wir die Gemeinsamkeiten herausgehört“, unterstrich Willi Stächele. Übergreifende regionale Zusammenarbeit sei in der heutigen Zeit sehr wichtig. Im anschließenden Gespräch seien die Themen Bildung und Ausbildung sowie der Fachkräftemangel thematisiert worden. Am Abend sind Guidesi und Tost zu Gast bei der von Wirtschaftsministerium und Staatsministerium ausgerichteten Incoming-Mission unter dem Titel „Künstliche Intelligenz in der industriellen Anwendung: Herausforderungen, Projekte und Forschung“.
Hintergrund
Am 9. September 1988 unterzeichneten die Regionen Auvergne-Rhône-Alpes (Frankreich), Baden-Württemberg (Deutschland), Katalonien (Spanien) und Lombardei (Italien) ein Kooperationsabkommen zur Gründung des Netzwerks der „Vier Motoren für Europa“. Alle vier Regionen sind stark in den Bereichen Wirtschaft und Forschung. Zusammen umfassen die Vier Motoren für Europa 36 Millionen Einwohner.
Debatte über mehr Tempo im Ausbau von Bundesstraßen
Stuttgart. Der Verkehrsausschuss hat sich in seiner Sitzung am Donnerstag, 19. Oktober 2023, mit der Haltung der Landesregierung zur Auftragsverwaltung des Landes für den Bund im Bereich der Bundesfernstraßen befasst. Das berichtete der Ausschussvorsitzende Rüdiger Klos (AfD). Die Qualitätssicherung im Schienenpersonennahverkehr am Beispiel der Filstalbahn sei ein weiteres Beratungsthema gewesen.
Die Auftragsverwaltung des Landes für den Bund die Bundesfernstraßen betreffend thematisierte der Ausschuss auf Initiative der SPD, die dazu gleich zwei Anträge gestellt hatte. Die Sozialdemokraten griffen damit die Ankündigung von Wirtschaftsminister Winfried Hermann (Grüne) auf, den Regierungspräsidien Freiburg und Tübingen mit Blick auf einzelne Projekte die Zuständigkeit für den Bundesstraßenausbau entziehen und an die DEGES (Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH) übergeben zu wollen. Dies dürfe nicht ohne Beteiligung des Landtags geschehen, so die SPD in ihren Anträgen. Insbesondere müsse der Minister darlegen, warum er Projekte an die DEGES delegieren wolle und welche Projekte dafür in Frage kämen.
Nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Klos erklärte der Minister vor dem Ausschuss, er wolle die DEGES in Abstimmung mit den Präsidien einschalten, um besonders komplexe Straßenbauvorhaben zu beschleunigen. Durch Personalengpässe in den zuständigen Regierungspräsidien verlängerten sich Bauzeiten teils „unerträglich“. Die DEGES, ein Gemeinschaftsunternehmen von Ländern und Bund, könne Abhilfe schaffen, so prioritär beispielsweise mit Blick auf den Ausbau der B 33 bei Allensbach und der B 27 am Echterdinger Ei bei Filderstadt.
Während die CDU den Minister fürs Tempomachen gelobt habe, hätten SPD und FDP/DVP sich kritisch geäußert, berichtete Klos. Die SPD habe hinterfragt, ob es Sinn mache, die B 33 mitten im Bau der DEGES zu überantworten. Das RP Freiburg müsse darin ein Misstrauensvotum sehen. Die Liberalen hätten erklärt, es sei alarmierend, wenn die Landesverwaltung nicht mehr in der Lage sei, große Bauprojekte in angemessener Bauzeit zu Ende zu bringen, so der Ausschussvorsitzende. Das Verkehrsministerium müsse darlegen, wie dem Personalmangel beizukommen sei und die Regierungspräsidien besser ausgestattet werden könnten. Es bestehe der Verdacht, dass das Ministerium diesbezüglich falsche Schwerpunkte setze.
Auf Antrag der FDP/DVP diskutierte der Ausschuss die Qualitätssicherung im Schienenpersonennahverkehr am Beispiel der Filstalbahn. Dazu hatten die Liberalen einen umfangreichen Fragenkatalog an das Ministerium gerichtet, der ausführlich beantwortet worden war. In der Sitzung bekräftigte die FDP/DVP nach Angaben von Klos, Verspätungen und unzureichende Kapazitäten auf der Filstalstrecke stünden beispielhaft dafür, wie unattraktiv der Schienenpersonennahverkehr und damit auch der Öffentliche Personennahverkehr in Baden-Württemberg derzeit sei.
Der Minister habe sich ebenfalls unzufrieden gezeigt, und dies nicht nur angesichts der Probleme auf Filstalbahn, so Klos. Man arbeite mit Hochdruck daran, die Lage im Schienenverkehr insgesamt zu verbessern, habe er erklärt. Dort, wo man die zu lange vernachlässigte Infrastruktur bereits habe erneuern können, laufe es besser. Zugleich habe der Minister eindringlich davor gewarnt, den Schienenpersonenverkehr systematisch schlechtzureden. Trotz bestehender Mängel sei das Angebot in der Fläche so gut wie noch nie.
Ausschuss bewilligt Finanzhilfen für Stärkung des Wasserstoffstandorts Baden-Württemberg
Stuttgart. Der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus hat sich in seiner Sitzung am Mittwoch, 18. Oktober 2023, mit der Forderung der Landesregierung nach Einführung einer Elementarschaden-Pflichtversicherung sowie mit der Schadensersatzforderung des Landes gegenüber der Expo-Projektgesellschaft befasst. Das berichtete der Ausschussvorsitzende Dr. Erik Schweickert (FDP/DVP). Beschlossen wurden demnach auch Finanzhilfen in Höhe von insgesamt rund 55 Millionen Euro. Unter anderem für Projekte, die den Markthochlauf von Wasserstofftechnologien in Baden-Württemberg unterstützen.
Mit der von der Landesregierung vom Bund geforderten Elementarschaden-Pflichtversicherung beschäftigte sich der Ausschuss auf Antrag der FDP/DVP. Sie hatte dazu einen umfangreichen Fragenkatalog an die Landesregierung gerichtet und insbesondere wissen wollen, wie die Einführung einer Pflichtversicherung begründet wird und welche Handlungsalternativen es gibt. Aus der Beantwortung durch das zuständige Justizministerium geht hervor, dass die Landesregierung mit einer Häufung von Extremwetterereignissen aufgrund des Klimawandels rechnet. Vor diesem Hintergrund sei die Versicherung von Wohngebäuden gegen Elementarrisiken nicht ausreichend, da bundesweit nur rund die Hälfte aller Gebäudeeigentümer über eine Elementarschadensversicherung verfüge. Während diese Eigentümer auf eigene Kosten Verantwortung übernähmen und damit die Solidargemeinschaft entlasteten, werde an anderer Stelle bei Naturkatastrophen der Ruf nach staatlichen Hilfen laut.
Um die finanziellen Belastungen von extremen Unwetterereignissen für den Haushalt von Baden-Württemberg abzumildern, sei kein gleich geeignetes Instrument wie eine bundesweite Pflichtversicherung erkennbar, so das Ministerium. Im Südwesten bestehe historisch bedingt eine sehr hohe Versichertenquote von 94 Prozent. Dies führe dazu, dass im Katastrophenfall das Land über den Bund-Länder-Lastenausgleich für betroffene Länder mitbezahle, in denen eine hohe Anzahl der Betroffenen nicht über eine Versicherung verfügten.
Die Liberalen gaben sich nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Dr. Schweickert nicht zufrieden und erklärten, der Staat dürfe sich nicht in alles einmischen. Es gelte, die Eigenverantwortung der Bürger zu stärken. Vertreter von Grünen, CDU und AfD sprachen sich laut Dr. Schweickert dagegen für eine Pflichtversicherung aus. Es gehe nicht an, dass das Land zur Kasse gebeten werde, weil die Vorsorge anderswo nicht ausreichend sei. Staatssekretär Dr. Patrick Rapp (CDU) habe in Vertretung von Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) erklärt, das Land werde im Wege einer gemeinsamen Bundesratsinitiative mit Nordrhein-Westfalen darauf drängen, dass es eine bundesweite Regelung zur Pflichtversicherung geben werde.
Ebenfalls auf Antrag der FDP/DVP thematisierte der Ausschuss die Schadensersatzforderung des Landes gegenüber der Projektgesellschaft der Expo 2020 Dubai. Zu wesentlichen Einzelheiten der zum Jahresende 2022 eingereichten Klage gegen die Projektgesellschaft mit dem Ziel, den Anspruch des Landes auf Kostenersatz durch das Landgericht Stuttgart feststellen zu lassen, äußerte sich das Wirtschaftsministerium in seiner Antwort nicht. Es handle sich um einen nicht abgeschlossenen Vorgang im Kernbereich exekutiven Handelns, der einen besonderen Schutz gegenüber dem parlamentarischen Fragerecht genieße, so die Begründung.
Die Landesregierung äußerte sich hingegen zu den bisher aufgelaufenen Kosten des Rechtsstreits inklusive eines vorgeschalteten Rechtsgutachtens. Diese beliefen sich bis Ende August 2023 auf rund 660.000 Euro.
Nach Angaben Dr. Schweickerts, der die Sitzungsleitung zeitweise an Katrin Schindele (CDU) als stellvertretende Ausschussvorsitzende übergab, kritisierten die Liberalen das Verhalten des Ministeriums scharf. Das parlamentarische Informationsrecht sei durch die Verfassung geschützt. Nur wenn das Parlament informiert sei, könne es seine Kontrollfunktion wahrnehmen, habe die FDP/DVP erklärt, so Dr. Schweickert. Die „pauschale Auskunftsverweigerung“ sei nicht akzeptabel und offensichtlich nicht ausreichend gegen die Rechte der Abgeordneten abgewogen. Die SPD habe dem beigepflichtet und darauf hingewiesen, dass das Ministerium bisher kooperativ gewesen sei, nun aber plötzlich weitere Informationen verweigere.
Die Grünen zeigten demgegenüber nach Angaben von Dr. Schweickert Verständnis für das Wirtschaftsministerium. Im laufenden Rechtsstreit sei eine umfassende Information des Parlaments nicht opportun. Es sei aber unstrittig, dass diese Information erfolgen müsse, wenn der passende Zeitpunkt gekommen sei. Staatssekretär Dr. Rapp habe in der Sitzung die verschriftlichte Position des Ministeriums bekräftigt, so der Ausschussvorsitzende. Er sagte aber eine abermalige Prüfung zu, ob man dem Ausschuss noch weitere Informationen geben könne, eventuell auch in einer geheimen Sitzung. Dr. Rapp habe erklärt, die Entscheidung dazu liege bei der Ministerin.
Zudem kündigte Dr. Rapp nach Aussagen Dr. Schweickerts an, dass in der kommenden Woche letztmalig eine Aufforderung zur Rückmeldung an die 60.000 Coronasoforthilfe-Empfänger ergehen werde, die eine solche bisher schuldig geblieben sind. Auch die drohenden Konsequenzen würden nochmals deutlich gemacht werden. Nachdem der Ausschuss ein solches Vorgehen bereits in seiner September-Sitzung begrüßt hatte, betonte Dr. Schweickert nochmals, dass der Ehrliche nicht der Dumme sein dürfe. „Alle Soforthilfe-Empfänger müssen gleichbehandelt werden. Entsprechend müssen auch die bisher fehlenden 60.000 Rückmeldungen eingeholt werden. Das gebietet schlicht die Fairness gegenüber den 91.000 Unternehmen, die bisher Rückzahlungsbedarf angemeldet haben“, so der Ausschussvorsitzende.
Weiter berichtete er, dass der Ausschuss Finanzhilfen in Höhe von insgesamt rund 55 Millionen Euro bewilligte. Davon profitieren unter anderem Projekte, die den Markhochlauf für Wasserstofftechnologien in Baden-Württemberg unterstützen sollen. „Wasserstoff wird der wichtigste Rohstoff der Zukunft sein. Es ist deshalb wichtig, dass wir als Land Investitionen in diesem Bereich fördern, um weiterhin ein starker Wirtschaftsstandort zu bleiben“, kommentierte Dr. Schweickert die genehmigten Gelder.
Im Einzelnen wurden Fördermittel für folgende Projekte bewilligt:
Unternehmen | Fördervorhaben | Förderung |
Daimler Truck – Projekt „PEGASUS“, Leinfelden-Echterdingen, Stuttgart, Mannheim und Gaggenau | Betrieb von innovativen, emissionsfreien Schwerlast-Brennstoffzellen-LKW im kommerziellen Fernverkehr | 49.617.000 Euro |
H2 Mobility Deutschland GmbH & Co. KG – Projekt „SENECA“, Mannheim |
Wasserstofftankstelle – Standort Mannheim. Ausbau einer europäisch vernetzten Wasserstoffbetankungs-infrastruktur | 2.172.000 Euro |
Shell Deutschland GmbH – Projekt „H2Accelerate“, Ulm-Dornstadt | Wasserstofftankstelle – Standort Ulm. Ausbau einer europäisch vernetzten Wasserstoffbetankungs-infrastruktur | 2.603.000 Euro |
CyberForum Service GmbH, Karlsruhe | Errichtung einer zentralen Service-Einheit im Rahmen der regionalen Exzellenzzentren für Künstliche Intelligenz (KI) in den Regionen Stuttgart, Karlsruhe und Neckar-Alb sowie an den Standorten Ulm, Ostalbkreis und Freiburg | 600.000 Euro |
Bildungsausschuss berät über Schulwegpläne
Stuttgart. Der Ausschuss für Kultus, Jugend und Sport hat in seiner Sitzung am Donnerstag, 19. Oktober 2023, über den aktuellen Stand bei den von Kultus-, Innen- und Verkehrsministerium gemeinsam veranlassten Geh- und Radschulwegplänen diskutiert. Das hat die Ausschussvorsitzende Petra Häffner (Grüne) berichtet. „Für alle öffentlichen allgemeinbildenden Schulen in Baden-Württemberg sollen Schulwegpläne erstellt und alle drei Jahre aktualisiert werden“, teilte Häffner mit.
„Diese Mobilitätsfragen, die Verkehrssicherheit auf dem Schulweg ebenso wie mehr Bewegung im Alltag sind elementar für eine gesunde Entwicklung der Kinder“, so Häffner. Der Ausschuss diskutierte auf Antrag der Grünen-Fraktion über die Sicherheit der Schulwege und wie Schülerinnen und Schüler für einen selbständigen Weg zur Schule bestärkt werden können. Die Antragstellenden betonten Häffner zufolge, dass regelmäßig überarbeitete Geh- und Radschulwegpläne ein wichtiges Instrument darstellten, um Schülerinnen und Schüler von Grundschulen und weiterführenden Schulen sowie deren Familien zu motivieren, den Schulweg selbständig zurückzulegen. Noch immer würden Schulkinder regelmäßig mit dem sogenannten Elterntaxi zur Schule gefahren mit der Begründung, der Schulweg sei nicht sicher. Die Ausweisung geeigneter Geh- und Radschulwege sowie die Kennzeichnung von Gefahrenstellen auf den Schulwegen sei von elementarer Bedeutung, um gegenzusteuern und die Sicherheit der Kinder auf ihrem täglichen Weg zur Schule zu erhöhen.
Kultusministerin Theresa Schopper (Grüne) habe im Ausschuss erklärt, die Erstellung und Überarbeitung von Schulwegplänen sei grundsätzlich kommunale Aufgabe. Die Pläne würden in Zusammenarbeit von Schule, Kommune, Straßenverkehrsbehörden und Polizei sowie gegebenenfalls weiteren Akteuren erstellt, so Häffner. „Insgesamt verfügen etwa 80 Prozent der Grundschulen und rund 60 Prozent der weiterführenden Schulen über einen Gehschulwegplan“, gab Häffner die Angaben von Ministeriumsseite wieder. Der konkrete Erstellungsprozess sei seit Jahren fester Bestandteil des Erlasses „Sicherer Schulweg“.
Vonseiten der Opposition sei darauf verwiesen worden, dass 20 Prozent der Schulen ohne Schulwegpläne angegeben hätten, nicht zu wissen, wie Geh- und Radwegpläne erstellt werden. 33 Prozent hätten mitgeteilt, dass sie keine Kenntnisse darüber hatten, dass ein Schulwegplan erstellt werden müsse. Das Land stelle mit dem Schulwegplaner BW ein digitales Werkzeug zur Erstellung von Schulwegplänen zur Verfügung, fasste Häffner die Ausführungen Schoppers zusammen. Detaillierte Anforderungen an einen Schulwegplan seien in einem Leitfaden (https://www.bast.de/Schulweg/leitfaden.pdf) der Bundesanstalt für Straßenwesen beschrieben. Ein Leitfaden für Baden-Württemberg werde aktuell im Rahmen der interministeriellen Landesinitiative MOVERS – Aktiv zur Schule erstellt.
Die Gremiumsmitglieder seien sich fraktionsübergreifend darin einig gewesen, dass Familien darin unterstützt und dazu motiviert werden sollten, Kinder auch im Grundschulalter zu einem selbständigen Weg zur Schule anzuregen.
Landwirtschaftsausschuss berät über Kälbertransporte ins Ausland
Stuttgart. Der Ausschuss für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz hat sich in seiner Sitzung am Donnerstag, 18. Oktober 2023, auf Antrag der SPD mit den Bedingungen von Kälbertransporten ins Ausland beschäftigt. Das hat der Ausschussvorsitzende Martin Hahn (Grüne) mitgeteilt.
In ihrem Antrag zum Kälbertransport ins Ausland erfragten die Antragstellenden der SPD-Fraktion beim Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, wie viele Transporte nicht abgesetzter Kälber es aus Baden-Württemberg ins Ausland gebe und wie Verstöße gegen Transport- und Tierschutzvorschriften hier festzustellen seien. Der Transport sehr junger, nicht abgesetzter Kälber aus Milchviehbetrieben sei problematisch, da die erforderliche Versorgung während des Transports kaum sichergestellt werden könne. Zudem stellte der Antrag Fragen nach Maßnahmen zur Reduktion von Kälbertransporten generell, wie Hahn darlegte.
Sowohl die Anzahl der Transporte ins Ausland als auch die Anzahl der transportierten Kälber hätten sich im Vergleich zu den Vorjahren deutlich verringert, gab der Ausschussvorsitzende die Ausführungen von Ministeriumsseite wieder. 2021 seien noch 45 Transporte mit 9.216 nicht abgesetzten Kälbern aus Baden-Württemberg abgefertigt worden, 2022 nur noch 16 Transporte mit 3.572 Kälbern. Im Jahr 2023 seien es bislang neun Transporte mit 1.983 Kälbern gewesen. Das Ministerium wies Hahn zufolge darauf hin, dass die EU-Berichterstattung zu den bei Rindertransporten durchgeführten Kontrollen keine Differenzierung im Hinblick auf Kälbertransporte vorsehe. Die Verstöße gegen Transport- und Tierschutzvorschriften im Zusammenhang mit Rindertransporten seien rückläufig. Auf Nachfrage des Ministeriums seien aus den Regierungsbezirken Stuttgart und Karlsruhe für das laufende Jahr bei Unterwegskontrollen von Transporten keine Verstöße gemeldet worden, in Tübingen und Freiburg habe es wenige Einzelfälle gegeben, zu denen allerdings auch Dokumentationsmängel oder Mängel beim Fahrzeug gehörten.
Das Ministerium habe in seiner Antwort betont, dass regelmäßige, stichprobenhafte, nichtdiskriminierende Kontrollen von Tiertransporten während der Beförderung stattfänden. Das Ziel sei, dass lange Beförderungen von Kälbern aus Baden-Württemberg künftig nur mit Fahrzeugen durchgeführt werden, die nach Empfehlungen des Friedrich-Löffler-Institutes über die technischen Voraussetzungen für Langstreckentransporte verfügen, so Hahn weiter. Auf europäischer Ebene habe die EU-Kommission angekündigt, die EU-Rechtsvorschriften zum Tierschutz zu überarbeiten.
Innenausschuss berät über Stand bei der Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes
Stuttgart. Der Innenausschuss des Landtags hat sich in seiner Sitzung am Mittwoch, 18. Oktober 2023, auf Antrag der Fraktion FDP/DVP mit dem Stand der Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes (OZG) befasst. Vor allem ging es um die Frage, wie die Landesregierung die beschlossenen Mittel in Höhe von 80 Millionen Euro für weitere Schritte auf dem Weg zur digitalisierten Verwaltung einsetzen will. Das teilte der Vorsitzende des Gremiums, der CDU-Abgeordnete Ulli Hockenberger, mit.
Die Landesregierung sieht nach Angaben Hockenbergers in der Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes eine Daueraufgabe. Auf die Frage, welcher Gesamtbedarf für die Umsetzung des Projekts voraussichtlich benötigt werde, habe die Regierung geantwortet, dass die Nennung eines absolut gültigen Bedarfs kaum möglich sei. Im Staatshaushaltsplan 2023/2024 sei eine Rücklage für Maßnahmen zur Umsetzung des OZG sowie des Registermodernisierungsgesetzes eingeplant worden. Diese Rücklage belaufe sich auf 94 Millionen Euro für das Jahr 2023 und 23 Millionen Euro für das Jahr 2024. Hiervon seien zur Umsetzung des OZG 80 Millionen Euro vorgesehen. Aus dieser OZG-Rücklage sollen die Ressorts ihren finanziellen Mehraufwand für die Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes decken, berichtete der Ausschussvorsitzende.
Im Juni 2023 habe der Ministerrat eine ganze Reihe an konkreten Maßnahmen zur Umsetzung des OZG beschlossen, die fast alle Ministerien betreffen. Dazu zählten zum Beispiel im Zuständigkeitsbereich des Staatsministeriums die Digitalisierung des Gesetzblattes (90.000 Euro) sowie im Bereich des Innenministeriums die Einrichtung einer OZG-Geschäftsstelle (ca. 2,7 Millionen Euro), die elektronische Wohnsitzanmeldung (ca. eine Million Euro) und waffenrechtliche Erlaubnisse (528.000 Euro). Im Bereich des Kultusministeriums gehörten etwa digitale Schulzeugnisse (ca. eine Million Euro) und eine Schüleranmeldung (760.000 Euro) sowie im Bereich des Umweltministeriums die Entwicklung 30 digitaler Verwaltungsleistungen wie Immissionsschutz, Strahlenschutz oder Bergbau (ca. 2,8 Millionen Euro) dazu.
Beim Sozialministerium zählten zu den Projekten zum Beispiel Onlineleistungen im Bereich Gesundheit, Arzneimittel- und Medizinprodukteversorgung sowie Familie und Kind. Beim Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz würden die Online-Registrierung Tierhaltung und eine zentrale IT-Architektur für den gesundheitlichen Verbraucherschutz digitaler gestaltet. Weitere Maßnahmen würden vom Finanz-, Wirtschafts- und Justizministerium sowie vom Ministerium für Landesentwicklung und Wohnen umgesetzt, sagte Ulli Hockenberger.
Die beschlossenen Maßnahmen beliefen sich nach aktuellem Stand auf rund 68,8 Millionen Euro. Weitere Maßnahmen seien derzeit in Abstimmung und würden zur gegebenen Zeit dem Ministerrat zur Beschlussfassung vorgelegt. Die Regierung habe darauf hingewiesen, dass die Umsetzung der Maßnahmen nicht zwingend Ende des Jahres 2024 ende. Insbesondere der flächendeckende Rollout bei den kommunalen Vollzugsbehörden im Land werde nicht für alle Maßnahmen bis Ende 2024 abgeschlossen werden können. Darüber hinaus handele es sich bei der OZG-Umsetzung um eine Dauer- und Querschnittsaufgabe. Bestehende Onlinedienste müssten fortlaufend betrieben, gepflegt und eventuell an Rechtsänderungen oder den sich verändernden Stand der Technik angepasst werden. Durch die im OZG-Änderungsgesetz, das sich derzeit noch im Entwurf befinde, enthaltenen Regelungen (Digital-Only für Unternehmensleistungen, Ende-zu-Ende-Digitalisierung oder Umsetzung des Once-Only-Prinzips durch Registeranbindung) würden fortlaufend Anpassungen an bestehende und noch umzusetzende Onlinedienste bereits von Gesetzes wegen notwendig werden.
Nach Angaben Hockenbergers habe die Regierung darüber hinaus ausgeführt, dass das Land die Kommunen bereits seit Inkrafttreten des OZG im Jahr 2017 unterstütze. Ziel sei es, bei den Landkreisen, Städten und Gemeinden das Bewusstsein für die Verwaltungsdigitalisierung zu fördern und zugleich die Bereitschaft für Digitalisierungsprojekte zu erhöhen. Zum einen stelle das Land auf der E-Government-Plattform service-bw den Kommunen zahlreiche Onlinedienste zur lizenzkostenfreien Nutzung bereit. Zum anderen fördere die Landesregierung in jedem Landkreis jeweils eine Stelle zuzüglich insgesamt drei Stellen bei den Kommunalen Landesverbänden für sogenannte E-Government-Koordinatorinnen und -Koordinatoren.
Akademisierung der Pflege- und Therapieberufe in Baden-Württemberg
Stuttgart. Wie weit ist die Akademisierung der Pflege- und Therapieberufe in Baden-Württemberg fortgeschritten? Welcher Weg muss noch gegangen werden und welche Maßnahmen muss die Landesregierung ergreifen? Mit diesen Fragestellungen hat sich der Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kunst auf Antrag der SPD-Fraktion in seiner Sitzung am Mittwoch, 18. Oktober 2023, befasst. Das hat die Vorsitzende Nese Erikli (Grüne) mitgeteilt.
„Die Materie ist komplex, viele verschiedene Partner arbeiten mit. Aber alle wollen im Bereich der Gesnundheitsfachberufe vorankommen,“ gab Nese Erikli die Auffassung von Ministerin Olschowski wieder. „Die Studienanfängerplätze in den Hebammenwissenschaften erfreuen sich einer sehr hohen Nachfrage an allen Standorten“, so die Ausschussvorsitzende. Die Anzahl an Bewerberinnen und Bewerbern sei wesentlich höher als die Anzahl der Studienplätze. Die Situation der Bewerbungen in den Studiengängen der Pflegewissenschaft verhalte sich im Vergleich zu den Vorjahren konstant, eine Vollauslastung bestünde nicht. Die Situation der Bewerbungen in den Studiengängen der Therapiewissenschaften Fachbereiche Ergotherapie, Logopädie und Physiotherapie gingen auseinander. Während an manchen Studienorten eine Auslastung von 100 Prozent erzielt werde, sei an anderen Standorten nur eine geringe Auslastung von etwa 40 Prozent zu verzeichnen.
Wie Erikli weiter ausführte, bewege sich die Akademisierungsquote in den Bereichen Physio- und Ergotherapie sowie Logopädie weiterhin zwischen einem und neun Prozent. „Die Landesregierung will die Quote mit weiteren Ausbaumaßnahmen auf 17 Prozent steigern“, gab die Ausschussvorsitzende die Angaben des Ministeriums wieder. Mittel hierfür seien durch die Hochschulfinanzierungsvereinbarung (HoFV II) zur Verfügung gestellt worden. Im Bereich Hebammenwissenschaften sei die Vollakademisierung zum 1. Januar 2023 umgesetzt worden. Die Akademisierungsquote für die Pflegeberufe könne derzeit nicht aussagekräftig berechnet werden.
Im Ausschuss ist Erikli zufolge thematisiert worden, auch die Ausbildungsstätten für Gesundheitsfachberufe in freier Trägerschaft finanziell zu unterstützen. Diese freien Träger würden in der Regel ein Schulgeld erheben, da sie nicht an ein Krankenhaus angegliedert seien. Abschließend sagte Nese Erikli: „Wir sind nun insgesamt sehr gespannt auf die Empfehlungen des Wissenschaftsrates, die für die nächsten Tage angekündigt sind.“
Enquetekommission „Krisenfeste Gesellschaft“ will erneut Ministerpräsident Kretschmann anhören
Stuttgart. Die Enquetekommission „Krisenfeste Gesellschaft“ hat in ihrer öffentlichen Sitzung am Freitag, 13. Oktober 2023, Sachverständige zum Thema „Auswirkungen akuter Krisen auf wirtschaftliche Zusammenhänge“ angehört. Dazu waren Finanz- und Wirtschaftsexpertinnen und -experten von Universitäten, Verbänden, Gewerkschaften und Forschungseinrichtungen eingeladen. „Die Sachverständigen haben dem Gremium wichtige Einblicke gegeben, wie sich Krisen unter anderem auf Unternehmen, Industrie, Finanzmärkte, Handel und Arbeitsabläufe auswirken können“, sagte der Vorsitzende des Gremiums, der Grünen-Abgeordnete Alexander Salomon. Zugleich hätten die Experten Möglichkeiten aufgezeigt, um Krisen vorzubeugen oder deren Auswirkungen abzumildern.
In der anschließenden nicht öffentlichen Sitzung legte das Gremium den Fahrplan für die kommenden Sitzungen fest. So stimmte das Gremium dafür, dass für das bereits beschlossene Thema „Herausforderungen für die Versorgungssicherheit und Kritische Infrastrukturen durch multiple Krisen, insbesondere die Klimakrise“ am 10. November 2023 neun Sachverständige eingeladen werden sollen. Diese sollen unter anderem von Universitäten, Instituten, Verbänden sowie der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit kommen.
In der Sitzung am 1. Dezember soll nach Angaben des Vorsitzenden das Thema „Resilienz durch nachhaltige Investitions- und Innovationspolitik“ behandelt werden. Zudem stimmte das Gremium dafür, dass Ministerpräsident Winfried Kretschmann in der Sitzung am 23. Februar 2024 erneut angehört werden soll. Kretschmann war bereits am 30. Juni 2023 in der Enquetekommission und sprach mit den Mitgliedern des Gremiums über das dritte Handlungsfeld „Berücksichtigung gesellschaftlicher Strukturen und Betroffenheiten bei der Krisenvorsorge und Krisenbewältigung“. Da die Zeit in der Sitzung nicht ausgereicht hatte, um alle Fragen im Zusammenhang mit diesem umfangreichen Themenfeld zu klären, war vereinbart worden, dass der Ministerpräsident erneut befragt werden soll.
Nach jetzigem Stand will die Enquetekommission Anfang 2024 die Anhörungen von Sachverständigen abschließen. In den darauffolgenden Monaten sollen dann die Empfehlungen zu den einzelnen Handlungsfeldern fertiggestellt und beschlossen werden. Voraussichtlich im Sommer 2024 soll der Abschlussbericht im Landtagsplenum vorgestellt werden, sagte der Ausschussvorsitzende.
Präsidentin Aras: Unsere Demokratie braucht die Stimmen und Perspektiven der jungen Generation
Stuttgart. Rund 200 Jugendliche – so viele wie noch nie – haben am 11. und 12. Oktober am Jugendlandtag 2023 teilgenommen. Eineinhalb Tage intensiver Austausch liegen hinter den Teilnehmerinnen und Teilnehmern, die insgesamt zum achten Mal untereinander und mit Abgeordneten über politische Fragestellungen debattierten. „Ich finde es großartig, dass ihr euch politisch einbringt zu Themen, die euch bewegen“, betonte Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) bei der Begrüßung am Mittwoch.
Der Landesjugendring, der Landtag und der Ring politischer Jugend motivieren unter dem Motto „Was uns bewegt“ Jugendliche, an der demokratischen Willensbildung mitzuwirken. „Ihr könnt Politikerinnen und Politiker direkt zu den Dingen befragen, die euch wichtig sind“, so die Präsidentin. Aras machte darauf aufmerksam, dass der Landtag das aktive Wahlalter für Landtagswahlen auf 16 Jahre gesenkt und die Wählbarkeit bei Kommunalwahlen ab 16 Jahren ermöglicht habe. Der Bundestag habe außerdem das Wählen ab 16 bei Europawahlen möglich gemacht. 2024 stehen Kommunal- und Europawahlen an. „Nutzt diese Chance und wirkt mit. Unsere Demokratie braucht eure Stimme“, warb Aras.
„Der Austausch von Jugendlichen und Landespolitikerinnen und -politikern steht im Vordergrund. Es geht um eure Meinungen, Ideen und um eure Stimme“, betonte der Vorstandssprecher des Landesjugendrings, Alexander Strobel. „Im Dialog sowohl untereinander als auch mit Abgeordneten bekommt ihr die Möglichkeit, politische Bildung und Beteiligung aktiv zu erleben und selbst zu gestalten, statt nur von ihr zu hören.“
Nach Einführung und Kennenlernen startete im Foyer des Landtags ein Themen-Worldcafé. Nach der Mittagspause ging es in die Workshop-Phase. Zehn Workshops wurden angeboten: 1. Klima und Nachhaltigkeit, 2. Mobilität, 3. Digitalisierung, 4. Bildung, 5. Politische Bildung und Demokratiebildung, 6. Jugendbeteiligung und junges Engagement, 7. Gesellschaftlicher Zusammenhalt und soziale Gerechtigkeit, 8. Queer BW, 9. (Mentale) Gesundheit sowie 10. Mein Thema für BW. Durchgeführt wurden die Workshops u. a. im Haus der Geschichte, in der Staatsgalerie, im Finanzministerium, im Landesarchiv, im Haus der Katholischen Kirche, in der Württembergischen Landesbibliothek und im Haus des Landtags. Über 30 Mitglieder des Landtags hatten sich für Workshops angemeldet und haben an der jugendpolitischen Diskussion teilgenommen. Der Höhepunkt des ersten Tages war das Spitzenvesper, ein zwangloses Abendessen mit Spitzenpolitiker/-innen des Landtags.
Am Donnerstag, 12. Oktober, wurden die Workshop-Themen vertieft und konkrete Forderungen an das Parlament erarbeitet. Von der Besuchertribüne aus konnten die Jugendlichen dann die jugendpolitische Debatte im Plenum verfolgen, bei der sich die jugendpolitischen Sprecher/-innen der Fraktionen Erwin Köhler (Grüne), Manuel Hailfinger (CDU), Andreas Kenner (SPD), Dennis Birnstock (FDP/DVP) und Dennis Klecker (AfD) zu Wort meldeten. Bei einem Gallerywalk stellten die Jugendlichen dann im Landtags-Foyer ihre erarbeiteten Workshop-Ergebnisse vor. Schließlich wurden die konkreten Forderungen von den Teilnehmenden vorgetragen und in einer Abschlusserklärung an Landtagspräsidentin Muhterem Aras, die Fraktionsvorsitzenden Andreas Schwarz (Grüne), Andreas Stoch (SPD), Anton Baron (AfD) und die jugendpolitischen Sprecher Manuel Hailfinger und Dennis Birnstock übergeben. „Ihr zeigt, wie konkret und vielfältig ihr seid“, zeigte sich Aras begeistert über die rund 30 Forderungen, die im Hausaufgabenheft niedergeschrieben wurden. Im Bereich Klima und Umwelt etwa der Wunsch, landeseigene Betriebe klimaneutraler zu machen.
Dass die Forderungen nicht in der Schublade verschwinden, dafür sorgt „Jugend hakt nach“ am 16. Oktober 2024. Da werden die Jugendlichen erfahren, ob das Parlament seine Hausaufgaben gemacht hat.
Präsidentin Aras: Der Landtag steht fest an der Seite Israels und der Jüdinnen und Juden in Deutschland
Stuttgart. Der Landtag von Baden-Württemberg steht fest an der Seite Israels. Nach dem Angriff der Terrororganisation Hamas mit vielen Todesopfern und Verletzten unter der Zivilbevölkerung hat Präsidentin Muhterem Aras zum Zeichen der Solidarität Israels Flagge vor dem Landtagsgebäude aufziehen lassen. „In diesen schweren Stunden versichern wir Israel unserer Solidarität und Unterstützung. Unsere Gedanken sind bei den Opfern und ihren Angehörigen“, erklärte die Landtagspräsidentin.
Präsidentin Aras verurteilte den Angriff der Terrororganisation Hamas auf Israel als verbrecherisch und barbarisch. Er sei durch nichts zu rechtfertigen. Aras sicherte Israel sowie den Jüdinnen und Juden hierzulande die volle Unterstützung Deutschlands und Baden-Württembergs zu. „Sie können sich in diesen schweren Stunden auf uns verlassen“, sagte Aras in Stuttgart.
Zugleich richtete die Landtagspräsidentin deutliche Worte an die Adresse von Sympathisanten und Trittbrettfahrern des islamistischen Terrors. Man werde weiter jeder Form von Israel-Hass und Antisemitismus in Deutschland entschieden entgegentreten, erklärte Aras.
Der Landtag steht in direktem Austausch mit dem israelischen Generalkonsulat und ebenso mit den Spitzen der Israelitischen Religionsgemeinschaft Württemberg (IRGW) und der Israelitischen Religionsgemeinschaft Baden (IRGB), deren Vertreterinnen und Vertreter zur nächsten Plenarsitzung am kommenden Mittwoch, 11. Oktober 2023, eingeladen sind. Diese wird mit einer Gedenkminute für die Opfer des islamistischen Terrors beginnen, im Anschluss wird das Plenum den Angriff auf Israel in einer Debatte aufgreifen.
An diesem Montagabend, 9. Oktober 2023, spricht Präsidentin Aras auf dem Marktplatz in Stuttgart auf einer Solidaritätskundgebung für Israel. Die Kundgebung wird von der israelitischen Religionsgemeinschaft Württemberg (IRGW) und Verbänden wie der Deutsch-Israelischen Gesellschaft (DIG) Region Stuttgart organisiert.
Ständiger Ausschuss berät über Förderung von regionalen Fernsehsendern mit Landesmitteln
Stuttgart. Der Ständige Ausschuss des Landtags hat sich in seiner Sitzung am Donnerstag, 28. September 2023, auf Antrag der CDU-Fraktion mit der Förderung regionaler Fernsehsender befasst. Wie in der Sitzung deutlich wurde, soll die Förderung regionaler Fernsehsender mit Mitteln aus dem Landeshaushalt bis zum Jahr 2028 fortgesetzt werden. „Regionale Fernsehsender leisten einen wesentlichen Beitrag zur Medienvielfalt in Baden-Württemberg. Die Beratung des Themas im Ausschuss hat das Bekenntnis des Parlaments zum Regionalfernsehen nochmals unterstrichen. Der Ausschuss war sich daher auch fraktionsübergreifend einig, dass die Förderung sehr sinnvoll ist“, sagte der Vorsitzende des Gremiums, der CDU-Abgeordnete Guido Wolf.
Nach Angaben Wolfs wurden auf Initiative der CDU-Landtagsfraktion erstmals im Doppelhaushalt 2020/2021 Mittel zur Förderung regionaler Fernsehsender vorgesehen. Dabei werden die Mittel der Landesanstalt für Kommunikation (LFK) zugewiesen und intern an die regionalen Fernsehsender für die Planung und Abwicklung einer werktäglichen Magazinsendung verteilt. Durch Paragraf 47a Landesmediengesetz sei die gesetzliche Grundlage hierfür geschaffen. Das Staatsministerium teilte laut Guido Wolf mit, dass von den im Jahr 2020/2021 veranschlagten 8,4 Millionen Euro bislang 8,34 Millionen Euro ausgegeben wurden.
Nach Angaben der LFK hat sich die Zahl der lizensierten TV-Veranstalter in Baden-Württemberg seit Beginn der Förderung nicht verändert. Die Analyse der Reichweitenentwicklung zeige, dass bei überregionalen Fernsehprogrammen ein negativer Trend zu verzeichnen sei, während sich die regionalen TV-Programme mit einem leichten Plus stabil hielten. Regionales Fernsehen habe sich somit gegen den allgemeinen Abwärtstrend behaupten können.
Wie der Vorsitzende Guido Wolf ausführte, hat sich aus Sicht der Fraktionen und der Landesregierung die Förderung bewährt. Die Landesregierung habe angekündigt, dass bis 2028 Fördermittel im Landeshaushalt bereitgestellt werden sollen. Die Fraktionen hätten in der Sitzung ihre Unterstützung zugesagt.
Einig seien sich die Abgeordneten auch darin gewesen, dass die Fernsehförderung einen elementaren Beitrag zur Sicherung der regionalen TV-Landschaft im Land leiste und somit zur Medienvielfalt, insbesondere im ländlichen Raum, beitrage. Der Evaluationsbericht 2023 zeige, dass das Förderinstrument erheblich mithelfe, dass die regionalen TV-Veranstalter entgegen des allgemeinen Abwärtstrends mit leichtem Plus stabil blieben.
Die Förderung ist dem Vorsitzenden zufolge für die Produktion und Verbreitung des betrauten Programms zu verwenden. Die regionalen TV-Veranstalter seien hierfür mit der öffentlichen Aufgabe betraut worden, ein tagesaktuelles Magazin von mindestens 20 Minuten Länge zu erstellen, um die bestehende Vielfalt der Meinungen im jeweiligen Versorgungsgebiet durch ein vielfältiges und qualitätsvolles Nachrichten- und Informationsprogramm mit engem Regionalbezug zum Ausdruck zu bringen.
Die Erfüllung der Aufgabe werde durch engmaschige Programmbeobachtungen bei der LFK geprüft. Die LFK wiederum weise die Verwendung der Fördermittel ebenfalls in Form eines Verwendungsnachweises gegenüber dem Staatsministerium nach. Vergleichbare Förderinstrumente gebe es in verschiedenen Ländern, etwa in Bayern, Sachsen, Berlin und Brandenburg. Das baden-württembergische Förderinstrument habe dabei vielfach als Vorbild gedient, sagte Guido Wolf.
Umweltausschuss berät über Nationalparks und Wölfe in Baden-Württemberg
Stuttgart. Der Ausschuss für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft hat in seiner Sitzung am Donnerstag, 28. September 2023, über eine mögliche Erweiterung des Nationalparkgebiets im Schwarzwald und die im Südschwarzwald angesiedelten Wölfe diskutiert. Das hat der Ausschussvorsitzende Daniel Karrais (FDP/DVP) mitgeteilt.
In ihrem Antrag zum zweigeteilten Schutzgebiet des Nationalparks Schwarzwald erfragten die Antragstellenden der SPD-Fraktion beim Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft, inwiefern eine Gebietserweiterung und damit ein Zusammenschluss der beiden Teile angestrebt werde. Naturschutzfachlich und auch touristisch sei es sinnvoller, wenn das Nationalparkgebiet eine zusammenhängende Fläche sei, gab Karrais die Auffassung der Antragstellenden wieder. Staatssekretär Dr. Andre Baumann habe von Ministeriumsseite betont, dass der Nationalparkrat in seiner Sitzung am 3. Mai 2023 einem Lückenschluss der beiden Parkteile Nord und Süd zugestimmt habe. „Aktuell werden Gespräche mit der Murgschifferschaft und den Kommunen geführt, es wird ein Tausch der zwischen beiden Parkteilen liegenden Flächen in Besitz der Murgschifferschaft gegen entsprechende Staatswaldteile vorgesehen“, berichtete Karrais. Staatssekretär Baumann habe aufgrund der laufenden Gespräche keine aktuellen Angaben dazu machen können, aber auf die Anwesenheit der Kommunen im Nationalparkrat verwiesen, der sich für eine qualitative und quantitative Erweiterung ausgesprochen habe.
Im Ausschuss habe es von Mitgliedern verschiedener Fraktionen weitere Rückfragen zum Borkenkäfer, zum Auerhuhn und zur Rotwildpopulation im Nationalpark gegeben. Ein adaptives Borkenkäfermanagement mit einer 500 Meter breiten engmaschig überwachten Schutzzone sorge dafür, dass die angrenzenden Wirtschaftswälder nicht litten, gab Karrais die weiteren Ausführungen von Ministeriumsseite wieder. Trotz vergrößerter jagdfreier Wildruhezonen im Nationalpark habe der Rotwildbestand nicht zugenommen. Bei der unter strengem Schutz stehenden Auerhuhnpopulation konnten zudem 2023 sechs balzende Hähne mehr als im Vorjahr beobachtet werden. Im Nationalpark Schwarzwald lebt etwa 20 Prozent der Auerhuhnpopulation des gesamten Schwarzwaldes.
Weiteres Thema, u. a. in einem Antrag der SPD-Fraktion, waren die wieder in Baden-Württemberg eingewanderten Wölfe und die möglichen Auswirkungen auf den Tourismus, so Karrais. Wieder eingewanderte Wölfe und Wolfsrudel seien ein Erfolg des Natur- und Artenschutzes, ergäben aber neue Konflikte mit der Landwirtschaft, Weidetierhaltung und potenziell auch beim Tourismus, so die Antragstellenden. Das Umweltministerium bestätigte laut Karrais den Nachweis eines Wolfsrudels im Südschwarzwald, nachdem am 6. Juni 2023 eine Wildkamera der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg (FVA) eine Wölfin mit Gesäuge im bekannten Territorium zweier Wölfe fotografiert habe. Die FVA führe ein passives Monitoring der Wölfe durch Entgegennahme, Untersuchung und Auswertung von Meldungen aus der Bevölkerung durch, zukünftig solle das Monitoring aber aktiver werden und Netzwerke zur bestmöglichen Begleitung der Situation verstärkt werden.
Staatssekretär Baumann habe im Ausschuss darauf verwiesen, dass ein Handlungsfaden Wolf schon vorab entwickelt worden sei und das Management im Einvernehmen mit dem Landesschafzuchtverband stattfinde. Eine im Ausschuss erneut angesprochene Überführung des Wolfs ins Jagdrecht sei dem Umweltministerium zufolge nicht im Sinne der Weidetierhalterinnen und -tierhalter, so Karrais. „Eine Gefahr für die Bevölkerung insgesamt und für Touristinnen und Touristen besteht laut Einschätzung des Umweltministeriums nicht“, fasste der Vorsitzende die Debatte im Ausschuss zusammen, „dennoch muss man die Sorgen der Menschen und Tourismusbetriebe ernst nehmen.“
Vorsitzender Marwein: Landesregierung ist weiterhin gefordert, sich für Grundwasser und Umwelt einzusetzen
Stuttgart. Mit der Eingabe der „Bürgerinitiative gegen Giftmüll Trossingen-Schura“, die die Landesregierung von Baden-Württemberg auffordert, von der Staatsregierung Frankreichs zu fordern, dass der Giftmüll aus dem Bergwerk Joseph-Else in Wittelsheim/Elsass geborgen und einer sicheren Deponierung zugeführt wird, hat sich der Petitionsausschuss in seiner Sitzung am Donnerstag, 28. September 2023, befasst. Das hat der Vorsitzende Thomas Marwein (Grüne) mitgeteilt. „Die Tatsache, dass mehrere tausend Tonnen Giftmüll in einem instabilen Bergwerk im unmittelbaren Umfeld eines der größten Grundwasserreservoirs in Europa dauerhaft unter ungeklärten Sicherheitsstandards liegen gelassen werden, kann nur mit großer Sorge betrachtet werden“, betonte Marwein.
Die Bürgerinitiative sehe die Gefahr der Vergiftung des Grundwasseraquifers am Oberrhein durch die Deponierung von Giftmüll im Bergwerk Joseph-Else in Wittelsheim/Elsass. Dort seien ab 1999 über 45.000 Tonnen hochgiftigen Mülls eingelagert worden. Wie Thomas Marwein ausführte, reichten die Stollen dieses Bergwerks unter das Grundwasseraquifer im Oberrheingraben, das zu den größten Grundwasservorkommen Europas gehöre. Experten seien sich einig, so die Angaben des Petenten, dass das Grundwasser nach und nach in das Bergwerk einsickere, die Hohlräume fülle und so früher oder später das gesamte Bergwerk flute. Die Petenten äußerten die Sorge, dass die eingelagerten Giftmüllabfälle durch das Wasser soleartig verwässerten und nach oben in die wasserführende Schicht gedrückt würden. Die Folge wäre, dass dieses Trinkwasserreservoir unbrauchbar werden würde.
Für die Landesregierung habe das Umweltministerium Stellung genommen, so Marwein. Der Vorsitzende berichtete, dass der oberflächennahe Grundwasserstrom aus dem Bereich Wittelsheim in die elsässische Rheinniederung erfolge, von dort über eine längere Strecke rheinparallel nach Norden fließe und den Rhein erst südlich von Straßburg erreiche. Bei einer Flutung der Untertagedeponie und einem dadurch möglichen Schadstoffaustrag in das Grundwasser wäre mit einer starken Verdünnung über die lange Fließstrecke zu rechnen, so dass von keiner Gefährdung der Trinkwasserversorgung in Baden-Württemberg ausgegangen werde.
Dennoch stehe das Regierungspräsidium Freiburg seit geraumer Zeit in regelmäßigem Austausch mit der Préfecture Haut-Rhin und bringe im Rahmen der regelmäßig stattfindenden deutsch-französischen Behördengespräche fachliche Aspekte des Grundwasserschutzes ein. Bereits seit 2017 appelliere die Regierungspräsidentin in Bezug auf das Genehmigungsverfahren zur Endlagerung an den Präfekten, entsprechende Maßnahmen zum Grundwasserschutz zu ergreifen. Anlässlich des Präfekturenerlasses vom Januar 2022 zur erneuten Antragstellung einer Endlagerung habe die Regierungspräsidentin Informationen zum Verfahren und zur Situation in der Untertagedeponie eingefordert. Sie habe sich für eine weitestgehende Bergung der Abfälle ausgesprochen und deutlich gemacht, dass alle erforderlichen Maßnahmen zum Schutz des Grundwassers zu ergreifen seien. Überdies habe das Ministerium in seiner Stellungnahme dargelegt, so Marwein, dass Anfang 2023 eine Abstimmung zwischen dem Umweltministerium und dem RP Freiburg stattgefunden habe. „Obwohl nach derzeitigem Kenntnisstand keine erheblichen nachteiligen grenzüberschreitenden Umweltauswirkungen gesehen werden, wurde entschieden, eine Einbeziehung in das laufende Verfahren einzufordern“, gab der Ausschussvorsitzende die Angaben des Ministeriums wieder. Dieser Forderung sei nachgegeben worden und diese im Mai 2023 an die französische Seite übermittelt worden.
„Die heutigen Beratungen im Ausschuss haben ein klares Meinungsbild ergeben“, fasste Marwein zusammen. Die französische Zentralregierung sei hier aufgefordert, eine Lösung mit den Betroffenen vor Ort zu erarbeiten, die dauerhaft den Schutz des Grundwassers und der weiteren Umwelt vor diesen Giftstoffen sicherstellen müsse. „Auch wir in Baden-Württemberg müssen vollumfänglich einbezogen werden“, hob der Ausschussvorsitzende hervor. „Die Landesregierung ist weiterhin gefordert, sich bei unseren Nachbarn und der Bundesregierung für den Schutz unseres Grundwassers und unserer Umwelt einzusetzen.“ Letztlich habe der Petitionsausschuss entschieden, die Petition der Regierung zur Erwägung zu überweisen, so Marwein abschließend.
Ausschuss für Wohnen berät über bezahlbaren Wohnraum, Landesbauordnung und Entwicklungsplan
Stuttgart. Der Ausschuss für Landesentwicklung und Wohnen hat sich in seiner Sitzung am Mittwoch, 27. September 2023, auf Antrag mehrerer Fraktionen mit der Schaffung von bezahlbarem Wohnraum befasst. „Ausreichend bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, stellt eine der größten Herausforderungen der kommenden Jahre dar. Zugleich ist bezahlbarer Wohnraum ein wesentliches Kriterium für die weitere Entwicklung des Wirtschaftsstandorts Baden-Württemberg“, sagte die Ausschussvorsitzende Christiane Staab (CDU). Darüber hinaus beriet das Gremium über den aktuellen Stand bei den beiden großen Gesetzesvorhaben Reform der Landesbauordnung und Reform des Landesentwicklungsplans.
Nach Angaben Staabs waren sich die Fraktionen in der Sitzung einig, dass die wirtschaftliche Zukunft des Landes auch davon abhänge, ob es ausreichend bezahlbaren Wohnraum für Beschäftigte gebe. Angesichts des Fachkräfte- und Nachwuchsmangels könne die Möglichkeit, günstigen Wohnraum anzubieten, der entscheidende Standortvorteil für einen Ausbildungsbetrieb sein. Ein Schwerpunkt bei der Beratung des Themas lag auf Förderungen von Wohnraum für junge Menschen, Studierende und Auszubildende, da der Wohnungsmarkt gerade für diese Gruppe eine große Herausforderung darstelle. Daher habe der Bund das Förderprogramm „Junges Wohnen“ mit einem Volumen von 500 Millionen Euro aufgelegt. 65,2 Millionen Euro gingen nach Baden-Württemberg. Jeweils die Hälfte solle für Studierenden- und für Azubi-Wohnplätze investiert werden. Aktuell werde an der konkreten Ausgestaltung des Förderverfahrens für den Südwesten gearbeitet, berichtete Christiane Staab.
Ministerin Nicole Razavi (CDU) habe ausgeführt, dass derzeit geprüft werde, welche Anforderungen es an Förderangebote gebe. Zum Beispiel müsse herausgefunden werden, wie hoch der Bedarf an Wohnheimplätzen sei. Dies sei notwendig, um das Förderprogramm passgenau auszugestalten und nicht am Bedarf vorbei zu fördern. Auf Nachfrage von Abgeordneten, wann mit dem Start des Förderprogramms zu rechnen sei, habe die Minister geantwortet, sie gehe davon aus, dass im vierten Quartal 2023 mit einem Projektaufruf begonnen werden könne.
Darüber hinaus befasste sich das Gremium mit der Wohnraumförderung des Landes. Dem Ministerium für Wohnen zufolge wurden im Jahr 2022 Fördermittel in Höhe von 416,75 Millionen für insgesamt 2.695 Vorgänge zur Förderung von 6.793 Wohneinheiten beantragt und bewilligt. Die hohe Nachfrage belege die Attraktivität des Förderprogramms. Es zeige sich, dass Mietwohnungsbau ohne staatliche Förderung vielerorts kaum noch kostendeckend umzusetzen sei. Das Ministerium habe darauf hingewiesen, dass es aufgrund der hohen Nachfrage zu Verzögerungen bei Bewilligungen kommen könne. Die Opposition habe betont, dass das Bauherren und Immobilienkäufer in erhebliche Schwierigkeiten bringen könne, denn Angebote verlieren nach einer gewissen Zeit ihre Gültigkeit und Finanzierungspläne müssten eingehalten werden. In der Folge würden geplante Bauvorhaben aufgrund mangelnder Planbarkeit storniert.
Ein weiteres großes Thema in der Sitzung war laut Staab die geplante Reform des Landesentwicklungsplans. Bei dem Plan handele es sich um das Gesamtkonzept für die räumliche Ordnung und Entwicklung des Landes. Ministerin Razavi habe ausgeführt, dass der aktuelle Plan aus dem Jahr 2002 stamme. Seitdem habe es sehr viele Änderungen gegeben. Die neue Fassung soll anhand dieser Veränderungen erstellt werden und eine Fülle an Themen wie etwa Wohnen, Gewerbe, Landwirtschaft, Verkehr, erneuerbare Energien und Naturerhalt beinhalten. Die Ministerin habe von einem „komplexen Unterfangen“ gesprochen. Derzeit würden die Grundlagen geschaffen, um ein gutes und belastbares Fundament zu entwickeln, auf den der Plan aufgebaut werden könne. Hierzu werde auch mit externen Experten zusammengearbeitet.
Die Oppositionsfraktionen hätten in der Sitzung kritisiert, dass das Parlament vom Ministerium keinen aktuellen Zwischenstand erfahre. Die Parlamentarier hätten allerdings die Aufgabe, zu schauen, was die Regierung mache. Razavi habe erwidert, dass die Eckpunkte des Plans öffentlich gemacht würden, sobald diese fertig seien. Auch werde zum gegebenen Zeitpunkt der Ausschuss sowie das gesamte Parlament eingebunden, ebenso wie Bürgerinnen und Bürger, die Kommunalverbände und andere Organisationen und Institutionen. Derzeit werde auf Hochtouren an der Vorbereitung für die Planaufstellung gearbeitet.
Im Anschluss beriet der Ausschuss über die Reform der Landesbauordnung. Die Ministerin habe darauf verwiesen, dass in den letzten Jahren bereits vier Reformen auf den Weg gebracht worden seien bzw. aktuell umgesetzt würden. Derzeit arbeite das Ministerium an der nächsten großen Reform der Verordnung. Ziel sei es, Verfahren einfacher, schneller und auch digitaler zu machen. Bauen solle insgesamt weniger komplex, schneller realisierbar und im Ergebnis kostengünstiger werden. Dafür würden die baulichen Standards auf den Prüfstand gestellt. Neben der Beschleunigung baurechtlicher Verfahren und dem Abbau baulicher Standards nehme auch die Fachkräftesicherung eine entscheidende Rolle ein, fasste die Vorsitzende die Ausführungen der Ministerin zusammen.
Auch im Fall der geplanten Reform der Landesbauordnung habe die Opposition bemängelt, dass das Ministerium keine Angaben mache, welche konkreten Änderungen vorgenommen werden sollen. Nicole Razavi habe alle Beteiligten um etwas Geduld gebeten. Sie verstehe, dass die Abgeordneten schnellstmöglich Einblick erhalten wollten, doch zunächst müssten die vorgesehenen Änderungen in die Ressortabstimmung und ins Kabinett. Im Anschluss werde dann das Parlament eingebunden.
Europaausschuss im Gespräch mit dem Botschafter des Königreichs Spanien über die EU-Ratspräsidentschaft
Stuttgart. Der Europaausschuss hat sich in seiner Sitzung am Mittwoch, 27. September 2023, mit dem Botschafter des Königreichs Spanien, Ricardo Martínez Vázquez, über die spanische EU-Ratspräsidentschaft ausgetauscht. „Es ist eine Ratspräsidentschaft in einer spannenden Zeit“, bemerkte der Vorsitzende des Gremiums, Willi Stächele (CDU).
Zum 1. Juli 2023 hat Spanien zum fünften Mal den Vorsitz im Rat der Europäischen Union (EU) übernommen. Die Reindustrialisierung der EU und die Gewährleistung ihrer offenen strategischen Autonomie, Fortschritte beim ökologischen Wandel und bei der Umweltanpassung, die Förderung größerer sozialer und wirtschaftlicher Gerechtigkeit und die Stärkung der europäischen Einheit sind die Prioritäten des spanischen Ratsvorsitzes.
In einer unsicheren Welt müsse die EU geeint bleiben, betonte der Botschafter. Die großen Herausforderungen verlangten mehr Integration. So unterstütze Spanien effizientere Entscheidungsverfahren in der EU. Außenpolitisch ist die Unterstützung der Ukraine gegen die russische Aggression von großer Bedeutung. Nach innen hin setzt sich Spanien für eine Vertiefung des Binnenmarktes ein, den Abschluss der Banken- und Kapitalmarktunion, den Next-Generation-EU-Fonds und eine geregelte Migrationssteuerung. Fortschritte in den EU-Beitrittsverfahren und die Stärkung von Freiheit, Sicherheit und Gerechtigkeit sowie demokratischen Werten und Rechtsstaatlichkeit sind ebenfalls wichtig. Europa müsse „wettbewerbsfähiger, sozialer, grüner und digitaler werden“. Wichtig sei es, dass sich die EU-Politik an den Interessen der Menschen ausrichte. Spanien setze sich zudem für eine Stärkung der Einheit und des Zusammenhalts in Europa ein. Zusammenhalt sei Europas Stärke, habe der Botschafter betont.
„Die Präsidentschaft hat die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und einen beschleunigten digitalen und ökologischen Wandel als Schwerpunkte definiert, die auch für Baden-Württemberg wichtig sind“, hob Willi Stächele hervor. Ebenso sei begrüßenswert, dass die spanische Präsidentschaft die Umsetzung der Empfehlungen aus der Konferenz zur Zukunft vorantreiben will. „Damit wird auch ein Anliegen des Landtags aufgegriffen“, betonte der Ausschussvorsitzende.
Überdies hat sich der Europaausschuss mit einer Mitteilung des Wirtschaftsministeriums zur Einrichtung der Plattform „Strategische Technologien für Europa“ (STEP) befasst – einer Unterrichtung des Landtags in EU-Angelegenheiten. STEP ist Teil des Vorschlags der Kommission zur Anpassung des Mehrjährigen Finanzrahmens der EU (MFR). STEP soll die notwendigen Voraussetzungen für eine wirksamere, effizientere und gezieltere Verwendung bestehender EU-Mittel schaffen und zur Erzielung gleicher Wettbewerbsbedingungen im Binnenmarkt beitragen. Der STEP-Vorschlag verfolgt drei Ziele: Schaffung von Flexibilität bei den bestehenden Instrumenten, Stärkung der Schlagkraft bestehender Instrumente sowie Schaffung von Synergien unter den bestehenden Instrumenten. Der Europaausschuss hat hierzu in einem gemeinsamen Antrag der Fraktionen Grüne, CDU, SPD und FDP/DVP sechs Feststellungen getroffen, unter anderem dass der europäische Binnenmarkt im Kontext der multiplen Krisen vor großen Herausforderungen steht. Der Europaausschuss begrüßt deshalb den Vorschlag der Kommission für eine Plattform STEP und das damit verfolgte Ziel, einen strategischen Fokus auf kritische und neue Technologien zu legen, um die digitale und ökologische Transformation weiter voranzutreiben sowie den Vorsprung der Europäischen Union mit Blick auf kritische Zukunftstechnologien zu wahren und auszubauen. Weitere Feststellungen betreffen die Erweiterung der Fördergegenstände und die STEP-Fördermöglichkeiten sowie die Bereitstellung zusätzlicher Mittel.
„Einstimmig hat der Ausschuss beschlossen, die Landesregierung zu ersuchen, sich im Sinne der getroffenen Feststellungen und im Rahmen der ihr zur Verfügung stehenden Mittel in den weiteren EU-Gesetzgebungsprozess einzubringen“, so Willi Stächele abschließend.
Lang-LKW und Wege zu einem besseren Mix der Verkehrsträger im Fokus
Stuttgart. Mit den Perspektiven für den Lang-LKW Typ 1, Kombiverkehrsterminals und Mobilitätsstationen hat sich der Ausschuss für Verkehr in der Sitzung am Donnerstag, 21. September 2023, beschäftigt. Das berichtete der Ausschussvorsitzende Rüdiger Klos (AfD).
Die Perspektiven für den Lang-LKW Typ 1 (Sattelkraftfahrzeug bis zu einer Gesamtlänge von 17,88 Metern) thematisierte der Ausschuss auf Antrag der FDP/DVP. Vor dem Hintergrund der zum Jahresende auslaufenden Ausnahmegenehmigung für diese überlangen Sattelzüge hatten die Liberalen einen umfangreichen Fragenkatalog an das Verkehrsministerium gerichtet. Aus den Antworten geht hervor, dass die Landesregierung einen dauerhaften Einsatz der Fahrzeuge befürwortet, da sie für die Wirtschaftsregion Baden-Württemberg in ökologischer und ökonomischer Hinsicht von Vorteil seien. Der Vorteil ergebe sich aus dem Substitutionseffekt mit einem mittleren Faktor von 1,07 (Anzahl der Fahrten äquivalenter konventioneller Lkw für eine Fahrt mit einem Lang-Lkw vom Typ 1) und schließe eine positive Klimabilanz mit bis zu acht Prozent niedrigeren Treibhausgas-Emissionen ein.
Nach Angaben des Ausschussvorsitzenden bekräftigte Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) in der Sitzung, die Landesregierung setze sich für eine Zulassungsverlängerung ein. Zuständig dafür sei aber nicht das Land, sondern die Bundesregierung. Er wisse nicht, warum der Bund noch nicht verlängert habe. Vertreter von FDP/DVP und CDU sprachen sich laut Klos ebenfalls dafür aus, dass der Einsatz der Lang-LKW Typ 1 genehmigt bleiben müsse. Die Fahrzeuge hätten das Label „Öko-Liner“ verdient, habe die FDP/DVP erklärt.
Auf Antrag der SPD beschäftigte sich der Verkehrsausschuss mit Kombiverkehrsterminals in Baden-Württemberg. Insbesondere wollten die Sozialdemokraten in Erfahrung bringen, wo im Land weitere solcher von der Privatwirtschaft betriebenen Terminals, die einen schnellen Umschlag von beladenen Ladeeinheiten (Container, Sattelanhänger) auf verschiedene Verkehrsträger (LKW, Eisenbahnwaggon, Schiff) ermöglichen, geplant sind und wo grundsätzlich Bedarf für derartige Einrichtungen besteht.
Wie der Ausschussvorsitzende Klos berichtete, erklärte der Minister, ihm seien konkrete Planungen in Reutlingen und Lahr bekannt. Für den Raum Oberschwaben lägen Ergebnisse einer Standortbewertung vor. Danach könne ein Kombi-Terminal in Pfullendorf wirtschaftlich betrieben werden. Generell mache es Sinn, solche Einrichtungen dezentral vorzuhalten, um mehr Güter auf Schienen und Wasserwegen transportieren zu können. Auf den Einwand der SPD, derzeit gebe es Berichte über eine geringe Auslastung von Terminals im Land, habe der Minister mit dem Hinweis auf übliche konjunkturelle Schwankungen im Güterverkehrsaufkommen reagiert, so Klos. Vertreter von CDU, Grünen und FDP/DVP hätten dem Minister beigepflichtet.
Auf Antrag der Grünen befasste sich der Ausschuss zudem mit den Perspektiven für Mobilitätsstationen. Das sind Einrichtungen, die neben dem Fußverkehr mindestens drei verschiedene Mobilitätsformen (z.B. Radverkehr, Schienenverkehr, Straßenverkehr) zueinander vernetzen. Die Grünen wollten beispielsweise wissen, wie viele Stationen es im Land inzwischen gibt, wie der Ausbau dieser Angebote vorangeht und welche Fördermöglichkeiten es gibt.
Nach Angaben von Klos verwies der Minister auf die Zuständigkeit der Kommunen die Errichtung von Mobilitätsstationen betreffend. Da die Landesregierung ihnen eine essenzielle Bedeutung für das Gelingen der Verkehrswende zuschreibe, gebe es entsprechende Fördermöglichkeiten von bis zu 75 Prozent der zuwendungsfähigen Investitionskosten. Mobilitätsstationen könnten helfen, die Verkehrslast in den Städten zu reduzieren und den Wechsel auf klimafreundliche Verkehrsmittel zu fördern, habe der Minister erklärt. Inzwischen gebe es landesweit schätzungsweise 300 solcher Einrichtungen.
Die Grünen erklärten nach Angaben des Ausschussvorsitzenden, dass es wünschenswert wäre, mehr Stationen mit Info-Säulen zu kennzeichnen. Das würde die Sichtbarkeit erhöhen. Der Minister habe dazu geäußert, die Ausstattung liege in der Hand der Kommunen. Viele verzichteten wohl auf Säulen, weil sie Vandalismus befürchteten.
Enquetekommission „Krisenfeste Gesellschaft“ beginnt mit Anhörungen zum Thema „Ökonomische Aspekte von Krisen“
Stuttgart. Die Enquetekommission „Krisenfeste Gesellschaft“ hat in ihrer Sitzung am Freitag, 22. September 2023, mit den Anhörungen zum vierten Handlungsfeld „Ökonomische Aspekte von Krisen“ begonnen. In der öffentlichen Sitzung wurde als erstes Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) angehört. „In der Sitzung am 10. November 2023 wird eine Öffentliche Anhörung zum Thema ‚Herausforderungen für die Versorgungssicherheit und Kritischen Infrastrukturen durch multiple Krisen, insbesondere die Klimakrise‘ stattfinden“, berichtete der Vorsitzende der Enquetekommission, Alexander Salomon (Grüne).
Im öffentlichen Teil der Sitzung führte das Gremium zunächst eine politische Aussprache aller Fraktionen zum dritten Handlungsfeld durch („Berücksichtigung gesellschaftlicher Strukturen und Betroffenheiten bei der Krisenvorsorge und Krisenbewältigung“). Anschließend wurde Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut, Ministerin für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus, zum vierten Handlungsfeld der Kommission, „Ökonomische Aspekte von Krisen“, gehört.
Im nicht öffentlichen Sitzungsteil habe das Gremium zudem das Thema für die Sitzung am 10. November 2023 festgelegt, berichtete der Vorsitzende. „Das Thema ‚Herausforderungen für die Versorgungssicherheit und Kritischen Infrastrukturen durch multiple Krisen, insbesondere die Klimakrise‘ wurde von den Fraktionen Grüne, CDU, SPD und FDP/DVP gemeinsam vorgeschlagen und in der Sitzung einstimmig angenommen“, teilte Salomon mit.
Finanzausschuss tauscht sich mit dem Präsidenten der Oberfinanzdirektion Karlsruhe aus
Stuttgart. Der Finanzausschuss des Landtags hat sich in seiner Sitzung am Donnerstag, 21. September 2023, mit dem neuen Präsidenten der Oberfinanzdirektion Karlsruhe, Dr. Bernd Kraft, ausgetauscht. Kraft berichtete den Abgeordneten über aktuelle und künftige Herausforderungen der Steuerverwaltung, insbesondere im Bereich der Nachwuchsgewinnung, Digitalisierung und Bewältigung von steigenden Fallzahlen. „Die Abgeordneten waren sich fraktionsübergreifend einig, dass die Steuerverwaltung mit ihren vielfältigen Aufgaben unverzichtbar ist“, sagte der Ausschussvorsitzende Martin Rivoir (SPD).
Kraft hatte das Amt im Juli 2023 übernommen. Nach Angaben Rivoirs gratulierten die Abgeordneten dem Juristen und Steuerexperten und dankten der Steuerverwaltung für ihre Arbeit. Kraft habe den Schwerpunkt in seinem Bericht vor dem Hintergrund der Schwierigkeiten bei der Nachwuchsgewinnung und der steigenden Fallzahlen auch aufgrund der Bearbeitung von Zusatzaufgaben wie der Grundsteuerreform oder der Energiepreispauschale auf die Digitalisierung gelegt. Hinzu komme, dass Steuerfälle häufig komplexer und internationaler werden. Dies zeige sich besonders im Bereich der Steuerfahndung. Teilweise seien die Fälle bereits jetzt so umfangreich, dass mehrere Fahnder über Jahre gebunden seien. Und es werde davon ausgegangen, dass die Aufgaben weiter zunehmen. Wenn Steuerfahndung auch in Zukunft ordentlich betrieben werden solle, würden mehr Fahnder benötigt.
Die nach Ansicht Krafts vielleicht größte Herausforderung sei die Nachwuchsgewinnung. Im Geschäftsbereich der Oberfinanzdirektion arbeiteten über 17.000 Beschäftigte. Derzeit seien rund 1.100 Stellen unbesetzt, was rund 6,5 Prozent der Stellen entspreche. Es werde davon ausgegangen, dass in diesem Jahr 600, im kommenden Jahr 570 und im Jahr 2025 rund 480 Beschäftigte aus der Steuerverwaltung ausscheiden. Gleichzeitig werde davon ausgegangen, dass jährlich rund 600 Stellen besetzt werden können. Dies funktioniere nur, wenn die Steuerverwaltung weiterhin so gut und so viel ausbilde wie bisher. Jedes Jahr stünden 960 Ausbildungsplätze im mittleren und höheren Dienst zur Verfügung. Derzeit seien rund 90 Prozent der Plätze besetzt, was 850 Auszubildenden entspreche. Das bedeute allerdings nicht, dass die Auszubildenden nach Abschluss ihrer Ausbildung in der Steuerverwaltung blieben. Diese bewege sich in einem Konkurrenzkampf mit anderen Arbeitgebern. So gingen Auszubildende nach Abschluss ihrer Ausbildung etwa zu Kommunen, Ministerien oder Steuerberatern. Nachwuchsgewinnung sei Zukunftssicherung und habe daher höchste Priorität, fasste Rivior die Ausführungen Krafts zusammen.
Ein weiteres Zukunftsthema sei nach Angaben des Präsidenten die Digitalisierung. Die Steuerverwaltung sei zwar bereits jetzt eine der am meisten digitalisierten Verwaltungen. Doch auch vor dem Hintergrund der Schwierigkeiten bei der Personalgewinnung, der Zunahme von Fallzahlen und der Übernahme von Zusatzaufgaben müsse die Digitalisierung weiter ausgebaut werden. Die Aufgabenmenge werde nur zu schaffen sein, wenn digital und automatisiert gearbeitet werde. Insbesondere im Bereich der Betriebsprüfung und der Steuerfahndung nehme die Datenflut enorm zu. Wenn sich die Entwicklungen in der Steuerverwaltung so fortsetzten wie bisher, werde die Arbeit in Zukunft nur zu schaffen sein, wenn die Verwaltung im Bereich der Digitalisierung und Automatisierung noch besser werde. Kraft habe ausgeführt, dass gerade die Steuerverwaltung prädestiniert sei für den Einsatz von Künstlicher Intelligenz. Durch Automatisierung könne Aufwand verringert, Qualität verbessert und für Entlastung gesorgt werden.
Zum Abschluss habe Kraft drei Wünsche formuliert: Vereinfachung von Steuerrechtsregeln, eine stabile IT auch in der Zukunft und eine Erhöhung der Attraktivität der Arbeit in der Steuerverwaltung. Die Abgeordneten hätten sich für die ausführliche Darstellung der Arbeit der Steuerverwaltung bedankt, sagte Rivoir. Im Anschluss hätten die Parlamentarier mit Kraft unter anderem über Bewerberzahlen, das anonyme Hinweisgeberportal für Finanzämter und die Zusammenarbeit mit der europäischen Staatsanwaltschaft gesprochen.
Die Oberfinanzdirektion in Karlsruhe ist die Mittelbehörde der baden-württembergischen Finanzverwaltung. Sie ist zuständig für die Dienst- und Fachaufsicht der 65 Finanzämter landesweit sowie der sechs Staatlichen Hochbauämter des Bundesbaus. Ihr ist auch die Landesoberkasse angeschlossen, die den gesamten Zahlungsverkehr des Landes abwickelt. Das der Oberfinanzdirektion ebenfalls angeschlossene LZfD erbringt IT-Dienstleistungen vor allem für die Finanzverwaltung und wird als Landesbetrieb geführt. Im Geschäftsbereich der Oberfinanzdirektion arbeiten über 17.000 Beschäftigte. Die Oberfinanzdirektion selbst beschäftigt über 1.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Aras: „Verpflichtung aller Bürgerinnen und Bürger, die Werte des Grundgesetzes mit Leben zu füllen“
Stuttgart. Die Literaturwissenschaftlerin Anat Feinberg und der Journalist Anton Maegerle sind mit der Joseph-Ben-Issachar-Süßkind-Oppenheimer-Medaille geehrt worden. Beide erhielten die von der Israelitischen Religionsgemeinschaft Württemberg (IRGW) und dem Landtag von Baden-Württemberg verliehene Auszeichnung am Donnerstag, 21. September 2023, bei einem Empfang zum jüdischen Neujahrsfest im Neuen Schloss in Stuttgart. Mit der Oppenheimer-Medaille wird alle zwei Jahre herausragendes Engagement in Wissenschaft und Publizistik gegen Minderheitenfeindlichkeit und Vorurteile gewürdigt.
Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) erklärte bei der Verleihung: „Es ist und bleibt die Verpflichtung aller mündigen Bürgerinnen und Bürger, unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung zu bewahren, zu gestalten und weiterzuentwickeln, die Werte des Grundgesetzes mit Leben zu füllen.“ Bei Anat Feinberg und Anton Maegerle bedankte sich die Landtagspräsidentin für ihr starkes gesellschaftliches Engagement: „Ich danke Ihnen beiden von Herzen für Ihren großen und unermüdlichen Einsatz für unsere Demokratie und die unantastbare Würde des Menschen.“
Prof. Dr. Anat Feinberg lehrt an der Hochschule für Jüdische Studien Heidelberg. Sie wurde vom Staatsministerium und der IRGW für die Oppenheimer-Auszeichnung vorgeschlagen und wird aufgrund ihres herausragenden Engagements für die deutsch-israelische Verständigung und für die hebräische Literatur und Kultur geehrt. Anton Maegerle wurde von der Landtagsabgeordneten Martina Häusler (Grüne) für die Auszeichnung vorgeschlagen. Er wird für sein beispielhaftes und mutiges publizistisches Engagement gegen Rechtsextremismus geehrt.
Die Landtagspräsidentin appellierte in ihrem Grußwort, die Geschichte des Namensgebers der Auszeichnung, Joseph Süß Oppenheimer, und anderer Entrechteter weiterhin zu erzählen, um Sichtbarkeit für historisches Unrecht zu schaffen: „Sichtbarkeit für lange Jahre der Verdrängung. Sichtbarkeit aber auch für das, was in einer demokratisch verfassten Gesellschaft auf vergangenes Unrecht und Verdrängung folgen kann, nämlich: Vielfalt. Toleranz. Und eine engagierte Zivilgesellschaft.“
Die Vorstandssprecherin der IRGW, Prof. Barbara Traub, wies in ihrem Grußwort auf die Bedeutung des jüdischen Neujahrsfestes hin: „Rosch HaSchana ist Neujahrstag und Jahrestag der Schöpfung zugleich. Er macht uns deutlich, was es bedeutet, in Gottes Welt ein Mensch zu sein. Mit Prof. Dr. Anat Feinberg und Anton Maegerle zeichnen wir heute zwei Persönlichkeiten aus, die mit ihrem Wirken über Jahrzehnte beigetragen haben, diesem Anspruch gerecht zu werden. Menschen, die wir in unserem Land Baden-Württemberg als unsere Vorbilder sehen.“ Die Laudatio für Preisträgerin Anat Feinberg hielt Dr. Rachel Salamander, Trägerin des Heinrich-Heine-Preises der Stadt Düsseldorf und des Schiller-Preises der Stadt Marbach. Laudator für Preisträger Anton Maegerle war Prof. Dr. Wolfgang Zimmermann, Leiter des Generallandesarchivs Karlsruhe, der den Preis stellvertretend für Maegerle entgegennahm.
Der Landtag von Baden-Württemberg und die Israelitische Religionsgemeinschaft Württemberg verleihen seit 2015 alle zwei Jahre die Oppenheimer-Auszeichnung im Gedenken an Joseph Ben Issachar Süßkind Oppenheimer. Oppenheimer wurde am 4. Februar 1738 aufgrund judenfeindlicher Anschuldigungen in Stuttgart Opfer eines Justizmordes und im Dritten Reich von der NS-Propaganda erneut judenfeindlich instrumentalisiert.
Vorherige Preisträgerinnen und Preisträger sind die Amadeu Antonio Stiftung, der Rabbiner Dr. Tovia Ben-Chorin und der Psychologe Ahmad Mansour, die ZDF-Journalistin Nicole Diekmann und der Geschichtsforscher Martin Ritter sowie die Soziologin Prof. Dr. Julia Bernstein und der Pfarrer Dr. Michael Volkmann. Die nicht dotierte Auszeichnung besteht aus einer Medaille und einer Urkunde. Entworfen wurde die Medaille von dem jüdischen Künstler Jacob Abitbol aus Schwäbisch Hall. Zentrale Elemente auf der Vorderseite bilden der Davidstern und ein Bildnis Oppenheimers. Die Rückseite zeigt die beiden Logos von Landtag und IRGW.
Bildungsausschuss befasst sich mit Sportunterricht und außerunterrichtlichen Sportangeboten
Stuttgart. Der Ausschuss für Kultus, Jugend und Sport hat in seiner Sitzung am Donnerstag, 21. September 2023, auf Antrag der SPD-Fraktion über die Lehrkräfteversorgung im Schulfach Sport beraten. Das hat die Ausschussvorsitzende Petra Häffner (Grüne) mitgeteilt. Überdies seien die Möglichkeiten von Schulsportangeboten außerhalb des Unterrichts und in Kooperation mit Sportvereinen diskutiert worden.
Die Antragsteller der SPD hätten beim Kultusministerium insbesondere erfragt, wie sich die Bewerber- und Lehrkräftesituation für das Schulfach Sport in den letzten fünf Jahren entwickelt habe, berichtete Häffner. Sportunterricht sei mit Blick auf den teils erheblichen Bewegungsmangel von Kindern und Jugendlichen, auch als Folge der Coronapandemie, und den kommenden Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung an Grundschulen ein wichtiger Faktor. Auch die wachsende Zusammenarbeit von Schulen und Vereinen sei hier besonders in den Blick zu nehmen. „Sport und Bewegung in der Schule ist für Kinder und Jugendliche immens wichtig. Neben den breiten Angeboten in den Schulen, der Umgestaltung von Pausenhöfen und Kooperationen mit Vereinen ist vor allem wichtig, wer vor Ort in den Schulen ist. Wir brauchen für den Schulsport motivierte Lehrkräfte und Übungsleiterinnen und Übungsleiter“, sagte die Ausschussvorsitzende.
Nach Angaben Häffners habe das Kultusministerium die Zahl der Lehrkräfte mit einer Lehrbefähigung für das Fach Sport an öffentlichen Schulen im Land im Schuljahr 2022/23 bei 17.272 angegeben. Kultusministerin Schopper habe in der Beantwortung des Antrags betont, dass auch außerunterrichtliche Schulsportangebote mehr und mehr an Bedeutung gewinnen würden, je mehr Zeit Kinder im Rahmen der Ganztagsbetreuung an der Schule verbrächten. Das Informationsportal „Schule Bewegt.“ (www.schule-bewegt.ssids.de(externer Link)) zeige Schulleitungen, Lehrkräften aller Fächer, aber auch Eltern und Schülerinnen und Schülern selbst, wie Sport und Bewegung besser in den Schulalltag integriert werden könnten. Schopper habe unter anderem auch auf die landesweite Schulsportaktionswoche im Juli 2022, den Schulsportwettbewerb „Jugend trainiert für Olympia & Paralympics“ und das interministerielle Landesprogramm „MOVERS – Aktiv zur Schule“ verwiesen.
Zu Kooperationsangeboten zwischen Schulen und Sportvereinen habe die Kultusministerin Häffner zufolge das baden-württembergische Kooperationsprogramm Schule – Sportverein hervorgehoben, das seit 1987/88 flächendeckend umgesetzt werde und die Schulen bei außerunterrichtlichen Sportangeboten unterstütze. Jedes Jahr würden rund 4.900 Maßnahmen bezuschusst. Seit dem Schuljahr 2021/22 würden auch Kooperationen im regulären Schwimmunterricht der Schulen gefördert. Im Schwimmen seien 2021/22 insgesamt 231 Kooperationen bezuschusst worden, davon 73 im regulären Schwimmunterricht, fasste die Ausschussvorsitzende die Angaben von Ministeriumsseite zusammen.
Corona-Soforthilfe: Offenen Fällen droht vollständige Rückzahlung bei weiter ausbleibender Rückmeldung
Stuttgart. Mit dem Stand der Rückzahlung der Corona-Soforthilfen und dem Wechsel des Anbieters zur Bearbeitung der Corona-Hilfsprogramme hat sich der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus in der Sitzung am Mittwoch, 20. September 2023, befasst. Zudem bewilligte der Ausschuss nach Angaben des Vorsitzenden Dr. Erik Schweickert eine weitere Finanzhilfe in Höhe von 526.150,00 Euro für die KI-Stiftung Heilbronn (Ipai) und formulierte eine dringende Bitte an den Europaausschuss.
Mit dem Stand der Rückzahlung der Corona-Soforthilfen in Baden-Württemberg beschäftigte sich der Ausschuss auf Antrag der FDP/DVP. Sie hatte diesbezüglich einen umfangreichen Fragenkatalog an das Wirtschaftsministerium gerichtet. Aus der Antwort geht hervor, dass im Rahmen der Corona-Soforthilfen insgesamt Hilfen in Höhe von 2,272 Milliarden Euro ausgezahlt wurden.
Wie das Ministerium erläuterte, hat die federführende L-Bank im Rahmen des vorgeschriebenen Rückmeldeverfahrens – dabei geht es um die Selbstüberprüfung der Rechtmäßigkeit der gewährten Hilfen – bis zum 30. Juni des laufenden Jahres gut 178.000 Rückmeldungen von Unternehmen erhalten. Bei rund 87.000 der Rückmeldungen wurde demnach angegeben, dass kein Rückzahlungsbedarf vorliege. In mehr als 91.000 Fällen seien Rückzahlungsbedarfe bei der L-Bank gemeldet worden. In rund 60.000 Fällen habe die L-Bank aber bislang keine Rückmeldung verzeichnet.
Wie der Ausschussvorsitzende Dr. Schweickert berichtete, habe es in der Sitzung fraktionsübergreifend geheißen, die Ehrlichen dürften nicht die Dummen sein. Mit Blick auf die 60.000 noch offenen Rückmeldungen habe Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut auf Nachfrage des Ausschussvorsitzenden klargestellt, dass man auch ihnen gegenüber auf eine Abschlussrechnung bestehen werde. Wenn diese nicht erfolge, seien die Corona-Hilfen vollständig rückzuzahlen. Die Ministerin habe zugesagt, dass dazu demnächst eine nochmalige schriftliche Aufforderung versandt werde, in der auch die Konsequenzen klar formuliert würden, berichtete Dr. Schweickert aus der Sitzung.
Nach Angaben des Ausschussvorsitzenden bekräftigte die Ministerin auf Nachfragen von FDP/DVP, SPD und AfD zudem, man werde mit Augenmaß auf wirtschaftliche Nöte von Hilfeempfängern reagieren. Es könne nicht sein, dass jemand durch Rückzahlungen in die Insolvenz getrieben werde, habe Dr. Hoffmeister-Kraut erklärt. Unternehmen müssten aber proaktiv auf die L-Bank zugehen und mögliche Erleichterungen bis hin zu Stundungen und Erlassen beantragen.
Ebenfalls auf Initiative der FDP/DVP thematisierte der Ausschuss den Wechsel des externen Anbieters, der für die L-Bank die Bearbeitung der Corona-Hilfsprogramme übernimmt. Wie Dr. Schweickert berichtete, äußerte die FDP/DVP in der Sitzung, der Wechsel zur Jahresmitte sei überraschend erfolgt, was Fragen nach den Hintergründen aufwerfe. Zudem gebe es Hinweise darauf, dass der Wechsel in der ersten Juli-Woche zu Verzögerungen bei der Fallbearbeitung geführt habe.
Nach Angaben des Ausschussvorsitzenden erklärten Vertreterinnen und Vertreter von L-Bank und Ministerium, der Anbieterwechsel sei rechtskonform erfolgt. Der Vertrag mit dem vorherigen Auftragnehmer sei ausgelaufen. Deshalb habe man europaweit neu ausgeschrieben. Das Beschwerdemanagement habe im Zuge des Wechsels keine Auffälligkeiten gezeigt.
Wie Dr. Schweickert bestätigte, bewilligte der Ausschuss eine weitere Finanzhilfe in Höhe von 526.150,00 Euro für die KI-Stiftung gGmbH Heilbronn (Innovation Park AI/Ipai) für das Vorhaben Reallabore Wohlgelegen. In den Reallaboren sollen insbesondere kleine und mittlere Unternehmen, Start-ups und Forschungs- sowie Hochschuleinrichtungen an den Künstliche-Intelligenz-Standort Heilbronn andocken können. Auch ein Besucherzentrum soll im Umfeld der Reallabore entstehen.
Große Einigkeit bestand nach einer intensiv geführten Diskussion im Ausschuss letztlich beim Tagesordnungspunkt „Unterrichtung des Landtags in EU-Angelegenheiten zur Einrichtung der Plattform ‚Strategische Technologien für Europa‘ (STEP)“. Entgegen der sonstigen Gepflogenheiten formulierte der Wirtschaftsausschuss auf Anregung der CDU-Fraktion einstimmig eine dringende Bitte an den federführenden Europaausschuss. Dieser solle sich dafür einsetzen, dass auch Baden-Württemberg von EU-Förderprogrammen profitieren könne und selbst stärker fördern dürfe, berichtete Dr. Schweickert. Aktuell sei dies vielfach nicht möglich, da Baden-Württemberg im EU-Vergleich wirtschaftlich gesehen überdurchschnittlich stark sei und dadurch keine Unterstützungen erhalte oder geben dürfe. Die neue Plattform werde dieses Regime in der aktuellen Fassung jedoch nicht durchbrechen. Damit würden aber auch weiter nur schwache Regionen unterstützt. Technologiezentren und wirtschaftlich starke Regionen wie eben Baden-Württemberg seien bei den aktuell anstehenden Herausforderungen der Transformation deshalb benachteiligt. Die EU müsse es ermöglichen, auch vorhandene Stärken weiter zu fördern und Europa somit insgesamt wettbewerbsfähiger zu machen, beschreibt der Ausschussvorsitzende die Hintergründe.
Weitere Themen im Ausschuss laut Dr. Schweickert: Entwicklung der Verbraucherinsolvenzen im Land; Sachstand der mit 1,9 Millionen Euro geförderten App, die durch Hustengeräusche eine Corona-Infektion erkennen soll sowie die Entwicklung der dualen beruflichen Ausbildung im Land.
Entwicklung und Förderung von Ökolandbau
Stuttgart. Der Ausschuss für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz hat sich in seiner Sitzung am Mittwoch, 20. September 2023, auf Antrag der SPD-Fraktion mit der Entwicklung und Förderung von Ökologischem Landbau in Baden-Württemberg befasst. Das hat der Ausschussvorsitzende Martin Hahn (Grüne) mitgeteilt. Die Antragsteller wiesen Hahn zufolge darauf hin, dass es sich die Landesregierung mit der Verabschiedung des Biodiversitätsstärkungsgesetzes auch zum Ziel für das Jahr 2030 gemacht habe, dass der Biolandbau in Baden-Württemberg 30 bis 40 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche erreiche. Dieses Ziel könne nach Ansicht der Antragsteller mit den derzeitigen Zuwächsen nicht erreicht werden, da sich die Förderbedingungen für viele Ökobetriebe eher verschlechtern würden. Laut Hahn sei vonseiten des Landwirtschaftsministeriums angeführt worden, dass die ökologisch bewirtschaftete Fläche in Baden-Württemberg seit Jahren ansteige, zuletzt auf mehr als 200 000 Hektar und damit 14,5 Prozent der Landesfläche (2022). Die neue Förderperiode der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) 2023 bis 2027 ziele mit ihren Fördermitteln auf eine umweltschonendere Landwirtschaft und konzentriere die öffentlichen Mittel noch stärker darauf. Einige Fördermaßnahmen wie die Greeningprämie fielen nun weg, was Betriebe im Ökolandbau ebenso wie konventionelle Betriebe betreffen könne. Modellrechnungen zeigten allerdings, dass ökologisch wirtschaftende Ackerbaubetriebe den Verlust dieser Prämien weitgehend ausgleichen könnten: Das Förderprogramm Agrarumwelt, Klimaschutz und Tierwohl (FAKT II) biete hierfür erweiterte Kombinationsmöglichkeiten und neue, in Ökobetrieben gut umsetzbare Maßnahmen. „Die Prämien der FAKT II-Maßnahme Ökolandbau betragen im Antragsjahr 2023 für Acker und Grünlandbau 430 Euro/Hektar (Einführung) bzw. 240 Euro/Hektar (Beibehaltung), 2015 waren es 350 Euro/Hektar (Einführung) bzw. 230 Euro/Hektar (Beibehaltung). Auch bei Gartenbau und Dauerkulturen sind die Prämienhöhen gesteigert worden“, fasste Hahn die Angaben des Landwirtschaftsministeriums zusammen.
Enquetekommission „Krisenfeste Gesellschaft“ hört Sachverständige zum Thema „Gesellschaftliche Polarisierung und gesellschaftlicher Zusammenhalt“
Stuttgart. Die Enquetekommission „Krisenfeste Gesellschaft“ hat sich in ihrer öffentlichen Sitzung am Freitag, 21. Juli 2023, mit dem Thema „Gesellschaftliche Polarisierung und gesellschaftlicher Zusammenhalt“ befasst. Dazu hörten die Mitglieder des Gremiums mehrere Sachverständige an. Das teilte der Vorsitzende der Enquetekommission, Alexander Salomon (Grüne), mit.
„In Krisenzeiten verstärken sich Tendenzen in Teilen der Gesellschaft, radikalen Ansichten und Verschwörungsmythen anzuhängen. Deswegen ist es wichtig, die Empfänglichkeit für extremistische Narrative zu senken, um die Gesellschaft resilient zu machen und vor einer Spaltung zu schützen. Ein krisenfestes Gemeinwesen braucht Zusammenhalt“, gab Salomon Erkenntnisse des Tages wieder. „Während der Corona-Pandemie haben sich Verschwörungsmythen, die oft rechtsextremes und antisemitisches Gedankengut beinhalten, weit verbreitet. Dies gefährdet den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Durch Prävention, die Förderung von De-Radikalisierungsprogrammen und gezielten Minderheitenschutz können wir dem entgegenwirken. Auch klare Kommunikation und das Offenlegen von Desinformation sind essentiell“, fuhr Salomon fort. Die Fachleute führten ihre Expertisen zu den Themen gesellschaftliche Polarisierung, gesellschaftlicher Zusammenhalt, zu aktuellen Dynamiken von Verschwörungstheorien und antidemokratischen Orientierungen, aber auch zur Bedeutung der Religion und von bürgerschaftlichem Engagement aus. Die Aufzeichnung der öffentlichen Anhörung kann in der Mediathek des Landtags im Nachgang hier (externer Link)angeschaut werden.
„In der nichtöffentlichen Sitzung hat das Gremium die Themen für die Sitzung am 13. Oktober 2023 festgelegt und über die Sachverständigen für die Sitzung abgestimmt“, berichtete der Vorsitzende weiter. Am 13. Oktober will das Gremium Expertinnen und Experten zum Thema „Auswirkungen akuter Krisen auf wirtschaftliche Zusammenhänge“ anhören. Eingeladen werden u.a. Martin Gross, Landesbezirksleiter von Ver.di sowie Christian O. Erbe, Präsident der Baden-Württembergischen Industrie- und Handelskammer. Weitere Referentinnen und Referenten würden mittels Umlaufverfahren bestimmt, so Alexander Salomon.
Die nächste öffentliche Sitzung der Enquetekommission findet am Freitag, 22. September 2023, statt. An diesem Tag führt das Gremium eine öffentliche Aussprache zum dritten Handlungsfeld durch (Berücksichtigung gesellschaftlicher Strukturen und Betroffenheiten bei der Krisenvorsorge und Krisenbewältigung). Außerdem wird Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut, Ministerin für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus, zu ökonomischen Aspekten gehört werden.
Austausch zwischen Baden-Württemberg und Nordfinnland wird fortgesetzt
Stuttgart. Nach Oulu in Nordfinnland führt in der kommenden Woche eine Delegationsreise von Landtagspräsidentin Muhterem Aras mit Mitgliedern des Landtags. Die Delegationsreise vom 23. bis 26. Juli 2023 findet im Rahmen der seit mehr als 30 Jahren bestehenden Partnerschaft zwischen Oulu/Nordfinnland und dem Landtag statt.
„Ich freue mich, dass der Landtag die regelmäßigen Besuche unserer nordfinnischen Freunde in Baden-Württemberg erstmals seit 2017 mit einem Gegenbesuch erwidern kann“, erklärt Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne). Nach dem Ende der coronabedingten Reisebeschränkungen gelte es, die seit Jahrzehnten bestehende Partnerschaft zu vertiefen. Die Beziehungen zwischen Baden-Württemberg und Nordfinnland seien vielfältig und lebendig. Zahllose Organisationen und Unternehmen sowie Träger der Zivilgesellschaft pflegten intensive Kontakte. So sei zuletzt im Oktober 2022 die Kooperation zwischen dem Nationalpark Schwarzwald und Nationalparks im Großraum Oulu durch ein Abkommen gefestigt worden.
Auf dem Programm der Delegationsreise des Landtags stehen Gespräche mit Terttu Savolainen, Generaldirektorin des Regionalverwaltungsamtes Nordfinnland, und weiteren Vertreterinnen und Vertretern der örtlichen Regionalverwaltung und Regionalregierung sowie Besuche unter anderem von medizinischen Versorgungseinrichtungen und Unternehmen der IT-Industrie. Geplant ist zudem ein Besuch des regionalen Militär- und Grenzschutzkommandos, das einen Teil der insgesamt 1300 Kilometer langen finnischen Landesgrenze zu Russland überwacht. Seit dem Nato-Beitritt Finnlands am 4. April 2023 ist das Kommando in die Sicherheitsstrukturen des westlichen Verteidigungsbündnisses eingebunden.
Die Landtagspräsidentin wird von Vertretern aller fünf Fraktionen begleitet. Mit dabei sind: Bernd Mettenleiter (Grüne), Guido Wolf (CDU), Nicolas Fink (SPD), Stephen Brauer (FDP/DVP) und Dr. Rainer Balzer (AfD). Auch Landtagsdirektorin Christine Werner gehört der Delegation an.
UsA „IdP & Beförderungspraxis“ legt Sitzungstermine für die erste Jahreshälfte 2024 fest
Stuttgart. Der Untersuchungsausschuss „IdP & Beförderungspraxis“ hat heute seine Sitzungstermine für die erste Jahreshälfte 2024 festgelegt. Außerdem wurde ein zusätzlicher Termin für 2023 beschlossen. Das hat die Vorsitzende Daniela Evers (Grüne) mitgeteilt.
Im Sitzungskalender 2024 finden sich folgende Termine: Montag, 15. Januar 2024, Montag, 26. Februar 2024, Montag, 11. März 2024, Montag, 22. April 2024, Montag, 13. Mai 2024, Montag, 17. Juni 2024
Montag, 15. Juli 2024.
Hinzu kommt ein Zusatztermin für 2023: Donnerstag, 5. Oktober 2023.
Europaausschuss befasst sich mit Landespartnerschaft mit Burundi und Europa Zentrum Baden-Württemberg
Stuttgart. Der Ausschuss für Ausschuss für Europa und Internationales hat sich in seiner öffentlichen Sitzung am Mittwoch, 12. Juli 2023, über den Stand der baden-württembergischen Partnerschaft mit Burundi und die Delegationsreise nach Burundi Ende Juni 2023 informiert. Das hat der Ausschussvorsitzende Willi Stächele (CDU) mitgeteilt. Überdies sprach der Vorsitzende des Europa Zentrums Baden-Württemberg, Peter Hofelich, im Ausschuss über die aktuellen Vorhaben des Fördervereins.
In der Sitzung berichteten Staatssekretär Rudi Hoogvliet und der geschäftsführende Vorstand der Stiftung Entwicklungs-Zusammenarbeit Baden-Württemberg (SEZ), Philipp Keil, über die Struktur der Burundi-Partnerschaft und Ergebnisse der Delegationsreise. „Bei dieser ersten Delegationsreise der baden-württembergischen Landesregierung nach Burundi seit 2014 mit Staatssekretär Hoogvliet und SEZ-Vorstand Keil haben Mitglieder des Landtags und des Europaauschusses, aber auch Vertreterinnen und Vertreter aus Wirtschaft, Wissenschaft, Zivilgesellschaft, von Städten, Gemeinden, Schulen und Hochschulen auf Einladung der burundischen Regierung unser Partnerland besucht“, berichtete Stächele. Staatssekretär Hoogvliet habe im Ausschuss dargelegt, dass die Gespräche mit der Regierung Burundis nach einer politisch schwierigen Phase wiederaufgenommen und mit der Opposition und politischen Hoffnungsträgern vertieft worden seien. Auch der Besuch des 2017 eröffneten Deutsch-Zentrums an der Universität von Burundi, an dem inzwischen 1500 Studierende lernen, und des neu errichteten Verbindungsbüros der SEZ in Bujumbura standen bei der Reise auf dem Programm. Insbesondere sollten die fünf Schwerpunkte des Burundi-Bündnisses, die Cluster Agroforst, Versöhnung, Governance/Kommunen, „Schulinitiative Amahoro Burundi“ und Gesundheit auf der Reise weiter vertieft werden.
Auf Antrag der FDP/DVP-Fraktion befasste sich der Ausschuss auch mit der Zusammenarbeit in der Landespartnerschaft nach Beginn des russischen Angriffskrieges und Burundis politische Beziehungen zur Russischen Föderation.
Die Stiftung Entwicklungs-Zusammenarbeit Baden-Württemberg wurde 1991 vom Landtag von Baden-Württemberg errichtet. Die SEZ fördert und vernetzt private, kommunale und regionale Initiativen zur Verbesserung und Vertiefung der Entwicklungszusammenarbeit mit den Ländern des Globalen Südens. Sie betreut die zivilgesellschaftlichen Verbindungen zwischen Baden-Württemberg und Burundi.
Peter Hofelich, seit April 2023 Vorsitzender des Europa Zentrums Baden-Württemberg, berichtete im Ausschuss von der Arbeit des Fördervereins und des sechsköpfigen Vorstands. Das Europa Zentrum Baden-Württemberg ist seit 1976 als Institut und Akademie für Europafragen eine überparteiliche, unabhängige, gemeinnützige Einrichtung der europabezogenen Politikvermittlung. An Projekten sollen in den nächsten zwei Jahren vor allem die weitere Kontaktaufnahme nach Brüssel und die Ausweitung politischer Bildungsangebote Europa Zentrums wie etwa der Europaaktionstag oder die Fachtagung Europa im Vordergrund stehen. Hofelich betonte außerdem, das Zentrum wolle über Diskussionsforen mehr Möglichkeiten für den kontroversen Austausch über europapolitische Themen bieten, was im Ausschuss fraktionsübergreifend begrüßt wurde. „Der Ausschuss gratuliert zur Wahl Peter Hofelichs als Vorsitzender des Europa Zentrums Baden-Württemberg und wünscht ihm viel Erfolg für die kommende Zeit. Der Einladung zum politischen Austausch im Europa Zentrum folgen wir alle gern“, so Ausschussvorsitzender Stächele.
Staatssekretär Florian Hassler berichtete anschließend von der Arbeit des Deutsch-Französischen Ausschusses für grenzüberschreitende Zusammenarbeit (AGZ). Das Gremium trifft sich zweimal jährlich. Bei der letzten Sitzung in Landau (Rheinland-Pfalz) seien insbesondere das Mondorfer Abkommen von 1997 zur Zusammenarbeit der Polizei- und Zollbehörden in den Grenzgebieten sowie der Ausbau grenzüberschreitender Bahnverbindungen und Ausbildungen thematisiert worden.
Arbeiten im Herzen der Demokratie: Landtag stellt sich als Arbeitgeber vor
Stuttgart. Der Landtag von Baden-Württemberg schärft sein Profil als Arbeitgeber: Bis zum Beginn der Sommerpause erscheinen auf den Social-Media-Kanälen des Landtags insgesamt fünf Videoclips, in denen die Landtagsverwaltung als Arbeitsplatz im Mittelpunkt steht. Nach der Sommerpause wird die Kampagne fortgesetzt. Dann erscheint ein weiterer Videoclip.
„Als Ort für wichtige politische Entscheidungen ist der Landtag von Baden-Württemberg ja bekannt. Aber er ist auch ein spannender Arbeitsplatz – gemeinsam sorgen mehr als 300 Mitarbeitende in der Landtagsverwaltung dafür, dass der Parlamentsbetrieb reibungslos läuft“, erklärt Landtagsdirektorin Christine Werner. Als Arbeitgeber benötige der Landtag Personal für ganz unterschiedliche Aufgaben und Anforderungen in der Landtagsverwaltung. Er biete vielfältige Chancen für den beruflichen Ein- und Aufstieg im Herzen der Demokratie. „Darauf wollen wir erstmals in dieser Form hinweisen und hoffen, so auch Menschen zu erreichen, die den Landtag bisher nicht als möglichen Arbeitsplatz wahrgenommen haben“, so die Landtagsdirektorin.
In den Videoclips, die von der Stuttgarter Agentur Yaez produziert wurden, wird der Landtag als Arbeitsplatz im Herzen der Demokratie vorgestellt. Vier Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus verschiedenen Abteilungen der Landtagsverwaltung berichten persönlich, was ihnen an ihrer Tätigkeit besonders gefällt.
Der Landtag beschäftigt Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus den verschiedensten Berufen und Berufsgruppen. Nach der Sommerpause werden wieder neue Stellen in der Landtagsverwaltung ausgeschrieben. Die Kampagne zur Personalgewinnung auf den Social-Media-Kanälen wird dann fortgesetzt.
Das Startvideo der Kampagne finden Sie unter anderem hier:
https://www.youtube.com/watch?v=Cj_OTqt8jjY(externer Link)
Präsidentin Aras: Die Zukunft des Erinnerns und die Zukunft unserer Demokratie liegen in unser aller Hand
Stuttgart/Mössingen/Rexingen/Gäufelden/Rottenburg am Neckar. Im Zeichen der Erinnerung an die Opfer der NS-Diktatur und an den Widerstand gegen den Terror stand am 12. und 13. Juli 2023 die diesjährige Gedenkstättenreise von Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne). Sie besuchte verschiedene Gedenkorte in den Landkreisen Tübingen, Böblingen und Freudenstadt, um an den Beginn der Zerstörung der Demokratie vor 90 Jahren zu erinnern.
Der 30. Januar 1933 markiert mit der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler den Beginn der NS-Diktatur, die Terror, Verfolgung und Vernichtung nach sich zog. Schon im März 1933 war mit dem Ermächtigungsgesetz die für eine demokratische Staatsordnung konstituierende Gewaltenteilung aufgehoben worden. „Die vielen Gedenkorte in Baden-Württemberg erinnern uns nicht nur an historische Ereignisse. Sie erinnern uns, dass unsere Grundwerte eine Antwort sind: auf Unrecht, auf Hass, auf Unmenschlichkeit“, erklärte Landtagspräsidentin Aras im Rahmen der Gedenkstättenreise. Gedenkorte seien eine Mahnung, „für diese Grundwerte auch einzustehen“.
„Unsere Demokratie hat nur eine Zukunft, wenn das Erinnern eine Zukunft hat“, zeigte sich Aras überzeugt. Die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit könne dabei helfen zu verstehen, wie fragil Demokratie ist, wenn Menschen sich nicht aktiv dafür einsetzen. „Gesetzestexte allein können unsere Werte nicht garantieren. Dazu braucht es Zivilcourage. Es braucht Menschen, die aufstehen, wenn diese Werte angegriffen werden.“ Darin, so Aras, „besteht unsere Pflicht als mündige Bürgerinnen und Bürger, als Demokratinnen und Demokraten“.
Bei ihren Gedenkstättenreisen in Kooperation mit der Landeszentrale für politische Bildung sucht die Landtagspräsidentin den Austausch mit Ehrenamtlichen, die sich an unterschiedlichen Gedenkorten in Baden-Württemberg für die Aufarbeitung der nationalsozialistischen Gewaltverbrechen einsetzen.
Aras traf in den vergangenen beiden Tagen unter anderem auf engagierte Ehrenamtliche in Gedenkstätten und Vereinen, auf Aktive der Jugendgedenkarbeit sowie auf Nachfahren der Streikführer des Mössinger Generalstreiks von 1933.
Die Landtagspräsidentin informierte sich über aktuelle Themen der Gedenkstättenarbeit und würdigte die oft ehrenamtliche Arbeit der Menschen, die eine lebendige Erinnerungskultur pflegen, um Demokratie und Grundwerte auch heutzutage zu wahren und zu verteidigen. „Ich danke allen Ehren- und Hauptamtlichen, die die Gedenkarbeit maßgeblich tragen und oft einen sehr langen Atem benötigt haben, bis sie gesellschaftliche wie politische Unterstützung erhalten haben. Der Landtag von Baden-Württemberg steht mit großer Mehrheit hinter den Gedenkstätten im Land, was sich auch in einem über das letzte Jahrzehnt etwa verzehnfachtem Etat ausdrückt.“ Aras sprach sich dafür aus, sich für den weiteren Ausbau der Unterstützung einzusetzen, gerade um den Generationenwechsel in den Vereinen zu unterstützen. Sie zeigte sich erfreut, dass schon jetzt viele junge Menschen in der Gedenkarbeit tätig sind, u. a. als vom Landkreis Tübingen oder von der Landeszentrale für politische Bildung ausgebildete Jugendguides.
So diskutierten junge Ehrenamtliche auf Einladung der Stadt in einer öffentlichen Abendveranstaltung am 12. Juli mit dem Tübinger Kreisarchivar Hon. Prof. Wolfgang Sannwald, Dr. Ines Mayer von der KZ-Gedenkstätte Bisingen und der Mössinger Museumsleiterin Dr. Franziska Blum darüber, wie die Zukunft des Erinnerns an die NS-Zeit zukünftig gestaltet werden kann.
Zuvor war am Nachmittag die städtische Ausstellung „Vor 90 Jahren – Generalstreik in Mössingen“ in der Kulturscheune Mössingen sowie der Erinnerungskubus im Rathaus Mössingen besucht worden. Allein in Mössingen war man am 31. Januar 1933 einem reichsweiten Aufruf zum Generalstreik gefolgt, um gegen die Ernennung Hitlers zum Reichskanzler zu protestieren. „Es hat mich unglaublich beeindruckt und berührt, wie schnell die Mössingerinnen und Mössinger Widerstand geleistet haben“, bekannte Aras. Die Landtagspräsidentin nahm Bezug auf die Aufarbeitung des Streiks vor 90 Jahren, die erst Jahrzehnte später begonnen hatte und vor Ort kontrovers diskutiert worden war. Auch wenn es lange gedauert habe, sei sie froh, dass inzwischen an den Widerstand erinnert werde, sagte Aras. Die Auseinandersetzung der Gemeinde mit der eigenen Geschichte sei notwendig für ein aufrichtiges Zusammenleben. Mössingen könne stolz auf den frühen Widerstand gegen Hitler sein.
Der Donnerstag, 13. Juli, begann in der Forschungs- und Archivstelle Artur und Felix Löwenstein in Mössingen. Der Löwenstein-Forschungsverein e. V. (gegr. 2007) erforscht die Familiengeschichte der Brüder Artur und Felix Löwenstein, die 1919 das Textilunternehmen „Pausa“ in Mössingen gegründet hatten. Die „Löwenstein’sche Pausa“ propagierte seit 1921 nach eigener Aussage den „modernen Stil“ und arbeitete seit 1928 mit dem Bauhaus zusammen, indem u. a. Studentinnen aus Dessau in Mössingen Praktika absolvierten. 1936 wurde das jüdische Unternehmen von Nationalsozialisten enteignet, ihre Besitzer Artur und Felix Löwenstein wurden mit ihren Familien vertrieben. 73 Jahre danach kamen 2009 auf Initiative des Vereins erstmalig Nachkom¬men der Firmengründer nach Mössingen. Zehn Jahre später rief der Verein zusammen mit den Nachkommen und mit Unterstützung der Stadt Mössingen sowie des Landkreises Tübingen die „Forschungs- und Archivstelle Artur und Felix Löwenstein“ ins Leben. „Ich danke dem Löwenstein-Forschungsverein dafür, dass er die Erinnerung an den Mössinger Generalstreik, die Familie Löwenstein und damit auch das jüdische Erbe in Mössingen aufrechterhält“, sagte Landtagspräsidentin Aras.
Weiter ging es in der ehemaligen Synagoge und auf dem Jüdischen Friedhof in Rexingen. In Rexingen ist das Zusammenleben von Christen und Juden ab 1516 bezeugt. Die Synagoge wurde 1837 eingeweiht. Von den knapp 1.000 Einwohnerinnen und Einwohnern waren 1933 etwa ein Drittel jüdisch. 41 Rexinger Männer, Frauen und Kinder schlossen sich 1938 einer im Deutschen Reich einzigartigen Gruppen-auswanderung nach Palästina an. Sie gründeten im britischen Mandatsgebiet die Siedlung Shavei Zion. Am 9. November 1938 wurde die Synagoge Rexingen geschändet. Über 120 Personen wurden deportiert, nur drei überlebten. 1952 richtete die evangelische Pfarrgemeinde Horb-Dettingen eine Kirche in dem Gebäude ein, in dem seit 1997 der Rexinger Synagogenverein seinen Sitz hat. Landtagspräsidentin Aras zeigte sich beindruckt vom großen Engagement der Vereinsmitglieder, die Gedenkstätte zu erhalten, intensive Beziehungen nach Shavei Zion und den Nachfahren der Rexinger Jüdinnen und Juden zu gestalten sowie mit Schulen anhand des jüdischen Erbes zukunftsorientierte Erinnerungsarbeit zu leisten. So pflegen regelmäßig Schülerinnen und Schüler den Jüdischen Friedhof Rexingen. Dieser wurde 1760 angelegt und gehört mit mehr als 1.100 Gräbern zu den größten jüdischen Friedhöfen in Baden-Württemberg. Der Verein „Ehemalige Synagoge Rexingen“ leistet unter anderem Erinnerungsarbeit mit einer digitalen Datenbank, die auf über 100.000 jüdische Namen verweist.
Die KZ-Gedenkstätte Hailfingen-Tailfingen, nächste Station auf der Gedenkstättenreise, erinnert an die 601 jüdischen Häftlinge, die 1944/45 im KZ-Außen-lager Hailfingen/Tailfingen Zwangsarbeit leisten mussten, um den damaligen Nachtjägerflugplatz auszubauen und instandzuhalten. Aras besuchte das Dokumentationszentrum in Gäufelden-Tailfingen, das der 2010 für die Betreuung und Entwicklung der Gedenkstätte gegründete Verein „KZ Gedenkstätte Hailfingen Tailfingen e. V.” als Lernort für die regionale NS-Geschichte betreibt sowie das Mahnmal der KZ-Gedenkstätte Hailfingen/Tailfingen in Rottenburg am Neckar-Hailfingen. Das Mahnmal am westlichen Ende der ehemaligen Startbahn des Nachtjägerflughafens Hailfingen erinnert seit Juni 2010 an die 601 KZ-Häftlinge und hält ihre Namen fest. Es wurde von dem Ellwanger Künstler Rudolf Kurz aus Aluminium, dem Material des Flugzeugbaus, und aus Beton geschaffen und von der Stadt Rottenburg finanziert. Ein Gedenkpfad führt entlang dieser Spuren, vorbei an zwölf Stationen mit Informationstafeln und einem Audioguide. Auf dem Tailfinger Friedhof liegen 75 Häftlinge des KZ-Außenlagers begraben, ihre Namen konnten ihnen wiedergegeben werden.
„Es berührt mich sehr, wie würdevoll von der Leidensgeschichte und dem Widerstand der ehemaligen Häftlinge erzählt wird und wie der Verein und die beteiligten Städte sich damit auch gegen das Vergessen und für die Förderung der Demokratie heute einsetzen. Es stimmt mich hoffnungsfroh, dass junge Menschen eine aktive Rolle dabei einnehmen“, so Aras im Gespräch mit einem Jugendguide, der die Landtagspräsidentin über das Gelände führte und von einem Besuch in Israel ein bewegendes Audiovermächtnis des letzten noch lebenden Häftlings mitgebracht hatte.
Ständiger Ausschuss berät über Tätigkeitsbericht des Landesdatenschutzbeauftragten
Stuttgart. Künstliche Intelligenz und die Komplexität des europäischen Datenschutz- und Digitalrechts stellen zwei wesentliche Herausforderungen für den Datenschutz dar. Das wurde bei der Beratung des 38. Datenschutz-Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Baden-Württemberg für das Jahr 2022 in der Sitzung des Ständigen Ausschusses am Donnerstag, 13. Juli 2023, deutlich. „Die Abgeordneten wünschten dem neuen Datenschutzbeauftragten Prof. Dr. Tobias Keber anlässlich seines Amtsantritts im Juli viel Erfolg für seine Tätigkeit“, sagte der Vorsitzende des Gremiums, der CDU-Abgeordnete Guido Wolf. Zugleich hätten sie sich bei der Behörde für die bisher geleistete Arbeit bedankt.
Nach Angaben Guido Wolfs stellte der Datenschutzbeauftragte Prof. Dr. Tobias Keber in der Sitzung den Bericht für das vergangene Jahr vor. Demnach seien im Jahr 2022 bei der Behörde 3.796 Beschwerden eingereicht worden – fast doppelt so viele wie im Jahr 2016 (2.048 Beschwerden). Es seien 2.747 Datenpannen registriert worden. Keber habe die Zahl als „weiter hoch“ bezeichnet. Insgesamt seien 213 Bußgeldverfahren eingeleitet worden. Die Zahl der Verfahren sei damit signifikant höher als in den letzten beiden letzten Jahren und habe wieder das Niveau der „Vor-Corona“-Jahre erreicht.
Im Berichtszeitraum habe die Bußgeldstelle 19 Bußgeldbescheide erlassen, von denen 18 rechtskräftig geworden seien. Sie hätten sich sowohl gegen Unternehmen als auch nicht-unternehmerisch tätige natürliche Personen gerichtet. Während bei den Verfahren gegen Unternehmen die Verstöße vielfältiger Art waren, stand bei den Verfahren gegen nicht-unternehmerisch tätige natürliche Personen die zweckwidrige Verwendung von personenbezogenen Daten zu privaten Zwecken im Zentrum der Vorwürfe. Geldbußen wurden auch wegen heimlicher Videoüberwachung von Nachbar/innen oder wegen heimlichen GPS-Trackings von früheren Partner/innen oder flüchtigen Bekanntschaften verhängt. Insgesamt setzte die Behörde Bußgelder in einer Höhe von 145.950 Euro fest.
Dem Ausschussvorsitzenden Guido Wolf zufolge stellte Keber auch das nachhaltig große Interesse am Bildungs- und Beratungszentrum vor. Im vergangenen Jahr seien rund 120 Veranstaltungen mit über 3.200 Anmeldungen durchgeführt worden. Es habe damit bereits das dritte Jahr in Folge eine gestiegene Nachfrage gegeben. Eines der wichtigsten Fortbildungsangebote sei „Schule digital“. Das Angebot verfolge das Ziel, den Datenschutz an Schulen zu stärken. Dazu biete des Zentrum Schulungen für Lehrkräfte, Schulleitungen, Datenschutzbeauftragte, Eltern und Schülervertretungen an. 2022 hätten bei 60 Veranstaltungen fast 1.200 Interessierte teilgenommen. Das Zentrum entwickle sich durch seine erfolgreichen Formate immer mehr zu einer Wissens- und Diskussionsplattform, fasste Guido Wolf die Ausführungen des Datenschutzbeauftragten zusammen. Neben den Angeboten des Zentrums habe es zudem noch 1.935 individuelle Beratungen gegeben, was im Vergleich zum Vorjahr einem leichten Rückgang entspreche.
Darüber hinaus habe Prof. Dr. Keber bei der Vorstellung des Berichts einen Schwerpunkt auf die Veranstaltungsreihe „KI-Themenwoche“ gelegt, die im Juli 2022 stattgefunden habe. Teilgenommen hätten Akteure aus Wissenschaft, Wirtschaft, Verwaltung, Politik und Kultur. Die Themenwoche sollte einen Austausch mit und eine Vernetzung unter den relevanten Akteuren der KI-Entwicklung und -Anwendung in Baden-Württemberg ermöglichen. Dazu seien während der sechstätigen Veranstaltungsreihe 29 Referenten/innen eingeladen gewesen. Das erfolgreiche Format solle in diesem Jahr fortgesetzt werden. Da Künstliche Intelligenz künftig noch stärker in der Arbeitswelt, im Gesundheitswesen und in der Forschung Anwendung finde, werde der Datenschutz in diesen Bereichen noch stärker gefordert sein.
Ein weiteres Schwerpunktthema sei der Datenschutz auf europäischer Ebene gewesen. Es gebe eine Vielzahl europäischer Datenschutz- und Digitalregelungen, die unterschiedliche Bereiche der Digitalisierung betreffen. Aufgabe der Landesdatenschutzbehörde sei es daher auch, das komplexe Zusammenspiel des europäischen Datenschutzrechts zu überblicken.
Darüber hinaus würden in dem in zehn Kapitel unterteilten Tätigkeitsbericht auch Maßnahmen vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie, die digitale Bildungsplattform und der Einsatz von Microsoft 365 an Schulen thematisiert. Prof. Keber habe in der Sitzung ausgeführt, dass bei den vom LfDI durchgeführten Untersuchungen zu Microsoft 365 im Rahmen des Pilotversuchs des Kultusministeriums datenschutzrechtliche Probleme bei der Verwendung durch Schulen festgestellt worden seien. Aus Sicht des Datenschutzbeauftragten werde es ohne weitere Maßnahmen der verantwortlichen Stellen ein sehr schwieriger Einsatz der Software, berichtete der Vorsitzende Guido Wolf.
Landesentwicklungs-Ausschuss berät über Gewinnung von Nachwuchskräften in der Denkmalpflege
Stuttgart. Der Ausschuss für Landesentwicklung und Wohnen hat sich in seiner Sitzung am Mittwoch, 12. Juli 2023, auf Antrag der Grünen-Fraktion mit Aus-, Fort- und Weiterbildungen in der Denkmalpflege und der Gewinnung von Fachkräften befasst. „Der Erhalt des baukulturellen Erbes ist für das Land von großer Bedeutung. Zur Erfüllung des Auftrags braucht es auch in Zukunft fachlich ausgebildete Praktikerinnen und Praktiker. Darin waren sich die Abgeordneten im Ausschuss einig“, sagte die Vorsitzende Christiane Staab (CDU). Insbesondere das Landesamt für Denkmalpflege (LAD) leiste einen großen Beitrag, um qualifizierte Fachkräfte zu gewinnen.
Nach Angaben der Vorsitzenden gibt es in Baden-Württemberg eine ganze Reihe an Programmen, Offensiven und Aktionen, mit denen auch bei jungen Menschen das Interesse für Denkmale geweckt werden soll. „Die Landesdenkmalpflege setzt sich im Rahmen der Öffentlichkeits- und Vermittlungsarbeit sehr dafür ein, junge Menschen für die Denkmalpflege und eine Ausbildung, ein Studium und/oder eine Tätigkeit in diesem Bereich zu begeistern“, berichtete Staab. Dies zeige sich besonders bei den Projekten der Jugendbauhütte Baden-Württemberg und dem Projekt „Schüler erleben Denkmale“ sowie dem Angebot der wissenschaftlichen Volontariate beim LAD.
Im Jubiläumsjahr des Denkmalschutzgesetzes 2022 habe das Ministerium für Landesentwicklung und Wohnen nach eigenen Angaben gemeinsam mit dem Landesamt für Denkmalpflege eine Öffentlichkeitsoffensive gestartet. Highlights seien der Festakt „50 Jahre Denkmalschutzgesetz“ in Stuttgart und das Festwochenende zur Einschreibung Baden-Badens in die UNESCO-Welterbeliste mit mehr als 10.000 Gästen gewesen. Ein weiterer wichtiger Baustein der Öffentlichkeitsoffensive sei mittelfristig das Denkmalportal, das aktuell erstellt werde. Es solle der Transparenz sowie einer bürgernahen und informativen Präsentation der Denkmallandschaft Baden-Württembergs im Internet dienen und Serviceinformationen bereitstellen. Unter anderem seien in diesem Portal eine Denkmaldatenbank, eine Wissens- und Fortbildungsplattform, ein Modul zum Welterbe und ein Veranstaltungskalender geplant, berichtete Staab.
Die berufliche Weiterbildung stehe ebenfalls im Fokus der Landesdenkmalpflege, da das kulturelle Erbe des Landes nur mit qualifiziertem Nachwuchs unter Bewahrung traditioneller Handwerkstechniken in die Zukunft geführt werden könne. Hierfür habe das LAD eine Wissensplattform und neue Fortbildungsformate entwickelt. Weiterhin sei die Vernetzung mit Fortbildungsträgern auf dem Feld der Denkmalpflege ausgebaut worden. Um Nachwuchskräfte zu gewinnen, werde versucht, Jugendliche schon frühzeitig für den Denkmalschutz zu begeistern. So existiere etwa seit dem Schuljahr 2009/2010 das Projekt „Schüler erleben Denkmale“. Das Projekt verfolge das Ziel, Kinder und Jugendliche z.B. im Rahmen von Projektwochen oder Seminaren für den Wert und den Erhalt des kulturellen Erbes am Beispiel der Denkmalpflege zu sensibilisieren.
„Denkmal aktiv – Kulturerbe macht Schule“ sei ein Schulprogramm der Deutschen Stiftung Denkmalschutz unter Schirmherrschaft der Deutschen UNESCO-Kommission. Es fördere schuljahrbezogene Denkmalprojekte und Projektwochen zu den Themen Kulturerbe und Denkmalschutz. Bei beiden Förderangeboten stehe wie bei der Aktion „Schüler erleben Denkmale“ das Denkmal als Lernort im Mittelpunkt. Unter anderem für die landeseigene Aktion sei seit dem Jahr 2010 eine ehemalige Lehrkraft beim LAD tätig. Jugendbauhütten (JBH) seien ein Jugendbildungsprojekt im Bereich Handwerk und Denkmalpflege der Deutschen Stiftung Denkmalschutz in Trägerschaft der Internationalen Jugendgemeinschaftsdienste (ijgd). Die Initiative, in deren Rahmen Jugendliche im Alter von 16 bis 26 Jahren ein Freiwilliges Soziales Jahr oder den Bundesfreiwilligendienst in der Denkmalpflege absolvieren können, bestehe seit 1999. Sie ziele darauf ab, junge Menschen für eine Tätigkeit in der praktischen Denkmalpflege zu gewinnen, indem praxisnah historische Handwerkstechniken, Baumaterialien und -stile sowie deren Einsatz in der Denkmalpflege vermittelt werden. Das MLW fördere die 2019 gegründete und in Esslingen beheimatete Jugendbauhütte Baden-Württemberg. Die Jugendbauhütte öffne jedes Jahr 22 Freiwilligen die Türen.
Nur wenn Handwerksbetriebe in ausreichender Zahl entsprechend qualifiziert seien, um Arbeiten an Denkmalen sachgerecht auszuführen, könne es gelingen, diesen Schatz zu bewahren, sagte Staab. In Baden-Württemberg würden hierzu eine Reihe beruflicher Weiterbildungen angeboten, die dazu beitragen, die Fachkräfte im Handwerk entsprechend zu qualifizieren. Im Falle von Aufstiegsfortbildungen fördere das Wirtschaftsministerium gemeinsam mit dem Bund diese Maßnahmen über das Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz (AFBG). Zu den förderfähigen Fortbildungen, die auch für die Denkmalpflege relevant sein können, zählten beispielsweise Dachdeckermeister/-in, Glasermeister/-in, Steinmetz- und Steinbildhauermeister/-in oder Holz- und Bautenschutztechniker/-in.
Wie Staab ausführte, zeigten sich die Abgeordneten sehr beeindruckt von den vielen Angeboten des Landesamts für Denkmalschutz. „Die Abgeordneten sprachen dem Landesamt für Denkmalschutz ihren Dank für das große Engagement zum Erhalt von Denkmalen in Baden-Württemberg aus“, sagte die Vorsitzende.
Regulierung von per- und polyfluorierten Alkylsubstanzen im Umweltausschuss thematisiert
Stuttgart. In seiner Sitzung am Donnerstag, 13. Juli 2023, hat der Ausschuss für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft auf Antrag der FDP/DVP-Fraktion über mögliche Risiken bei der Beschränkung von per- und polyfluorierten Alkylsubstanzen (PFAS) beraten. Das hat Gabriele Rolland (SPD), die als dienstältestes Ausschussmitglied heute in Vertretung des Vorsitzenden die Sitzung leitete, mitgeteilt. „PFAS werden in verschiedenen Wirtschaftsbereichen wie etwa in der Medizintechnik verwendet, wo sie momentan nicht ersetzt werden können“, so Rolland.
„Verunreinigungen von Böden und Grundwasser durch PFAS wie etwa in Mittelbaden zeigen aber, wie langwierig und auch teuer es wird, wenn diese nicht in der Natur vorkommenden Stoffe in unser Ökosystem gelangen“, erklärte Rolland weiter. Die Antragsteller hinterfragten in ihrer Anfrage an das Umweltministerium die von Deutschland und weiteren EU-Mitgliedstaaten angekündigte restriktivere Regulierung von PFAS. Rolland zufolge mahnten sie an, der Regulierungsentwurf zähle zu den weitreichsten Beschränkungsvorstößen seit Inkrafttreten der EU-Chemikalienverordnung REACH und könne insbesondere die Wirtschaft in Deutschland und Baden-Württemberg empfindlich schwächen. Per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen seien für viele Produktionsprozesse in der Automobilindustrie, bei Erneuerbaren Energien, im Maschinen- und Anlagenbau, in der Gesundheitswirtschaft und Medizintechnik, in der Halbleiterfertigung sowie in der Chemischen und Elektroindustrie unerlässlich. Die Opposition habe von der Landesregierung wissen wollen, welche konkreten Erkenntnisse ihr über die PFAS-Belastung von Mensch, Tier und Umwelt in Baden-Württemberg vorliegen würden. Zudem sei gefragt worden, wie verschiedene Industrien von einem überwiegenden Verbot von PFAS betroffen sein könnten und wie verfügbare Alternativen zu bewerten seien.
Das Ministerium habe zu PFAS-Belastungen von Mensch, Tier und Umwelt ausführlich Stellung genommen, so Rolland. Aufgrund der bereits bekannten Verunreinigung von landwirtschaftlichen Flächen und Grundwasser mit PFAS in Mittel- und Nordbaden würden tierische und pflanzliche Lebensmittel und Trinkwasser in dieser Region gezielt und regelmäßig auf PFAS untersucht. „Der aktuelle Halbjahresbericht für den Kreis Rastatt liegt vor und macht deutlich, wie lange wir uns mit diesem Thema beschäftigen müssen und wie intensiv die Lebensmittelproduktion nach solchen Ereignissen überwacht werden muss“, sagte Rolland. „Es muss unser langfristiges Ziel sein, dass Stoffe dieser Art nicht mehr in die Natur gelangen können.“ Umweltministerin Thekla Walker (Grüne) habe in der Ausschusssitzung betont, dass Prognosen zufolge in den kommenden Jahren über vier Millionen Tonnen PFAS in die Atmosphäre gelangen könnten. Der Vorstoß, die Verwendung der gesamten Stoffgruppe auf EU-Ebene strenger zu regeln, sei daher grundsätzlich positiv zu bewerten. In vielen Anwendungen von PFAS gebe es bereits gute Alternativen, alternativlose Anwendungen wie in der Medizintechnik müssten bei der Regulierung entsprechend berücksichtigt werden.
Regierungs- und Oppositionsfraktionen hätten laut Rolland ebenso wie die Umweltministerin auf die bedeutende Rolle der Forschung in diesem Bereich verwiesen, um gute Alternativen für die giftigen Chemikalien zu entwickeln. Fraktionsübergreifend seien sich die Gremiumsmitglieder einig darin gewesen, dass es Verfahren brauche, die die Stoffe aus der Natur heraus und in einen geschlossenen Kreislauf brächten. Auf die Nachfrage, ob eine weitreichende Beschränkung von PFAS dazu führen könnte, dass Produkte künftig außerhalb der EU gefertigt und importiert würden, habe Ministerin Walker entgegnet, die Regulierung könne auch ein Signal an Akteure außerhalb der EU sein und zu Innovationen führen. Der europäische Markt solle insgesamt nicht unterschätzt werden, zudem sei das Risiko, wenn die Stoffe weiterhin ungehindert Ökosysteme infiltrierten, schlicht zu hoch. Gabriele Rolland betonte abschließend im Ausschuss, es sei wichtig, in dieser ressortübergreifenden Angelegenheit auch mit dem Europaausschuss und dem Wirtschaftsausschuss in Kontakt zu bleiben.
Geplante Krankenhausreform im Fokus
Stuttgart. Mit der jüngst von Bund und Ländern in Eckpunkten vereinbarten Krankenhausreform hat sich der Ausschuss für Soziales, Gesundheit und Integration in der Sitzung am Mittwoch, 12. Juli 2023, beschäftigt. Nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Florian Wahl (SPD) berichtete Sozialminister Manfred Lucha (Grüne) über die Verhandlungen zwischen Bund und Ländern sowie über mögliche Reformfolgen für die Kliniklandschaft in Baden-Württemberg.
Der Ausschuss thematisierte die geplante Klinikreform aus gegebenem Anlass – erst am vergangenen Montag hatten sich Bund und Länder nach monatelangen Verhandlungen auf Grundlinien der Reform verständigt. Zudem lag dem Ausschuss eine Anfrage der FDP/DVP zum Thema vor. Laut Wahl lobte der Sozialminister die Eckpunkte der Krankenhausreform, da diese die Vergütung im stationären Sektor auf eine neue Grundlage stellen werde, was dringend geboten sei. Man verabschiede sich von der bisherigen Mengenvergütung ausschließlich nach Fallzahlen und Fallpauschalen. Stattdessen gebe es künftig eine Mischfinanzierung, die neben der rein fallbezogenen Betrachtung auch darauf abziele, Vorhaltepauschalen einzuführen, die leistungsunabhängig für eine gute Versorgung gewährt würden. Dabei werde man sich an 65 Leistungsgruppen orientieren.
Nach Angaben des Ausschussvorsitzenden betonte Lucha, dass es gut sei, dass die Planungshoheit auch in Zukunft in der Kompetenz der Bundesländer läge. Die nun vorliegenden Eckpunkte ermöglichten es der Landesregierung, die Kliniklandschaft im Südwesten mit aktuell noch gut 200 Standorten weiter zu entwickeln und dabei wie bisher auf eine qualitativ hochwertige, bedarfsgerechte und effiziente stationäre Versorgung zu setzen.
Wie der Ausschussvorsitzende weiter aus der Sitzung berichtete, signalisierten Grüne, CDU, SPD und FDP grundsätzliche Zustimmung für die geplante Reform. Auf Basis der Eckpunkte könne das Land seine qualitativ hochwertige stationäre Versorgung erhalten und zukunftssicher gestalten. Zugleich habe es jedoch geheißen, mögliche Folgewirkungen für Baden-Württemberg seien erst abzuschätzen, wenn ein Gesetzentwurf vorliege. Man müsse aufmerksam bleiben. Laut Wahl erklärte die FDP/DVP, es bestehe die Gefahr, einzelne Kliniken könnten durch die Reform in die Insolvenz getrieben werden. Die Kliniklandschaft insgesamt müsse aber erhalten werden.
Laut Wahl erklärte die SPD, dass die Reform eine große Chance sei, die Versorgung im ländlichen Raum zu erhalten. Dazu bedürfe es einer verbindlichen Landeskrankenhausplanung, die jedoch aktuell fehle, und einer auskömmlichen Finanzierung der Investitionskosten.
Aras: „Der Landtag schätzt und würdigt das wertvolle Angebot der vertrauensvollen Seelsorge“
Stuttgart. Mit einem Empfang im Landtag ist Kirchenrätin Arngard Uta Engelmann am Mittwoch, 12. Juli 2023, als neue Beauftragte der evangelischen Landeskirchen bei Landtag und Landesregierung eingeführt worden. Verabschiedet wurde der bisherige Beauftragte, Kirchenrat Volker Steinbrecher.
Die Landtagspräsidentin bedankte sich beim ausscheidenden Kirchenrat Volker Steinbrecher: „Seit 2011 haben Sie zwischen Landespolitik und den evangelischen Landeskirchen vermittelt und in beide Richtungen beraten. Zwölf Jahre lang standen Sie der Landtagsverwaltung auch in protokollarischen Fragen zur Seite, bei gemeinsamen Anlässen von Kirche und Staat“, so die Landtagspräsidentin. Insbesondere bedankte sich Aras für das Seelsorgeangebot für Abgeordnete und Mitarbeitende des Landtags sowie seine fraktionsübergreifenden Begegnungsangebote.
Landtagspräsidentin Aras wünschte Kirchenrätin Arngard Uta Engelmann zum Start in ihrer neuen Tätigkeit alles Gute. „Es ist ein großer Gewinn für den Landtag und die Landesregierung, dass Sie in Ihre neue Funktion Ihre langjährigen Erfahrungen aus unterschiedlichen Blickwinkeln der Kirchenarbeit – zuletzt als Direktorin der Evangelischen Akademie Baden – einbringen“, so Aras. “Ich freue mich sehr auf die Zusammenarbeit und die weiteren Begegnungen.“
Weitere Grußworte sprachen Kultusministerin Theresa Schopper, die badische Landesbischöfin Prof. Dr. Heike Springhart, der evangelische Oberkirchenrat in Stuttgart, Stefan Werner, sowie Dr. Gerhard Neudecker vom Katholischen Büro in Stuttgart.
Musikalisch eingeleitet wurde die Veranstaltung von Adam Krukiewicz mit einem Stück von Frédéric Chopin.
Untersuchungsausschuss will Gehring und Klenk erneut als Zeugen vernehmen
Stuttgart. Der Untersuchungsausschuss „IdP & Beförderungspraxis“ (UsA) tritt am Mittwoch, 19. Juli 2023, in der Mittagszeit zu einer nicht öffentlichen Sondersitzung zusammen. Das erklärte die Ausschussvorsitzende Daniela Evers nach dem Ende der Sitzung am Montag, 10. Juli 2023.
Wie die Ausschussvorsitzende Daniela Evers (Grüne) weiter berichtete, soll in der nächsten regulären Sitzung des UsA am Freitag, 29. September 2023, erneut der Abgeordnete Christian Gehring (CDU) als Zeuge vernommen werden. Gehring ist Mitglied des UsA und trat bereits in der Sitzung am Montag in den Zeugenstand. Laut Evers ist beabsichtigt, auch den früheren Staatssekretär im Innenministerium, Wilfried Klenk (CDU), am 29. September 2023 erneut zu vernehmen.
In der Sondersitzung am 19. Juli wolle der Ausschuss unter anderem über Verfahrensfragen beraten, so die Ausschussvorsitzende Evers.
Ständiger Ausschuss stimmt für Änderung des Landesrichter- und Staatsanwaltsgesetzes
Stuttgart. Der Ständige Ausschuss empfiehlt dem Landtagsplenum, dem Gesetzentwurf der Fraktionen Grüne, CDU, SPD und FDP/DVP zur Änderung des Landesrichter- und Staatsanwaltsgesetzes zuzustimmen. Einen entsprechenden Beschluss fasste das Gremium in seiner Sitzung am Dienstag, 11. Juli 2023, einstimmig. „Ziel des Gesetzes ist es, die Pflicht zur Verfassungstreue von ehrenamtlichen Richterinnen und Richtern besser sichtbar zu machen und gesetzlich zu verankern“, sagte der Ausschussvorsitzende Guido Wolf (CDU). Am Mittwoch findet die Zweite Beratung des Gesetzentwurfs im Plenum statt.
Nach Angaben Guido Wolfs begrüßten die Abgeordneten im Ausschuss die geplante Gesetzesänderung. Mit dem Vorhaben solle ein Ausschlussgrund bei der Berufung ehrenamtlicher Richterinnen und Richter geschaffen werden, wenn die Person nicht die Gewähr dafür biete, jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes einzutreten. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts unterliegen nicht nur hauptamtliche, sondern auch ehrenamtliche Richterinnen und Richter einer Pflicht zur besonderen Verfassungstreue, führte Guido Wolf aus.
Im Gesetzentwurf werde betont, dass streng darauf zu achten sei, dass zu ehrenamtlichen Richterinnen und Richtern nur Personen ernannt werden dürfen, die nach ihrem Persönlichkeitsbild und ihrer fachlichen Befähigung die richterlichen Pflichten jederzeit uneingeschränkt erfüllen. Dazu gehöre auch die Einstellung zu den Grundentscheidungen der Verfassung. Für die hauptamtlichen Richterinnen und Richter ist laut Wolf daher eine entsprechende Regelung in Paragraf 9 Nummer 2 Deutsches Richtergesetz (DRiG) getroffen. Für ehrenamtliche Richterinnen und Richter seien die Vorgaben hingegen in Paragraf 44a DRiG nicht abschließend umgesetzt, sodass hier die Kompetenz für eine landesrechtliche Regelung verbleibt.
Nach Angaben Wolfs gibt es in Baden-Württemberg derzeit rund 7.000 Schöffinnen und Schöffen. Im Jahr 2023 werden die ehrenamtlichen Richterinnen und Richter bundesweit für die Amtsperiode 2024 bis 2028 neu gewählt.
Wirtschaftsausschuss entscheidet über Freigabe von Finanzhilfen in Höhe von rund 366 Millionen Euro
Stuttgart. Finanzhilfen des Landes in Höhe von insgesamt 365,8 Millionen Euro hat der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus in seiner Sitzung am Mittwoch, 5. Juli 2023, gewährt. Dies teilte der Vorsitzende des Gremiums, Dr. Erik Schweickert (FDP/DVP), mit.
Von Januar bis März 2023 habe es einen dritten Förderaufruf „Green-Tech“ im Rahmen des Landesförderprogramms Invest BW gegeben. Während dieser Antragsfrist sind, so Dr. Schweickert, 116 Vorhaben, davon 64 Einzelvorhaben und 52 Verbundvorhaben mit 199 Verbundpartnern und mit einer kumulierten Antragssumme von 53,35 Millionen Euro und einem Projektvolumen von 103,7 Millionen Euro eingereicht worden. Der fachliche Beirat habe für sechs Vorhaben mit einer Fördersumme über 500.000 Euro, denen der Wirtschaftsausschuss des Landtags zustimmen müsse, Förderempfehlungen ausgesprochen. „Diesen Empfehlungen hat der Wirtschaftsausschuss zugestimmt und damit Förderungen in Höhe von 4,6 Millionen Euro auf den Weg gebracht.“
Folgende Projekte von Invest BW wurden bewilligt:
Unternehmen | Fördervorhaben | Förderung |
LEHNER Maschinenbau GmbH, Westerstetten |
Klimaneutrale Farmroboter: Hier Prototypentwicklung mit Schnittstellentechnik |
623.738 Euro |
GSEC German Semiconductor Equipment Company GmbH, Furtwangen |
Entwicklung einer kompakten, ressourcenschonenden sowie hochwertigen Sondermaschine zur Reinigung von höchst anspruchsvollen EUV-Pods |
593.194 Euro |
Nabore GmbH, Bopfingen |
Schließung des nachhaltigen Lederkreislaufs mittels vollgegerbten Lederresten |
597.555 Euro |
POWER James GmbH, und FZI Forschungszentrum Informatik, |
Entwicklung einer Applikationsplattform für schwarmintelligente Prosumersysteme |
982.545 Euro davon: 580.226 Euro 402.319 Euro für |
Immersight GmbH, Ulm und Bwcon research gGmbH, Stuttgart |
KI-basierte energetische Sanierung von Gebäuden |
913.213 Euro davon: 542.134 Euro 371.079 Euro |
Matchory GmbH, Ulm und Ciconia Systems GmbH, Mannheim |
Transparente, nachhaltige und robuste Lieferketten durch KI-Technologie |
883.829 Euro davon: 773.417 Euro 110.412 Euro |
Der Ausschuss hat auch einer Garantieerklärung des Landes in Höhe von 20 Millionen Euro zugunsten der Landeskreditbank Baden-Württemberg (L-Bank) zur Umsetzung einer regionalen Wagniskapitalförderinitiative (Seedinitiative BW) zugestimmt. Die Seedinitiative ist eine gemeinsame Initiative von Land und L-Bank und das Ergebnis eines intensiven Austauschs mit den Akteuren aus dem baden-württembergischen Start-up Ökosystem. Das Ziel ist es, das Finanzierungsangebot für Unternehmen in der Frühphase, zu verbessern.
Für das Projekt „Innovationslabor Ultraeffizienzfabrik – UltraElab“ bewilligte der Wirtschaftsausschuss für die Phase zwei, in der die Elektromotorenfertigung physisch aufgebaut werden soll, Fördermittel in Höhe von zehn Millionen Euro. Davon sollen zunächst rund vier Millionen an die Fa. Schaeffler Automotive-Buehl GmbH & Co. KG gehen. Die restlichen sechs Millionen Euro fließen an die Projektpartner Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA, der Universität Stuttgart und das Karlsruher Institut für Technologie (KIT).
Überdies stimmte das Gremium zu guter Letzt einer Reihe von Fördermaßnahmen im Rahmen des „Important Project of Common European Interest“ Mikroelektronik und Kommunikationstechnologien (IPCEI ME + KT), einer Bund-Länder-Finanzierung, in Höhe von 331,23 Millionen Euro zu. Hiervon profitieren in Baden-Württemberg die Robert Bosch GmbH und die Bosch Sensortec GmbH aus Reutlingen, Carl Zeiss SMT GmbH aus Oberkochen, Nokia Solutions and Networks GmbH & Co. KG aus Ulm, die ebenfalls in Ulm ansässigen Unternehmen TRUMPF Photonic Components GmbH und UMS United Monolithic Semiconductors GmbH und die Bruchsaler Elmos Semiconductor SE.
Verkehrsausschuss informiert sich über geplanten Ausbau der A 8 zwischen Mühlhausen und Hohenstadt
Stuttgart. Der Ausschuss für Verkehr hat in seiner Sitzung am Donnerstag, 6. Juli 2023, auf Antrag der FDP/DVP-Fraktion über den aktuellen Stand beim geplanten Autobahnausbau zwischen Mühlhausen und Hohenstadt, dem sogenannten Albaufstieg, diskutiert. Mit dem Abschluss des Planfeststellungsverfahrens könne frühestens Ende 2023 gerechnet werden, wie der stellvertretende Ausschussvorsitzende August Schuler (CDU) aus der Sitzung berichtete.
Die Antragsteller erkundigten sich Schuler zufolge beim Verkehrsministerium, welche weiteren Schritte bis zur abschließenden Planfeststellung erforderlich seien, ob mit Verzögerungen zu rechnen sei und wann mit dem Ausbau begonnen werde. In ihrem Antrag hätten sie insbesondere darauf verwiesen, dass das Land auch nach Abgabe der Planung an die Autobahngesellschaft des Bundes im Bereich der Planfeststellung eine unverzichtbare und wesentliche Rolle spiele. Die Zuständigkeit für die Bundesautobahnen ist seit dem 1. Januar 2021 auf die Autobahngesellschaft des Bundes übergegangen.
Vonseiten des Ministeriums sei im Ausschuss berichtet worden, dass die Planunterlagen für den Aus- und Neubau des Streckenabschnitts derzeit überarbeitet würden. Grund dafür seien Einwendungen und Stellungnahmen zur vierten Planänderung sowie die Änderung tatsächlicher und rechtlicher Rahmenbedingungen, die Ergänzungen der Planunterlagen erforderten, so Schuler. Voraussichtlich im Sommer 2023 würden die überarbeiteten Planunterlagen erneut ausliegen. Die Planfeststellungsbehörde arbeite mit hoher Personalkapazität an dem Verfahren.
Das Ministerium habe zur Beantwortung des Antrags im Ausschuss außerdem eine Stellungnahme des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV) eingeholt. Diese nenne insbesondere das neu eingebrachte Thema „Klimawirkung des Vorhabens“ und Fragen zum Arten- und Bodenschutz als Gründe für die notwendige Überarbeitung der Planfeststellungsunterlagen. Mit dem Planfeststellungsbeschluss werde vom BMDV frühestens Ende 2023 gerechnet. Nach Abschluss des Planfeststellungsverfahrens beginne die Niederlassung Südwest der Autobahn GmbH des Bundes zeitnah mit den vorbereitenden Baumaßnahmen, fasste Schuler die übermittelten Ausführungen vom Bundesministerium zusammen. Derzeit werden bereits vorbereitende Maßnahmen durchgeführt, wie etwa die Vergabeverfahren für die Ausschreibungsplanungen der Bauwerke, um die Dauer zwischen Planfeststellungsbeschluss und Baubeginn so weit wie möglich verkürzen zu können.
„Die Abgeordneten im Ausschuss sind sich fraktionsübergreifend einig darüber, dass der zügige Aus- und Neubau im Streckenabschnitt der Bundesautobahn A 8 zwischen Mühlhausen und Hohenstadt auch aus wirtschaftlicher Sicht von großer Bedeutung ist und alle Beteiligten in Bund und Land an einem Strang ziehen müssen“, so der Ausschussvorsitzende. Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) habe im Gremium einen Gesprächstermin angekündigt, bei dem das Ministerium in der Sache durch die Autobahn GmbH und den Verkehrsstaatssekretär des Bundes, Michael Theurer (FDP), weiter unterrichtet werde.
Bio-Fläche und Vermarktung von Bioprodukten sollen gesteigert werden
Stuttgart. Der Ausschuss für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz hat in seiner Sitzung am Mittwoch, 5. Juli 2023, auf Antrag der FDP/DVP-Fraktion über das Produktions- und Marktpotenzial für ökologische Agrarerzeugnisse und Lebensmittel beraten. Das hat der Ausschussvorsitzende Martin Hahn (Grüne) mitgeteilt. „Der Anteil der Bio-Fläche in Baden-Württemberg soll bis zum Jahr 2030 auf 30 bis 40 Prozent erhöht werden“, so Hahn. „Das Angebot muss dafür entsprechend zur Nachfrage nach Bioprodukten aus Baden-Württemberg gesteigert werden.“
Die Antragsteller der FDP/DVP wollten vom Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz unter anderem wissen, wie sich der Anteil der Bio-Fläche im Land in den letzten fünf Jahren entwickelt habe und welche konkreten Maßnahmen vorgesehen seien, um das für 2030 gesteckte Ziel mit 30 bis 40 Prozent Bio-Fläche zu erreichen. Auch das allgemeine Konsumverhalten bei Bio-Lebensmitteln in Baden-Württemberg und die gesunkenen Umsätze bei ökologisch erzeugten Lebensmitteln wurden Hahn zufolge im Ausschuss thematisiert. Vonseiten der Antragsteller sei auf aktuelle Studienergebnisse des Marktforschungsunternehmens GfK hingewiesen worden. Dem GfK Consumer Index zufolge seien die Umsätze mit Bio-Lebensmitteln und Bio-Getränken in Deutschland im Jahr 2022 im Vergleich zum Vorjahr um vier Prozent gesunken. Kundinnen und Kunden wichen vermehrt auf günstigere Bioprodukte aus Discountern aus. Im Gremium sei von Oppositionsseite darauf hingewiesen worden, dass der Konsum regionaler und ökologischer Erzeugnisse während Corona zugenommen habe, der Markt aber von äußeren Faktoren wie dem Ukrainekrieg und der Inflation geschwächt werde. Eine Steigerung der Bio-Fläche auf 40 Prozent sei aus diesem Grund schwer zu erreichen.
Das Landwirtschaftsministerium habe den gegenwärtigen Anteil der Öko-Fläche in Baden-Württemberg mit mehr als 200.000 Hektar und damit 14,5 Prozent (Stand 2022) angegeben, berichtete Hahn. Der Anteil der ökologisch bewirtschafteten Fläche steige kontinuierlich an, ebenso sei die Zahl der Verarbeiter und Händler, die sich als Ökobetrieb zertifizieren ließen, kontinuierlich gewachsen. Staatsekretärin Sabine Kurtz (CDU) habe Hahn zufolge im Ausschuss betont, dass die von der Landesregierung gesteckten Ziele bezüglich der ökologisch bewirtschafteten Fläche ehrgeizig aber machbar seien. Dies habe die vom Ministerium in Auftrag gegebene Marktstudie ‚EVA – BIOBW 2030‘ vor drei Jahren bescheinigt, die darüber hinaus ergeben habe, dass die Menschen in Baden-Württemberg in fast allen Produktgruppen 20 Prozent mehr Bio-Lebensmittel als im bundesdeutschen Durchschnitt konsumierten.
Vorsitzender: Gremium hat sich umfassende und tiefgehende Expertise erarbeitet
Stuttgart. Die Enquetekommission „Krisenfeste Gesellschaft“ des Landtags von Baden-Württemberg sieht in der Erarbeitung konkreter Handlungsempfehlung eine Herausforderung. „Das Gremium hat sich bislang eine umfassende und in dieser Tiefe nur durch eine solche Kommission mögliche Expertise in den bisher behandelten Themenfeldern erarbeitet“, sagte der Vorsitzende Alexander Salomon (Grüne) am Freitag, 30. Juni 2023, bei einem Pressegespräch, an dem auch die Obleute der Fraktionen teilgenommen haben.
Diese Expertise wurde nach Angaben des Vorsitzenden durch die Ausführungen der zahlreichen Sachverständigen aus Wissenschaft, Zivilgesellschaft, von Wohlfahrtsverbänden und Unternehmen sowie durch Empfehlungen, die im Rahmen von Beteiligungsverfahren mit Bürgerinnen und Bürgern sowie Kindern und Jugendlichen erarbeitet wurden, möglich. Auch die Stellungnahmen unterschiedlicher Interessensverbände und nicht zuletzt das große Engagement der Mitglieder der Enquetekommission hätten dazu beigetragen.
Einen Schwerpunkt der bisherigen Arbeit sieht der Vorsitzende in der Frage, wie vulnerable Gruppen gerade auch während Krisen geschützt und eingebunden werden können. Weiter habe sich die Kommission bisher intensiv mit der Frage der Kinder- und Jugendbeteiligung beschäftigt und damit, wie der Verbreitung von Verschwörungsmythen und Fake News entgegengewirkt werden könne. „Wir stehen nun vor der Herausforderung, diese Erkenntnisse in konkrete Handlungsempfehlungen zu überführen, die langfristig handlungsleitend sein werden“, sagte Alexander Salomon.
Für die Fraktionen nahmen die Abgeordneten Petra Krebs (Grüne), Dr. Matthias Miller (CDU), Florian Wahl (SPD), Nikolai Reith (FDP/DVP) und Carola Wolle (AfD) an dem Pressegespräch teil. Die Obleute stellten ihre Sicht auf die bisherige Tätigkeit der Enquetekommission dar und gaben einen Ausblick auf die weitere Arbeit und die Erarbeitung von Handlungsempfehlungen.
Die Enquetekommission „Krisenfeste Gesellschaft“ soll Handlungsempfehlungen erarbeiten, die das Ziel haben, das baden-württembergische Gemeinwesen für die Zukunft resilienter und krisenfester aufzustellen. Der Landtag hatte die Kommission im März 2022 eingesetzt, im April 2022 hat sich das Gremium konstituiert. Seitdem hat die Enquetekommission an 13 öffentlichen Sitzungsterminen 89 Sachverständige angehört, darunter Ministerpräsident Winfried Kretschmann, Innenminister Thomas Strobl und Sozialminister Manfred Lucha sowie Expertinnen und Experten von Universitäten, Kliniken, Forschungseinrichtungen, Unternehmen, Kommunen und Behörden. Zudem wurden Vertreterinnen und Vertreter von 12 Verbänden angehört. Darüber hinaus wurden insgesamt 102 Vereinigungen, Organisationen und Verbände um schriftliche Stellungnahmen zu den verschiedenen Handlungsfeldern der Enquetekommission gebeten. Das Gremium setzt sich aus 14 Mitgliedern der im Landtag vertretenden Fraktionen zusammen und darüber hinaus aus acht Sachverständigen, die als dauerhaft stimmberechtigte Mitglieder von den Fraktionen gewählt wurden.
Geprägt war die erste Hälfte der Enquetearbeit auch durch eine Bürgerbeteiligung, die parallel zur Arbeit des Gremiums stattgefunden hat. Zwischen Oktober 2022 und März 2023 haben sich Erwachsene, Jugendliche und Kinder mit der Frage beschäftigt, wie krisenfest die baden-württembergische Gesellschaft aufgestellt ist und welche Maßnahmen nötig sind, um die Resilienz (Widerstandsfähigkeit und Anpassungsfähigkeit) von Staat und Gesellschaft für mögliche künftige Krisen und Gefahrenlagen zu stärken. Die erarbeiteten Empfehlungen wurden im Mai 2023 an die Enquetekommission übergeben.
Ständiger Ausschuss befasst sich mit Stand beim Bürokratieabbau in Baden-Württemberg
Stuttgart. Der Ständige Ausschuss des Landtags hat sich in seiner Sitzung am Donnerstag, 22. Juni 2023, mit dem Thema Bürokratieabbau befasst. Zunächst berichtete Staatsminister Florian Stegmann über den aktuellen Stand bei der Weiterentwicklung des Normenkontrollrats. Im Anschluss beriet das Gremium auf Antrag der Fraktion FDP/DVP über den von der Landesregierung erarbeiteten Masterplan für die Transformation der Verwaltung. „Bürokratieabbau ist wichtig und notwendig. Am besten wäre es, wenn gar keine neue Bürokratie entstehen würde. Umso wichtiger ist deshalb der Normenkontrollrat, der Regelungen auf ihre Praxistauglichkeit prüft“, sagte der Vorsitzende des Gremiums, der CDU-Abgeordnete Guido Wolf.
Der Normenkontrollrat ist ein unabhängiges Expertengremium, das die Landesregierung dabei unterstützt, den Bürokratieaufwand zu verringern. In der Ausschusssitzung seien sich die Abgeordneten einig gewesen, dass Bürokratieabbau wichtig sei und das Gremium in diesem Zusammenhang eine wichtige Rolle spiele. Staatsminister Stegmann habe in der Ausschusssitzung über zwei geplante Neuerungen im Normenkontrollrat berichtet: Zum einen ein Digitalcheck, mit dem überprüft werden soll, wie die Norm auch digital erreicht werden kann. Zum anderen ein Praxischeck, mit dem die geplante Norm aus Nutzersicht unter die Lupe genommen werden soll, sagte Guido Wolf.
Zudem hätten sich Abgeordnete in der Sitzung danach erkundigt, wann die Weiterentwicklung des Normenkontrollrats abgeschlossen sei. Florian Stegmann habe erklärt, dass zwar kein konkretes Datum genannt werden könne, sich der Prozess jedoch kurz vor der Zielgeraden befinde.
Nach Angaben des Vorsitzenden Guido Wolf hat der Ausschuss zudem über das Thema „Bürokratieabbau in Baden-Württemberg: Masterplan für die Transformation der Verwaltung und Zukunftskonvent“ beraten. Die Antragsteller hätten sich nach dem aktuellen Stand erkundigt, insbesondere bei den sogenannten „Transformationspiloten“, deren Erprobungsphase inzwischen abgelaufen sei. Das Staatsministerium habe mitgeteilt, dass das Thema Verwaltungsmodernisierung und Bürokratieabbau ein zentraler Schwerpunkt der Landesregierung in der laufenden Legislaturperiode sei. Zur Umsetzung der gesetzten Ziele sei eine umfassende, auf drei Säulen aufbauende Strategie zur Modernisierung der Landesverwaltung entwickelt worden (1. Transformation der Verwaltung, 2. Bürokratieabbau zur Entlastung von Bürger/innen, Unternehmen und Verwaltung und 3. Bürokratievermeidung durch gute Gesetze und schlanken Vollzug).
Viele Verwaltungen setzten für die Modernisierung zunächst rein auf Bürokratieabbau und die Digitalisierung von Prozessen. Nachhaltiger Abbau unnötiger Bürokratie brauche jedoch auch eine Transformation der Verwaltung. Arbeitsweise, Kultur und Organisation müssten grundlegend modernisiert werden. Um dieses Ziel zu erreichen, erarbeite die Landesverwaltung den Masterplan für die Transformation der Verwaltung. In Transformationspiloten würden konkrete Ansätze getestet. Einige der Piloten hätten die Testphase bereits abgeschlossen. Nach Angaben Stegmanns würden die Ergebnisse derzeit ausgewertet. Voraussichtlich Anfang Juli sollen schriftliche Ergebnisse vorliegen, berichtete Guido Wolf. Gleichzeitig werde eine weitere Runde mit Transformationspiloten angestoßen.
Außerdem hätten sich die Antragsteller nach dem Stand der Gespräche mit Verbänden erkundigt. Im Antrag heiße es, dass im Oktober 2022 mehrere Verbände die Landesregierung zu einem „Zukunftskonvent“ aufgerufen hätten. Die Landesregierung habe diese Bitte erst zurückgewiesen, um inzwischen doch mit den Verbänden Gespräche zu führen. Wie Wolf erläuterte, habe das Staatsministerium ausgeführt, dass eine moderne Verwaltung und der Abbau bürokratischer Belastungen Aufgaben seien, die in geeigneten Formaten angegangen werden müssten. Der Konvent sei nach Ansicht der Landesregierung kein geeignetes Format.
Trotzdem erachte die Landesregierung einen ebenen- und sektorenübergreifenden Ansatz als sinnvolle Ergänzung ihrer Reformagenda. Deshalb sei die Regierung in einen intensiven Austausch mit den Verbänden getreten und habe ihnen ein Arbeitsformat vorgeschlagen. Es hätten hierzu zwei direkte Gespräche mit den Kommunalen Landesverbänden, eines mit den fünf Wirtschaftsverbänden sowie zwei mit allen acht Verbänden stattgefunden. Dieser Austausch werde fortgesetzt. Ziel der Landesregierung sei die Entwicklung eines lösungsorientierten Arbeitsformats. Stegmann habe von „konstruktiven Gesprächen und guter Stimmung“ berichtet, so Guido Wolf.
Sicherheitslage für den Landtag wird überprüft
Stuttgart. Aus gegebenem Anlass lässt die Landtagsverwaltung derzeit in enger Abstimmung mit den für die Sicherheit im Parlament zuständigen Behörden die Sicherheitslage für den Landtag nochmals überprüfen.
Im Fokus stehen bei dieser Überprüfung auch die Zugangsmöglichkeiten zum Haus des Landtags und zu den umliegenden Funktionsgebäuden.
Landtagspräsidentin Muhterem Aras erklärt dazu: „Der Landtag von Baden-Württemberg ist ein offenes Haus und soll es nach Möglichkeit auch bleiben. Die Sicherheitsvorkehrungen wurden entsprechend den Empfehlungen der zuständigen Sicherheitsbehörden und in engem Austausch mit den Fraktionen bei Bedarf immer wieder angepasst. Diese Vorgehensweise hat sich bewährt und wird auch aktuell eingehalten. Die Sicherheit aller Menschen, die sich in Gebäuden des Landtags aufhalten oder arbeiten, hat für mich oberste Priorität.“
Die Zugangsmöglichkeiten zum Haus des Landtags bleiben für Abgeordnete und ihre Mitarbeitenden unverändert. Aufgrund eines Beschlusses des Präsidiums werden jedoch Schließberechtigungen angepasst. Der ungehinderte Zutritt mit eigenem Schlüssel ist für Abgeordnete und ihre Mitarbeitenden künftig nur noch zum Haus des Landtags (HdL) sowie zu Funktionsgebäuden möglich, in denen die eigene Fraktion untergebracht ist.
Über die Pforten ist der Zugang für Abgeordnete und ihre Mitarbeitenden weiterhin zu allen Funktionsgebäuden möglich.
Vorsitzender Marwein: Mitzeichnung öffentlicher Petitionen künftig möglich
Stuttgart. In seiner Sitzung am Donnerstag, 22. Juni 2023, hat der Petitionsausschuss auf Antrag von Grünen, CDU, SPD und FDP/DVP Verfahrensgrundsätze für die Mitzeichnung öffentlicher Petitionen beschlossen. Das hat der Vorsitzende Thomas Marwein (Grüne) mitgeteilt. „Mit der Einführung einer eigenen Online-Mitzeichnungsmöglichkeit will der Petitionsausschuss interessierten Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit einräumen, Anliegen von allgemeinem Interesse, welche als Petition eingereicht wurden, zu unterstützen“, berichtete Marwein. „So soll statt privaten Plattformen der offizielle Weg eines echten Petitionsverfahrens sichergestellt werden.“
In den beschlossenen Verfahrensgrundsätzen werde u.a. geregelt, welche Voraussetzungen erfüllt werden müssen, um eine Petition öffentlich zu machen, so der Vorsitzende. „Inhaltliche Anliegen müssen von allgemeinem Interesse und für eine sachliche, öffentliche Diskussion geeignet sein“, betonte Thomas Marwein. Überdies müsse die Behandlung des Anliegens auch in die Zuständigkeit des Petitionsausschusses fallen und der Petent müsse mit der Veröffentlichung einverstanden sein. Es sei angedacht, öffentliche Petitionen für eine Dauer von sechs Wochen auf der Internetseite des Landtags zu veröffentlichen. „In diesem Zeitraum besteht dann die Möglichkeit, dass weitere Personen oder Gruppen über das Internet die Gelegenheit zur Mitzeichnung haben“, erläuterte Marwein.
Erhalte eine öffentliche Petition im genannten Zeitraum Mitzeichnungen von über 10.000 Personen, habe der Petitionsausschuss innerhalb der nächsten sechs Monate eine öffentliche Anhörung zu dieser Petition durchzuführen. „Das bisherige Petitionsverfahren wird mit mit der Möglichkeit verbunden, mit Online-Petitionen öffentliche Aufmerksamkeit für ein allgemeines Thema zu generieren“, sagte der Ausschussvorsitzende. Die neue Möglichkeit der Online-Mitzeichnung soll Anfang 2024 zur Verfügung stehen. Am Ende der Wahlperiode werden die Verfahrensgrundsätze evaluiert.
Ein Änderungsantrag der AfD, der darauf abzielte, zum einen den Veröffentlichungszeitraum auf der Internetseite des Landtags von sechs auf acht Wochen zu verlängern und zum anderen die erforderliche Zahl der Mitzeichnungen von 10.000 Personen auf 5.000 Personen abzusenken, wurde mehrheitlich abgelehnt.
Beschäftigungsquote von schwerbehinderten Menschen in der Landesverwaltung weiter gesunken
Stuttgart. Mit der Beschäftigung schwerbehinderter Menschen in der Landesverwaltung hat sich der Ausschuss für Soziales, Gesundheit und Integration in seiner Sitzung am Mittwoch, 21. Juni 2023, befasst. Wie der Ausschussvorsitzende Florian Wahl (SPD) berichtete, kritisierte die SPD in der Sitzung die ihrer Auffassung nach unzureichenden Bemühungen der Landesregierung, die Beschäftigungsquote zu erhöhen.
Nach Angaben Wahls diskutierte der Ausschuss den laut einem Landtagsbeschluss jährlich vorzulegenden Bericht der Landesregierung zur Beschäftigung schwerbehinderter Menschen. Der aktuelle Bericht liefert Zahlen für das Jahr 2021. Danach lag die errechnete Beschäftigungsquote schwerbehinderter Menschen in der Landesverwaltung im Jahresdurchschnitt bei 4,12 Prozent. 2020 hatte der Jahresdurchschnitt noch 4,24 Prozent betragen, 2019 lag er bei 4,46 Prozent.
Laut dem Bericht erfüllen sieben Bereiche (2020: fünf Bereiche) der Landesverwaltung, die Zahlen zu der Erhebung beisteuern, die gesetzliche Pflichtbeschäftigungsquote in Höhe von fünf Prozent nicht. Damit sei es auch 2021 nicht gelungen, die Verpflichtung zur Zahlung einer Ausgleichsabgabe zu verhindern. Das Land Baden-Württemberg habe als Arbeitgeber bereits seit dem Jahr 2015 die Pflichtbeschäftigungsquote nicht mehr erreicht. Es sei deshalb im Jahr 2021 eine Ausgleichsabgabe in Höhe von insgesamt 3.490.643,41 Euro an das Integrationsamt beim Kommunalverband für Jugend und Soziales zu entrichten gewesen, heißt es in dem Bericht der Landesregierung.
Nach Angaben des Ausschussvorsitzenden kritisierte die SPD, dass das Land die Quote unterschreite und seit Jahren nicht in der Lage sei, einen Stellenpool für die Einstellung von schwerbehinderten Menschen zu bilden. Die SPD habe zudem gefordert, die Regierung müsse aktuellere Zahlen vorlegen und eine Strategie des Umgangs mit Lehrkräften nach psychischer Erkrankung. Das erfordere allein der Fachkräftemangel.
Sozialminister Manfred Lucha (Grüne) habe erklärt, die Landesregierung setze alles daran, die Beschäftigung schwerbehinderter Menschen zu fördern, wie Florian Wahl weiter berichtete. Es sei bedauerlich, dass die Beschäftigungsquote nicht erreicht werde. Der Minister habe aber zu bedenken gegeben, dass dies auch demografische Gründe habe, da viele langjährig beschäftigte schwerbehinderte Menschen aus den geburtenstarken Jahrgängen die Altersgrenze erreichten und aus der Landesverwaltung ausschieden. Auch das Thema Frühverrentung spiele eine Rolle. Hinzu komme, dass es auf dem Arbeitsmarkt zu wenige schwerbehinderte Bewerberinnen und Bewerber gebe, habe Lucha erklärt, so Wahl.
Nach Angaben des Ausschussvorsitzenden warf die FDP/DVP die Frage auf, ob die Fünf-Prozent-Quote überhaupt noch Sinn mache, wenn es grundsätzlich an Bewerberinnen und Bewerbern mangle und die Vorgabe folglich gar nicht mehr zu erreichen sei. Lucha habe dem entschieden widersprochen. An der Quote wolle er nicht rütteln lassen, weil sie das Thema Inklusion auch auf dem Arbeitsmarkt als dringlich im Gespräch halte.
Umweltausschuss befasst sich mit Bundesvorhaben zu kommunaler Wärmeplanung
Stuttgart. Der Ausschuss für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft hat in seiner Sitzung am Donnerstag, 22. Juni 2023, über das Vorhaben der Bundesregierung, die Kommunen bundesweit zu verpflichten, eine kommunale Wärmeplanung zu erstellen, diskutiert. Wie der Ausschussvorsitzende Daniel Karrais (FDP/DVP) mitteilte, begrüßten die Fraktionen der SPD und FDP/DVP das Vorhaben und forderten die Landesregierung in einem gemeinsamen Antrag auf, die Richtlinien zur Förderung der freiwilligen kommunalen Wärmeplanung in Gemeinden und Landkreisen entsprechend anzupassen. Die Landesregierung solle frühzeitig auf die Bundesregierung zugehen, um die vom Land bereits verpflichtenden bzw. geförderten kommunalen Wärmeplanungen mit dem Bund zu harmonisieren. Der Antrag wurde im Ausschuss mehrheitlich abgelehnt.
„Baden-Württemberg ist auf dem Weg, kommunale Wärmeplanungen zu erstellen, bereits weit vorangeschritten“, betonte der Ausschussvorsitzende. In Baden-Württemberg sei kommunale Wärmeplanung bereits verpflichtend für Große Kreisstädte und Stadtkreise, kleinere Kommunen können für das freiwillige Erstellen eines Wärmeplans gefördert werden. „Es ist jetzt wichtig, dass die Landesregierung frühzeitig auf die Bundesregierung zugeht, um die Anforderungen der Wärmeplanungen aus dem geplanten Bundesgesetz zur kommunalen Wärmeplanung mit den Anforderungen aus dem KlimaG BW zu harmonisieren“, so Karrais. „Da die Großen Kreisstädte und Stadtkreise bereits Ende 2023 ihre Wärmeplanungen vorlegen müssen, ist Eile geboten, damit etwaige neue Vorgaben eingearbeitet werden können.“
Im Ausschuss habe Einigkeit darüber geherrscht, dass das Thema kommunale Wärmeplanung vor allem im Hinblick auf das damit verbundene Gebäudeenergiegesetz für Baden-Württemberg besonders relevant sei und daher zeitig im Ausschuss thematisiert werden müsse, so Karrais. Fraktionsübergreifend sei betont worden, dass das Bundesvorhaben mit den bestehenden Regelungen gut verzahnt werden müsste. Vonseiten der Antragsteller sei gefordert worden, dass die Landesregierung und Umweltministerin Thekla Walker (Grüne) jetzt auf den Bund zugingen, damit die bereits vorliegenden landesweiten Regelungen zur Wärmeplanungen nicht zu Nachteilen für die Kommunen im Land führten. Dies hätten die Regierungsfraktionen allerdings abgelehnt, berichtete Karrais. Diese hätten argumentiert, die notwendigen Prozesse seien bereits auf den Weg gebracht. „Es ist unklar, ob unsere Wärmeplanung aus Sicht des Bundes ausreichend ist. Wir benötigen daher dringend Klarheit“, fasste Karrais zusammen. Bisher sei in Baden-Württemberg keine konkrete Planung bezüglich der Energieträger im Netz erforderlich. Dadurch entstünden weitere Unsicherheiten, so der Vorsitzende.
Dr. Andre Baumann, Staatssekretär im Umweltministerium, habe Karrais zufolge im Ausschuss die Fragen der Abgeordneten zur kommunalen Wärmeplanung beantwortet. Noch liege kein konkreter Gesetzentwurf auf Bundesebene vor, das Ministerium befinde sich aber in engem Austausch mit dem Bund und habe auf praktikable Übergangsfristen gedrängt. Grundsätzlich sei die Einigung der Bundesregierung beim Thema Wärmeplanung sehr zu begrüßen, gab Karrais die Ausführungen von Ministeriumsseite wieder. Trotzdem habe der Ausschuss die gleichlautende Feststellung mehrheitlich abgelehnt.
Ausschuss für Wohnen berät über Schaffung von Wohnraum und nachhaltige Gewerbeflächen
Stuttgart. Der Ausschuss für Landesentwicklung und Wohnen hat sich in seiner Sitzung am Mittwoch, 21. Juni 2023, insbesondere mit den Themen nachhaltige Gewerbegebiete und Schaffung von neuem Wohnraum befasst. „Beide Themen spielen für die künftige Entwicklung des Landes und die Lebensqualität der Menschen eine große Rolle“, sagte die Vorsitzende des Gremiums, die CDU-Abgeordnete Christiane Staab.
Der Ausschuss beriet auf Antrag der Grünen-Fraktion über das Thema „Nachhaltige Gewerbegebiete – den Gewerbestandort Baden-Württemberg fit für die Zukunft machen“. Die Antragsteller hätten erklärt, dass gerade Gewerbegebiete großes Potenzial für eine Nutzungsmischung böten. Während in den vergangenen Jahrzehnten der kommunale Fokus vor allem darauf gelegen habe, schnell und viel Fläche für Gewerbegebiete auszuweisen, sei die nachhaltige, klimaresiliente und wohnortnahe Planung von Gewerbeflächen mittlerweile ebenfalls Zielmarke. Die Abgeordneten hätten in der Sitzung verdeutlicht, dass dadurch ein Konflikt entstehe: Einerseits müsse der Flächenverbrauch reduziert werden, andererseits würden Flächen für Gewerbe und Industrie benötigt. Dies stelle eine enorme Herausforderung dar.
„Im Ausschuss waren sich die Abgeordneten einig, dass auch künftig ausreichend Flächen für Gewerbe, Handwerk und Industrie benötigt werden“, sagte Staab. Die FDP/DVP-Fraktion habe von Ministerin Nicole Razavi (CDU) wissen wollen, wie die Regierung diesen Konflikt auflösen wolle. Razavi habe erklärt, die Zielkonflikte und der Flächenanspruch müssten in ein richtiges Verhältnis gebracht werden. Es dürfe in Baden-Württemberg keinen Stillstand geben, sondern das Land müsse zukunftsfähig gemacht werden. Die künftige Gestaltung von Gewerbeflächen biete die Chance, wirtschaftliche Transformation und Nachhaltigkeit zusammenzuführen. Es müsse auf eine Umwandlung von reinen Gewerbeflächen zu nachhaltigen Gewerbequartieren hingewirkt werden. Gerade die Schlüsseltechnologien der Zukunft böten hier Chancen. Arbeiten und Wohnen könnten künftig zusammengehören.
Nach Angaben Staabs teilte die Landesregierung eine ganze Reihe an Daten zur Entwicklung der Gewerbeflächen mit. Demnach hätten zwischen den Jahren 2000 und 2020 die Industrie- und Gewerbeflächen im Südwesten um rund 17.000 Hektar auf 74.324 Hektar zugenommen. Dies entspreche einem Anstieg von 30 Prozent bzw. einer durchschnittlichen täglichen Flächeninanspruchnahme von 2,4 Hektar. Aktuell liege die tägliche Flächeninanspruchnahme bei rund 1,5 Hektar pro Tag.
Die stärksten Zuwächse hätten Gemeinden des ländlichen Raums im engeren Sinne (41 Prozent) und Gemeinden in den Randzonen um die Verdichtungsräume (35 Prozent) verzeichnet. In den Gemeinden der Verdichtungsräume sei der Wert dagegen nur unterdurchschnittlich (19 Prozent). Eine besonders geringe Zunahme der Industrie- und Gewerbeflächen lasse sich für die Oberzentren (12 Prozent) feststellen. Daten zum zukünftigen konkreten Flächenbedarf für Gewerbe liegen der Regierung nach eigenen Angaben nicht vor, berichtete die Ausschussvorsitzende.
Ein weiteres Thema in der Ausschusssitzung war auf Antrag der FDP/DVP-Fraktion die Schaffung von Wohnraum durch Baulandausweisung, Konversion und Lückenschluss, Nachverdichtung sowie Umwidmung. Nach Ansicht der Antragsteller befinde sich Baden-Württemberg in einer Wohnraumkrise. Zu deren Lösung sei dringend der Neubau oder die Neuschaffung von Wohnraum notwendig. Nach Auffassung der Fraktion kämen dafür vier Flächentypen/-methoden infrage: Neubau auf neuem Bauland, Neubau auf bestehenden aber freien Flächen wie Baulücken oder Konversionsflächen, Nachverdichtung z.B. durch Aufstockung von Gebäuden oder Umnutzung oder Umbau von bestehenden Gebäuden.
Nach Angaben der Vorsitzenden wurde in der Sitzung gefragt, welche Zielmarke die Landesregierung für die Schaffung von Wohnraum habe. Die Landesregierung habe erklärt, Ziel sei es, einen größtmöglichen Zuwachs neuer, insbesondere preisgünstiger Wohnungen zu erreichen. Die Regierung teile die Einschätzung der Bundesregierung zum Wohnraumbedarf. Allerdings mache die Landesregierung keine konkreten Vorgaben, wo und in welchem Umfang neuer Wohnraum entstehen solle.
Die Landesregierung habe weiterhin mitgeteilt, sie verfolge seit langem eine nachhaltige Siedlungsentwicklung mit dem Ziel, den Flächenverbrauch deutlich zurückzuführen. Daher gelte es, für die Schaffung neuen Wohnraums vorrangig die Innenentwicklungspotenziale zu nutzen, z. B. Baulücken zu mobilisieren, Brach- und Konversionsflächen neuen Nutzungen zuzuführen, Leerstände zu aktivieren und Möglichkeiten der Nachverdichtung zu nutzen, zum Beispiel durch Aufstockung. Dabei unterstütze das Land die Kommunen unter anderem durch das Förderprogramm „Flächen gewinnen durch Innenentwicklung“.
Weitere Themen in der Ausschusssitzung waren unter anderem Einschränkungen dörflicher Innenentwicklung durch baurechtlichen Bestandsschutz bei Tierhaltungsanlagen, Typengenehmigung für bauliche Anlagen, Unterstützung kommunaler Wohnungsbaugesellschaften und -genossenschaften in Baden-Württemberg sowie Fehlbelegungsquote bei Sozialwohnungen.
Über 2.100 Petitionen bereits eingegangen, 20 Prozent der Eingaben waren ganz oder teilweise erfolgreich
Stuttgart. In der 17. Wahlperiode sind bislang 2.111 Petitionen neu eingegangen. Das geht aus dem mündlichen Bericht des Ausschussvorsitzenden Thomas Marwein (Grüne) hervor, den er am heutigen Mittwoch, 21. Juni 2023, in der Plenarsitzung vorgetragen hat. Im Berichtszeitraum 1. Mai 2021 bis 31. Mai 2023 hat der Petitionsausschuss insgesamt 2.348 Eingaben behandelt, 667 davon sind Überhang aus der 16. Wahlperiode. Dies entspricht ungefähr den Zahlen des vergleichbaren Berichtszeitraums der vorangegangenen Wahlperiode. „Das Petitionsrecht ist ein Grundrecht“, führte Marwein aus. „Jeder kann sich schriftlich mit Bitten und Beschwerden an die zuständigen Stellen und an die Volksvertretung wenden. Für das Einreichen einer Petition ist kein Quorum nötig, eine Unterschrift reicht aus.“
Das Ranking mit 180 eingereichten Petitionen wird weiterhin angeführt von Bausachen, gefolgt vom Ausländerrecht (172). Mit 155 Petitionen neu auf Platz drei folgen die Kommunalen Angelegenheiten. „Dies dürfte einem engagierten Petenten zu verdanken sein, der sich in der laufenden Wahlperiode in über 80 Petitionen für die Belange von Kriegsgräbern eingesetzt hat, für die die Kommunen zuständig sind“, so der Vorsitzende. Auf Platz vier steht das Gesundheitswesen mit 145 Eingaben. „Hier schlagen noch die Petitionen mit Corona-Bezug zu Buche“, erläuterte Marwein. Das Verkehrswesen (105) und das Schulwesen (94) nehmen die Plätze fünf und sechs ein.
Rund 20 Prozent der Eingaben waren ganz oder teilweise erfolgreich, führten zu Empfehlungen an die Regierung oder wurden durch Auskunftserteilung erledigt, so Marwein. Rund 53 Prozent der Petitionen konnte nicht abgeholfen werden. „Hauptgrund dafür war, dass die angegriffene behördliche Entscheidung nicht zu beanstanden war“, betonte Thomas Marwein. Die übrigen Petitionen seien an zuständige Behörden und Institutionen weitergeleitet worden, seien unzulässig gewesen oder hätten sich anderweitig erledigt.
Insgesamt habe sich der Petitionsausschuss wieder mit einem bunten Strauß an Anliegen befasst, wie der Vorsitzende darlegte. So hätte ein Petent die zweisprachige Beschilderung im Verkehrswesen auf Schriftdeutsch und Schwäbisch gefordert. Eine Petentin forderte, dass künftig Bücher in weißer Schrift auf schwarzem Grund gedruckt werden sollten, da sie beim Lesen von schwarzer Schrift auf weißem Grund negative Auswirkungen auf die Sehfähigkeit der Augen sah. Ein weiterer Petent habe sich gegen die Einschränkung der Möglichkeit gewendet, Kuhglocken in Bussen und Bahnen mitzunehmen.
Besonders hervorzuheben, so Thomas Marwein, sei die Petition zu „Geraubten Kindern“. Der Petent setzte sich für ein bedrückendes Thema ein. Einer großen Anzahl an Kindern, die ab 1942 vor allem in den besetzten Gebieten im Osten Europas von den Nationalsozialisten entführt und auf eine oft unmenschliche Art und Weise im Wege der so genannten „Germanisierung“ linientreuen deutschen Familien zur Adoption angeboten wurden, wurde großes Leid angetan. Viele haben von ihrer Herkunft erst Jahrzehnte später oder gar nie erfahren. „Der Petitionsausschuss kam zu der Auffassung, dass hier geholfen werden muss, und schlug dem Landtag einstimmig vor, die Petition zur Erwägung an die Regierung zu überweisen“, berichtete Marwein. Der Landtag folgte dieser Beschlussempfehlung. Auf diesen Landtagsbeschluss hin hat die Landesregierung vorgeschlagen, ein Programm unter dem Titel „Geraubte Kinder im Südwesten“ aufzulegen und den Betroffenen eine symbolische Einmalzahlung in Höhe von 5.000 Euro als öffentliche Anerkennung des erlittenen Unrechts zu leisten. „Es ist klar, dass das durch die Gräueltaten des NS-Regimes erlittene Unrecht nicht mit finanziellen Mitteln aufgewogen werden kann“, hob der Ausschussvorsitzende hervor.
Parlamentarisches Kontrollgremium tagt am Donnerstag erstmals öffentlich
Stuttgart. Das Parlamentarische Kontrollgremium (PKG) des Landtags von Baden-Württemberg kommt am Donnerstag, 22. Juni 2023, erstmals in seiner Geschichte zu einer öffentlichen Sitzung zusammen. „Das ist ein wichtiger Schritt hin zu mehr Transparenz und Nachvollziehbarkeit unserer parlamentarischen Arbeit in diesem besonderen Gremium“, sagte der PKG-Vorsitzende Oliver Hildenbrand (Grüne).
„Geheime Beratungen sind und bleiben zwar weiterhin notwendig, damit wir unsere Aufgaben bei der Verfassungsschutzkontrolle umfassend erfüllen können“, führte Hildenbrand weiter aus. Doch der Landtag habe es durch eine Änderung des Landesverfassungsschutzgesetzes ermöglicht, dass nicht mehr ausschließlich hinter verschlossenen Türen getagt werden müsse.
Die Sitzung am Donnerstag beginnt um 10.00 Uhr und findet im Plenarsaal statt. Innenminister Thomas Strobl (CDU) und die Präsidentin des Landesamts für Verfassungsschutz, Beate Bube, werden den Verfassungsschutzbericht 2022 vorstellen. Im Anschluss diskutiert das Gremium über verfassungsfeindliche Bestrebungen in Baden-Württemberg. „Gerade in einer Zeit, in der unsere liberale Demokratie von innen und außen verstärkt angegriffen wird, ist das ein wichtiges Signal“, betonte Oliver Hildenbrand.
Das Parlamentarische Kontrollgremium ist für die Kontrolle des Verfassungsschutzes in Baden-Württemberg zuständig. Es tritt ungefähr monatlich zu Sitzungen zusammen, in denen der Geheimdienst über seine Tätigkeit berichtet. Im Oktober 2022 hatte der Landtag beschlossen, dass das Gremium einmal im Jahr zu einer öffentlichen Sitzung zusammenkommen muss. Um seine Aufgaben wahrnehmen zu können, ist das PKG mit einer ganzen Reihe an Befugnissen ausgestattet: Dazu gehören das Recht auf Akteneinsicht, das Zutrittsrecht zu den Dienststellen sowie das Recht, Angehörige des Landesamtes für Verfassungsschutz zu befragen. Das Parlamentarische Kontrollgremium erstattet außerdem dem Landtag regelmäßig Bericht über seine Kontrolltätigkeit.
Enquetekommission „Krisenfeste Gesellschaft“ bestimmt Sachverständige für Anhörungen im Juli
Stuttgart. Die Enquetekommission „Krisenfeste Gesellschaft“ hat sich in ihrer öffentlichen Sitzung am Freitag, 16. Juni 2023, mit dem Thema „Kommunikation und Resilienz der Bürgerinnen und Bürger“ befasst. Dazu hörten die Mitglieder des Gremiums mehrere Sachverständige an, darunter die Beauftragte der Landesregierung Baden-Württemberg für die Belange von Menschen mit Behinderungen, Simone Fischer, und den Kommunikationswissenschaftler an der Uni Hohenheim, Prof. Dr. Frank Brettschneider. Das teilte der Vorsitzende der Enquetekommission, Alexander Salomon (Grüne), mit.
Im Anschluss an die Anhörungen legte das Gremium in öffentlicher Sitzung die Vorgehensweise bei der Erstellung der Handlungsempfehlungen für das zweite Handlungsfeld „Staatliche Krisenvorsorge und Krisenbewältigung“ fest. Das Gremium beschloss einen gemeinsamen Antrag der Fraktionen Grüne, CDU, SPD und FDP/DVP, der ein Zwischenfazit zu dem Handlungsfeld enthält. „In dem Zwischenfazit werden die bisherigen Erkenntnisse aus den Anhörungen zusammenfasst und erste Anhaltspunkte für Handlungsempfehlungen identifiziert“, sagte Salomon.
Die in dem Zwischenfazit aufgeführten Themen hätten sich als Schwerpunkte des zweiten Handlungsfeldes herausgestellt und sollen von der Enquetekommission in ihrer weiteren Arbeit berücksichtigt werden. Zu den Schwerpunktthemen gehören laut Salomon zum Beispiel „Vorbereitung und Prävention“, „Kommunikation, Warnung und Modernisierung der Leitstellen“, „Kritische Infrastrukturen schützen“ und „Stärkung des Ehrenamts und sinnvolle Ergänzung durch hauptamtliche Kräfte“.
„In der anschließenden nicht öffentlichen Sitzung stimmte das Gremium über die Sachverständigen für die Sitzung am 21. Juli 2023 ab“, berichtete der Vorsitzende weiter. An dem Tag will das Gremium Expertinnen und Experten zum Thema „Gesellschaftliche Polarisierung und Gesellschaftlicher Zusammenhalt“ anhören. Die nun beschlossenen Sachverständigen sind: Mathieu Coquelin (Fachstelle Extremismusdistanzierung), Yotrana Youkhana (Sachgebiet Förderung Bürgerschaftliches Engagement, Stadt Stuttgart), Prof. Dr. Andreas Zick (Institut für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung, Universität Bielefeld), Dr. Andreas Yendell (Forschungsinstitut Gesellschaftlicher Zusammenhalt), Dr. Kai Unzicker (Bertelsmann Stiftung), Frank Dittrich (Vizepräsident Landesamt für Verfassungsschutz Baden-Württemberg) sowie ein Vertreter des Bundesverfassungsgerichts.
Die nächste öffentliche Sitzung der Enquetekommission findet am Freitag, 30. Juni 2023, statt. An dem Tag führt das Gremium öffentliche Anhörungen zu zwei Themenfeldern durch. Am Vormittag spricht das Gremium zunächst mit Ministerpräsident Winfried Kretschmann über das Thema „Berücksichtigung gesellschaftlicher Strukturen und Betroffenheiten bei der Krisenvorsorge und Krisenbewältigung“. Im Anschluss werden Sachverständige unter anderem von Verbänden und Gewerkschaften zum Thema „Einbeziehung aller Bevölkerungsteile in die Krisenvorsorge und Krisenbewältigung“ angehört.
Präsidentin Aras: Begriffe wie Heimat und Identität gegen Demokratiefeinde verteidigen
Stuttgart. Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) hat dazu aufgerufen, die Begriffe Heimat und Identität nicht den Feinden der Demokratie zu überlassen und vor missbräuchlicher Verwendung zu schützen. „Die Feinde der Demokratie verengen Heimat und Identität auf einen Glauben und auf eine Hautfarbe. Sie maßen sich an, darüber bestimmen zu können, wer dazugehört und wer nicht. Dagegen muss sich die demokratische Gesellschaft wehren“, erklärte Aras am Donnerstag im Landtag anlässlich einer Veranstaltung mit der Autorin Lena Gorelik. Wenn es gelte, Begriffe wie Heimat und Identität vor dem Missbrauch zu bewahren, dann gehöre dazu auch, „unsere gesellschaftliche Vielfalt anzuerkennen und zu schützen“, so die Landtagspräsidentin in ihrem Grußwort zu Beginn der Gesprächsrunde und Lesung, die der Landtag in Kooperation mit dem Literaturhaus Stuttgart ausrichtete. Die Autorin Lena Gorelik las im Landtag aus ihrem Roman „Wer wir sind“. Darin verarbeitet sie auch die gemeinsame Ausreise ihrer russisch-jüdischen Familie von Russland nach Deutschland, die für die sogenannten Kontingentflüchtlinge 1992 von St. Petersburg nach Ludwigsburg führte. Geflohen war die Familie vor dem Antisemitismus im postsowjetischen Russland. In der Ludwigsburger Geflüchtetenunterkunft begann für Lena Gorelik die Suche nach der eigenen Identität in einer für sie noch fremden Kultur. Im Gespräch mit der Moderatorin Nicole Köster berichtete die Schriftstellerin, wie sie mehr und mehr heimisch wurde in Deutschland – und wie ihr die neu zu erlernende Sprache und eine offenherzige schwäbische Bäuerin dabei halfen. Zugleich schilderte Lena Gorelik eindrücklich, wie auch eigene Wurzeln und Herkunft sie in ihrem Schreiben bis heute prägen. Aras verwies vor den rund 260 Gästen darauf, dass rund ein Viertel der deutschen und ein Drittel der baden-württembergischen Bevölkerung eine Migrationsgeschichte hat. Jüdisches Leben und muslimisches Leben seien Teil der Gesellschaft: „Wir sind ein Land, in dem es möglich ist und in dem es möglich sein muss, eine neue Heimat zu finden, Wurzeln zu schlagen und anzukommen. Besonders, wenn man woanders nicht sicher ist“, so die Landtagspräsidentin. Die Landtagspräsidentin warnte in diesem Zusammenhang davor, das Grundrecht auf Asyl zur Debatte zu stellen. Lena Gorelik unterstrich im Gespräch: „Für mich ist es sehr schön und befreiend, wenn viele Menschen mit unterschiedlichen Vorstellungen und kulturellen Hintergründen zusammenkommen. Vielfalt ist letztlich das, was Demokratie ermöglicht“, so die Schriftstellerin. Zwar nähmen leider antisemitisch und rassistisch motivierte Verbrechen in Deutschland zu, war sie sich mit Landtagspräsidentin Aras einig. Aber das jüdische Leben etwa habe sich hier zugleich sehr diversifiziert und sei sichtbarer geworden. In einer Gesprächsrunde ließ die Moderatorin Nicole Köster ausführlich Menschen im Publikum zu Wort kommen. Sie beschrieben, was Heimat für sie bedeutet. Für musikalische Begleitung sorgte der Schlagzeuger und Percussionist Murat Coşkun.
Debatte um Förderung des Einzelhandels in Innenstädten und die Partnerschaft mit Südafrika
Stuttgart. Mit dem Stand und den Perspektiven des Sofortprogramms Innenstadt und Einzelhandel hat sich der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus in der Sitzung am Mittwoch, 14. Juni 2023, beschäftigt. Neben weiteren Themen griff das Gremium nach Angaben des Vorsitzenden Dr. Erik Schweickert (FDP/DVP) auch die jüngst gescheiterte Unterzeichnung des Partnerschaftsabkommens mit der südafrikanischen Provinz KwaZulu-Natal auf.
Mit dem Stand und den Perspektiven des Sofortprogramms Innenstadt und Einzelhandel der Landesregierung befasste sich der Ausschuss auf Antrag der FDP/DVP. Die Liberalen hatten einen umfangreichen Fragenkatalog an das Wirtschaftsministerium gerichtet und beispielsweise wissen wollen, auf welche Resonanz die laufenden Förderprogramme bisher gestoßen sind. Aus der Antwort des Ministeriums geht hervor, dass für die Förderlinie „Pop-up-Stores und -Malls“ im Rahmen des Sofortprogramms Innenstadt und Einzelhandel zehn Anträge eingegangen sind, von denen neun bewilligt wurden (Stand Ende Februar). Das Gesamtvolumen der bis dahin beantragten Förderung belaufe sich 367.784 Euro. Bewilligt worden seien Zuschüsse in Höhe von 285.660 Euro.
Für die Förderlinie „Veranstaltungen“ seien 52 Anträge eingegangen, von denen Stand Ende Februar 43 bewilligt worden seien. Das Gesamtvolumen der bisher beantragten Förderung belaufe sich auf 1.317.067 Euro. Bewilligt worden seien Zuschüsse in Höhe von 1.106.392 Euro. Empfänger der Förderlinie „Veranstaltungen“ seien 21 Städte und Gemeinden, eine City-Initiative, 13 Handels- und Gewerbevereine, vier Wirtschaftsförderungsgesellschaften sowie vier Heimatvereine.
Wie der Ausschussvorsitzende Dr. Schweickert berichtete, lobten Grüne und CDU die Förderung. Sie setze wichtige Anreize, um Innenstädte zu beleben. Dagegen habe die FDP/DVP erklärt, schon die Antwort des Ministeriums könne nicht vermitteln, dass die Förderung Experimentierfreude wecken wolle. Dazu passe, dass es nur zehn Anträge für Pop-up-Stores gegeben habe. Die SPD habe erklärt, das Ministerium sei einmal mehr den Nachweis schuldig geblieben, dass die Fördermittel gleichmäßig übers Land verteilt werden. Die AfD bemängelte nach den Worten von Dr. Schweickert, es fehle ein Gesamtkonzept, das auch die Themen Verkehr und innere Sicherheit berücksichtige.
Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut erklärte nach Angaben des Ausschussvorsitzenden, die Förderprogramme kämen gut an. Zwischenzeitlich seien fünf weitere Anträge für Pop-up-Stores eingegangen und sieben weitere für Veranstaltungen. Es gebe aber keinen Königsweg der Förderung, vielmehr gehe es darum, Dinge auszuprobieren und einen Wettbewerb für belebtere Innenstädte zu entfachen. Deshalb sei die Förderung breit aufgestellt und umfasse auch einen Ideenwettbewerb „Einkaufserlebnisse im stationären Einzelhandel“. Im Rahmen dieses Wettbewerbs fördere das Ministerium bereits 31 Projekte.
Die jüngst gescheiterte Unterzeichnung des zu erneuernden Partnerschaftsabkommens zwischen dem Land Baden-Württemberg und der südafrikanischen Provinz KwaZulu-Natal thematisierte der Ausschuss auf Antrag der SPD. Die Sozialdemokraten wollten wissen, warum es im Rahmen eines Empfangs am 22. März in Durban nicht zu der geplanten Unterzeichnung des Abkommens kam und wie es nun weitergehe.
Wirtschaftsministerin Dr. Hoffmeister-Kraut erklärte nach Angaben des Ausschussvorsitzenden, weder der Wirtschaftsminister noch die Premierministerin von KwaZulu-Natal seien zum Abendempfang erschienen. Deshalb habe das gemeinsam abgestimmte Abkommen letztlich nicht unterzeichnet werden können. Inzwischen habe die Regierung von KwaZulu-Natal die Verantwortung für den Eklat übernommen. Zum einen habe sich die Staatskanzlei von KwaZulu-Natal schriftlich an das Wirtschaftsministerium sowie den Wirtschaftsausschuss gewandt, zum anderen habe sich auch die Premierministerin Dube-Ncumbe in einem Schreiben an Ministerpräsident Kretschmann für die Vertiefung der bestehenden Partnerschaft ausgesprochen. Die Wirtschaftsministerin plädiere deshalb dafür, den Gesprächsfaden wiederaufzunehmen, so der Ausschussvorsitzende, der der Ministerin in diesem Punkt zustimmte.
Zudem verwies Ausschussvorsitzender Dr. Schweickert auf die während der Ausschussreise geknüpften Kontakte in das Parlament der Provinz Westkap, aus dem der Wunsch nach einer Vertiefung der beiderseitigen Beziehungen geäußert wurde. Er freue sich deshalb, dass bereits im Juli eine Delegation des Parlaments aus Kapstadt für einen ersten Besuch in den Landtag nach Baden-Württemberg komme.
Ein weiteres Thema in der Sitzung war nach Angaben des Ausschussvorsitzenden auf Antrag der FDP/DVP die Abwicklung von Coronahilfen durch die L-Bank unter Beteiligung externer Dienstleister sowie deren Subunternehmer. Die Ministerin erklärte dazu laut Dr. Schweickert, es sei nicht ersichtlich, dass die Kettenvergabe sich auf die Qualität der Abwicklung der Hilfsprogramme ausgewirkt habe. Die Einschaltung externer Kräfte sei alternativlos gewesen, um die Antragsflut bewältigen zu können, habe die Ministerin erklärt, so der Ausschussvorsitzende.
Ministerien vergeben externe Gutachten mit einem Volumen von 30,7 Millionen Euro
Stuttgart. Die Ministerien des Landes Baden-Württemberg haben im Jahr 2022 insgesamt 611 externe Gutachten und Beratungsleistungen mit einem Volumen von 30,7 Millionen Euro vergeben. Im Vergleich zum Vorjahr entspricht dies einer Verringerung um rund 2,5 Millionen Euro. Im Vergleich zum letzten Berichtszeitraum 2018/2019 ist die Anzahl der externen Beratungsleistungen jedoch um zehn Prozent und das finanzielle Volumen für externe Beratungsleistungen um rund 50 Prozent gestiegen. Das geht aus einem Bericht der Landesregierung über die Vergabe von externen Gutachten und Beratungsleistungen hervor, der am Donnerstag, 15. Juni 2023, im Finanzausschuss des Landtags beraten wurde, wie der Vorsitzende des Gremiums, der SPD-Abgeordnete Martin Rivoir, mitteilte.
Dem Vorsitzenden zufolge habe das Staatsministerium ausgeführt, dass die Landesregierung bestrebt sei, externe Beratungsleistungen in Anzahl und finanziellem Volumen auf das unbedingt notwendige Maß zu beschränken. In allen Fällen, in denen eine Eigenerledigung möglich sei, solle auf externe Beratungsleistungen verzichtet werden. Allerdings könne oder müsse die Auftragsvergabe an Externe in Betracht kommen, wenn die Aufgabenerledigung zwingend sei und durch eigenes Personal nicht oder nicht in der notwendigen fachspezifischen Qualität in der zur Verfügung stehenden Zeit möglich sei. Gleichzeitig hätten singuläre Ereignisse und insbesondere die Coronapandemie für teilweise starke Schwankungen gesorgt. So könne das im Vergleich zum letzten Bericht höhere finanzielle Volumen beispielsweise beim Sozialministerium zu einem großen Teil auf die Coronapandemie zurückgeführt werden.
Als Beispiel für die von der Landesregierung extern eingeholten Beratungsleistungen nannte der Vorsitzende insgesamt rund 40 Beratungen und Gutachten, die im Zusammenhang mit der Universitätsklinik Ulm vergeben wurden. Das Volumen für diese Leistungen belaufe sich auf insgesamt rund 3,7 Millionen Euro. Die eingeholte Beratung habe vor allem das Thema „Beratung PMI / Beratung zum Beteiligungserwerb RKU“ sowie steuerrechtliche und technische Beratungsleistungen beinhaltet.
Bei der Debatte in der Sitzung hätten Abgeordnete eine ganze Reihe an Nachfragen zu einzelnen Beratungsleistungen der Ministerien gehabt, die das Finanzministerium und andere Häuser beantwortet hätten. Außerdem sei darum gebeten worden, die Zahlen im Blick zu behalten, damit Anzahl und Volumen der Beratungsleistungen nicht weiter steigen, berichtete der Ausschussvorsitzende.
Laut Rivoir sind in der Auflistung für die Bereiche der Ministerien folgende Gesamtauftragssummen für das Jahr 2022 erfasst: • Staatsministerium: 237.503 Euro (2021: 363.767 Euro) • Innenministerium:10,4 Millionen Euro (2021: 4,4 Millionen Euro) • Kultusministerium: 351.544 Euro (2021: 102.575 Euro) • Justizministerium: 105.016 Euro (2021: 44.519 Euro) • Finanzministerium: 1,36 Millionen Euro (2021: 3,48 Millionen Euro) • Wirtschaftsministerium: 663.347 Euro (2021: 721.162 Euro) • Ministerium für Ländlichen Raum: 691.666 Euro (2021: 453.297 Euro) • Sozialministerium: 2,21 Millionen Euro (2021: 2,21 Millionen Euro) • Umweltministerium: 777.249 Euro (2021: 308.517 Euro • Verkehrsministerium: 3,36 Millionen Euro (2021: 5,02 Millionen Euro) • Wissenschaftsministerium: 8,4 Millionen Euro (2021: 16,02 Millionen Euro)
• Ministerium für Landesentwicklung: 2,07 Millionen Euro (2021: 50.153 Euro)
MINT-Bildung als Grundlage für Innovation und Wettbewerbsfähigkeit
Stuttgart. Der Ausschuss für Kultus, Jugend und Sport hat in seiner Sitzung am Donnerstag, 15. Juni 2023, darüber beraten, wie die sogenannten MINT-Fächer Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik an Schulen und in außerschulischen Projekten weiter gefördert werden können. Das hat die Ausschussvorsitzende Petra Häffner (Grüne) mitgeteilt.
Die Antragsteller der SPD-Fraktion wollten vor dem Hintergrund des aktuellen Fachkräftemangels gerade im MINT-Bereich vom Kultusministerium wissen, welche konkreten Maßnahmen zur Stärkung des Bereichs vor allem an Schulen durchgeführt würden und wie diese evaluiert würden. Im schriftlichen Antrag an das Ministerium erkundigten sie sich Häffner zufolge zudem, wie der Fachkräftebedarf sowie die Ausbildungs- und Studierendenzahlen im MINT-Bereich in den kommenden Jahren abzuschätzen seien.
Im Ausschuss sei fraktionsübergreifend wie auch von Ministerin Theresa Schopper betont worden, dass Forschung und Entwicklung im MINT-Bereich sowie die Förderung von MINT-Bildung essentiell für Innovation, Wertschöpfung und die Wirtschaftsstärke des Landes sei. Von Ministeriumsseite sei in der Beantwortung eine Reihe an Maßnahmen und außerschulischen Projekten aufgeführt worden, die das Interesse an Mathematik und Naturwissenschaften ab dem frühkindlichen Bereich bis zum Studium verstärken sollen. So habe Ministerin Schopper darauf hingewiesen, dass an den allgemeinbildenden Schulen ein einstündiger Aufbaukurs Informatik und daran anknüpfend das Wahlfach Informatik in den Haupt-, Real- und Werkrealschulen eingeführt worden sei. An den Gymnasien werde für die Klassen 11 und 12 zudem das Basisfach Naturwissenschaften und Technik (NwT) ab dem Schuljahr 2023/2024 in die Regelphase überführt. Im Ausschuss sei betont worden, dass insbesondere der Einstieg von mehr Mädchen und Frauen von großer Bedeutung für die Fortentwicklung im MINT-Bereich sei, berichtete die Vorsitzende weiter. Schopper habe hier beispielhaft die Landesinitiative „Frauen in MINT-Berufen“ und die Online-Plattform CyberMentor, die Schülerinnen mit weiblichen Vorbildern im MINT-Bereich vernetzt, angeführt.
Von Oppositionsseite sei mit Blick auf die Situation bei den Studierendenzahlen und den demografischen Wandel nachgehakt worden, wie hoch die Abbruchquote bei MINT-Studiengängen sei. Laut Häffner habe Ministerin Schopper erklärt, dass aus den Abbruchquoten in besagten Studiengängen für das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst keine Rückschlüsse darüber möglich seien, wie viele der abbrechenden Studierenden in benachbarte Studiengänge oder Ausbildungsberufe gewechselt seien. Der Handlungsbedarf in der MINT-Bildung liege auf der Hand. Gleichzeitig betonte die Ministerin, so Häffner, dass in Deutschland Fachkräftemangel aufgrund des demografischen Wandels in allen Bereichen herrsche.
Landtagspräsidentin Aras: „Verschafft euren Meinungen Gehör!“
Stuttgart. Die 49 Erstpreisträgerinnen und Erstpreisträger des 65. Schülerwettbewerbs des Landtags sind am heutigen Donnerstag, 15. Juni 2023, im Haus des Landtags in Stuttgart von Landtagspräsidentin Aras (Grüne) geehrt worden. „Ihr macht euch Gedanken um die Gesellschaft, um die Zukunft. Ihr seid motiviert und engagiert. Ihr wollt den Wandel mitgestalten, anstatt einfach still daneben zu stehen“, lobte Aras die Preisträgerinnen und Preisträger bei ihrer Begrüßung im Plenarsaal. „Und ich möchte euch ermutigen: Macht weiter damit!“
Fast 2.500 Schülerinnen und Schüler aus ganz Baden-Württemberg haben sich am 65. Schülerwettbewerb des Landtags beteiligt. Insgesamt wurden 1.882 Beiträge eingereicht. Mehr als die Hälfte der Teilnehmenden erhält einen Preis. Wie jedes Jahr konnten die Schülerinnen und Schüler zwischen mehreren Aufgabenstellungen und politisch aktuellen Themen für ihre Arbeiten wählen. Zum Plakat-Thema „Frieden heute“ wurden 711 Werke eingereicht. Die Frage nach einem nachhaltigen Umgang mit Lebensmitteln setzten die Schülerinnen und Schüler in insgesamt 310 Erörterungen, Facharbeiten, Reportagen und als Webseite zum Thema „Essen für die Tonne“ um. Sehr beliebt unter Teilnehmenden war zudem die Möglichkeit, eine eigene politische Fragestellung zu finden und in einem kreativen Format zu bearbeiten. Hier wurden 305 Arbeiten eingereicht, deutlich mehr als im vergangenen Jahr.
„Welche Fragen ihr euch auch gestellt habt, sie alle sind wichtig. Es sind alles Themen, die wir als Gesellschaft nicht aus den Augen verlieren dürfen.“, hob Aras hervor. Es begeistere sie, wie aktiv sich Kinder und Jugendliche trotz der letzten schwierigen Jahre einbrächten. Sie forderte die Preisträgerinnen und Preisträger des Schülerwettbewerbs dazu auf, ihre Stimme weiter zu erheben und ihren Meinungen Gehör zu verschaffen. „Dass ihr wichtige Gedanken und gute Argumente zu politischen Themen habt, habt ihr mit euren Arbeiten beim Schülerwettbewerb bewiesen“, so die Landtagspräsidentin. „Politik, das sind wir alle in der Gesellschaft. Je mehr sich einbringen, desto härter mag der Streit um die beste Lösung sein, aber umso besser und anerkannter ist diese Lösung dann meistens auch. Je mehr sich einbringen, desto stärker ist unsere Demokratie. Und umgekehrt ist das das Schöne an unserer Demokratie: Dass jede und jeder so viele Möglichkeiten hat, mitzumachen. Nutzt sie!“
Die Erstpreisträgerinnen und Erstpreisträger dürfen sich über eine von der Landeszentrale für politische Bildung organisierte mehrtägige Bildungsreise freuen. Diese kann nach einer coronabedingten Pause nun erstmalig wieder stattfinden und führt die Jugendlichen nach Rotterdam und Den Haag.
Zahl der Hass-Straftaten ist in Baden-Württemberg leicht gesunken
Stuttgart. Der Innenausschuss des Landtags hat sich in seiner Sitzung am Mittwoch, 14. Juni 2023, mit der Entwicklung von Hasskriminalität in Baden-Württemberg befasst. Wie in der Sitzung deutlich wurde, ist die Zahl der Straftaten im Zusammenhang mit Hass und Hetze im vergangenen Jahr leicht gesunken. „Im Jahr 2022 wurden im Südwesten 864 Delikte unter dem Oberbegriff Hasskriminalität registriert. Das sind 19 Fälle weniger als im Jahr zuvor“, sagte der Vorsitzende des Gremiums, der CDU-Abgeordnete Ulli Hockenberger.
Nach Angaben Hockenbergers wird Hasskriminalität in der Polizeilichen Kriminalstatistik unter dem Phänomenbereich politisch motivierte Kriminalität erfasst. Dabei wird zwischen den Themenfeldern „religiöse Ideologie“ (12 Fälle), „ausländische Ideologie“ (69 Fälle), „rechts“ (555 Fälle), „links“ (14 Fälle) und „nicht zuzuordnen“ (214 Fälle) unterschieden. Die Zahl der Fälle im Bereich „rechts“ sei von 670 auf 555 gesunken. Im gleichen Zeitraum sei dagegen die Zahl der Fälle im Bereich „ausländische Ideologie“ von 18 auf 69 Fälle gestiegen.
Darüber hinaus werden die Delikte zusätzlich in Unterthemenfeldern erfasst, die eine genauere Zuordnung zu einzelnen Bereichen ermöglichen. Mehrfachnennungen seien dabei möglich. So weise die Statistik im Bereich „Antisemitisch“ 245 Straftaten (2021: 337), im Bereich „Antiziganistisch“ 14 Straftaten (2021: 8), im Bereich „Ausländerfeindlich“ 359 Straftaten (2021: 368), im Bereich „Behinderung“ 12 Straftaten (2021: 30), im Bereich „Christenfeindlich“ 17 Straftaten (2021: 7), im Bereich „Deutschfeindlich“ 24 Straftaten (2021: 13) aus. Hinzu kommen 735 Delikte (2021: 781) im Bereich „Fremdenfeindlich“, 27 Straftaten im Bereich „Geschlechtsbezogene Diversität“, 21 Delikte (2021: 7) im Bereich „Gesellschaftlicher Status“, 48 Straftaten (2021: 57) im Bereich „Islamfeindlich“, 231 Delikte (2021: 273) im Bereich „Rassismus“, 39 Delikte (2021: 24) im Bereich „Sexuelle Orientierung“ und 34 Fälle im Bereich „Frauenfeindlich“.
Für das laufende Jahr geht das Innenministerium nach eigenen Angaben von einer vergleichbaren Entwicklung der Fallzahlen der Hasskriminalität aus, sagte Hockenberger. Im ersten Quartal 2023 seien 133 Delikte (2022: 144) registriert worden. Der Schwerpunkt der Delikte habe wieder bei Volksverhetzung, Gewaltdarstellung und Propaganda gelegen. Der überwiegende Anteil der Fallzahlen habe den Phänomenbereich „rechts“ betroffen.
Wie Hockenberger ausführte, hätten Abgeordnete der Fraktionen Grüne und CDU die Arbeit des extra eingerichteten Kabinettsausschusses „Entschlossen gegen Hass und Hetze“ gelobt. Es werde im Land und darüber hinaus wahrgenommen, dass Hasskriminalität im Land nicht hingenommen werde und entsprechende Gegenmaßnahmen entwickelt worden seien. Innenminister Thomas Strobl (CDU) habe betont, dass die Bekämpfung von Hass und Hetze für die Landesregierung Priorität habe. Im Kabinettsausschuss würden verschiedene Maßnahmen in einem Aktionsplan gegen Hasskriminalität gebündelt, koordiniert und weiterentwickelt.
Im Bereich Hassposting wurden Hockenberger zufolge im Jahr 2022 336 Delikte erfasst. Im Jahr zuvor habe die Zahl noch bei 359 gelegen. Der Schwerpunkt der Hasspostings habe die Bereiche Volksverhetzung und Gewaltdarstellung betroffen, gefolgt von Beleidigungs- und Propagandadelikten. Der überwiegende Anteil der Delikte der Hasskriminalität sei dem Themenfeld „Fremdenfeindlich“ und dort dem Phänomenbereich „rechts“ zuzuordnen. Der Phänomenbereich „Ausländische Idelogie“ habe insbesondere in den Themenfeldern „Rassismus“, „Fremdenfeindlich“ und „Ausländerfeindlich“ einen Anstieg der Fallzahlen verzeichnet, was auf Straftaten im Zusammenhang mit dem Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine zurückzuführen sei.
Landwirtschaftsausschuss besichtigt Bundesgartenschau 2023 in Mannheim
Stuttgart/Mannheim. Der Ausschuss für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz hat sich am Mittwoch, 14. Juni 2023, auf dem Gelände der Bundesgartenschau 2023 in Mannheim getroffen und seine Sitzung vor Ort abgehalten. „Die BUGA 23 lockt nicht nur viele Besucherinnen und Besucher nach Baden-Württemberg, sie kann auch die Lebensqualität und das Stadtklima in Mannheim über die Dauer der Ausstellung hinaus nachhaltig verbessern“, sagte der Ausschussvorsitzende Martin Hahn (Grüne) im Rahmen des Ortstermins.
Nach der Ausschusssitzung im „Green Garden“, im Haupteingangs-Gebäude des Luisenparks, besichtigten die Ausschussmitglieder das Gelände. Der inhaltliche Schwerpunkt der BUGA 2023 sei mit den Leitthemen Klima, Energie, Umwelt und Nachhaltigkeit vor großer politischer Aktualität. „Die BUGA in Mannheim will die bisher nachhaltigste Bundesgartenschau werden“, so Hahn. „Das ist ein ambitioniertes Ziel, das wir vonseiten des Landwirtschaftsausschusses natürlich sehr begrüßen.“
Rund zwei Millionen Gäste werden noch bis zum 8. Oktober in Mannheim erwartet.
Bürgerforum „Krisenfeste Gesellschaft“ und Kinder- und Jugendbeteiligungsformate übergeben Abschlussberichte
Stuttgart. In der Sitzung der Enquetekommission „Krisenfeste Gesellschaft“ am Freitag, 26. Mai 2023, haben Delegierte des gleichnamigen Bürgerforums und der Kinder- und Jugendbeteiligungsformate ihre Ergebnisse vorgestellt und die Abschlussberichte an den Vorsitzenden Alexander Salomon (Grüne) und seine Stellvertreterin Dr. Natalie Pfau-Weller (CDU) überreicht. Im nicht öffentlichen Teil der Sitzung wurde überdies das Thema für die Sitzung am Freitag, 21. Juli 2023, festgelegt.
Vier Delegierte des Bürgerforums sprachen vor den Mitgliedern der Kommission über die zwischen Oktober 2022 und Januar 2023 im Bürgerforum entwickelten Leitsätze und Empfehlungen für die Handlungsfelder Gesellschaftlicher Zusammenhalt, Gesundheit, Wirtschaft und Krisenvorsorge. Insbesondere forderten die für das Bürgerforum ausgewählten Zufallsbürgerinnen und -bürger in ihrem „Bürgergutachten“ klare und deutliche Kommunikation vonseiten der Politik gerade in Krisen, eine attraktivere Gestaltung von Gesundheitsberufen und mehr Geld für Bildung. Um die Krisenresilienz zu erhöhen, sollen der Gemeinschaftssinn und das Engagement von Bürgerinnen und Bürgern stärker in der Gesellschaft verankert werden. Anschließend stellten Kinder und Jugendliche die Ergebnisse der Kinderbeteiligung und des Jugendforums „Krisenfeste Jugendbeteiligung“ vor, das parallel zum Bürgerforum im Januar 2023 seine Arbeit aufgenommen hatte. Es folgte eine Fragen- und Diskussionsrunde.
Im nicht öffentlichen Teil der Sitzung legten die Gremiumsmitglieder das Thema „Gesellschaftliche Polarisierung und gesellschaftlicher Zusammenhalt“ für die Sitzung am Freitag, 21. Juli 2023, fest, wie der Ausschussvorsitzende mitteilte. Zudem sei der als Ersatztermin vorgesehene Sitzungstag am 24. November 2023 gestrichen worden. Für das nächste Jahr seien die Sitzungstermine 26. Januar, 23. Februar 15. März, 12. April, 26. April, 3. Mai und 17. Mai 2024 festgelegt worden.
Anpassung der Diäten nach Maßgabe der allgemeinen Einkommens- und Kostenentwicklung zum 1. Juli 2023
Stuttgart. Orientiert an den vom Statistischen Landesamt festgestellten Daten zur allgemeinen Einkommens- und Kostenentwicklung werden die Diäten der Abgeordneten des Landtags von Baden-Württemberg zum 1. Juli 2023 angepasst. Grundlage hierfür ist das sogenannte Indexierungsverfahren, das vom Landtag im Jahr 2005 eingeführt und am 9. Juni 2021 für die 17. Wahlperiode bestätigt wurde. Nach Angaben der Landtagsverwaltung erhöht sich entsprechend dieser Bemessungsmethode die steuerpflichtige Grundentschädigung für die Parlamentarierinnen und Parlamentarier um 1,3 Prozent auf 8.383 Euro (bisher 8.275 Euro).
Wie die Landtagsverwaltung weiter bekannt gibt, werden die Kostenpauschale um 6,3 Prozent auf 2.520 Euro (bisher 2.371 Euro) und der Vorsorgebeitrag für die Altersvorsorge um 3,55 Prozent erhöht auf 1.967 Euro (bislang 1.900 Euro). Bemessungszeitraum für die aktuelle Anpassung ist das Jahr 2022. Aufgrund der Corona-Pandemie hatte der Landtag die Anpassung der Diäten 2020 ausgesetzt – es gab eine Nullrunde. 2021 waren die Diäten gesunken.
Indexierungsverfahren bedeutet, dass die Entschädigung auf der Grundlage statistischer Maßzahlen angepasst wird. Für die Grundentschädigung teilt das Statistische Landesamt die Veränderung des Nominallohnindex für Baden-Württemberg mit, der die allgemeine Einkommensentwicklung in Baden-Württemberg abbildet. Für die Kostenpauschale ermittelt das Statistische Landesamt den Wert anhand der Entwicklung des Verbraucherpreisindex für Baden-Württemberg, während sich der Vorsorgebeitrag an der Entwicklung des Höchstbeitrags zur allgemeinen Rentenversicherung ausrichtet. Auf der Grundlage dieser Werte werden die neuen Entschädigungsleistungen errechnet und von der Landtagspräsidentin im Gesetzblatt für Baden-Württemberg veröffentlicht.
Erkenntnisreiche Informationsreise des Finanzausschusses in die USA
Stuttgart. Der Finanzausschuss des Landtags hat bei seiner einwöchigen Informationsreise in die USA wichtige Erkenntnisse über deutsch-amerikanische Finanz- und Wirtschaftsbeziehungen gewonnen. In Washington D.C. und New York tauschten sich die Abgeordneten mit Expertinnen und Experten unter anderem über internationale Finanz- und Wirtschaftsfragen sowie deren Auswirkungen auf Deutschland und Europa aus. „Die Informationsreise war ein Erfolg und hat für die Ausschussmitglieder zahlreiche neue Ansätze und Ideen gebracht, die nun in die Arbeit der Abgeordneten für das Land Baden-Württemberg einfließen“, sagte der Ausschussvorsitzende Martin Rivoir (SPD). Begleitet wurden die Parlamentarierinnen und Parlamentarier von Finanzminister Danyal Bayaz (Grüne), der als Gast an der Delegationsreise des Parlaments teilnahm.
Die Reise fand vom 30. April bis 6. Mai 2023 nach Washington D.C. und New York statt. Zunächst reisten die Abgeordneten nach Washington, wo ein Vor-Ort-Termin bei der Weltbank auf dem Programm stand. Die Ausschussmitglieder tauschten sich dort mit dem Exekutivdirektor der Weltbankgruppe, Michael Krake, dem Vizepräsidenten für nachhaltige Entwicklung, Jürgen Vögele, und dem leitenden Ökonomen für die Region Naher Osten und Nordafrika der Weltbankgruppe, Asif Islam, aus. Themen waren unter anderem die Inflation in Entwicklungsländern, Ernährungssicherheit, wirtschaftliche Entwicklung, Klimaschutzziele und Projektfinanzierungen. Bei Gesprächen mit dem Büro von Senator Ron Wyden im Kapitol ging es überwiegend um die amerikanische Steuerpolitik und das amerikanische Steuersystem.
Zudem sprachen die Abgeordneten mit dem Leiter der Wirtschafts- und Finanzabteilung der Deutschen Botschaft, Dr. Hardy Boeckle, über die aktuelle politische Situation und die Wirtschafts- und Finanzlage der USA. „Bei den Gesprächen standen vor allem die Themen Inflation, Arbeitsmarkt, Staatsverschuldung und Bankenkrise sowie die Wirtschaftsbeziehungen zwischen den USA und Europa im Mittelpunkt“, sagte Rivoir. Maryse Sulimma vom International Consortium for Investigative Journalists (ICIJ) gewährte den Abgeordneten einen Einblick in die Arbeitsbedingungen für Journalisten in den USA sowie in die Berichterstattung über Steuervermeidung, Steuerhinterziehung und Steueroasen.
Zweite Station auf der Ausschussreise war New York. Dort wurde die Delegation zunächst im Deutschen Haus empfangen, in dem sich unter anderem das deutsche Generalkonsulat, die deutsche Vertretung bei den Vereinten Nationen und der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) befinden. „Generalkonsul David Gill informierte die Delegation über die Arbeit der deutschen Auslandsvertretung, die deutsch-amerikanischen Finanzbeziehungen, die aktuelle politische und finanzielle Lage im Bundesstaat New York sowie die Anwerbung von Fachkräften und Studenten nach Baden-Württemberg“, berichtete der Ausschussvorsitzende. Die Themen Nachhaltige Entwicklung, Friedensarbeit sowie Klima- und Katastrophenschutz-Resilienz standen im Mittelpunkt von Gesprächen bei den Vereinten Nationen. Im One U.N. Plaza, dem Hauptsitz der UN, sprachen Ulrika Mooder (Bureau of External Relations and Advocacy Director), Asako Okai (Crisis Bureau Director) und Ivana Živković (Regional Bureau for Europe and the CIS Director) mit den Delegationsteilnehmern über das Entwicklungsprogramm der UN, das United Nations Development Programme (UNDP).
Bei Terminen in den New Yorker Niederlassungen der Bundesbank und der Landesbank Baden-Württemberg sowie bei der deutsch-amerikanischen Handelskammer (German American Chamber of Commerce) informierten sich die Abgeordneten vor allem über die Entwicklung der US-Finanzmärkte und die Auswirkungen auf Deutschland und Europa. Ein großes Thema waren die von der US-Regierung initiierten Gesetzespakete wie der „Inflation Reduction Act“, mit dem die USA die hohe Inflation im Land bekämpfen und die Wirtschaft ankurbeln will. Am Standort der LBBW in New York, der größten Auslandsniederlassung der Bank, sprachen die Abgeordneten unter anderem mit Standortleiter Leonard Crann über den amerikanischen Finanzmarkt und Projektfinanzierungen. „Die LBBW bildet die Brücke für den baden-württembergischen Mittelstand in die USA“, sagte der Vorsitzende Rivoir. Im Anschluss besichtigte die Delegation das Immobilienprojekt Hudson Yards, das die LBBW mitfinanziert hatte. Bei der Handelskammer tauschten sich die Abgeordneten mit dem Kammerpräsidenten Dietmar Rieg aus, so Martin Rivoir.
Und auch ein Kulturanteil durfte auf der Reise nicht fehlen. So besuchte die Delegation das Goethe-Institut, wo Institutsleiter Dr. Jörg Schumacher die Gäste über die Arbeit des Goethe-Instituts und die Wahrnehmung Deutschlands in den USA informierte.
Der Ausschussvorsitzende zog nach der Informationsreise ein positives Fazit: „Es war eine intensive Informationsreise mit einer Vielzahl von erkenntnisreichen Terminen. Der Austausch mit den Expertinnen und Experten vor Ort hat gezeigt, wie wichtig und intensiv die wirtschaftlichen, finanziellen und kulturellen Beziehungen zwischen den USA und Europa, Deutschland und auch Baden-Württemberg sind“, sagte Martin Rivoir. Er bedankte sich bei allen Beteiligten für das große Interesse und die konstruktiven Gespräche.
Schlagabtausch über die Verwendung der zusätzlichen Flüchtlingshilfen vom Bund
Stuttgart. Mit der Unterbringung von Geflüchteten im Land hat sich der Ständige Ausschuss in der Sitzung am Donnerstag, 11. Mai 2023, beschäftigt. Wie der Ausschussvorsitzende Guido Wolf (CDU) berichtete, lagen dazu zwei getrennt voneinander gestellte Anträge von SPD und FDP/DVP vor. In der Sitzung kam es laut Wolf zu einer kontroversen Debatte hinsichtlich der Verwendung der auf dem jüngsten Bund-Länder-Gipfel zugesagten zusätzlichen Flüchtlingshilfen des Bundes von einer Milliarde Euro, von denen 130 Millionen Euro nach Baden-Württemberg fließen sollen.
Beide antragstellenden Fraktionen hatten umfangreiche Fragenkataloge an das Ministerium für Justiz und Migration gerichtet und sich dabei insbesondere nach der Unterstützung der Kommunen bei der Unterbringung von Geflüchteten (SPD) und nach der Strategie zur Unterbringung von Geflüchteten (FDP/DVP) erkundigt. Aus den Antworten des Ministeriums geht hervor, dass die Landesregierung die für die Unterbringung von Geflüchteten zuständigen Kommunen auf vielfältige Weise unterstützt. So seien beispielsweise Unterbringungsstandards gesenkt und diesbezügliche bürokratische Hürden abgebaut worden. Zudem beteilige sich das Land an den finanziellen Lasten der Flüchtlingsaufnahme und fördere die Schaffung neuen Wohnraums mit einem im September 2023 gestarteten Programm in Höhe von 80 Millionen Euro.
Nach Angaben des Ausschussvorsitzenden wollte die SPD im Nachgang des Bund-Länder-Gipfels wissen, wie das Land die zufließenden 130 Millionen Euro an Bundeshilfen in der Höhe bewerte und wie es die Summe einzusetzen gedenke. Die Ministerin für Justiz und Migration, Marion Gentges (CDU), habe daraufhin erklärt, das Geld stehe für die weitere Unterstützung der Kommunen in Sachen Unterbringung und für die Digitalisierung der Asylverfahren zur Verfügung. Wenn man jedoch die 130 Millionen Euro auf die gut 1100 Kommunem im Land umlege, erhalte jede Kommune einen niedrigen sechsstelligen Betrag. Damit lasse sich nur eine überschaubare Anzahl von Wohnungen neu errichten, habe die Ministerin erklärt, so der Ausschussvorsitzende Wolf.
Staatssekretär Siegfried Lorek (CDU) habe ergänzt, die zusätzlichen Bundesmittel gingen eins zu eins an die Kommunen im Land, wobei 30 Millionen sofort fließen würden. Über die Verwendung der restlichen 100 Millionen Euro würden Land und Kommen verhandeln und gemeinsam entscheiden. Wie Wolf berichtete, habe die SPD daraufhin erklärt, die Landesregierung wisse offensichtlich noch gar nicht, was sie mit dem Geld aus Berlin anfangen solle. Dies sei bemerkenswert angesichts des Getöses aus Stuttgart im Vorfeld des Flüchtlingsgipfels. Zudem habe die SPD bemerkt, 130 Millionen Euro seien ein durchaus stattlicher Betrag, wenn man ihn mit den 80 Millionen Euro für das Wohnraum-Förderprogramm des Landes vergleiche.
Wie der Ausschussvorsitzende weiter aus der Sitzung berichtete, habe Lorek auf Nachfragen der FDP/DVP erklärt, die Landesregierung werde in Bälde ihr Standortkonzept für neu zu errichtende Erstaufnahmeeinrichtungen (LEA und EA) vorstellen. Ein konkretes Datum habe der Staatssekretär nicht genannt. Derzeit stünden landesweit 13.075 Aufnahmeplätze inklusive Notkapazität (z.B. Turnhallen) zur Verfügung, habe Lorek ausgeführt, so Wolf. Die Neugestaltung der Erstaufnahme von Flüchtlingen in Baden-Württemberg aus den Jahren 2016 und 2017 werde derzeit bewertet. Ergebnisse und Schlussfolgerungen daraus würden zu einem späteren Zeitpunkt präsentiert.
Präsidentin Aras: „Demokratie ist das Beste, was wir haben!“
Stuttgart/Freiburg. „Demokratie ist das Beste, was wir haben!“, davon zeigte sich Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) beim Auftakt der Veranstaltungsreihe „Demokratie in Bewegung“ des Landtags von Baden-Württemberg in Freiburg überzeugt. Am Freitag, 12. Mai 2023, wanderten Aras und mehr als 100 Gäste, darunter auch einige Abgeordnete, auf den Spuren der ersten Demokratiebewegung des Südwestens, der Badischen Revolution 1848, von den Gedenksteinen am Jägerbrunnen (Günterstal) zum Dortu-Mausoleum (Alter Wiehre Friedhof). „Unser Format verbindet Bewegung mit Begegnung. Gemeinsam machen wir uns auf einen historischen Weg, um über die Demokratie von heute zu sprechen“, so Landtagspräsidentin Aras.
Anlässlich des 175. Jubiläums der Badischen Revolution hat der Landtag von Baden-Württemberg in Kooperation mit dem Landesverein Badische Heimat e. V. zu diesem Ortstermin eingeladen. „Demokratie bedeutet Freiheit und Gleichheit, bedeutet Minderheiten zu schützen und Mehrheiten überzeugen zu müssen. Demokratie bedeutet auch Gewaltenteilung und Menschrechte“, sagte Präsidentin Aras. Sie hob hervor, dass von unseren im Grundgesetz garantierten Rechten und Freiheiten viele Menschen auf der ganzen Welt träumten. Aber der Blick in die Geschichte lehre, „Demokratie nicht für selbstverständlich zu halten“. Sie wies auf die Badische Revolution 1848 und den Zusammenbruch der Weimarer Republik 1933 hin. „Heute nimmt laut Studien die Zufriedenheit mit der Demokratie ab. Extreme Milieus radikalisieren sich“, erläuterte Aras. Deshalb müsse die Gesellschaft über diese Entwicklungen reden. Man müsse den Fragen nachgehen, wie unsere Demokratie unerschütterlich und dynamisch bleibe, um aktuelle Krisen und Angriffe abzuwehren. „Wie schützen und verteidigen wir unsere Demokratie?“, stellte Aras die zentrale Frage in den Raum. Ihr Appell: „Lassen Sie uns für eine wehrhafte Demokratie wachsam und in Bewegung bleiben.“
Sven von Ungern-Sternberg, Vorsitzender des Landesvereins Badische Heimat e. V., begrüßte die Gäste ebenfalls. Eine historische Einordnung auf der Wegstrecke bot der Journalist und Publizist Heinz Siebold, der mehrere Bücher zur Badischen Revolution und ihren Akteuren verfasst hat. Überdies gab es auf der knapp drei Kilometer langen Strecke ausreichend Möglichkeiten, mit den Mit-Wanderern ins Gespräch zu kommen. Musikalisch begleitet wurde der Spaziergang von Olaf Creutzburg. Am Dortu-Mausoleum folgte eine Kranzniederlegung. Nach den Schluss- und Dankesworten der Präsidentin wurde gemeinsam das Lied „Die Gedanken sind frei“ angestimmt. Ein stimmungsvoller Ausklang der „Demokratie in Bewegung“.
Europaausschuss befasst sich mit Donau-Jugend-Netzwerk und den Westbalkanstaaten
Stuttgart. In der Sitzung am Mittwoch, 10. Mai 2023, hat sich der Ausschuss für Europa und Internationales unter anderem mit dem Donau-Jugend-Netzwerk befasst. Wie der Vorsitzende Willi Stächele (CDU) mitteilte, tauschte sich das Gremium auch mit dem Sondergesandten der Bundesregierung für die Länder des westlichen Balkans, Manuel Sarrazin, aus. „Der Donauraum bildet eine wertvolle Brücke zu Osteuropa“, so der Ausschussvorsitzende Willi Stächele (CDU). „Wir müssen jedoch auch deutlich machen, dass uns Grundwerte heilig sind und den Dialog vor allem mit dem Westbalkan suchen.“
Zu Beginn der Sitzung gab es ein Gespräch zwischen dem Europaausschuss und Stefan Barth, Irina Gumenchuk und Ratin Sazedul vom Netzwerk Zivilgesellschaft EUSDR zum Thema Donau-Jugend-Netzwerk. Seit zwölf Jahren leistet das Netzwerk Projektarbeit in der Donauregion. Im Koalitionsvertrag haben sich die Fraktionen Grüne und CDU dazu bekannt, die Donauraumstrategie fortzusetzen, insbesondere in den Bereichen Bildung und Ausbildung sowie Jugend. Die Phase II im Projekt „Danube.Youth.EUSDR.Participation“ ist seit Dezember 2022 abgeschlossen. Diese habe das Ziel verfolgt, das DYN-Netzwerk und seine Aktivitäten weiterzuführen und in die EUSDR-Strukturen einzubetten. Das Netzwerk sei ein offenes, transnationales, transsektorales und selbstorganisiertes Netzwerk von Jugendorganisationen in der Donauregion. Es verfolgte die Vision von Beteiligung, Kreativität, Führung und individueller Verantwortung junger Menschen in der Donauregion in den Bereichen soziale Inklusion, Umwelt und Nachhaltigkeit, Networking und Jugendpartizipation sowie Kultur und Vernetzung. Irina Gumenchuk gab einen Überblick über verschiedene Projekte, etwa Jugendcamps mit erlebnispädagogischen Ansätzen, Kooperationen mit Stadtverwaltungen, einem Videowettbewerb und Jugendbeteiligungen. Stefan Barth betonte, dass ein Prototyp geschaffen worden sei, der nun weitergeführt und verstetigt werden könne. Ratin Sazedul berichtete von seinem Engagement im Donau-Jugendrat. „Es ist sehr wichtig, dass wir eine große Jugendbeteiligung haben“, fasste Willi Stächele die Ausführungen im Gremium zusammen. Es sei überdies die Wichtigkeit der Demokratiebildung betont worden, aber auch der Wunsch nach einer verlässlichen Finanzierung der Projekte.
Manuel Sarrazin, der Sondergesandte der Bundesregierung für die Länder des westlichen Balkans, war per Videoschalte zugeschaltet. Er arbeitet als Sondergesandter gemeinsam mit sechs Staaten gezielt an Entwicklungsperspektiven und unterstützt sie bei laufenden Reformprozessen, regionaler Integration und auf dem Weg in Richtung einer EU-Vollmitgliedschaft. „Manuel Sarrazin hat betont, dass es sehr wichtig ist, dass wir den Staaten klarmachen, dass ihre EU-Perspektive keine Phrase ist“, so Willi Stächele. Es sei wichtig, dass es auf dem Balkan Regierungen gebe, die Reformen liefern. Im Dialog sei auch erörtert worden, wie man eine Zivilgesellschaft fitmachen könne für einen EU-Beitritt. Der Staatssekretär habe versichert, dass sich Baden-Württemberg als Brückenbauer sehe, erläuterte Stächele.
Der Ausschuss hat überdies einen gemeinsamen Antrag der Faktionen Grüne, CDU, SPD und FDP/DVP „Baden-Württembergs Beitrag zur Integration der Westbalkanstaaten in die Europäische Union“ eingebracht. Stächele hob hervor: „Baden-Württemberg hat sich als Vorreiter bei der überregionalen Kooperation im Rahmen der EUSDR als Partner und Unterstützer der EU-Perspektive der Staaten des Westbalkans positioniert.“ Der Europaausschuss fordert den Landtag auf, dass er Baden-Württembergs Engagement im Rahmen der EUSDR ausdrücklich begrüßt und die dort erzielten Erfolge im Bereich der wirtschaftlichen Zusammenarbeit, des partnerschaftlichen Umwelt- und Klimaschutzes sowie der Stärkung von politischer Jugendbeteiligung und der Zivilgesellschaft als wichtigen Beitrag auch zur nachhaltigen Entwicklung des Donauraums würdigt. Dem Gremium ist es wichtig, dass der Landtag ein besonderes Augenmerk auf Reformschritte insbesondere zur Stärkung demokratischer Institutionen, zur Gewährleistung der Rechtsstaatlichkeit und der Grundrechte sowie zur Verringerung des wirtschaftlichen Gefälles richtet.
Der Ausschuss hat einstimmig sechs Beschlüsse gefasst, die das Ziel haben, die Landesregierung zu ersuchen, sich für die Westbalkanstaaten einzusetzen. „Wir fordern die Landesregierung auf, ihre Unterstützung für die Staaten des Westbalkans auf deren europäischem Weg im Rahmen von partnerschaftlicher Zusammenarbeit in bilateraler und multilateraler Form fortzusetzen und sich dabei für eine Stärkung des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Austauschs einzusetzen“, so Stächele.
Zusammenspiel von Wissenschaft und Politik beim Klimaschutz verstärken
Stuttgart. Der Ausschuss für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft hat in seiner Sitzung am Donnerstag, 11. Mai 2023, den Klima-Sachverständigenrat angehört. Vier Mitglieder berichteten im öffentlichen Teil der Sitzung über ihre Arbeit und den Stand beim Klimaschutz in Baden-Württemberg. „Klimamaßnahmen und ihre Auswirkungen sind sehr komplex zu bewerten. Darum sind wir auf Expertenwissen angewiesen, um die richtigen politischen Entscheidungen zu treffen“, sagte Ausschussvorsitzender Daniel Karrais (FDP/DVP) zu Beginn der Sitzung.
Dabei sei es die Aufgabe der Sachverständigen, die Notwendigkeiten aufzuzeigen, und die Aufgabe der Abgeordneten, die machbaren Maßnahmen in einer Abwägung zu ermitteln. „Denn oft ist die politisch symbolträchtigste Maßnahme nicht die zielführendste. Darum ist der Austausch zwischen Klimasachverständigenrat und dem Umweltausschuss wichtig, um dieses Verständnis zu fördern“, so Karrais weiter.
Der Klima-Sachverständigenrat verfasst jährlich eine Stellungnahme zur Umsetzung des Klimamaßnahmenregisters und überprüft so den Klimaschutzfortschritt in Baden-Württemberg. Die Stellungnahme berücksichtigt die Entwicklung der energie- und klimapolitischen Rahmenbedingungen auf nationaler und europäischer Ebene, ordnet die Emissionsentwicklung in Baden-Württemberg ein und trifft Aussagen zum Stand der Zielerreichung und zeigt den Bedarf für weiterführende Maßnahmen auf. Neben dieser Hauptaufgabe verfasst der Klima-Sachverständigenrat auch eigene Papiere und Studien zu aktuellen energiepolitischen Themen. „Darüber hinaus steht der Klima-Sachverständigenrat der Landesregierung und den Ministerien, aber auch dem Landtag bei energie- und klimapolitischen Fragestellungen beratend zur Verfügung“, betonte die Vorsitzende des Sachverständigenrates, Maike Schmidt.
In der Sitzung verwiesen Schmidt und ihre Kolleginnen und Kollegen Prof. Dr. Sabine Löbbe, Dr. Martin Pehnt und Prof. Dr. Dirk Schindler noch einmal darauf, dass erfolgreicher Klimaschutz eine Transformationskultur brauche und parteiübergreifend in allen Köpfen verankert werden müsse. Der Klima-Sachverständigenrat nutze eine naturwissenschaftliche Basis für die Einschätzung, ob Schutzmaßnahmen in die richtige Richtung gingen. „Europa erwärmt sich zurzeit von allen Kontinenten am meisten. Das haben wir zum Anlass genommen, die regionale Lufttemperaturentwicklung in Baden-Württemberg mit Daten des Deutschen Wetterdienstes zu überprüfen“, erklärte Prof. Dr. Schindler. „Für Baden-Württemberg ergeben sich mit +2,3 Grad ungefähr doppelt so hohe Erwärmungsraten bei der Lufttemperatur im weltweiten Vergleich.“
An den Bericht des Klima-Sachverständigenrates schloss sich eine Frage- und Antwortrunde mit den Ausschussmitgliedern an. Die Gremiumsmitglieder interessierten sich mit Blick auf die Energie- und Mobilitätswende insbesondere dafür, welche Handlungsschritte Regierung und Parlament nach Ansicht des Klima-Sachverständigenrates veranlassen sollten und wann konkrete Vorschläge des Rates in den Bereichen Wärme und Flächennutzung zu erwarten seien. Abschließend bedankte sich Ausschussvorsitzender Daniel Karrais im Namen des Gremiums bei den Mitgliedern des Klima-Sachverständigenrates für die ausführlichen Stellungnahmen der Expertinnen und Experten und schlug vor, die Berichterstattung im Umweltausschuss im jährlichen Turnus fortzuführen.
Forderung nach Aufwertung der Freiwilligendienste durch kostenlose ÖPNV-Tickets
Stuttgart. Mit der Entwicklung und den Rahmenbedingungen der Freiwilligendienste in Baden-Württemberg hat sich der Ausschuss für Soziales, Gesundheit und Integration in der Sitzung am Mittwoch, 10. Mai 2023, befasst. Das berichtete der Ausschussvorsitzende Florian Wahl (SPD).
Die Freiwilligendienste FSJ (Freiwilliges Soziales Jahr), FÖJ (Freiwilliges Ökologisches Jahr) und BFD (Bundesfreiwilligendienst) wurden auf Antrag der FDP/DVP vom Ausschuss thematisiert. Die Liberalen hatten dazu einen umfangreichen Fragenkatalog an das Sozialministerium gerichtet und dabei auch das Taschengeld angesprochen, das Freiwilligendienstleistende erhalten.
Aus der Antwort des Ministeriums geht hervor, dass im Jahr 2021 in Baden-Württemberg 13.324 junge Menschen am FSJ teilnahmen. Die meisten von ihnen versahen ihren Dienst in Kindertagesstätten, in Einrichtungen der Behindertenhilfe und in Kliniken. Der BFD zählte im Vergleichsjahr 6009 Teilnehmende, während am FÖJ 378 junge Menschen im Land teilnahmen.
Weiter geht aus der Antwort hervor, dass im FSJ die Gesamtsumme aller Leistungen an die Dienstleistenden je nach Träger zwischen 300 und 579 Euro monatlich variiert. Darin enthalten sind das 2006 festgelegte Taschengeld von mindestens 150 Euro und Zuschüsse für Unterkunft und Verpflegung. Das Taschengeld im FÖJ ist demnach seit 2002 auf mindestens 180 Euro zuzüglich Zuschüssen festgesetzt. Demgegenüber wird im BFD das Taschengeld zwischen der Einsatzstelle und den Freiwilligen vereinbart. Durchschnittlich werden 322 Euro inklusive Sachleistungen ausgezahlt.
Nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Wahl betonten Vertreterinnen und Vertreter aller Fraktion den grundsätzlichen gesellschaftlichen Wert von Freiwilligendiensten. CDU und SPD hätten erklärt, es sei angemessen, die Dienstleistenden besserzustellen und ihnen Tickets für den ÖPNV kostenlos zur Verfügung zu stellen. Es könne nicht sein, dass es vom Finanzstatus des Elternhauses abhängig sei, ob jemand etwa ein FJS ableisten könne, habe die SPD herausgestellt. So habe auch die AfD argumentiert, berichtete Wahl weiter.
Die CDU habe bekräftigt, sie werde sich weiter für eine Dienstpflicht von jungen Menschen einsetzen. Unabhängig davon seien die Freiwilligendienste weiterzuentwickeln. Als Ersatz für Stammpersonal dürften die jungen Menschen aber nicht herhalten.
Sozialminister Manfred Lucha (Grüne) habe in der Sitzung erklärt, die Träger legten die Höhe des Taschengeldes eigenständig fest. Das Land nehme darauf keinen Einfluss. Die Mittel des Landes zur Unterstützung der Träger lägen aktuell bei 6,5 Millionen Euro jährlich. Ab dem kommenden Jahr würden sie um 350.000 Euro erhöht. Das zeige, welchen hohen Stellenwert die Landesregierung den Freiwilligendiensten beimesse. Dies sei angesichts der Tatsache, dass 60 Prozent der Freiwilligen sich für eine spätere Berufskarriere im kennengelernten Tätigkeitsfeld entschieden, mehr als gerechtfertigt.
Wohnungsausschuss befasst sich mit Online-Portal zur Grundsteuer und Mobilfunknetzausbau
Stuttgart. Der Ausschuss für Landesentwicklung und Wohnen hat in seiner Sitzung am Mittwoch, 10. Mai 2023, auf Antrag der FDP/DVP-Fraktion über die Grundstücksbewertung mit dem Online-Portal BORIS-BW beraten. Das hat die Ausschussvorsitzende Christiane Staab (CDU) mitgeteilt. Einen in erster Lesung bereits im Plenum beratenen Gesetzentwurf der Landesregierung zur Erleichterung des baurechtlichen Verfahrens im Mobilfunknetzausbau habe das Gremium einstimmig unterstützt. In einem Antrag der SPD-Fraktion seien überdies Steigerungen im sozialen Wohnungsbau thematisiert worden.
Zum Gesetzentwurf Mobilfunknetzausbau habe Ministerin Nicole Razavi (CDU) im Ausschuss erklärt, dass hierdurch insbesondere der 5G-Netzausbau wirkungsvoll beschleunigt werden und bürokratische Hürden abgebaut werden sollen. Die Erweiterung der Verfahrensfreiheit solle gerade auch die unteren Baubehörden entlasten. „Das Netz muss dringend flächendeckend ausgebaut werden, um überall den Zugang zu Mobilfunk und auch die Erreichbarkeit sicherzustellen“, sagte die Ausschussvorsitzende Christiane Staab. Die Ausschussmitglieder hätten den Gesetzentwurf fraktionsübergreifend unterstützt. Von Oppositionsseite sei aber die Frage aufgeworfen worden, ob dies genüge, um gegen die Mobilfunklücken in Baden-Württemberg vorzugehen.
Die Antragsteller der FDP/DVP hinterfragten in ihrem Antrag zum Online-Portal BORIS-BW für die neue Grundsteuerberechnung vor allem die Qualität der im Portal vorgehaltenen Daten, berichtete Staab. Die dortigen Einträge hätten einen signifikanten Einfluss auf die zukünftige Höhe der Grundsteuerzahlungen. Von Ministeriumsseite sei angeführt worden, dass BORIS-BW ein freiwilliges Informationssystem für die unabhängigen Gutachterausschüsse im Bereich der städtebaulichen Bodenrichtwerte sei. Damit trage der jeweilige Gutachterausschuss die Verantwortung für die Übereinstimmung der ermittelten und in BORIS-BW dargestellten Daten. BORIS-BW diene lediglich als Veröffentlichungsportal für die Bodenrichtwerte der Gutachterausschüsse im Land. Zu Problemen bei der Datenqualität oder Änderungen von Werten beim Übertragen in die Datenbank lägen der Landesregierung keine Informationen vor. Ebenso gäbe es keine Erhebungen dazu, wie sich die Rückmeldungen nach „Deckungsgleich mit BORIS-BW“ bzw. „abweichend von BORIS-BW“ gestalten würden. „Insgesamt wurden bei der Finanzverwaltung 4.099.821 Erklärungen bis zum 28. Februar 2023 eingereicht“, berichtete die Ausschussvorsitzende.
Darüber hinaus sei laut Staab im Gremium der Bedarf an sozialem Wohnungsbau im Land besprochen worden. Die Antragsteller der SPD-Fraktion hätten angemerkt, dass in einer Mitteilung der Landesregierung vom 24. Januar 2023 von einer „Trendwende im sozialen Wohnungsbau“ gesprochen worden sei und damit ein langfristiger Effekt im geförderten Wohnungsbau gemeint sein müsse. Im Jahr 2022 seien laut Landesregierung erstmals mehr Sozialwohnungen gebaut worden, als im selben Jahr aus der Bindung fielen, so die Ausschussvorsitzende. Vor dem Gremium habe Ministerin Razavi erklärt, dass in der aktuellen Krisenlage im Wohnungsbau der geförderte Bereich der einzige sei, in welchem man wirkungsvoll gegensteuern könne. Insgesamt würde im Doppelhaushalt 2023/2024 rund 1 Milliarde Euro für den Bereich zur Verfügung gestellt, so viel wie nie zuvor.
Präsidentin Aras: Mehr Teilhabe und Einfluss für junge Menschen im gemeinsamen Friedensprojekt Europa
Stuttgart. Jugendliche aus ganz Baden-Württemberg treffen sich an diesem Montag, 8. Mai 2023, auf Einladung von Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) im Landtag mit Schülerinnen und Schülern aus Frankreich, Italien, Spanien und der Ukraine. „Gemeinsam für Frieden und Freiheit“ – so lautet das Motto der Internationalen Europa-Jugendveranstaltung im Landesparlament. „Der Krieg in der Ukraine hat uns gezeigt, wie kostbar und verwundbar Frieden und Freiheit in der Europäischen Union sind. Gerade heute, am 78. Jahrestag des Kriegsendes und der Befreiung Deutschlands vom Faschismus, sollten wir uns mahnend erinnern, gleichzeitig alles dafür tun, jungen Menschen bessere Möglichkeiten einzuräumen, an dem gemeinsamen Friedensprojekt Europa möglichst frühzeitig und aktiv mitzuarbeiten“, erklärt Muhterem Aras.
Die jährlich im Landtag stattfindende Europa-Jugendveranstaltung mit jungen Teilnehmenden aus Baden-Württemberg konnte aufgrund der Pandemie in den drei Vorjahren leider nicht stattfinden. Deshalb richtet der Landtag in diesem Jahr eine erweiterte und internationale Jugendveranstaltung aus – Jugendliche aus mehreren europäischen Ländern sind zu einem Austausch mit Schülerinnen und Schülern aus Baden-Württemberg eingeladen.
Wie ist Frieden in Europa zu schaffen und zu bewahren? Und wie lässt sich Freiheit sichern? Diese Fragen sind angesichts des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine brandaktuell und stehen im Zentrum des Treffens. Nicolas Knoblauch, diesjähriger Landesgewinner des Wettbewerbs der Europäischen Bewegung, liefert zum Auftakt mit einem Vortrag seines Gedichts „Geist des Friedens“ einen Impuls für gemeinsame Diskussionen der Jugendlichen zusammen mit Abgeordneten des Landtags und des Europäischen Parlaments. Miteinbezogen werden auch die Ergebnisse der Konferenz zur Zukunft Europas, die europaweit von Bürgerinnen und Bürgern gemeinsam mit Politikerinnen und Politikern erarbeitet wurden. Wichtige Anliegen dieses Beteiligungsprozesses waren die Bekämpfung des Klimawandels und die Förderung von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit.
„Eine zentrale Forderung junger Menschen zur Zukunft Europas ist, dass die Jugend in der EU mehr Gehör erhält. Ein Schritt in diese Richtung ist eine Senkung des Wahlalters. Deutschland hat das aktive Wahlalter für die Wahl zum Europäischen Parlament von 18 auf 16 Jahre gesenkt. Das heißt, junge Menschen können in Deutschland nun früher mitbestimmen, wer sie im Europaparlament vertritt. Ich finde das eine großartige Entwicklung zu mehr Mitbestimmung und Beteiligung“, so Präsidentin Aras bei der Begrüßung der Gäste.
Eine besondere Freude sei es ihr, Jugendliche aus der Ukraine im Landtag begrüßen zu dürfen, die sich derzeit in Baden-Württemberg aufhalten. Auch die Ukraine sei ein Teil der europäischen Familie, so Aras.
Musikalisch begleitet wird die Veranstaltung von Ezé Wendtoin aus Burkina Faso. Mit seiner Musik baut er Brücken zwischen Menschen und Kulturen. Seine Interpretation der Europahymne eröffnet das Treffen im Landtag.
Neuer Landtagsfilm ist jetzt auf der Website abrufbar
Stuttgart. Informationen und Wissenswertes rund um Landtag und Landespolitik bietet der neue Landtagsfilm, der ab sofort auf der Website verfügbar ist. Der rund 21-minütige Film ist in vier Kapitel unterteilt und erklärt das Wahlsystem, die Aufgaben des Landesparlaments, die Arbeit der Abgeordneten und Möglichkeiten der Bürgerbeteiligung. Auch Abgeordnete aller fünf Fraktionen sowie Bürgerinnen und Bürger kommen in dem Film zu Wort. „Ich freue mich sehr über den neuen Film, der grundlegende Informationen über den Landtag von Baden-Württemberg vermittelt und damit die politische Bildung fördert“, sagte Landtagspräsidentin Muhterem Aras.
In dem Film werden zahlreiche Themen rund um das Parlament erklärt – zum Beispiel die Wahl der Landtagspräsidentin oder des Landtagspräsidenten, die Gesetzgebung, die Arbeit im Plenum und in den Ausschüssen oder die Aufstellung und Verabschiedung des Staatshaushalts. Zudem werden die Abgeordneten Jutta Niemann (Grüne), Tobias Vogt (CDU), Andreas Kenner (SPD), Alena Trauschel (FDP/DVP) und Miguel Klauß (AfD) bei ihrer Arbeit im Landtag und in ihren Wahlkreisen begleitet. „Der Film erklärt eindrücklich, wie vielfältig die Aufgaben von Abgeordneten sind und wie wichtig die Arbeit in den Wahlkreisen für die Arbeit im Parlament ist“, so Aras.
Auch die Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern nimmt in dem Film einen großen Stellenwert ein. So äußern sich zufällig ausgewählte Passantinnen und Passanten zu ihren Wünschen und Erwartungen an die Politik. Darüber hinaus werden in dem Film Möglichkeiten aufgezeigt, wie sich Bürgerinnen und Bürger am politischen Geschehen beteiligen können. Dazu zählt beispielsweise der Dialog mit Abgeordneten oder die Einreichung von Petitionen. Produziert wurde der Film von der Stuttgarter Agentur Echo&Flut, die bereits die interaktive Dauerausstellung im Bürger- und Medienzentrum des Landtags erstellt hatte.
Der Film wird unter anderem von Schulen im Rahmen von Unterrichtsstunden über Politik oder im Vorfeld eines Besuchs des Parlaments gezeigt.
Zu finden ist der Film auf der Website und dem YouTube-Kanal des Landtags:
Zur Website: https://www.landtag-bw.de/home/mediathek/landtagsfilm.html(externer Link)
Zu YouTube: https://youtu.be/GLPollplvp8(externer Link)
UsA „IdP & Beförderungspraxis“ legt weitere Sitzungstermine fest
Stuttgart. Der Untersuchungsausschuss „IdP & Beförderungspraxis“ hat seine Sitzungstermine bis Ende des Jahres festgelegt. Das hat die Vorsitzende Daniela Evers (Grüne) mitgeteilt.
Neu in den Sitzungskalender aufgenommen werden: Freitag, 29. September 2023, Montag, 16. Oktober 2023, Montag, 13. November 2023 und
Freitag, 15. Dezember 2023.
Hinzu kommen die bisher schon festgelegten Sitzungen am: Montag, 22. Mai 2023, Montag, 19. Juni 2023 und
Montag, 10. Juli 2023.
Mangelnde Barrierefreiheit in Ersatzreisezügen stößt auf scharfe Kritik
Stuttgart. Mit der Barrierefreiheit in lokbespannten Ersatzreisezügen des Regionalverkehrs auf der Rems- und Murrtalbahn hat sich der Verkehrsausschuss in der Sitzung am Donnerstag, 27. April 2023, beschäftigt. Das berichtete der Ausschussvorsitzende Rüdiger Klos (AfD). Ein weiteres Thema neben anderen war die personelle Umsetzung der Mobilitätsgarantie im Schienenpersonennahverkehr und Busverkehr.
Auf Antrag der AfD thematisierte der Ausschuss die Barrierefreiheit in lokbespannten Ersatzreisezügen des Regionalverkehrs auf der Rems- und Murrtalbahn. Hintergrund ist die derzeitige technische Umrüstung von Zügen des Anbieters Go-Ahead auf das ETCS-System und deren Ersatz durch Züge älterer Bauart. Nach Angaben des Ausschussvorsitzenden kritisierte die AfD in der Sitzung, die Ersatzfahrzeuge muteten museal an und stellten einen Rückschritt für körperlich beeinträchtigte Personen in der Mobilität dar. Hublifte beispielsweise seien vorhanden, funktionierten aber häufig nicht. Es gelte, diesem Mangel durch realistische und alltagstaugliche Maßnahmen zu begegnen.
Das Verkehrsministerium widersprach in seiner Antwort auf den Antrag der AfD dieser Sichtweise. Alle eingesetzten Züge verfügten grundsätzlich über die Möglichkeit eines Zustiegs für Personen, die in ihrer Mobilität beeinträchtigt sind. Sie seien auch nicht als museal zu bezeichnen. Man habe Ersatzzüge älterer Bauart nach Marktverfügbarkeit beschafft. Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) erklärte nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Klos in der Sitzung, es sei höchst ärgerlich, wenn Hublifte oder mobile Rampen nicht einsatzfähig seien. Er erwarte, dass das Unternehmen die Mängel abstelle und mache entsprechend Druck.
Ein weiteres Thema war laut Klos auf Antrag der CDU die Umsetzung der Mobilitätsgarantie im Schienenpersonennah- und Busverkehr angesichts des sich abzeichnenden Fachkräftemangels. Die im Koalitionsvertrag festgeschriebene Mobilitätsgarantie sei wichtig und richtig, der Weg dorthin werfe aber Fragen auf hinsichtlich der personellen Unterfütterung des Angebots, habe die CDU in der Sitzung erklärt, so Klos. Wie aus der Antwort des Ministeriums auf den CDU-Antrag hervorgeht, fehlen bereits heute bundesweit rund 7700 Busfahrerinnen und Busfahrer. Altersbedingt könnten immer mehr Fahrerinnen und Fahrer wegfallen, ohne dass genügend Nachwuchskräfte nachrücken. Diese Zahl solle laut Prognosen bis 2030 auf 87.000 steigen. Eingerechnet sei darin auch der zusätzliche Personalbedarf, der für den angestrebten ÖPNV-Ausbau erforderlich sein dürfte.
Nach Angaben des Ausschussvorsitzenden erklärte der Verkehrsminister, sein Haus arbeite bereits intensiv an Strategien gegen den Fachkräftemangel und habe beispielsweise entsprechende Werbekampagnen angeregt. Zudem lasse er derzeit prüfen, wie es im Wege einer Initiative auf Bundesebene gelingen könne, die Anforderungen für Fahrprüfungen für angehende Busfahrer zu reduzieren. Die geforderte Stundenzahl im praktischen Unterricht sei in Deutschland vergleichsweise sehr hoch. Das mache den Führerschein teurer als etwa im benachbarten Österreich, habe der Minister ausgeführt, so Klos.
Während der Minister für diese Ankündigung Zuspruch erhalten habe, habe die AfD erklärt, sie sehe im ländlichen Raum keine Notwendigkeit für eine Mobilitätsgarantie, berichtete der Ausschussvorsitzende. Dem hätten die anderen Fraktionen und der Minister widersprochen.
Bildungsausschuss diskutiert Maßnahmen gegen Lehrkräftemangel
Stuttgart. Der Ausschuss für Kultus, Jugend und Sport hat sich in seiner Sitzung am Donnerstag, 27. April 2023, auf Antrag der FDP/DVP-Fraktion intensiv damit befasst, wie durch erhöhte Studienplatzkapazitäten, ein duales Lehramtsstudium und weitere Maßnahmen der Lehrkräftemangel an Schulen in Baden-Württemberg bekämpft werden kann. Das hat die Ausschussvorsitzende Petra Häffner (Grüne) mitgeteilt.
Die Antragsteller erfragten vom Ministerium für Kultus, Jugend und Sport, welche Maßnahmen zur Bekämpfung des Lehrermangels, gerade bei den Studienplatzkapazitäten und bei der Teilzeitarbeit, vorgesehen seien und wie der Vorschlag zu bewerten sei, Studierende eines noch zu begründenden dualen Lehramtsstudiengangs bereits früh als Förderkräfte in Schulen einzusetzen, um die Lehrkräfte zu entlasten. Nach einer Stellungnahme der Ständigen Wissenschaftlichen Kommission der Kultusministerkonferenz (SWK) sei es künftig kaum möglich, genügend Lehrkräfte auszubilden, um dem akuten Lehrkräftemangel entgegenzuwirken, argumentierten die Antragsteller Häffner zufolge.
In seiner Stellungnahme habe das Kultusministerium angeführt, die Ausbildungskapazitäten würden kontinuierlich an den Bedarf angepasst. Angesichts der demografischen Entwicklungen und anhaltend rückläufiger Studierendenzahlen bleibe es allerdings herausfordernd, die ausgeweiteten Studienanfängerkapazitäten voll auslasten zu können. Das Kultusministerium erarbeite eigenen Angaben zufolge im Einvernehmen mit dem Wissenschaftsministerium ein Konzept für ein duales Studium in Baden-Württemberg als zusätzliche Sondermaßnahme zur Lehrkräftegewinnung, berichtete die Ausschussvorsitzende weiter. „In dieser Ausschusssitzung konnte die geplante Umsetzung eines dualen Lehramtsstudiums vom Kultusministerium noch nicht dargestellt werden, an der Konzeption des Programms wird aber in einer gemeinsamen Arbeitsgruppe mit dem Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst und externer Beratung derzeit gearbeitet“, so Häffner.
Von Oppositionsseite sei laut Häffner in der Diskussion kritisiert worden, dass beim Grundschullehramtsstudium trotz weiterhin hoher Bewerberzahlen an den Hochschulen beschränkende Auswahlkriterien gelten würden. Ministerin Schopper habe angeführt, dass erhöhte Studienplatzkapazitäten auch von universitärer Seite betreut werden müssten und die Erhöhung der Studienanfängerplätze beim Grundschullehramt in den vergangenen Jahren erst jetzt bei den Absolventenzahlen zu spüren sei. In dem im März 2023 gestarteten Sofortprogramm mit 18 Maßnahmen habe das Kultusministerium überdies weitere Kernthemen der Stellungnahme der SWK bereits aufgegriffen. Die Empfehlungen der SWK, Teilzeitarbeit befristet zu begrenzen, Lehrkräfte im Ruhestand einzusetzen und Lehrkräfte von Aufgaben jenseits des Unterrichts zu entlasten, seien hier in großen Teilen schon in der Umsetzung.
Finanzausschuss genehmigt Mehrausgaben für Corona-Tests, Deutschlandticket und Weiterbildungsoffensive
Stuttgart. Der Finanzausschuss des Landtags hat in seiner Sitzung am Donnerstag, 27. April 2023, Mehrausgaben für den Landesanteil beim Deutschlandticket, die ressortübergreifende Weiterbildungsoffensive WEITER.mit.BILDUNG@BW sowie für Lagerung und Distribution von Corona-Tests genehmigt. „In allen drei Fällen stimmte der Finanzausschuss zu, dass die Mittel für die Mehrausgaben aus der Rücklage für Haushaltsrisiken oder der Rücklage Zukunftsland BW entnommen werden können“, sagte der Vorsitzende des Gremiums, der SPD-Abgeordnete Martin Rivoir.
Nach Angaben des Vorsitzenden werden die Einnahmeverluste für die Verkehrsunternehmen durch die Einführung des 49-Euro-Tickets paritätisch von Bund und Land getragen. Der Bund stelle den Ländern zur Finanzierung des Schadensausgleichs im Jahr 2023 insgesamt 1,5 Milliarden Euro zur Verfügung. Auf Baden-Württemberg entfielen hiervon rund 170 Millionen Euro. Das Land stelle Mittel in gleicher Höhe zur Verfügung.
Für den ÖPNV in Baden-Württemberg entstehe ein wirtschaftlicher Nachteil in Höhe von insgesamt rund 332,4 Millionen Euro. Der wirtschaftliche Nachteil solle in zwei Abschlagzahlungen ausgeglichen werden: Für den Zeitraum Mai bis August 2023 solle Anfang Mai eine erste Abschlagszahlung in Höhe von 166,2 Millionen Euro aus Landesmitteln erfolgen. Für den Zeitraum September bis Dezember 2023 solle am 25. August 2023 eine zweite Abschlagszahlung in Höhe von 166,2 Millionen Euro aus Bundesmitteln erfolgen, führte Martin Rivoir aus.
Darüber hinaus genehmigte der Ausschuss Rivoir zufolge Mehrausgaben für die ressortübergreifende Weiterbildungsoffensive WEITER.mit.BILDUNG@BW des Kultusministeriums, des Wirtschaftsministeriums und des Wissenschaftsministeriums. Die Offensive bestehe aus den Projekten Digitalpaket Weiterbildung, Digitaler Weiterbildungscampus (DWC) sowie Alphabetisierung und Grundbildung. Das Kultusministerium habe daher die Einwilligung in eine Mehrausgabe im Jahr 2023 in Höhe von 520.000 Euro sowie in eine Verpflichtungsermächtigung mit Fälligkeit im Jahr 2024 in Höhe von 826.400 Euro beantragt. In beiden Fällen habe der Ausschuss zugestimmt, sagte Martin Rivoir. Insgesamt beliefen sich die Kosten für die von den Ministerien vorgesehenen Projekten auf rund 40 Millionen Euro.
Ziel der Weiterbildungsoffensive sei es, auch nach dem Abklingen der Corona-Pandemie die zukunftsgerechte Gestaltung von Weiterbildungsangeboten auch im digitalen Bereich zu unterstützen. Der bestehende und sich künftig noch verstärkende Fachkräftemangel stelle eine große Herausforderung für das Land dar. Es sei daher notwendig, die Fachkräftegewinnung durch Angebote zur Integration und zur beruflichen Qualifizierung zu fördern und die Weiterbildungsbeteiligung zu erhöhen.
Außerdem bewilligte der Ausschuss dem Vorsitzenden zufolge eine Mehrausgabe in Höhe von 140.000 Euro zur Finanzierung der Kosten für die Ausschreibung und Vergabe von Logistik- und Speditionsleistungen zur Lagerung und Distribution von Antigentests über den 30. September 2023 hinaus bis 30. September 2025. Der aktuelle Rahmenvertrag für die Logistikleistungen laufe Ende September aus. Trotzdem wolle das Land auch für die Zukunft Antigentests vorhalten, um diese im Bedarfsfall zeitnah an Schulen oder Kindertageseinrichtungen verteilen zu können. Um notfalls die Belieferung der Bedarfsträger mit Antigentests unverzüglich wieder aufnehmen zu können, sei aus Sicht des Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Integration der Abschluss eines neuen Rahmenvertrages über das 3. Quartal 2023 erforderlich.
Kritik an überbordenden Bürokratielasten für Handwerksbetriebe
Stuttgart. Mit der Belastung von Handwerksbetrieben durch Berichtspflichten in Baden-Württemberg hat sich der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus in der Sitzung am Mittwoch, 26. April 2023, befasst. Ebenfalls im Fokus: die Situation von Einpersonen- und Kleinstunternehmen. „Wir können der Wirtschaft nicht immer wieder neue Steine in den Rucksack packen, sondern müssen dort für Entlastung sorgen, wo es in unserer Macht steht“, erklärte der Ausschussvorsitzende Dr. Erik Schweickert (FDP/DVP). Auch die Arbeit des Technologiebeauftragten der Wirtschaftsministerin wurde in der Sitzung thematisiert.
Mit der Belastung von Handwerksbetrieben durch Berichtspflichten in Baden-Württemberg befasste sich der Ausschuss auf Antrag der CDU. Sie hatte dazu einen umfangreichen Fragenkatalog an das Wirtschaftsministerium gerichtet. Aus der Antwort geht hervor, dass Handwerksbetrieben im Land insgesamt 56 statistischen Berichtspflichten unterliegen, die sich ausschließlich aus Bundes- oder EU-Statistiken ergeben. Hinzu kämen eine Reihe von Informations-, Melde-, Dokumentations- und Nachweispflichten aus verschiedenen Rechtsbereichen, darunter beispielsweise Steuern und Zoll, Sozialversicherung, Arbeitsschutz und -sicherheit sowie Datenschutz.
Vertreter aller Fraktionen sprachen sich nach Angaben des Ausschussvorsitzenden in der Sitzung dafür aus, Bürokratielasten abzubauen. Da die Vorgaben meist aus Brüssel oder Berlin kämen, seien dem aus Landessicht aber Grenzen gesetzt, habe es geheißen. Die FDP/DVP forderte die Landesregierung laut Dr. Schweickert anhand eines konkreten Beispiels dazu auf, Betriebe hinsichtlich der Berichtspflichten zu entlasten. So sehe das Bundesgesetz über die Statistik im produzierenden Gewerbe eine Berichtspflicht gemessen an der Kopfzahl der Beschäftigten vor. Das benachteilige Betriebe ab 50 Beschäftigten, wenn sie diesen Schwellenwert nur dadurch überschreiten, dass sie eigentliche Vollzeitstellen aufgrund des Arbeitskräftemangels mit mehreren Teilzeitkräften besetzen müssen. Die Berichtspflicht könne demnach entfallen, wenn statt Köpfen auf Vollzeitäquivalente abgehoben würde, habe die FDP/DVP erklärt.
Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) sagte nach Angaben des Ausschussvorsitzenden daraufhin in der Sitzung zu, sich im Herbst bei den in Berlin anstehenden Beratungen über das Vierte Bürokratieentlastungsgesetz entsprechend einzusetzen. Sie habe zugleich betont, dass in den vergangenen zehn Jahren keine neuen Berichtspflichten eingeführt und bestehende Pflichten teils auch vereinfacht worden seien. Es bleibe eine Daueraufgabe, Betriebe von bürokratischen Auflagen zu entlasten.
Ein weiteres Thema in der Sitzung war nach Angaben von Dr. Schweickert auf Initiative der FDP/DVP die Situation von Einpersonen- und Kleinstunternehmen (EKU) im Land. Die Liberalen warfen in ihrem Antrag die Frage auf, ob die Landesregierung die rund 390.000 Kleinstunternehmen mit bis zu neun Beschäftigten in Baden-Württemberg ausreichend berücksichtige. In der Sitzung erklärte sie laut Dr. Schweickert bei Informationen zu Fördermöglichkeiten dränge sich beispielsweise der Eindruck auf, EKU seien nicht im Fokus. Es werde regelmäßig nur auf allgemeine Förderprogramme für kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) hingewiesen.
Die CDU habe dem widersprochen, berichtete der Ausschussvorsitzende, ebenso die Wirtschaftsministerin. Man habe EKU ständig im Blick. Dies zeige sich etwa daran, dass sie im Rahmen des entstehenden neuen Masterplans Mittelstand befragt und einbezogen worden seien, erklärte Dr. Hoffmeister-Kraut.
Zudem thematisierte der Ausschuss laut Dr. Schweickert neben weiteren Themen auf Antrag der SPD die Arbeit des inzwischen ausgeschiedenen früheren Technologiebeauftragen der Landesregierung. Die SPD habe in der Sitzung die Sinnhaftigkeit der Beauftragung grundsätzlich in Frage gestellt, dies auch vor dem Hintergrund der verschiedenen anderen Aufgaben des ehemaligen Beauftragten, so der Ausschussvorsitzende. Die AfD habe sich dem angeschlossen, so Dr. Schweickert. Die FDP/DVP habe in diesem Zusammenhang auch an die Expo-Affäre erinnert.
Nach Angaben des Ausschussvorsitzenden wiesen CDU und Grüne die Kritik zurück. Es sei richtig, dass sich die Landesregierung in Technologiefragen extern beraten lasse, denn Baden-Württemberg sei ein Hochtechnologieland. Die Wirtschaftsministerin habe sich erfreut gezeigt, zwischenzeitlich mit Prof. Dr. Katharina Hölzle, Leiterin des Instituts für Arbeitswissenschaft und Technologiemanagement an der Universität Stuttgart, eine neue Technologiebeauftragte ernennen zu können, so Dr. Schweickert. Es brauche Technologiesprünge, um aktuelle Herausforderungen mit Blick etwa auf den Klimawandel zu bewältigen. Dafür sei Professor Hölzle die richtige Expertin, die über ein breites Netzwerk verfüge, vom dem das Land profitieren könne, habe die Ministerin erklärt.
Präsidentin Aras: Menschen mit Behinderungen ein selbstbestimmtes Leben und Teilhabe ermöglichen
Stuttgart. Menschen mit und ohne Behinderungen kommen an diesem Donnerstag, 27. April 2023, unter dem Motto „Gemeinsam Politik gestalten“ im Landtag von Baden-Württemberg zusammen. Auf Einladung von Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) diskutieren sie auf dem „Tag der Menschen mit Behinderungen“ über die nächsten Schritte zu mehr Inklusion. „Mir ist es wichtig, dass Politik sich insgesamt für die unterschiedlichen Perspektiven aus der Gesellschaft öffnet und die Belange von Menschen mit Behinderungen gemeinsam mit ihnen aktiv aufgreift und voranbringt“, so Muhterem Aras. Der Landtag sei der richtige Ort dafür.
„Inklusion ist eine Haltung. Sie beginnt in unseren Köpfen und verändert den Blick, mit welchem wir auf unsere Gesellschaft sehen“, erklärt Landtagspräsidentin Aras. Inklusion sei aber zugleich ein Menschenrecht, wie in der UN-Behindertenrechtskonvention festgehalten. Dennoch seien Menschen mit Behinderungen in unserem Land noch an vielen Stellen benachteiligt. Beim „Tag der Menschen mit Behinderungen“ an diesem Donnerstag im Landtag gehe es darum, gesellschaftliche Strukturen zu verbessern, um Benachteiligung, Ausgrenzung und Diskriminierung zu verhindern, so Aras. Ziel müsse es sein, jeder Einzelnen und jedem Einzelnen ein selbstbestimmtes Leben und Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen.
Der „Tag der Menschen mit Behinderungen“ wird vom Landtag in Kooperation mit der Landesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe behinderter Menschen Baden-Württemberg e.V. veranstaltet. Er findet – unabhängig vom gleichnamigen Jahrestag – in jeder Legislaturperiode einmal statt, wobei die aktuelle Veranstaltung aufgrund der Pandemie mehrfach verschoben werden musste. Rund 200 Bürgerinnen und Bürger mit und ohne Behinderungen sowie Vertreterinnen und Vertreter aller Landtagsfraktionen haben ihr Kommen angekündigt.
Landtagspräsidentin Aras und Simone Fischer, Beauftragte der Landesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen, sprechen Grußworte. Fischer betont zum Auftakt der Veranstaltung, die politische Teilhabe von Menschen mit Behinderungen sei von zentraler Bedeutung. Beteiligung schaffe Sichtbarkeit, Akzeptanz und Normalität. „Wenn der Gedanke der Inklusion Kompass unserer Gesellschaft ist, erreichen wir bessere Lebensbedingungen für den Einzelnen und das Zusammenleben“, so Fischer.
Im Anschluss an die Begrüßung stehen vormittags und nachmittags jeweils 45-minütige Gesprächsrunden an vier Thementischen für Bildung, Gesundheit, selbstbestimmtes Wohnen ohne Barrieren und Mobilität auf dem Programm. An den Thementischen in der Landtagslobby treffen die Teilnehmenden auf Politikerinnen und Politiker, um sich auszutauschen und miteinander zu diskutieren. Die Ergebnisse werden zum Abschluss in einem Gespräch mit dem Ausschuss für Soziales, Gesundheit und Integration vertieft.
Die Band „Groove inclusion“ und der Gebärdenchor „Hands on music“ sorgen für musikalische Unterhaltung. Zudem tritt der Poetry Slammer Kai Bosch auf, bevor die Landtagspräsidentin ein Schlusswort spricht.
Anträge auf Finanzhilfen in Höhe von insgesamt 6,45 Millionen Euro bewilligt
Stuttgart. Drei Einzelfinanzhilfeanträge und einen Verbundfinanzhilfeantrag von insgesamt vier Unternehmen und einem Forschungsinstitut aus Baden-Württemberg hat der Wirtschaftsausschuss des Landtags in seiner Sitzung am Mittwoch, 26. April 2023, bewilligt. Das Fördervolumen beträgt nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Dr. Erik Schweickert (FDP/DVP) 3,45 Millionen Euro. Die Gelder fließen aus dem Förderprogramm Invest BW der Landesregierung. Weitere drei Millionen Euro an Finanzhilfen gab der Ausschuss laut Dr. Schweickert für das KI-Exzellenzzentrum – Künstlicher Intelligenzcampus Ulm (KICU) frei.
Das Förderprogramm Invest BW unter Federführung des Wirtschaftsministeriums unterstützt Unternehmen schnell und unbürokratisch bei Investitionen in Zukunftstechnologien. Im Rahmen der zweiten Tranche des Förderprogramms konnten in einem technologieoffenen Förderaufruf vom 21. September bis zum Stichtag 2. Dezember 2022 Anträge eingereicht werden. Insgesamt gingen 237 Anträge mit einem beantragten Fördervolumen von rund 123,4 Millionen Euro beim beauftragten Projektträger „VDI/VDE Innovation und Technik GmbH“ ein.
Über die Förderanträge entscheidet das Ministerium. Bei besonders bedeutsamen Vorhaben und einem Fördervolumen von mindestens 500.000 Euro wird ein Fachbeirat eingeschaltet. Die Bewilligung dieser großen Fördermittel obliegt dem Wirtschaftsausschuss.
Nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Dr. Erik Schweickert (FDP/DVP) stimmte der Ausschuss einstimmig der Förderung folgender Projekte im Rahmen des Förderprogramms Invest BW zu:
Unternehmen | Projektvorhaben | Fördersumme |
Einzelvorhaben: Casablanca.AI GmbH, Pforzheim |
Entwicklung der Casablanca Technologie zum marktfähigen Softwareprodukt |
916.537 € |
Einzelvorhaben: Haas Technik GmbH, Kappelrodeck |
Short-Ring-Machine – wirtschaftliche Herstellung komplexer Edelstahlringe |
553.532 € |
Einzelvorhaben: Batene GmbH, Wendlingen am Neckar |
Dreidimensionale Stromkollektoren für die Leistungssteigerung von Li-Batterien (3D Batterie) |
827.843 € |
Verbundvorhaben: Vibrosonic GmbH, Mannheim Hochschule Reutlingen, |
Entwicklung eines komplett im Gehörgang integrierten Trommelfell-Hörgerätes |
1.157.178 € davon: 950.752 € 206.426 € für Hochschule Reutlingen |
Zudem stimmte der Ausschuss nach Angaben des Ausschussvorsitzenden einstimmig der Förderung des Vorhabens Künstlicher Intelligenz Campus Ulm (KICU) in Höhe von drei Millionen Euro zu. Als Innovations- und Wertschöpfungszentrum für KI-basierte Produkte und Dienstleistungen solle das Projekt KICU einen substanziellen Beitrag zur Kommerzialisierung von ethisch verantwortungsvoller und menschenzentrierter KI aus dem Südwesten leisten, so Dr. Schweickert. Das KICU ist Teil der künftigen „KI-Allianz Baden-Württemberg“, zu der sich die Städte und Regionen Stuttgart, Karlsruhe, Ostalbkreis, Freiburg, Böblingen, Tübingen und Reutlingen zusammengeschlossen haben. Dort sollen jeweils regionale KI-Exzellenzzentren entstehen.
Sachverständige bewerten Forschungsstand bei Agri-Photovoltaik in Baden-Württemberg
Stuttgart. Der Ausschuss für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz hat in seiner Sitzung am Mittwoch, 26. April 2023, in einer Öffentlichen Anhörung Sachverständige zum Thema „Agri-Photovoltaik (APV) in Baden-Württemberg“ eingeladen. „Agri-Photovoltaik ist ein Thema, das sich für ein Land wie Baden-Württemberg sehr lohnen kann“, betonte der Ausschussvorsitzende Martin Hahn (Grüne) zu Beginn der Anhörung. „Wir sind als Land der Sonderkulturen vorneweg gegangen, jetzt müssen wir bei Fragen der Nutzung und Genehmigungsverfahren dafür sorgen, dass wir auch vorne bleiben.“
Die Expertenrunde eröffnete Oliver Hörnle vom Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE mit einem Überblick über die aktuell laufenden Pilotprojekte der Modellregion Agri-PV Baden-Württemberg. Hörnle umriss die Synergieeffekte bei der doppelten Flächennutzung und beschrieb Agri-PV als Maßnahme zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels. Albrecht Kümmel, Referatsleiter im Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz stellte den gegenwärtigen Stand der Modellregion aus Ministeriumssicht dar. Dr. Dominik Modrzejewski vertrat den Landesbauernverband und den Badischen Landwirtschaftlichen Hauptverband und betonte in seinem Vortrag die Notwendigkeit, dem Interesse von Grundstückseigentümern an Agri-PV nachzukommen und gleichzeitig Landwirte und Pächter vor Flächenverlusten zu schützen. Obstbauer Hubert Bernhard aus Kressbronn im Bodenseekreis und Dr. Ulrich Mayr vom Kompetenzzentrum Obstbau stellten den Abgeordneten die Möglichkeiten einer doppelten Landnutzung mit Agri-PV im Obstbau anhand eigener Modellanlagen vor. Nach ersten Erfahrungen sei die Schutzwirkung der Photovoltaik-Anlagen vor äußeren Witterungseinflüssen bei gleichbleibendem Ertrag hervorzuheben.
Thomas Franke und Martin Hibsch, Geschäftsführer von AgriPV-Solutions, präsentierten ihr Forschungsprojekt zur Agri-Photovoltaik im bestehenden Weinbau in Geisenheim (Hessen). Auf den Beitrag von Markus Haastert von AgroSolar Europe, der zum Thema Agri-PV nochmals auf den Vorrang der landwirtschaftlichen Produktion vor der Energiegewinnung verwies, folgte eine Frage- und Antwortrunde mit den Ausschussmitgliedern. Fraktionsübergreifend erkundigten sich die Gremiumsmitglieder insbesondere nach den aktuellen bürokratischen Hürden und baurechtlichen Vorgaben bei Agri-PV-Anlagen. Auch die nötige Subventionierung und Beratungsangebote, um von den Modellprojekten in die breite landwirtschaftliche Praxis zu kommen, wurden thematisiert.
Im daran anschließenden nicht öffentlichen Sitzungsteil befasste sich der Ausschuss auf Antrag der Grünen-Fraktion weiter mit Agri-Photovoltaik, wie Martin Hahn berichtete. Die Antragsteller hätten von Landwirtschafts- und Umweltministerium wissen wollen, inwieweit die Pilotprojekte der Modellregion Agri-Photovoltaik in Baden-Württemberg seit Projektbeginn 2021 bereits umgesetzt seien, wie die finanzielle Förderung hier aussehe und wie sich Genehmigungsverfahren für eine Agri-PV-Anlage in Baden-Württemberg vereinfachen ließen. Im Jahr 2021 seien vom Landwirtschaftsministerium drei Projekte mit einer Laufzeit bis 2024 und einem Volumen von insgesamt 1,37 Mio. Euro bewilligt worden. Das Umweltministerium fördere zwei Projekte sowie die Begleitung des Forschungsvorhabens durch das Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme (ISE) mit bis zu 1,1 Mio. Euro. 2022 seien vom Landwirtschaftsministerium sechs weitere Projekte mit unterschiedlichen Laufzeiten und einem Volumen von insgesamt 2,26 Mio. Euro bewilligt worden, gab Hahn die Ausführungen vonseiten der Ministerien wieder. Im Jahr 2023 seien mehrere Pilotprojekte vorgesehen und in Planung, unter anderem eine Anlage über einem Legehennenauslauf.
Agri-PV-Anlagen bedürften als bauliche Anlagen grundsätzlich einer Baugenehmigung. Im Rahmen der letzten Änderung der Landesbauordnung zum 11. Februar 2023 sei für alle Freiflächensolaranlagen das Kenntnisgabeverfahren ermöglicht worden, soweit die Anlage im Bereich eines qualifizierten Bebauungsplans liege, berichtete Hahn weiter. Damit könne das baurechtliche Verfahren in vielen Fällen deutlich beschleunigt werden. Flächen mit Agri-PV-Anlagen würden förderrechtlich unter bestimmten Bedingungen weiterhin als hauptsächlich landwirtschaftlich genutzt gelten. „Agri-Photovoltaik ist insgesamt eine große Chance für unser Land, das mit Innovation und Zukunftsfähigkeit in Verbindung gebracht wird,“ betonte Ausschussvorsitzender Martin Hahn und bedankte sich abschließend noch einmal ausdrücklich bei der Expertenrunde.
Wirtschaftsausschuss stimmt Finanzhilfen von rund 10,1 Millionen Euro im Rahmen des Tourismusinfrastrukturprogramms 2023 zu
Stuttgart. Finanzhilfen des Landes in Höhe von insgesamt rund 10,1 Millionen Euro hat der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus in seiner Sitzung am Mittwoch, 26. April 2023, gewährt. Bezuschusst werden damit sechs Projekte in den Städten und Gemeinden Bodman-Ludwigshafen (1.370.509 Euro), Bad Herrenalb (2.500.000 Euro), Bad Mergentheim (2.500.000 Euro), Bad Rappenau (515.990 Euro), Meersburg (2.500.000 Euro) sowie im Landkreis Reutlingen (701.607 Euro). Die Mittel stammen aus dem Tourismusinfrastrukturprogramm 2023. Dies teilte der Vorsitzende des Gremiums, Dr. Erik Schweickert (FDP/DVP), mit.
Folgende konkrete Tourismusinfrastrukturprojekte sollen nach Angaben des Ausschussvorsitzenden durch das Programm gefördert werden:
Standort | Projekt | Förderung |
Gemeinde Bodman-Ludwigshafen |
Baumaßnahmen an der Marienschlucht (3. Bauabschnitt) |
1.370.509 Euro |
Stadt Bad Herrenalb |
Revitalisierung der Siebentäler Therme (2. Bauabschnitt) |
2.500.000 Euro |
Große Kreisstadt Bad Mergentheim |
Sanierung und Modernisierung der Wandelhalle | 2.500.000 Euro |
Stadt Bad Rappenau | Sanierung Wellenbecken im Sole- und Saunabad RappSoDie |
515.990 Euro |
Stadt Meersburg | Modernisierung Therme Meersburg | 2.500.000 Euro |
Landkreis Reutlingen | Wanderkonzeption Mittlere Alb | 701.607 Euro |
Nach einem Erdrutsch in der Marienschlucht im Jahr 2015 stellt die Gemeinde Bodman-Ludwigshafen nach Angaben des Ausschussvorsitzenden die Begeh- und Erlebbarkeit eines der bedeutendsten Naturdenkmale Baden-Württembergs wieder her. Mit den nun bewilligten Fördermitteln aus dem Tourismusinfrastrukturprogramm (TIP) 2023 sollen im kommenden Herbst die Elemente der begehbaren Steganlage im Bereich des Mondfelsens angebracht werden. Auch die beiden vorherigen Bauabschnitte seien jeweils mit TIP-Mitteln gefördert worden. „Es ist wichtig, dass ein für unser Land so bedeutendes Naturdenkmal wie die Marienschlucht wieder uneingeschränkt für Touristen zugänglich gemacht wird“, so Dr. Schweickert. 2022 habe Bodman-Ludwigshafen rund 121.000 Übernachtungen gezählt.
In Bad Herrenalb steht laut Dr. Schweickert die Sanierung der Innenräume der Therme und der technischen Anlagen an, nachdem in einem ersten Schritt, ebenfalls mit Unterstützung von TIP-Mitteln, bereits die Gebäudehülle, Becken und Außenanlagen erneuert worden seien. „Die Stadt Bad Herrenalb verfügt mit der Siebentäler Therme über einen Leuchtturm in der Region, der das Gesundheitsprofil der Stadt unterstreicht und über die Grenzen der Region hinaus bekannt und für Touristen attraktiv macht“, so der Ausschussvorsitzende. 2022 habe Bad Herrenalb rund 299.000 Übernachtungen gezählt.
Die Wandelhalle in Bad Mergentheim gilt nach Angaben des Ausschussvorsitzenden als europaweit einzigartiges Kulturdenkmal im Bauhausstil. Derzeit könne die Halle, in der die Heilquellen von Bad Mergentheim ausgeschenkt werden, nur im Frühling und Sommer von Gästen genutzt werden. Durch die denkmalgerechte Sanierung solle dies künftig ganzjährig möglich sein. 2022 habe Bad Mergentheim rund 508.000 Übernachtungen gezählt.
In Bad Rappenau sei das zuletzt 1992 sanierte Sole-Wellenbecken im städtischen Freibad dringend zu überholen, so Dr. Schweickert. Die Fliesen des Beckenkörpers seien rissig, die Wellenmaschine in schlechtem Zustand. Das Wellenbecken sei ein bedeutendes Element im Sole- und Saunaparadies RappSoDi – und das Sole-Baden einer der Hauptgründe dafür, dass Urlaubs-, Gesundheits- und Reha-Gäste nach Bad Rappenau kommen. 2022 habe Bad Rappenau rund 318.000 Übernachtungen gezählt.
Eine Modernisierung und konzeptionelle Neuausrichtung der 2003 eröffneten Therme am Bodenseeufer steht nach Angaben des Ausschussvorsitzenden in Meersburg an. Zur bestehenden Wasserfläche, die einen direkten Zugang zum Bodensee erhalten solle, werde ein hochwertiges „Textilwellness-Angebot“ mit Dampfbad, Textilsauna und Ruheräumen geschaffen. 2022 habe Meersburg rund 203.000 Übernachtungen gezählt.
Im Landkreis Reutlingen soll nach Angaben von Dr. Schweickert der Wandertourismus in der Gebietskulisse Wanderkonzeption Mittlere Alb, Albtrauf und UNESCO-Biosphärengebiet Schwäbische Alb durch eine verbesserte und teils neue Beschilderung des Grundwanderwegenetzes gestärkt werden. Auch kommunale Rundwege und vier Prädikatswanderwege der Wandermarke „hochgehberge“ sollen von der Maßnahme in Kooperation mit dem Landkreis Esslingen profitieren. 2022 hätten die am Projekt beteiligten Kommunen rund 511.000 Übernachtungen gezählt.
Innenausschuss berät über Weiterentwicklung der IT-Landesoberbehörde BITBW für Aufgaben der Zukunft
Stuttgart. Der Ausschuss des Inneren, für Digitalisierung und Kommunen hat sich in seiner Sitzung am Mittwoch, 26. April 2023, mit der Großen Anfrage der Grünen-Fraktion zum Thema „Landesoberbehörde IT Baden-Württemberg (BITBW) als zentrale IT-Dienstleisterin des Landes Baden-Württemberg“ befasst. Im Mittelpunkt der öffentlichen Beratung standen unter anderem erreichte Meilensteine der Behörde, die Digitalisierungsstrategie des Landes und Fragen der Cybersicherheit. „Die IT-Landesoberbehörde des Landes nimmt eine zentrale Rolle in der digitalen Transformation der Landesverwaltung und des Landes Baden-Württemberg ein“, sagte der Ausschussvorsitzende Ulli Hockenberger (CDU).
Nach Angaben des Vorsitzenden ist im Koalitionsvertrag für die aktuelle Wahlperiode vereinbart, dass das BITBW-Gesetz angepasst werden soll, um sicherzustellen, dass sich die IT-Behörde im Interesse der digitalen Souveränität des Landes perspektivisch als leistungsstarke IT-Dienstleisterin etablieren kann. Mit der Großen Anfrage sollte eine Diskussionsgrundlage geschaffen werden, um das im Koalitionsvertrag vereinbarte Vorhaben voranzutreiben, sagte Ulli Hockenberger.
Vor der Beratung führte der Ausschuss zunächst eine öffentliche Anhörung zu dem Thema durch. Die Sachverständigen waren Andreas Pelzner (Komm.One Anstalt des öffentlichen Rechts), Ulrich Hensinger (Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg), Ralf Rosanowski (Cybersicherheitsagentur Baden-Württemberg), Prof. Dr. Martin Kimmig (Duale Hochschule Baden-Württemberg Villingen-Schwenningen) und Lothar Becker (Open Source Business Alliance – Bundesverband für digitale Souveränität e.V.). Im Anschluss beantworteten die Experten die Fragen der Abgeordneten. Sowohl die Anhörung wie auch die anschließende Beratung wurden per Livestream übertragen.
Hockenberger zufolge wurde die BITBW im Juli 2015 als Kernstück der IT-Neuordnung des Landes gegründet. Im Anschluss sei der Bereich der Informationssicherheit und das Informationssicherheitsmanagement inklusive Notfallmanagement aufgebaut und betrieben worden. Weiter sei der einheitliche Standardarbeitsplatz für die Bürokommunikation zentral entwickelt und flächendeckend in die Landesverwaltung gebracht worden. Über den Standardarbeitsplatz sei ein hohes Sicherheitsniveau realisiert worden. Darüber hinaus sei die Ausfallsicherheit der IT-Systeme erhöht worden.
Der im Errichtungsgesetz beschriebene Aufgabenübergang sei nach Auskunft der Landesregierung weitestgehend vollzogen, das zentrale und erfolgreiche Lizenzmanagement sei etabliert und das Vergabewesen professionalisiert und stark ausgebaut worden. Die Verschlüsselung des Landesverwaltungsnetzes (LVN) stehe kurz vor dem Abschluss. Ein bedeutender Meilenstein sei über die Herausforderungen der Pandemie erreicht worden. Mobile Zugriffe und mobiles Arbeiten inklusive neuartiger Videokonferenzsysteme seien kurzfristig und in großem Umfang reibungslos zur Verfügung gestellt worden, fasste der Vorsitzende die Ausführungen zusammen.
Ein weiterer aktueller Meilenstein sei die Verabschiedung der Cloud-Strategie, die dazu führen werde, dass die BITBW im Jahr 2024 Cloud-Lösungen für die Landesverwaltung und für die Bund-Länder-Kooperation über die Deutsche Verwaltungscloud-Strategie bereitstellen werde. Von großer Bedeutung sei der Beschluss des Landes, dass die BITBW die Telefonie des Landes komplett auf IP-Telefonie umstellen werde. Weitere bedeutende Vorhaben seien der Betrieb der landesweiten E-Akte und die permanente Erweiterung des Dienstleistungsportals „service-bw“.
Nach Angaben des Vorsitzenden waren zum Zeitpunkt der Gründung 292 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei der BITBW beschäftigt. In den darauffolgenden Jahren habe sich die Behörde vergrößert, so dass Ende 2022 724 Personen bei BITBW beschäftigt waren.
Wirtschaftsausschuss beendet erfolgreiche Informationsreise nach Südafrika
Stuttgart. Die Informationsreise des Ausschusses für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus durch Südafrika sei ein Erfolg gewesen und habe viele neue Ansätze und Ideen für die Arbeit der teilnehmenden Ausschussmitglieder mit sich gebracht, zieht der Ausschussvorsitzende Dr. Erik Schweickert (FDP/DVP) ein positives Fazit nach Abschluss der neuntägigen Reise. Der Ausschuss wolle den wichtigen Austausch mit Südafrika auch in Zukunft fortsetzen.
Auch der zweite Abschnitt der Informationsreise nach Südafrika habe die Bedeutung guter Beziehungen zu Südafrika deutlich gemacht, erklärt der Ausschussvorsitzende Dr. Schweickert. „Bereits heute gibt es vielfältige Kontakte und Beziehungen nach Südafrika, die auch für die baden-württembergische Wirtschaft von großer Bedeutung sind. Gleichzeitig kann Südafrika in einigen Bereichen, wie beispielsweise dem Wein- oder exklusiven Zugtourismus, sogar Vorbild sein“, so Dr. Schweickert.
Nachdem der Ausschuss bereits im ersten Teil der Reise mehrere erfolgreiche Unternehmensbesuche und Gesprächstermine mit politischen Vertretern der baden-württembergischen Partnerregion KwaZulu-Natal absolviert hatte, wurde die Reise in Kapstadt fortgesetzt. Dort stand zunächst ein Abendempfang in der dortigen Residenz des deutschen Botschafters auf der Tagesordnung, zu dem Vertreter von in Südafrika vertretenen deutschen Unternehmen und Verbänden geladen waren. Empfangen wurde die Delegation dort von der deutschen Generalkonsulin Tanja Werheit, die einen nochmaligen Einblick in die deutsch-südafrikanischen Beziehungen gewährte, berichtet der Ausschussvorsitzende Dr. Schweickert.
Am Freitag, 24. März 2023, nahm die Delegation zunächst an einem Austausch mit Wesgro, der Wirtschaftsförderungsgesellschaft der Region Westkap teil, bevor schließlich mit dem Besuch des baden-württembergischen Start-ups Oceanergy ein Highlight der Reise auf der Tagesordnung stand. Oceanergy hatte vor zwei Jahren über das Förderprogramm Invest BW nach Zustimmung des Ausschusses knapp drei Millionen Euro Fördergelder des Landes erhalten und will den stets verfügbaren Wind auf den Ozeanen mit Hilfe von Kites nutzen, um grünen Wasserstoff herzustellen. Das Projekt habe bei den Delegationsmitgliedern einen sehr guten Eindruck hinterlassen. Der Besuch sei eine Bestätigung gewesen, dass die Genehmigung der Förderung richtig gewesen sei, gibt Dr. Schweickert den Eindruck wieder. „Das ist die effektive Nutzung von Windenergie, die 24 Stunden, sieben Tage die Woche bei gleichbleibender und ausreichender Stärke zur Verfügung steht“, so der Ausschussvorsitzende.
Der restliche Teil der Ausschussreise stand schließlich ganz im Zeichen des Weintourismus. So besuchte die Delegation am darauffolgenden Samstag die Weingüter Vergelegen, Spier und Klein Goederust, die auf verschiedenste Art und Weise für Touristen interessant sind. Hieran nahm auch der zuständige Minister der Provinzregierung des Westkaps Dr. Ivan Meyer teil. Somit konnte ein interessanter Eindruck gewonnen werden, wie eine Bebauung im Außenbereich touristische Highlights schafft, die vom Erhalt einer einzigartigen Artenvielfalt, über Kunst bis hin zu einer Geschäftschance für die bis vor einigen Jahren noch stark benachteiligte Unternehmerschaft aus der schwarzen Bevölkerungsmehrheit reicht. Gerade in diesem Bereich gebe es viele Möglichkeiten, um voneinander zu lernen und zu profitieren. „Südafrika hat es innerhalb kürzester Zeit geschafft, sich erfolgreich mit innovativen Ideen auf dem Feld des Weintourismus zu positionieren. Hier können wir auch auf Landesebene noch stärkere Anstrengungen unternehmen“, so Dr. Schweickert.
Insgesamt sei die Reise bis auf die bedauerlicherweise gescheiterte Erneuerung des Partnerschaftsabkommens zwischen den Regierungen Baden-Württembergs und KwaZulu-Natals ein großer Erfolg gewesen. Man habe den Austausch mit Südafrika erfolgreich intensivieren können und freue sich bereits auf angekündigte Gegenbesuche in Baden-Württemberg, so Dr. Schweickert. Er hoffe außerdem, dass die Erneuerung des Abkommens mit KwaZulu-Natal noch gelinge. „Südafrika ist nicht nur in der aktuellen weltpolitischen Lage, sondern auch ganz grundsätzlich als Gateway zum afrikanischen Kontinent zu wichtig. Deshalb sollten wir uns auch nicht vorschnell in die Schmollecke zurückziehen“, so Dr. Schweickert. Im Zweifel müsse man auch die Kontakte in andere Provinzen intensivieren. Die Signale, die man auf Parlamentsebene aus anderen Provinzen erhalten habe, würden ein großes Interesse an einer Partnerschaft mit Baden-Württemberg zeigen. „Manchmal belebt Konkurrenz nicht nur das Geschäft, sondern auch die Bereitschaft, sich in einer Landespartnerschaft einzubringen“, so der Vorsitzende des Wirtschaftsausschusses mit Blick auf Kapstadt und die Region Westkap.
Haben wir Afghanistan vergessen? – Präsidentin Aras lobt den persönlichen Blick der Preisträgerinnen auf die Gesellschaft
Stuttgart. Daria Mruha, Lena Günther und Magda Szymanska werden in diesem Jahr für ihre herausragenden Beiträge mit dem Förderpreis des 65. Schülerwettbewerbs des Landtags von Baden-Württemberg zur Förderung der politischen Bildung ausgezeichnet. Bei der Preisverleihung im Landtag am heutigen Mittwoch, 5. April 2023, gratulierte Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne), Schirmfrau des Wettbewerbs, den Preisträgerinnen zu ihrer Auszeichnung: „Mit euren Beiträgen habt ihr eure Stimme erhoben für ein Thema, das euch wichtig ist. Ihr habt euch eingebracht in die politische Debatte.“
„Komm heraus, mach mit.“ Rund 2.400 Schülerinnen und Schüler aus ganz Baden-Württemberg sind im Schuljahr 2022/23 dem Motto des Schülerwettbewerbs gefolgt, eingereicht wurden insgesamt 1882 Einzel- und Gruppenarbeiten. Daria Mruha vom Oken-Gymnasium in Offenburg überzeugte die Jury mit ihrer Reportage zum Krieg in der Ukraine. Sie erörterte am Beispiel von sich selbst und ihren Freundinnen aus Cherson, wie sich der Krieg auf die jüngere Generation auswirkt. Auch die anderen beiden Förderpreisträgerinnen widmen sich in ihren Wettbewerbsbeiträgen aktuellen politischen Themen. Lena Günther vom Gymnasium Plochingen schrieb eine Rede zur Lage in Afghanistan, in der sie fragt: „Ein Jahr nach dem Fall von Kabul: Haben wir Afghanistan vergessen?“ Magda Szymanska vom Stiftsgymnasium Sindelfingen hat ein Gedicht zum sexuellen Missbrauch in der Kirche verfasst. Das Gedicht ist aus der Sicht eines Opfers geschrieben.
Der Förderpreis wird an Schülerinnen und Schüler verliehen, deren Wettbewerbsbeiträge noch aus den ersten Preisen hervorstechen und mit einem Förderangebot und einem Preisgeld von 1.000 Euro pro Einzelarbeit besonders gewürdigt werden sollen. Die mit einem Förderpreis ausgezeichneten Beiträge müssen neben ihrer politischen Dimension, einer klaren Stellungnahme und ihrem Praxisbezug auch besonders originell und authentisch sein. „Ihr habt nach den richtigen Worten gesucht, um zu beschreiben, was manchmal nicht zu beschreiben ist. Ihr habt diese Worte gefunden. Und dabei wart ihr äußerst kreativ“, so Landtagspräsidentin Aras bei der Preisverleihung.
Nach der Präsentation und Ehrung der Wettbewerbsarbeiten im Landtag machten die Preisträgerinnen auf Einladung der Landeszentrale für politische Bildung den Stadtrundgang „Stuttgarter Frauenpower“.
Vorsitzende des UsA IdP & Beförderungspraxis informiert Justizministerium über mögliche unberechtigte Weitergabe geheimhaltungsbedürftiger Akteninhalte
Stuttgart. Die Vorsitzende des Untersuchungsausschusses „IdP & Beförderungs-praxis“, Daniela Evers (Grüne), hat das Ministerium der Justiz und für Migration über bestehende Anhaltspunkte für eine mutmaßlich erfolgte unberechtigte Weitergabe geheimhaltungsbedürftiger Akteninhalte durch unbekannte Dritte in Kenntnis gesetzt.
Daniela Evers hat das Justizministerium über einen Sachverhalt informiert, der sich im Rahmen einer Pressekonferenz des Untersuchungsausschusses ereignet hat. Dabei waren durch eine anwesende Person, die nicht dem Kreis des Untersuchungsausschusses angehört, öffentliche Äußerungen getätigt worden, welche erste Anhaltspunkte dafür bieten, dass ihr nähere Kenntnisse über den Inhalt geheimhaltungsbedürftiger Akten aus dem Bereich der Justiz Baden-Württemberg vorliegen könnten.
In Anbetracht der Geheimhaltungsbedürftigkeit der betroffenen Akteninhalte wurde das Justizministerium durch die Vorsitzende des Untersuchungsausschusses über das nähere Geschehen in Kenntnis gesetzt und darum ersucht, die entsprechenden Informationen an die aktenführenden Stellen weiterzuleiten.
Enquetekommission „Krisenfeste Gesellschaft“ befragt am 30. Juni Ministerpräsident Kretschmann
Stuttgart. Die Enquetekommission „Krisenfeste Gesellschaft“ hat in der Sitzung am Freitag, 31. März 2023, Expertinnen und Experten zum Thema „Zusammenarbeit von Staat und Gesellschaft in der Krisenvorsorge, -früherkennung und -bekämpfung“ öffentlich angehört. Geladen waren unter anderem Fachleute aus den Bereichen Katastrophen- und Zivilgesellschaftsforschung sowie psychosoziales Krisenmanagement und Seelsorge.
„Der Staat ist in der Krisenvorsorge und -bekämpfung grundlegend auf die Unterstützung der Gesellschaft angewiesen. Wir benötigen daher eine enge Verzahnung und können den Menschen, ohne Gefahr einer Panik, mit offener Kommunikation auch Halt und Orientierung geben. Das Reservoir an ehrenamtlicher Arbeit müssen wir schützen und ausbauen“, sagte der Vorsitzende der Enquetekommission Alexander Salomon (Grüne). Dazu gehöre auch eine individuelle Resilienz- und Krisenfestigkeit der Menschen.
Im nicht öffentlichen Teil der Sitzung verständigte sich die Enquetekommission einstimmig darauf, Sachverständige für die Sitzungen am 16. Juni und am 30. Juni 2023 ausnahmsweise in einem schriftlichen Umlaufverfahren zu bestimmen.
Beschlossen wurde zudem, dass in der Sitzung am 16. Juni 2023 eine Anhörung zu Handlungsfeld III zum Thema „Kommunikation und Resilienz der Bürgerinnen und Bürger“ stattfinden soll. Ferner verständigte sich die Enquetekommission darauf, dass es in der Sitzung am 30. Juni 2023 eine Bestandsaufnahme zu Handlungsfeld III mit einer Befragung von Ministerpräsident Winfried Kretschmann geben soll und daran anschließend eine Anhörung zu Handlungsfeld III zum Thema „Einbeziehung aller Bevölkerungsteile in die Krisenvorsorge und Krisenbewältigung“.
Die nächste Sitzung der Enquetekommission findet am 26. Mai 2023 statt. Der Sitzungstermin im April wurde aufgehoben.
Breite Zustimmung für mehr Transparenz in öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten
Stuttgart. Der Ständige Ausschuss hat sich in seiner Sitzung am Donnerstag, 30. März 2023, mit dem Vierten Medienänderungsstaatsvertrag befasst, der den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten aufgrund der Vorkommnisse beim Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb) Mindeststandards in Sachen Regeltreue und Transparenz vorgibt. Der Ausschussvorsitzende Guido Wolf (CDU) erklärte mit Blick auf den rbb, es gelte, verlorenes Vertrauen in den öffentlich-rechtlichen Rundfunk wiederzugewinnen. Wenn dies nicht gelinge, werde auch die Politik einen Vertrauensverlust erleiden.
Wie der Ausschussvorsitzende Wolf aus der Sitzung berichtete, erläuterte der Staatssekretär für Medienpolitik, Rudi Hoogvliet, die mit dem Vierten Medienänderungsstaatsvertrag geplanten strukturellen Veränderungen für mehr Regeltreue und Transparenz in den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. Demnach sollen beispielsweise die Veröffentlichungspflichten für die Sender verschärft und neben Bezügen der Intendanten und Direktoren nun auch Aufwandsentschädigungen, Sitzungsgelder und sonstige geldwerte Vorteile im Internetauftritt veröffentlicht werden. Zudem sollen alle Sender ein anerkannten Standards entsprechendes Compliance-Management-System erhalten und Aufsichtsgremien fachlich gestärkt werden, indem durch Expertise der Mitglieder relevante Fachkenntnisse in Betriebswirtschaft und Recht verbindlich nachzuweisen sind.
Die geplanten Regelungen wurden im Ausschuss nach Angaben des Vorsitzenden mehrheitlich begrüßt. Es müsse sichergestellt sein, dass Rundfunkbeitragsmittel künftig in allen Rundfunkanstalten wirtschaftlich und transparent eingesetzt werden, habe es geheißen. Nur so könnten die Sender verlorengegangenes Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger wiedergewinnen. Die Grünen hoben laut Wolf hervor, dass Baden-Württemberg die länderübergreifende Arbeit am Vierten Medienänderungsstaatsvertrag maßgeblich vorangetrieben und zügig zu einem Abschluss gebracht habe. Damit lägen nun erstmals für den gesamten öffentlich-rechtlichen Rundfunk einheitliche Vorgaben für Regeltreue und Transparenz vor. Wie Wolf weiter berichtete, habe die SPD angemerkt, die Vorgaben für die Sender gerade in Sachen Transparenz könnten womöglich dem Landtag zum Vorbild gereichen.
Nach Angaben des Ausschussvorsitzenden betonte Staatssekretär Hoogvliet auf Nachfrage der FDP/DVP, dass der Vierte Medienänderungsstaatsvertrag ausdrücklich schärfere zusätzliche Regelungen der Länder nicht ausschließt. Er sehe dafür in Baden-Württemberg aber keine Veranlassung, da man beim SWR Auswüchse wie beim rbb nicht sehen könne.
Der Vierte Medienänderungsstaatsvertrag solle Anfang 2024 in Kraft treten, habe Hoogvliet berichtet, so Wolf. Im Mai sei die Unterzeichnung durch die Ministerpräsidenten vorgesehen. Dann müssten die Vorgaben noch in ein Landesgesetz überführt werden, dem der Landtag zustimmen müsse.
Organische CO2-Kompensation und Verpackungsrecycling diskutiert
Stuttgart. Der Ausschuss für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft hat in seiner Sitzung am Donnerstag, 30. März 2023, über das Erreichen der Klimaschutzziele und die Möglichkeiten der CO2-Reduktion durch Wälder, Moore, Humusaufbau und Pflanzenkohle beraten. Das hat der Ausschussvorsitzende Daniel Karrais (FDP/DVP) mitgeteilt. Zudem wurde ein Vorschlag für eine EU-Verordnung zu recycelbaren Verpackungen und weniger Verpackungsabfällen thematisiert.
Auf Antrag der CDU-Fraktion diskutierten die Gremiumsmitglieder Potenziale und aktuelle Maßnahmen in baden-württembergischen Wäldern, Mooren und in Kulturlandschaften, durch welche der CO2-Gehalt der Atmosphäre gesenkt werden kann. Laut Karrais fokussierten sich die Antragsteller dabei auf die Frage, ob durch organische Maßnahmen wie Waldaufbau, Moore, Humusaufbau, die Herstellung und Nutzung von Pflanzenkohle oder andere Methoden des „Carbon Farming“ die Grundlage für die bis 2045 angestrebte Treibhausgasneutralität gelegt werden könne. Solange die technischen Voraussetzungen nicht geschaffen seien, um der Atmosphäre große Mengen an CO2 zu entnehmen und den CO2-Ausstoß damit zu kompensieren, müssten organische Maßnahmen wie der Waldaufbau im Vordergrund stehen, gab Karrais die Auffassung der Antragsteller wieder.
Den Ergebnissen der Bundeswaldinventur von 2012 zufolge liege die durchschnittliche Kohlenstoff-Speicherung in baden-württembergischen Wäldern je Hektar bei 467,53 Tonnen CO2 Gesamtbiomasse auf einer Fläche von 1,323 Millionen Hektar Holzbodenfläche, so Karrais. Hinzu käme noch die signifikant hohe CO2-Speicherung in Waldböden. Ob die bewaldete Fläche im Land erhöht werden könne, hinge aber von einer Vielzahl von Faktoren ab, die außerhalb der Waldbewirtschaftung lägen, fasste der Ausschussvorsitzende die Angaben von Ministeriumsseite zusammen. Vor dem Hintergrund der in den letzten Jahren bereits sichtbaren Klimawandelfolgen müsse insgesamt eher von einer abnehmenden CO2-Senkenleistung des Waldes ausgegangen werden. Holz müsse kaskadenartig genutzt werden, beispielsweise im Holzbau, um eine dauerhafte Kohlenstoffwirkung zu erzielen.
Zur Möglichkeit, die Moorfläche in Baden-Württemberg zu erhöhen sowie zur Erhöhung der CO2-Bindung je Hektar seien dem Ministerium zufolge derzeit keine belastbaren Abschätzungen möglich, so Karrais. Da nicht intakte Moorböden große Mengen an Treibhausgasen wieder freisetzen könnten, spiele der Moorschutz für die notwendigen Emissionsminderungen eine große Rolle. Etwa sieben Prozent des Gesamtausstoßes von CO2 in Deutschland komme derzeit aus Mooren. Zur Nutzung von Pflanzenkohle als in den Boden eingearbeiteter Kohlenstoff-Speicher gebe es momentan zwei Modellprojekte im Land. Die Klimaschutzwirkung sei ebenso wie beim Humusaufbau aber überschaubar.
Außerdem informierte sich der Ausschuss über einen Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über Verpackungen und Verpackungsabfälle. Darin festgelegt werden solle unter anderem eine prozentuale Verringerung der Verpackungsabfälle um 15 Prozent (bis 2040) pro Kopf in jedem EU-Mitgliedsstaat, wie Karrais berichtete. Zudem werde in der Verordnung die Recyclingfähigkeit aller Verpackungen bis 2030, ein Pfandsystem für Getränkeflaschen wie in Deutschland bereits vorhanden und die Einführung von Recyclingstandards angestrebt. „Es ist sinnvoll, den Anteil an Recyclingstoffen in Verpackungen zu erhöhen. Es ist jedoch darauf zu achten, dass der Nachweis nicht überbürokratisiert wird“, fasste der Ausschussvorsitzende die Debatte im Ausschuss zusammen.
Biografien von Richterinnen und Richtern müssen nicht veröffentlicht werden – aber können
Stuttgart. Müssen Lebensläufe bzw. Biografien von Richterinnen und Richtern des Verfassungsgerichtshofs für das Land Baden-Württemberg veröffentlicht werden? Mit einer Petition, die das fordert, hat sich der Petitionsausschuss in seiner Sitzung am Donnerstag, 30. März 2023, befasst. „Es besteht keine rechtliche Verpflichtung, Lebensläufe von Richterinnen und Richtern des Verfassungsgerichtshofs Baden-Württemberg zu veröffentlichen“, berichtete der Ausschussvorsitzende Thomas Marwein (Grüne). „Dennoch wäre es gut im Sinne der Transparenz, wenn diese Informationen zur Verfügung gestellt würden.“ Der Ausschuss habe die Petition daher zur Erwägung ans Staatsministerium überwiesen.
Zur Veröffentlichung der Biografien bestünde derzeit keine rechtliche Verpflichtung, habe das Staatsministerium dargelegt, so Marwein. Weder nach dem Gesetz über den Verfassungsgerichtshof, welches das Verfahren des Verfassungsgerichtshofs im Allgemeinen und die Besonderheiten für die verschiedenen Verfahren regle, noch nach der Geschäftsordnung des Verfassungsgerichtshofs seien weitergehende Informationen zur Person oder Werdegang von Richterinnen und Richtern zu veröffentlichen.
Wie Thomas Marwein weiter erläuterte, sei die Veröffentlichung der Lebensläufe bei der überwiegenden Mehrzahl der Landesverfassungsgerichte nicht üblich. Allerdings plane der Verfassungsgerichtshof Baden-Württemberg zur besseren Information der Öffentlichkeit einen entsprechenden Ausbau seiner Internetseite noch im ersten Halbjahr 2023. „Weitere Informationen zu den einzelnen Richterinnen und Richtern könnten dann dort veröffentlicht werden“, blickte Vorsitzender Marwein in die Zukunft.
Aufklärungsangebote im Land gegen weibliche Genitalverstümmelung
Stuttgart. Mit der weiblichen Genitalverstümmelung hat sich der Ausschuss für Soziales, Gesundheit und Migration in seiner Sitzung am Mittwoch, 29. März 2023, befasst. Vertreter aller Fraktionen begrüßten nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Florian Wahl (SPD) die Bemühungen der Landesregierung, betroffenen Frauen beizustehen.
Der Sozialausschuss thematisierte die Menschenrechtsverletzung auf Antrag der CDU. Sie hatte einen umfangreichen Fragenkatalog an das Sozialministerium gerichtet und unter anderem wissen wollen, wie es gelingen kann, bedrohte sowie betroffene Mädchen und Frauen im Land zu schützen und zu unterstützen.
Aus der Antwort des Sozialministeriums im Einvernehmen mit dem Innen-, Kultus- und Justizministerium geht hervor, dass in Baden-Württemberg Schätzungen zufolge rund 7.800 Frauen betroffen und 2.900 Mädchen gefährdet sind. Die Zahlen basieren auf einer sogenannten Dunkelzifferstatistik, die seit 2018 für die einzelnen Bundesländer errechnet wird. Demzufolge hat sich die Anzahl der von Genitalverstümmelung betroffenen Frauen und insbesondere die der gefährdeten Mädchen in Baden-Württemberg durch die jüngsten Fluchtbewegungen im Laufe der vergangenen Jahre um rund 40 Prozent erhöht.
Nach Angaben des Ministeriums gibt es im Land bereits einige Fachberatungsstellen, die eine psychosoziale Beratung im Themenfeld FGM/C (female genital mutilation/ cutting; weibliche Genitalbeschneidung/-verstümmelung) anbieten und zudem beispielsweise Aufklärungsarbeit für medizinische Fachberufe leisten. Darunter sind das Fraueninformationszentrum FiZ in Stuttgart, Wildwasser Stuttgart, Pro familia Stuttgart und die Beratungsstelle Yasemin in Trägerschaft der Evangelischen Gesellschaft Stuttgart. In der medizinischen Beratung gebe es Angebote der Universitätsfrauenklinik Freiburg, die seit 2019 eine FGM/C-Sprechstunde anbiete, und des Universitätsklinikums Ulm.
Nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Florian Wahl berichtete Sozialminister Manfred Lucha (Grüne) in der Sitzung von der zu Jahresbeginn erfolgten Eröffnung der landesweiten zentralen Anlaufstelle für Frauen und Mädchen, die von FGM/C betroffen oder bedroht sind. Das Ministerium unterstütze die zentrale Anlaufstelle, die von insgesamt fünf Organisationen und Fachberatungsstellen getragen wird, in einer zweijährigen Modellphase mit rund 250.000 Euro. Laut Wahl erklärte Lucha, er strebe nach einer Evaluation eine dauerhafte Finanzierung der Anlaufstelle an.
Vertreter aller Fraktionen begrüßten nach den Worten Wahls die Einrichtung der Anlaufstelle und weitere Maßnahmen im Kampf gegen FGM/C. Dabei sei mehrfach betont worden, dass es wichtig sei, kultursensibel zu informieren. Nur so könnten die betroffenen Menschen, die häufig einen Migrationshintergrund hätten, auch erreicht werden. Wie der Ausschussvorsitzende berichtete, schlug die FDP/DVP vor, bereits in Landeserstaufnahmestellen über das Thema zu informieren. Dort könne man auch Männer erreichen und sie auf die Strafbewehrung hinweisen.
Begrüßt wurde laut Wahl auch die Zusage Luchas, sich dafür einzusetzen, dass der Schutzbrief der Bundesregierung gegen weibliche Genitalverstümmelung in kommunalen Einrichtungen in Baden-Württemberg ausgelegt wird, so zum Beispiel in Führerscheinstellen. Der Brief, den Frauen mit sich führen können, weist darauf hin, dass FGM/C in Deutschland unter Strafe steht. Das soll potenzielle Täter abschrecken.
Ausschuss für Wohnen diskutiert über Baustoffrecycling und wassersensible Stadtentwicklung
Stuttgart. Der Ausschuss für Landesentwicklung und Wohnen hat sich in seiner Sitzung am Mittwoch, 29. März 2023, auf Antrag der Grünen-Fraktion mit der Wieder- und Weiterverwendung und dem Recycling von Bauteilen und -materialien befasst. Das hat die Ausschussvorsitzende Christiane Staab (CDU) mitgeteilt. Auf Antrag der CDU-Fraktion beriet das Gremium zudem über wassersensible Stadtentwicklung vor dem Hintergrund des Klimawandels.
Die Antragsteller erkundigten sich Staab zufolge beim Ministerium für Landesentwicklung und Wohnen nach dem aktuellen Stand nachhaltiger Baupolitik in Baden-Württemberg und mit welchen Fördermaßnahmen die Wiederverwendung und das Recycling von Baumaterialien unterstützt werde. „Mit rund 40 Prozent der Treibhausgasemissionen ist der Bau- und Gebäudesektor einer der ressourcenintensivsten Wirtschaftssektoren überhaupt“, erklärte Staab. Nachhaltige Baupolitik verfolge den Grundsatz ‚Erhalt, Ausbau und Sanierung vor Neubau‘, um die hohen CO2-Emissionen im Bau- und Gebäudesektor zu verringern.
Von Ministeriumsseite sei im Ausschuss betont worden, dass die Stärkung der Kreislaufwirtschaft ein zentrales Thema für die angestrebte Bauwende im Land sei. Bislang gebe es allerdings nur wenige technische Verfahren, um organische und mineralische Bauprodukte zu recyceln. Für die Wiederverwendung von Bauprodukten würden fast gänzlich normierte technische sowie auch rechtliche Grundlagen fehlen. Ob einzelne Bauteile oder -elemente wie Stahlbeton oder Mauerwerk wiederverwendbar seien, hänge in der Regel nicht von einem speziellen Bautyp, sondern von der Konstruktionsweise der Gebäude ab. Insgesamt sei der Anteil der wiederverwendbaren Bauteile bzw. -elemente höher, je einfacher die Konstruktionsweise und je besser die Trennbarkeit der Bauteile untereinander sei, aber auch, wenn das Bauteil aus möglichst wenigen unterschiedlichen Materialien bestehe.
Konkret gefördert werde unter anderem das Forschungsvorhaben „Innovative Umsetzung der Kreislaufschließung im Bausektor“ durch das Umweltministerium, ein Pilotprojekt im Rahmen der Internationalen Bauausstellung 2027. Mit der Holzbau-Offensive BW würden innovative Vorhaben zur klimafreundlichen Bereitstellung und Verwendung von Holz mit EU- und Landesmitteln gefördert. Ressortübergreifend erarbeite die Landesregierung zudem im Strategiedialog „Bezahlbares Wohnen und innovatives Bauen“ Lösungsansätze für komplexe Fragen der Wohn- und Baubranche auch im Hinblick auf die Kreislaufwirtschaft, fasste Staab die Ausführungen von Ministeriumsseite zusammen.
In einem weiteren Antrag beschäftigten sich die Ausschussmitglieder nach Angaben der Vorsitzenden mit wassersensibler Stadtentwicklung. „Das Ziel ist eine Umgestaltung urbaner Räume hin zu geringerer Flächenversiegelung – gerade auch mit Blick auf den Klimawandel“, erklärte Staab. Auf Nachfrage der Antragsteller habe das Ministerium die Quartiere Neckarbogen in Heilbronn und Neckarpark in Stuttgart sowie den Taylor Park in Mannheim als gelungene Beispiele für attraktive Freiflächen mit Regenrückhaltefunktion im städtischen Raum genannt. In sogenannten Schwammstädten, dem Ergebnis wassersensibler Stadtentwicklung, werde vor allem durch die Begrünung von Oberflächen dem Wasser in der Stadt ausreichend Raum gegeben. Durch die Zwischenspeicherung von Wasser werde hier Sturzfluten wie auch Hitzeinseln vorgebeugt. Momentan werde eine Strategie für wassersensible Stadt- und Ortsentwicklung erarbeitet, die Kommunen bei der Gestaltung von „Schwammstadt“-Maßnahmen helfen solle, so Staab.
Darüber hinaus diskutiert wurden unter anderem auf Antrag der SPD-Fraktion die Themen Junges Wohnen und das Landeswohnraumförderprogramm „Wohnungsbau BW 2022“, ein Antrag der FDP/DVP-Fraktion. Bezahlbares Wohnen gerade für junge Menschen in Ausbildungsverhältnissen sei im Ausschuss fraktionsübergreifend als äußerst wichtig hervorgehoben worden, berichtete die Ausschussvorsitzende.
Gespräch mit Dr. Jonathan Loeffler vom Steinbeis Europa Zentrum
Stuttgart. Der Executive Manager des Steinbeis Europa Zentrums, Dr. Jonathan Loeffler, war am Mittwoch, 29. März 2023, zu Gast im Ausschuss für Europa und Internationales. „Es ist wichtig, dass wir konkret sehen, was ganz praktisch im Donauraum passiert“, so der Vorsitzende des Gremiums, Willi Stächele (CDU), der seiner Stellvertreterin Andrea Bogner-Unden für die Herstellung des Kontaktes zu Dr. Loeffler dankte.
Dr. Loeffler stellte in einer kurzen Präsentation den Technologietransfer im Donauraum vor. Die Donautransferzentren (DTC) feierten im Oktober 2022 ihr zehnjähriges Bestehen. „Als wir angefangen haben, haben wir nicht gedacht, dass es so lange geht“, bemerkte Dr. Loeffler. Die DTC bildeten einen Brückenschlag zwischen Forschung und Innovation und pflegten Verbindungen zwischen lokalen Initiativen und der transnationalen und interdisziplinären Ebene. „Wir stecken da Energie rein“, legte er dar. Es gibt drei Pilot-DTC in der Slowakei, in Serbien und in Rumänien, erläuterte er. Zahlreiche Projekte würden von der EU gefördert, etwa im Bereich der nachhaltigen Holzwirtschaft, soziale Innovationen oder im Bereich der Digitalisierung. „Wir wollen lokal aktiv sein, unterstützen die Zusammenarbeit und das ‚Made in Danube‘“, betonte Dr. Loeffler. „Im Ausschuss ist dieses gute und innovative Netzwerk sehr gelobt worden“, sagte Willi Stächele. Es sei angesprochen worden, inwieweit auch die „Vier Motoren“ von diesen Netzwerken profitieren könnten.
Innovationsberatung und Forschungsförderung sind seit über 30 Jahren Themen des Steinbeis Europa Zentrums, wie Dr. Loeffler erläuterte. Im Jahre 2020 etwa war das Steinbeis Europa Zentrum weltweit an 70 EU-Projekten mit mehr als 600 internationalen Partnern in 41 Ländern beteiligt. Das gut vernetzte Institut stehe Unternehmen, Start-ups, Hochschulen, Forschungseinrichtungen und Cluster-Initiativen zu Fragen des Innovationsmanagements, Finanzierung, EU-Antragstellung, internationalen Märkten sowie für regionale und soziale Transformation und Innovationspolitik zur Seite. Für alle Zielgruppen würden Weiterbildung zu Antragstellung, Projektmanagement und Innovation angeboten. Überdies würden gemeinsam mit Wirtschaftsförderern, Vertretern der Landesministerien und der EU internationale Kongresse und Informationsveranstaltungen konzipiert und veranstaltet. 60 Prozent der Kunden seien Unternehmen und Start-ups, 23 Prozent kommen aus dem Bereich Hochschule und Forschung. Das Steinbeis Europa Zentrum besteht aus drei Partnern: Steinbeis EU FOR YOU (ehemals SEZ), der Steinbeis 2i GmbH, die 2016 gegründet wurde und der Steinbeis IDEA Europe, dem Institut der Europabeauftragten, gegründet 2018.
Dr. Loeffler war bereits seit 2000 bei der SEZ tätig und ist seit 2016 CEO der Steinbeis EU FOR YOU. Er ist ausgewiesener Experte für Technologietransfer und Innovationsunterstützung.
Baden-Württemberg hat am 20. März 2023 in Lyon die Präsidentschaft der „Vier Motoren für Europa“ übernommen. Für die nächsten zwölf Monate ist das Land für die Steuerung des Netzwerks verantwortlich. „Wichtige Themen können gemeinsam mit unseren Partnern vorangebracht werden“, so Willi Stächele. „Hier ist es mir als Vorsitzender des Europaausschusses wichtig zu betonen, dass wir Parlamentarier mehr eingebunden werden, etwa über eine Parlamentarierkonferenz.“
Vizepräsident Born: Landtag leistet seinen Beitrag zur Stärkung der politischen Beteiligung junger Menschen in der Bodenseeregion
Lindau/Stuttgart. Die Länder- und Kantonsparlamente der Bodenseeregion haben sich am Freitag, 24. März 2023, in Lindau zu ihrer Frühjahrskonferenz getroffen. Im Mittelpunkt der Tagung, an der auch Landtagsvizepräsident Daniel Born (SPD) sowie die Landtagsabgeordneten Martin Hahn (Grüne) und Guido Wolf (CDU) teilnahmen, stand das Thema Jugend und Jugendbeteiligung. „Der See verbindet uns gerade auch im Anliegen, der Jugend in unseren Regionen Beteiligung, Zusammenarbeit und Austausch zu ermöglichen. Denn gerade für die junge Generation ist die Kooperation und Vielfalt am Bodensee eine hervorragende Chance, die Zukunft innovativ zu gestalten“, betonte Vizepräsident Born.
In der Sitzung der IPBK unter Vorsitz des Bayerischen Landtags tauschten sich die Abgeordneten insbesondere über die Aktivitäten ihrer Parlamente zur Stärkung der politischen Beteiligung von jungen Menschen aus. Landtagsvizepräsident Born präsentierte die vielfältigen Projekte des Landtags wie etwa die im Jahr 2014 gestartete Veranstaltungsreihe „Was uns bewegt“ mit Kindergipfel, Regionalen Jugend-konferenzen, Jugendlandtag und „Jugend hakt nach“. Dazu arbeitet der Landtag eng mit Partnern zusammen, insbesondere – insbesondere der Landeszentrale für politische Bildung (LpB) und dem Landesjugendring (LJR). Auch berichtete Born über die regelmäßigen Schulbesuche im Land, bei denen die Landtagspräsidentin und die Vizepräsidenten über ihre Tätigkeit im Landtag berichten und mit Schülerinnen und Schülern debattieren.
Der Bayerische Landtag stellte seinerseits seine Kinderkommission vor, die 2019 eingerichtet wurde. Die Kommission aus sechs Abgeordneten soll sich als Anwalt der Kinder und Jugendlichen sowohl in Einzelfälle einmischen als auch dabei mitwirken, geeignete Rahmenbedingungen für das Leben der Kinder und Jugendlichen in Bayern zu gewährleisten.
Von Schweizer Seite präsentierten die Kantonsparlamente Appenzell Inner- und Ausserrhoden und St. Gallen das gemeinsame Jugendparlament in ihren Kantonen, ein Verein interessierter Jugendlicher zwischen 14 und 26 Jahren. Das Jugendparlament fördert die politische Bildung und Teilnahme von Jugendlichen an politischen Prozessen auf kommunaler und kantonaler Ebene sowie in Schule und am Arbeitsplatz. Das Gremium nimmt Stellung zu politischen Fragen, welche die Jugend betreffen.
Die Internationale Parlamentarische Bodensee-Konferenz IPBK wurde am 17. Juni 1994 in Bregenz gegründet. Sie umfasst die Länder- und Kantonsparlamente von Baden-Württemberg, Bayern, Vorarlberg, Liechtenstein, Appenzell Ausserrhoden, Appenzell Innerrhoden, St. Gallen, Schaffhausen, Thurgau und Zürich. Die Parlamentarische Konferenz hat zum Ziel, die Anliegen der Bevölkerung der Bodenseeregion zu vertreten, die Standortattraktivität der Region zu erhöhen und die natürlichen Lebensgrundlagen nachhaltig zu sichern. Sie fördert den Meinungsaustausch und die Zusammenarbeit zwischen den Parlamenten sowie zwischen den Parlamenten und den Regierungen beziehungsweise der Internationalen Bodensee-Konferenz IBK.
Wirtschaftsausschuss zieht positives Zwischenfazit des ersten Teils der Südafrika-Reise
Stuttgart/Durban. Noch bis zum Sonntag, 26. März 2023, ist der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus des Landtags auf Informationsreise durch Südafrika. Zur Halbzeit der am vergangenen Sonntag gestarteten Reise zieht der Ausschussvorsitzende Dr. Erik Schweickert (FDP/DVP) ein erstes positives Fazit und betont die Bedeutung der Gespräche mit den Partnern in dem aufstrebenden afrikanischen Land.
Der Ausschussvorsitzende Dr. Schweickert sieht die Informationsreise des Wirtschaftsausschusses des Landtags als wichtiges Signal an Südafrika während der aktuell schwierigen Zeiten in der internationalen Politik. Da auch Russland und China versuchten sich enger an die zweitgrößte afrikanische Volkswirtschaft zu binden, sei die aktive Suche nach Gesprächen durch die baden-württembergische Delegation von großer Bedeutung für die Beziehungen zu Südafrika. Dieses sei „ein Gateway zum afrikanischen Kontinent“, der in den kommenden Jahrzehnten größere politische und wirtschaftliche Bedeutung gewinnen werde. Deshalb müsse auch Baden-Württemberg als exportstarkes Land hier Präsenz zeigen.
Nach einführenden Terminen mit der deutschen Botschaft, der deutschen Außenhandelskammer und der Friedrich-Ebert-Stiftung am vergangenen Sonntag und Montag, beschäftigte sich der Ausschuss im Rahmen eines Besuchs bei ROVOS Rail mit dem erfolgreichen Bahntourismus in Südafrika, von dem nach Ansicht der Ausschussmitglieder auch Baden-Württemberg einiges mitnehmen könne.
Am Dienstag reiste die Delegation schließlich von Johannesburg aus nach Pietermaritzburg, die Hauptstadt der ökonomisch bedeutenden südafrikanischen Region KwaZulu-Natal, mit der Baden-Württemberg bereits seit 1996 durch ein Partnerschaftsabkommen verbunden ist und in der sich zwischenzeitlich auch diverse bekannte hiesige Unternehmen angesiedelt haben. Auf der Tagesordnung standen am gestrigen Mittwoch dementsprechend auch Besuche bei der südafrikanischen Niederlassung von STIHL sowie am heutigen Donnerstagvormittag bei MAHLE Behr South Africa.
Auch politische Gespräche standen auf der Tagesordnung, die insbesondere dadurch an Bedeutung gewannen, dass es das erste Mal war, dass eine baden-württembergische Delegation direkt nach Pietermaritzburg reiste. Insbesondere der auf Einladung des Wirtschaftsausschusses erfolgte Austausch mit Vertretern der Distrikte und Kommunen am Dienstagabend sei äußerst positiv verlaufen, berichtet der Ausschussvorsitzende Dr. Schweickert. Das Angebot Mzimkhulu Thebollas, Bürgermeister der Gemeinde Msunduzi, die neben Pietermaritzburg 32 weitere Orte umfasst, eine Partnerschaft mit der Region Stuttgart einzugehen, werde man gerne weiterleiten. Teilgenommen hatte an dem Austausch als ranghöchster Vertreter der südafrikanischen Delegation auch der Bürgermeister des Distrikts uMgungundlovu Mzi Zuma.
Ferner war die Delegation am Mittwochabend zu Gast auf einer von KwaZulu-Natal organisierten Veranstaltung zur Erneuerung des Partnerschaftsabkommens zwischen dem Land Baden-Württemberg und der Provinz KwaZulu-Natal in Durban. Der Wirtschaftsausschuss bedauert sehr, dass die Unterzeichnung des Vertrages wohl aufgrund von Abstimmungsproblemen innerhalb der südafrikanischen Provinzregierung nicht zu Stande gekommen ist. „Nichtsdestotrotz hoffen wir, dass die langjährige Partnerschaft der beiden Regionen erfolgreich fortgesetzt wird. Sowohl im Interesse von Baden-Württemberg und seinen Unternehmen als auch von KwaZulu-Natal sind vertiefte Beziehungen von enormem Interesse. Wir bleiben auch weiterhin im Gespräch“, erläutert der Ausschussvorsitzende Dr. Erik Schweickert.
„WERTSACHEN“ zu Gast in Konstanz: Diskussionsreihe des Landtags greift das Thema Klimakrise auf
Stuttgart/Konstanz. In Konstanz hat der Landtag von Baden-Württemberg am Mittwoch, 22. März 2023, die von Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) initiierte Gesprächsreihe „WERTSACHEN – Was uns zusammenhält“ fortgesetzt. „Wie geht Leben und Wirtschaften in Anbetracht der Klimakrise?“ Diese Frage stand im Mittelpunkt der Veranstaltung mit Podiumsdiskussion und Publikumsrunde im historischen Konzilgebäude am Seeufer.
Die zweite Staffel der Veranstaltungsreihe WERTSACHEN widmet sich grundlegenden Wertvorstellungen und deren Ausgestaltung in einer Gesellschaft, die sich rasch wandelt. „Dass Klimaschutz notwendig ist, ist gesellschaftlich nahezu unumstritten. Für konkrete Klimaschutzpolitik gilt das nicht“, sagte Landtagspräsidentin Muhterem Aras in ihrem Grußwort vor rund 180 Gästen. Darunter waren Abgeordnete des Landtags und des Bundestags sowie Vertreterinnen und Vertreter der Stadt und des Landkreises Konstanz.
Klimaschutz sei die Voraussetzung dafür, dass die Gesellschaft als Ganzes eine gute Zukunft habe, so Aras. Sie verwies auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts zum Klimaschutzgesetz im April 2021. Das höchste Gericht habe die Schutzpflicht des Staates auch als Verpflichtung definiert, Leben und Gesundheit künftiger Generationen vor den Gefahren des Klimawandels zu schützen. „Unsere Verfassung verpflichtet uns Politikerinnen und Politiker, nachhaltig zu handeln“, betonte Aras. „Wenn wir über Klimaschutz sprechen, dann sprechen wir zugleich über den Schutz der Freiheit unserer Kinder, Enkel und Urenkel.“
Das Thema Erderwärmung und wie man sie auf ein erträgliches Maß begrenzen könne, sei daher prädestiniert für eine breite gesellschaftliche Debatte. Diese wolle der Landtag mit der WERTSACHEN-Reihe befördern, so die Landtagspräsidentin.
In einem Impulsvortrag sprach Dr. Frank Bräutigam, Leiter der ARD-Rechtsredaktion in Karlsruhe, über den Klimabeschluss des Bundesverfassungsgerichts und seine Auswirkungen auf die Politik. Indem das deutsche Klimaschutzgesetz mit dem Ziel der Klimaneutralität bis 2050 für verfassungswidrig erklärt wurde, sei der Forderung Nachdruck verliehen worden, die Politik müsse den CO2-Verbrauch bis 2050 gerecht auf alle Generationen verteilen. „Der neue, epochale Ansatz ist: Durch das Gesetz werde die Freiheit künftiger Generationen verletzt. Deswegen ist es verfassungswidrig. Es geht im Kern also um ‚Gerechtigkeit unter Generationen‘. Das Gericht hat damit dem Prinzip ‚nach uns die Sintflut‘ einen Riegel vorgeschoben“, so Dr. Bräutigam. Zudem werde durch das Urteil Klimaneutralität als Staatsziel verankert und der Artikel 20a des Grundgesetzes zur Schutzpflicht des Staates mit Leben gefüllt.
Die Klimakrise wirft kontrovers diskutierte Fragen auf. Das zeigte die Veranstaltung im Konzil Konstanz. Wie kann die Transformation zu einer nahezu emissionsfreien Wirtschaft und Gesellschaft sozial gerecht gelingen? Warum sind wir nicht schneller in unserem Handeln? Droht der Kampf gegen die Erderwärmung die Gesellschaft zu überfordern? Darüber diskutierten der Hauptgeschäftsführer der IHK Hochrhein-Bodensee, Prof. Dr. Claudius Marx, und Isabelle Lindenfelser von Fridays for Future Konstanz. Moderiert wurde die Podiumsdiskussion, an der sich das Publikum aktiv beteiligte, von der SWR-Redakteurin Nicole Köster.
Claudius Marx zeigte sich in der Diskussion zuversichtlich, dass die Menschen sich auf den Klimawandel einstellen können. Sie könnten ihr Verhalten ändern und lernen, regenerative Energieträger zu nutzen. Die erforderlichen Technologien seien bekannt. Man müsse sie nur nutzen. Isabelle Lindenfelser rief dazu auf, angesichts der Klimakrise generationenübergreifend zu handeln. Jede und jeder können einen Beitrag leisten. Zugleich sei es wichtig, dass Klimaaktivisten durch ihre Protestaktionen Druck erzeugen, damit mehr Menschen umdenken.
An der Veranstaltung, die per Livestream im Internet übertragen wurde, nahmen rund 180 Gäste teil, darunter der Konstanzer Bürgermeister Andreas Osner, der Bundestagsabgeordnete Andreas Jung (CDU) sowie die Landtagsabgeordneten Nese Erikli und Michael Joukov (beide Grüne).
Im Anschluss an die Diskussion folgte ein künstlerischer Beitrag des Improtheaters Konstanz.
Weitere Information zur Reihe „WERTSACHEN“ finden Sie auf der Homepage des Landtags unter:
https://www.landtag-bw.de/home/aktuelles/wertsachen-staffel-2.html(externer Link)
Eine Aufzeichnung der Veranstaltung in Konstanz ist in Kürze auf dem YouTube-Kanal des Landtags zu sehen: https://www.youtube.com/user/BWLandtag(externer Link)
Nachfolgedruck in meisterpflichtigen Handwerksbetrieben bereitet Sorge
Stuttgart. Mit Betriebsübergaben im meisterpflichtigen Handwerk hat sich der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus im nicht öffentlichen Teil seiner Sitzung am Mittwoch, 15. März 2023, beschäftigt. Wie der Ausschussvorsitzende Dr. Erik Schweickert (FDP/DVP) berichtete, zeigten sich Vertreter aller Fraktionen besorgt angesichts von rund 3400 jährlich anstehenden Übergaben von Handwerksbetrieben mit Meisterpflicht bei gleichzeitig nur rund 3100 Meisterprüfungen im Land. Ein weiteres Thema in der Sitzung war der Bahntourismus in Baden-Württemberg.
Auf Antrag der FDP/DVP thematisierte der Ausschuss Betriebsübergaben im meisterpflichtigen Handwerk. Zur Begründung führten die Liberalen an, dass wegen des sich verstärkenden Renteneintritts geburtenstarker Jahrgänge in den kommenden Jahren besonders viele Übergaben anstünden. Schon heute täten sich viele Betriebe schwer damit, einen Nachfolge zu organisieren, sprich: einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin aufzubauen. Nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Dr. Schweickert forderte die FDP/DVP vor diesem Hintergrund die Landesregierung auf, Betriebsübergaben zu erleichtern und auch Ausnahmen von der Meisterpflicht zuzulassen. So insbesondere in Fällen, in denen in kleinen Betrieben der häufig einzige Meister unvorhergesehen dauerhaft aus dem Betrieb ausscheidet.
Wie Dr. Schweickert berichtete, sprachen sich neben der FDP/DVP auch Vertreter der anderen Fraktionen dafür aus, die Meisterausbildung grundsätzlich attraktiver zu machen, um der demografischen Entwicklung zu entsprechen. Dies könne beispielsweise durch Bürokratieabbau und verstärkte gezielte Förderung von künftigen Meisterinnen und Meistern geschehen. Grüne und CDU hätten in diesem Zusammenhang auf bestehende und erfolgreiche Förderkonzepte hingewiesen, so der Ausschussvorsitzende. Die SPD habe das Wirtschaftsministerium diesbezüglich aufgefordert, die Wirksamkeit bestehender Fördermaßnahmen zu belegen. Nach Angaben von Dr. Schweickert erklärte Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut, die rechtlichen Vorgaben erlaubten eine gewisse Flexibilität, um die Meisterpflicht bei Betriebsübergaben zumindest befristet auszusetzen. Damit könnten Gesellen übergangsweise Handwerksbetriebe mit Meisterpflicht führen.
Ein weiteres Thema in der Sitzung war auf Antrag der FDP/DVP der Bahntourismus in Baden-Württemberg. Die Liberalen sprachen sich nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Dr. Schweickert dafür aus, bahnbasierte touristische Angebote zu stärken. So hätten sie vorgeschlagen, die 19 aktiven Museumsbahnen im Land gemeinsam zu vermarkten.
Jugendforum „Krisenfeste Jugendbeteiligung“ beschließt Forderungen an den Landtag
Stuttgart. Das Jugendforum „Krisenfeste Jugendbeteiligung“ hat nach rund zwei Monaten am Samstag, 18. März 2023, seine Arbeit beendet. Bei der Abschlussveranstaltung im Landtag beschlossen die Jugendlichen aus ganz Baden-Württemberg ihre Empfehlungen an das Parlament, um die Gesellschaft krisenfester zu machen. Die Forderungen der Jugendlichen werden demnächst gemeinsam mit den Empfehlungen aus der Kinderbeteiligung an das Parlament übergeben. Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) begrüßte die jungen Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu Beginn des Treffens. „Respekt, dass ihr mitmacht, mitmischt und mithelft, unsere Gesellschaft krisenfester zu machen! Dafür gilt euch mein aufrichtiger Dank“, sagte Aras.
Eine Demokratie mache nicht nur aus, dass die Mehrheit entscheide: „Eine Demokratie macht auch aus, dass die Minderheiten die gleichen Rechte genießen. Gegen Benachteiligung hilft Beteiligung“, so die Landtagspräsidentin. Es sei längst bewiesen, dass eine Vielfalt der Debatte, der Sichtweisen und der Stimmen zu besseren Lösungen führt. Dazu gehöre auch die ganz persönliche Sicht der Jugendlichen auf das Leben und die Herausforderungen der heutigen Zeit. Es gehöre Mut dazu, selbst politische Veränderung herbeizuführen und mitzugestalten. „Ihr habt die Power dazu und einige Möglichkeiten, etwas zu bewegen, im Kleinen wie im Großen“, sagte Aras den Jugendlichen und verwies unter anderem auf das Wahlrecht ab 16 Jahren, die Arbeit in Jugendgemeinderäten sowie die zahlreichen Jugend-Beteiligungsformate des Landtags.
Der Landtag von Baden-Württemberg hatte am 9. März 2022 beschlossen, dass sich im Rahmen einer Bürgerbeteiligung Erwachsene, Jugendliche und Kinder sich mit der Frage beschäftigen sollen, wie krisenfest die baden-württembergische Gesellschaft aufgestellt ist und welche Maßnahmen nötig sind, um die Resilienz (Widerstandsfähigkeit und Anpassungsfähigkeit) von Staat und Gesellschaft für mögliche künftige Krisen und Gefahrenlagen zu stärken. Das Erwachsenenforum hatte seine Arbeit im Oktober 2022 begonnen und im Januar 2023 beendet. Mit dem Jugendforum und der Kinderbeteiligung wollte das Parlament gezielt junge Menschen fragen, wie sie Krisen wie die Pandemie oder den Krieg gegen die Ukraine erleben und was die Politik in Krisensituationen speziell für Kinder und Jugendliche tun kann.
Zunächst nahm das Jugendforum mit einer Auftaktveranstaltung Anfang Januar in Böblingen seine Arbeit auf. In den darauffolgenden Wochen tauschten sich die 70 Jugendlichen regelmäßig aus. Vor allem die Anzahl der Krisen beschäftige die jungen Menschen stark. Angst machen ihnen gegenwärtig vor allem Kriege, eine aus ihrer Sicht fehlende konsequente Klimapolitik und die Inflation. Die Jugendlichen sind der Ansicht, dass sie nicht einfach in die Fußstapfen ihrer Eltern treten können, um deren Lebensstandard zu erreichen, sondern einen neuen Weg einschlagen müssen, der durch viele Unsicherheiten geprägt ist. Dies bestärkt sie in ihrer Forderung, an politischen Entscheidungen beteiligt zu werden und Verantwortung im Krisenmanagement zu übernehmen. So wollen sie sich beispielsweise beim Sanitätsdienst an Schulen für Notfälle einbringen und in den Katastrophenschutz einbezogen werden.
Zudem fordern die jungen Menschen den Ausbau der Digitalisierung an Schulen und Universitäten. Darüber hinaus sollen Lehrende wie Lernende gut auf Online-Unterricht vorbereitet werden. Allgemein drängen sie auf eine bessere psychologische Versorgung von Menschen in Krisensituationen. Das Jugendforum hat eine Vielzahl an Empfehlungen zu den Themen Gesundheit und Infrastruktur, Katastrophenschutz, Wirtschaft und Gesellschaftlicher Zusammenhalt erarbeitet.
Im Februar und März fand außerdem eine Kinderbeteiligung in Schwäbisch Gmünd und Neubulach statt, an der rund 60 Kinder teilnahmen. Die Schülerinnen und Schüler berichteten zum Beispiel von ihren Erfahrungen mit Krisen in der Familie oder welche Auswirkungen der Krieg mitten in Europa auf sie hat. Auch geflüchtete Kinder aus der Ukraine beteiligten sich. Die in dem Beteiligungsformat engagierten Kinder wünschen sich zum Beispiel spezielle Kinder-Politiker/innen, die sich gezielt um die Wünsche und Sorgen von Kindern kümmern. Zudem fanden mehrere dezentrale Beteiligungsformate statt. Zum Beispiel ein Comic-Wettbewerb und ein Aufruf, Begriffe für einen Poetry Slam zum Thema Krise einzureichen. Am Samstag wurden die eingesandten Comics ausgestellt und die Poetry Slamerin Pauline Füg hat einen selbst geschriebenen Text aus den eingeschickten Begriffen geslamt. Die Empfehlungen aus dem Jugendforum werden am 26. Mai gemeinsam mit den Empfehlungen aus der Kinderbeteiligung, dem Bürgerforum sowie den Beiträgen aus den dezentralen Wettbewerben für Teenager der Enquetekommission „Krisenfeste Gesellschaft“ präsentiert und übergeben.
Die Kinder- und Jugendbeteiligung wurde gemeinsam vom Landtag und dem Dachverband der Jugendgemeinderäte Baden-Württemberg e.V. durchgeführt. Beteiligt haben sich an der Vorbereitung und der Umsetzung durch die Übernahme von Moderationen und fachlichen Inputs das Sprecher/innenteam der Badischen Sportjugend, der Landesschülerbeirat (LSBR), das Sprecherteam der Jugendfeuerwehr Baden-Württemberg und die Jungen Europäer Baden-Württemberg (JEF).
Chancen und Risiken von ChatGPT an Schulen und Hochschulen thematisiert
Stuttgart. Der Ausschuss für Kultus, Jugend und Sport hat in seiner Sitzung am Donnerstag, 16. März 2023, auf Antrag der FDP/DVP-Fraktion über den richtigen Umgang mit Künstlichen Intelligenz (KI)-Anwendungen wie ChatGPT an Schulen und Hochschulen beraten. Das hat die Vorsitzende Petra Häffner (Grüne) mitgeteilt.
In ihrem Fragenkatalog an das Kultusministerium erkundigten sich die Antragsteller, wie die Landesregierung die Anwendungspotenziale und Gefahren von ChatGPT im schulischen Bereich beurteilt und ob die Ausbreitung von Text-KIs Konsequenzen bei der Anpassung von Lehr- und Prüfungsformaten nach sich ziehe. Auch der potenzielle Missbrauch von Künstlichen Intelligenzen wie ChatGPT, indem Schülerinnen und Schüler sowie möglicherweise auch Lehrkräfte Aufgaben und Lösungen unreflektiert übernehmen, sei Häffner zufolge angesprochen worden.
KI-Anwendungen wie ChatGPT könnten an allgemein bildenden und beruflichen Schulen als Lerngegenstand für den Bereich Künstliche Intelligenz dienen, etwa in den Fächern Ethik, Philosophie oder Informatik und Informationstechnik, gab Häffner die Ausführungen des Ministeriums wieder. Bei der Unterrichtsvorbereitung sehe es das Kultusministerium hingegen nicht als zielführend an, eine KI-Anwendung über die Ideenfindung oder das adaptive Bereitstellen von Übungsaufgaben hinaus zu verwenden. In der pädagogischen Arbeit seien neben dem Lerngegenstand viele weitere komplexe Faktoren zu berücksichtigen. An Hochschulen könnten KI-Anwendungen die Lehre, Prüfungen und auch den Prozess der Recherche und des akademischen Schreibens verändern. Der Einsatz von KI-Tools bedeute aber, dass in Lehrveranstaltungen der Fokus noch stärker auf kritisches Denken und das Reflektieren von Texten gelegt werden müsse.
Bezüglich KI-fokussierter Fortbildungen für Lehrkräfte habe das Kultusministerium darauf verwiesen, dass 2021 das Landesfachteam Künstliche Intelligenz gegründet worden sei, um die Weiterbildungsmöglichkeiten in diesem Bereich auszubauen. Zudem böten das Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung (ZSL), das Institut für Bildungsanalysen Baden-Württemberg (IBBW) sowie das Landesmedienzentrum (LMZ) Fortbildungsveranstaltungen an. Lehrkräfte würden über eine eigene Informationsseite des Kultusministeriums sowie über Messenger Threema auf mögliche Informations- und Fortbildungsangebote hingewiesen, berichtete Häffner.
Die Nutzung von ChatGPT durch Schülerinnen und Schüler solle und könne nicht generell unterbunden oder verboten werden, sowie auch ein generelles Verbot von KI-Tools an Hochschulen vom Wissenschaftsministerium als nicht zielführend erachtet werde. „KI-Anwendungen werden auch zukünftig unseren Alltag begleiten und es ist die Aufgabe von Schule, Schülerinnen und Schüler über diese Technologie aufzuklären“, fasste Häffner die Ausführungen vonseiten des Kultusministeriums abschließend zusammen. Der Ausschuss habe sich mit der Beantwortung des Antrags fraktionsübergreifend zufrieden gezeigt.
Grenzüberschreitende Nutzung des 49-Euro-Tickets an Hochrhein und Oberrhein im Fokus
Stuttgart. Mit der Einbindung des 49-Euro-Tickets in den grenznahen und grenzüberschreitenden Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) hat sich der Verkehrsausschuss in seiner Sitzung am Donnerstag, 16. März 2023, befasst. Das berichtete der Ausschussvorsitzende Rüdiger Klos (AfD). Ein weiteres Thema sei die Integration von Fähr- und Schiffsverbindungen in den ÖPNV gewesen.
Mit dem 49-Euro-Ticket (Deutschlandticket) und seinen Nutzungsmöglichkeiten in grenznahen Regionen des Landes sowie in grenznahen Regionen der Anrainer Schweiz und Frankreich befasste sich der Verkehrsausschuss aufgrund von getrennt voneinander eingebrachten Anträgen von Grünen und CDU. Beide Fraktionen hatten umfangreiche Fragenkataloge an das Verkehrsministerium gerichtet mit dem Ziel, Sorge dafür zu tragen, dass die zahlreichen Grenzgängerinnen und Grenzgänger an Hochrhein und Oberrhein im badischen Landesteil ihre Arbeitsstelle, Hochschule und weitere Reiseziele am anderen Rheinufer unproblematisch mit dem neuen Ticket erreichen können.
Aus der Antwort des Ministeriums geht hervor, dass eine Geltung des Tickets im Ausland möglich sei, sofern das ausländische Gebiet bereits von einem deutschen Verbundtarif abgedeckt sei und das betroffene Nachbarland einer Geltung zustimme. Im Einzelfall müsse geprüft werden, ob eine Erweiterung des Geltungsbereichs eine passgenaue Lösung darstelle oder ob nicht regionale Lösungen für großräumigere grenzüberschreitende Tarifangebote besser seien, so das Ministerium. Dies gelte besonders dann, wenn die Verkehrsbeziehungen weiter in das Nachbarland hineinreichten als nur zum ersten Haltepunkt hinter der Grenze.
Nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Klos erklärte Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) in der Sitzung, es sei schon jetzt klar, dass die Station Basel Badischer Bahnhof, da im Eigentum der Bundesrepublik Deutschland stehend und somit zum deutschen Schienennetz gehörend, auch ein Tarifpunkt der deutschen Tarife im Bahnverkehr sei. Somit gelte auch das Deutschlandticket bei Fahrten von und nach sowie über Basel Badischer Bahnhof. Im Fall Schaffhausen, das Tarifpunkt der deutschen Bahntarife ist, habe der Ostwind-Verkehrsverbund in Vertretung des Kantons Schaffhausen noch nicht final zugestimmt. Die Gespräche hierzu liefen noch, man sei aber guter Dinge, habe der Minister erklärt, so Klos.
Das Ministerium wies in seiner Antwort darauf hin, dass auf deutscher Seite gelegene Verbünde zum Deutschlandticket ein Upgrade für Fahrten über die Landesgrenze hinaus anbieten könnten. Diese Zusatzangebote müssten jedoch vor Ort in den jeweiligen Verbünden konzipiert und beschlossen werden.
Wie der Minister weiter erklärt habe, sei ebenfalls schon jetzt klar, so Klos, dass das Deutschlandticket auf den Strecken Schaffhausen-Lottstetten und Thayngen-Schaffhausen-Erzingen im Korridorverkehr über Schweizer Staatsgebiet anerkannt werde, sodass Jestetten, Lottstetten und Dettighofen im Landkreis Waldshut sowohl über die Bahnstrecke ab Schaffhausen als auch per Bus ab Erzingen mit dem Deutschlandticket erreichbar seien. Für die Exklave Büsingen gebe es dagegen noch keine finale Lösung, mit dem Ostwind-Verkehrsverbund würden dazu noch Gespräche geführt. Auch hier habe sich der Minister aber optimistisch gezeigt, so Klos. Dagegen habe Hermann vor dem Ausschuss erklärt, dass es für eine Anbindung von Straßburg und Mulhouse keine Lösung gebe.
Vertreter von Regierung und Opposition begrüßten laut Klos den Sachstand. Aus Fehlern beim 9-Euro-Ticket, das den grenznahen ÖPNV nicht berücksichtigt habe, sei offenbar gelernt worden. Somit könnten auch die Bürgerinnen und Bürger an Hochrhein und Oberrhein vom Deutschlandticket profitieren. Positiv sei ebenfalls aufgenommen worden, dass das Ticket per Ausnahmeregelung auch für den IC 87 Stuttgart-Singen-Konstanz gelte.
Ein weiteres Thema im Ausschuss sei auf Antrag der SPD die Integration von Fähr- und Schiffsverbindungen auf dem Bodensee in den ÖPNV gewesen, berichtete der Ausschussvorsitzende Klos. Der Verkehrsminister habe in der Sitzung bekräftigt, dass der ÖPNV sich in Baden-Württemberg laut Gesetz nicht auf Wasserverbindungen erstrecke. Es stünde den kommunalen Betreibern von Fährverbindungen aber frei, diese in ÖPNV-Verbundangebote zu integrieren. Dies sei vor Ort zu entscheiden.
Finanzausschuss stimmt für Abgabe von fast 700 Beatmungsgeräten an die Ukraine
Stuttgart. Das Land Baden-Württemberg spendet 683 nicht mehr benötigte Beatmungsgeräte an die Ukraine. Diesen einstimmigen Beschluss fasste der Finanzausschuss des Landtags in seiner Sitzung am Donnerstag, 16. März 2023. „Die Beatmungsgeräte können nun aus humanitären Gründen unentgeltlich an die Ukraine abgegeben werden, um die gesundheitliche Versorgung in dem Land zu unterstützen“, sagte der Ausschussvorsitzende Martin Rivoir (SPD).
Nach Angaben des Vorsitzenden hat das Land im Jahr 2020 zur Erweiterung der invasiven und nicht-invasiven Beatmungskapazitäten in den Kliniken im Südwesten 1.500 Beatmungsgeräte beschafft. Davon befänden sich noch 683 Geräte mit einem Beschaffungswert von 19,3 Millionen Euro in der Landesreserve, welche von den Kliniken nicht mehr benötigt würden. Es sollen nun 469 Geräte des Typs Beijing Aeonmed / VG 70 sowie bis zu 214 Geräte vom Typ FLO Vigaro Next Generation möglichst zeitnah und vollumfänglich an die Ukraine gespendet werden. Sollte die Ukraine weniger Geräte abnehmen als angekündigt, sollen die übrigen Geräten an andere Länder, die ebenfalls aus humanitären Gründen Unterstützung benötigen, gespendet werden.
Um die Geräte abgeben zu können, müssten diese nach Auskunft des Finanzministeriums allerdings zunächst gewartet und gegebenenfalls Instand gesetzt werden, sagte der Ausschussvorsitzende. Wartungsfällige Geräte könnten aus medizinprodukterechtlicher Sicht nicht abgegeben werden. Während die Beatmungsgeräte des Typs Beijing Aeonmed / VG 70 bereits gewartet seien, sei bei den Geräten vom Typ FLO Vigaro noch die Sicherheitstechnische Kontrolle vorzunehmen. Für Wartung, Instandsetzung, Lagerung, Logistik und anwaltliche Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Vertragsabwicklung fielen Gesamtkosten von bis zu 270.000 Euro an. Um die Mittel dafür aus der Rücklage für Haushaltsrisiken entnehmen zu können, sei ein Beschluss des Finanzausschusses erforderlich gewesen, berichtete der Vorsitzende.
Wie Martin Rivoir weiter ausführte, stelle die Spende nach Einschätzung des Sozialministeriums in der Gesamtabwägung auch die wirtschaftlichste Lösung dar. Sollten die Geräte nicht gespendet werden können, müssten diese weiter eingelagert und regelmäßig gewartet werden, was Folgekosten in Höhe von mehreren hunderttausend Euro verursache.
Scharfe Kritik an Ministerin Hoffmeister-Kraut wegen Einstellung der Leichtbau-Agentur
Stuttgart. Mit der Strategie und Förderungen zum Thema Leichtbau hat sich der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus in seiner öffentlichen Sitzung am Mittwoch, 15. März 2023, befasst. Wie der Ausschussvorsitzende Dr. Erik Schweickert (FDP/DVP) berichtete, kritisierten FDP/DVP und SPD die Entscheidung von Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU), die Landesagentur Leichtbau BW aufzulösen, als überstürzt und konzeptionslos. Die Ministerin habe dies zurückgewiesen, so Dr. Schweickert.
Mit dem Thema Leichtbau befasste sich der Ausschuss auf Antrag der FDP/DVP. Die Liberalen beantragten gemeinsam mit der SPD die Öffentlichkeit der Sitzung mit Livestream im Internet. Vor dem Hintergrund der Ende 2022 erfolgten Einstellung der 2013 gegründeten Landesagentur Leichtbau BW GmbH hatte die FDP/DVP einen umfangreichen Fragenkatalog an das Wirtschaftsministerium gerichtet. Unter anderem wollten die Liberalen wissen, warum die Einstellung von der Landesregierung „mit nur wenigen Wochen Vorlaufzeit“ beschlossen und wie dieser Schritt begründet worden sei. Zudem erkundigten sie sich nach der künftigen Strategie des Landes in Sachen Leichtbauförderung.
Laut der Antwort des Ministeriums hat die derzeit in Auflösung befindliche Landesagentur Leichtbau BW wichtige Missionsziele erfüllt. Dank ihrer guten Netzwerkarbeit seien binnen zehn Jahren verschiedene Ausprägungen des Leichtbaus (systemintegrierter Leichtbau, Carbon Composites etc.), die ursprünglich in verschiedenen Clustern, Vereinen und Branchen aktiv waren, zusammengewachsen. Es finde inzwischen ein branchenübergreifender Austausch statt. Der Leichtbau BW GmbH sei es auch gelungen, das Innovationsthema Leichtbau über die Landesgrenzen hinweg sichtbar zu machen. Letztlich habe auch die zwischenzeitlich angelaufene Förderung des Leichtbaus durch die Bundesregierung eine Rolle gespielt. Es habe gegolten, Doppelstrukturen zu vermeiden.
Das Land selbst werde den Leichtbau ebenfalls weiter fördern, bekräftigte Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Dr. Schweickert in der Sitzung. Ausdrücklich lobte die Ministerin die Pionierarbeit der Landesagentur, die gute Arbeit geleistet habe. Nun wolle man sich aber neuen Themen zuwenden. Dies müsse grundsätzlich möglich sein. Es bleibe aber übergreifende Strategie der Landesregierung, Baden-Württemberg als Forschungs- und Wirtschaftsstandort auf dem Gebiet des Leichtbaus zukunftssicher aufzustellen und die starke Stellung des Landes im Leichtbau im Sinne von Innovation und Wertschöpfung zu nutzen. Dafür würden auch künftig Mittel fließen, 2023 und 2024 je 220.000 Euro.
Während Vertreter von Grünen und CDU die Ministerin unterstützten und zugleich die Leistungen der Landesagentur würdigten, äußerten FDP/DVP und SPD nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Dr. Schweickert scharfe Kritik an der Entscheidung der Wirtschaftsministerin. Sie habe erst gehandelt und dann nachgedacht, habe die FDP/DVP erklärt, so Dr. Schweickert. Eine neue Konzeption in Sachen Leichtbau habe es zum Zeitpunkt der Einstellungsentscheidung erkennbar nicht gegeben. Die SPD habe erklärt, die Landesregierung habe ohne Not über viele Jahre aufgebaute Leichtbaukompetenz weggeschenkt. Dies sei unnötigerweise in einer Nacht-und-Nebel-Aktion geschehen, die die Mitarbeiter kalt erwischt habe. Das Lob der Pionierarbeit müsse insofern wie geheuchelt wirken. Zugleich sei eine neue Förderkonzeption für den Leichtbau weiterhin nicht zu erkennen.
Innenausschuss diskutiert Gesetzentwurf zur Änderung kommunalrechtlicher und anderer Vorschriften
Stuttgart. Über einen Gesetzentwurf der Landesregierung zur Änderung des Kommunalwahlrechts hat der Ausschuss des Inneren, für Digitalisierung und Kommunen in seiner Sitzung am Mittwoch, 15. März 2023, beraten. Das hat der Vorsitzende des Gremiums, der CDU-Abgeordnete Ulli Hockenberger, mitgeteilt. „Nach intensiver Diskussion hat der Ausschuss beschlossen, dem Plenum zu empfehlen, dem Gesetzentwurf zuzustimmen“, so der Ausschussvorsitzende. In der Sitzung wurde auch über zwei Anträge der SPD-Fraktion diskutiert, die der Ausschuss jedoch abgelehnt habe.
Nach einer öffentlichen Anhörung zum Gesetzentwurf der Landesregierung diskutierten die Ausschussmitglieder weiter über die Änderung kommunalwahlrechtlicher und anderer Vorschriften. Insbesondere sollen Jugendliche bereits ab 16 Jahren auch das passive Wahlrecht für kommunale Gremienwahlen erhalten. Das Gesetzesvorhaben zielt darauf ab, junge Menschen in die Kommunalpolitik einzubinden und die Repräsentanz Gleichaltriger in den kommunalen Gremien zu ermöglichen. Darüber hinaus sollen wohnungslose Menschen auch bei kommunalen Wahlen aktiv und passiv wahlberechtigt werden, wenn sie seit mindestens drei Monaten ihren gewöhnlichen Aufenthalt im jeweiligen Wahlgebiet haben. Außerdem sollen die geltenden Altersgrenzen für die Kandidatinnen und Kandidaten bei Bürgermeisterwahlen entfallen. Der Gesetzentwurf sieht damit vor, das Mindestalter für die Wählbarkeit zum Bürgermeister oder zur Bürgermeisterin von 25 auf 18 Jahre abzusenken und die Höchstgrenze für die Wählbarkeit sowie die Ruhestandsaltersgrenze entfallen zu lassen. Nach dem Gesetzesvorhaben der Landesregierung soll zudem bei einem möglichen zweiten Wahlgang einer Bürgermeisterwahl eine Stichwahl statt wie bisher eine Neuwahl stattfinden.
Wie der Ausschusssitzende berichtete, habe sich die SPD-Fraktion in einem Änderungsantrag gegen die Einführung einer solchen Stichwahl ausgesprochen. Die Regierungsfraktionen hätten dagegen betont, dass die Stichwahl eine bessere Möglichkeit zur Umsetzung des Wählerwillens sei. Die SPD-Fraktion habe in ihrem Antrag auch auf die Notwendigkeit einer Abwahlmöglichkeit für Bürgermeister und Bürgermeisterinnen verwiesen, um eine Machtbegrenzung sicherstellen zu können.
Weiter diskutierten die Ausschussabgeordneten Hockenberger zufolge einen Entschließungsantrag der SPD. Mit dem Antrag solle erreicht werden, dass Adressen von kommunalen Mandatsträgern und Mandatsträgerinnen nicht auf dem Stimmzettel öffentlich bekannt gemacht werden, um sie vor Über- und Angriffen an ihrer Wohnanschrift zu schützen. Wie der Ausschussvorsitzende mitteilte, betonten die Regierungsfraktionen die Bedeutsamkeit, Mandatsträger und Mandatsträgerinnen gegen Hass und Hetze zu schützen. Zugleich hätten sie darauf verwiesen, die Reihenfolge zur Umsetzung entsprechender Schutzmaßnahmen einzuhalten. So sei bereits im Koalitionsvertrag ein Prüfantrag diesbezüglich festgelegt, berichtete Hockenberger.
Der nicht öffentlichen Sitzung war eine öffentliche Anhörung zu dem Gesetzentwurf vorausgegangen. Der Ausschuss des Inneren, für Digitalisierung und Kommunen hatte Sachverständige und kommunale Vertreter zu einer Stellungnahme eingeladen. So äußerten sich Steffen Jäger (Präsident des baden-württembergischen Gemeindetags), Prof. Dr. Arne Pautsch (Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen Ludwigsburg), Dr. Edgar Wunder (Vorsitzender des baden-württembergischen Landesverbands von Mehr Demokratie e. V.) sowie Prof. Dr. Peter Kothe (Präsident des AnwaltsVerbands Baden-Württemberg) zu dem geplanten Gesetzesvorhaben.
Baden-Württemberg ist Innovationsstandort
Stuttgart. Wie hat sich der Versuchstierverbrauch in der Forschung entwickelt? Welche Maßnahmen wurden ergriffen, um die Zahl der Tiere in Tierversuchen und deren Belastung zu reduzieren? Wie wurde das 3R-Prinzip umgesetzt? Und welche Rolle spielt dabei das 3R-Netzwerk Baden-Württemberg? Unter anderem mit diesen Fragen aus einem Antrag der FDP/DVP „Maßnahmen des Landes zur Reduktion des Versuchstierverbrauchs“ hat sich der Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kunst in seiner Sitzung am Mittwoch, 15. März 2023, befasst. Das hat die Vorsitzende, Nese Erikli (Grüne) mitgeteilt. „Baden-Württemberg ist Innovationsstandort, nicht zuletzt durch seine führende Rolle im 3R-Netzwerk“, betonte Erikli.
Das 3R-Prinzip - Replacement, Reduction, Refine, also Vermeidung, Verringerung und Verbesserung von Tierversuchen, könne mit einer starken Forschung und einer stabilen Vernetzung mit Leben gefüllt werden. „Wir haben in Baden-Württemberg beides“, so die Ausschussvorsitzende. Der Ausschuss habe übereinstimmend festgestellt, dass es sinnvoll sei, so wenig Tiere wie möglich zu verbrauchen. „Wir waren uns aber auch dahingehend einig, dass Tierversuche in der Wissenschaft nötig sind. In Baden-Württemberg gibt es hohe Hürden, aber es ist noch möglich, Tierversuche durchzuführen“, so Erikli.
Mit dem Ziel der nachhaltigen und sichtbaren Verankerung des 3R-Prinzips in der baden-württembergischen Forschungslandschaft unterstütze das Ministerium seit 2020/2021 im Rahmen der Förderaktivität 3R-Netzwerk Baden-Württemberg den Auf- und Ausbau von fünf 3R-Zentren in Heidelberg, Konstanz, Stuttgart und Tübingen. Insgesamt würden bis 2025 3,8 Millionen Euro zur Verfügung gestellt, die beteiligten Hochschulen steuerten weitere drei Millionen Euro bei. Wie Nese Erikli berichtete gebe es das 3R-Zentrum Rhein-Neckar (Universität Heidelberg, ZI Mannheim), das interdisziplinäre Zentrum zur Erforschung der Darmgesundheit an der Universität Heidelberg, das „Center for Alternatives to Animal Testing in Europe“ an der Universität Konstanz, das 3R-US Netzwerk Ex-vivo Tumorgewebe-Plattform als Ersatz für Tierversuche an der Universität Stuttgart und im Robert-Bosch-Krankenhaus sowie das 3R-Center für In-vitro-Modelle und Tierversuchsalternativen an der Universität Tübingen und am NMI Reutlingen. Ergänzt würden die Zentren durch weitere Einzelprojekte, über die auch die Standorte Freiburg, Ulm und Reutlingen am Netzwerk beteiligt seien. Im Sommer 2023 werde das 3R-Netzwerk zwischenevaluiert. „Zentren, die sich erfolgreich etabliert haben, sollen verstetigt werden“, erläuterte Nese Erikli. Vom Ausschuss werde die im Sommer angekündigte Evaluierung mit Spannung erwartet.
Die Gesamtzahl der wissenschaftlich verwendeten Versuchstiere im Jahr 2020 habe sich bundesweit auf 2.533.664 belaufen, in Baden-Württemberg seien es 397.757 gewesen. Die Zahlen seien 2021 leicht zurückgegangen, bundesweit auf 2.503.682, in Baden-Württemberg auf 393.760. Die biomedizinische Forschung etwa sei kontinuierlich darum bemüht, Tierversuche möglichst zu vermeiden, zu verringern oder zu verbessern, gab Erikli die Ausführungen des Ministeriums wieder.
Landwirtschaftsausschuss befasst sich mit EU-Richtlinie zum nachhaltigen Einsatz von Pflanzenschutzmitteln
Stuttgart. Der Ausschuss für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz hat in seiner Sitzung am Mittwoch, 15. März 2023, über den Entwurf der EU-Kommission für eine Richtlinie zum nachhaltigen Einsatz von Pflanzenschutzmitteln, der Sustainable Use Regulation (SUR), diskutiert. Wie der Ausschussvorsitzende Martin Hahn (Grüne) mitteilte, bestärkten die Fraktionen GRÜNE und CDU in einem gemeinsamen Antrag die Landesregierung, sich gegenüber der EU-Kommission weiterhin dafür einzusetzen, den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln im Rahmen der SUR zu reduzieren. „Der Ausschuss lehnt eine Reduktion über Flächenkategorien jedoch ab“, so Hahn. Der Antrag sei mehrheitlich angenommen worden.
Die Ausschussmitglieder hätten sich nach der Öffentlichen Anhörung am 8. Februar 2023 erneut mit der Frage beschäftigt, wie ein nachhaltiger Einsatz von Pflanzenschutzmitteln EU-weit einheitlich geregelt werden könne, ohne die Lebensmittelproduktion in Baden-Württemberg zu gefährden. Das baden-württembergische Biodiversitätsstärkungsgesetz mit dem Ansatz des kooperativen Naturschutzes solle auf Anraten der Regierungsfraktionen hierbei als Vorlage dienen, um eine Überarbeitung der EU-Richtlinie zu prüfen, berichtete Hahn. Die Regierungsfraktionen hätten im Ausschuss betont, dass die geplante EU-Richtlinie und das Biodiversitätsstärkungsgesetz im Kern dieselben Ziele einer sicheren, nachhaltigen, regionalen, gerechten, klimaverträglichen und erschwinglichen Erzeugung von Lebensmitteln verfolgten. Dies über weitreichende Verbote von Pestiziden in verschiedenen Schutzgebieten regeln zu wollen, würde allerdings erhebliche Auswirkungen auf den Selbstversorgungsgrad im Land und die Wettbewerbsfähigkeit der baden-württembergischen Landwirtschaft haben. Deshalb sei die SUR von den Antragstellern im Grundsatz begrüßt worden, es müssten jedoch gesetzlich festgelegte Ausnahmen gewährt und alternative Wege der Mitgliedsstaaten berücksichtigt werden. Gegenüber Bund und EU solle weiter für das Biodiversitätsstärkungsgesetz geworben werden.
Die FDV/DVP-Fraktion forderte, so Hahn, den Entwurf der EU-Kommission abzulehnen, da dieser mit seinen weitreichenden Verboten über das Ziel hinausschieße. Die SPD-Fraktion habe sich Hahn zufolge dieser Forderung angeschlossen. Die Sustainable Use Regulation führe in ihrer Umsetzung zu erheblichen Erzeugungslücken und Kostensteigerungen, da ein großer Teil der landwirtschaftlich genutzten Fläche zu verschiedenen Schutzgebietskulissen gehöre. Auch ein Erwerbsobstbau und Sonderkulturen wären in Naturschutzgebieten nicht mehr möglich, mehr Nahrungsmittel müssten aus dem Ausland importiert werden. Vonseiten der AfD-Fraktion sei nach den Angaben des Ausschussvorsitzenden betont worden, dass Entscheidungen dieser Art auf Landesebene getroffen werden sollten.
Laut Hahn seien sich die Ausschussmitglieder fraktionsübergreifend darüber einig gewesen, dass insbesondere der Einsatz gefährlicher Pestizide verringert werden müsse, ohne der kleinteiligen landwirtschaftlichen Struktur und der Biodiversität in Schutzgebieten in Baden-Württemberg zu schaden. Von Oppositionsseite wie auch vonseiten der Regierungsfraktionen sei im Ausschuss kritisiert worden, dass die Chance eines gemeinsamen Antrages aller Fraktionen verpasst worden sei.
Enquetekommission beschließt Anhörung weiterer Sachverständiger und weiteres Vorgehen
Stuttgart. Die Enquetekommission „Krisenfeste Gesellschaft“ hat in ihrer Sitzung am Freitag, 10. März 2023, Expertinnen und Experten zum Thema „Zusammenarbeit von Staat und Wirtschaft in der Krisenvorsorge, -früherkennung und -bekämpfung öffentlich angehört. Geladen waren unter anderem Fachleute aus den Bereichen Telekommunikation, Verkehr und Energie. „Die Corona-Pandemie hat uns vor Augen geführt, wie wichtig es ist, dass staatliche Stellen und Unternehmen in der Krise in enger Abstimmung handeln“, sagte der Vorsitzende der Enquetekommission Alexander Salomon (Grüne).
Im nicht öffentlichen Teil der Sitzung legte die Enquetekommission die Themen für die Sitzung am 26. Mai 2023 fest. Demnach wird es zunächst eine politische Aussprache zu Handlungsfeld II der Enquetekommission geben. Anschließend ist eine Anhörung zu Handlungsfeld III „Repräsentation und Teilhabe“ vorgesehen. Dabei sollen die Ergebnisse der begleitenden Beteiligungsformate Bürgerforum und Jugendbeteiligung thematisiert werden. Darauf folgt eine Anhörung von fünf Sachverständigen, die von den Fraktionen benannt werden.
Die nächste Sitzung der Enquetekommission findet am 31. März 2023 statt.
Ständiger Ausschuss begrüßt Verzicht auf Vorlage einer Ehezustimmung für iranische Frauen im Südwesten
Stuttgart. Der Ständige Ausschuss des Landtags hat sich in seiner Sitzung am Donnerstag, 2. März 2023, auf Antrag der Fraktion FDP/DVP mit der „Ehefähigkeit“ iranischer Frauen befasst. Nach dem deutsch-persischen Niederlassungsabkommen von 1929 müssen iranische Frauen auch in Deutschland im Fall einer beabsichtigten Heirat die Zustimmung eines Ehevormunds vorlegen. In Baden-Württemberg wird eine solche Einwilligungserklärung bei einer nach deutschem Recht geschlossenen Ehe jedoch nicht verlangt. Schon gegenwärtig wird der Eheschließungsfreiheit Vorrang eingeräumt, auch wenn die Ehe nach dem Heimatrecht der Verlobten wegen fehlender Zustimmung des Heiratsvormunds unwirksam sein dürfte. Die Abgeordneten begrüßten in der Sitzung fraktionsübergreifend die Praxis im Südwesten, sagte der Ausschussvorsitzende Guido Wolf (CDU).
Nach Angaben Wolfs geht die Regelung zur Vorlage einer Ehezustimmung auf das Niederlassungsabkommen zwischen dem Deutschen Reich und dem Kaiserreich Persien (Iran) vom 17. Februar 1929 (deutsch-persisches Niederlassungsabkommen) zurück. Demnach bleiben die Angehörigen jedes der vertragsschließenden Staaten im Gebiet des anderen Staates in Bezug auf das Personen-, Familien- und Erbrecht den Vorschriften ihrer heimischen Gesetze unterworfen. Davon betroffen seien auch Eheschließungen. Iranische Frauen müssen nach iranischem Recht vor der Heirat eine Eheerlaubnis ihres Vaters oder ihres väterlichen Großvaters vorlegen.
Mit der Übernahme der Regelung im deutsch-persischen Abkommen sollen sogenannte „hinkende“, also im Inland wirksame, im Ausland aber unwirksame Ehen, vermieden werden. Aus einer solchen Unwirksamkeit, von der die Betroffenen unter Umständen erst nach Jahren erfahren, könnten für diese und deren Nachkommen erhebliche Nachteile - etwa bei Erbfällen mit Bezug zum Land der Staatsangehörigkeit - entstehen.
Dem gegenüber stehe allerdings Artikel 6 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB), wonach die Rechtsnorm eines anderen Staates jedoch nicht anzuwenden sei, wenn ihre Anwendung zu einem Ergebnis führe, das mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar sei. Eine solche Rechtsnorm sei dabei insbesondere nicht anzuwenden, wenn die Anwendung mit den Grundrechten unvereinbar sei.
Nach Angaben des Vorsitzenden berichtete Justizministerin Marion Gentges (CDU) in der Sitzung, dass die Regelung aus dem Abkommen, wonach iranische Frauen eine Ehezustimmung vorlegen müssen, in Baden-Württemberg keine Anwendung findet. Sollten die Eheleute kein solches Ehefähigkeitszeugnis vorlegen können, werden diese von der Vorlagepflicht befreit. Die künftigen Ehepartner würden von den Standesämtern lediglich darauf hingewiesen, dass eine sogenannte „hinkende“ Ehe entstehen könnte, also diese in Deutschland zwar gültig sei, in ihrem Heimatland jedoch wahrscheinlich nicht. Gentges habe im Ausschuss versichert, dass die Eheschließung durch das Fehlen der Bescheinigung nicht erschwert werde.
Die Abgeordneten bedankten sich bei den Antragstellern für den Antrag und bei der Landesregierung für die ausführliche Beantwortung. Die detaillierten Erläuterungen zu den teilweise sehr komplexen Verästelungen durch das deutsch-persische Abkommen seien von den Abgeordneten als sehr aufschlussreich empfunden worden, sagte Guido Wolf.
Nach Angaben des Statistischen Landesamts gab es im Jahr 2021 in Baden-Württemberg 18 Eheschließungen, bei denen beide Ehepartner eine iranische Staatsangehörigkeit hatten. Zudem gab es 101 Eheschließungen (52 Frauen, 49 Männer), bei denen nur ein Ehepartner die iranische Staatsbürgerschaft hat.
Durch Tiefen-Geothermie verursachte Schäden im Umweltausschuss thematisiert
Stuttgart. Der Ausschuss für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft hat sich in seiner Sitzung am Donnerstag, 2. März 2023, auf Antrag der FDP/DVP-Fraktion mit Ausgleichszahlungen bei durch tiefe Geothermie verursachten Schäden im deutsch-französischen Grenzgebiet befasst. Das hat der Vorsitzende Daniel Karrais (FDP/DVP) mitgeteilt. „Generell gibt es um die Geothermie eine Akzeptanzdiskussion, das Thema hat uns auch im Ausschuss schon mehrfach beschäftigt“, so der Ausschussvorsitzende.
„Die durch ein Geothermieprojekt ausgelösten Erdstöße im französischen Vendenheim führten sowohl im Elsass als auch im Ortenaukreis zu zahlreichen Gebäudeschäden und in der Folge zu Unzufriedenheiten bei der Schadensregulierung“, berichtete Karrais. Die FDP/DVP-Fraktion richtete diesbezüglich einen Fragenkatalog an das Ministerium, in dem sie anführte, dass Sicherheiten wie eine Bürgschaft des Landes in Fällen wie in Vendenheim die Akzeptanz von Geothermieprojekten in der Bevölkerung steigern könne. Aus der schriftlichen Antwort des Umweltministeriums ging hervor, dass der Landeserdbebendienst zwischen dem 6. Mai 2019 und dem 5. November 2022 insgesamt 108 Erdbebenereignisse in der Nähe der Geothermieanlage Vendenheim lokalisiert hatte, die mit dem Projekt in Zusammenhang gebracht werden konnten. Bei einem Gespräch mit der Regierungspräsidentin Bärbel Schäfer sei von französischer Seite erwähnt worden, dass im Projekt gegen Auflagen verstoßen worden sei. „Das Vorgehen in Vendenheim war insgesamt sehr unglücklich, auch wie mit den geschädigten Bürgerinnen und Bürgern umgegangen wurde, kann für uns kein Vorbild sein“, betonte Umweltministerin Thekla Walker Karrais zufolge vor den Ausschussmitgliedern.
Die Frage nach Entschädigungzahlungen im Fall von künftigen Schäden sei nach Angaben von Karrais zufolge inzwischen geklärt: Die Deckungssumme der Versicherung betrage hier 40 Millionen Euro pro Versicherungsjahr, darüberhinausgehende Schäden würden vom Unternehmen und bei Ausfall des Unternehmens von der Bergschadenskasse gedeckt. Über die Versicherungssumme hinausgehende Landesbürgschaften seien für solche Projekte jedoch nicht vorgesehen. „Wir sollten zunächst versuchen, für die Absicherung von Tiefen-Geothermievorhaben eine privatwirtschaftliche Lösung zu finden“, gab Karrais die Ausführungen von Umweltministerin Thekla Walker wieder. Von Oppositionsseite sei im Ausschuss nochmals nachgehakt worden, ob die Einrichtung einer Ombudsstelle, an die sich von Tiefen-Geothermieschäden betroffene Bürgerinnen und Bürger richten könnten, bereits in Planung sei. Ombudspersonen würden in einigen Fällen bereits eingesetzt, das Ministerium setze sich überdies in der Branche dafür ein, dass dies zum Standard werde, so Karrais.
Bei den Tiefen-Geothermievorhaben in Baden-Württemberg seien laut dem Ministerium Schäden wie beim Projekt in Vendenheim nicht zu erwarten, berichtete der Ausschussvorsitzende weiter. Unter anderem läge das zur Nutzung vorgesehene Reservoire in deutlich geringerer Tiefe als bei dem französischen Vorhaben, wodurch ein großer Abstand zum seismisch empfindlichen Grundgebirge erhalten bleibe. Außerdem sei laut Ministerin Walker in Baden-Württemberg eine 3D-Seismik vorgeschrieben. In Vendenheim habe man diese nicht verwendet.
Sozialausschuss diskutiert Gesetzentwurf zu Frauen- und Kinderschutzhäusern
Stuttgart. Über einen Gesetzentwurf der SPD-Fraktion zur Förderung der Frauen- und Kinderschutzhäuserinfrastruktur hat der Ausschuss für Soziales, Gesundheit und Integration am Mittwoch, 1. März 2023, beraten. Das hat der Vorsitzende Florian Wahl (SPD) mitgeteilt. Der Ausschuss habe nach intensiver Diskussion beschlossen, dem Plenum zu empfehlen, den Gesetzentwurf abzulehnen. Mit Blick auf den Internationalen Frauentag am 8. März lag der Schwerpunkt der Sitzung insgesamt auf Themen, die Frauen und weiblich gelesene Personen betreffen. Neben dem sogenannten Frauenhausgesetz befasste sich das Gremium mit Frauengesundheit und Gendermedizin, Prostitution und der Versorgungslage von suchterkrankten Frauen.
„Ich freue mich insbesondere, dass heute 67 Vertreterinnen von Frauenhäusern und kommunale Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte den öffentlichen Teil des Sozialausschusses verfolgen“, betonte der Ausschussvorsitzende zu Beginn der Sitzung. „Dass sich der nicht öffentliche Teil ebenfalls ausschließlich frauenpolitischen Themen widmet, ist eine Woche vor dem Weltfrauentag fraktionsübergreifend ein klares Bekenntnis.“ Nach einer Öffentlichen Anhörung zum Gesetzentwurf der SPD-Fraktion berieten die Ausschussmitglieder anschließend weiter über die Frauen- und Kinderschutzhäuserinfrastruktur im Land. Der Gesetzentwurf zielt darauf ab, das Platzangebot in Frauen- und Kinderschutzhäusern zu verbessern und die Anforderungen der Istanbul-Konvention umzusetzen. Nach Erhebungen verschiedener Verbände fehlen in Baden-Württemberg dafür aktuell rund 650 Frauen- und 1100 Kinderschutzplätze. Mit dem vorliegenden Entwurf eines Fördergesetzes soll die Finanzierung der Frauen- und Kinderschutzhäuser für die Träger sichergestellt und die Möglichkeit geschaffen werden, dass Frauen, die einen Platz in Anspruch nehmen, nicht mehr Kosten für diesen auslegen oder selbst tragen müssen. Durch finanzielle Zuschüsse soll zu einer bedarfsgerechteren und flächendeckenderen Infrastruktur auch im ländlichen Raum beigetragen werden. Es werde mit einem jährlichen Kostenaufwand von 25 Millionen Euro gerechnet, berichtete Wahl.
Die Ausschussmitglieder waren sich fraktionsübergreifend über die Bedeutsamkeit des Themas der Frauenhausfinanzierung einig. Vonseiten der Regierungsfraktionen wurde in der Diskussion darauf verwiesen, dass eine bundeseinheitliche Lösung gefunden werden müsse. Der vorliegende Gesetzentwurf gehe das Kernproblem nicht an. Die FDP/DVP-Fraktion plädierte hingegen dafür, nicht auf eine Verwaltungsvorschrift zu warten, sondern als Land voranzugehen. Für die Regierungsseite betonte Staatssekretärin Dr. Ute Leidig, der Gesetzentwurf verlagere das Problem der finanziellen Zuständigkeiten nur und würde zu mehr Bürokratie und Streitigkeiten zwischen Land und Kommunen führen.
Auf Antrag der SPD-Fraktion befasste sich der Ausschuss im nicht öffentlichen Sitzungsteil mit der Lage der Prostituierten in Baden-Württemberg nach der Coronapandemie. Die Antragsteller erkundigten sich Wahl zufolge beim Sozialministerium, ob das Prostituiertenschutzgesetz Wirkung zeige und wie auf die vermehrte Wohnungs-, Straßen- und Hotelprostitution reagiert werde. „Das Milieu hat sich mit der Schließung von Prostitutionsstätten während der Pandemie insgesamt verändert,“ so Florian Wahl. Für die in der Prostitution tätigen Menschen habe sich die Gefahr und Unsicherheit in dem staatlich nicht kontrollierten illegalen privaten Bereich erhöht. Der Einsatz mobiler Teams als Ergänzung kommunaler Hilfs- und Beratungsangebote während der Coronapandemie werde fortgeführt. Ab 2024 sollen die mobilen Teams in die Regelfinanzierung überführt werden, fasste der Ausschussvorsitzende die Ausführungen von Ministeriumsseite zusammen.
Die FDP/DVP-Fraktion erkundigte sich in einem Antrag beim Sozialministerium nach den Themen Frauengesundheit, geschlechtersensibler Medizin und der Erforschung und Behandlung von Endometriose-Erkrankungen in Baden-Württemberg. Nach Angaben von Ministeriumsseite werde aktuell an allen medizinischen Fakultäten in Baden-Württemberg im Bereich der Gendermedizin geforscht, berichtete Wahl.
Zudem beschäftigte sich der Ausschuss auf Antrag den Grünen-Fraktion mit der Versorgungssituation von Frauen mit Suchterkrankungen. Vonseiten der Antragsteller sei nach Angaben von Wahl gefordert worden, in der Bekämpfung von Suchterkrankungen zielgruppengerechte Hilfsangebote stärker auszubauen. Sucht und Gewalterfahrung seien bei Frauen in der Regel eng miteinander verknüpft, die gesellschaftliche Tabuisierung von Drogenkonsum und Sucht verhindere häufig lebensrettende Maßnahmen.
Ausschuss für Wohnen berät über digitale Geodaten, Städtebauförderung und Wohnen in Denkmalgebäuden
Stuttgart. Der Ausschuss für Landesentwicklung und Wohnen hat sich in seiner Sitzung am Mittwoch, 1. März 2023, auf Antrag der CDU-Fraktion mit der Bedeutung von Geoinformationen für die Digitalisierung der Verwaltung, der Städtebauförderung und dem Förderprogramm Wohnen im Kulturdenkmal befasst. „Die Sitzung hat erneut deutlich gemacht, wie vielfältig und wichtig das Thema Landesentwicklung und Wohnen ist“, sagte die Vorsitzende des Gremiums, die CDU-Abgeordnete Christiane Staab.
Zunächst beriet das Gremium über die Nutzung von digitalen Geoinformationen. Im Geoportal Baden-Württemberg als zentraler Zugangsknoten werden alle bei Landesbehörden, Kreisen, Kommunen und darüber hinaus existierende Geodaten erschlossen. Das Datenangebot im Geoportal steigt stetig an und liegt mittlerweile bei mehr als 100.000 Datensätzen von Land und Kommunen. 90 Prozent der Datensätze betreffen kommunale Bebauungs- und Flächennutzungspläne. Zudem fließen kommunale Daten etwa im Bereich Umwelt, Vermessung oder Forst in zentrale Fachinformationssysteme von Landesbehörden ein. Die Geodaten würden zum Beispiel im Fall der Beantragung einer Grenzfeststellung, einer Flurstückszerlegung, einer Bau-, Baumfäll- oder Drohnenaufstiegsgenehmigung, einer wasserrechtlichen Erlaubnis oder eines landwirtschaftlichen Förderantrags herangezogen und erleichterten die Bearbeitung der Verfahren erheblich, berichtete die Vorsitzende.
In der Sitzung hätten die Ausschussmitglieder und Ministerin Nicole Razavi (CDU), betont, dass Geodaten zentral für die Digitalisierung und die Zukunft des Landes seien. Behörden müssten sich genauso wie Unternehmen weiterentwickeln, um in einer immer digitaleren Welt mithalten zu können, so Razavi. Der Ausschuss habe sich erfreut gezeigt, dass in Baden-Württemberg Geodaten in vielen Bereichen digital erfasst und aufbereitet würden.
Die Regierung habe mitgeteilt, obwohl das Angebot an Geodatensätzen der öffentlichen Verwaltung stetig zunehme, sei eine Vielzahl von Geodaten noch nicht erschlossen. Insbesondere in den Bereichen Vermessung, Umwelt, Forst, Geologie, Statistik, Landes- und Regionalplanung seien die Daten digital verfügbar. Andere Fachbereiche und vor allem auch Kreise, Städte und Gemeinden, die kein spezialisiertes Personal mit geoinformationstechnischen Kompetenzen haben und über keine teure IT-Infrastruktur verfügen, könnten die erfassten Geodaten oft nicht oder nur schleppend einbringen. Teilweise bestünden auch Unsicherheiten bei der Einschätzung von Datenschutz und Sicherheitsrelevanz. Bei öffentlichen Unternehmen mit Infrastrukturaufgaben würden Datensätze häufig aufgrund entgegenstehender Geschäftsinteressen zurückgehalten.
Weiteres Thema in der Ausschusssitzung war die Städtebauförderung. Die Antragsteller hätten die seit 1971 bestehende Städtebauförderung als „eine Erfolgsgeschichte in Baden-Württemberg“ beschrieben. Sie helfe, Innenstädte und Ortskerne lebendig zu halten und verwirkliche die Gleichheit der Lebensbedingungen im Land. Auch die Landesregierung habe erklärt, dass sie der Städtebauförderung einen sehr hohen Stellenwert beimesse. So lege die Städtebauförderung seit mehr als 50 Jahren die Grundlagen für eine zukunftsfähige und nachhaltige Weiterentwicklung der Städte und Gemeinden, ihrer Infrastruktur und der Wirtschaft, fasste Staab die Ausführungen zusammen.
Von den 1.101 Kommunen im Land seien bisher 888 Städte und Gemeinden mit mindestens einer Sanierungsmaßnahme durch das Städtebauförderungsprogramm des Landes gefördert worden. Allein seit 2016 seien 33 Kommunen hinzugekommen, die in den Jahren zuvor noch keine Förderung erhalten hätten. Die Entwicklung des jährlichen Antragsvolumens bestätige das anhaltend große Interesse der Städte und Gemeinden im Land an der Städtebauförderung. Es sei von rund 666 Millionen Euro im Jahr 2016 auf rund 845 Millionen Euro im Jahr 2022 gestiegen. Die Städtebauförderung setze sich aus einer Reihe von Teilprogrammen zusammen. Dazu gehören zum Beispiel das Landessanierungsprogramm oder die Bund-Länder-Programm „Soziale Stadt“ und „Zukunft Stadtgrün“.
Außerdem befasste sich das Gremium mit dem im Mai 2022 gestarteten Sonderprogramm Wohnen im Kulturdenkmal. „Denkmale stellen nicht nur den reichen Schatz des historischen und kulturellen Erbes in Baden-Württemberg dar, sie bergen auch ein Potenzial an Wohnfläche“, sagte Christiane Staab. Mit dem von der Landesdenkmalpflege konzipierten Förderprogramm ermuntere und unterstützte die Landesregierung die Eigentümerinnen und Eigentümer von denkmalgeschützten Gebäuden, zusätzlichen Wohnraum zu schaffen. Gefördert werden solle daher insbesondere die Aktivierung von leerstehenden, technischen und nicht mehr genutzten Kulturdenkmalen.
Im Rahmen des Sonderprogramms könnten zum einen Konzepte zur denkmalverträglichen Wohnnutzung von Kulturdenkmalen (Instandsetzung, Umnutzung oder Ausbau) unterstützt werden. Bis zu 20.000 Euro Förderung sei hier möglich. Zum anderen sei mit dem Sonderprogramm die Förderung sogenannter Leuchtturmprojekte bis zu einer Summe von 300.000 Euro möglich. Auch Gemeinden und Landkreise könnten das Sonderprogramm nutzen. Für entsprechende Maßnahmen (beispielsweise Information, Beratung, Veröffentlichung) erhielten diese bis zu 10.000 Euro, den sogenannten Multiplikatoren-Bonus.
Das im Mai 2022 gestartete Sonderprogramm sei in kürzester Zeit überzeichnet gewesen. Zum Antragsschluss Ende September 2022 seien über 140 Anfragen und Anträge zum Sonderprogramm eingegangen. Bislang seien rund 2,3 Millionen Euro für insgesamt sieben Leuchtturmprojekte, 27 Konzepte und zwei Multiplikatoren-Projekte freigegeben worden. Zu den geförderten Leuchtturmprojekten gehören zum Beispiel ein Kornspeicher von 1606 in Hausach, ein ehemaliges Pfarrhaus von 1744 in Weinsberg oder ein Bahnwärterhäuschen in Lauffen am Neckar.
Das Sonderprogramm „Wohnen im Kulturdenkmal“ sei ursprünglich mit einem Gesamtvolumen von zwei Millionen Euro für die Jahre 2022, 2023 und 2024 ausgestattet gewesen. Im Staatshaushaltsplan 2023/2024 seien zusätzlich je 320.000 Euro für 2023 und 2024 zur Verfügung gestellt worden, berichtete die Ausschussvorsitzende.
Konferenz zur Zukunft Europas: Europas Handlungsfähigkeit im Angesicht der Zeitenwende stärken
Stuttgart. Der Ausschuss für Europa und Internationales hat sich in seiner Sitzung am Mittwoch, 1. März 2023, mit einem interfraktionellen Antrag zur „Konferenz zur Zukunft Europas – Europas Handlungsfähigkeit im Angesicht der Zeitenwende stärken“ befasst und Beschlüsse gefasst. „Die Friedenssehnsucht als Ausgang des europäischen Einigungswerks ist wieder in den Mittelpunkt gerückt und macht neue Entschlossenheit frei, auf dem Weg zur europäischen Union nicht stehen zu bleiben“, betonte der Vorsitzende Willi Stächele (CDU). „Nur in der europäischen Einheit können Frieden und Freiheit bei gemeinsamer neuer Kraftanstrengung gesichert werden“, betonte er. „Es ist ein starkes Zeichen, dass der Ausschuss hier gemeinsam unterwegs ist.“
Der Europaausschuss hat mit großer Mehrheit – einzig die AfD war dagegen - beschlossen, dass sich die Landesregierung mit den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln dafür einsetzen soll, dass die Umsetzung der Vorschläge aus der Zukunftskonferenz mit Nachdruck geprüft und vorangetrieben wird. Überdies soll dem Landtag im Rahmen des europapolitischen Quartalsberichts bis zu den Europawahlen 2024 regelmäßig über Umsetzungsfortschritte berichtet werden. Des Weiteren soll der Landtag im Falle von geplanten Verfahrensanpassungen in Bereichen, in denen die Gesetzgebungskompentenz der Länder berührt wird, angemessen und frühzeitig beteiligt werden. Die Ergebnisse der Konferenz zur Zukunft Europas sollen im Vorfeld der Europawahlen für die Öffentlichkeitsarbeit und Dialogveranstaltungen in Baden-Württemberg eingesetzt werden, um so die Ideen zur Weiterentwicklung der EU in die Fläche zu tragen und mit einer breiten Öffentlichkeit zu diskutieren. „Von Seiten der Landesregierung ist unser gemeinsamer Antrag auch begrüßt worden. Sie ist gerne bereit, mit uns hier zusammenzuarbeiten“, so Vorsitzender Willi Stächele.
Grüne, CDU, SPD und FDP/DVP stellen in ihrem Antrag fest, dass die Konferenz zur Zukunft Europas trotz eines verzögerten Starts und herausfordernder Bedingungen mit der Vorstellung von 49 Forderungen am 9. Mai 2022 einen erfolgreichen Abschluss gefunden habe. Seit dem Angriff des russischen Regimes auf die Ukraine hat sich eine neue geopolitische Situation ergeben, in der sich die Frage nach einer EU-Perspektive für die Länder des Westbalkans und der Ukraine mit neuer Dringlichkeit stellt. „Die Ergebnisse der Zukunftskonferenz beinhalten wichtige Impulse im Hinblick auf die Steigerung der institutionellen Handlungsfähigkeit der EU vor dem Hintergrund anstehender Erweiterungen“, bemerkte Stächele.
Im Ausschuss sei hervorgehoben worden, dass sich Baden-Württemberg als Region aktiv und gestaltend in den Prozess eingebracht habe, so Stächele. Die im Arbeitsprogramm der EU-Kommission für 2023 angekündigten Maßnahmen zur Umsetzung von Vorschlägen aus der Zukunftskonferenz und insbesondere die angekündigte Einsetzung von Bürgerforen im Vorfeld wichtiger Rechtssetzungsinitiativen auf EU-Ebene werden begrüßt. „Baden-Württemberg ist Vorreiter in diesem Bereich gewesen“, betonte Stächele. Den Regionen in der EU komme weiterhin eine zentrale vermittelnde Rolle zwischen der EU und den Bürgerinnen und Bürgern vor Ort zu. Vor diesem Hintergrund werden Vorschläge zur Stärkung der Rolle der regionalen Parlamente im Mehrebenensystem der EU im Hinblick auf die aktive Wahrnehmung des Subsidiaritätsprinzips ausdrücklich begrüßt. Dies gilt insbesondere für die Möglichkeit für nationale und Regionalparlamente mit Gesetzgebungsbefugnis, Gesetzesinitiativen auf europäischer Ebene vorschlagen zu können sowie die weitere Stärkung der Rolle des Europäischen Ausschusses der Regionen (AdR) in Angelegenheiten mit territorialen Auswirkungen.
Vorsitzende Daniela Evers nimmt zu den Äußerungen von Minister Strobl zum Untersuchungsausschuss Stellung
Stuttgart. Die Vorsitzende des Untersuchungsausschusses „IdP & Beförderungspraxis“, Daniela Evers (Grüne), nimmt zu den jüngsten Äußerungen des Stellvertretenden Ministerpräsidenten und Minister des Inneren, für Digitalisierung und Kommunen Thomas Strobl sowie des Innenministeriums Stellung. In einem dpa-Interview hatte sich Strobl kritisch zu der Tätigkeit des Gremiums geäußert und auch einen Vergleich mit einem mit Luft gefüllten Soufflé gezogen. Schließlich hatte das Innenministerium mitgeteilt, dass die Vorwürfe nur gegen die Opposition gerichtet gewesen seien und nicht gegen die Arbeit des Gremiums.
„Die befremdlich erscheinenden jüngsten Äußerungen von Innenminister Strobl nehme ich ebenso wie die nachträgliche Mitteilung des Innenministeriums zur Kenntnis“, erklärte die Ausschussvorsitzende Daniela Evers. „Parlamentarische Untersuchungsausschüsse sind als Instrument der entscheidungsvorbereitenden Aufklärung und Selbstinformation des Landtags im Rahmen unserer parlamentarischen Demokratie eines der wichtigsten Werkzeuge zur Ausübung der sich aus dem Grundsatz der Gewaltenteilung und dem Demokratieprinzip ergebenden parlamentarischen Kontrollfunktion“, betonte sie. Gerade aus diesem Grund sei dieses Recht des Parlaments bereits in der Verfassung des Landes Baden-Württemberg verankert, gibt Evers zu bedenken. Auch weist Evers darauf hin, dass sich das Gremium – neben der den Innenminister selbst betreffenden Frage der Weitergabe eines Rechtsanwaltsschreibens an einen Journalisten – mit zwei weiteren umfangreichen Untersuchungskomplexen befassen würde, namentlich mit dem Umgang der Landesregierung mit dem Thema und Vorwürfen der sexuellen Belästigung in Landesbehörden sowie mit dem Beurteilungs-, Beförderungs- und Besetzungsverfahren innerhalb der Polizei Baden-Württemberg. Es handele sich dabei um Sachthemen von erheblicher tatsächlicher Tragweite. „Gerade deshalb wird der Untersuchungsausschuss seine Tätigkeit unabhängig von etwaigen Kontroversen im politischen Alltag mit der gebotenen Ernsthaftigkeit und Sorgfältigkeit fortsetzen“, betonte die Vorsitzende.
FDP/DVP und SPD vermissen klare Strategie in der Industriepolitik des Landes
Stuttgart. Mit der aktuellen Lage und Zukunft des Industriestandortes Baden-Württemberg befasste sich der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus in seiner Sitzung am Mittwoch, 8. Februar 2023. Ein weiteres Thema waren nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Dr. Erik Schweickert (FDP/DVP) die Ressourcenbeanspruchung durch Krisen und die Krisenreaktionsstrukturen beim Wirtschaftsministerium und insbesondere bei der L-Bank.
Mit der Lage und Zukunft des Industriestandortes befasste sich der Ausschuss auf Antrag der FDP/DVP. Sie hatte dazu einen umfassenden Fragenkatalog an das Wirtschaftsministerium gerichtet. Das Haus von Ministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU), die in der Sitzung von Staatssekretär Patrick Rapp (CDU) vertreten wurde, antwortete sehr ausführlich. Auf rund 26 Seiten beschreibt das Ministerium eine Vielzahl von Ansätzen und Instrumenten mit dem übergeordneten Ziel, Baden-Württemberg als Standort für einen global orientierten Mittelstand in allen Industriebranchen zu erhalten und zu stärken.
Staatssekretär Rapp verwies nach den Worten des Ausschussvorsitzenden in diesem Zusammenhang auf Herausforderungen, die sich aus der laufenden Transformation etwa durch die Digitalisierung und den Trend zur Elektromobilität ergeben. Das Land müsse weiter Rahmenbedingungen dafür schaffen, dass gerade auch kleine und mittlere Unternehmen technologisch führend bleiben können, habe Rapp erklärt.
Während Grüne und CDU die ausführliche Antwort des Ministeriums gelobt hätten, sei von FDP/DVP und SPD deutliche Kritik gekommen, berichtete Dr. Schweickert. Beide hätten beanstandet, dass aus den rund 26 Antwortseiten eine klare industriepolitische Strategie nicht herauszulesen sei. Die FDP/DVP habe beispielsweise darauf verwiesen, dass das Ministerium auf das Problem fehlender Flächen für die Industrie nicht deutlich genug eingegangen sei. Der Hinweis, die Landesregierung bekenne sich zu einer „bedarfsgerechten Flächenentwicklung“, reiche nicht. Stattdessen solle die Regierung sagen, wie viele Flächen sie pro Jahr bereitzustellen in der Lage sei. Weiter habe die FDP/DVP moniert, die Ausführungen des Ministeriums zu künstlicher Intelligenz und Robotik seien nicht konkret und entschieden genug.
Wie Dr. Schweickert weiter berichtete, habe die AfD überzeugende Antworten zum Thema Energiesicherheit für die Industrie vermisst. Diese sei ohne Kohle- und Atomkraftwerke nicht zu gewährleisten, habe die AfD erklärt.
Ein weiteres Thema waren nach Angaben des Ausschussvorsitzenden die Ressourcenbeanspruchung durch die jüngsten Krisenlagen und die Krisenreaktionsstrukturen beim Wirtschaftsministerium und insbesondere bei der L-Bank. Den Antrag dazu hatte ebenfalls die FDP/DVP gestellt. Aus der Antwort des Ministeriums geht hervor, dass während der Corona-Pandemie in der Spitze 619 externe Personen von der L-Bank beschäftigt wurden, um die insgesamt rund 600.000 beantragten Corona-Finanzhilfen zu bearbeiten. Laut Dr. Schweickert äußerte die FDP/DVP in der Sitzung, angesichts des hohen externen Personalbedarfs in der Krise stelle sich die Frage, wie die staatliche Bank von der Landesregierung für künftige Krisen besser ausgestattet werden könne, um ihren Aufgaben auch gerecht werden zu können. In der Corona-Krise sei diesbezüglich längst nicht alles gut gewesen.
Vertreter von Grünen, CDU und SPD erklärten nach Angaben des Ausschussvorsitzenden, die Verpflichtung externer Kräfte sei ohne Alternative gewesen. Nur so sei es gelungen, die Antragsflut zu bewältigen. Alle Fraktionen dankten ausdrücklich den Beschäftigten der L-Bank für ihren Einsatz in der Krise, so Dr. Schweickert.
Ein weiteres Thema im Ausschuss war nach Angaben von Dr. Schweickert der Gesetzentwurf der SPD zur Änderung des Tariftreue- und Mindestlohngesetzes für öffentliche Aufträge in Baden-Württemberg. Gegen die Stimmen der Sozialdemokraten habe sich der Ausschuss einstimmig dafür ausgesprochen, den Gesetzentwurf der Plenarversammlung zur Ablehnung vorzuschlagen, so Dr. Schweickert.
Ferner debattierte der Ausschuss das Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission für 2023, einen Antrag der FDP/DVP zur Kooperation in Krieg und Krise im Rahmen der Strategischen Partnerschaft des Landes mit Kanada sowie einen weiteren Antrag der FDP/DVP zur Bedeutung der Wellpappenindustrie im Land im Lichte der EU-Verpackungsverordnung.
Landtagspräsidentin Aras: Erleichtert über Entscheidung, dass Betroffene schneller zu Angehörigen kommen können
Stuttgart. Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) zeigt sich sehr erleichtert über die Entscheidung der Bundesregierung, dass Betroffene aus dem Erdbebengebiet im türkisch-syrischen Grenzgebiet schneller und leichter zu ihren Angehörigen nach Deutschland kommen können. „Ich bin wirklich froh, dass die Bundesinnenministerin meinen Vorschlag aufgegriffen hat und es Menschen in Deutschland unbürokratisch ermöglicht wird, notleidende Angehörige für eine begrenzte Zeit auf eigene Kosten bei sich aufzunehmen“, sagte Aras am Sonntag, 12. Februar 2023, in Stuttgart. „Das ist ein starkes Zeichen der Humanität und ein wichtiges Signal an Menschen mit kurdischen, türkischen und syrischen Wurzeln, die bei uns leben und ein fester Bestandteil unserer Gesellschaft sind.“
Aras wies darauf hin, dass es nicht um staatliche Hilfe geht, sondern darum zu ermöglichen, dass Familien ihre Verwandten schneller bei sich unterbringen können. „Wichtig ist nun, dass die Entscheidung der Bundesregierung schnell und pragmatisch umgesetzt wird“, betonte die Landtagspräsidentin.
Angesichts der dramatischen Situation im Erdbebengebiet und der Verzweiflung der Menschen hatte Landtagspräsidentin Aras die Bundesregierung Mitte vergangener Woche darum gebeten, über die akute Nothilfe hinaus zu prüfen, inwieweit es Menschen in Deutschland unbürokratisch ermöglicht werden kann, notleidende Angehörige für eine begrenzte Zeit auf eigene Kosten bei sich aufzunehmen. Dazu hatte sich Aras an das Auswärtige Amt und das Bundesinnenministerium gewandt. Hintergrund sind zum einen die langwierigen Visaverfahren, die in der Regel mehrere Wochen dauern, und zum anderen die verheerenden Zerstörungen im Erdbebengebiet, was die Beantragung von Visa erheblich erschwert.
Kontroverse Debatte über Förderung des Projekts „Fahrschule der Zukunft‘‘
Stuttgart. Mit der Zukunft der Fahrschulen in Baden-Württemberg und einem diesbezüglichen vom Verkehrsministerium geförderten Projekt hat sich der Verkehrsausschuss in seiner Sitzung am Donnerstag, 9. Februar 2023, befasst. Wie der Ausschussvorsitzende Rüdiger Klos (AfD) berichtete, hielt die FDP/DVP dem Ministerium in der Sitzung „dubiose“ Förderpraktiken vor. Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) habe dies entschieden zurückgewiesen.
Zur Fahrschulen-Thematik lagen dem Ausschuss zwei Anträge der FDP/DVP und ein Antrag der CDU vor. Die FDP/DVP erkundigte sich in ihren beiden Anträgen ausführlich zum Projekt „Fahrschule der Zukunft, nachhaltig und innovativ“ des Bundesverbands deutscher Fahrschulunternehmen e.V. (BDFU), das vom Verkehrsministerium mit rund 535.000 Euro und dem Ziel gefördert wurde, das Fahrschulwesen zu den aktuellen Entwicklungen im Bereich der Elektromobilität und der Digitalisierung zu schulen. Die Liberalen formulierten dabei Zweifel im Hinblick auf die Vereinbarkeit mit der Landeshaushaltsordnung. Sie wollten unter anderem wissen, worin das Ministerium ein erhebliches Landesinteresse an der Förderung begründet sah und wie es im Detail zur Bewilligung des Förderantrags zugunsten des BDFU und seines Vorsitzenden kam, der zugleich Inhaber einer Stuttgart Fahrschule ist.
Nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Klos bekräftigte die FDP/DVP in der Sitzung ihre Zweifel. Die Förderung des vergleichsweise mitgliederschwachen BDFU zeige „kein gesundes Geschäftsgebaren“ und sei „dubios“. Es scheine Usus zu sein, dass „grüne Parteifreunde“ an das Ministerium herantreten und sozusagen auf Zuruf üppig mit Steuergeldern alimentiert werden, habe die FDP/DVP erklärt, so Klos. Dies sei im vorliegenden Fall umso verwunderlicher, als die E-Mobilität längst in Deutschland Einzug gehalten habe und die Menschen damit bestens vertraut seien.
Das Ministerium stellt in seinen Antworten klar, dass die Bewilligung des Projekts gemäß der Landeshaushaltsordnung erfolgt und die Entscheidungsfindung im Begleitvermerk zum Förderbescheid dokumentiert sei. Eine Ausschreibung habe es nicht gegeben. Der BDFU sei an das Ministerium herangetreten. Zentralstelle und Leitung des Ministeriums seien nicht an der Entscheidung beteiligt gewesen. Die zuständige Fachabteilung des Ministeriums habe die Bewilligung geprüft, daran seien die zuständigen Stellen für Haushalts- und Rechtsangelegenheiten beteiligt gewesen.
Wie der Ausschussvorsitzende Klos berichtete, wies Verkehrsminister Hermann die Kritik vor dem Ausschuss entschieden zurück. Der Vorwurf der Liberalen, er begünstige Parteifreunde, werde durch Wiederholung nicht besser, habe Hermann erklärt, so Klos. Er werde weiter innovative Vorhaben mit Pioniercharakter von seinem Haus fördern lassen, wenn diese zur Lösung von Problemen im Verkehrssektor beitragen können. Dieses Vorgehen habe sich bewährt, so Hermann unter Hinweis auf die Feinstaubbekämpfung durch Luftfiltertürme an besonders belasteten Straßenzügen. Auch dieses Projekt sei ohne Ausschreibung umgesetzt worden, nachdem ein innovatives Unternehmen es dem Ministerium vorgeschlagen habe.
Das Ministerium verweist in seiner Antwort auf die FDP/DVP-Anträge darauf, dass der Markthochlauf klimaneutraler Antriebstechnologien Voraussetzung dafür sei, um die Klimaschutzziele im Verkehrssektor zu erreichen. Fahrschullehrer und Fahrschullehrerinnen seien für den Umstieg auf klimaneutrale Antriebe wichtige Multiplikatoren, da sie durch die Einbeziehung von E-Fahrzeugen in den theoretischen und praktischen Fahrschulunterricht die Schülerinnen und Schüler bereits von Anfang an für neue Antriebe sensibilisieren könnten. Durch die Konzeption von Fortbildungen zur Elektromobilität würden praktische Umsetzungshürden für den Einsatz von Elektrofahrzeugen im Fahrschulunterricht abgebaut.
Nach Angaben von Klos unterstützten Grüne und CDU die Position des Verkehrsministers. Die CDU habe allerdings betont, es müsse sich auch in der Praxis zeigen, dass weitere Verbände des Fahrschulwesens von dem geförderten Projekt profitieren können, indem sie beispielsweise pädagogisch und didaktisch besonders aufbereitetes Schulungsmaterial erhalten.
Landtagspräsidentin Aras: EU-Binnengrenzen müssen auch in Krisenzeiten offengehalten werden
Stuttgart/Brüssel. Der Europäische Ausschuss der Regionen (AdR) hat in seiner Stellungnahme zum EU-Notfallinstrument (SMEI) der Forderung von Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) einstimmig zugestimmt, dem Notfallinstrument bei künftigen Krisen partiellen Vorrang vor dem Schengener Grenzkodex zu geben. Damit sollen die EU-Binnengrenzen künftig bei Krisen wie etwa der Corona-Pandemie weitgehend für den Waren-, Dienstleistungs- und Personenverkehr offengehalten werden. Landtagspräsidentin Aras, die Berichterstatterin für das Thema im Ausschuss der Regionen ist und sich ausdrücklich für die Forderung eingesetzt hat, sagte: „Anstatt unsere Probleme in Zeiten zahlreicher grenzüberschreitender Krisen durch Abschottung zu verschärfen, müssen wir die Vorbereitung und die effektive Zusammenarbeit zwischen der EU, den Mitgliedsstaaten und den lokalen und regionalen Behörden verbessern.“
Das Notfall-Instrument für den Binnenmarkt ist ein von der EU-Kommission vorgeschlagener Rahmen für die Krisensteuerung. Damit soll die Europäische Union besser auf künftige Krisen vorbereitet und eine schnelle und wirksame Krisenreaktion der EU ermöglicht werden. Im aktuellen Entwurf der Kommission hat jedoch der Schengener Grenzkodex Vorrang vor dem Notfallinstrument. „Das Notfallinstrument ist ein gutes und wichtiges Instrument. Aktuell würden die Maßnahmen jedoch ins Leere laufen, weil Mitgliedsstaaten weiter scharfe Grenzkontrollen einführen könnten. Nach den Pandemiejahren bin ich der Überzeugung, dass die inneren Grenzen Europas auch in Krisenzeiten offenbleiben müssen“, sagte die Landtagspräsidentin in ihrer Rede in der AdR-Plenarsitzung im Europäischen Parlament in Brüssel. Das Binnenmarkt-Notfallinstrument könne seine Ziele nur erreichen, wenn die Freizügigkeit, eine der wichtigsten europäischen Errungenschaften, aufrechterhalten werde. In seiner Plenarsitzung am 8. und 9. Februar 2023 befasste sich der Ausschuss in einer Debatte mit dem Thema und verabschiedete schließlich die Stellungnahme einstimmig. „Ich freue mich sehr, dass der Ausschuss der Regionen dem Vorschlag gefolgt ist“, so die Präsidentin.
Die Corona-Pandemie hat gezeigt, welche weitreichenden Auswirkungen Krisen auf den europäischen Binnenmarkt haben können. Der Handel im europäischen Binnenmarkt betrifft 56 Millionen Arbeitsplätze mit einem geschätzten wirtschaftlichen Nutzen von 8 bis 9 Prozent des BIP der EU.
In ihrer Stellungnahme sprachen sich die AdR-Mitglieder zudem für eine bessere Einbindung des Ausschusses der Regionen und der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften aus. Die Städte und Gemeinden sowie die Grenzregionen Europas seien vom reibungslosen Funktionieren des Binnenmarktes abhängig und seien die Ersten, die die Auswirkungen in Krisenzeiten zu spüren bekämen. Um die lokalen und regionalen Belange besser zu berücksichtigen, sei es unerlässlich, den Europäischen Ausschuss der Regionen in die Beratungsgruppe und die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in die Verbindungsbüros einzubeziehen, die im Rahmen der Schaffung des Notfallinstruments eingeführt werden sollen.
Aras dankte dem Europaabgeordneten Andreas Schwab, der den Vorschlag in seinem Redebeitrag als Berichterstatter des federführenden Binnenmarkt-Ausschusses ebenfalls unterstützte. Die Stellungnahme wird demnächst an das Europäische Parlament und den Rat der EU gegeben und soll in die Ausgestaltung des Notfallinstruments einfließen.
Hintergrund
Das Binnenmarkt-Notfallinstrument (SMEI) ist ein von der Europäischen Kommission am 19. September 2022 vorgeschlagener Rahmen für die Krisensteuerung für den Binnenmarkt, mit dem der freie Waren-, Dienstleistungs- und Personenverkehr sowie die Verfügbarkeit wesentlicher Waren und Dienstleistungen in künftigen Notfällen zum Nutzen der Bürgerinnen und Bürger und Unternehmen in der gesamten EU erhalten werden soll. Es schafft einen Rahmen für die Krisenkoordinierung und -bewältigung, um verschiedene Bedrohungen für den Binnenmarkt zu erkennen, und ergänzt andere EU-Gesetzesmaßnahmen für das Krisenmanagement.
Der Europäische Ausschuss der Regionen ist die Versammlung der regionalen und lokalen Vertreter der EU aus allen 27 Mitgliedstaaten. Die 1994 nach Unterzeichnung des Vertrags von Maastricht gegründete Aufgabe besteht darin, die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften in den Entscheidungsprozess der EU einzubeziehen und sie über die EU-Politik zu informieren. Das Europäische Parlament, der Rat und die Europäische Kommission konsultieren den Ausschuss in Politikbereichen, die Regionen und Städte betreffen. Um im Europäischen Ausschuss der Regionen zu sitzen, müssen alle 329 Mitglieder und 329 Stellvertreter entweder ein Wahlmandat innehaben oder gegenüber einer gewählten Versammlung in ihren Heimatregionen und -städten politisch rechenschaftspflichtig sein.
Bildungsausschuss befasst sich mit dem Thema sexualisierte Gewalt
Stuttgart. Der Ausschuss für Kultus, Jugend und Sport hat sich in seiner Sitzung am Donnerstag, 9. Februar 2023, mit zwei Anträgen zum Thema sexualisierte Gewalt befasst. Wie die Vorsitzende des Gremiums Petra Häffner (Grüne) mitgeteilt hat, bildeten der Antrag der FDP/DVP „Sexualisierte Gewalt – Schutzraum Schule“ und der SPD-Antrag „Schutzkonzept gegen sexualisierte Gewalt an Kindern und Jugendlichen in baden-württembergischen Schulen endlich weiterbringen – Einrichtung einer Ombudsstelle“ die Grundlage für die Beratungen. „Das Thema sexualisierte Gewalt hat fraktionsübergreifend eine große Relevanz und wird uns noch weiter beschäftigen“, so Petra Häffner.
Die Gesellschaft muss alles in ihrer Macht Stehende tun, um sexualisierte Gewalt zu verhindern und in den Fällen, in welchen es zu sexualisierter Gewalt kommt, den Opfern bestmöglich beistehen und eine lückenlose Aufklärung und Strafverfolgung gewährleisten. Darüber war man sich im Ausschuss fraktionsübergreifend einig, wie die Vorsitzende Petra Häffner darlegte. In Baden-Württemberg werden Häffner zufolge eine ganze Reihe von Präventionsmaßnahmen angewendet, um sexualisierte Gewalt an Schulen zu verhindern. Wie Petra Häffner darlegte, hätten die Antragsteller kritisiert, dass es kein Schutzkonzept für alle Schulen gebe. Ziel des Konzeptes „Schutz macht Schule“ sei es, nachhaltig Strukturen für Schulen zu schaffen, um sexualisierter Gewalt vorzubeugen und die Unterstützungen in diesem Kontext leichter zugänglich und professioneller zu gestalten. Elemente seien etwa Präventionsangebote, Fortbildungen, Beschwerdeverfahren und Ansprechpersonen sowie ein Notfall- bzw. Interventionsplan. Das aktualisierte Konzept werde in Kooperation mit spezialisierten Fachberatungsstellen in diesem Jahr an rund 60 Schulen pilotiert. „Das erschien der Opposition als zu wenig“, erläuterte die Vorsitzende Häffner. Die Ministerin habe darauf hingewiesen, dass man nicht so schnell vorankomme, weil es auch schwierig sei, Fachpersonal zu finden. Im Zuge dieses Pilotprojektes werde das Kultusministerium über den Zeitpunkt für eine mögliche gesetzliche Verankerung der Pflicht zur Erstellung schuleigener Schutzkonzepte gegen sexualisierte Gewalt an Schulen entscheiden.
Überdies gebe es einen 40-stündigen E-Learningkurs zum Thema „Sexueller Missbrauch und sexuelle Übergriffe – Kinderschutz aus Sicht der Schule“, der vor allem von an Schulen Beschäftigten und in der Schulverwaltung tätigen Personen kostenlos genutzt werden kann. Entwickelt wurde der Kurs vom Kultusministerium und dem Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung (ZSL) in Kooperation mit dem Uniklinikum Ulm. Dieser Kurs werde fortlaufend evaluiert und überarbeitet. Die bundesweite Initiative „Schule gegen sexualisierte Gewalt“ und das Präventionsrahmenkonzept „stark.stärker.WIR“ ergänzten die Angebote, die von speziell fortgebildeten Lehrkräften, sog. Präventionsbeauftragten, unterstützt werden. „Ministerin Schopper hat berichtet, dass es im März eine Kabinettsvorlage zum Kinderschutz geben wird“, so Petra Häffner.
Kritisiert worden sei im Ausschuss, so Häffner, dass es im Lehramtsstudium keine verpflichtenden Rahmenvorgaben gebe, wie hinsichtlich Prävention und Intervention in Fällen von sexualisierter Gewalt umzugehen sei. „Die Ministerin hat in Aussicht gestellt, sich hierüber mit der Wissenschaftsministerin auszutauschen und das Thema in die Ausbildung mit aufzunehmen“, berichtete die Ausschussvorsitzende.
Die Frage einer Ombudsstelle des Landes sei bereits als Empfehlung im Abschlussbericht der Kommission Kinderschutz aufgenommen worden. Derzeit werde an Umsetzungskonzepten gearbeitet. „Der Ausschuss wird auch dieses Thema weiter begleiten“, versicherte Häffner.
Landtagspräsidentin Aras: Naturkatastrophe unvorstellbaren Ausmaßes erfordert pragmatische Lösungen
Stuttgart. Angesichts der dramatischen Lage in den Katastrophengebieten und der Verzweiflung der Menschen fordert Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne), die vom Erdbeben im türkisch-syrischen Grenzgebiet betroffenen Menschen über die akute Nothilfe hinaus schnell und unbürokratisch zu unterstützen. „Ich danke der Bundesregierung und allen Einsatzkräften für die schon geleistete Hilfe. Im Hinblick auf das unermessliche Leid für die Überlebenden bitte ich das Auswärtige Amt und das Bundesinnenministerium darüber hinaus zu prüfen, inwieweit es Menschen in Deutschland unbürokratisch ermöglicht werden kann, notleidende Angehörige für eine begrenzte Zeit auf eigene Kosten bei sich aufzunehmen“, sagte Muhterem Aras.
So könne zumindest die Not etwas gelindert und das Überleben erleichtert werden, bis mit dem Wiederaufbau begonnen werden könne. „Viele Menschen in Deutschland und Baden-Württemberg sind derzeit verzweifelt und suchen nach Möglichkeiten, ihren Angehörigen zu helfen und bei sich aufzunehmen“, sagte Aras in Brüssel.
Am Mittwoch fand im Europäischen Parlament in Brüssel eine Plenarsitzung des Ausschusses der Regionen statt, an der Präsidentin Aras teilnahm. Zu Beginn der Plenarsitzung gedachten die Mitglieder mit einer Schweigeminute der Opfer der Naturkatastrophe.
Das Finden von geeigneten Bauflächen in Uninähe und gestiegene Baukosten machen die Lage schwierig
Stuttgart. Mit der Miet- und Wohnraumsituation für Studierende, einem SPD-Antrag, hat sich der Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kunst in seiner Sitzung am Mittwoch, 8. Februar 2023, befasst. Das hat die Vorsitzende des Gremiums, Nese Erikli (Grüne) mitgeteilt. „Die Wohnraumfrage ist nicht nur für Studierende zentral“, betonte Erikli.
An den Hochschulen werde wieder in Präsenz gelehrt. Durch die Abwesenheit von Studierenden an den Hochschulstandorten während der Pandemie hatte sich die Wohnraumsituation zwischenzeitlich etwas entspannt. Doch studentischer Wohnraum sei knapp. Im Wintersemester 2021/2022 sei die Versorgungsquote im Bereich des Studierendenwerks Seezeit Bodensee mit 17,48 Prozent (4.532 Wohnplätze) am höchsten und am Studierendenwerk Ulm mit 9,18 Prozent (2.523 Wohnplätze) am niedrigsten gewesen. Die Zahlen für das aktuelle Semester lägen noch nicht vor. Zu Beginn des Wintersemesters 2022/2023 habe an fast allen Standorten die Nachfrage nach Wohnheimplätzen der Studierendenwerke das Angebot deutlich überstiegen. Gründe hierfür lägen u.a. an den wegen der Coronapandemie eingeführten Sonderregelungen wie Verlängerung der Prüfungsfristen bzw. der individuellen Regelstudienzeit. Die durchschnittliche Versorgungsquote liege in Baden-Württemberg derzeit bei 14 Prozent, fasste Erikli die Aussagen von Ministerin Olschowski zusammen. Das sei die beste Quote im süddeutschen Raum.
Während der Coronapandemie sei von den Studierendenwerken ein Rückgang der angebotenen Privatzimmer verzeichnet worden. Zum Wintersemester 2022/2023 habe sich das Privatzimmerangebot wieder erhöht, was auch auf die wieder verstärkte Akquise der Studierendenwerke zurückzuführen sei. „Das Wissenschaftsministerium unterstützt die Studierendenwerke jedes Jahr vor Beginn des Wintersemesters bei Kampagnen zur verstärkten Akquise von privatem Wohnraum für Studierende“, so Nese Erikli. Die Studierendenwerke riefen private Vermieterinnen und Vermieter dazu auf, freistehende Unterkünfte an Studierende zu vermieten. Die Angebote privater Anbieter würden dann auf den Wohnplatzbörsen der Studierendenwerke veröffentlicht. Diese Kampagne sei äußerst erfolgreich.
Überdies gebe es konkrete Planungen, um die Wohnraumplätze in den kommenden drei Jahren an den unterschiedlichen Standorten zu erhöhen. So werden etwa in Freiburg in 2023 noch 266 neue Plätze geschaffen, in Ludwigsburg 229 und in Reutlingen 107. Insgesamt seien bis 2026 an verschiedenen Standorten insgesamt rund 2.260 neue Wohnplätze geplant, habe die Ministerin berichtet, so Nese Erikli. „Die Studierenden wünschen sich bezahlbaren Wohnraum in unmittelbarer Nähe zur Uni. Das Finden geeigneter Flächen gestaltet sich oft schwierig.“
Zu den gestiegenen Baukosten kämen derzeit bei Planung und Umsetzung der Schaffung neuer Wohnheimplätze noch die gestiegenen Kapitalkosten (Bauzins) hinzu. Positiven Einfluss auf die Realisierung anstehender Bauvorhaben der Studierendenwerke könnten die Finanzhilfen des Bundes für sogenanntes „Junges Wohnen“ haben. Baden-Württemberg werde demnach über rund 65 Millionen Euro verfügen können. Zwischen den Ressorts werde derzeit abgestimmt, wie das Geld aufgeteilt werden soll, habe die Ministerin laut der Ausschussvorsitzenden Erikli berichtet. Denkbar sei unter anderem, dass der bisherige Zuschuss pro Schlafplatz an die Studierendenwerke von derzeit 8.000 Euro angehoben werden könnte.
Kritik und Lob für SPD-Gesetzentwurf zur Änderung des Tariftreue- und Mindestlohngesetzes
Stuttgart. In öffentlicher Anhörung hat sich der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus in seiner Sitzung am Montag, 30. Januar 2023, mit dem Gesetzentwurf der SPD zur Änderung des Tariftreue- und Mindestlohngesetzes für öffentliche Aufträge in Baden-Württemberg befasst. Sachverständige aus Unternehmer- und Kommunalverbänden sowie Gewerkschaften waren dazu eingeladen. Nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Dr. Erik Schweickert (FDP/DVP) gab es Kritik und Lob für die Pläne der SPD.
Nach dem Gesetzesvorhaben der SPD sollen bei der Vergabe öffentlicher Aufträge „Tariftreue und ordentliche Bezahlung noch stärker gewichtet werden“. So soll ein vergabespezifischer Mindestlohn festgelegt werden, der sich am Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) orientiert und folglich den gesetzlichen Mindestlohn von derzeit zwölf Euro übersteigt. Zudem sollen sich bei der Vergabe öffentlicher Aufträge auch nicht tarifgebundene Unternehmen an Tarifverträge halten müssen, wenn sie Auftragnehmer werden.
Luisa Pauge, Dezernentin des Gemeindetags Baden-Württemberg, die in der Anhörung auch für den Städtetag und den Landkreistag sprach, kritisierte, die neuen Regeln würden Vergaben komplizierter machen, so dass mit weniger Angeboten und damit weniger Möglichkeiten zu rechnen sei, Aufträge zu erteilen. Weiter sei zu befürchten, dass der Gesetzentwurf höhere Preise nach sich ziehen würde, so dass sich die finanzielle Überforderung der Kommunen weiter verschärfen würde.
Die Sachverständigen der Gewerkschaften lobten die Initiative der SPD. Sie könne ein wirksames Mittel gegen die grassierende Tarifflucht sein, erklärte der DGB-Landeschef Kai Burmeister. Derzeit seien nur noch zwei von zehn Beschäftigten durch Tarifverträge geschützt. Eine Novelle des Landestariftreue- und Mindestlohngesetzes von 2013 könne insofern wie von der SPD geplant für mehr soziale Sicherheit und Ordnung auf dem Arbeitsmarkt sorgen. Verdi-Landeschef Martin Gross sagte, bei öffentlichen Vergaben dürfe es keinen Preiswettbewerb zu Lasten der Beschäftigten geben. Dies liege auch im Interesse der öffentlichen Hand, da Qualität zu Dumpingpreisen nicht zu haben sei. Ähnlich äußerte sich die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt.
Dagegen nannte Holger Triebsch, Abteilungsleiter der IHK Region Stuttgart, den Gesetzentwurf verfehlt. Er schade erheblich dem Ziel des Vergaberechts, für mehr Wettbewerb zu sorgen, verursache bürokratischen Mehraufwand bei Unternehmen und mache Vergaben für den Steuerzahler insgesamt teurer. Holger Braun, stellvertretender Hauptgeschäftsführer Bauwirtschaft Baden-Württemberg, erklärte, die Vergabestellen öffentlicher Auftraggeber hissten heute schon die weiße Flagge, weil das Vergaberecht zu kompliziert sei. Einen allgemeinen Mindestlohn gebe es schon. Käme nun ein weiterer vergabespezifischer Mindestlohn, würde die Lage noch unübersichtlicher. Ähnlich äußerten sich weitere Vertreterinnen und Vertreter des Verbands Unternehmer Baden-Württemberg, des Verbands Baden-Württembergischer Omnibusunternehmen WBO, des Hotel- und Gaststättenverbands DEHOGA Baden-Württemberg, des Verbands Die Familienunternehmer Baden-Württemberg sowie des Wirtschaftsverbands Industrieller Unternehmer Baden wvib.
Enquetekommission hört Sachverständige zum Thema „Krisenmanagement in Staat und Verwaltung“ an
Stuttgart. Die Enquetekommission „Krisenfeste Gesellschaft“ hat sich in ihrer öffentlichen Sitzung am Freitag, 3. Februar 2023, mit dem Thema „Krisenmanagement in Staat und Verwaltung“ befasst. Dazu hörte das Gremium mehrere Sachverständige an, darunter den Präsidenten des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, Ralph Tiesler, den Kommandeur des Landeskommandos Baden-Württemberg der Bundeswehr, Oberst Thomas Köhring, und den Bürgermeister der Gemeinde Braunsbach, Frank Harsch, die im Jahr 2016 von verheerenden Überflutungen betroffen war. „Die Expertinnen und Experten haben der Enquetekommission wichtige Hinweise zu Fragen des Bevölkerungsschutzes im Fall von Pandemien oder Naturkatastrophen gegeben“, sagte der Vorsitzende des Gremiums, der Grünen-Abgeordnete Alexander Salomon.
In der nicht öffentlichen Sitzung befasste sich die Enquetekommission mit den Planungen für die kommenden Sitzungen. So sollen in der Sitzung am 31. März 2023 zum Thema „Zusammenarbeit von Staat und Bevölkerung in der Krisenvorsorge, -früherkennung und -bekämpfung“ Sachverständige unter anderem vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz, vom Bundesverband Technisches Hilfswerk, vom Robert Koch Institut sowie von Hochschulen angehört werden.
Die nächste Sitzung der Enquetekommission findet am 10. März 2023 statt. Das Thema für die Anhörungen an dem Tag lautet „Zusammenarbeit von Staat und Wirtschaft in der Krisenvorsorge, -früherkennung und -bekämpfung“. Darüber wollen die Abgeordneten und externen Gremiumsmitglieder mit Sachverständigen unter anderem von Telekommunikationsanbietern, vom Deutschen Roten Kreuz, der Deutschen Bahn, Netze BW und der Cybersicherheitsagentur Baden-Württemberg sprechen.
Mehr Datenschutz - Landtag von Baden-Württemberg kommuniziert nun auch über das soziale Netzwerk Mastodon
Stuttgart. Der Landtag von Baden-Württemberg erweitert sein Social-Media-Angebot und ist nun auch auf dem datenschutzkonformen Mikroblogging-Dienst Mastodon vertreten. Damit informiert der Landtag über ein weiteres soziales Netzwerk über das Geschehen im Landesparlament. „Ich freue mich, dass der Landtag von Baden-Württemberg über Social Media künftig noch besser zu erreichen ist. Mit dem Auftritt in Mastodon kommen wir den Bedürfnissen von Nutzerinnen und Nutzern nach, die einen besseren Schutz persönlicher Daten und vor ausufernder Hassrede wollen. Demokratie lebt von zivilisierter Debatte, auch in sozialen Medien. Mastodon hat sich dieses Prinzip auf die Fahne geschrieben“, sagte Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) am Freitag, 3. Februar 2023.
Bislang ist der Landtag auf den sozialen Netzwerken Instagram, Facebook, Twitter und YouTube vertreten und informiert dort mit Text-, Bild- und Videobeiträgen parteiübergreifend und neutral über die Arbeit und das Geschehen im Parlament. Dazu zählen unter anderem Beiträge, Storys und Reels über Veranstaltungen, Plenar- und Gremiensitzungen sowie Termine der Landtagspräsidentin und ihrer Stellvertreter. Mit Mastodon kommt nun ein weiteres Netzwerk hinzu, um mit Bürgerinnen und Bürger zu kommunizieren. Bei Mastodon handelt es sich um ein dezentrales Netzwerk aus verschiedenen Servern, das ohne kommerzielle Ziele betrieben wird. Zudem können datenschutzproblematische Drittstaatentransfers vermieden werden.
Der Landtag greift auf den durch den Landesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Baden-Württemberg (LfDI) betriebenen Server „bawü.social“ zurück. Gemeinsam mit dem Landtag Rheinland-Pfalz, dem Hessischen Landtag, der Bremischen Bürgerschaft, dem Niedersächsischen Landtag, dem Thüringer Landtag und dem Bayerischen Landtag sind derzeit sieben Landesparlamente auf Mastodon vertreten.
Bürgerinnen und Bürger, Journalistinnen und Journalisten sowie andere Interessierte können dem Landtag von Baden-Württemberg ab sofort auf https://bawü.social/@Landtag_BW(externer Link) folgen.
Bürgerforum „Krisenfeste Gesellschaft“ beschließt Empfehlungen an den Landtag
Stuttgart. Das Bürgerforum „Krisenfeste Gesellschaft“ hat nach insgesamt sechs Sitzungen am Samstag, 28. Januar 2023, seine Arbeit beendet. Bei der Abschlussveranstaltung im Landtag beschlossen die zufällig ausgewählten Bürgerinnen und Bürger aus ganz Baden-Württemberg ihre Empfehlungen an das Parlament, um die Gesellschaft krisenfester zu machen. Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) begrüßte die Teilnehmenden zu Beginn des Treffens und betonte die Bedeutung der Bürgerbeteiligung für die Transparenz politischer Entscheidungen. „Sie gestalten nicht nur einen Prozess mit, der unser Land krisenfester machen soll, sondern auch einen Prozess, der unser Land demokratischer macht. Für beides gilt allen engagierten Bürgerinnen und Bürgern mein aufrichtiger Dank“, sagte Aras.
Die Präsidentin betonte, dass die Meinungen der Bürgerinnen und Bürger gehört werden und in den politischen Prozess einfließen. „Es ist längst bewiesen, dass eine Vielfalt der Debatte, der Sichtweisen und der Stimmen zu besseren Lösungen führt“, so Aras. Beteiligung führe außerdem nachweislich zu mehr Zufriedenheit mit der Demokratie. Das umfasse auch das Vertrauen der Bürgerschaft, mit demokratischen Lösungen auf die Krisen unserer Zeit antworten zu können: „Mitmachen kann Mut machen“, sagte die Landtagspräsidentin.
Der Landtag von Baden-Württemberg hatte am 9. März 2022 beschlossen, dass ein Bürgerforum sich mit der Frage beschäftigen soll, wie krisenfest die baden-württembergische Gesellschaft aufgestellt ist und welche Maßnahmen nötig sind, um die Resilienz (Widerstandsfähigkeit und Anpassungsfähigkeit) von Staat und Gesellschaft für mögliche künftige Krisen und Gefahrenlagen zu stärken. Das Bürgerforum sollte Meinungen und Stimmungen aus der Bevölkerung zusammentragen und sichtbar machen.
Die Bürgerinnen und Bürger begleiteten dabei die Arbeit der Enquetekommission „Krisenfeste Gesellschaft“, in der Abgeordnete des Landtags sowie Vertreter aus Wissenschaft und Zivilgesellschaft ebenfalls der Frage nachgehen, wie in Baden-Württemberg Staat und Gesellschaft zukunftssicher gemacht werden können. Der Vorsitzende der Enquetekommission, Alexander Salomon (Grüne), hob ebenfalls die Bedeutung des Bürgerforums für den demokratischen Prozess hervor. „Die Politik in unserem demokratischen System ist auf breite Beteiligung, unterschiedliche Blickwinkel und vielfältige Erfahrungen unserer Bürgerinnen und Bürger angewiesen“ sagte Alexander Salomon.
Er bedankte sich im Namen der gesamten Enquetekommission bei allen Mitgliedern des Bürgerforums für deren Engagement. „Dafür, dass Sie sich auf dieses Beteiligungsformat eingelassen haben. Dafür, dass Sie sich aus den unterschiedlichsten Lebenszusammenhängen zusammengefunden haben, um uns mit Ihrer jeweiligen Perspektive tatkräftig und mit enormem Einsatz zu unterstützen. Die Ergebnisse Ihrer Arbeit werden wir aktiv in den weiteren Sitzungen und Themenfeldern mitdenken. Sie werden sich auch in unserem Abschlussbericht wiederfinden“, betonte Salomon.
Die Bürgerinnen und Bürger befassten sich in den vergangenen drei Monaten mit den Handlungsfeldern Gesundheit, Wirtschaft, Gesellschaftlicher Zusammenhalt sowie Krisenvorsorge und erarbeiten für diese Bereiche Handlungsempfehlungen. Diese sollen in einer der kommenden Sitzungen an die Mitglieder der Enquetekommission überreicht werden.
Das Bürgerforum bestand aus 30 Frauen und 32 Männern im Alter von 16 bis 65 Jahren, die aus allen vier Regierungsbezirken stammen. Sowohl bei den Frauen wie auch bei den Männern war die Gruppe der 45- bis 65-Jähren mit 32 Prozent bzw. 33,6 Prozent am größten. Die kleinste Gruppe stellten die 16- bis 25-Jährigen mit 16 Prozent bzw. 11,4 Prozent dar. Insgesamt 20 Teilnehmende des Bürgerforums haben einen Migrationshintergrund: bei den Frauen 33,3 Prozent und bei den Männern 33,8 Prozent. Die teilnehmenden Bürgerinnen und Bürger wurden so ausgewählt, dass sie etwa bei Bildungsabschlüssen und Einkommen die Bevölkerung repräsentieren.
Das Bürgerforum traf sich seit Oktober 2022 zu sechs Sitzungen, davon drei in Präsenz und drei digital. Teilweise nahmen Abgeordnete an den Treffen teil und tauschten sich mit den Bürgern aus. Parallel zum Bürgerforum nahm im Januar das Jugendforum „Krisenfeste Jugendbeteiligung“ seine Arbeit auf. Zudem beginnt im Februar eine Kinderbeteiligung, um mehr über die Sicht von Kindern auf Krisen wie die Corona-Pandemie oder den Krieg gegen die Ukraine und die damit verbundenen Folgen zu erfahren.
Über 120.000 Menschen wurden in den vergangenen Jahren in Baden-Württemberg eingebürgert
Stuttgart. Der Ständige Ausschuss des Landtags hat sich in seiner Sitzung am Donnerstag, 26. Januar 2023, mit der Entwicklung der Einbürgerungszahlen in Baden-Württemberg befasst. „Aus den Daten des Statistischen Landesamts geht hervor, dass die Zahl der Einbürgerungen im Zeitraum von 2015 bis 2021 nahezu unverändert geblieben ist“, sagte der Vorsitzende des Gremiums, der CDU-Abgeordnete Guido Wolf. Demnach wurden im Jahr 2015 17.546 Personen im Südwesten eingebürgert. Nach einigen Schwankungen zwischen rund 16.000 und 18.200 Personen in den darauffolgenden Jahren betrug die Zahl der Einbürgerungen im Jahr 2021 wieder 17.304 Personen.
Nach Angaben Wolfs wurden von 2015 bis 2021 insgesamt 122.280 Personen in Baden-Württemberg eingebürgert. Mit Abstand am häufigsten wurden türkische Staatsangehörige (21.755) eingebürgert, gefolgt von Personen aus dem Kosovo (9.094) und Rumänien (6.858). Am wenigsten wurden Personen aus Libyen (104) und dem Jemen (100) eingebürgert. In den Jahren 2015 bis 2021 haben zwischen 56 Prozent und 66 Prozent der Eingebürgerten in Baden-Württemberg ihre bisherige Staatsbürgerschaft behalten bzw. die doppelte Staatsbürgerschaft erhalten, berichtete Guido Wolf.
Auf besonderes Interesse sei in der Ausschusssitzung die Frage gestoßen, warum die Zahl der Einbürgerungen in Baden-Württemberg von 2015 bis 2021 jeweils etwas niedriger war als im bundesweiten Schnitt. So habe die Quote zum Beispiel im Jahr 2021 im bundesweiten Schnitt bei 1,17 gelegen und in Baden-Württemberg bei 0,97. Fraktionsübergreifend hätten Abgeordnete auch mit Blick auf den Fachkräftemangel nach Gründen dafür gefragt. Das Innenministerium habe in der Sitzung mitgeteilt, dass dies nicht an einem sinkenden Interesse an Einbürgerungen, der Attraktivität des Landes Baden-Württemberg oder geringeren Anstrengungen der Behörden liege. Vielmehr sei dies auf andere Gründe zurückzuführen. So sei die Zahl der zugezogenen ausländischen Personen in den Jahren 2015 und 2016, darunter überwiegend Flüchtlinge, zwar sehr hoch gewesen, allerdings sei die Einbürgerung aufgrund der kurzen Aufenthaltsdauer gar nicht möglich gewesen. Dies habe Auswirkungen auf die Quote. Das Ministerium habe ausgeführt, dass es aus Sicht der Landesregierung kein schlechtes Signal sei, dass Baden-Württemberg im bundesweiten Vergleich nicht den ersten Platz einnehme. Aktuell gebe es eine sehr große Nachfrage nach Einbürgerungen in Baden-Württemberg.
Guido Wolf zufolge fragten Abgeordnete zudem nach den Gründen für Ablehnungen von Einbürgerungen. Die Ministeriumsmitarbeiterin habe erklärt, dass es dafür eine ganze Reihe von Gründen gebe könne, zum Beispiel Sicherheitsbedenken, kein glaubhaftes Bekenntnis zur freiheitlich demokratischen Grundordnung oder fehlende gesetzlich vorgeschriebene Voraussetzungen, z.B. keine ausreichenden Sprachkenntnisse. Statistisch würden die Ablehnungsgründe jedoch nicht erfasst.
Ebenfalls sei in der Sitzung die Dauer von Einbürgerungsverfahren thematisiert worden. So betrage das Verfahren für EU-Staatsangehörige im Schnitt sechs Monate, für Staatsangehörige aus Drittstaaten im Schnitt bis zu zwei Jahre. Abhängig sei die Dauer der Verfahren von zahlreichen Faktoren wie die Prüfung der Identität und von Dokumenten, die Einbindung der Sicherheitsbehörden oder die Kommunikation mit dem Herkunftsstaat, sagte der Ausschussvorsitzende.
Landtagspräsidentin Aras: Gefahren für Freiheit, Demokratie und Menschenwürde mutig und entschlossen begegnen
Stuttgart. Der Landtag von Baden-Württemberg hat am Freitag, 27. Januar 2023, mit einer Gedenkstunde an die Opfer des Nationalsozialismus erinnert. Am 78. Jahrestag der Befreiung des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau fand eine zentrale Gedenkfeier im Haus des Landtags statt. In diesem Jahr wurde insbesondere der Menschen gedacht, die gegen die menschenverachtende Ideologie des Nationalsozialismus Widerstand geleistet haben. „Das Gedenken an die Verbrechen des Nationalsozialismus ist in diesem Sinne auch ein Nachdenken darüber, was wir aus unserer Vergangenheit lernen“, sagte Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne). „Was wir lernen, um den Gefahren für Freiheit, Demokratie und Menschenwürde mutig und entschlossen zu begegnen. Hier und anderswo.“
In ihrer Gedenkrede vor rund 250 Gästen, darunter Abgeordnete aller Fraktionen, Vertreterinnen und Vertreter von Regierung und Opfergruppen sowie Repräsentanten der Region, sprach die Landtagspräsidentin über den demokratischen Auftrag, für gemeinsame Grundwerte der Freiheit und der Vielfalt offensiv einzustehen. „Das Vermächtnis des Widerstands bedeutet für mich, unser wunderbares Grundgesetz und seine Werte zu verteidigen, die uns Freiheit seit bald 75 Jahren geben“, so Muhterem Aras. Die Normen der Verfassung seien die Antwort auf den Holocaust und das Erbe von Freiheitskämpferinnen und -kämpfern. „Aber Gesetzestexte allein können unsere Freiheit und unsere Werte nicht garantieren. Dazu braucht es Zivilcourage. Es braucht Menschen, die aufstehen, wenn diese Werte angegriffen werden“, erklärte Aras.
Der 27. Januar wurde im Jahr 1996 vom damaligen Bundespräsidenten Roman Herzog zum Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus erklärt. Der Landtag von Baden-Württemberg stellt jährlich wechselnd eine Opfergruppe in den Fokus. „Dieses Jahr stellen wir Menschen in den Mittelpunkt, die aktiv und passiv Widerstand geleistet haben gegen das NS-Regime“, so die Landtagspräsidentin. „Wir erinnern an mutige Frauen und Männer, an ihre Schicksale und ihre Motivation. Und richten dabei unseren Blick nach vorne. Wir stellen uns die Frage: Wie können diese Menschen und ihre Taten uns heute Vorbild sein?“
An der Gedenkstunde des Landtags nahmen neben Landtagspräsidentin Aras sowie Vertreterinnen und Vertretern aller Fraktionen auch zahlreiche Glaubensgemeinschaften und Verbände teil: die Israelitischen Religionsgemeingemeinschaften Württemberg und Baden, Vertreterinnen und Vertreter des Landesverbandes der Sinti und Roma, der Glaubensgemeinschaft der Zeugen Jehovas, des Vereins der Verfolgten des Naziregimes, des Vereins Weißenburg e.V. sowie des Bunds der Jenischen in Deutschland.
Der wissenschaftliche Leiter des Verbands Deutscher Sinti und Roma Baden-Württemberg, Dr. Tim Müller, beleuchtete in seinem Grußwort das Thema Widerstand aus Sicht der Opfergruppen: „Die Opfer des Nationalsozialismus, derer heute gedacht wird, waren nicht nur Opfer. Das müssen wir zu begreifen lernen. Die Opfer des Nationalsozialismus waren auch Menschen, die angesichts von Verfolgung und Tod ihre Würde zu behaupten, anderen zu helfen, sich der Gewaltherrschaft entgegenzustellen versuchten.“ Er erinnerte an die kürzlich verstorbene Auschwitz-Überlebende Zilli Schmidt. In einem Fachvortrag sprach anschließend Prof. Angela Borgstedt, Geschäftsführerin der Forschungsstelle Widerstand gegen den Nationalsozialismus im deutschen Südwesten der Universität Mannheim, über Widerstand gegen den Nationalsozialismus und Widerständigkeit im Alltag. Sie betonte: „Eines macht die Beschäftigung mit dem Widerstand in der NS-Diktatur überdeutlich: Wirksamer Widerstand muss vorverlagert, präventiv sein, weil in einer einmal etablierten Diktatur die Handlungsmöglichkeiten gering sind und der Preis für Gegenwehr immens ist.“
Das Zentrum für Gestaltung Ulm beteiligte sich mit einem künstlerischen Beitrag zum Thema „Zivilcourage“. Musikalisch begleitet wurde die Veranstaltung durch das Cymin Samawatie Ensemble.
Der Feier ging ein stilles Gedenken voraus. Dabei legten unter anderem Vertreterinnen und Vertreter des Landes und von Opferorganisationen beim Mahnmal für die Opfer nationalsozialistischer Gewaltherrschaft (zwischen Altem Schloss und Karlsplatz in Stuttgart) Kränze und Gestecke nieder.
Im Anschluss an die Gedenkfeier waren alle Besucherinnen und Besucher zu Gesprächen und Begegnungen ins Foyer im Haus des Landtags eingeladen. Opferorganisationen informierten an Ständen über ihre Arbeit. Zudem gab es die Möglichkeit, an Führungen durch die Stauffenberg-Gedenkstätte, das Hotel Silber und die Ausstellung #StolenMemory vor dem Landtagsgebäude teilzunehmen.
Die Wanderausstellung #StolenMemory ist noch bis zum 15. Februar 2023 in einem Ausstellungscontainer auf dem Opernvorplatz zu sehen. Im Mittelpunkt stehen der letzte Besitz von KZ-Inhaftierten und die Frage, wie es heute noch gelingt, dieses Erbe an Familien der Opfer zurückzugeben. Die Ausstellung ist von Montag bis Freitag, 8.00 bis 20.00 Uhr, sowie samstags von 9.00 bis 17.00 Uhr geöffnet und wird von der vhs Stuttgart und Kooperationspartnern mit einem Veranstaltungsprogramm begleitet: https://vhs-stuttgart.de/stolenmemory (externer Link)
Der Mitschnitt der Liveübertragung aus dem Plenarsaal wird zeitnah in die Mediathek auf der Homepage des Landtags gestellt:
https://www.landtag-bw.de/home/mediathek/videos.html (externer Link)
Umweltausschuss berät über Klimaschutzgesetz
Stuttgart. Der Ausschuss für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft hat in seiner Sitzung am Donnerstag, 26. Januar 2023, über den Gesetzentwurf zum Klimaschutz- und Klimawandelanpassungsgesetz beraten. Das hat der Ausschussvorsitzende Daniel Karrais (FDP/DVP) mitgeteilt. Nach der Öffentlichen Anhörung mit Sachverständigen und kommunalen Vertreterinnen und Vertretern am Dienstag, 24. Januar 2023, befasste sich der Umweltausschuss in der nicht öffentlichen Sitzung am Donnerstag erneut mit dem Entwurf der Landesregierung und dem geplanten Klima-Maßnahmen-Register.
Die Fortentwicklung des Klimaschutzgesetzes zu einem Klimaschutz- und Klimawandelanpassungsgesetz wurde von der Landesregierung im September 2022 beschlossen. Mit der Novelle solle Baden-Württemberg das erste Bundesland sein, das konkrete Ziele für die Einsparung von Treibhausgasen für die unterschiedlichen Bereiche mittels Sektorzielen gesetzlich verankere, gab Karrais die Ausführungen von Regierungsseite wieder. Bis 2030 sollen demnach die Treibhausgasemissionen um 65 Prozent im Vergleich zu 1990 gesenkt werden, bis spätestens 2040 solle Baden-Württemberg die Netto-Treibhausgasneutralität erreichen. „Das Klimaschutzgesetz ist ein maßgebliches Gesetz für unser Land mit sehr hoch gesteckten Zielen, darüber sind wir uns im Gremium einig“, so der Vorsitzende.
Karrais zufolge diskutierten die Ausschussmitglieder unter anderem auf Antrag der FDP/DVP-Fraktion, inwiefern die angedachten Klimaziele im Land eingehalten werden können sowie die im Gesetzentwurf festgelegten Sektorziele. Vonseiten der Antragsteller sei kritisiert worden, dass die festgelegten Sektorziele nicht zielführend seien und den Unternehmen im Land wirtschaftlichen Schaden zufügen könnten, so Karrais. Stattdessen solle das Gesamtziel im Fokus stehen.
Ministerin Walker habe vor dem Ausschuss betont, dass die Sektorziele die Brücke von abstrakten Klimazielen zu konkreten Handlungsfeldern beim Klimaschutz schlügen, berichtete der Ausschussvorsitzende. Zur Einhaltung der Klimaziele sei in allen Sektoren ein sehr hohes Ambitionsniveau und schnelle Umsetzung, insbesondere für den Zeitraum bis 2030, notwendig. Die von den Antragsstellern geforderten jährlichen Zwischenziele für die einzelnen Sektoren, ähnlich dem Bundes-Klimaschutzgesetz, habe die Ministerin abgelehnt, so Karrais.
Vonseiten der Opposition habe es zudem die Nachfrage nach dem Zeitplan für das noch nicht vorliegende Klima-Maßnahmen-Register (KMR) gegeben. Das Klima-Maßnahmen-Register als Weiterentwicklung des Integrierten Energie- und Klimaschutzkonzeptes (IEKK) sei zentraler Baustein bei der Umsetzung der Klimaschutzziele des Landes, gab Karrais die Ausführungen von Ministeriumsseite wieder. Es werde von der Ministerin bedauert, dass das KMR zwar im Gesetzentwurf benannt sei, aber aufgrund von Abstimmungsprozessen noch nicht vorliege. Grundsätzlich sei aber geplant, das Register als lernendes System und in Absprache mit dem Parlament, den Fachressorts und Sachverständigen jährlich fortzuschreiben. Im KMR verankert werden sollen konkrete Maßnahmen, die reif für die Umsetzung sind.
Ebenso noch einmal thematisiert worden sei die geplante Wärmewende und die Finanzierung des Wärmeausbaus angesichts der aktuellen Energiekrise, berichtete Karrais. Vor allem von Oppositionsseite sei im Ausschuss nochmals vor einem Anschluss- und Benutzungszwang gewarnt worden und angemahnt worden, neuen Technologien wie der Speicherung von CO2 in tiefliegenden geologischen Gesteinsschichten offen gegenüber zu stehen.
Ausschuss für Landesentwicklung und Wohnen befasst sich mit sozialem Wohnungsbau
Stuttgart. Der Ausschuss für Landesentwicklung und Wohnen hat sich in seiner Sitzung am Mittwoch, 25. Januar 2023, aufgrund mehrerer Anträge mit dem Thema sozialer Wohnungsbau befasst. „Die Abgeordneten haben im Ausschuss vor allem die Frage diskutiert, mit welchen Instrumenten mehr bezahlbarer Wohnraum geschaffen werden kann und wie Kommunen hierbei unterstützt werden können“, sagte die Ausschussvorsitzende Christiane Staab (CDU). Auch die Frage von Wohnraum für Geflüchtete sei ein Schwerpunktthema gewesen.
Zunächst befasste sich das Gremium mit dem Förderprogramm „Wohnraum für Geflüchtete“, welches von der Landesregierung als Reaktion auf den durch die Fluchtbewegung aus der Ukraine entstandenen zusätzlich notwendigen Wohnraum aufgelegt worden ist. Seit Kriegsbeginn seien in Baden-Württemberg 125.000 Geflüchtete registriert worden. Das Programm biete Fördermöglichkeiten für Neubaumaßnahmen ebenso wie für den Erwerb neuen Wohnraums und Änderungs- und Erweiterungsmaßnahmen. Adressat der Förderung seien Städte und Gemeinden in Baden-Württemberg, sagte Staab.
Ministerin Nicole Razavi (CDU) habe mitgeteilt, dass das Land mit dem Förderprogramm einen wichtigen und substantiellen Beitrag zur Unterstützung der Städte und Gemeinden in Baden-Württemberg angesichts der großen aktuellen Herausforderungen leiste. Für die Jahre 2022 und 2023 stünden Fördermittel in Höhe von insgesamt 80 Millionen Euro zur Verfügung. Es werde davon ausgegangen, dass mit dem Förderprogramm zusätzlicher Wohnraum für mehrere Tausend Geflüchtete geschaffen werden könne. Razavi zufolge seien bislang 97 Anträge gestellt worden, wovon wahrscheinlich 9 abgelehnt werden müssten. Die übrigen 88 Anträge hätten ein Gesamtvolumen von rund 36 Millionen Euro. Die Ausschussmitglieder hätten das Förderprogramm des Landes ausdrücklich begrüßt. Ministerin Razavi habe sich im Ausschuss für die große Geschlossenheit bedankt, berichtete Staab.
Ein weiteres Thema im Ausschuss sei die bundes- und landesseitige Förderung des sozialen Wohnungsbaus gewesen. Im Zuge der Vereinbarungen, die das Bündnis bezahlbarer Wohnraum im Oktober 2022 getroffen habe, habe sich der Bund dazu verpflichtet, bis 2026 14,5 Milliarden Euro zur Förderung des sozialen Wohnungsbaus für die Länder bereitzustellen. Im Gegenzug hätten sich die Länder zu einer bedarfsgerechten Kofinanzierung dieser Mittel verpflichtet. Für das Jahr 2022 stelle der Bund den Ländern einen Verpflichtungsrahmen in Höhe von insgesamt zwei Milliarden Euro zur Verfügung. Auf Baden-Württemberg entfielen 13 Prozent bzw. 260,8 Millionen Euro. Im Finanzplan zum Bundeshaushalt 2022 seien für das Jahr 2023 Programmmittel in Höhe von 2,5 Milliarden Euro und für das Jahr 2024 Programmmittel in Höhe von drei Milliarden Euro für den sozialen Wohnungsbau vorgesehen. Baden-Württemberg erhalte hiervon im Jahr 2023 326 Millionen Euro und 2024 391,2 Millionen Euro.
Die „bedarfsgerechte Kofinanzierung“ ergibt sich Staab zufolge zum einen aus den jeweiligen Verwaltungsvereinbarungen zwischen Bund und Ländern. Demnach stellen die Länder für die Förderung im Bereich des sozialen Wohnungsbaus jeweils Landesmittel im Umfang von mindestens 30 Prozent der von ihnen in Anspruch genommenen Bundesmittel bereit. Bei der Haushaltsplanung werde ein Landesanteil zugrunde gelegt, der ganz bewusst höher als die geforderte komplementäre Finanzierung für die Inanspruchnahme der Bundesmittel sei. Er betrage derzeit mindestens 35 Prozent. Die Kofinanzierung sei in der Mittel- und Finanzplanung des Landes derart ausgestaltet, dass der jeweilige Verpflichtungsrahmen des Bundes jeweils mit einem Anteil von mindestens 35 Prozent an Landesmitteln kofinanziert werde (2023: 117,4 Mio. Euro bzw. 36 Prozent; 2024: 140,2 Mio. Euro bzw. 35,8 Prozent). Zusammen mit dem Förderbeitrag der L-Bank (jährlich 20 Mio. Euro) ergibt sich daraus jeweils der Bewilligungsrahmen (2023: 463,4 Mio. Euro; 2024: 551,4 Mio. Euro).
Drittes Thema waren kommunale Beratungsangebote sowie Instrumente zur Aktivierung von Leerstand. Ministerin Razavi habe ausgeführt, dass kommunale Beratungsangebote zur Umsetzung von Wohnungstausch und Umbau- bzw. Umwandlungsprojekten in Baden-Württemberg keiner landesweiten statistischen Erfassung unterliegen. Sie habe jedoch exemplarisch mehrere Kommunen wie Freiburg, Leinfelden-Echterdingen und Stuttgart genannt, die Wohnungstauschprogramme oder Umbau- bzw. Umwandlungsprojekten anbieten. Mit Blick auf Maßnahmen zur Aktivierung von Leerstand habe Ministerin Razavi unter anderem auf die Programme Wohnraumoffensive und Städtebauförderung verwiesen. Insbesondere die Städtebauförderung sei ein sehr starkes Instrument, um mehr bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Darüber hinaus gebe es noch weitere Maßnahmen wie das Förderprogramm „Flächen gewinnen durch Innenentwicklung“ oder das Förderangebot der Begründung von Miet- und Belegungsbindungen.
Kritik an schlechter Datenlage in Sachen Dialyseversorgung
Stuttgart. Mit der Dialyseversorgung in Baden-Württemberg hat sich der Ausschuss für Soziales, Gesundheit und Integration – neben weiteren Themen – in der Sitzung am Mittwoch, 25. Januar 2023, befasst. Wie der Ausschussvorsitzende Florian Wahl (SPD) berichtete, zeigten sich Vertreter von CDU, SPD und AfD überrascht angesichts der insgesamt lückenhaften Datenlage zum Thema. Sie hätten die Forderung unterstützt, ein Dialyseregister einzurichten.
Der Sozialausschuss beschäftigte sich auf Antrag der CDU mit der Versorgung nierenkranker und daher dialysepflichtiger Menschen. Sie hatte dazu einen umfangreichen Fragenkatalog an das Sozialministerium gerichtet. Nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Wahl erklärte die CDU in der Sitzung, sie habe mit dem Antrag auf besorgte Berichte von Betroffenen reagiert, deren Dialyse-Sitzungen gegen Ende der Pandemie verkürzt oder verschoben worden seien, so zum Beispiel aufgrund von personellen Engpässen.
Aus der Antwort des Ministeriums wird ersichtlich, dass die genaue Zahl der Patientinnen und Patienten im Land, die auf eine Blutwäsche (Dialyse) angewiesen sind, nicht bekannt ist. Laut Ministerium geht die Kassenärztliche Vereinigung (KVBW) für 2022 aufgrund von Abrechnungsdaten dialysepflichtiger ambulanter Fälle von 9.169 (2021: 10.491) Personen aus. Darin seien aber stationäre Fälle und privat krankenversicherte Menschen nicht enthalten.
Laut Wahl zeigte sich die SPD in der Sitzung überrascht von der lückenhaften Datenlage. Eine belastbare Bestandaufnahme etwa hinsichtlich der Dialysekapazitäten im Land sei nicht möglich, wenn etwa Zahl, Alter und Geschlecht der dialysepflichtigen Menschen im Dunkeln lägen. Die CDU habe sich dafür ausgesprochen, umfassende Daten zu erheben und ein Dialyseregister zur künftigen Versorgungsplanung einzurichten, wie von Nierenspezialisten seit langem gefordert. SPD und AfD hätten sich dieser Forderung angeschlossen, so Wahl. Sozialminister Manfred Lucha (Grüne) habe versichert, er werde sich weiter für ein solches Register einsetzen.
Wie das Ministerium weiter mitteilte, wurden 2021 im Land 237 Nierentransplantationen vorgenommen, davon 83 nach Lebendspende. 2020 waren es 232 Transplantationen, davon 64 nach Lebendspende. Auf der Warteliste für ein Spenderorgan befanden sich 2021 demnach 805 Personen (2020: 797). Nach Angaben des Ausschussvorsitzenden lobte Minister Lucha in der Sitzung die Bemühungen auch seines Hauses, die Transplantationszahlen zu erhöhen. Baden-Württemberg schneide besser ab, als nach dem Bundestrend zu erwarten sei.
In Baden-Württemberg gibt es nach Angaben des Ministeriums in 15 Krankenhäusern 180 stationäre Dialyse-Plätze, die teils auch für die teilstationäre Behandlung zur Verfügung stehen. Die KVBW nennt laut Ministerium 85 Dialyseeinrichtungen, wiederum aufgrund von kassenärztlichen Abrechnungsdaten.
Mit Blick auf das stationäre und teilstationäre Dialyse-Angebot an Kliniken sieht das Ministerium einen eingeschränkten Zugang für Patientinnen und Patienten im Schwarzwald, auf der Schwäbischen Alb sowie in Oberschwaben. Dies werde „gegebenenfalls durch ein entsprechend ambulantes Angebot kompensiert“. Es lägen aber keine Anzeigen für eine Dialyse-Unterversorgung im Land vor, habe Lucha vor dem Ausschuss erklärt, so der Vorsitzende Wahl.
Gespräch über Ratspräsidentschaft Schwedens und über anstehende Präsidentschaft Baden-Württembergs bei den „Vier Motoren für Europa“
Stuttgart. Der Ausschuss für Europa und Internationales hat in seiner Sitzung am Mittwoch, 25. Januar 2023, mit dem Botschafter des Königreichs Schweden, Per Anders Thöresson, über die Schwerpunkte der schwedischen EU-Ratspräsidentschaft gesprochen. „Schweden hat sich ein gewaltiges Arbeitsprogramm vorgenommen“, sagte der Vorsitzende Willi Stächele (CDU). Außerdem befasste sich das Gremium mit der anstehenden Präsidentschaft Baden-Württembergs bei den „Vier Motoren für Europa“.
Sicherheit, Wettbewerbsfähigkeit, grüner Wandel und Energiewende sowie demokratische Werte und Rechtsstaatlichkeit sind die vier Prioritäten der schwedischen Ratspräsidentschaft. So führte Per Anders Thöresson aus, dass der schwedische Ratsvorsitz der weiteren Unterstützung der Ukraine Priorität einräume, etwa wirtschaftlicher und militärischer Art, aber auch auf ihrem Weg in die EU. Überdies sei es für die EU unerlässlich, sich weiter auf die Förderung des Wirtschaftswachstums zu konzentrieren. Hier wolle man sich bemühen, einen konzertierten Ansatz für die europäische Wettbewerbsfähigkeit an der Spitze der politischen Agenda zu verankern, betonte der Botschafter. Thöresson erläuterte, dass die Herausforderungen des globalen Klimawandels globale Antworten erforderten. Europa müsse mit gutem Beispiel vorangehen, indem es ehrgeizige Klimaziele erreicht, die Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit stärken. „Fit for 55“ solle in die Tat umgesetzt und die Energiewende beschleunigt werden. Ein weiteres Fundament der schwedischen EU-Ratspräsidentschaft sei die Wahrung des Prinzips der Rechtsstaatlichkeit und der Grundrechte. „Die EU muss einen ständigen, kritischen Dialog etwa mit Ungarn und Polen aushalten“, bemerkte Willi Stächele.
Schweden hat seit 1. Januar 2023 zum dritten Mal den halbjährlichen Vorsitz im Rat der Europäischen Union übernommen und folgt auf die Tschechische Republik. Per Anders Thöresson ist seit März 2017 schwedischer Botschafter in Deutschland. Davor war er Botschafter und stellvertretender Leiter Schwedens bei den Vereinten Nationen in New York.
Überdies hat sich der Europaausschuss mit dem mündlichen Bericht von Staatssekretär Florian Hassler zu den Überlegungen zur 2023 anstehenden Präsidentschaft Baden-Württembergs der „Vier Motoren für Europa“ befasst. Leitthema solle sein, so Hassler, neue wirtschaftliche Perspektiven in Europa zu finden, etwa durch interregionale Zusammenarbeit, durch eine Transformation der Wirtschaft und die Stärkung regionaler Lieferketten. Als politische Schwerpunkte der Präsidentschaft nannte Hassler u.a. gemeinsame Interessen in Brüssel vertreten und Kontakte zu partnerschaftlich verbundenen Regionen pflegen. Der Landtag solle durch die Teilnahme an Veranstaltungen und Reisen beteiligt werden. Außerdem solle ein Parlamentariertreffen aus den Regionalparlamenten der „Vier Motoren“ angeregt werden. Weiter habe Hassler vorgeschlagen, die „Vier Motoren“ in geplante Veranstaltungen wie etwa die Start-up Night Mannheim 2023 oder den Plaza Culinaria in Freiburg zu integrieren. Am 20. März 2023 findet die feierliche Übergabe der Präsidentschaft von Auvergne-Rhônes-Alpes an Baden-Württemberg statt. „Es ist ganz im Sinne des Europaausschusses, dass hier die Zusammenarbeit mit dem Landtag gestärkt werden soll und wir Parlamentarier an Bord geholt werden“, freute sich der Ausschussvorsitzende Stächele. Das 1988 gegründete Netzwerk „Vier Motoren für Europa“, der die Regionen Lombardei (Italien), Katalonien (Spanien), Auvergne-Rhône-Alpes (Frankreich) und Baden-Württemberg angehören, ist eine wichtige Partnerschaft für das Land. Vier wirtschafts- und forschungsstarke Regionen in Europa bündeln hier ihre Interessen.
Zu Beginn der Sitzung war es dem Vorsitzenden Willi Stächele ein Anliegen, den Blick auf aktuelle europapolitische Themen zu werfen. So betonte er, dass die Friedenssicherung nach dem verheerenden Weltkrieg als zentrales Motiv für europäische Verständigung wieder ganz nach vorne gerückt sei. Es gehe im Lichte des verbrecherischen Angriffskrieges von Putin um eine neue europäische Friedensordnung, aber auch um die gemeinsame Gestaltungskraft der Europäischen Union für eine friedenssichernde, regelbasierte Weltordnung. Der Krieg gegen europäische Werte habe bewirkt, dass sich alle Staaten der EU auf ihre gemeinsame Verteidigungsfähigkeit besonnen und zu mehr Anstrengungen für äußere Sicherheit im Rahmen der Nato motiviert hätten. „Der 60. Jahrestag zum Abschluss des Elyseevertrages soll die Antriebsmotoren Frankreich und Deutschland wieder stärker laufen lassen“, forderte Stächele. Gerade Baden-Württemberg, nachbarschaftlich eng mit Frankreich verbunden, könne mit Partnerschaften, kommunal und regional, diesen Prozess aktiv begleiten.
Sachverständige beurteilen neuen Gesetzentwurf zum Klimaschutzgesetz
Stuttgart. In einer Öffentlichen Anhörung hat der Ausschuss für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft am Dienstag, 24. Januar 2023, über das Klimaschutz- und Klimawandelanpassungsgesetz beraten und Sachverständige aus Kommunalpolitik und Verbänden zu einer Stellungnahme eingeladen. „Das Klimaschutzgesetz ist ein maßgebliches Gesetz für unser Land“, sagte Vorsitzender Daniel Karrais (FDP/DVP) zu Beginn der Anhörung. „Im neuen Gesetzentwurf sind viele Ziele und Maßnahmen formuliert, die massive Eingriffe nach sich ziehen, daher ist es wichtig, dass wir uns intensiv mit diesem Entwurf beschäftigen.“
Die Vorsitzende des Klima-Sachverständigenrats, Maike Schmidt, forderte eine Fokussierung in der Klimadebatte und schnelles, wirkungsvolles Handeln, um Baden-Württemberg als lebenswertes Land und als Wirtschaftsstandort zu erhalten: „Das Ambitionsniveau der Ziele des Klimaschutzgesetzes ist der Situation angemessen – das politische Handeln ebenso wie das Verwaltungshandeln sind es nicht.“ Schmidt sieht die Erreichung der Ziele in Frage gestellt, da wesentliche konkrete Maßnahmen fehlten. Dr. Martin Pehnt, Mitglied des Klima-Sachverständigenrats, ergänzte mit Blick auf den Gebäude- und Wärmemarkt: „Das auf 2040 vorgezogene Klimaneutralitätsziel erfordert wirkmächtige Instrumente, die im Klimaschutzgesetz und im Klima-Maßnahmen-Register bislang fehlen.“
Für die kommunale Seite sprach zunächst Steffen Jäger, Präsident des baden-württembergischen Gemeindetags: „Wir unterstützen die Zielstellung des Gesetzentwurfs ausdrücklich und begrüßen die Weiterentwicklung zum Klimawandelanpassungsgesetz.“ Er verwies ebenso wie Nathalie Münz vom baden-württembergischen Landkreistag auf die schriftlichen Stellungnahmen von Gemeinde- bzw. Landkreistag zum Gesetzentwurf. Vonseiten des Landkreistags wurde zudem eine Präzisierung der Erwartungen und Adressaten des Klima-Maßnahmen-Registers gefordert. „Wenn die kommunale Seite betroffen ist, müssen wir frühzeitig beteiligt und eng miteinbezogen werden“, so Münz. Dr. Susanne Nusser vom baden-württembergischen Städtetag betonte diesbezüglich: „Die allermeisten Maßnahmen werden in und durch die Kommunen durchgesetzt werden müssen.“ Die Städte im Land seien nicht Teil des Problems, sondern Teil der Lösung und wollten Klimaschutz aktiv mitgestalten. Die kommunale Seite hob stark hervor, dass die zusätzlichen Aufgaben entsprechend finanziell durch das Land hinterlegt sein müssten. „Die Konnexität ist klar gegeben“, brachte es Nathalie Münz auf den Punkt.
Die Landesvorsitzende des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND), Sylvia Pilarsky-Grosch, appellierte, statt der bisherigen zwei mindestens drei Prozent der Landesfläche für Windenergie und Photovoltaik-Freiflächenanlagen zu veranschlagen und Klimaschutz als kommunale Aufgabe im Klimaschutzgesetz stärker festzuschreiben. „Die Wärmewende ist noch einmal deutlich komplexer als die Stromwende mit regional sehr unterschiedlichen Wärmequellen und -bedarfen“, so Pilarsky-Grosch weiter. Torsten Höck, Geschäftsführer des Verbands für Energie- und Wasserwirtschaft Baden-Württemberg (VfEW), begrüßte in seinem Vortrag, dass neben erneuerbaren Energien auch der Ausbau der Verteilnetze mitfokussiert werde und blickte auf das kommende Jahr: „Wir werden im nächsten Jahr einen Photovoltaik-Boom erleben.“ Er unterstrich außerdem, dass die Sektorziele als Richtgrößen gesehen werden könnten, jedoch eine Verbindlichkeit nicht zielführend sei. „Im Energiesektor haben wir einen klaren Pfad zur Zielerreichung“, hob Höck hervor. Jörg Knapp vom Fachverband Sanitär-Heizung-Klima Baden-Württemberg mahnte vor dem Gremium, die geplanten gesetzlichen Regelungen offen zu formulieren, um Bürgerinnen und Bürgern Wahlmöglichkeiten zu geben und Frustrationen zu vermeiden: „Gerade bei dem geplanten Wärmenetzausbau ist es zwingend erforderlich, dass das gemeinsam mit den Menschen vor Ort passiert.“ Knapp betonte stellvertretend für das gesamte Handwerk, dass es dringend Fachkräfte brauche, die die Maßnahmen auch umsetzen können. „Es stellt sich außerdem die Frage, wie man das alles bezahlen soll. Für Einfamilienhäuser bedeutet das einen Invest von 40.000 bis 80.000 Euro. Das müssen Sie erstmal bringen“, stellte der Vertreter des Handwerks klar.
In der anschließenden Frage- und Antwortrunde bedankten sich die Ausschussmitglieder bei den Sachverständigen für ihre Einschätzung des neuen Gesetzentwurfs und richteten weiterführende fachliche Fragen an die Expertenrunde. Am Donnerstag, 26. Januar 2023, wird der Ausschuss für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft in einer nicht öffentlichen Sitzung weiter über den Gesetzentwurf zum Klimaschutz- und Klimawandelanpassungsgesetz beraten.
Präsidentin Aras: Die Bekämpfung von Antisemitismus muss gestärkt und Hassbotschaften vehement entgegengetreten werden
Brüssel/Stuttgart. Die Präsidentinnen und Präsidenten der deutschen und österreichischen Landesparlamente, des Südtiroler Landtags und des Parlaments der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens haben sich am Montag, 23. Januar 2023, in Brüssel, zu einer Europakonferenz getroffen. Im Mittelpunkt der Tagung, an der auch Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) teilnahm, standen neben einem Meinungsaustausch mit der Präsidentin des Europäischen Parlaments, Roberta Metsola, vor allem die Annahme einer Erklärung zur „Strategie der Europäischen Union zur Bekämpfung von Antisemitismus und zur Förderung jüdischen Lebens (2021-2030)“.
Die Strategie, die die EU-Antisemitismusbeauftragte Katharina von Schnurbein in der Sitzung vorstellte, wurde von der EU-Kommission im Oktober 2021 vorgelegt. Mit dem Vorhaben will die EU-Kommission vor allem eine Angleichung der Bemühungen der Mitgliedstaaten und ihrer Regionen bei der Bekämpfung des Antisemitismus erreichen und deren Bemühungen unterstützen. „Antisemitismus ist mit unseren europäischen Grundwerten schlichtweg unvereinbar. Es ist eine Schande, dass Jüdinnen und Juden zunehmend Verschwörungsmythen, Hass und Hetze auf der Straße wie im Netz erfahren, dagegen müssen wir uns wehren“, betonte die Landtagspräsidentin. „Gegenüber der EU-Antisemitismusbeauftragten habe ich die Erwartung zum Ausdruck gebracht, dass die Europäische Kommission entschiedenen Druck auf Facebook, Twitter, youtube und Co. macht, damit sie Hassbotschaften umgehend löschen“, so Aras.
In ihrer Erklärung betonen die Präsidentinnen und Präsidenten die Rolle und Verantwortung von Landesparlamenten bei der Bekämpfung des Antisemitismus und der Umsetzung der EU-Strategie. Daher fordern sie, die Landesparlamente an dem parlamentarischen Dialog zu beteiligen, den die EU-Kommission mit dem Europäischen Parlament und den nationalen Parlamenten zur Förderung neuer Maßnahmen zur Verhinderung von Antisemitismus im Rahmen der EU-Strategie plant.
Abschließend sprechen sich die Präsidentinnen und Präsidenten, auch als Maßnahme des Vertrauensaufbaus in staatliches und politisches Handeln, für eine weitere Stärkung der Aktivitäten und des Engagements von Landesparlamenten zur Förderung des jüdischen Lebens, der Antisemitismusprävention und Bewahrung einer lebendigen Erinnerungs- und Gedenkkultur aus.
„Der Landtag von Baden-Württemberg“, so Aras, „engagiert sich auf vielfältige Weise, um Antisemitismus entgegenzustehen, jüdisches Leben zu fördern und eine nachhaltige Erinnerungskultur an die Shoah zu pflegen. Gerade das Gedenken und Erinnern an die Shoah und die Vermittlung eines Geschichtsbewusstseins sind zentral, da sich daraus auch das Verständnis für die Gesellschaft der Gegenwart und ihre demokratische Grundordnung speist“, betonte Aras. Am Freitag, 27. Januar 2023, erinnert der Landtag von Baden-Württemberg etwa in einer zentralen Gedenkveranstaltung in Stuttgart an die Opfer des Nationalsozialismus.
Hintergrund:
Die Präsidentinnen und Präsidenten der deutschen und österreichischen Landesparlamente und des Südtiroler Landtages sowie des Deutschen Bundestages und des deutschen und österreichischen Bundesrates unter Beteiligung des Parlaments der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens treffen sich jährlich im Rahmen einer Europakonferenz, in der Regel in Brüssel, zum Austausch über aktuelle europapolitische Themen. Der Landtag Nordrhein-Westfalen hat 2023 gemeinsam mit dem Kärntner Landtag die Federführung.
Anlage: Brüsseler Erklärung (Die vollständige Brüsseler Erklärung haben wir als pdf-Dokument dieser Pressemitteilung beigefügt).
Status als Betroffener wird IdP nicht zuerkannt
Stuttgart. In seiner nicht öffentlichen Sitzung am Montag, 23. Januar 2023, hat der Untersuchungsausschuss „IdP & Beförderungspraxis“ über zwei Anträge des Inspekteurs der Polizei (IdP) entschieden. So auch über den Antrag, ihm den Status als Betroffener des Ausschusses zuzuerkennen. Wie die Ausschussvorsitzende Daniela Evers (Grüne) berichtete, lehnte das Gremium den Antrag mehrheitlich ab.
Mit rechtsanwaltlichen Schreiben hatte der Inspekteur der Polizei beantragt, seine Eigenschaft als Betroffener nach § 19 Untersuchungsausschussgesetz (UAG) des Untersuchungsausschusses „IdP & Beförderungspraxis festzustellen. Weiter wurde auch die richterliche Durchsicht behördlich an den Untersuchungsausschuss vorgelegter und noch vorzulegender sächlicher Beweismittel, insbesondere von Ermittlungsakten, beantragt.
Der Ausschuss hat in seiner nicht öffentlichen Sitzung über diese Anträge beraten und mehrheitlich beschlossen, dem Inspekteur der Polizei den Status als Betroffener nicht zuzuerkennen. Das erklärte die Ausschussvorsitzende Daniela Evers (Grüne). Eine Stellung des Inspekteurs der Polizei als Betroffener würde laut Evers nach den geltenden gesetzlichen Bestimmungen (§ 19 UAG) im konkreten Einzelfall nur dann in Betracht kommen, wenn der Untersuchungsausschuss die Absicht hätte, im Rahmen seines Abschlussberichts eine Äußerung darüber abzugeben, ob eine persönliche Verfehlung des IdP vorliegt. Insoweit habe der Untersuchungsausschuss entschieden, dass zum aktuellen Zeitpunkt eine solche Äußerung über eine persönliche Verfehlung des IdP im Rahmen seines Untersuchungsauftrags weder naheliegend noch beabsichtigt ist. Dies insbesondere deshalb, weil der Untersuchungsauftrag des Ausschusses weder eine Aufklärung noch eine Würdigung etwaiger gegen die Person des IdP erhobener Vorwürfe umfasse. Insbesondere sei es nicht Aufgabe des Untersuchungsausschusses, die gegen den IdP erhobenen Vorwürfe, welche Gegenstand eines Strafverfahrens vor dem Landgericht Stuttgart sind, zu untersuchen. Gegenstand der Untersuchungen des Ausschusses sei diesbezüglich vielmehr die Frage, wie auf politischer und behördlicher Ebene, also durch Dritte, mit den gegen den IdP erhobenen Vorwürfen nach deren Bekanntwerden umgegangen wurde, so Evers. Damit sei auch nicht erkennbar, dass der Inspekteur der Polizei konkret aufgrund der Tätigkeit des Untersuchungsausschusses in Bezug auf die gegen ihn erhobenen strafrechtlichen Vorwürfe eine Vorverurteilung erfahren oder in der ihm verfassungsrechtlich zustehenden Unschuldsvermutung verletzt würde.
Den weiteren Antrag auf richterliche Durchsicht hat der Untersuchungsausschuss nach Angaben der Vorsitzenden Evers ebenfalls im Rahmen der nicht öffentlichen Sitzung vom 23. Januar 2023 beraten und abgelehnt. Dies deshalb, weil eine rechtliche Prüfung ergeben habe, dass die gesetzlichen Voraussetzungen einer Vorlage an einen Richter nicht erfüllt sind. Eine solche richterliche Durchsicht sei bei Aktenvorlagen durch Behörden gesetzlich nur vorgesehen, wenn die vorlegenden öffentlichen Stellen aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht in der Lage sind, die Akten selbst auf etwaige auszusondernde Bestandteile zu sichten. Hierauf habe sich jedoch keine der aktenvorlegenden Stellen gegenüber dem Untersuchungsausschuss berufen, so Evers.
Folgen des 9-Euro-Tickets und Flughäfen im Fokus
Stuttgart. Eine Bilanz des 9-Euro-Tickets hat der Ausschuss für Verkehr in seiner Sitzung am Donnerstag, 19. Januar 2023, gezogen. Ein weiteres Thema unter anderen war nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Rüdiger Klos (AfD) die Personalsituation an den Flughäfen im Land.
Mit einer Bilanz des 9-Euro-Tickets befasste sich der Ausschuss auf Antrag der SPD, die einen umfangreichen Fragenkatalog an das Verkehrsministerium gerichtet hatte. Aus der Antwort geht hervor, dass laut einer Umfrage 58 Prozent der Bürgerinnen und Bürger im Land den ÖPNV im Aktionszeitraum mindestens ein Mal im Monat genutzt haben. 15 Prozent haben ihn demnach fast täglich genutzt. Vor der Aktion im vergangenen Sommer hatte dieser Wert bei 14 Prozent gelegen. Entsprechend rückläufig sei die Anzahl derjenigen Bürger gewesen, die das Auto täglich genutzt hätten, so das Ministerium. Dieser Wert sei um rund vier Prozentpunkte gefallen.
Nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Klos erklärte Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) in der Sitzung, das 9-Euro-Ticket sei insofern als gutes Experiment zu sehen, da es in seiner Folge nun künftig ein bundesweites 49-Euro-Ticket geben werde. Wenn alle Akteure im Bund und in den Ländern sich anstrengten, sei ein Start am 1. Mai möglich.
Grüne, CDU und SPD hätten erklärt, das 9-Euro-Ticket habe gezeigt, dass hohe Investitionen in die Infrastruktur des ÖPNV erforderlich seien, um steigende Fahrgastzahlen zu bewältigen, berichtete Klos. Mehr und verlässlichere Busse und Bahnen müssten verkehren, um die Menschen dazu zu bewegen, auf das Auto zu verzichten. Minister Hermann habe in diesem Zusammenhang bekräftigt, es sei klüger gewesen, die bis zur noch ausstehenden Schlussrechnung geschätzt rund drei Milliarden Euro für das 9-Euro-Ticket in die Infrastruktur zu stecken und erst dann über eine attraktive Preisgestaltung für die Nutzung von Bussen und Bahnen zu sprechen. Das Ticket sei im Sinne eines besseren ÖPNV mit mehr Nutzern nur ein Strohfeuer gewesen.
Auf Antrag der AfD befasste sich der Ausschuss mit der Personalsituation an den Flughäfen und möglichen Auswirkungen auf Wartezeiten für Passagiere. Nach Auskunft des Verkehrsministeriums sind derzeit 68,5 Stellen an den drei Flughäfen im Land nicht besetzt, davon allein 30 in Stuttgart. Dem Ministerium seien darauf zurückzuführende Veränderungen der Wartezeiten nicht bekannt. Nach Angaben des Ausschussvorsitzenden erklärte der Minister auf Nachfrage der AfD in der Sitzung, genaue Angaben zum Thema könnten nur die Flughäfen selbst machen.
Enquetekommission beginnt mit Anhörungen zum Thema staatliche Krisenvorsorge und -bekämpfung
Stuttgart. Die Enquetekommission „Krisenfeste Gesellschaft“ hat in ihrer Sitzung am Freitag, 20. Januar 2023, mit den Anhörungen zum zweiten Handlungsfeld „Staatliche Krisenvorsorge, Krisenfrüherkennung sowie Krisenbekämpfung“ begonnen. Als erstes sprachen die Mitglieder des Gremiums mit Innenminister Thomas Strobl (CDU) über das Thema. „Die Corona-Pandemie hat eindrücklich gezeigt, wie schnell Staaten und Gesellschaften von einer Krise heimgesucht werden können. Mit den Anhörungen zu dem Themenfeld will die Enquetekommission Wege erarbeiten, um noch besser auf mögliche künftige Krisen reagieren zu können“, sagte der Vorsitzende der Enquetekommission Alexander Salomon (Grüne).
Zugleich schlossen die Abgeordneten und externen Mitglieder mit einer öffentlichen politischen Aussprache das erste Handlungsfeld „Gesundheit“ ab. In der nicht öffentlichen Sitzung legte die Enquetekommission die Themen für die kommenden Sitzungen fest. So wird in der Sitzung am 10. März 2023 das Thema „Zusammenarbeit von Staat und Wirtschaft in der Krisenvorsorge, -früherkennung und -bekämpfung“ und in der Sitzung am 31. März 2023 das Thema „Zusammenarbeit von Staat und Gesellschaft in der Krisenvorsorge, -früherkennung und -bekämpfung“ behandelt.
Die nächste Sitzung der Enquetekommission findet am 3. Februar 2023 statt. Für das Thema „Krisenmanagement in Staat und Verwaltung“ sind mehrere Sachverständige eingeladen, darunter der Präsident des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, Ralph Tiesler, der Kommandeur des Landeskommandos Baden-Württemberg der Bundeswehr, Oberst Thomas Köhring, und der Bürgermeister der Gemeinde Braunsbach, Frank Harsch. Die Kommune war im Jahr 2016 von verheerenden Überschwemmungen betroffen.
Bildungsausschuss befasst sich mit Landesauszeichnung „Fahrradfreundliche Schule“
Stuttgart. Über die Mobilitätserziehung von Kindern und Jugendlichen und die Zertifizierung besonders fahrradfreundlicher Schulen hat der Ausschuss für Kultus, Jugend und Sport in seiner Sitzung am Donnerstag, 19. Januar 2023, auf Antrag der Grünen-Fraktion beraten. Das hat die Ausschussvorsitzende Petra Häffner (Grüne) mitgeteilt. „Fraktionsübergreifend ist es unser Wunsch, dass möglichst viele Kinder den Schulweg eigenständig zurücklegen“, betonte Häffner, „die Bewegung im Alltag ist für Kinder ebenso wie für uns Erwachsene von zentraler Bedeutung“.
Die Antragsteller erkundigten sich Häffner zufolge insbesondere nach dem Ablauf des Zertifizierungsverfahrens zur „Fahrradfreundlichen Schule“ und inwiefern die Möglichkeit zur Zertifizierung von den Schulen im Land in Anspruch genommen werde. Mit der Landesauszeichnung werden seit 2015 überdurchschnittlich engagierte Schulen zertifiziert, die Kinder und Jugendliche aktiv bei einem selbständigen Weg in die Schule, insbesondere mit dem Fahrrad, unterstützen. Die Landesauszeichnung „Fahrradfreundliche Schule“ sei inzwischen in das ressortübergreifende Landesprogramm MOVERS – Aktiv zur Schule, das von Verkehrs-, Kultus- und Innenministerium betreut werde, aufgenommen worden, so die Vorsitzende.
Von Ministeriumsseite sei in der Beantwortung des Antrags der Kriterienkatalog für die Auszeichnung erläutert worden. „Alle Schulen in Baden-Württemberg können sich ganzjährig für die Auszeichnung zur ‚Fahrradfreundlichen Schule‘ bewerben“, berichtete Häffner. Neben einem Nachweis über den Beschluss der Schulkonferenz, sich für das Zertifikat zu bewerben, müssten die weiterführenden und beruflichen Schulen einen Radschulwegplan mit eingezeichneten Gefahrenstellen vorlegen. Weitere Qualitätskriterien für die Landesauszeichnung seien unter anderem vorhandene Abstellanlagen für Fahrräder in angemessener Qualität, Kooperationen zum Fahrradfahren mit außerschulischen Partnern und das Thematisieren von Verkehrssicherheitsthemen auf unterschiedliche Weise. Seit 2015 seien landesweit 31 Schulen als „Fahrradfreundliche Schule“ zertifiziert worden.
Von Oppositionsseite sei nachgefragt worden, warum bislang nicht alle Schulen in Baden-Württemberg über einen Schulwegplan verfügten, berichtete die Ausschussvorsitzende weiter. Neben des Klimabeitrags solle bei der Thematik insbesondere die Infrastruktur und Verkehrssicherheit in den Kommunen in den Blick genommen werden. Kultusministerin Schopper habe der Ausschussvorsitzenden zufolge hervorgehoben, dass es ab diesem Schuljahr für die Grundschule verpflichtende Schulwegpläne zum Gehen und in den weiterführenden Schulen einen verpflichtenden Geh- und Radschulwegplan gebe.
Verbände nehmen Stellung zu Krähenschäden in der Landwirtschaft
Stuttgart. Der Ausschuss für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz hat in einer Öffentlichen Anhörung zum Thema „Krähenschäden in Baden-Württemberg“ am Mittwoch, 18. Januar 2023, Sachverständige von Umwelt-, Jagd- und Bauernverbänden sowie Wissenschaftler und kommunale Vertreter zu einem Gespräch eingeladen. „Das ist ein virulentes Thema, das durch den Agrarbereich ebenso wie durch den Jagd- und Umweltschutzbereich geht“, betonte Vorsitzender Martin Hahn (Grüne) zu Beginn der Anhörung.
„Nachdem sich der Petitionsausschuss des Landtags im vergangenen Jahr bereits mit einer Petition zur Bejagung von Rabenkrähen befasst hat, haben wir beschlossen, dieses dringliche Thema auch im Landwirtschaftsausschuss aufzugreifen“, so Hahn. Nach der Begrüßung durch den Ausschussvorsitzenden eröffnete Jörg Ziegler, Referatsleiter im Landwirtschaftsministerium, die Sachverständigenrunde mit einer Übersicht über die aktuelle Situation und Schadenslage in der Landwirtschaft. Klaus Lachenmaier (Landesjagdverband Baden-Württemberg e.V.), Oliver Harms (Ornithologische Gesellschaft Baden-Württemberg) und Dr. Dominik Modrzejewski (Landesbauernverband in Baden-Württemberg e.V.) schilderten die Einflüsse der Saat- und Rabenkrähe auf die Landwirtschaft und gaben Handlungsempfehlungen aus Sicht der jeweiligen Verbände. Der Landesbauernverband habe in der Anhörung gefordert, die Probleme der landwirtschaftlichen Betriebe ernst zu nehmen und praxistaugliche und einheitliche Lösungen zu finden, berichtete Ausschussvorsitzender Hahn. So seien im Jahr 2021 aus 21 Landkreisen 166 Schadensmeldungen eingegangen, bei denen Populationen von bis zu 200 Krähen auf Felder eingefallen seien und Schäden bis in den fünfstelligen Bereich verursacht hätten.
In den Expertenbeiträgen kam insbesondere auch die von einigen Seiten geforderte Änderung des Jagdrechts zur Sprache: Die Rabenkrähe kann im Rahmen der Jagdzeit (1. August bis 15. Februar) ohne gesonderte Genehmigung außerhalb von Naturschutzgebieten und Naturdenkmalen bejagt werden. Die unteren Jagdbehörden können nach dem Jagd- und Wildtiermanagementgesetz (JWMG) im Einvernehmen mit der oberen Jagdbehörde (Regierungspräsidium) durch Einzelanordnungen die Schonzeiten abkürzen oder besondere Jagdzeiten bestimmen. Auch bietet das JWMG die Möglichkeit, unter Beachtung des Artenschutzes u. a. aus Gründen der Tierseuchenbekämpfung und der Landeskultur oder zur Vermeidung übermäßiger Wildschäden in begründeten Fällen Schonzeiten abzukürzen oder besondere Jagdzeiten zu bestimmen.
Die durch die EU geschützte Saatkrähe wiederum darf nur ausnahmsweise geschossen werden, die Genehmigungen sind aufwendig und werden aus Sicht der Landwirtinnen und Landwirte zu spät erteilt. In der Öffentlichen Anhörung wurde von den Verbänden unter anderem eine verbesserte Dokumentation der Sachlage wie etwa durch ein regelmäßiges Bestandsmonitoring und eine landesweit einheitliche Verordnung gefordert. Dr. Janosch Arnold von der Wildforschungsstelle des Landes ging auf verschiedene Vergrämungsmethoden ein und hob hervor, dass es neben der verbesserten Dokumentation vor allem auch darum gehen müsse, regionale Akteure zu stärken. Wichtig sei, dass Absprachen zwischen Landwirten und der örtlichen Jägerschaft funktionierten. Von kommunaler Seite äußerte sich Marcus Schafft, Bürgermeister der Stadt Riedlingen, vom eigens eingerichteten „Krähengipfel“ der Städte Riedlingen, Laupheim und Bad Waldsee zur Situation in den Städten und Gemeinden.
In der Frage- und Antwortrunde wurden fraktionsübergreifend die möglichen Vergrämungsmethoden und die Notwendigkeit, landwirtschaftliche Schäden durch Raben- und Saatkrähen systematisch zu erfassen, thematisiert. „Wir kämen nur mit hohem Aufwand zu einer Bestandsminderung bei den Krähen, es ist daher sinnvoller, lokale Schadensereignisse zu vermeiden und die Kommunikation zwischen Behörden, Landwirtschaft und Jägerschaft zu verstärken“, fasste Ausschussvorsitzender Hahn die Debatte zusammen. Er bedankte sich abschließend bei den anwesenden Sachverständigen und betonte: „Die Anhörung hat noch einmal gezeigt, wie komplex die Thematik ist.“
Einigkeit beim Thema Bürokratieabbau, aber Differenzen bei der Verkehrswende
Stuttgart. Der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus hat sich in seiner Sitzung am Mittwoch, 18. Januar 2023, unter anderem mit dem Bürokratieaufwand und möglichen Erleichterungen beim Amtlichen Verzeichnis präqualifizierter Unternehmen (AVPQ) beschäftigt. Weitere Themen waren nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Dr. Erik Schweickert (FDP/DVP) die Erreichbarkeit von Einzelhandel, Gastronomie und Kultureinrichtungen in den Städten des Landes sowie die aktuelle Ausbildungs- und Fachkräftesituation in Gastgewerbe und Tourismus.
Mit dem Bürokratieaufwand und möglichen Erleichterungen beim Amtlichen Verzeichnis präqualifizierter Unternehmen (AVPQ) befasste sich der Ausschuss auf Antrag der FDP/DVP. Das AVPQ bietet Unternehmen, die öffentliche Aufträge erhalten möchten, die Möglichkeit, verschiedene Eignungsnachweise gegen eine Gebühr zentral zu hinterlegen. Unternehmen, die das Verzeichnis nutzen, sind nicht mehr gezwungen, die gewünschten Eignungsnachweise bei jeder Ausschreibung neu zusammenzustellen und können einfach auf ihren AVPQ-Eintrag verweisen. Die Liberalen hatten dazu einen umfangreichen Fragenkatalog an die Landesregierung gerichtet und sich dabei auf Erleichterungen für Unternehmen konzentriert, die sich ins AVPQ einschreiben wollen oder bereits eingeschrieben sind.
Das Wirtschaftsministerium deutet in seiner Antwort im Einvernehmen mit weiteren Ministerien an, dass Erleichterungen im Sinne eines wünschenswerten Abbaus von Bürokratie denkbar wären. Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut bekräftigte dies nach Angaben des Ausschussvorsitzenden in der Sitzung. Man könne darüber sprechen, ein Änderungsverfahren umzusetzen mit dem Ziel, dass jährlich nicht alle Unterlagen neu einzureichen seien, sondern lediglich solche, bei denen sich eine Änderung ergeben habe. Zugleich habe die Ministerin erklärt, dass das Land an Vorgaben der EU und des Bundes gebunden bleibe, so Dr. Schweickert. Wie das Ministerium mitteilte, sei es aufgrund europarechtlicher Vorgaben beispielsweise nicht möglich, die Zahl der für das AVPQ benötigten Einzelnachweise zu verringern. Aktuell sind nach Angaben des Ministeriums 324 Unternehmen im AVPQ für Baden-Württemberg, das von der IHK Region Stuttgart verwaltet wird, eingetragen. Darunter sind allein 35 Ausrüster für Bürobedarf und 27 Entsorgungsdienstleister. Vertreter von FDP/DVP, Grünen und CDU begrüßten laut Dr. Schweickert die Bereitschaft des Ministeriums, im Sinne eines Bürokratieabbaus tätig zu werden. Die Liberalen hätten erklärt, man könne den Unternehmen durchaus mehr Vertrauen die Richtigkeit von Eignungsnachweisen betreffend entgegenbringen.
Mit der Erreichbarkeit von Einzelhandel, Gastronomie und Kultureinrichtungen in Innenstadtlagen beschäftigte sich der Ausschuss ebenfalls auf Antrag der FDP/DVP. Die Liberalen wollten insbesondere wissen, wie der von der Regierung geprägte Begriff „Verkehrswende“ im Hinblick auf die Erreichbarkeit von Stadtzentren zu verstehen sei. Dafür bleibe nach Überzeugung von Innenstadtakteuren die auto-gestützte Mobilität von Bedeutung, so die FDP/DVP. Dies gelte vor allem für Innenstadtlagen von kleineren Kommunen.
In der Antwort des Verkehrsministeriums, das federführend für die Landesregierung auf den Antrag reagierte, heißt es, die Verkehrswende solle helfen, bestehende Defizite der Erreichbarkeit von kommunalen Zentren insbesondere für Nutzerinnen und Nutzer von Verkehrsmitteln des sogenannten Umweltverbunds – zu Fuß gehen, Fahrrad und ÖPNV - zu reduzieren und die Verkehrsträger somit attraktiver zu machen. So solle die geplante Mobilitätsgarantie für ein verlässliches Angebot im Öffentlichen Personennahverkehr von 5 bis 24 Uhr in der Stadt wie auf dem Land sorgen, den ÖPNV als Angebot aufwerten und damit einen deutlichen Anreiz zum Umstieg vom Auto auf Bus und Bahn setzen.
Nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Dr. Schweickert bekannten sich in der Sitzung alle Fraktionen zu dem Ziel, die von der Pandemie gebeutelten Innenstädte durch eine gute Erreichbarkeit zu stärken. Die Grünen hätten davor gewarnt, Verkehrsträger gegeneinander auszuspielen. Es gehe bei der Verkehrswende um die Freiheit, nicht aufs Auto angewiesen zu sein. Die CDU habe erklärt, das Auto bleibe wichtig, so lange der ÖPNV in der Fläche noch kein adäquater Ersatz sei. Daran arbeite man. Die AfD habe geäußert, kleinere Städte seien weiterhin nur mit dem Auto bequem zu erreichen, so Dr. Schweickert.
Dabei traten auch Differenzen zwischen den Fachministerien zutage. Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut machte sich den Begriff Verkehrswende in der Sitzung nach den Worten des Ausschussvorsitzenden im Gegensatz zum anwesenden Vertreter des Verkehrsministeriums explizit nicht zu eigen. Ihr Haus strebe eine Aufwertung der Innenstädte beispielsweise durch die gezielte Förderung von Einzelhändlern an, die mit besonderen Angeboten locken, habe die Ministerin erklärt. Die SPD habe in diesem Zusammenhang angemahnt, von entsprechenden Fördermitteln müssten alle Landesteile profitieren, so Dr. Schweickert.
Ein weiteres Thema im Ausschuss war nach Angaben des Vorsitzenden die Ausbildungs- und Fachkräftesituation in Gastgewerbe, Hotellerie und Tourismus. Damit befasste sich das Gremium auf Antrag der Grünen. Nach Angaben des Wirtschaftsministeriums nahmen sowohl die Anzahl der Auszubildenden als auch der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge in den Tourismus-, Hotel- und Gaststättenberufen sowie in der Speisenzubereitung in den Jahren 2015 bis 2021 kontinuierlich ab, während in den Berichtsjahren 2017 und 2018 eine leichte Zunahme der Auszubildenden und neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge insgesamt zu verzeichnen war.
Für die kommenden Jahre sei damit zu rechnen, dass ein großer Teil der Ausbildungsplätze nicht besetzt werden könne, so das Ministerium. Dies gelte sowohl für das Gastgewerbe und den Tourismus wie auch für andere Branchen. Im letzten Berichtsmonat August 2022 seien beispielsweise in der Hotellerie 1.150 Ausbildungsstellen gemeldet worden. Davon seien 503 unbesetzt geblieben. In der Speisenzubereitung seien von 1.344 Ausbildungsstellen 593 nicht zu besetzen gewesen. Allerdings berichtete die Ministerin in der Sitzung nach Angaben des Ausschussvorsitzenden von einem aktuellen Lichtblick – demnach gebe es aktuell ein Plus von 23 Prozent bei Auszubildenden in der Tourismusbranche.
Laut Dr. Schweickert lobten Grüne und CDU die Anstrengungen des Ministeriums, das mit zahlreichen eigenen Initiativen gegen den Nachwuchsmangel auch im Gastgewerbe und im Tourismus tätig sei. SPD und AfD hätten die hohe Vertragsauflösungsquote von rund 50 Prozent bei Ausbildungen in der Gastronomie thematisiert. Die SPD habe geäußert, dies könne auch an schlechten Arbeitsbedingungen liegen.
Zudem befasste sich der Ausschuss auf Antrag der SPD mit den Folgen des Engagements des Landes auf der Weltausstellung Expo in Dubai. Die SPD wollte unter anderem wissen, wie sich der Stand des Verfahrens zur Geltendmachung von möglichen Schadensersatzansprüchen des Landes gegenüber Dritten im Zusammenhang mit Bau und Betrieb des Baden-Württemberg-Pavillons auf der Expo darstellt. Laut Dr. Schweickert zeigte sich die SPD verwundert über die kurz vor Weihnachten bekannt gewordene Klage des Wirtschaftsministeriums gegen die drei Expo-Projektpartner aus der Wirtschaft. Der Klageweg spreche klar gegen die vom Ministerium geäußerte Hoffnung, sich weiterhin außergerichtlich einigen zu können. Die Wirtschaftsministerin erklärte dazu in der Sitzung, die Klage sei notwendig gewesen, um Ansprüche des Landes zu wahren. Zum Jahresende habe eine Verjährung gedroht.
Der Ausschussvorsitzende Dr. Schweickert kritisierte, dass der Wirtschaftsausschuss nicht vorab vom Ministerium über die Klage unterrichtet wurde. Es dürfe nicht sein, dass der Landtag davon erst aus der Presse erfahre.
Innenausschuss befasst sich mit Fusion von Bausparkasse Südwest und Bayern zu LBS Süd
Stuttgart. Angesichts erheblicher Marktveränderungen und eines verschärften Wettbewerbsumfeldes wollen die Länder Baden-Württemberg, Bayern und Rheinland-Pfalz die LBS Landesbausparkasse Südwest und die LBS Bayerische Landesbausparkasse zur LBS Landesbausparkasse Süd zusammenschließen. Dafür wollen die drei Länder einen Staatsvertrag abschließen, mit dem sich der Ausschuss des Inneren, für Digitalisierung und Kommunen am Mittwoch, 18. Januar 2023, befasst hat. „Der Ausschuss hat den Staatsvertrag und damit die Vereinigung der beiden Landesbausparkassen zu einem Institut zur Kenntnis genommen“, sagte der Vorsitzende des Gremiums, der CDU-Abgeordnete Ulli Hockenberger.
Nach Angaben Hockenbergers ist der Zusammenschluss der beiden Institute aus einer ganzen Reihe von Gründen erforderlich. Dazu zählten nicht nur starke Marktveränderungen und ein verschärfter Wettbewerb mit Ertrags- und Kostendruck, sondern auch steigende regulatorische Anforderungen und Auswirkungen einer jahrelangen drastischen Niedrigzinspolitik. „Mit dem Zusammenschluss wollen die drei Träger ein zukunftsfähiges Verbundunternehmen für die Sparkassen in Baden-Württemberg, Bayern und Rheinland-Pfalz schaffen“, sagte der Ausschussvorsitzende.
Es solle eine bessere Bewältigung der regulatorischen Herausforderungen und der aufsichtsrechtlichen Anforderungen, auch unter EZB-Aufsicht, erreicht werden. Die Vertriebsstärke solle durch attraktive Produkte und aktive Marktbearbeitung im Verbund mit den Sparkassen und über die eigenen Vertriebswege ausgebaut werden. Bei der Fusion handele es sich um die Vereinigung von zwei gleichberechtigten Partnern.
Der Ministerrat habe den Entwurf des Staatsvertrages und den Entwurf eines Umsetzungsgesetzes am 29. November 2022 zur Kenntnis genommen und das Ministerium des Inneren, für Digitalisierung und Kommunen beauftragt, die Anhörung der betroffenen Verbände durchzuführen. Nach Unterzeichnung des Staatsvertrages werde die Landesregierung dem Landtag den Entwurf eines Umsetzungsgesetzes zur Beratung und Beschlussfassung zuleiten, führte Hockenberger aus.
Die erste Beratung des Gesetzentwurfs zum Staatsvertrag ist in der Plenarsitzung am 1. März 2023 vorgesehen.
Präsidentin Muhterem Aras: EU-Krisenmanagement muss Grenzschließungen vermeiden
Stuttgart/Brüssel. Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) hat sich in der Sitzung der Wirtschaftsfachkommission ECON des Europäischen Ausschusses der Regionen (AdR) dafür eingesetzt, dem EU-Notfallinstrument für den Binnenmarkt bei zukünftigen Krisen partiellen Vorrang vor dem Schengener Grenzkodex zu geben. Diese Forderung floss in die Stellungnahme zum Notfallinstrument für den Binnenmarkt ein, die das Gremium auf Grundlage einer Berichterstattung der Landtagspräsidentin am Mittwoch, 7. Dezember 2022, einstimmig verabschiedet hat. „In zukünftigen Krisen braucht es europäische Regelungen, die die Lebenswirklichkeit der Menschen und Unternehmen in den Regionen, Städten und Gemeinden widerspiegelt und Grenzschließungen vermeidet“, betonte Muhterem Aras, die als Mitglied des Ausschusses zuständige Berichterstatterin ist.
Mit dem Ziel, aus der Covid-19 Pandemie durch eine bessere Krisenkoordination und einen festen Maßnahmenkatalog Lehren zu ziehen, hat die Europäische Kommission am 19. September ihren Verordnungsentwurf zur Schaffung eines Notfallinstruments für den Binnenmarkt vorgelegt. Das Instrument soll das Funktionieren des Binnenmarkts durch die Aufrechterhaltung der EU-Grundfreiheiten in Krisenzeiten gewährleisten. In diesem Rahmen soll eine neue Beratungsgruppe aus Vertretern der Mitgliedstaaten eingesetzt werden, die anhand eines Ampelsystems Informationen bündeln und Entscheidungen treffen sollen.
Die Stellungnahme der Wirtschaftskommission folgte dem von Aras vorgelegten Bericht und damit den beiden formulierten Kernanliegen: erstens die bessere Einbeziehung der lokalen und regionalen Ebene und zweitens die Sicherstellung der Freizügigkeit und der offenen Binnengrenzen durch Kohärenz mit anderen EU-Regelungen.
Damit nahm die Landtagspräsidentin Bezug darauf, dass mit dem Kommissionsvorschlag Mitgliedstaaten etwa auch in Gesundheitskrisen weiterhin kurzfristige und unilaterale Grenzkontrollen einführen könnten, was sie kritisch sieht: „In der Covid-19 Pandemie kam es an den baden-württembergischen Grenzen zu Frankreich und zur Schweiz zu Grenzschließungen und Behinderungen. In Folge wurden Familien getrennt, Menschen am Erreichen Ihres Arbeitsplatzes gehindert und der freie Dienstleistungs- und Warenverkehr behindert. Das gilt es zukünftig zu vermeiden!“
Der Beschluss der ECON-Fachkommission bildet nun die Grundlage der Stellungnahme, den der Europäische Ausschuss der Regionen in seiner nächsten Plenarsitzung am 8. und 9. Februar 2023 diskutiert und abstimmt. Im Anschluss wird die Stellungnahme zur Berücksichtigung durch die EU-Legislative an das Europäische Parlament und den Rat der EU gegeben. Beide Institutionen erstellen Berichte, die die Grundlage für weitere Verhandlungen zwischen Parlament und Rat und für die Annahme der Verordnung bilden.
Finanzhilfen, Bürgschaften und Garantien in Höhe von insgesamt rund 1 Milliarde Euro genehmigt
Stuttgart. Der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus hat in seiner Sondersitzung am Mittwoch, 30. November 2022, nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Dr. Erik Schweickert (FDP/DVP) Einzelfinanzhilfen für innovative Projekte, unter anderem aus der Wasserstoffwirtschaft und der Luft- und Raumfahrt bewilligt, sowie Bürgschaften und Garantien genehmigt.
Nach dem Staatshaushaltsgesetz obliegt bei besonders bedeutsamen Vorhaben und einem Fördervolumen von mindestens 500.000 Euro die Bewilligung dem Wirtschaftsausschuss.
Nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Dr. Erik Schweickert (FDP/DVP) stimmte der Ausschuss jeweils einstimmig der Förderung folgender Projekte zu:
Antrgsteller | Projektvorhaben | Fördersumme |
DLR Center for Crash and Impact Test (CITE) | Aufbau eiens Testzentrums für sicherheitsrelevante Luftfahrtstrukturen |
20.695.000 € |
KI-Stiftung gGmbH, Heilbronn |
Bau Besucherzentrum im Rahmen des Innovation Park Artificial Intelligence (Ipai) | 5.406.360 € |
Gemeinde Hagnau |
Neu- und Umgestaltung der Bodensee-Uferpromenade | 2.500.000 € |
Im Rahmen des IPCEI-Projekts Wasserstoff (Important Projects of Common European Interest) wurden für zwei baden-württembergische Unternehmen Finanzhilfen vorbehaltlich des abschließenden Ergebnisses der Antragsprüfung durch den Bund zugestimmt.
Darüber hinaus genehmigte der Wirtschaftsausschuss nach Angaben von Dr. Schweickert eine Erhöhung der Deckungsvorsorge des Landes für fünf Rückbauprojekte der Kerntechnischen Entsorgung Karlsruhe GmbH (KTE) auf 21,46 Millionen Euro (bisher: 10,26 Mio. Euro). Die Erhöhung ergebe sich aus der Novellierung der Atomrechtlichen Deckungsvorsorge-Verordnung, so Dr. Schweickert.
Ebenso stimmte der Ausschuss laut Dr. Schweickert einer Garantieerklärung des Landes zur Erbringung der atomrechtlichen Deckungsvorsorge für die drei Siemens-Unterrichtsreaktoren SUR 100 an der Universität Stuttgart, der Hochschule Furtwangen und der Technischen Hochschule Ulm zu. Die Deckungsvorsorge zur Erfüllung gesetzlicher Schadenersatzverpflichtungen betrage insgesamt 210 Millionen Euro.
Der Ausschuss verlängerte nach Angaben des Ausschussvorsitzenden auch in den nächsten fünf Jahren Rückbürgschaften in Höhe eines Rückbürgschaftsrahmens von 715 Millionen Euro (bisher 624 Mio. Euro) und Rückgarantien wie bisher von 134 Millionen Euro bei der Bürgschaftsbank Baden-Württemberg. Dabei seien zugleich Erhöhungen der Obergrenzen für Bürgschaften auf zwei Millionen Euro (bisher: 1,25 Mio. Euro) und für garantierte Beteiligungen auf 1,5 Millionen Euro (bisher: 1,25 Mio. Euro) genehmigt worden.
Ebenso sei einer möglichen zeitlichen Verlängerung der Ukraine-Rückbürgschaft im Rahmen des erweiterten Bund-Länder-Bürgschaftsprogramms zugestimmt worden, so Dr. Schweickert. Dabei handle es sich um einen Vorratsbeschluss, der auch eine Erhöhung der Bürgschaftsobergrenze von 1,25 auf 2,5 Millionen Euro sowie einen Gesamtrahmen des Landes von 36,4 Millionen Euro (Anteil Bund 54,6 Mio. Euro) umfasse.
Gesamtvolumen für Landeshaushalt 2023/2024 erhöht sich auf rund 123,84 Milliarden Euro
Stuttgart. Der Finanzausschuss des Landtags hat nach insgesamt sechs Sitzungen am Freitag, 2. Dezember 2022, seine Beratungen zum Landeshaushalt für die Jahre 2023 und 2024 abgeschlossen. „Das Gesamtvolumen des Haushalts hat sich aufgrund der vom Ausschuss beschlossenen Anträge um rund 2,39 Milliarden Euro auf 123,84 Milliarden Euro für die beiden Jahre erhöht“, sagte der Vorsitzende des Gremiums, der SPD-Abgeordnete Martin Rivoir. Das entspricht einem Plus von 1,96 Prozent.
Die Beratungen fanden zwischen Mitte November und Anfang Dezember statt. Auf der Tagesordnung standen 17 Einzelpläne mit insgesamt über 200 Kapiteln und knapp 5000 Seiten. „Der Finanzausschuss hat insgesamt 587 Anträge behandelt“, berichtete der Vorsitzende. Das waren 54 Anträge mehr als beim Landeshaushalt 2022. Von den nun behandelten 587 Anträgen wurden 274 Anträge angenommen. Der Haushalt für das Jahr 2023 beträgt nun rund 62,86 Milliarden Euro. Das entspricht im Vergleich zum Haushaltsentwurf einer Erhöhung um rund 1,82 Milliarden Euro bzw. 2,97 Prozent. Für das Jahr 2024 umfasst der Etat des Landes rund 60,98 Milliarden Euro. Das sind 571.481 Euro bzw. 0,95 Prozent mehr als im Entwurf vorgesehen.
„Ein so komplexes Thema wie der Landeshaushalt mit seinen Zehntausenden Einzelpositionen erfordert ein hohes Maß an Konzentration und Disziplin“, sagte Martin Rivoir nach Abschluss der Beratungen. Er dankte allen Beteiligten der Fraktionen, der Ministerien, des Rechnungshofs sowie der zuständigen Ausschussreferentin für deren großen Einsatz im Zuge der Haushaltsberatungen. Trotz teilweise unterschiedlicher Meinungen der Fraktionen bei einigen Punkten sei zwar hart, aber stets sehr sach- und zielorientiert gearbeitet worden. „Die gute Arbeitsatmosphäre und die sehr gute Vorarbeit zu den Beratungen haben dazu beigetragen, die Tagesordnung im vorgesehenen Zeitplan abzuarbeiten“, betonte Martin Rivoir.
Der Landeshaushalt umfasst die Etats für alle Ministerien, für den Landtag, den Rechnungshof, den Verfassungsgerichtshof sowie für den/die Landesbeauftragte/n für den Datenschutz und die Informationsfreiheit. Die zweite Lesung des Landeshaushalts steht an den Plenartagen am 14., 15. und 16. Dezember 2022 an. Die abschließende dritte Beratung ist für den 21. Dezember 2022 geplant.
Landesregierung legt Programm „Geraubte Kinder im Südwesten“ auf
Stuttgart. In seiner Juni-Sitzung hatte sich der Petitionsausschuss mit einer Eingabe zu von den Nationalsozialisten im Rahmen ihrer Rassenpolitik geraubten Kindern befasst und die Petition der Landesregierung zur Erwägung überwiesen. „Heute können wir eine Entscheidung verkünden“, so der Vorsitzende des Petitionsausschusses, Thomas Marwein (Grüne), nach der Sitzung des Gremiums am Mittwoch, 30. November 2022. „Die Landesregierung hat vorgeschlagen, aus den Mitteln für übergesetzliche Wiedergutmachungsleistungen ein Programm mit dem Titel ‚Geraubte Kinder im Südwesten‘ aufzulegen“, teilte Marwein mit.
„Das Land sieht das oft jahrelange Leid der Betroffenen und möchte diese Schicksale mit dieser Geste sichtbar machen und würdigen“, sagte der Staatssekretär für politische Koordinierung und Europa im Staatsministerium, Florian Hassler, und ergänzte: „Unser Ziel ist es nun, den Betroffenen möglichst direkt und unbürokratisch ein Zeichen der Anteilnahme und der Wiedergutmachung zu senden.“
Als Auszahlungssumme werde eine Einmalzahlung von 5.000 Euro pro Person vorgeschlagen, so Marwein, der sich freut, dass der Petitionsausschuss diese symbolische Geste mit angestoßen hat. Das Land stehe zu seiner Verantwortung für die auf seinem Hoheitsgebiet vom NS-Regime begangenen Gräueltaten, unterstrich er. „Es ist ein gutes Zeichen, dass Landesregierung und Landtag hier gemeinsam einen Weg gefunden haben“, betonte auch Staatssekretär Hassler. Einig waren sich Petitionsausschuss und Landesregierung darin, dass das durch die Gräueltaten des NS-Regimes erlittene Unrecht nicht mit finanziellen Mitteln aufgewogen werden könne.
Weitere Informationen:
Betroffene Personen können sich direkt beim Staatsministerium (geraubtekinder@stm.bwl.de, Tel.: 0711/ 2153-343) melden. Für die Auszahlung muss in geeigneter Weise nachgewiesen werden, dass die Person zum Kreis jener Kinder gehört, die durch das NS-Regime in das Gebiet des heutigen Baden-Württemberg verschleppt wurden, in eine Familie in diesem Gebiet gegeben wurden oder deren Wohnort sich in Baden-Württemberg befindet. Eine ehrenamtliche Prüfkommission soll einberufen werden, die anlassbezogen zusammenkommt.
Enquetekommission „Krisenfeste Gesellschaft“ beschließt Fahrplan für die kommenden Sitzungen
Stuttgart. Die Enquetekommission „Krisenfeste Gesellschaft“ hat sich in ihrer öffentlichen Sitzung am Freitag, 11. November 2022, mit den Themen „Health in All Policies – Pflege – Forschung in Gesundheit, Medizin und Pflege – Gesundheitswirtschaft“ befasst. Dazu hörte das Gremium zehn Sachverständige unter anderem von Hochschulen, Universitätskliniken, Forschungsinstituten und Unternehmen an. „Die Expertinnen und Experten haben der Enquetekommission wichtige Anhaltspunkte gegeben, wie der Gesundheits- und Pflegesektor krisensicherer aufgestellt werden könnte“, sagte der Vorsitzende Alexander Salomon (Grüne).
Im anschließenden nicht öffentlichen Sitzungsteil hat sich das Gremium bereits mit dem Abschluss des ersten Handlungsfeldes „Lehren für künftige Pandemien und Gesundheitskrisen“ befasst und zugleich mit den Planungen für das zweite Handlungsfeld „Staatliche Krisenvorsorge, -früherkennung und -bekämpfung“ begonnen. Die Enquetekommission stimmte dafür, in der Sitzung am 20. Januar 2023 zunächst eine politische Aussprache zwischen den Fraktionen zum ersten Handlungsfeld durchzuführen. Im Anschluss ist eine Bestandsaufnahme zum zweiten Handlungsfeld mit Minister-/Regierungsbefragung vorgesehen, berichtete Salomon.
Außerdem sollen mehr als 20 Verbände und Gewerkschaften Stellungnahmen zum zweiten Handlungsfeld abgeben. Hierzu gehören zum Beispiel Rettungsdienste und andere Rettungsorganisationen, Kommunalverbände, Polizeigewerkschaften und Gewerkschaften aus dem Bereich der Justiz. Darüber hinaus hat die Enquetekommission beschlossen, in der letzten Sitzung des Jahres 2022 eine Verbändeanhörung durchzuführen. Dazu zählen die LIGA der freien Wohlfahrt, B52, Deutscher Berufsverband der Pflegeberufe, Landespflegerat, Rettungsdienste ASB, Johanniter, Malteser, DRK, Landesärztekammer, Kassenärztliche Vereinigung, Deutscher Gewerkschaftsbund sowie Hartmannbund. Alle beschlossenen Anträge wurden gemeinsam von den Fraktionen Grüne, CDU, SPD und FDP/DVP gestellt.
Sozialausschuss berät Gesetzentwurf zum Vormundschafts- und Betreuungsrecht
Stuttgart. Der Ausschuss für Soziales, Gesundheit und Integration hat in einer Sondersitzung am Donnerstag, 10. November 2022, über einen Entwurf zur überarbeiteten Ausführung des Betreuungsgesetzes auf Landesebene beraten. Das hat der Ausschussvorsitzende Florian Wahl (SPD) mitgeteilt. Der Gesetzentwurf passe die landesrechtliche Ausführung an die Bundesreform des Vormundschafts- und Betreuungsgesetz an.
Nach der ersten Beratung in der Plenarsitzung am 9. November 2022 wurde der Gesetzentwurf zur weiteren Beratung an den zuständigen Ausschuss überwiesen, der dem vorliegenden Änderungsantrag laut Wahl mit großer Mehrheit zustimmte. Die Gesetzesänderung muss parallel zur Bundesrechtsreform bis zum 1. Januar 2023 in Kraft treten. Die maßgeblichen Regelungen zur Zuständigkeit der Betreuungsbehörden sowie zur Anerkennung und Finanzierung von Betreuungsvereinen bleiben in dem Entwurf unverändert. Von Ministeriumsseite sei in der Sitzung die große Verantwortung für die Betreuungsvereine betont worden, so Wahl. Derzeit gebe es über 70 Vereine mit circa 120.000 Betreuungen in Baden-Württemberg, 46 Prozent der Betreuten im Land werden nicht beruflich, sondern durch Ehrenamtliche und Familienmitglieder sowie durch Vereine betreut.
Die Betreuungsrechtsreform des Bundes soll eine einheitliche Qualität der beruflichen Betreuung sichern und das Selbstbestimmungsrecht Betroffener stärken. Zu den Schwerpunkten des neu geschaffenen Betreuungsorganisationsgesetzes (BtOG) gehören die Einführung eines formalen Registrierungsverfahrens für Berufsbetreuerinnen und -betreuer und eine erweiterte Unterstützung von Bürgerinnen und Bürgern. Künftig soll vor einer Betreuung genau festgestellt werden, in welchen Bereichen der oder die Betreute überhaupt unterstützt werden muss. Im Vormundschaftsrecht soll das Kind mehr im Vordergrund stehen, der Vormund nicht nur Verantwortung für Vermögen, sondern auch für die Erziehung und das persönliche Wohl des Kindes übernehmen.
Öffentliche Anhörung des Landesjugendrings zum 51. Landesjugendplan
Stuttgart. Die Ausschüsse für Kultus, Jugend und Sport sowie Soziales, Gesundheit und Integration haben in gemeinsamer öffentlicher Sitzung den Landesjugendring Baden-Württemberg zum Entwurf des 51. Landesjugendplans für die Haushaltsjahre 2023/2024 angehört. Der Landesjugendring zeigte sich in der per Livestream übertragenen Sitzung am Dienstag, 8. November 2022, mit den Ansätzen des Jugendplans im Großen und Ganzen zufrieden, kritisierte aber die institutionelle Förderung der Jugendverbände als unzureichend. Zugleich äußerte der Landesjugendring die Sorge, dass das ehrenamtliche Engagement von Jugendlichen einbrechen könne, wenn nicht entschlossen gegengesteuert werde.
Der Landesjugendplan stellt alle Leistungen des Landes, die sich direkt oder indirekt an die Kinder und Jugendlichen in Baden-Württemberg richten, zusammenfassend dar. Er umfasst die Förderung von Trägern der Jugendhilfe und von außerunterrichtlichen Maßnahmen, darunter beispielsweise das Bildungsreferenten-Programm, Jugenderholungsfreizeiten, Schüler- und Jugendaustausche sowie Integrationsmaßnahmen. Das Gesamtvolumen des 51. Landesjugendplans beträgt 203,1 Millionen Euro im Jahr 2023 und 130,3 Millionen Euro im Jahr 2024. Das Zahlenwerk steht unter dem Vorbehalt des anstehenden Landtagsbeschlusses zum Staatshaushaltsplan 2023/2024.
Nach Angaben der Ausschussvorsitzenden Petra Häffner (Grüne, Bildungsausschuss) und Florian Wahl (SPD, Sozialausschuss) forderte Alexander Strobel, Vorsitzender des Landesjugendrings, in der Anhörung sowohl eine Erhöhung der institutionellen Förderung des Landesjugendrings als Dachverband als auch der ihm angeschlossenen Einzelverbände. Seit 2007 seien die Mittel nicht angepasst worden. Insbesondere angesichts der derzeit hohen Inflation sei es unverständlich, dass auch im kommenden Doppelhaushalt eine Anpassung nicht vorgesehen sei, habe Strobel erklärt. Die Finanzlage der Verbände spitze sich zu, man stehe mit dem Rücken zur Wand. Wenn das Land nicht einlenke, seien Kündigungen im kommenden Jahr unausweichlich.
Schwierig sei die Situation auch mit Blick auf das Ehrenamt, habe Strobel weiter erklärt. Viele Jugendliche seien der Jugendhilfe in der Pandemie verlorengegangen. Statt sich zu engagieren zögen sie nun die Couch vor. Finanzielle Anreize wie zusätzlich fünf Euro zur Tagespauschale von 20 Euro müssten verstetigt werden, um dauerhaft Wirkung zu zeigen.
Vertreter aller Fraktionen dankten dem Landesjugendring für seine wichtige Arbeit, wie die Ausschussvorsitzenden Häffner und Wahl berichteten. Die Fraktionen von FDP/DVP und SPD hätten die Landesregierung aufgefordert, die drohende Lücke beim Ehrenamt nicht hinzunehmen und den Landesjugendring entsprechend zu unterstützen, so die Ausschussvorsitzenden.
Im Anschluss an die gemeinsame öffentliche Sitzung von Sozialausschuss und Bildungsausschuss hörte der Bildungsausschuss in öffentlicher Sitzung auch den Landesverband der Musikschulen Baden-Württemberg zum 51. Landesjugendplan für die Haushaltsjahre 2023/2024 an – ebenfalls in öffentlicher und per Livestream übertragener Sitzung. Nach Angaben der Ausschussvorsitzenden Petra Häffner dankte Friedrich-Koh Dolge, Vorsitzender des Landesverbands der Musikschulen, für die Unterstützung der Musikschulen seitens der Politik. Weitere Anstrengungen seien jedoch erforderlich, um den Herausforderungen der Digitalisierung und dem drohenden Fachkräftemangel auch in den Musikschulen zu begegnen, habe Dolge erklärt.
Der Bildungsausschuss hörte zudem den Landessportverband Baden-Württemberg zum Entwurf des 29. Landessportplans für die Haushaltsjahre 2023/2024 an. Dessen Präsident Jürgen Scholz dankte laut der Ausschussvorsitzenden Häffner für die gute Zusammenarbeit mit Landtag und Landesregierung. Man stehe im ständigen Austausch. Dies zeige, dass der Sport für die Politik ein wichtiger Partner sei. Zugleich wies Scholz auf die aktuellen Herausforderungen für die Sportvereine hin. Der Sportstättenbau bleibe ein wichtiges Thema, auch der laufende Sportstättenbetrieb treibe die Vereine angesichts der Energiekrise um. Scholz habe sich aber nach Angaben der Ausschussvorsitzenden zuversichtlich gezeigt, dass man die Herausforderungen gemeinsam meistern werde.
Vertreter aller Fraktionen hoben nach Angaben von Häffner die gute Zusammenarbeit sowohl mit dem Landesverband der Musikschulen als auch mit dem Landesportverband hervor. Beide Dachverbände leisteten wertvolle Arbeit für das Land und würden dazu beitragen, das gemeinsame Lebensumfeld in Baden-Württemberg zu gestalten. „Sie betreuen und begleiten Kinder und Jugendliche und bereiten sie so auf das Leben als Teil einer funktionierenden Gesellschaft vor“, sagte die Ausschussvorsitzende Häffner. Dies sei von unschätzbarem Wert für das Gemeinwesen und sei auch deshalb möglich, weil es eine große Verlässlichkeit im Zusammenspiel zwischen der Politik und den Fachverbänden gebe, so Häffner.
Ioanna Papadopoulou leitet Abteilung III
Stuttgart. Die bisherige stellvertretende Abteilungsleiterin im Sozialministerium, Frau Ioanna Papadopoulou, wechselt in die Landtagsverwaltung und übernimmt am 14. November 2022 die Leitung der Abteilung III. „Ich freue mich sehr, dass wir mit Ioanna Papadopoulou eine ausgewiesene Verwaltungsexpertin mit Führungserfahrung für die Landtagsverwaltung gewinnen konnten“, sagte Landtagspräsidentin Muhterem Aras.
Ioanna Papadopoulou war seit 2016 im Sozialministerium als stellvertretende Abteilungsleiterin des Grundsatzreferats Integration tätig. Zuvor leitete sie das Büro der Staatsministerin im Staatsministerium und wirkte als parlamentarische Beraterin und Justiziarin der Fraktion der Grünen im Landtag. Ioanna Papadopoulou wuchs in Heilbronn auf und legte dort 1988 ihr Abitur ab. Darauf studierte sie Rechtswissenschaften an der Universität Tübingen und absolvierte im Anschluss das Rechtsreferendariat am Landgericht Ulm.
Ausschuss für Wohnen berät über Wohnraum und Klimaschutz
Stuttgart. Der Ausschuss für Landesentwicklung und Wohnen hat sich in seiner Sitzung am Mittwoch, 26. Oktober 2022, unter anderem mit dem Förderprogramm „Wohnraum für Geflüchtete“ und der Rolle von Kulturdenkmalen für Klimaschutz und Nachhaltigkeit befasst. „Sowohl die Unterbringung von Flüchtlingen wie auch Klimaschutz sind aktuelle und drängende Themen“, sagte die Vorsitzende des Gremiums, die CDU-Abgeordnete Christiane Staab. Zudem hat der Ausschuss Änderungen am Landesplanungsgesetz zugestimmt, mit denen der Weg zur Klimaneutralität beschleunigt werden soll.
Nach Angaben Staabs führte der Ausschuss zunächst eine Anhörung zum Gesetzesentwurf der Fraktionen Grüne und CDU zur Änderung des Landesplanungsgesetzes durch. Grundsätzlich habe es Zustimmung gegeben, allerdings auch kritische Stimmen insbesondere in Bezug auf die Nutzung der Grünzüge gegeben, berichtete Staab. Bei der anschließenden Debatte habe es unterschiedliche Auffassungen darüber gegeben, wie die Ausführungen der eingeladenen Expertinnen und Experten zu werten seien.
„Wir sind dankbar, dass es gelungen ist, alle 12 Regionsverbände an einen Tisch zu bringen und gemeinsam Planungsvorhaben zu erleichtern und zu beschleunigen“, sagte Staab. Mit der Gesetzesänderung sollen durch regulatorische Verbesserungen im Landesplanungsgesetz Beschleunigungspotenziale für das Planungsverfahren im Rahmen der Regionalen Planungsoffensive geschaffen werden. Des Weiteren hätten die Änderungen zum Ziel, die Gebietsfestlegungen für Windenergie- und Freiflächen-Photovoltaikanlagen zu erweitern und Klimaschutz und Klimaanpassung als neue Planungsleitlinien festzulegen.
Als weiteres Thema befasste sich der Ausschuss mit dem Förderprogramm „Wohnraum für Flüchtlinge“. Ministerin Nicole Razavi (CDU) habe ausgeführt, dass es bei dem Programm darum gehe, Kommunen bei der Schaffung von zusätzlichem Wohnraum zum bisherigen Bestand zu unterstützen. Sie habe deutlich zum Ausdruck gebracht, dass nicht das Ziel sei, bestehenden Wohnraum zu sanieren. Vielmehr solle neuer Wohnraum geschaffen werden. Kommunen sollten mit offenen Augen durch die Städte und Gemeinden gehen und schauen, welche bisherigen Räume künftig als Wohnraum genutzt werden könnten. „Wichtig ist die Frage, wie bisher anderweitig genutzte Räume künftig in Wohnräume umgewandelt werden können“, sagte die Ausschussvorsitzende.
Zudem befasste sich der Ausschuss auf Antrag der CDU-Fraktion mit der Rolle von Kulturdenkmalen für den Klimaschutz. Die Abgeordneten in dem Gremium seien sich einig gewesen, dass auch Kulturdenkmale Potenziale für Klimaschutz und Nachhaltigkeit böten, sagte die Ausschussvorsitzende. Es sei in der Sitzung aufgezeigt worden, dass eine ganze Reihe von umweltfreundlichen Technologien zum Einsatz kommen können. Gute Praxisbeispiele seien Solaranlagen, Photovoltaikanlagen, Wärmepumpen, Kraft-Wärme-Kopplung, Holzheizungen, Einzelraumfeuerungen oder Bioöl/Biogas-Anlagen. Eigentümerinnen und Eigentümer könnten sich hierbei auch beim Land über Möglichkeiten beraten lassen.
Das Ziel der Landesregierung sei, durch eine Änderung des Denkmalschutzgesetzes auch die Installation von PV-Anlagen auf denkmalgeschützten Gebäuden zu ermöglichen. Hierbei stünden auch neue Technologien wie etwa PV-Dachsteine und PV-Ziegel zur Verfügung. In Baden-Württemberg gibt es schätzungsweise rund 90.000 Kulturdenkmäler der Bau- und Kunstdenkmalpflege.
Außerdem befasste sich der Ausschuss laut Staab auf Antrag der Grünen-Fraktion mit dem Thema „Neues Wohnen“. Der Begriff umschreibt eine Form des Wohnens, die sich von dem klassischen Begriff des Wohnens im Sinne einer erweiterten Nutzung in Form von gemeinsamen Räumlichkeiten löst. So werden Flächen einbezogen, die einer Mehrzahl von Individualzonen zur gemeinschaftlichen Nutzung zugeordnet sind, jedoch über Nebenräume im klassischen Sinne hinausgehen.
Die Landesregierung habe angekündigt, dass mit dem „Neuen Wohnen“ ein eigenständiger Förderansatz für neue Wohnformen geschaffen werde. Dieser werde mit seiner Spezifizierung zu den bereits bestehenden Förderangeboten hinzutreten. Von einer hinreichenden Entlastung des Wohnungsmarktes durch zusätzliche Wohnraumschaffung allein für Formen des „Neuen Wohnens“ könne allerdings nicht ausgegangen werden, fasste Christiane Staab die Ausführungen zusammen.
Ständiger Ausschuss befasst sich mit Situation im öffentlich-rechtlichen Rundfunk
Stuttgart. Der Ständige Ausschuss des Landtags hat sich in seiner Sitzung am Donnerstag, 27. Oktober 2022, mit der finanziellen und wirtschaftlichen Lage der Landesrundfunkanstalten der ARD, des Deutschlandradios und des ZDF befasst. Eine große Rolle haben in der Sitzung auch die Vertrauenskrise infolge der Vorfälle beim RBB sowie Reformschritte infolge veränderten Nutzungsverhaltens und steigender Kosten gespielt. „Der öffentlich-rechtliche Rundfunk stellt mit seinem unabhängigen Informations- und Bildungsangebot eine wichtige Säule in unserem demokratischen Rechtsstaat dar. Die Vorgänge beim RBB haben dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk jedoch großen Schaden zugefügt“, sagte der Ausschussvorsitzende Guido Wolf (CDU).
Nach Angaben des Vorsitzenden stellten in der Ausschusssitzung Vertreter der öffentlich-rechtlichen Sender die aktuelle Situation in ihren Häusern vor. Der SWR wurde von Intendant Prof. Dr. Kai Gniffke vertreten. Für die ARD nahm der Vorsitzende Tom Buhrow an der Sitzung teil. Der Justiziar des ZDF, Peter Weber, berichtete über die Situation bei dem Mainzer Sender. Für das Deutschlandradio nahm Intendant Stefan Raue Stellung. Um die allgemeine Finanzlage darzustellen, war außerdem der Vorsitzende der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF), Prof. Dr. Martin Detzel, eingeladen.
Der ARD-Vorsitzende Tom Buhrow sprach Guido Wolf zufolge in der Sitzung von ernsten und wichtigen Zeiten. Zum einen müssten die Sender aufgrund des veränderten Nutzungsverhaltens, Konkurrenz durch Streamingdienste sowie steigende Kosten infolge der Inflation Reformschritte einleiten. Zum anderen hätten die Vorgänge beim RBB eine Vertrauenskrise ausgelöst. Buhrow habe in der Sitzung Compliance-Regeln vorgestellt, die Fehlverhalten künftig verhindern und Vertrauen der Zuschauer und Hörer in die öffentlich-rechtlichen Sender zurückbringen soll. So solle es zum Beispiel künftig in allen ARD-Anstalten einheitliche Compliance-Standards geben, die auch regelmäßig überprüft würden. Bislang seien die Regelungen in den einzelnen Anstalten auch aufgrund unterschiedlicher Ländergesetze nicht einheitlich gewesen. Auch solle es verpflichtende Compliance-Schulungen für Mitarbeiter geben, fasste Guido Wolf die Ausführungen zusammen.
SWR-Intendant Kai Gniffke habe berichtet, dass sein Sender bislang zwar vergleichsweise gut durch die Krise gekommen sei. Die Vorfälle seien jedoch zum Anlass genommen worden, die internen Compliance-Regeln kritisch zu überprüfen und zu fragen, ob diese eventuell nachgebessert werden müssten. Gniffke habe auch erforderliche Reformen angesprochen, die im Wesentlichen aus den drei Themen Investitionen in Zukunftsfelder, Optimieren und Weglassen bestünden. So sei es beispielsweise erforderlich, dass sich Sender in einem Netzwerk zusammenschließen und Technik teilen und optimieren. Nur so könne es eine Chance gegen Streamingdienste geben bzw. die Sender sogar auf Augenhöhe mit diesen sein.
Auch die Vertreter des ZDF und des Deutschlandradios berichteten im Ausschuss über die Situation in ihren Sendern. ZDF-Jurist Weber habe ebenfalls von umfangreichen Compliance-Regeln berichtet, die auch Schulungen, Sanktionsmöglichkeiten und einen externen Vertrauensanwalt umfassen. Deutschlandradio-Intendant Stefan Raue habe in seinem Bericht den großen personellen und finanziellen Aufwand für die journalistische Arbeit und insbesondere die eigene Produktion von unabhängigen Inhalten dargestellt, so Guido Wolf.
KEF-Vorsitzender Detzel habe in der Sitzung gesagt, die Gebührenkommission habe in ihrem 23. Bericht nach einer Abwägung aller Risiken und Chancen festgestellt, dass die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten mit der Beitragsanpassung auf monatlich 18,36 Euro für die Beitragsperiode 2021 bis 2024 bedarfsgerecht finanziert seien. Gegenüber dem 22. Bericht hätten sich Mehrbedarfe aus der Veränderung von Aufwendungen und Erträgen von insgesamt 139,2 Millionen Euro ergeben. Weiterhin abzudecken sei der Ausfall aus der verzögerten Beitragsanpassung mit rund 224,3 Millionen Euro. Für die Finanzierung stünden den Anstalten ausreichend finanzielle Mittel zur Verfügung.
Ausbreitung des Wolfs und Blackoutgefahr im Land thematisiert
Stuttgart. Der Ausschuss für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft hat in seiner Sitzung am Donnerstag, 27. Oktober 2022, in mehreren Anträgen der FDP/DVP-Fraktion über die Ausbreitung des Wolfs in Baden-Württemberg, Herdenschutzmaßnahmen und die Wissensvermittlung zum Wolf beraten. Das hat der Ausschussvorsitzende Daniel Karrais (FDP/DVP) mitgeteilt. Zudem wurde die Gefahr eines Blackouts in Zusammenhang mit der Energiekrise diskutiert.
Die Antragsteller erkundigten sich beim Umweltministerium vornehmlich danach, wie sich die Wolfspopulation seit der letzten Stellungnahme im Ausschuss im Mai 2021 entwickelt habe und wie die gesellschaftliche und politische Diskussion um die Rückkehr des Wolfs nach Baden-Württemberg zu bewerten sei. „Die Landesregierung geht momentan von drei einzelnen Wolfsrüden aus, die sich in Baden-Württemberg aufhalten“, berichtete Karrais. Sie seien in den Landkreisen Calw, Waldshut und Breisgau-Hochschwarzwald ansässig. Es sei weiterhin damit zu rechnen, dass Wölfe aus verschiedenen Populationen Europas in Baden-Württemberg ein- oder durchwandern und Paare oder Rudel bilden werden, gab der Ausschussvorsitzende die Ausführungen von Staatssekretär Dr. Andre Baumann wieder. Die zeitliche und räumliche Entwicklung sei jedoch nicht vorhersehbar.
Das Gremium informierte sich laut Karrais des Weiteren darüber, wie bei der Überwachung der Wolfspopulation und bei eventuellen Konflikten, vor allem mit der heimischen Landwirtschaft, vorgegangen werde. Für das Wolfsmonitoring und die Herdenschutzberatung habe die Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg (FVA) demnach rund 2,4 Millionen Euro erhalten. Seit 2015 seien über das Wolfsmonitoring insgesamt 3819 Meldungen mit Wolfsverdacht registriert worden, 362 Hinweise konnten bestätigt werden. Davon seien 395 Angriffe auf Nutztiere mit Verdacht auf Wolf gemeldet worden, welcher in 48 Fällen als sicherer oder wahrscheinlicher Verursacher bestätigt werden konnte. In keinem der Fälle sei ein wolfsabweisender Herdenschutz wie etwa ein elektrifizierter Zaun vorhanden gewesen. Vor dem Gremium habe der Staatssekretär betont, dass die Weidetierhaltung einen nicht ersetzbaren Beitrag für den Schutz der Kulturlandschaften Baden-Württembergs leiste und ihre Zukunft aus naturschutzfachlicher Sicht von größter Bedeutung sei, so Karrais. In den Einzelfällen, in denen Wölfe ein auffälliges Verhalten gegenüber Menschen entwickeln, oder in denen sie gelernt haben, Herdenschutzmaßnahmen regelmäßig zu überwinden, sehe das Wolfsmanagement daher den Abschuss der Tiere vor, welcher bewusst im Bundesnaturschutzgesetz verankert sei. In diesem Kontext habe der Ausschuss außerdem diskutiert, was unternommen werden müsse, um die Bevölkerung im Land transparent und sachlich zum oft emotional aufgeladenen Thema aufzuklären. Auf Nachfrage der Opposition habe der Staatssekretär angegeben, dass es zum angekündigten Kompetenzzentrum Wolf noch keinen konkreten Zeitplan gebe.
Mit einem Antrag der FDP/DVP zur Blackoutgefahr in Baden-Württemberg hat sich der Ausschuss überdies befasst. Die Antragsteller wollten vom Ministerium unter anderem wissen, wie die grün-schwarze Landesregierung das Risiko eines Blackouts beurteilt und welche Konsequenzen sie daraus ableitet. Als Blackout werde ein längerdauernder, großflächiger, unkontrollierter Stromausfall bezeichnet, der in einem großen Teil von Kontinentaleuropa gleichzeitig auftritt, gab Karrais die Antworten des Staatssekretärs wieder. Die Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) hätten im Auftrag der Bundesregierung in den Sonderanalysen für den Winter 2022/2023, dem sogenannten zweiten Stresstest, verschiedene Szenarien durchgerechnet. „Es ist nicht mit einem Blackout zu rechnen, selbst auf Basis des kritischsten Szenarios“, berichtete der Ausschussvorsitzende. Allerdings könnten aufgrund der vermehrten Nutzung von Heizlüftern und damit einer stark ansteigenden Stromnachfrage lokale und kurze Stromversorgungsstörungen nicht ausgeschlossen werden. Deshalb rate die Landesregierung Karrais zufolge von der regelhaften und andauernden Nutzung von Heizlüftern als Ersatz für Gasheizungen ab. Zur Verhinderung eines Blackouts würden umfangreiche Maßnahmen getroffen, so könne etwa als letztes Mittel, kontrolliert und zeitlich befristet, Last vom Netz abgeworfen werden, um das System zu stabilisieren und einen vollständigen Netzzusammenbruch zu verhindern. Im Übrigen würden die Netzbetreiber ständig alle Einflussparameter überwachen und entsprechende Maßnahmen zur Systemstabilisierung ergreifen, falls dies erforderlich wäre und darüber so früh wie möglich informieren, so Daniel Karrais.
Diskussion über Wasserstoffhochlauf in Baden-Württemberg
Stuttgart. Der Ausschuss für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft hat sich in einer öffentlichen Anhörung am Donnerstag, 27. Oktober 2022, intensiv mit der Produktion, Verteilung und Nutzung von Wasserstoff im Land befasst. In der Anhörung zur Großen Anfrage „Technologieoffener Wasserstoffhochlauf in Baden-Württemberg“ der FDP/DVP-Fraktion an die Landesregierung kamen sechs Wasserstoff-Experten aus Wirtschaft und Forschung zu Wort. „Es freut uns, dass Sie uns heute mit Ihrer Expertise zur Zukunft des Wasserstoffs zur Seite stehen“, begrüßte der Ausschussvorsitzende Daniel Karrais (FDP/DVP) die Expertenrunde zu Beginn der Sitzung, „als Mitglieder des Landtags sind wir bei der Entscheidungsfindung auf diesen praktischen Input angewiesen.“
Nach einem einleitenden Vortrag von Prof. Frithjof Staiß vom Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung (ZSW) zur zukünftigen Bedeutung des Wasserstoffs für die Energieversorgung sprach Dr. Frank Graf vom Engler Bunte Institut des KIT über Produktionstechnologien und Importmöglichkeiten von Wasserstoff. Die Beiträge von Christoph Luschnat (terranets bw) und Dr. Christian Friebe (Thüga Holding) konzentrierten sich auf den Transport und die H2-Anbindung in Baden-Württemberg sowie auf Verteilnetzbetreiber und die Transformation der Gasverteilnetze zu klimaneutralen Gasen. Dr. Thilo Schäfer (Institut der deutschen Wirtschaft Köln e.V.) thematisierte den gegenwärtigen Forschungsstand und Handlungsempfehlungen für die Politik. Die Expertenrunde schloss Wayne Daniel Kern (Bosch) mit einem Vortrag über die wichtigsten Anwendungsbereiche von Wasserstoff. Anschließend bestand für die Ausschussmitglieder die Möglichkeit, inhaltliche Fragen zu stellen.
Die Aufzeichnung der öffentlichen Anhörung ist zeitnah in der Mediathek des Landtags abrufbar: https://www.landtag-bw.de/home/mediathek/videos.html (externer Link)
Kritik an niedriger Beschäftigungsquote von schwerbehinderten Menschen
Stuttgart. Mit der Beschäftigung schwerbehinderter Menschen in der Landesverwaltung hat sich der Ausschuss für Soziales, Gesundheit und Integration in seiner Sitzung am Mittwoch, 26. Oktober 2022, befasst. Wie der Ausschussvorsitzende Florian Wahl (SPD) berichtete, zeigte sich die SPD in der Sitzung unzufrieden mit den Bemühungen der Landesregierung, die Beschäftigungsquote zu erhöhen. Bisher spreche nichts für eine Trendumkehr hin zu einer „Willkommenskultur für schwerbehinderte Menschen“ als Mitarbeitende in Ministerien oder Behörden.
Laut Landtagsbeschluss vom 23. Juni 2022 sollte die Landesregierung bis Ende September berichten, wie die von einer ministeriumsübergreifenden Arbeitsgruppe erarbeiteten Maßnahmen mit dem Ziel, die Beschäftigungsquote schwerbehinderter Menschen in der Landesverwaltung zu erhöhen, bisher umgesetzt worden ist. Nachdem der Bericht dem Landtag fristgerecht zugegangen war, griff ihn nun der Sozialausschuss auf Antrag der SPD auf.
Der Bericht stellt die Umsetzung der insgesamt 16 erarbeiteten Einzelmaßnahmen für jedes der elf Ministerien sowie für den Landesrechnungshof gesondert dar. Die Maßnahmen betreffen die Information von schwerbehinderten Menschen über Beschäftigungsmöglichkeiten, die Verbesserung der Bewerberlage, die Personalbewirtschaftung, Rechtsfragen im Zusammenhang mit Bewerbungen sowie die bauliche und mediale Barrierefreiheit.
Laut dem Ausschussvorsitzenden Wahl erklärte Sozialminister Manfred Lucha (Grüne) vor dem Gremium, die Bemühungen der Landesregierung für mehr Beschäftigung von schwerbehinderten Menschen hätten einen „guten Schub“ erfahren. Das zeige auch die Umsetzung der 16 Einzelmaßnahmen durch die Ministerien. Lucha habe etwa darauf verwiesen, dass inzwischen mehrere Ministerien und auch sein Haus einfacher gelagerte Tätigkeiten, die von schwerbehinderten Menschen wahrgenommen werden können, nicht mehr auslagerten, so Wahl. Zudem habe Lucha den geplanten Stellenpool der Landesverwaltung angesprochen, für den das Sozialministerium derzeit ein Konzept erarbeite. Es solle bis Mitte 2023 fertig sein.
Wie der Ausschussvorsitzende weiter berichtete, habe Lucha mit Blick auf die Beschäftigungsquote von 4,24 Prozent von schwerbehinderten Menschen in der Landesverwaltung im letzten Berichtsjahr 2020 sein Bedauern geäußert. Seit 2015 bereits erfülle die Landesverwaltung die gesetzlich festgelegte Mindestquote von fünf Prozent nicht mehr. Dies habe aber auch demografische Gründe, weil viele langjährig beschäftigte schwerbehinderte Menschen aus den geburtenstarken Jahrgängen die Altersgrenze erreichten und aus der Landesverwaltung ausschieden.
Die Grünen äußerten sich nach Angaben von Wahl unzufrieden über die Quote von 4,24 Prozent, hätten sich aber zugleich zuversichtlich gezeigt, da nun Prozesse angestoßen worden seien, die bereits greifen würden. Minimalziel müsse es nun sein, die absolute Zahl der neu zugehenden Beschäftigten mit schwerer Behinderung zu erhöhen. Auch die CDU zeigte sich laut Wahl zuversichtlich, dass die Anstrengungen der Landesregierung die Lage verbessern werde.
Kritik kam nach Angaben des Ausschussvorsitzenden von der Opposition. Die SPD habe erklärt, sie könne keine erfolgversprechenden neuen Ansätze erkennen, die Beschäftigungsquote von schwerbehinderten Menschen zu erhöhen. Symptomatisch sei, dass der Bericht der Landesregierung auf die behindertengerechte Sanierung von denkmalgeschützten Liegenschaften verweise, obwohl dieser Ansatz bereits seit 2014 verfolgt werde. Insgesamt sei bei den Bemühungen der Landesregierung ein aufsuchender Ansatz zu vermissen, demzufolge die Landesverwaltung aktiv auf Menschen mit schwerer Behinderung zugehen müsse, habe die SPD erklärt, so Wahl. Das Land sei insofern von einer „Willkommenskultur“ für diese Menschen noch weit entfernt.
FDP und AfD hätten sich ebenfalls angesichts von Beschäftigungsquoten, die in der Landesverwaltung tendenziell in Richtung vier Prozent fielen und hohe Ausgleichszahlungen der öffentlichen Hand nach sich zögen, kritisch geäußert, so der Ausschussvorsitzende. Beide hätten zugleich das Sozialministerium als beispielhaft gelobt, das eine Quote von 8,91 Prozent aufweise.
Ausschuss für Europa und Internationales im Gespräch mit dem Botschafter von Ungarn
Stuttgart. Der Ausschuss für Europa und Internationales hat in seiner Sitzung am Mittwoch, 26. Oktober 2022, den Botschafter von Ungarn, Dr. Péter Györkös, zu einem Gespräch über die Partnerschaft Ungarns mit Baden-Württemberg und zu aktuellen europapolitischen Herausforderungen eingeladen. „Nur, wenn wir uns begegnen, können wir uns verständigen“, betonte der Vorsitzende Willi Stächele (CDU). „Das Gespräch heute ist der Auftakt eines Dialogprozesses, den wir als Europaausschuss gerne fortsetzen möchten.“
Stächele betonte, dass das Land verbriefte Mitwirkungsmöglichkeiten in EU-Angelegenheiten habe. „Wir können die kleine Außenpolitik beeinflussen“, hob Stächele hervor. „Wir müssen die Gelegenheiten auch zum kritischen Dialog nutzen. Nur so können wir uns verständigen und Europa voranbringen.“ Dr. Péter Györkös bedankte sich für die Möglichkeit, mit dem Gremium in einen Dialog, in eine Diskussion treten zu können. Der Botschafter betonte die kulturelle Nähe zwischen den Schwaben und Ungarn und bezeichnete die Ungarn als „die besten Schüler der schwäbischen Hausfrau.“ 6.000 deutsche Unternehmen, davon über 300 aus Baden-Württemberg, hätten sich in Ungarn angesiedelt. Er trat für eine noch bessere Vernetzung der Wirtschaftsräume ein. Dr. Györkös erläuterte, weshalb Ungarn 2015 seine Außengrenze verteidigte, „um letztlich den Binnenmarkt und den Schengenraum zu schützen“, und er ließ nicht unerwähnt, dass es die Ungarn waren, die nach dem Brexit eine europäische Armee forderten. Er betonte überdies, dass er sich freue, mit dem Gremium über Rechtsstaatlichkeit, Pressefreiheit und Gesellschaftspolitik zu sprechen.
In einem „kritischen Dialog unter Freunden“ habe der Europaausschuss etwa die ungarische Volksbefragung zu den EU-Sanktionen hinterfragt, wie Willi Stächele berichtete. Der Ausschuss habe dargelegt, dass Werte nicht verhandelbar seien und Brüssel nicht immer der „Prügelknabe sein dürfe für unpopuläre Entscheidungen.“ Dr. Péter Györkös hob hervor, dass man sich in den Zielen einig sei, nicht jedoch immer in der Wahl der Mittel. So sei Ungarn bei den Ukraine-Sanktionen auf einer Linie. Ausschließlich den Energieteil trage Ungarn nicht mit, weil Ungarn keine verlässlichen Energie-Alternativen zur Verfügung stünden. Ebenso betonte der Botschafter, dass Ungarn ein Rechtsstaat sei: „Konflikte muss man austragen können.“ Ungarn sei nicht der Auffassung, dass man Putin mit kriegerischen Mitteln in die Knie zwingen könne. Weitere Themen, die kurz angesprochen werden konnten, waren Artikel 14.3 der Grundrechtecharta sowie Einstimmigkeit versus qualifizierter Mehrheit. Hier habe der Botschafter die Positionen Ungarns erläutert.
„Wir freuen uns auf die Fortsetzung unseres kontroversen Dialogs und nehmen Ihre Einladung nach Berlin gerne an“, so Willi Stächele abschließend.
Dr. Péter Györkös ist seit November 2015 außerordentlicher und bevollmächtigter Botschafter von Ungarn in Deutschland. Zuvor war er Leiter der Ständigen Vertretung Ungarns bei der Europäischen Union. Von 2007 bis 2009 war Dr. Györkös Botschafter von Ungarn in Zagreb. In seiner Dissertation setzte er sich mit den Plänen zur Wiedervereinigung Deutschlands auseinander. Begleitet wurde er im Ausschuss von seinem Stellvertreter, Generalkonsul András Izsák.
Ministerpräsident Kretschmann am 21. November als Zeuge geladen
Stuttgart. Einen weiteren Beweisantrag und zwei weitere Zeugenladungen hat der Untersuchungsausschuss „Handeln des Innenministers und des Innenministeriums im Fall des Verdachts der sexuellen Belästigung gegen den Inspekteur der Polizei Baden-Württemberg und Beurteilungs-, Beförderungs- und Stellenbesetzungsverfahren in der Polizei Baden-Württemberg (UsA IdP & Beförderungspraxis)“ in seiner sechsten Sitzung am Mittwoch, 26. Oktober 2022, beschlossen. Das hat die Ausschussvorsitzende Daniela Evers (Grüne) mitgeteilt.
Der Untersuchungsausschuss stimmte zunächst über einen Beweisantrag der Fraktionen SPD und FDP/DVP ab. Dem Beweisantrag sei mehrheitlich zugestimmt worden, berichtete Evers.
Zudem legte der Ausschuss zwei weitere Zeugenladungen für die nächste Sitzung am Montag, 21. November 2022, fest. Demnach wird am Nachmittag des 21. November nach Angaben der Ausschussvorsitzenden Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann (Grüne) als Zeuge geladen. Am Vormittag solle ein weiterer Zeuge befragt werden.
Zwei weitere Beweisanträge beschlossen
Stuttgart. Zwei weitere Beweisanträge hat der Untersuchungsausschuss „Handeln des Innenministers und des Innenministeriums im Fall des Verdachts der sexuellen Belästigung gegen den Inspekteur der Polizei Baden-Württemberg und Beurteilungs-, Beförderungs- und Stellenbesetzungsverfahren in der Polizei Baden-Württemberg (UsA IdP & Beförderungspraxis)“ in seiner fünften Sitzung am Freitag, 21. Oktober 2022, beschlossen. Das hat die Ausschussvorsitzende Daniela Evers (Grüne) mitgeteilt.
Der Untersuchungsausschuss stimmte über zwei Beweisanträge der Fraktionen SPD und FDP/DVP ab. Den Beweisanträgen sei mehrheitlich zugestimmt worden, berichtete Evers. Mit einem der Beweisanträge wurde über die Benennung des Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann (Grüne) als Zeuge im Untersuchungsausschuss entschieden. Das Gremium habe sich zudem darauf verständigt, dass noch keine abschließende Entscheidung über die erwogene Einsetzung von zwei Ermittlungsbeauftragten getroffen werden konnte.
Darüber hinaus legte der Ausschuss den Termin für eine nicht öffentliche Sondersitzung am Mittwoch, 26. Oktober 2022, fest, um über weitere Zeugenladungen zu beschließen.
Im Zentrum der Beweisaufnahme im Rahmen der fünften Sitzung des UsA IdP und Beförderungspraxis stand die zweite Zeugenvernehmung von Innenminister Thomas Strobl (CDU) in öffentlicher und nicht öffentlicher Sitzung.
Luft- und Raumfahrtindustrie sowie Pandemieauswirkungen auf Gastronomie im Fokus
Stuttgart. Mit der Unterstützung und Förderung der Luft- und Raumfahrt in Baden-Württemberg durch die Landesregierung hat sich der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus in seiner Sitzung am Mittwoch, 19. Oktober 2022, beschäftigt. Ein weiteres Thema neben anderen waren nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Dr. Erik Schweickert (FDP/DVP) die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Tourismuswirtschaft, Gastronomie und Hotellerie im Südwesten.
Mit der Unterstützung und Förderung der Luft- und Raumfahrtindustrie durch die Landesregierung befasste sich der Ausschuss auf Antrag der FDP/DVP. Die Liberalen hatten dazu einen umfangreichen Fragenkatalog an das Wirtschaftsministerium gerichtet. Darin warfen sie die Frage auf, ob eine mögliche militärische oder Dual-Use-Verwendung von Produkten der Luft- und Raumfahrtindustrie zu einer geringeren Unterstützung von Unternehmen durch die Landesregierung führt. In diesem Fall, so die Liberalen, würden ideologische Gründe zur Schwächung des Wirtschaftsstandortes Baden-Württemberg führen.
Das Ministerium wies dies in seiner Antwort zurück. Die Unterstützung von Wirtschaftsbranchen oder einzelnen Unternehmen durch die Landesregierung richte sich nicht danach, ob dadurch militärische oder Dual-Use-Anwendungen möglich seien. Auf Unternehmen ausgerichtete Förderprogramme des Landes seien entsprechend auch nicht auf Unternehmen beschränkt, die ausschließlich mit zivilen Aufgaben befasst sind. Das Ministerium verwies darauf, dass die Landesregierung seit 2018 sieben Anfragen für eine Unterstützung von Unternehmen erhalten habe, die militärische oder Dual-Use-Produkte führen. Sechs Anfragen (vier Darlehensfinanzierungen, zwei Bürgschaften) seien positiv beschieden worden.
Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister (CDU) bekräftigte nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Dr. Schweickert in der Sitzung, die Landesregierung messe der Luft- und Raumfahrtindustrie eine große Bedeutung zu. Die Branche beschäftige 16.000 Menschen im Land und habe zuletzt 4,8 Milliarden Euro Jahresumsatz erwirtschaftet. Die Landesregierung sei auf allen Ebenen aktiv, um den Wirtschaftszweig zu unterstützen. Die Grünen begrüßten laut Dr. Schweickert das hohe Engagement der Landesregierung, die CDU habe erklärt, man müsse am Thema dranbleiben. Die Liberalen dagegen hätten gefordert, das Land müsse sich als Standort der Luft- und Raumfahrtindustrie nach außen besser darstellen. Bayern sei diesbezüglich aktiver. Auch die AfD habe sich derart geäußert. Die SPD habe bemängelt, dass es an einem Luft- und Raumfahrtkoordinator und branchenspezifischen Leuchtturmprojekten mangele, die vom Land zu fördern seien, so Dr. Schweickert. Die Ministerin habe daraufhin entsprechende Projekte benannt.
Ebenfalls auf Antrag der FDP/DVP thematisierte der Ausschuss die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Tourismuswirtschaft, Gastronomie und Hotellerie im Südwesten. Aus den Antworten geht hervor, dass das Gastgewerbe im Land seit März 2020 Umsatzverluste von mehr als zwölf Milliarden Euro zu verzeichnen hatte. Die Zahl der steuerpflichtigen Betriebe sei von 2019 auf 2020 um 11,85 Prozent auf 27.214 zurückgegangen. Zugleich seien 8,6 Prozent der Beschäftigten in den Corona-Jahren 2020 und 2021 in andere Branchen abgewandert. Ende 2021 sei deren Zahl auf 122.594 gesunken. Zwar habe es eine deutliche Erholung im ersten Halbjahr 2022 gegeben. Das Vorkrisenniveau sei aber noch nicht erreicht.
Nach Einschätzung des Wirtschaftsministeriums könnten viele Betriebe in Existenznot geraten, sollte es im Herbst und Winter erneut massive Einschränkungen im Zusammenhang mit der Bekämpfung der Pandemie geben. Denn noch sähen sich viele Unternehmen mit großen wirtschaftlichen Problemen konfrontiert. Vielfach seien die finanziellen Rücklagen aufgebraucht worden. Hinzu kämen derzeit massive Preissteigerungen für Lebensmittel, Energie und andere Güter.
Grüne und CDU lobten nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Dr. Schweickert die Bemühungen der Landesregierung, den Fachkräfteaufwuchs in der Gastronomie zu unterstützen und dabei verstärkt auf Personal aus dem Ausland zu setzen. Die FDP/DVP habe angesichts der Belastungen durch Corona und die Energiekrise gefordert, der Bund müsse die befristete Mehrwertsteuerermäßigung für die Branche über 2022 hinaus zu verlängern. Die SPD kritisierte die anstehenden Rückzahlungen der Corona-Soforthilfe. Dies würde die bereits bestehende Krise für viele Unternehmen weiter verschärfen. Ministerin Dr. Hoffmeister-Kraut habe versichert, kein Unternehmen müsse befürchten, in die Insolvenz getrieben zu werden. Man werde sich flexibel zeigen.
Der Wirtschaftsausschuss befasste sich nach Angaben von Dr. Schweickert auf Initiative der FDP/DVP zudem mit Möglichkeiten, Synergie-, Effizienz- und Kooperationspotenziale der Landesagenturen zu heben. In ihrem Antrag hätten die Liberalen die Frage aufgeworfen, ob insbesondere die vier branchenbezogenen Landesagenturen e-mobil BW, Leichtbau BW, BIOPRO und Umwelttechnik BW noch zeitgemäß aufgestellt seien, da Synergien in Innovation und Forschung immer mehr disziplinübergreifend entstünden.
Das Ministerium erklärte dazu, die Begleitung von Transformationsprozessen in den genannten Technologiefeldern verlange mehr als bloßes Trendscouting. Vertiefte Branchenkenntnisse seien unerlässlich, um erfolgreich Netzwerke über Disziplinen und Branchen hinweg knüpfen zu können.
Bildungsausschuss diskutiert Einsatz digitaler Lernplattformen
Stuttgart. Digitale Teilhabe, Lernmanagementsysteme und Software für Schulen waren Thema im Ausschuss für Kultus, Jugend und Sport am Donnerstag, 20. Oktober 2022. Das Gremium befasste sich in mehreren Anträgen der SPD-Fraktion unter anderem mit der geplanten Einführung der Kollaborationsplattform dPhoenixSuite 2.0 an baden-württembergischen Schulen sowie dem gegenwärtigen Einsatz von BigBlueButton, Moodle und itslearning. Das hat die Ausschussvorsitzende Petra Häffner (Grüne) mitgeteilt.
Die von der Coronapandemie geprägten vergangenen zwei Schuljahre hätten der digitalen Entwicklung an den Schulen im Land einen Schub gegeben, gleichzeitig aber auch zahlreiche Schwachstellen offengelegt, gab die Ausschussvorsitzende die Auffassung der Antragsteller wieder. Funktionsfähige und anwenderfreundliche Bildungsplattformen seien eine entscheidende Säule, um größere Fortschritte im Bereich der Digitalisierung an Schulen zu erzielen.
Mit Beginn der Pandemie sei allen Schulen in Baden-Württemberg ein Moodle-Zugang zur Verfügung gestellt worden, berichtete Häffner. Anfang 2020 seien 1.144 Schulen und Seminare mit 371.514 Nutzerinnen und Nutzern registriert gewesen, bis zum Jahr 2021 seien die Zahlen dann auf 2.700 aktive Schulen mit etwa 985.000 Nutzerinnen und Nutzern angewachsen. BigBlueButton, das in Moodle als Videokonferenz-System integriert ist, werde nach Angaben von Ministeriumsseite heute von rund 4.000 Schulen genutzt, so Häffner. Beim Lernmanagementsystem itslearning hätten sich seit der Freigabe zur Einführung im Dezember 2021 1.175 Schulen registriert. Ein genauer Überblick über die Nutzerzahlen und weitere genutzte Lernplattformen sei allerdings schwierig. Im Ausschuss sei Häffner zufolge vor allem auch über die Frage diskutiert worden, ob der Einsatz von Lernmanagementsystemen für die Schulen freiwillig bleiben solle.
In einer Pilotphase soll die in Deutschland gehostete Plattform dPhoenixSuite 2.0 zeitnah als digitaler Arbeitsplatz für Lehrkräfte an einigen Schulen erprobt und dann flächendeckend eingeführt werden. Für das Ministerium stehe nach Angaben der Ausschussvorsitzenden die praktische Anwendung für die Bildungsplattform im Vordergrund, auch um die Akzeptanz an den Schulen zu erreichen. Die Schulen sollten ein tolles Angebot erhalten, so Häffner. Die Einführung von dPhoenixSuite 2.0 werde vom Landesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit in Baden-Württemberg (LfDI) unterstützt. Die Plattform ermögliche zudem, eine landesweite E-Mail-Funktion für Lehrkräfte einzurichten.
Schlagabtausch über Förderung von Probefahrten mit E-Autos
Stuttgart. Mit der von der Landesregierung geförderten Kampagne „eAuto ausprobieren“ hat sich der Verkehrsausschuss in seiner Sitzung am Donnerstag, 20. Oktober 2022, befasst. Ein weiteres Thema neben anderen war nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Rüdiger Klos (AfD) die Telemetrische Datenerhebung von Fahrzeugen nach Maßgabe einer EU-Richtlinie.
Auf Antrag der FDP/DVP beschäftigte sich der Verkehrsausschuss mit der Kampagne „eAuto ausprobieren“ der Landesverkehrswacht, die vom Land mit 400.000 Euro gefördert wird. Die Liberalen hatten dazu einen umfangreichen Fragenkatalog an das Verkehrsministerium gerichtet. Darin hatten sie die Zulässigkeit und Rechtmäßigkeit der Kampagne bezweifelt, die Bürgerinnen und Bürgern Probefahrten mit E-Fahrzeugen ermöglicht. Die Liberalen argumentieren in ihrem Antrag, die Möglichkeit von Probefahrten sei auch jenseits des Projekts gegeben, beispielsweise bei gewerblichen Autohändlern. Zudem thematisieren sie, dass ein Gutachten der Landesverkehrswacht zur rechtlichen Vereinbarkeit der Kampagne in die Entscheidung des Ministeriums über ebendiese Kampagne einfloss.
Das Ministerium betont in seiner Antwort, für das von der Landesverkehrswacht angestoßene Projekt bestehe ein erhebliches Landesinteresse. Ein breites objektives und anbieterunabhängiges Angebot für Probefahrten gebe es nicht. Autohändler böten Probefahrten in Verkaufsabsicht an. Die Kampagne sei geeignet, mehr Bürger von E-Fahrzeugen zu überzeugen. Dies sei aus Gründen des Klimaschutzes erforderlich. Bisher seien 9.700 Probefahrten gemacht worden, das entspreche einer Zuwendung von weniger als 20 Euro pro Fahrt. Die Tatsache, dass zunächst ausschließlich Fahrzeuge des Herstellers Hyundai genutzt worden seien, sei allein auf die Verfügbarkeit am Markt zurückzuführen. Es könne insgesamt keinen Zweifel daran geben, dass die Förderung zulässig, beihilferechtlich vertretbar und haushaltskonform sei.
Nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Klos erklärte Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) vor dem Ausschuss, die Kampagne sei 2019 ein wichtiger Anstoß gewesen, um die E-Mobilität voranzubringen. Die Förderung sei deshalb richtig gewesen. Heute würde er jedoch anders entscheiden, da inzwischen Probefahrten mit E-Fahrzeugen im Autohandel anders als vor drei Jahren in der Fläche verfügbar seien. Dass die Kampagne gleichwohl immer noch einen Nerv treffe, zeige die weiterhin hohe Nachfrage nach Probefahrten.
Während Grüne und CDU die Probefahrten-Kampagne laut Klos als sinnhaft bezeichneten und unterstützten, hielt die FDP/DVP dem Minister vor, das Ministerium habe dem Ausschuss bisher keine internen schriftlichen Unterlagen die rechtliche Prüfung der Kampagne betreffend zur Verfügung gestellt. Das lege den Verdacht nahe, dass das Ministerium die Förderung gegen starke interne Bedenken durchgesetzt haben könnte. Ein Vertreter des Landesrechnungshofs bestätigte nach Angaben des Ausschussvorsitzenden vor dem Gremium, auch seiner Behörde liege keine schriftliche Würdigung von Rechtsfragen im Zusammenhang mit der Kampagne seitens des Verkehrsministeriums vor.
Der Minister bestätigte nach Angaben von Klos, dass die Kampagne intern kontrovers diskutiert worden sei. Schließlich sei man zu dem Schluss gekommen, dass sie beihilferechtlich vertretbar sei. Laut Klos wurde der Antrag der FDP/DVP, dem Landtag Dokumente der Prüfung des Ministeriums zur rechtlichen Vereinbarkeit der Kampagne zur Verfügung zu stellen, mehrheitlich abgelehnt.
Auf Antrag der AfD befasste sich der Ausschuss nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Klos mit der Telemetrischen Datenerhebung von Fahrzeugen und deren künftigen Nutzung entsprechend der EU-Richtlinie 2019/631. Laut der Richtlinie müssen seit 1. Januar 2021 alle Neuwagen mit einem Verbrauchsmessgerät (On Board Fuel Consumption Monitoring, OBFCM) ausgestattet sein, das automatisch Fahrzeug-, Motor-, Kraftstoff- und Stromangaben erfasst und an die EU-Kommission versendet. Ziel ist es, möglichst genaue Verbrauchsdaten für die verschiedenen Fahrzeuge zu erhalten.
In ihrem Antrag äußert die AfD unter anderem die Befürchtung, erhobene Daten könnten missbräuchlich verwendet und beispielsweise dazu genutzt werden, Sozial- und Bewegungsprofile von Bürgern zu erstellen. Es sei auch nicht auszuschließen, so die AfD, dass die erhobenen Daten als Druckmittel eingesetzt werden, um unerwünschtes Verhalten wie beispielsweise eine klimaschädliche Fahrweise zu sanktionieren. Es müssten technische und rechtliche Vorkehrungen getroffen werden, um jeglichen Missbrauch der Telemetrischen Datenerhebung auszuschließen.
Das Ministerium erklärt in seiner Antwort, OBFCM sei sinnvoll, da dies einen Beitrag zur verlässlichen Einhaltung der von der EU festgelegten Flottengrenzwerte für den Kraftstoff- und Stromverbrauch leiste. Es würden nur Daten der fahrzeuginternen Verbrauchsüberwachung erhoben. Für eine darüberhinausgehende Erhebung bestehe keine Rechtsgrundlage. Das gelte auch für eine Weitergabe von Daten an private Akteure. Nach Angaben von Klos bekräftigte Verkehrsminister Hermann dies in der Sitzung.
Anträge auf Finanzhilfen in Höhe von 2,51 Millionen Euro bewilligt
Stuttgart. Einen Einzelfinanzhilfeantrag und zwei Verbundfinanzhilfeanträge von insgesamt vier Unternehmen und einem Forschungsinstitut aus Baden-Württemberg hat der Wirtschaftsausschuss des Landtags in seiner Sitzung am Mittwoch, 19. Oktober 2022, bewilligt. Das Fördervolumen beträgt nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Dr. Erik Schweickert (FDP/DVP) 2,51 Millionen Euro. Die Gelder fließen aus dem Förderprogramm Invest BW der Landesregierung.
Das Förderprogramm Invest BW unter Federführung des Wirtschaftsministeriums unterstützt Unternehmen schnell und unbürokratisch bei Investitionen in Zukunftstechnologien. Im Rahmen der zweiten Tranche des Förderprogramms konnten in einem missionsorientierten Förderaufruf „Digitalisierung und Künstliche Intelligenz“ vom 11. April 2022 bis zum Stichtag 30. Juni 2022 Anträge eingereicht werden. Insgesamt gingen 155 Anträge mit einem beantragten Fördervolumen von rund 71 Millionen Euro beim beauftragten Projektträger „VDI/VDE Innovation und Technik GmbH“ ein.
Über die Förderanträge entscheidet das Ministerium. Bei besonders bedeutsamen Vorhaben und einem Fördervolumen von mindestens 500.000 Euro wird ein Fachbeirat eingeschaltet. Die Bewilligung dieser großen Fördermittel obliegt dem Wirtschaftsausschuss des Landtags von Baden-Württemberg.
Nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Dr. Erik Schweickert (FDP/DVP) stimmte der Ausschuss einstimmig der Förderung folgender Projekte zu:
Unternehmen | Projektvorhaben | Fördersumme |
Einzelvorhaben: ariadne.ai GmbH, Heidelberg |
KI-basierte Plattform zur Analyse von spatial biology slides |
688.203 € |
Verbundvorhaben: |
DeFi - Risk Advisor KI Künstliche Intelligenz für Portfoliooptimierung und Betrugserkennung im Bereich blockchain-basierter dezentraler Finanzprodukte |
972.625 € davon: 661.366 € 311.259 € für Universität Ulm |
Verbundvorhaben: bwcon research gGmbH, Stuttgart |
KI_For_KM - KI-unterstütztes Wissensmanagement für profes-sionelle Office-Nutzer zur Effi-zienzsteigerung und Erhöhung der Innovationskraft |
851.987 € 665.139 € 186.848 € bwcon research gGGmbH |
Finanzausschuss beschließt neue Regeln für Förderungen von Vereinssportstätten
Stuttgart. Nach der Kritik des Rechnungshofs am Verfahren für Zuwendungen für den Bau und die Sanierung von Vereinssportanlagen hat der Finanzausschuss des Landtags in seiner Sitzung am Donnerstag, 20. Oktober 2022, einstimmig neue Richtlinien beschlossen. „Der Finanzausschuss stimmte unter anderem dafür, dass die Sportbünde die für die Vereinsportanlagen veranschlagten Mittel auch tatsächlich dafür verwenden sollen“, sagte der Vorsitzende des Gremiums, der SPD-Abgeordnete Martin Rivoir.
Der Beschluss sehe darüber hinaus vor, dass aus Gründen der Gleichbehandlung Sportfördermittel landesweit nach einheitlichen Maßstäben gewährt werden sollen. Auch solle die Förderung nur unter der Voraussetzung gestattet werden, dass keine Überförderung der öffentlichen Hand erfolge. Im Falle einer Überförderung sollen die Fördermittel, welche die beantragten Gesamtkosten überschreiten, zurückgezahlt werden. Hierzu sollen die Sportförderrichtlinien entsprechend ergänzt werden.
Zudem soll die Landesregierung laut Martin Rivoir darauf hinwirken, dass ausschließlich Verwendungsnachweise anerkannt werden, die den rechtlichen Anforderungen genügen. Hierzu solle den Vereinen ein Musterverwendungsnachweis zur Verfügung gestellt werden. Die Vorgaben sollen dabei so nutzerfreundlich wie möglich gestaltet werden. Die Verwendungsnachweisprüfung der Sportbünde solle sich nach den Vorgaben des Haushaltsrechts richten und nachvollziehbar dokumentiert werden. Das Regierungspräsidium Karlsruhe solle die Verwendungsnachweise der Vereine stichprobenartig prüfen und Vorortkontrollen durchführen. Zudem sollen die Sportbünde die vergaberechtlichen Regeln an die Vereine verpflichtend weitergeben und deren Einhaltung stichprobenartig überprüft werden. Die Landesregierung soll dem Landtag bis März 2024 über die veranlassten Schritte berichten, führte der Ausschussvorsitzende aus.
Der Rechnungshof hatte untersucht, wie das Land das Förderverfahren in den Jahren 2017 bis 2021 mit einem Gesamtvolumen von 85,4 Millionen Euro durchführte und wie die Sportbünde und Sportvereine als Zuwendungsempfänger die Fördervorhaben umsetzten. Wie Martin Rivoir erläuterte, übersteigt bei der Vereinssportanlagenförderung der sich aus den gestellten Förderanträgen ergebende Mittelbedarf seit vielen Jahren das Volumen der bewilligten Zuwendungen. Eingehende Förderanträge würden daher regelmäßig mehrere Jahre zurückgestellt, bevor sie bewilligt werden. Das Volumen des Antragsstaus habe sich nach Angaben des Landessportverbands im Jahr 2016 auf 31,9 Millionen Euro belaufen. Das Land hatte die Vereinssportanlagen bis 2016 mit jährlich 12,07 Millionen Euro gefördert. Bis 2021 hätten sich die Mittel für Förderungen, auch zum Abbau des Antragsstaus, auf 17,07 Millionen Euro jährlich erhöht. Dennoch habe der Antragsstau bis 2020 auf 33,3 Millionen Euro zugenommen.
Der Rechnungshof kritisierte Martin Rivoir zufolge im Zuge seiner Überprüfung uneinheitliche Zuschussberechnungen. Nach der Förderrichtlinie des Landes betrage der Zuschuss im Regelfall 30 Prozent der Ausgaben. Der Rechnungshof habe jedoch festgestellt, dass die Sportbünde die Zuschüsse nicht nach einheitlichen Maßstäben berechneten. Dies führe dazu, dass antragstellende Vereine bei vergleichbaren Vorhaben in unterschiedlicher Höhe mit Landesmitteln unterstützt würden. So berechneten der Württembergische Landessportbund und der Badische Sportbund Nord ihre Zuschüsse anhand von Netto-Grundflächen und Netto-Rauminhalten. Der Badische Sportbund Freiburg setzt dagegen die großzügigeren Brutto-Grundflächen (inklusive Wände) und Brutto-Rauminhalte (inklusive Böden,
Decken) an. Darüber hinaus würden Verkehrsflächen oder Technikräume, die im Förderkatalog nicht vorgesehen seien, zum Teil mit Fördersätzen wie Umkleide- und Sanitärräume, Schulungsräume oder Lagerräume angesetzt.
Der Rechnungshof habe außerdem festgestellt, dass Vorhaben bewilligt worden seien, bei denen Vereine zum Teil keine eigenen Finanzmittel eingebracht haben. Vier geprüfte Maßnahmen seien vollständig über Landes- und kommunale Mittel finanziert worden. Bei zwei dieser Maßnahmen habe es eine Überfinanzierung gegeben. Bei sechs Maßnahmen habe der Eigenanteil unter vier Prozent und bei zehn geprüften Einzelmaßnahmen unter 15 Prozent gelegen.
Darüber hinaus hätten die Rechnungsprüfer eine unzureichende Verwendungsnachweisprüfung sowie eine häufige Nichtbeachtung des Vergaberechts bemängelt, so der Ausschussvorsitzende Martin Rivoir.
Wissenschaftsausschuss beschließt interfraktionellen Antrag zu Änderungen beim BAföG
Stuttgart. Der Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kunst hat sich in seiner Sitzung am Mittwoch, 19. Oktober 2022, auf einen interfraktionellen Antrag zur baden-württembergischen Haltung zu vom Bundesministerium für Bildung und Forschung auf den Weg gebrachten Änderungen am Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) und am Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz (AFBG) verständigt. Das hat die Vorsitzende des Gremiums, Nese Erikli (Grüne) mitgeteilt.
Bereits in seiner letzten Sitzung am 21. September 2022 habe sich der Wissenschaftsausschuss ausführlich mit dem Antrag der FDP/DVP und der Stellungnahme des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst zur Haltung des Landes Baden-Württembergs zu den Änderungen befasst. „Die Fraktionen haben den Wunsch nach einem fraktionsübergreifenden Antrag geäußert, über den nun heute abgestimmt wurde“, berichtete Nese Erikli. Das Gremium habe im gemeinsamen Antrag festgestellt, dass es die vom Bundesministerium auf den Weg gebrachten Änderungen am BAföG und am AFBG als wichtigen ersten Schritt zu einer angemesseneren Studien- und Ausbildungsfinanzierung erachte. Überdies würden, so Erikli, neben der Ausweitung des möglichen Empfängerkreises sowie der Erhöhung der Bedarfssätze und Freibeträge ausdrücklich die geplanten Verfahrenserleichterungen bei der digitalen Antragstellung durch den Verzicht auf das Schriftformerfordernis begrüßt.
Eriklis Ausführungen zufolge werde überdies die Landesregierung ersucht, auf der Grundlage der vom Bundesministerium auf den Weg gebrachten Änderungen an den beiden Gesetzen die erforderlichen landesseitigen Maßnahmen zu ergreifen, um den Antragstellenden die ihnen zustehenden Leistungen schnellstmöglich zu gewähren. Außerdem solle sich die Landesregierung beim Bundesgesetzgeber und dem Bundesministerium für weitere Reformschritte, insbesondere hinsichtlich der weiteren Erhöhung der Bedarfssätze, einer möglichst regelmäßigen Anpassung an die steigenden Lebenshaltungskosten, einer größeren Durchlässigkeit zwischen beruflicher und akademischer Bildung sowie verschiedener Lebensrealitäten, einsetzen. Schließlich habe der Wissenschaftsausschuss bis zum Beginn des Wintersemesters 2023/24 einen Bericht angefordert, in dem die Landesregierung ausführen soll, welche Maßnahmen die Landesbehörden im Sinne einer Vereinfachung in Beantragung und Verarbeitung planen, um den Antragsberechtigten eine vollkommen digitale Antragsstellung zu ermöglichen.
Seit über 50 Jahren ermögliche das BAföG vielen Generationen von Schülerinnen und Schülern, Auszubildenden wie Studierenden ein Aufstiegsversprechen und biete die Chance auf bessere Bildungsmöglichkeiten, so Erikli. Die aktuellen Entwicklungen hätten jedoch einen immensen Reformbedarf gezeigt, dem sich die Bundesregierung mit einem Gesetzentwurf angenommen habe. Dieser enthalte viele wichtige Änderungen, wie eine Erhöhung der Bedarfssätze um fünf Prozent, eine Steigerung des Freibetrags des Elterneinkommens um 20 Prozent sowie des eigenen Einkommens. „Dem Wissenschaftsausschuss war es fraktionsübergreifend wichtig, dass geplante Verfahrenserleichterungen in der Antragstellung auch in Baden-Württemberg schnellstmöglich umgesetzt werden. Deshalb wurde der interfraktionelle Antrag heute auf den Weg gebracht“, betonte die Vorsitzende Nese Erikli.
Landwirtschaftsausschuss thematisiert Biodiversität im Land
Stuttgart. Der Ausschuss für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz hat in seiner Sitzung am Mittwoch, 19. Oktober 2022, auf Antrag der CDU-Fraktion darüber beraten, wie die Biodiversität in der Landwirtschaft, aber auch in kommunalen Grünanlagen und privaten Gärten weiter verbessert werden kann. Das berichtete der Ausschussvorsitzende Martin Hahn (Grüne).
Die Antragsteller erkundigten sich Hahn zufolge in ihrem Fragenkatalog an das Landwirtschaftsministerium nach der Umsetzung des 2020 verabschiedeten Biodiversitätsstärkungsgesetzes in Baden-Württemberg. Mit dem Gesetz sei das Land zwar bundesweit Vorreiter, es fokussiere sich allerdings mehr auf Land- und Forstwirtschaft als auf öffentliche Grünanlagen und private Gärten. Das Gremium bedankte sich in der Sitzung für die detaillierte schriftliche Stellungnahme durch das Ministerium, die neben dem Aktionsplan „Bio in Baden-Württemberg“ eine ganze Reihe an aktuellen Maßnahmen zur Biodiversitätsstärkung auflistet.
Um den heimischen Öko-Landbau zu unterstützen, seien im Doppelhaushalt 2020/21 sowie im Haushalt 2022 jeweils bis zu 4,5 Millionen Euro für den weiterentwickelten Aktionsplan bereitgestellt worden, gab der Vorsitzende die Ausführungen von Ministeriumsseite wieder. Ferner finanziere das Sonderprogramm zur Stärkung der biologischen Vielfalt mit jährlich 17,7 Millionen Euro Projekte mehrerer Ministerien. „Der Erhalt der Biodiversität ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, nicht nur die Landwirtschaft ist hier in der Pflicht“, darüber sei man sich im Ausschuss einig gewesen, berichtete Hahn. Auch die urbanen Räume wie Friedhöfe, Parks und private Gärten müssten noch mehr mitgedacht werden. Gartenbesitzerinnen und -besitzer sollen in verschiedenen Projekten ebenso wie Kommunen dabei unterstützt werden, Grünflächen vogel- und insektenfreundlicher zu gestalten, fasste Hahn die Angaben von Ministeriumsseite zusammen.
Als wesentliches Ziel des Biodiversitätsstärkungsgesetzes sei zudem im Ausschuss thematisiert worden, wie die Schaffung von Refugialflächen von mindestens zehn Prozent auf Acker- oder Grünland gefördert werden könne, so der Ausschussvorsitzende. Hierzu sei die entsprechende Verwaltungsvorschrift vom Ministerium für Januar 2023 angekündigt worden.
Innenausschuss debattiert über möglichen Einsatz von Löschflugzeugen in Baden-Württemberg
Stuttgart. Baden-Württemberg ist für die Bekämpfung von Waldbränden gut gerüstet. Das wurde in der Sitzung des Ausschusses des Inneren, für Digitalisierung und Kommunen am Mittwoch, 19. Oktober 2022, deutlich. „Die Abgeordneten waren sich einig, dass die Vorbeugung und Bekämpfung von Waldbränden nicht zuletzt aufgrund der Klimaveränderungen ein sehr wichtiges Thema ist“, sagte der Ausschussvorsitzende Ulli Hockenberger (CDU). Im Südwesten liege der Fokus bei der Bekämpfung von Waldbränden auf der bodengebundenen Brandbekämpfung. Die Anschaffung von eigenen Löschflugzeugen mache allein schon aufgrund der mangelnden Möglichkeiten zum Aufnehmen von Wasser keinen Sinn.
Nach Angaben des Ausschussvorsitzenden gibt es im Südwesten derzeit 1.100 geländegängige Tanklöschfahrzeuge und spezielle Waldbrand-Fahrzeuge der Gemeindefeuerwehren. Aufgrund des gut ausgebauten Waldwegenetzes in Baden-Württemberg könnten diese Fahrzeuge zielgerichtet genutzt werden. Sowohl Innenminister Thomas Strobl (CDU) wie auch der Leiter der Landesfeuerwehrschule in Bruchsal hätten deutlich gemacht, dass der Einsatz von Bodenfahrzeugen bei der Bekämpfung von Waldbränden im Südwesten Priorität habe.
Unterstützend kämen zwei Hubschrauber der baden-württembergischen Polizei hinzu, die umgerüstet und damit für die Bekämpfung von Wald- und Flächenbränden eingesetzt werden können. In diesem Fall werde an den Hubschraubern ein Außenlasthaken angebracht, mit dem ein Wasserbehälter transportiert werden könne, der ein Fassungsvermögen von rund 800 Litern habe. Der Vorteil der Hubschrauber sei, dass diese auch an kleinen Gewässern Wasser aufnehmen könnten. Die beiden für die Brandbekämpfung einsetzbaren Hubschrauber seien innerhalb von maximal zwei Stunden einsatzbereit. Für Verwunderung habe bei manchen Abgeordneten die „lange Umrüstzeit“ gesorgt. Der Vertreter der Feuerwehr habe erklärt, dass nicht nur für das Anbringen des Hakens, sondern auch für das Entfernen von Inventar im Hubschrauber wie Sitzbänke Zeit benötigt werde. Dies sei notwendig, um unnötiges Gewicht zu entfernen. Sollte es erforderlich sein, könne das Land zusätzlich Löschhubschrauber aus anderen Bundesländern, von der Bundeswehr und teilweise auch von privaten Anbietern anfordern, berichtete Ulli Hockenberger.
Im Gegensatz zu Ländern in Südeuropa, deren Löschfluge das Wasser problemlos auf dem Meer aufnehmen könnten, sei Baden-Württemberg für den Einsatz von Löschflugzeugen ungeeignet. Denn die Flugzeuge benötigten große und vor allem mehrere Kilometer lange Wasserflächen, um Wasser aufnehmen zu können. Hierfür kämen in Baden-Württemberg nur der Bodensee und Teile des Rheins infrage. Erschwerend komme noch hinzu, dass beide Gewässer in diesem Fall komplett für Schiffe, Fähren, Ausflugsboote, Schwimmer und andere Wassersportler gesperrt werden müssten, um Kollisionen und damit Unfälle zu vermeiden. Aus diesen Gründen mache es keinen Sinn, dass das Land eigene Löschflugzeuge anschaffe.
Sollte aufgrund eines enormen Waldbrandes der Einsatz von Löschflugzeugen dennoch einmal notwendig sein, könnten diese über das EU-Katastrophenschutzverfahren der Europäischen Union angefordert werden, sagte der Ausschussvorsitzende.
Enquetekommission beschließt Anhörung weiterer Sachverständiger
Stuttgart. Die Enquetekommission „Krisenfeste Gesellschaft“ hat im nicht öffentlichen Sitzungsteil am Freitag, 14. Oktober 2022, das Programm für die kommende Sitzung festgelegt. Im Anschluss an die öffentliche Anhörung nominierte die Kommission die Sachverständigen für die ebenfalls öffentlich stattfindende Sitzung am 11. November 2022, die sich den Themen Health in all Policies, Pflege, Gesundheitswirtschaft sowie Forschung in Gesundheit, Medizin und Pflege widmen wird. „Nach der heutigen Diskussion über Public Health, das öffentliche Gesundheitswesen in Baden-Württemberg und die Gefahren des Klimawandels für die Bevölkerungsgesundheit wollen wir uns in der nächsten Sitzung stärker mit Fragen der Pflege und der Gesundheitswirtschaft befassen“, sagte der Vorsitzende der Enquetekommission, Alexander Salomon (Grüne).
Die von den Fraktionen Grüne, CDU, SPD und FDP/DVP vorgeschlagenen Sachverständigen für die kommende Anhörung sind:
- Prof. Dr. Ilona Kickbusch, Vorsitzende und Gründungsdirektorin des Global Health Centre, Graduate Institute of International and Development Studies, Genf
- Prof. Dr. Frank Weidner, Direktor des Deutschen Instituts für angewandte Pflegeforschung e.V., Köln
- Prof. Dr. Astrid Elsbernd, Leiterin des Instituts für Gesundheits- und Pflegewissenschaften, Hochschule Esslingen
- Prof. Dr. Hanns-Peter Knaebel, Vorsitzender des Universitätsrats der Uni Heidelberg
- Zwei Vertreter/innen des Unternehmens Biontech, noch unbenannt
- Prof. Dr. Ralf Kindervater, Geschäftsführer BIOPRO BadenWürttemberg GmbH
- Dr. med. Brigitte Joggerst, Vorsitzende des Öffentlichen Gesundheitsdiensts BW (ÖGDV BW)
- Gabriele Hönes, Abteilungsleiterin der Abteilung Gesundheit, Alter, Pflege im Diakonischen Werk Württemberg
- Prof. Dr. Axel Olaf Kern, Studiendekan berufsbegleitender Master „Management im Sozial- und Gesundheitswesen“, Senatsbeauftragter Ethik, Gründungsdekan Bachelor „Gesundheitsökonomie“, Hochschule Ravensburg, Weingarten
- Julia Steckeler, Geschäftsführerin MedicalMountains GmbH
Für den Fall, dass Sachverständige nicht an der Anhörung teilnehmen können, hat das Gremium vorsorglich zwei Ersatzexperten/innen benannt. Diese sind:
- Prof. Dr. Hajo Grundmann, Leiter des Instituts für Infektionsprävention und Krankenhaushygiene, Universitätsklinikum Freiburg
- Prof. Dr. med. Eva Hungerland, Leiterin der neu eingerichteten Studiengänge Public Health in Baden-Württemberg, Gesundheitswissenschaften und Sozialmedizin, DHBW Stuttgart
Außerdem legte die Enquetekommission die Themen für die Sitzung am 9. Dezember 2022 fest. Acht Verbände, von denen einige im Vorfeld schriftliche Stellungnahmen zum ersten Handlungsfeld der Kommission (Lehren für künftige Pandemien und Gesundheitskrisen) eingereicht haben, werden zur Anhörung eingeladen. In thematisch geordneten Panels sollen Frage- und Diskussionsrunden stattfinden.
Die Abgeordneten der Enquetekommission und die externen Mitglieder sind zu den kommenden digitalen Treffen des begleitenden Bürgerforums am 20. Oktober, 3. November, 17. November und 8. Dezember 2022 sowie zu den Präsenzterminen am 3. Dezember 2022 und 28. Januar 2023 eingeladen.
Landtagspräsidentin Aras: „Als Teil des Bürgerforums erleben Menschen, dass sie Teil von Politik sind“
Stuttgart. Am Samstag, 8. Oktober 2022, nimmt das Bürgerforum zur Enquete „Krisenfeste Gesellschaft“ im Landtag von Baden-Württemberg seine Arbeit auf. „Als Teil eines Bürgerforums erleben Menschen, dass sie Teil von Politik sind: Politik bestimmt nicht über sie, sie bestimmen sie unmittelbar mit“, sagte Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne), die diese Bürgerbeteiligung gemeinsam mit dem Vorsitzenden der Enquete, Alexander Salomon (Grüne), initiiert hat. „Ausgewählte Bürgerinnen und Bürger können ihr Wissen und ihre Ideen einbringen.“
Das Bürgerforum „Krisenfeste Gesellschaft“ soll Meinungen und Stimmungen aus der Bevölkerung zusammentragen und sichtbar machen. Die Bürgerinnen und Bürger begleiten dabei die Arbeit der Enquetekommission „Krisenfeste Gesellschaft“, in der Abgeordnete des Landtags sowie Vertreter aus Wissenschaft und Zivilgesellschaft ebenfalls der Frage nachgehen, wie in Baden-Württemberg Staat und Gesellschaft zukunftssicher gemacht werden können. „Allein die Überwindung der Trennwand zwischen Politik und Bürgern ist für sich genommen schon ein Beitrag, um Gesellschaft krisenfester zu machen“, so Landtagspräsidentin Aras.
Die Teilnehmenden des Bürgerforums sollen gemeinsam darüber diskutieren, welcher Schritte es bedarf, um unseren Staat und unsere Gesellschaft auf sich künftig möglicherweise entwickelnde Gefahrenlagen vorzubereiten. Was erwarten die Bürgerinnen und Bürger von ihrem Staat? Hierzu sollen schließlich konkrete Forderungen an die Politik und insbesondere an die Mitglieder der Enquetekommission formuliert werden. „Ich bin sicher, dass die unterschiedlichen Perspektiven der Bürgerinnen und Bürger, ihre Lebenspraxis und ihre Lebenserfahrung, uns helfen werden, auf den Kern des Themas ‚Krisenfeste Gesellschaft‘ zu kommen“, hob Aras hervor.
Rund 3.500 zufällig ausgewählte Baden-Württembergerinnen und Baden-Württemberger sind vom Landtag angeschrieben worden, rund 220 haben sich zurückgemeldet und ihr Interesse an der Mitarbeit im Bürgerforum bekundet. 60 Personen, die nach sozio-demografischen Merkmalen wie etwa Geschlecht, Alter, Migrationshintergrund und Bildungsabschluss ausgewählt wurden, sind letztlich zur Auftaktveranstaltung eingeladen worden. Auf sie wartet am Samstag zunächst eine Einführung und ein Einstieg in das Verfahren, das vom Berliner nexus Institut moderiert wird. Nach einer Kennenlernrunde folgen verschiedene Inputs etwa zu „Gesellschaftlichem Zusammenhalt“, „Gesundheit“, „Krisenvorsorge“ und „Potenziale der Wirtschaft“. Die Teilnehmenden werden dann verschiedenen Arbeitsgruppen zugeordnet. Insgesamt soll das Bürgerforum sechs oder sieben Mal zusammentreten, zunächst digital. Die Abschlussveranstaltung des Bürgerforums findet dann voraussichtlich im Januar 2023 wieder im Haus des Landtags in Stuttgart statt.
Ständiger Ausschuss berät über Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks
Stuttgart. Der Ständige Ausschuss des Landtags hat in seiner Sitzung am Donnerstag, 29. September 2022, über den Dritten Staatsvertrag zur Änderung medienrechtlicher Staatsverträge beraten. Mit den geplanten Reformen sollen die öffentlich-rechtlichen Sender modernisiert und für die digitale Zukunft fit gemacht werden. „Die Beratung über den Medienänderungsstaatsvertrag fällt in eine schwierige Zeit, in der der öffentlich-rechtliche Rundfunk aufgrund konkreter Vorgänge massiv in der Kritik steht“, sagte der Ausschussvorsitzende Guido Wolf (CDU) mit Blick auf die Vorfälle beim Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB).
Auch die Abgeordneten betonten in der Sitzung die Bedeutung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, der jedoch durch die Vorgänge beim RBB Schaden genommen habe. „Der öffentlich-rechtliche Rundfunk braucht Akzeptanz in der Bevölkerung“, sagte Guido Wolf weiter. Es gehe nun darum, Vertrauen zurückzugewinnen und Missstände glaubwürdig abzustellen.
Mit dem Dritten Medienänderungsstaatsvertag passen die Länder den Auftrag der Rundfunkanstalten an sich ändernde Nutzungsgewohnheiten der Bürgerinnen und Bürger an. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk soll künftig flexibler auf deren Bedürfnisse reagieren und die sich aus der Beitragsfinanzierung ergebenden Möglichkeiten zielgerichteter nutzen können. Durch eine Präzisierung des Auftrags soll das öffentlich-rechtliche Profil der Anstalten geschärft werden.
Nach Angaben Guido Wolfs sagte der Staatssekretär für Medienpolitik und Bevollmächtigter des Landes Baden-Württemberg beim Bund, Rudi Hoogvliet, die Ergebnisse seien ein wichtiger Schritt, um den öffentlich-rechtlichen Rundfunk fit zu machen für die digitale Zukunft. Die Rundfunkanstalten sollen in die Lage versetzt werden, schneller und zielgerichteter auf veränderte Nutzungsgewohnheiten der Beitragszahlerinnen und Beitragszahler reagieren zu können, um ihre Angebote einem möglichst breiten Publikum zukommen lassen zu können. Die Rundfunkanstalten sollen daher einzelne Fernsehprogramme ganz oder teilweise einstellen oder deren Inhalte in Angebote im Internet über-führen können. Zudem sollen im Online-Bereich Erweiterungen zugelassen werden. So sollen die Anstalten künftig Sendungen, Filme und Serien auf Abruf vor und nach deren Ausstrahlung online für bis zu 30 Tage anbieten können.
Darüber hinaus soll die Rolle der Gremien weiterentwickelt und gestärkt werden. Die Gremien sollen zudem die Aufgabe bekommen, für die Angebote der Sender Richtlinien aufzustellen und die Intendanten und Intendantinnen in Programmfragen zu beraten. Die Richtlinien umfassen die Festsetzung inhaltlicher und formaler Qualitätsstandards sowie standardisierter Prozesse zu deren Überprüfung, berichtete Guido Wolf. Zur besseren Überprüfbarkeit und Kontrolle der Haushalts- und Wirtschaftsführung sollen die Sender Maßstäbe festsetzen, die geeignet sind, die Bewertung der Einhaltung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit sowie eine vergleichende Kontrolle der Ressourceneffizienz zu ermöglichen.
Enquetekommission „Krisenfeste Gesellschaft“ beschließt weitere Themen für öffentliche Anhörung
Stuttgart. Die Enquetekommission „Krisenfeste Gesellschaft“ hat sich in ihrer öffentlichen Sitzung am Freitag, 30. September 2022, mit der Frage der „Lessons Learnd“ in Bezug auf die Bekämpfung der Corona-Pandemie befasst. Am Vormittag hörte das Gremium zunächst Sozialminister Manfred Lucha (Grüne) an. Am Nachmittag stand die Anhörung von Experten aus den Bereichen Krisenbewältigung, Infektiologie und Gesundheitswesen auf dem Programm. „Die Experten haben dem Gremium wichtige Hinweise darauf geliefert, welche Lehren aus der Corona-Pandemie und dem Umgang mit der Krise gezogen werden können. Die Lehren bilden für die Enquetekommission einen wichtigen Baustein für die Erarbeitung von Empfehlungen für eine krisenfeste Gesellschaft“, sagte der Vorsitzende der Enquetekommission, der Grünen-Abgeordnete Alexander Salomon.
Im Anschluss an die öffentliche Anhörung kam das Gremium zu einer nicht öffentlichen Sitzung zusammen. Zum einen beschloss die Kommission Nachnominierungen von Sachverständigen für die kommende Sitzung am 14. Oktober 2022, in der das Thema „Public Health/Health in all Policies“ behandelt sind. Die neu hinzugekommenen Experten sind Prof. Dr. Andreas Lob-Hüdepohl (Professur für Theologische Ethik, Katholische Hochschule für Sozialwesen Berlin, Mitglied im Deutschen Ethikrat), Dr. med. Martin Herrmann (Vorsitzender KLUG – Deutsche Allianz für Klimawandel und Gesundheit e.V.) und Prof. Dr. Nico Dragano (Professur für Medizinische Soziologie, Universität Düsseldorf).
Darüber hinaus legte die Enquetekommission die Themen für die Sitzung am 11. November 2022 fest. Demnach befasst sich das Gremium an dem Tag mit den Themen Health in all Policies, Pflege, Gesundheitswirtschaft sowie Forschung in Gesundheit, Medizin und Pflege. Zudem stimmte die Enquetekommission für 20 Verbände, die in Bezug auf das erste Handlungsfeld der Kommission (Lehren für künftige Pandemien und Gesundheitskrisen) zur Abgabe einer schriftlichen Stellungnahme aufgefordert werden sollen. Die Verbände vertreten überwiegend den Gesundheits- und Pflegebereich wie etwa die Landesärztekammer, der Hebammenverband, die Landespsychotherapeutenkammer oder die AIDS-Hilfe. Aber auch Rettungsdienste wie zum Beispiel der ASB und das DRK oder der Landesseniorenrat gehören zu den ausgewählten Verbänden. Alle in der nicht öffentlichen Sitzung gefassten Beschlüsse sind gemeinsame Vorschläge der Fraktionen Grüne, CDU, SPD und FDP/DVP.
Ausschuss für Wohnen berät über recycelte Baustoffe und klimaresiliente Kommunen
Stuttgart. Der Ausschuss für Landesentwicklung und Wohnen hat sich in seiner Sitzung am Mittwoch, 28. September 2022, auf Antrag der Fraktionen Grüne und CDU mit den Themen Zirkularität im Kontext nachhaltigen Bauens und klimaresiliente Stadtentwicklung befasst. Wie die Vorsitzende des Gremiums, die CDU-Abgeordnete Christiane Staab, mitteilte, waren sich alle Fraktionen einig, dass die Verwendung von wiederverwertbaren Baumaterialien ein
wichtiges Instrument für das nachhaltige Bauen ist und der Lebenszyklus von Ressourcen in Zukunft eine immer größere Rolle spielt.
Unter Zirkularität versteht man, dass Baumaterialien genutzt werden, die recycelt sind bzw. nach ihrer Nutzung wiederverwendet werden können oder bei der Herstellung keine fossilen Energiequellen benötigen. Nicht nur aus Gründen des Klimaschutzes, sondern auch aufgrund der Ressourcenknappheit und steigender Energiepreise sei das Recycling von Baustoffen nicht mehr wegzudenken. Auch spiele bei der Zirkularität eine Rolle, dass ein Gebäude so geplant ist, dass es möglichst lange genutzt werden kann. Die Abgeordneten begrüßten in der Sitzung, dass die Landesregierung eine ganze Reihe an Förderprogrammen habe, mit der nachhaltiges Bauen bzw. die Verwendung von nachhaltigem Baumaterial unterstützt werde. Dazu zähle zum Beispiel der Kommunale Investitionsfonds oder die Clusterinitiative Forst & Holz, berichtete die Ausschussvorsitzende.
Darüber hinaus sei im Ausschuss die Frage nach möglichen steuerlichen Anreizen für die Wiederverwendung von Baumaterialien diskutiert worden. Die Landesregierung habe mitgeteilt, dass seit 2020 energetische Sanierungsmaßnahmen an selbst genutztem Wohneigentum steuerlich gefördert werden. Steuerliche Anreize für die Wiederverwendung von Bauteilen oder Baumaterialien seien im Koalitionsvertrag allerdings nicht enthalten und bisher auch nicht geplant. Abgeordnete hätten in der Sitzung eine ähnliche steuerliche Förderung für die Nutzung von recycelten Baustoffen vorgeschlagen. Ministerin Nicole Razavi (CDU) habe in der Ausschusssitzung gesagt, steuerliche Anreize seien ein gutes Instrument, um Eigentümer zu motivieren, in diesem Bereich mehr zu tun, so Staab.
Zudem sei in der Sitzung darauf hingewiesen worden, dass auch bei Liegenschaften des Landes der Aspekt Wiederverwertbarkeit verstärkt berücksichtigt werden sollte. Dies Landesregierung habe mitgeteilt, dass Ausschreibungen und Bauprojekte des Landes nach den Grundsätzen des Leitfadens „Nachhaltiges Bauen“ geplant und realisiert werden, berichtete die Ausschussvorsitzende.
Ein weiteres Thema in der Ausschusssitzung war die Klimaresilienz von Städten und Gemeinden in Baden-Württemberg. Die Ausschussvorsitzende Staab sagte, die Fraktionen seien sich einig gewesen, dass Vorkehrungen der Kommunen gegen die Folgen des Klimawandels wie Hitze, Dürre, Starkregen oder Hochwasser ein sehr wichtiges und drängendes Thema seien. Zwar arbeiteten viele Kommunen bereits daran, sich für extreme Wettereignisse zu wappnen. Doch sei es wichtig, die Kommunen zu unterstützen, um klimaresilienter zu werden. Dies betreffe alle Ebenen, also auch das Land Baden-Württemberg, insbesondere bei der Erstellung des neuen Landesentwicklungsplans.
Da mit einer Zunahme von Dürreperioden sowie Starkregen und Hochwasser zu rechnen sei, spiele neben dem Klimaschutz die klimaangepasste Stadtentwicklung eine zentrale Rolle, um Folgen und Schäden zu mindern oder sogar ganz zu vermeiden. Auch in diesem Bereich verfüge die Landesregierung über eine ganze Reihe an Förderprogrammen wie etwa der Städtebauförderung, dem Programm „Flächen gewinnen durch Innenentwicklung“ oder dem Entwicklungsprogramm Ländlicher Raum. Auch auf Bundes- und EU-Ebene gebe es Förderprogramme, die Klimawandel und Klimaschutz im Blick hätten.
Die Transformation der Städte und Gemeinden zu mehr Klimaverträglichkeit nehme eine Schlüsselrolle für ihre Zukunftsfähigkeit und die Wohlstandssicherung des Landes ein. Ein klimaresilienter Umbau solle dazu führen, dass Kommunen besser gegen Stürme, starke Schneefälle, Starkregen, Hochwasser oder Hitze gewappnet seien. Neben der Errichtung von Grünflächen, dem Anlegen offener Wasserflächen oder der Entsiegelung von Flächen können auch bauliche Maßnahmen sinnvoll sein. Beispiele seien die Errichtung von Schutzdämmen, die Verstärkung von Gebäuden und die Verbesserung von Gebäudehüllen etwa mittels Dämmung, Begrünung oder Farbgebung. Die Abgeordneten begrüßten, dass bereits in vielen Kommunen Projekte zur Klimaanpassung umgesetzt wurden oder in Planung sind.
Im Anschluss an die Sitzung besuchte der Ausschuss auf Einladung der Architektenkammer Baden-Württemberg die Ausstellung „Bauen für eine offene Gesellschaft“ zum 100. Geburtstag von Günter Behnisch. Die Ausstellung zeigt Leben und Werk des „Baumeisters der Demokratie“, dem es wie kaum einem anderen gelang, den Wesenskern freiheitlicher, demokratischer und humaner Grundsätze in Gebautes zu übersetzen.
Umweltausschuss befasst sich mit Beseitigung des Gasengpasses
Stuttgart. Der Ausschuss für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft hat sich in seiner Sitzung am Donnerstag, 29. September 2022, vorausschauend mit möglichen Energieengpässen im Land und deren Auswirkungen auf kritische Infrastrukturen befasst. Das hat der Ausschussvorsitzende Daniel Karrais (FDP/DVP) mitgeteilt. „Wir müssen offen über alle Möglichkeiten diskutieren, um eine Gasmangellage in diesem und auch im kommenden Winter zu verhindern“, so Karrais.
Die FDP/DVP-Fraktion erfragte in einem Antrag den Erdgasverbrauch verschiedener Industriezweige im Land und informierte sich bei Umweltministerin Thekla Walker, welche Maßnahmen das Ministerium plant, um Auswirkungen einer drohenden Gasmangellage auf kritische Infrastrukturen vorzubeugen. Zahlen des Statistischen Landesamts Baden-Württemberg zufolge sei im Jahr 2020 fast ein Drittel des Endenergieverbrauchs der Industrie auf Erdgas entfallen, berichtete Karrais. Das meiste Erdgas, bezogen auf den gesamten Erdgasverbrauch der Industrie, habe das Papiergewerbe verbraucht, aber auch weitere Branchen wie die Chemie-, Metall- und Automobilindustrie verbrauchten Erdgas in nennenswertem Umfang.
Die Ausschussmitglieder diskutierten zudem, inwieweit ein Weiterbetrieb des Atomkraftwerks Neckarwestheim II bis voraussichtlich April 2023 einer Gasmangellage auch im kommenden Jahr entgegenwirken könnte, wie der Vorsitzende mitteilte. Hierbei sei auch angesprochen worden, welche Außenwirkung eine Abschaltung deutscher Kraftwerke haben könnte und was dies für die europäische Solidarität bedeute. „Die Atomenergie ist ein Baustein, man sollte allerdings nicht davon ausgehen, dass sie alle Probleme lösen kann“, gab Karrais die Ausführungen von Umweltministerin Walker wieder. Das Atomkraftwerk Neckarwestheim II könne nicht über das erste Quartal 2023 hinaus weiterbetrieben werden, weil die Brennelemente nicht mehr hergäben. Wichtig sei jetzt, eine Reserve für das kommende Jahr vorzubereiten. Land und Kommunen müssten ebenso wie Betriebe und Gewerkschaften, Verbraucherinnen und Verbraucher im Schulterschluss ein kurzfristig wirksames Sparprogramm umsetzen können. Auch wenn im europäischen Kontext bei den Vorbereitungen auf eventuelle Energieengpässe nicht alles optimal gelaufen sei, befinde man sich in gegenseitiger Verantwortung und Solidarität, die weiterbestünde.
Bei der Frage, ob vermehrt auch wieder Kohlekraft genutzt werden könne, um die Energieversorgung sicherzustellen, sei laut Karrais vonseiten des Ausschusses und des Ministeriums angemerkt worden, dass es sich sehr kompliziert gestalte, bereits abgeschaltete Kohlekraftwerke wieder hochzufahren. Ein Faktor sei hier das Niedrigwasser im Rhein im vergangenen Sommer, das den Kohletransport deutlich erschwert habe. Dem Ministerium zufolge seien bundesweit zwei Kohlekraftwerke wieder ans Netz gegangen, weitere sollen folgen.
Petitionsausschuss leistet keine Abhilfe
Stuttgart. Der Petitionsausschuss hat sich in seiner Sitzung am Donnerstag, 29. September 2022, mit einer Petition zur Verlegung des Rettungshubschraubers Christoph 45 befasst. Nach ausführlicher Debatte hat das Gremium den Beschluss gefasst, die Petition der Regierung mit der Maßgabe zu überweisen, zeitnah eine Informationsveranstaltung vor Ort durchzuführen, und im Übrigen keine Abhilfe zu leisten. Das hat der Vorsitzende des Petitionsausschusses, Thomas Marwein (Grüne), mitgeteilt.
Der Petent richtete sich in seiner Petition vor allem gegen die Verlegung von Christoph 45 aus Friedrichshafen, die in einer vom Innenministerium in Auftrag gegebenen Struktur- und Bedarfsanalyse der Luftrettung in Baden-Württemberg empfohlen wird, berichtete Marwein. Der Petent habe sich vor allem gegen die Verlegung um sieben bis 13 Kilometer für zwei bis vier Flugminuten nach Norden gewendet. Die Bevölkerungsschwerpunkte im Einsatzgebiet von Christoph 45 lägen vor allem am deutschen Bodenseeufer. Verlege man Christoph 45 von Friedrichshafen nach Norden, erreiche man für jeden in der behaupteten Versorgungslücke nördlich von Sigmaringen schneller erreichten Patienten, 36 Patienten am Bodensee später, gab Thomas Marwein einen Vorbehalt des Petenten wieder.
„Der Petitionsausschuss hat sich in den letzten Monaten ausführlich mit der Thematik befasst und einen umfangreichen Fragenkatalog an das Innenministerium gesendet, der gründlich beantwortet wurde“, so Vorsitzender Marwein. Erörtert worden seien etwa Fragen zu meteorologischen Daten im Gutachten, zu schlechten Sichtbedingungen in Friedrichshafen, zu einem neuen Standort, der sich nur ca. 13 Kilometer vom bisherigen entfernt befindet, zu einem Standort ohne Klinikanbindung und Fragen zu Kosten und Nutzen einer möglichen Verlegung.
„Alle Fakten liegen auf dem Tisch und es sind keine neuen Erkenntnisse mehr zu erwarten“, gab Marwein die mehrheitliche Auffassung des Gremiums wieder. Der Ausschuss habe sich deshalb auch mit großer Mehrheit dagegen entschieden, einen Vor-Ort-Termin anzuberaumen. „Allerdings hat der Petitionsausschuss dem Innenministerium aufgegeben, möglichst zeitnah eine Bürgerinformation in Friedrichshafen durchzuführen“, so Marwein. Dies sei vom zuständigen Ministeriumsvertreter noch in der Sitzung in Aussicht gestellt worden.
Diskussion über künftige Assistenzausbildung in der Pflege
Stuttgart. Der Ausschuss für Soziales, Gesundheit und Integration hat sich in seiner Sitzung am Mittwoch, 28. September 2022, auf Antrag der SPD neben weiteren Themen mit dem Gesetzentwurf der SPD-Fraktion über die Einführung einer Ausbildung zur Pflegeassistenzkraft in Baden-Württemberg (Pflegeassistenzgesetz) befasst. Das berichtete der Ausschussvorsitzende Florian Wahl (SPD).
Wie Wahl weiter berichtete, begründete die SPD ihren Gesetzentwurf damit, dass die Ausbildung für Pflegehelferinnen und -helfer im Land nicht mehr zur generalistischen Pflegeausbildung passe, die seit 2020 bundesweit gilt. Der Hintergrund: Mit dem Pflegeberufegesetz der Bundesregierung wurden 2020 die bis dahin getrennten Ausbildungen in der Alten- und Krankenpflege zu einer generalistischen Pflegeausbildung zusammengeführt. Im Land jedoch laufen die jeweils einjährigen Ausbildungen in der Alten- und Krankenpflegehilfe weiter parallel nebeneinander, da die Gesetzgebungskompetenz auf der Ebene der Hilfe- und Assistenzausbildungen bei den Ländern liegt.
Die SPD habe in der Ausschusssitzung erklärt, dies nun möglichst schnell ändern zu wollen, so der Ausschussvorsitzende Wahl. Demnach sollten die beiden bisherigen einjährigen Helferausbildungen in Anlehnung an das Pflegeberufegesetz bereits ab 2023 in eine zweijährige generalistische und höherwertigere Assistenzausbildung überführt werden. Das solle die Zusammenarbeit der künftigen Assistenzkräfte mit den Fachkräften verbessern, Anreize für Frauen und Männer setzen, die eine Fachkraftausbildung anschließen wollen, aber auch ohne Übergang in die Fachkraftausbildung eigenständige Kompetenzen in der Pflege für Personen mit Hauptschulabschluss begründen. Zudem sei es angesichts des akuten Pflegekräftemangels fahrlässig, die Neuregelung weiter aufzuschieben.
Kritik am Gesetzentwurf der SPD kam nach Angaben von Wahl von Grünen, CDU, FDP/DVP und AfD. Auf Ablehnung sei insbesondere die geplante Ausbildungsdauer von zwei Jahren gestoßen, so der Ausschussvorsitzende. Dies gehe sowohl an den Bedarfen der potenziellen Auszubildenden als auch der Pflegeeinrichtungen vorbei, habe es geheißen. Angesichts des Personalmangels in der Pflege bräuchten die Einrichtungen schnell Unterstützung. Zudem sei eine generalistische Assistenzausbildung auch in zwölf Monaten möglich. Eine Finanzierung der Ausbildungslasten teils aus Landesmitteln, wie von der SPD vorgesehen, sei ebenfalls auf Kritik gestoßen.
Wie der Ausschussvorsitzende Wahl weiter berichtete, habe Sozialminister Manfred Lucha (Grüne) darauf verwiesen, dass eine Neuregelung der Assistenzausbildung bereits von der Landesregierung vorbereitet werde. Sozial- und Kultusministerium arbeiteten gemeinsam mit Leistungserbringern, Schulen, Berufsverbänden und kommunalen Landesverbänden an einer neuen einheitlichen Ausbildung, die voraussichtlich 2024 starten könne. Es gebe viele Übereinstimmungen mit dem Gesetzentwurf der SPD. Die Landesregierung favorisiere jedoch eine einjährige Ausbildungszeit.
Der Sozialausschuss lehnte laut Wahl schließlich den Gesetzentwurf der SPD mehrheitlich ab.
Ausschuss für Europa und Internationales befasst sich mit Studie zum grenzüberschreitenden Arbeitsmarkt
Stuttgart. Grenzenlos Arbeiten – so lautet der Titel einer Studie über den deutsch-französischen grenzüberschreitenden Arbeitsmarkt, die die Autoren Andrea Baumgartner (Studentische Hilfskraft) und Jacob Ross (Wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik e.V.) dem Ausschuss für Europa und Internationales in der Sitzung am Mittwoch, 28. September 2022, per Videoschalte aus Berlin vorgestellt haben. „Insgesamt sind es drei Studien, die lesenswert sind“, betonte Willi Stächele (CDU), der Vorsitzende des Gremiums.
In der deutsch-französischen Grenzregion pendeln täglich Tausende Arbeitskräfte jeweils ins andere Land, berichteten die Autoren. „Diese Menschen erleben in ihrem Alltag die konkreten Chancen, aber auch die Herausforderungen der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit (GRÜZ)“, fasste Willi Stächele zusammen. Jahrzehntelang sei diese Arbeitsmobilität ein Gewinn für beide Seiten gewesen. „Nicht zuletzt auch ein Beweis für die engen wirtschaftlichen, kulturellen und politischen Beziehungen der Nachbarländer“, so Stächele. Aktuelle Trends wie etwa der Fachkräftemangel in beiden Ländern, so die Studie, stellen die Zukunftsfähigkeit des bisherigen Grenzgänger-Modells infrage. Die Autoren sind sich darin einig, dass die GRÜZ nur dann zur Schaffung eines integrierten grenzübergreifenden Arbeitsmarkts beiträgt, wenn die Grenzregion als ganzheitlicher Wirtschaftsraum begriffen wird, wenn die jeweils anderen Abschlüsse leichter anerkannt werden und wenn unnötige Doppelstrukturen vermieden werden.
In einem weiteren Tagesordnungspunkt hat das Staatsministerium den Landtag über die Schwerpunkte der tschechischen EU-Ratspräsidentschaft, die unter dem Motto „Europa als Aufgabe“ steht, unterrichtet. Schwerpunkte sind die Bewältigung der Flüchtlingskrise und der Wiederaufbau der Ukraine nach dem Krieg, die Sicherung der Energieversorgung, die Stärkung der Verteidigungsfähigkeit Europas und der Sicherheit im Cyberspace, die strategische Widerstandsfähigkeit der europäischen Wirtschaft und die Widerstandsfähigkeit demokratischer Institutionen. Seit 1. Juli 2022 hat Tschechien turnusgemäß für sechs Monate die Präsidentschaft übernommen. Der Ausschuss habe das zur Kenntnis genommen, so Stächele.
Befragung von Minister Strobl soll am 21. Oktober 2022 fortgesetzt werden
Stuttgart. Der Untersuchungsausschuss „Handeln des Innenministers und des Innenministeriums im Fall des Verdachts der sexuellen Belästigung gegen den Inspekteur der Polizei Baden-Württemberg und Beurteilungs-, Beförderungs- und Stellenbesetzungsverfahren in der Polizei Baden-Württemberg (UsA IdP & Beförderungspraxis)“ hat in seiner nicht öffentlichen Sitzung am Mittwoch, 28. September 2022, festgelegt, Minister Thomas Strobl für die nächste Sitzung am 21. Oktober 2022 erneut zu laden. Das hat die Ausschussvorsitzende Daniela Evers (Grüne) mitgeteilt.
„Für den 21. Oktober ist eine nicht öffentliche Befragung des Ministers geplant. Es sollen ihm Akten vorgehalten werden können, die eingestuft sind“, erläuterte die Vorsitzende. Sollten sich im Ausschuss weitere Fragen ergeben, die eine öffentliche Beweisaufnahme erfordern, dann findet diese am selben Tag statt.
Debatte um weiteren Betrieb von Kernkraftwerken als Beitrag zur Lösung der Energiekrise
Stuttgart. Mit der aktuellen Lage der Unternehmen im Land vor dem Hintergrund massiv steigender Energiepreise hat sich der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus in seiner Sitzung am Mittwoch, 21. September 2022, beschäftigt. Ein weiteres Thema neben anderen war der Rückzahlungsstand bei den Corona-Soforthilfen.
Zur Lage der baden-württembergischen Unternehmen in der aktuellen Energiekrise erstattete Staatssekretär Dr. Patrick Rapp (CDU) in Vertretung von Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) mündlich vor dem Ausschuss Bericht. Nach den Worten des Ausschussvorsitzenden Dr. Erik Schweickert (FDP/DVP) erklärte der Staatssekretär, alle Indikatoren sprächen dafür, dass sich Deutschland bereits in einer Rezession befinde. Baden-Württemberg werde als wirtschaftsstarker Standort besonders davon betroffen sein. Im Sinne der Unternehmen wie auch der Bürgerinnen und Bürger im Land komme es nun vor allem darauf an, eine bezahlbare und verlässliche Energieversorgung sicherzustellen. Verlässlichkeit sei nur durch Diversifizierung zu erreichen, wobei insbesondere eine grundlastfähige Energieversorgung unabdingbar sei. Regenerative Energieträger könnten dazu noch nicht ausreichend beitragen.
Laut Dr. Schweickert forderten CDU, FDP/DVP und AfD, die verbliebenen drei Atomkraftwerke angesichts der Energiekrise am Netz zu lassen und nicht wie geplant abzuschalten. Lediglich zwei AKW als stille Reserve vorzuhalten, wie bislang vom federführenden Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) geplant, werde dem Ernst der Lage nicht gerecht. Grüne und SPD hätten sich dagegen ausgesprochen. Wie Dr. Schweickert weiter berichtete, votierte die FDP/DVP zusätzlich dafür, eine Gasförderung durch Fracking „zumindest offen zu diskutieren“. Den Niederlanden beispielsweise wäre man sehr dankbar, wenn diese wieder Gas aus dem Vorkommen vor Groningen förderten, obwohl dort Erdbewegungen durch diese Förderung drohten. Dann müsse man aber auch zu Hause alle Optionen prüfen und dürfe nicht nur von den verschärften Anstrengungen anderer Länder profitieren.
Sowohl CDU als auch SPD und FDP/DVP mahnten nach Angaben des Ausschussvorsitzenden, die Landesregierung müsse inflationsbedingte Steuermehreinnahmen an die Unternehmen und die Bürgerinnen und Bürger zurückgeben. Das Land habe zuletzt 21,5 Prozent mehr eingenommen und stehe dennoch auf der Bremse, wenn es um direkte Hilfen für die Menschen gehe, wurde von den Parlamentariern kritisiert. Laut Dr. Schweickert signalisierte Staatssekretär Dr. Rapp die Bereitschaft der Landesregierung zu Entlastungen und Hilfen für Unternehmen sowie Bürgerinnen und Bürger. Diese müssten aber mit dem Bund abgestimmt werden. Alleingänge machten keinen Sinn.
Auf gemeinsamen Antrag von SPD und FDP/DVP befasste sich der Ausschuss zudem mit der aus ihrer Sicht nicht zufriedenstellenden Umsetzung eines Landtagsbeschlusses vom 17. Dezember 2021, wonach das Wirtschaftsministerium Förderbescheide und Benachrichtigungen über Zuwendungen stets mit dem Zusatz „Finanziert aus Landesmitteln, die der Landtag Baden-Württemberg beschlossen hat“ zu versehen hat. Dazu hatten SPD und FDP/DVP einen umfangreichen Fragenkatalog an das Ministerium bezüglich des Tourismusinfrastrukturprogramms 2022 gerichtet. Ziel der antragstellenden Parlamentarier sei es, die im Landtag bzw. im Wirtschaftsausschuss entschiedenen Förderungen auch nach außen sichtbar zu machen.
Im Rahmen der Diskussion stellte sich heraus, dass sich das Ministerium in seiner Antwort eher auf die erlassenen Musterbewilligungsbescheide fokussierte, während die antragstellenden Abgeordneten mit ihren Fragen gar nicht so sehr auf die verwaltungsinternen Vorgänge hinauswollten. Aus diesem Grund wurde es nach Angaben von Dr. Schweickert vom Ausschuss sehr positiv aufgenommen, dass Staatssekretär Dr. Rapp erklärte, dass in Zukunft auch der Zusatz „… die der Landtag Baden-Württemberg beschlossen hat“ deutlich präsenter nach außen dargestellt wird, beispielsweise bei Baustellenschildern.
Auf Antrag der FDP/DVP thematisierte der Ausschuss den Stand der Rückzahlungen der Corona-Soforthilfen vom Frühjahr 2020. Nach Angaben des Wirtschaftsministeriums haben sich von rund 240.000 angeschriebenen Unternehmen, die seinerzeit mit Soforthilfen unterstützt wurden, bis zum 31. August 2022 knapp 178.000 zurückgemeldet und kamen damit der Aufforderung einer Abschlussrechnung nach. Die zuständige L-Bank habe in diesem Zusammenhang zwischenzeitlich rund 91.000 Rückzahlungsbedarfe mit einem Volumen von rund 600 Millionen Euro verarbeitet.
Laut Ministerium sollen Empfängerinnen und Empfänger der Soforthilfe, die sich nicht zurückgemeldet haben, nachträglich geprüft werden. Darüber stimmten sich derzeit Bund und Länder ab. Ob eine ausgebliebene Rückmeldung zu einer Rückforderung der Soforthilfe führe, sei im Einzelfall von der L-Bank zu entscheiden. Eine ausgebliebene Rückmeldung allein reiche nicht aus, um eine Einstufung als Subventionsbetrug zu rechtfertigen. Nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Dr. Schweickert erklärte Staatssekretär Dr. Rapp, dem Wirtschaftsministerium seien anders als in Nordrhein-Westfalen noch keine Klagen gegen Rückzahlungsbescheide bekannt.
Weiter befasste sich der Wirtschaftsausschuss laut Dr. Schweickert auf Antrag der SPD mit der Entwicklung der Meisterprüfungen und Meisterprämien sowie auf Antrag der FDP/DVP mit der Förderung sogenannter Start-up-Acceleratoren durch das Land Baden-Württemberg.
Gebeutelte Busunternehmen und Störfallkonzept für Stuttgart 21 im Fokus
Stuttgart. Mit der Zukunft der innerstädtischen Gleise der Gäubahn (Stuttgarter Panoramabahn) und möglichen Störfallkonzepten für die stadtnahen Tunnelstrecken im Rahmen des Projekts Stuttgart 21 hat sich der Ausschuss für Verkehr in seiner Sitzung am Donnerstag, 22. September 2022, befasst. Ein weiteres Thema neben anderen war nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Rüdiger Klos (AfD) die Sicherung des Busverkehrs im Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) des Landes vor dem Hintergrund der Energiekrise.
Mit möglichen Störfallszenarien für den künftigen Bahnknoten Stuttgart und für die für den Regionalverkehr essentielle S-Bahn beschäftigte sich der Verkehrsausschuss auf Antrag der Grünen. Sie wollten wissen, welche Störfallkonzepte für die Tunnelstrecken im Rahmen des Projekts Stuttgart 21 vorliegen, das für einen reibungslosen Schienenverkehr im Land zentral ist. Dazu richteten sie einen umfangreichen Fragenkatalog an das Verkehrsministerium. Aus den Antworten geht hervor, dass die Deutsche Bahn aktuell noch über keine fertigen Störfallkonzepte verfügt. Diese würden von der Bahn derzeit noch entwickelt.
Nach Angaben des Ministeriums geht die Bahn davon aus, dass schwere Störfälle auch für die S-Bahn künftig dank des Einsatzes moderner Leit- und Sicherungstechnik (ETCS, European Train Control System) und weiterer technischer Verbesserungen am Bahnknoten Stuttgart nur noch in wenigen Fällen eintreten. Zusätzliche Sicherheit böten laut Bahn ein neuer Gleiswechsel im S-Bahn-Stammtunnel, die neue S-Bahn-Station Mittnachtstraße vor dem Hauptbahnhof und ein neues Gleis in Feuerbach. Dadurch gebe es zusätzliche Möglichkeiten, damit S-Bahnen im Störungsfall wenden können.
Wie aus der Antwort des Ministeriums hervorgeht, zeigt sich Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) von den Erläuterungen der Bahn nicht überzeugt. Vor dem Ausschuss erklärte der Minister nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Klos, seinem Haus liege noch kein Störfallkonzept vor. Es gebe aber Gespräche mit der Bahn dazu. Hermann habe bekräftigt, es sei zu befürchten, dass es ab 2025 „keine ausreichenden Kapazitäten“ für die Bewältigung von Störfällen gebe, so Klos. Hintergrund für Hermanns Befürchtungen ist, dass die Bahn 2025 die innerstädtischen Gleise der Gäubahn (Stuttgarter Panoramabahn) dauerhaft vom Streckennetz nehmen will. Die Gäubahn soll später, ab etwa 2035, von Vaihingen kommend über den Flughafen an den Hauptbahnhof angebunden werden. Bisher wird die S-Bahn bei Problemen im Stammtunnel auf die Panoramabahn umgeleitet und kann so die Innenstadt umfahren.
Auf Antrag der FDP/DVP thematisierte der Verkehrsausschuss zudem Alternativen zur Kappung der Gäubahn ab Stuttgart-Vaihingen. Minister Hermann unterstrich nach Angaben des Ausschussvorsitzenden, er setze sich aktiv für einen Weiterbetrieb der Panoramabahn im Interimszeitraum ein. Er habe deshalb einen Faktencheck angeregt, um zu klären, welchen Aufwand dies verursachen würde. Hermann verwies in diesem Kontext auf den jüngsten Beschluss des Lenkungskreises Stuttgart 21, wonach die Panoramabahn dauerhaft weiterbetrieben und während der Zeit der Unterbrechung bis zu einem Interimshalt (Nordhalt) erhalten werden soll.
Auf Antrag der SPD befasste sich der Verkehrsausschuss ferner mit der Idee einer Nahverkehrs-Ergänzungsstation beim Stuttgarter Hauptbahnhof, den die Landesregierung vorgeschlagen hat. Nach Angaben von Klos warf die SPD der Regierung in der Sitzung vor, sie enthalte der Öffentlichkeit Details ihrer Planung vor. Verkehrsminister Hermann wies dies vor dem Gremium zurück. Er verwies auf die im Juni 2021 vorgelegte Machbarkeitsstudie, die weiter gültig sei. Man setze darauf, die Stadt Stuttgart und den Verband Region Stuttgart für das Projekt zu gewinnen. Das Ministerium hatte in seiner Antwort an die SPD betont, es seien für die Ergänzungsstation keine Vorabmaßnahmen erforderlich, die noch während der Realisierung von Stuttgart 21 durchgeführt werden müssten.
Aufgrund von getrennt voneinander gestellten Anträgen von CDU (ein Antrag) und FDP/DVP (zwei Anträge) befasste sich der Verkehrsausschuss zudem mit der Situation des Busverkehrs und insbesondere der privaten Busunternehmen im Land. Aus den Antworten geht hervor, dass das Ministerium den privaten Busunternehmen eine zentrale Bedeutung für den ÖPNV im Land zumisst. Deshalb habe das Land die Unternehmen in den Corona-Jahren 2020 und 2021 mit Ausgleichszahlungen in Millionenhöhe unterstützt. Insgesamt 424,5 Millionen Euro seien an private und öffentliche Verkehrsbetriebe geflossen. Die Hilfen würden angesichts der hohen Energie- und Treibstoffkosten auch 2022 fortgesetzt. Bisher habe die in Bedrängnis geratene Busbranche aus Rettungsschirm-Mitteln 120 Millionen Euro vorab erhalten. Hinzu kämen vorgezogene ÖPNV-Fördermittel in Höhe knapp 60 Millionen Euro.
Vertreter aller Fraktionen hätten die Unterstützung der Busunternehmen als richtig und wichtig bezeichnet, berichtete der Ausschussvorsitzende. Die Liberalen hätten jedoch gefordert, Minister Hermann müsse eine aktive Rolle bei der Verteilung der Hilfen an die Unternehmen übernehmen. Nach Angabe von Klos widersprach der Minister und erklärte, er habe mit den Städten und Landkreisen vereinbart, dass sie zuständig seien. Er könne sich daher nicht einmischen und sei nicht verantwortlich dafür, dass Hilfen möglicherweise nicht in allen Landkreisen bei den Busunternehmern ankommen.
Hermann reagierte nach Angaben von Klos in der Sitzung auch auf einen Vorhalt der FDP/DVP, er rufe dem Land zustehende Regionalisierungsmittel des Bundes von mehr als 200 Millionen Euro für den ÖPNV nicht ab. Der Minister habe erwidert, es sei nicht möglich, Mittelbereitstellung durch den Bund und Abrufung des Landes exakt zu synchronisieren. Das liege auch an kaum kalkulierbaren Förderbedarfen der Unternehmen angesichts der aktuellen Krisen. Daher sei es zwingend, den gesamten Zeitraum der Mittelbereitstellung bis 2031 zu betrachten. Noch nicht abgerufene Mittel würden ab 2025 dringend für einen guten ÖPNV gebraucht.
Finanzausschuss beschließt neue Richtlinien für Aufstellung von Förderprogrammen
Stuttgart. Der Finanzausschuss des Landtags hat in seiner Sitzung am Donnerstag, 22. September 2022, einstimmig neue Richtlinien für die Aufstellung von Förderprogrammen des Landes beschlossen. Wie der Vorsitzende des Gremiums, der SPD-Abgeordnete Martin Rivoir, mitteile, sieht der Beschluss unter anderem vor, vor der Aufstellung von Förderprogrammen den Bedarf in geeigneter Weise zu erheben, die Wirtschaftlichkeit zu untersuchen und die klima- und verkehrspolitischen Förderziele in aussagekräftigen Kennzahlen abzubilden. Hintergrund ist die Prüfung der „Landesinitiative Elektromobilität III“ durch den Landesrechnungshof.
Der Beschluss sieht laut Rivoir darüber hinaus vor, grundsätzlich von Förderprogrammen abzusehen, bei denen Verwaltungskosten von mehr als 10 Prozent des Bewilligungsvolumens zu erwarten sind, und bei der Abwicklung durch Dritte - sofern möglich - Regelungen zur Anpassung der Vergütung vorzusehen, wenn die Nachfrage erheblich geringer ist als erwartet. Zudem solle in Zuwendungsverfahren die beihilfenrechtliche Einordnung bis zur Bewilligung abschließend geklärt und bei externer Beurteilung diese einer eigenen Bewertung unterzogen werden. Über die veranlassten Schritte solle die Landesregierung dem Landtag bis spätestens 31. Oktober 2023 berichten, berichtete Martin Rivoir.
Nach Angaben des Vorsitzenden hatte der Rechnungshof kritisiert, dass das Verkehrsministerium für die Landesinitiative Elektromobilität eine Vielzahl von Förderprogrammen aufgelegt hat, ohne den Bedarf zu ermitteln. Viele Förderprogramme seien kaum nachgefragt worden. Zudem seien teilweise die Verwaltungskosten für die Abwicklung der Programme höher als das Bewilligungsvolumen gewesen. Das Ministerium habe entgegnet, dass die Landesinitiative nachweislich erfolgreich sei.
Die Landesregierung beschloss im Juni 2017 die „Landesinitiative III Marktwachstum Elektromobilität BW“ für die Jahre 2017 bis 2021. Mit der Initiative sollte ein effektives Marktwachstum im Bereich der Elektromobilität erreicht werden. Förderschwerpunkte waren unter anderem „Ausgewählte Fahrzeugflotten“ und „Ladeinfrastruktur“. Bis Ende November 2021 wurden 17 Förderprogramme aufgelegt. Das Budget wurde von ursprünglich rund 25 Millionen Euro auf 148 Millionen Euro erhöht.
Der Rechnungshof führte laut Rivoir aus, dass die Landeshaushaltsordnung für alle finanzwirksamen Maßnahmen angemessene Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen vorsieht. Vor der Entscheidung über die Landesinitiative habe die Landesregierung 2017 deren Wirtschaftlichkeit nur übergreifend betrachtet. Eine Gegenüberstellung von Aufwand und tatsächlich zu erreichender Wirkung sei in der Untersuchung nicht enthalten. Die Wirtschaftlichkeit der einzelnen Förderprogramme habe das Verkehrsministerium nicht untersucht. Es habe weder Wirkungskennzahlen noch Zielgrößen für die einzelnen Förderprogramme festgelegt.
99 Prozent der Förderanträge seien auf die vier Förderprogramme BW-e-Gutschein, Charge@bw, Elektrolastenräder und E-Zweiradförderung für junge Leute entfallen. Die übrigen Förderprogramme seien weniger, in zwei Fällen gar nicht nachgefragt worden. So seien für die Förderprogramme „Schnellladeinfrastruktur für E-Taxis“ und „Unterstützungsangebote für Kommunen zur Bevorrechtigung von E-Fahrzeugen“ überhaupt keine Förderanträge eingegangen.
Auch die Verwaltungskosten für die Förderprogramme seien vom Rechnungshof überprüft worden. Das Ministerium habe die Abwicklung von acht Förderprogrammen der L-Bank übertragen. Bislang seien für diese acht Förderprogramme bei einem Bewilligungsvolumen von 65 Millionen Euro rund 8 Millionen Euro Verwaltungskosten angefallen. Für das Förderprogramm E-Zweiradförderung für junge Leute beispielsweise habe sich bereits aus der Vereinbarung ergeben, dass die Verwaltungskosten mindestens 40 Prozent des Bewilligungsvolumens betragen würden. Bei den Förderprogrammen E-Bus Beratungsgutschein und Abwrackprämie für Roller und Krafträder hätten die Verwaltungskosten nach der Abwicklung sogar das Bewilligungsvolumen überstiegen.
Das Verkehrsministerium habe erklärt, es messe seine Förderprogramme stets am Anspruch der Wirtschaftlichkeit. Eine genaue wirtschaftliche Betrachtung von Einzelprogrammen sei nicht immer realisierbar. Das Ministerium strebe jedoch an, die Aussagekraft künftiger Kennzahlen zu erhöhen. Exakte Prognosen über die zu erwartende Nachfrage der Förderprogramme seien vielfach schwierig oder unmöglich gewesen. Einige Förderangebote seien so konzipiert worden, dass sie eine bestimmte klima- und wirtschaftspolitisch angestrebte Nachfrage erst auslösen sollten.
Bei den Verwaltungskosten habe das Ministerium darauf geachtet, dass diese immer den tatsächlich ausgeführten Leistungen entsprechen. Personalbeschaffung und Einarbeitung würden Kosten verursachen, die nur über eine Mindestanzahl von Förderanträgen abgegolten werden könnten. Daher sei eine Reduzierung der Verwaltungskosten bei weniger Förderanträgen als erwartet nicht möglich. Das Ministerium sei bestrebt, die Förderungen so einfach wie möglich zu gestalten, um die Abwicklungskosten gering zu halten.
Anträge auf Finanzhilfen in Höhe von 2,12 Millionen Euro bewilligt
Stuttgart. Einen Einzelfinanzhilfeantrag und einen Verbundfinanzhilfeantrag von insgesamt zwei Unternehmen und einem Forschungsinstitut aus Baden-Württemberg hat der Wirtschaftsausschuss des Landtags in seiner Sitzung am Mittwoch, 21. September 2022, bewilligt. Das Fördervolumen beträgt nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Dr. Erik Schweickert (FDP/DVP) 2,12 Millionen Euro. Die Gelder fließen aus dem Förderprogramm Invest BW der Landesregierung.
Das Förderprogramm Invest BW unter Federführung des Wirtschaftsministeriums unterstützt Unternehmen schnell und unbürokratisch bei Investitionen in Zukunftstechnologien. Im Rahmen der zweiten Tranche des Förderprogramms konnten in einem missionsorientierten Förderaufruf „Innovationen für den Klimaschutz“ vom 20. Januar 2022 bis zum Stichtag 31. März 2022 Anträge eingereicht werden. Insgesamt gingen 140 Anträge mit einem beantragten Fördervolumen von rund 70 Millionen Euro beim beauftragten Projektträger „VDI/VDE Innovation und Technik GmbH“ ein.
Über die Förderanträge entscheidet das Ministerium. Bei besonders bedeutsamen Vorhaben und einem Fördervolumen von mindestens 500.000 Euro wird ein Fachbeirat eingeschaltet. Die Bewilligung dieser großen Fördermittel obliegt dem Wirtschaftsausschuss.
Nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Dr. Erik Schweickert (FDP/DVP) stimmte der Ausschuss einstimmig der Förderung folgender Projekte zu:
Unternehmen | Projektvorhaben | Fördersumme |
Einzelvorhaben: Richter lighting technologies GmbH, Heubach |
TOP-Wall Nachhaltiges Bauen: Ein KI-gestützter industrieller Ansatz für innovativen Klimaschutz – Materialeinsparung durch Innovation |
801.303 € |
Verbundvorhaben: Polysecure GmbH, Freiburg Hochschule Pforzheim, Pforzheim |
Entwicklung und Errichtung einer Pilotanlage mit integraler Detektion zur präzisen Einzelstreckensortierung von Kunstoffabfall und anderen Materialien |
1.321.170 € davon: 755.866 € 565.304 € für Hochschule Pforzheim |
Baden-Württemberg ist für den Fall von Blackouts und anderen Krisenfällen gut vorbereitet
Stuttgart. Der Ausschuss des Inneren, für Digitalisierung und Kommunen hat sich in seiner Sitzung am Mittwoch, 21. September 2022, auf Antrag der CDU-Fraktion mit der Situation der Kritischen Infrastruktur in Baden-Württemberg befasst. „Der Ausschuss zeigte sich überzeugt, dass die Kritische Infrastruktur im Land etwa im Bereich Strom- und Wasserversorgung, Mobilfunk oder Cybersicherheit insgesamt sehr gut aufgestellt ist“, sagte der Vorsitzende des Gremiums, der CDU-Abgeordnete Ulli Hockenberger. Mit regelmäßigen Übungen, umfangreichen Notfallplänen und dem Vorhalten von Notstromaggregaten sorgten Behörden und Versorger dafür, dass auch in einem Krisenfall die notwendige Infrastruktur aufrechterhalten werden könne.
Kritische Infrastrukturen (KRITIS) sind Organisationen und Einrichtungen mit wichtiger Bedeutung für das staatliche Gemeinwesen, bei deren Ausfall oder Beeinträchtigung nachhaltig wirkende Versorgungsengpässe, erhebliche Störungen der öffentlichen Sicherheit oder andere dramatische Folgen eintreten würden. Dazu zählen in Baden-Württemberg Organisationen und Einrichtungen aus den Bereichen Energie, Ernährung, Finanz- und Versicherungswesen, Gesundheit, Informationstechnik und Telekommunikation, Abfallentsorgung, Medien und Kultur, Staat und Verwaltung, Transport und Verkehr sowie Wasser.
Angesichts der aktuellen Energiesituation stand nach Angaben des Vorsitzenden die Frage nach der Energieversorgung besonders im Fokus. Die Landesregierung habe in ihrer Antwort auf die schriftliche Anfrage mitgeteilt, dass sie derzeit keine Anzeichen für mehrtägige Stromausfälle oder gar Blackouts im Land sehe. Innenminister Thomas Strobl (CDU) habe in der Sitzung berichtet, dass sich das Land trotzdem mit Übungen auf „großflächige, grenzüberschreitende Stromausfälle“ vorbereite. Wegen der Corona-Pandemie hätten Übungen in den vergangenen zwei Jahren allerdings nicht wie geplant durchgeführt werden können, dies solle sich in Zukunft jedoch wieder ändern. Dann solle auch die Bevölkerung noch stärker in die Krisenfallübungen einbezogen werden.
Laut Hockenberger hat Strobl im Ausschuss zudem ausgeführt, dass der Krieg gegen die Ukraine auch das Land vor ganz neue Herausforderungen gestellt habe. Das Land habe allen Kommunen im Südwesten ein Notfallhilfeset, das auch ein Notstromaggregat beinhalte, zur Verfügung gestellt. Im Fall eines Stromausfalls solle den Bürgerinnen und Bürgern so an einem zentralen Treffpunkt Strom und ein Wlan-Netz angeboten werden. Denn auch in Krisensituationen müssten die Menschen kommunizieren.
Darüber hinaus wurde laut Hockenberger in der Sitzung deutlich, dass beispielsweise auch Fernwasserversorger Notstromaggregate bereithalten, um in begrenztem Umfang die Wasserversorgung aufrecht zu erhalten. Genauso verfügt der SWR über Notstromaggregate und Treibstoffvorräte, um im Krisenfall ein eingeschränktes Notfallprogramm senden zu können. Ähnliche Notfallpläne gibt es bei Netzbetreibern, Krankenhäusern, Behörden und Institutionen.
Auch das Thema Cybersicherheit stieß auf großes Interesse im Ausschuss. Nach Einschätzung des Landeskriminalamts Baden-Württemberg zeichne sich seit Beginn des russischen Angriffskriegs bislang kein Anstieg der Anzahl von Cyberangriffen auf Unternehmen und öffentliche Institutionen ab. Angesichts des Ukrainekriegs sei jedoch mit gezielten russischen Cyberaktivitäten oder Cyberangriffen gegen westliche Staaten zu rechnen. Dabei seien auch gezielte Cybersabotageangriffe und Cyberspionageaktivitäten, insbesondere gegen Sicherheitsbehörden, Kritische Infrastrukturen sowie rüstungsnahe Wirtschaftsunternehmen, einzukalkulieren. Die Polizei Baden-Württemberg gehe vor diesem Hintergrund von einer erhöhten Bedrohung der Cyber-Sicherheitslage aus.
Im Zusammenhang mit dem Angriffskrieg sei ein DDoS-Angriff (Überlastungsangriff auf die IT-Infrastruktur) auf die Internetseite der Polizei Baden-Württemberg erfolgt, der von der pro-russischen Gruppierung Killnet beansprucht werde. Infolge des Angriffs sei die Webseite kurzzeitig nicht oder nur erschwert zu erreichen gewesen. Dieser Angriff habe allerdings zu keinem Zeitpunkt Auswirkungen auf kritische Leistungen oder die Funktionsfähigkeit der Polizei Baden-Württemberg insgesamt gehabt. Derzeit lägen dem Verfassungsschutz keine Erkenntnisse vor, dass es sich um einen staatlich bzw. nachrichtendienstlich gesteuerten Angriff handelt.
In den vergangenen zehn Jahren habe die Justiz im Dezember 2019 und im Jahr 2020 einige versuchte, aber erfolglose Cyber-Angriffe, vor allem in möglichem Zusammenhang mit der Schadsoftware Emotet, registriert. Schädliche Auswirkungen in Form von Datenabfluss, Integritätsverletzungen oder Infektionen mit Schadsoftware seien nicht festgestellt worden. Seit dem 24. Februar 2022 seien keine Cyber-Angriffe auf die baden-württembergische Justiz beobachtet worden. Die Universitätsklinika hätten in den vergangenen zehn Jahren eine massiv steigende Anzahl an Cyberangriffen gemeldet.
Promotionsrecht an den Hochschulen für angewandte Wissenschaften auf den Weg gebracht
Stuttgart. Der Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kunst hat in seiner Sitzung am Mittwoch, 21. September 2022, der Rechtsverordnung (RVO) zur Verleihung des Promotionsrechts an den Hochschulen für angewandte Wissenschaften Baden-Württemberg (HAW) mit großer Mehrheit zugestimmt. Das hat die Vorsitzende des Gremiums, Nese Erikli (Grüne), mitgeteilt. „Damit wird ein weiterer Weg für HAW-Absolventinnen und –Absolventen zur Promotion eröffnet. Das bedeutet eine Stärkung der HAW als Institution“, freute sich Erikli. Am Ende der Sitzung verabschiedete die Vorsitzende Wissenschaftsministerin Theresia Bauer, die Ende September ihr Ministeramt niederlegen wird.
Ein im September gegründeter gemeinsamer Promotionsverband könne künftig den Doktorgrad verleihen. Forschungsaffine Absolvierende bekommen so einen zusätzlichen Weg zur Weiterqualifizierung. Wie die Ausschussvorsitzende darlegte, habe Baden-Württemberg 2014 eine Klausel im Hochschulgesetz verankert, die es ermögliche, Zusammenschlüssen von HAW das Promotionsrecht zu geben. „Die HAW in Baden-Württemberg hat in den letzten Jahren auf dem Gebiet der Forschung Spitzenleistungen erbracht“, erläuterte Nese Erikli. Deshalb habe das Wissenschaftsministerium entschieden, von dieser Ermächtigung Gebrauch zu machen. Ein weiterer Vorteil sei, so Erikli, dass die HAW im ganzen Land dezentral verteilt seien. So würden die wissenschaftlichen Qualifizierungswege in der Fläche gestärkt.
Das Promotionsrecht erhalte ein als Körperschaft des öffentlichen Rechts gebildeter Hochschulverband, dem alle staatlichen HAW und die drei kirchlichen Hochschulen in Baden-Württemberg angehörten. „Dieser Promotionsverband verleiht künftig die Doktorgrade“, so Erikli. Im Übrigen gelte für die Promotion im HAW-Verband die gleichen Qualitätsanforderungen wie für die Promotion an einer Universität. Ein wissenschaftlicher Beirat werde die Promotionsverfahren begleiten und darauf achten, dass die Evaluierung die notwendigen Qualitätsstandards aufweist. Über eine Verlängerung des Promotionsrechts werde dann 2029 entschieden.
Am Ende der Sitzung verabschiedete Nese Erikli Ministerin Theresia Bauer. Für die Ministerin war es ihre letzte Ausschusssitzung, da sie Ende September ihr Ministeramt aufgeben wird. Die Vorsitzende würdigte sie als derzeit „Deutschlands dienstälteste Wissenschaftsministerin.“ „Kein anderes Bundesland zeigt in diesem Politikfeld derartige Kontinuität“, so Erikli. Einen bundesweiten Rekord halte die Ministerin ebenfalls: „Vier Mal wurde Theresia Bauer von den Mitgliedern des Deutschen Hochschulverbands als Wissenschaftsministerin des Jahres gewählt.“ Erikli führte einige von Bauers politischen Erfolgen an: die Abschaffung der allgemeinen Studiengebühren, das Stipendienprogramm für Geflüchtete aus Syrien, die Hochschulfinanzierungsvereinbarung, Reformen im Hochschulrecht, die Exzellenzstrategie, die Innovationscampus-Modelle und das Cyber Valley und eben nicht zuletzt das heute beschlossene Promotionsrecht an den HAW. Erikli dankte der Ministerin für die gute und konstruktive Zusammenarbeit mit dem Wissenschaftsausschuss und wünschte ihr für ihre berufliche Zukunft alles Gute.
Landwirtschaftsausschuss diskutiert über zukunftsfähige Nutztierhaltung
Stuttgart. Der Ausschuss für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz hat sich in seiner Sitzung am Mittwoch, 21. September 2022, auf Antrag der FDP/DVP-Fraktion mit der Entwicklung nutztierhaltender Betriebe in Baden-Württemberg, insbesondere dem Potenzial digitaler Technologien zur Verbesserung des Tierwohls, befasst. Das teilte der Vorsitzende des Gremiums, der Grünen-Abgeordnete Martin Hahn, mit. „Die Nutztierhaltung und die Erhaltung von Grünlandflächen für Raufutterfresser sind zentrale Themen für die Zukunft unserer Landwirtschaft“, sagte Hahn.
Die Gremiumsmitglieder diskutierten Hahn zufolge, wie sich zunehmend komplexere Zusammenhänge in der Nutztierhaltung im Hinblick auf Tierwohl, Klima- und Umweltschutz und Ernährungssicherheit im vergangenen Jahr auf die Betriebszahlen ausgewirkt haben. Gerade in der Schweine- und Rinderhaltung und dort insbesondere in der Milchviehhaltung sei nach Angaben von Ministeriumsseite auch in den kommenden drei Jahren von zahlreichen Betriebsaufgaben und einem Bestandsabbau auszugehen. Die Antragssteller erfragten vom Ministerium zudem, wie die rechtlichen Veränderungen bei der Kennzeichnung in der Nutztierhaltung, mittels elektronische Ohrmarke oder injizierbarem Transponder, zu bewerten seien, wie der Ausschussvorsitzende mitteilte. Die Verwendung von Ohrmarken sei von der EU verpflichtend vorgeschrieben und demnach als Unionsrecht auch bei der Weidehaltung zu achten, gab Hahn die Ausführungen des Landwirtschaftsministers Peter Hauk (CDU) wieder.
Zudem standen digitale Lösungsansätze zur Verbesserung des Tierwohls und der Tiergesundheit im Fokus, berichtete der Ausschussvorsitzende. In der Beantwortung des Antrags seien eine Reihe an Projekten und digitalen Tools vorgestellt worden, die im Rahmen des Programms „Landwirtschaft 4.0 – nachhaltig.digital“ entwickelt wurden und miteinander verknüpft Landwirtinnen und Landwirte in der Verbesserung des Tierwohls stärker unterstützen sollen. Die Gremiumsmitglieder bedankten sich fraktionsübergreifend für die ausführliche Stellungnahme von Ministeriumsseite, so Martin Hahn.
Landtagspräsidentin Aras dankt Ehrenamtlichen für Einsatz in der Gedenkstättenarbeit
Stuttgart. Landtagspräsidentin Muhterem Aras hat im Rahmen ihrer diesjährigen Gedenkstättenreise Erinnerungsorte im südlichen Odenwald und an der Bergstraße besucht – und deren Bedeutung für eine offene, vielfältige Gesellschaft ohne Ausgrenzung betont. „Gedenkstätten erinnern an die Schrecken der Vergangenheit, damit wir als Gesellschaft heute den Mechanismen von Hass, Hetze und Ausgrenzung konsequent entgegentreten“, sagte Aras. Wer die Geschichte kenne, werde denen, die sie verdrehen, nicht auf den Leim gehen, so die Landtagspräsidentin.
Zu den Stationen der Reise vom 27. bis 28. Juli 2022 in Kooperation mit der Landeszentrale für politische Bildung zählten die KZ-Gedenkstätte Neckarelz, der Maria-Zeitler-Pfad der Johannes-Diakonie Mosbach, das Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma in Heidelberg sowie die ehemalige Synagoge und der Jüdische Friedhof in Hemsbach. Ein besonderes Augenmerk galt dabei dem Generationswechsel beim ehrenamtlichen Personal der Gedenkstätten. Viele der Frauen und Männer, die mit großem persönlichen Engagement Erinnerungsorte im ganzen Land seit ihrer Eröffnung und teils jahrzehntelang begleiten, reduzieren altersbedingt Einsatzzeiten oder scheiden aus.
„Ich bin den Ehrenamtlichen unendlich dankbar, dass sie diese wertvolle Arbeit so lange auf sich genommen haben“, sagte die Landtagspräsidentin. Mit Dorothee Roos, der Vorsitzenden der KZ-Gedenkstätte Neckarelz, und Albrecht Lohrbächer, dem Vorsitzenden des Fördervereins Ehemalige Synagoge Hemsbach, tauschte sich Aras über neue Wege in der Gedenkstättenarbeit aus. Im Gespräch sind Verbünde von Gedenkstätten beispielsweise auf Kreisebene, in denen eine hauptamtliche pädagogische Kraft Konzepte und Angebote entwickelt, die von ehrenamtlichen Mitarbeitern vor Ort umgesetzt werden können. Aras sagte beim Besuch in Neckarelz ebenso wie der Landrat des Neckar-Odenwald-Kreises, Dr. Achim Brötel, Unterstützung für ein mögliches Modellprojekt zu.
Bereits angelaufen ist unter der Ägide der Landeszentrale für politische Bildung die Ausbildung von Jugendguides an Gedenkstätten. Drei von ihnen, Caitlin Follo, Lukas Hornberger und Nafissa Islam, stellte Albrecht Lohrbächer in der Hemsbacher Synagoge vor. Auch auf dem Maria-Zeitler-Pfad der Johannes-Diakonie in Mosbach sind Ehrenamtliche im Einsatz. Frauen und Männer mit und ohne Behinderung bieten Führungen auf dem Lehrpfad an, der an den NS-Massenmord an kranken und behinderten Menschen erinnert.
Landtagspräsidentin Aras dankte auch Romani Rose, dem Vorsitzenden des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma, für seinen jahrzehntelangen Einsatz im Kampf gegen das Vergessen. Bei der Führung durch das Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma in Heidelberg zeigte sich Aras tief bewegt von den Zeugnissen des Völkermords an der Minderheit. Es gelte, konkrete Lehren aus der Geschichte zu ziehen und so die Kontinuität von Diskriminierung und Ausgrenzung zu unterbrechen. Dieser Prozess brauche die kontinuierliche Erinnerung.
Beim städtischen Empfang in Heidelberg begrüßte der Erste Bürgermeister Jürgen Odszuck die Landtagspräsidentin. Es folgte ein Vortrag von Prof. Dr. Tanja Penter zum Thema „Der Krieg in der Ukraine, Geschichtsnarrative und Erinnerungskonflikte“. Im Hemsbacher Rathaus stießen die Landtagsabgeordneten aus dem Wahlkreis, Fadime Tuncer (Grüne) und Sebastian Cuny (SPD), zur Delegation, die von Bürgermeister Jürgen Kirchner begrüßt wurde. „Ich bin froh, dass der Landtag sich in seiner großen Mehrheit und auch parteiübergreifend für die Gedenkstättenarbeit einsetzt“, erklärte Aras.
Präsidentin Aras: Regenbogen-Flagge am Landtag als Zeichen der Solidarität mit queeren Menschen in ganz Europa
Stuttgart. „Community. Kraft. Europa“ – unter diesem Motto feiert Stuttgart mit dem Stuttgart PRIDE-Kulturfestival die queere Vielfalt in der Landeshauptstadt. Höhepunkt der Veranstaltungen ist die CSD-Demonstration durch die Stuttgarter Innenstadt am Samstag, 30. Juli, mit anschließender Kundgebung. Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) ist in diesem Jahr Schirmfrau und fährt auf dem CSD-Truck an der Spitze der Parade mit. „Parade und Programm greifen aktuelle gesellschaftliche Themen auf, geben politische Impulse und fordern und fördern Veränderung und Fortschritt“, sagt Muhterem Aras. „Es ist ein starkes Zeichen, wenn viele Tausende mit und durch den Stuttgart Pride für Vielfalt und gleiche Rechte demonstrieren und die Lebensfreude einer offenen Gesellschaft sichtbar machen und feiern.“
Vor dem Landtag weht noch bis Sonntag erstmals die Regenbogenflagge. Die große Beteiligung vieler gesellschaftlicher Gruppen – in Stuttgart sind über 100 Gruppen zur Parade angemeldet – zeigt, wie breit die Solidarität und der Einsatz für dieses Grundrecht ist. „Das Ziel eines Europas als Wertegemeinschaft, als Verteidigerin von Freiheit und Menschenwürde, haben wir noch nicht erreicht“, so die Landtagspräsidentin. Diese Idee von Europa hat Feinde, auch in Mitgliedsstaaten der EU. „Wir erleben gerade europaweit eine Kampagne insbesondere gegen Transsexuellen-Rechte“, berichtet Aras. „Wenn Menschen so leben möchten, wie sie sich fühlen, dann hat der Staat das nicht zu bewerten oder gar zu pathologisieren. Es ist vielmehr staatliche Aufgabe, dafür einen liberalen, diskriminierungsfreien Rahmen zu setzen“, betont Landtagspräsidentin Aras. Sie zeigt sich erfreut, dass auf Bundesebene inzwischen das Selbstbestimmungsgesetz auf den Weg gebracht wurde.
Enquetekommission „Krisenfeste Gesellschaft“ beschließt Anhörung weiterer Sachverständiger
Stuttgart. Die Enquetekommission „Krisenfeste Gesellschaft“ hat in ihrer zweiten öffentlichen Sitzung am Freitag, 22. Juli 2022, Bürgerinnen und Bürger sowie Experten zur Frage der angemessenen Beteiligung der Bevölkerung bei der staatlichen Entscheidungsfindung angehört. Zunächst berichteten Teilnehmende des Bürgerforums Corona sowie des Forums Zivilgesellschaft über ihre Erfahrungen und Empfehlungen. Im Anschluss hörte das Gremium sechs Sachverständige an, unter anderem von kommunalen Landesverbänden und aus dem Bereich Jugendbeteiligung. „Die Vorträge leisten einen wichtigen Beitrag dazu, wie die Ansichten und Lebenssituationen der Menschen im Land in angemessener Weise in die weitere Arbeit der Enquetekommission einbezogen werden können“, sagte der Vorsitzende Alexander Salomon (Grüne).
Nach der öffentlichen Anhörung kam das Gremium zu einer nicht öffentlichen Sitzung zusammen. In dieser legte die Enquetekommission den inhaltlichen Fahrplan für die Sitzungen nach der Sommerpause fest. Demnach befasst sich das Gremium in der Sitzung am 30. September 2022 mit dem Thema „Pandemiebekämpfung – Lessons Learned“ und in der Sitzung am 14. Oktober 2022 mit dem Thema „Public Health/Health in all Policies“.
In die Sitzung am 30. September werden eingeladen: Prof. Dr. Boris Augurzky (Kompetenzbereich „Gesundheit“ im RWI Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung),
Prof. Dr. Thomas Mertens (Ständige Impfkommission), Prof. Dr. Hans-Georg Kräusslich (Universität Heidelberg, Department Infektiologie, Virologie), Dr. Tim Gerhäusser (Landkreistag Baden-Württemberg, Dezernat Ordnung, Gesundheit, Strukturpolitik), Wolfgang Philipp (European Commission - Health Emergency Preparedness and Response Autho-rity - Deputy Head of HERA - Intelligence Gathering, Analysis and Innovation).
In der Sitzung am 14. Oktober sollen angehört werden: Prof. Dr. Alena Buyx (Vorsitzende des Deutschen Ethikrats), Prof. Dr. Dr. Sabine Gabrysch (Professorin für Klimawandel und Gesundheit, Charité – Universitätsmedizin Berlin), Prof. Dr. Kayvan Bozorgmehr (Professor für Public Health, Universität Bielefeld), Prof. Dr. Raimund Geene (Gesund-heitsförderung & Prävention mit dem Schwerpunkt auf kommunale Ansätze, Alice Salomon Hochschule Berlin), Prof. Dr. Andreas Christen (Umweltmeteorologie und Sprecher des Instituts für Geo- und Umweltnaturwissenschaften an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg), Rainer Scheffold (Vorstandsvorsitzender Krankenhausgesellschaft Baden-Württemberg), Dr. Birgit Walter-Frank (Leiterin des Gesundheitsamts Tübingen) und Jonas Albert (Fbeta GmbH).
Vorsitzende Daniela Evers: Datenschutzrechtlich notwendige Verfahrensvorschriften
Stuttgart. Der Untersuchungsausschuss „Handeln des Innenministers und des Innenministeriums im Fall des Verdachts der sexuellen Belästigung gegen den
Inspekteur der Polizei Baden-Württemberg und Beurteilungs-, Beförderungs- und Stellenbesetzungsverfahren in der Polizei Baden-Württemberg (UsA IdP & Beförderungspraxis)“ hat in seiner Sitzung am Mittwoch, 20. Juli 2022, Regelungen über Geheimschutzvorkehrungen beschlossen. Das hat die Ausschussvorsitzende Daniela Evers (Grüne) mitgeteilt.
Nach intensiver Diskussion habe sich das Gremium einstimmig darauf verständigt, sich an den Geheimschutzvorkehrungen früherer Untersuchungsausschüsse zu orientieren. „Der Beschluss ist eine notwendige Verfahrensvorschrift, die aus Datenschutzgründen und zum Schutz der persönlichen Rechte Betroffener getroffen wurde“, erläuterte Evers. Das Gremium ist überdies einem Vorschlag der SPD gefolgt, zwei Ermittlungsbeauftragte einzusetzen. Wer dies sein wird, will der Ausschuss in seiner nächsten Sitzung beraten.
Zuvor hatte der Untersuchungsausschuss über insgesamt zwölf Beweisanträge der Fraktionen SPD und FDP/DVP abgestimmt. Es seien zwar einige formale Mängel benannt worden, letztlich sei den Beweisanträgen einstimmig zugestimmt worden. „Außerdem steht die erste Zeugenvernehmung fest: Wir haben festgelegt, dass Innenminister Thomas Strobl für unsere nächste Sitzung am Freitag, 23. September 2022, geladen wird“, berichtete Daniela Evers.
Der Untersuchungsausschuss hat überdies weitere Sitzungstermine anberaumt (Freitag, 21. Oktober 2022, Montag, 21. November 2022, Montag, 12. Dezember 2022 und Montag 23. Januar 2023). „Es hat sich heute gezeigt, dass wir ein sehr offenes, selbstbewusstes Gremium sind, und ich freue mich auf die Zusammenarbeit“, so die Vorsitzende abschließend.
Baden-Württembergs Strategie gegenüber der Schweiz im Fokus
Stuttgart. Der Ausschuss für Europa und Internationales hat sich in seiner Sitzung am Mittwoch, 13. Juli 2022, unter anderem mit dem Fortschritt und der Fortschreibung der Schweiz-Strategie der grün-schwarzen Landesregierung befasst. Das teilte die stellvertretende Ausschussvorsitzende Andrea Bogner-Unden (Grüne) mit. Zudem berichtete Gitte Zschoch, Generalsekretärin des Instituts für Auslandsbeziehungen (ifa), in einem Gespräch über die Arbeit des Instituts mit Sitz in Stuttgart.
Gitte Zschoch sagte, die Mission des Instituts sei, weltweit zu vermitteln, zu verändern und zu verbinden. „Wir setzen uns gemeinsam mit Partnern weltweit für die Freiheit in Kunst, Forschung und Zivilgesellschaft ein und bringen Menschen zusammen, die sich für eine offene Gesellschaft engagieren“, so Zschoch. Die rund 160 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bauten Netzwerke auf und organisierten analoge und digitale Räume für Begegnungen und Austausch.
Weiter berichtete Zschoch, dass der Krieg gegen die Ukraine mühevoll gepflegte Netzwerke zerstört habe. Das Institut engagiere sich dennoch weiter für den Dialog zwischen deutschen und osteuropäischen Künstlerinnen und Künstlern und setze sich für geflüchtete Kulturschaffende aus der Ukraine ein. Die Abgeordneten dankten dem Institut fraktionsübergreifend für die wertvolle Arbeit. „Ihr Engagement ist künftig bei einer neuen Weltordnung vielleicht noch wichtiger als zuvor“, betonte der Ausschussvorsitzende Willi Stächele (CDU).
Die Strategie Baden-Württembergs gegenüber der Eidgenossenschaft diskutierte der Ausschuss auf Antrag der FDP/DVP. Die Liberalen hatten einen umfangreichen Fragenkatalog an das Staatsministerium gerichtet, das daraufhin im Einvernehmen mit verschiedenen Ministerien antwortete, darunter das Innen- und Finanzministerium. Daraus geht hervor, dass die Landesregierung an ihrer im November 2017 veröffentlichten Schweiz-Strategie „mit hohem Engagement“ festhalte. Sie sehe sich diesbezüglich jedoch durch das Scheitern des EU-Rahmenabkommens mit der Schweiz im Mai 2021 ausgebremst, da das Rahmenabkommen die Basis für die Fortschreibung der Schweiz-Strategie des Landes bilde.
Nach Angaben der stellvertretenden Ausschussvorsitzenden Bogner-Unden bekräftigte Staatssekretär Florian Hassler vor dem Gremium, dass die Landesregierung ungeachtet des fehlenden Rahmenvertrags einen sehr engen und vertrauensvollen Austausch mit den Schweizer Partnern in den Kantonen und Bern pflege. Dafür stehe auch der Besuch des Ministerpräsidenten im vergangenen April im Nachbarland. Baden-Württemberg sehe sich – nicht zuletzt wegen der schon jetzt engen grenzüberschreitenden Zusammenarbeit – als Vermittler und Brückenbauer zwischen der Schweiz und der EU.
Auf vielen Gebieten seien Kooperationen mit den eidgenössischen Partnern bereits weit fortgeschritten und würden weiter ausgebaut, so etwa in der Wissenschafts- und Forschungszusammenarbeit, in Verkehrs- und Sicherheitsfragen sowie beim grenzüberschreitenden Handel. Laut Bogner-Unden erklärte Hassler, dass die Personenfreizügigkeit der vielleicht zentrale Stolperstein in den Verhandlungen zwischen Bern und Brüssel sei. Es sei viel Porzellan zerschlagen worden. Deshalb erwarte er keine schnelle Lösung. Nach den Worten von Bogner-Unden unterstrichen alle Fraktionen die Bedeutung guter Beziehungen zum Nachbarland.
Ein weiteres Thema in der Sitzung war die Mitteilung der Landesregierung über eine erste Bewertung der Ergebnisse der Konferenz zur Zukunft Europas durch die Europäische Kommission. Nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Stächele wurde in der Diskussion darüber betont, dass die Konferenz einen wichtigen Beitrag zur Reform der EU leisten könne.
Landtagspräsidentin Aras rückt Ehrenamt in der Gedenkstättenarbeit in den Fokus
Stuttgart. Im Rahmen ihrer Gedenkstättenreise 2022 besucht Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) Erinnerungsorte im südlichen Odenwald und an der Bergstraße. Zu den Stationen der Reise vom 27. bis 28. Juli zählen die KZ-Gedenkstätte Neckarelz, der Maria-Zeitler-Pfad der Johannes-Diakonie Mosbach, das Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma in Heidelberg sowie die ehemalige Synagoge und der ehemalige Jüdische Friedhof in Hemsbach. Ein besonderes Augenmerk gilt dabei dem Generationswechsel beim ehrenamtlichen Personal der Gedenkstätten.
Für Muhterem Aras ist die Erinnerungs- und Gedenkstättenarbeit ein zentraler Bestandteil ihrer Aufgaben als Landtagspräsidentin. „Ich bin froh, dass im Landtag eine große Einigkeit über die Bedeutung der Gedenkstättenarbeit besteht“, erklärt sie. Kurz vor der Sommerpause bricht die Landtagspräsidentin daher zu ihrer vierten Gedenkstättenreise in Kooperation mit der Landeszentrale für politische Bildung (LpB) auf. Sie ist überzeugt: „Nur, wenn wir verstehen, was damals geschah, wie und warum es geschah, nur dann können wir uns wehren gegen Rassismus, Rechtsextremismus, Antiziganismus und Antisemitismus.“
Ein besonderes Augenmerk ist bei der diesjährigen Reise auf das größtenteils ehrenamtlich tätige Personal der Gedenkstätten gerichtet. Viele der Frauen und Männer, die mit großem persönlichen Engagement Erinnerungsorte im ganzen Land seit ihrer Eröffnung begleiten, reduzieren altersbedingt ihre Einsatzzeiten oder scheiden aus. Dazu wird die Landtagspräsidentin vor Ort Gespräche führen und sagt schon im Vorfeld ihre weitere Unterstützung zu, beispielsweise für die Gewinnung ehrenamtlichen Nachwuchses und die Ausbildung von Jugendguides an Gedenkstätten.
Als weiteres wichtiges Thema ist die Barrierefreiheit/Inklusion von Erinnerungsorten gesetzt. Der Maria-Zeitler-Pfad auf dem Areal der Johannes-Diakonie in Mosbach gilt in diesem Zusammenhang als mustergültig. Frauen und Männer mit und ohne Behinderung bieten Führungen auf dem Lehrpfad an, der an den NS-Massenmord an kranken und behinderten Menschen erinnert.
Hinweis für Medienvertreterinnen und -vertreter: Die Besuche von Landtagspräsidentin Aras an den einzelnen Gedenkstätten sind presseöffentlich. Orte und Termine entnehmen Sie bitte dem Programm der Gedenkstättenreise 2022 im Anhang dieser E-Mail. Anmeldungen per E-Mail an: landtagspressestelle@landtag-bw.de
Ständiger Ausschuss berät über Rehabilitation von verurteilten homosexuellen Männern
Stuttgart. Der Ständige Ausschuss des Landtags hat sich in seiner Sitzung am Donnerstag, 14. Juli 2022, auf Antrag der Grünen-Fraktion mit der strafrechtlichen Rehabilitierung der nach dem 8. Mai 1945 wegen einvernehmlicher homosexueller Handlungen verurteilten Personen befasst. Wie der Vorsitzende des Gremiums, der CDU-Abgeordnete Guido Wolf, mitteilte, zeigten sich die Abgeordneten überrascht, dass in Baden-Württemberg angesichts Tausender Verurteilungen bislang nur 26 Anträge auf Erteilung einer Rehabilitierungsbescheinigung gestellt wurden.
Nach Angaben des Vorsitzenden nannten die Abgeordneten in der Sitzung mehrere mögliche Gründe für die geringe Zahl. Zum einen sei eventuell vielen Betroffenen gar nicht bekannt, dass diese Möglichkeit bestehe. „Die Abgeordneten haben deutlich gemacht, dass in der Öffentlichkeit deutlich stärker für Rehabilitation und Entschädigung der Betroffenen geworden werden sollte“, sagte Wolf. Zum anderen vermuteten die Abgeordneten, dass viele Betroffene durch strafrechtliche Verfolgung und Inhaftierung eine „extreme Traumatisierung“ erlitten hätten und diese Situation nicht erneut durchleben wollten. Auch spiele möglicherweise eine Rolle, dass die Bundesrepublik Deutschland erst spät entschieden habe, Verantwortung für das Unrecht zu übernehmen.
Wolf zufolge begrüßten die Abgeordneten die Möglichkeiten zur strafrechtliche Rehabilitation und für Entschädigungen. In einem einfachen Verfahren können Rehabilitationsbescheinigungen bei den zuständigen Staatsanwaltschaften und Entschädigungen beim Bundesamt für Justiz beantragt werden. Die Frist für die Beantragung von Entschädigungen wurde um fünf Jahre bis Juli 2027 verlängert. Wie viele Menschen in Baden-Württemberg bislang eine Entschädigung erhalten haben, ist nicht bekannt, weil dafür ausschließlich das Bundesamt für Justiz zuständig ist.
Der Paragraf 175 des Strafgesetzbuchs war – in wechselnden Straftatbeständen – bis zum Jahr 1994 in Kraft. Er kriminalisierte Homosexualität und legitimierte staatliche Verfolgung von schwulen und bisexuellen Männern. 1994 beschloss der Bundestag die Streichung des Paragrafen. Bis dahin wurden in Deutschland Zehntausende Männer verurteilt. Wie viele davon in Baden-Württemberg, kann nach Angaben des Justizministeriums nicht mehr vollständig erfasst werden.
Für den Straftatbestand „Einfache Unzucht zwischen Männern“ (1957 bis 1969 und 1992 bis 1994) weise die Strafverfolgungsstatistik über 5.400 Verurteilungen auf, davon auch für Heranwachsende und Jugendliche. Die meisten Verurteilungen seien Ende der 1950er und Anfang der 1960er Jahren mit 500 bis 600 Fällen jährlich erfolgt, doch selbst in den 1990er Jahren habe es noch mehrere Dutzend Verurteilungen gegeben, sagte Guido Wolf.
Am 22. Juli 2017 ist das Gesetz zur strafrechtlichen Rehabilitierung der nach dem 8. Mai 1945 wegen einvernehmlicher homosexueller Handlungen verurteilten Personen in Kraft getreten. Das Gesetz hebt entsprechende strafrechtliche Urteile auf, regelt die Beantragung von Rehabilitationsbescheinigungen, die Entschädigungen und die Tilgung der Eintragung im Bundeszentralregister.
Abgeordnete diskutieren Vorbereitungen auf die Gasmangellage
Stuttgart. Der Ausschuss für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft hat sich in der Sitzung am Donnerstag, 14. Juli 2022, unter anderem mit der Vorbereitung auf die zu erwartende Gasmangellage befasst. Ministerin Thekla Walker (Grüne) erstattete dazu im öffentlichen Teil der Sitzung Bericht. Der Ausschussvorsitzende Daniel Karrais (FDP/DVP) erklärte: „Es ist wichtig, dass wir uns frühzeitig damit beschäftigen, wie staatlicherseits Energie gespart werden kann. Schon jetzt müssen wir alles daransetzen, Energie und insbesondere Gas einzusparen, um das Auffüllen der Speicher zu beschleunigen.“
Ministerin Walker erklärte vor dem Ausschuss, Deutschland und damit auch Baden-Württemberg stünden mit Blick auf Herbst und Winter vor einer Lage, die es so noch nie gegeben habe. Die Gasspeicher seien mit Stand 12. Juli nur zu 64,4 Prozent gefüllt. Möglichst viel Gas zu sparen, um die Füllstände zu erhöhen, sei jetzt das Gebot der Stunde. Das gelte auch für den Fall, dass Russland nach der Wartung der Pipeline durch die Ostsee (Nord Stream 1) ab dem 21. Juli wieder mehr Gas an Deutschland liefere, da Präsident Putin unberechenbar sei.
Walker äußerte die Erwartung, dass Baden-Württemberg in Deutschland nicht zuerst von einer Gasmangellage betroffen sein werde, weil das Land auch aus Leitungen über die Benelux-Staaten beliefert werde. Der Osten und Nordosten Deutschlands würden den Mangel früher spüren. Das bedeute aber keine Entwarnung. In Baden-Württemberg tage ein interministerieller Stab unter Führung des Innenministeriums mehrmals wöchentlich, um sich auf den Notfall einzustellen, so die Ministerin. Auch die Kommunen seien beteiligt. Es würden ganz konkrete Maßnahmen erarbeitet, um möglichst große Einsparungen zu erzielen. Darum werde es auch beim Gasgipfel der Landesregierung am 25. Juli gehen. Die Frage, wie man die Bürgerinnen und Bürger angesichts der steigenden Gaspreise unterstützen könne, werde auf dem Gipfel ebenfalls erörtert.
Während die Grünen das Krisenmanagement sowohl im Land als auch durch Bundesumweltminister Robert Habeck (Grüne) lobten, äußerte die CDU nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Karrais deutliche Kritik an der Bundesnetzagentur. Sie müsse schleunigst offenlegen, wie in der zu erwartenden Mangellage noch verfügbares Gas verteilt werden solle. Insbesondere energieintensive Unternehmen bräuchten dies, um planen zu können. Die SPD kritisierte laut Karrais, dass der interministerielle Stab bisher nicht mit ganz konkreten Sparvorschlägen an die Öffentlichkeit getreten sei. Die AfD habe ihr Unverständnis darüber geäußert, dass die Landesregierung angesichts der Energiekrise eine Laufzeitverlängerung für den Atommeiler Neckarwestheim 2 über den Februar 2023 hinaus ablehne.
Das Thema Energie spielte nach Angaben des Ausschussvorsitzenden auch im weiteren Verlauf der Sitzung eine wichtige Rolle. So befasste sich das Gremium auf getrennt voneinander gestellte Anträge von CDU und FDP/DVP mit den Potenzialen und Unterstützungsmöglichkeiten für Wasserkraftanlagen. „Es ist gut, dass der Bundestag mit seiner Novelle des Erneuerbare Energien Gesetzes (EEG) den Fortbestand der zahlreichen kleinen Wasserkraftanlagen im Land ermöglicht. Dies war allen Fraktionen des Ausschusses ein wichtiges Anliegen, denn diese Anlagen leisten einen wichtigen Beitrag zur dezentralen und kontinuierlichen Stromversorgung“, erklärte Karrais dazu.
Wie der Ausschussvorsitzende berichtete, widersprachen in der Diskussion FDP/DVP und CDU der Ministerin im Hinblick auf mögliche Potenziale insbesondere von kleinen Wasserkraftanlagen. Diese könnten in erheblichem Umfang ausgebaut werden. 30 Prozent zusätzliche Kapazität seien möglich, habe die FDP/DVP erklärt. Ministerin Walker bezweifelte dies nach Angaben von Karrais. Seit 2017 seien lediglich neun Anträge auf die Landesförderung kleiner Wasserkraftanlagen gestellt worden. Dies spreche nicht für eine nennenswerte Ausbaunachfrage. Die Ministerin habe sich aber ausdrücklich für kleine Bestandsanlagen ausgesprochen. Diese hätten 2020 mit einem Anteil von 9,31 Prozent an der Bruttostromerzeugung im Südwesten einen kleineren, aber wichtigen Beitrag zur Energieerzeugung geleistet.
Ein weiteres Thema war nach Angaben des Ausschussvorsitzenden der Ersatz von Öl- und Gasheizungen im Land. „Für viele Menschen im Land ist es eine drängende Frage, wie sie ihre Öl- und Gasheizungen ersetzen können“, erklärte Karrais. Die Landesregierung müsse diese Schwierigkeit angesichts hoher Investitionskosten bei ihrer Politik bedenken. Der Umwelt- und Energieausschuss werde darauf achten, dass ein Übergang möglich ist.
Ausschuss für Landesentwicklung und Wohnen debattiert über Ministeriumsaufbau
Stuttgart. Der Ausschuss für Landesentwicklung und Wohnen hat sich in seiner Sitzung am Mittwoch, 13. Juli 2022, auf Antrag der Fraktion FDP/DVP mit dem aktuellen Stand beim Aufbau des Ministeriums für Landesentwicklung und Wohnen (MLW) befasst. „Nach der Regierungsbildung von Grünen und CDU 2021 war die Einrichtung des neuen Ministeriums von Teilen des Landtags in die Kritik geraten, da dieses unter anderem nach Meinung der FDP/DVP-Fraktion in seiner konzipierten Form eher die Größe einer Abteilung eines Ministeriums besitze und man infolgedessen zur Leitung keine eigene Ministerin und zusätzliche Staatssekretärin benötige“, sagte der stellvertretende Vorsitzende Dr. Christian Jung (FDP/DVP), der die Sitzung leitete. Zudem beriet das Gremium über nachhaltiges Bauen und ökologische Baustoffe auf Antrag der Fraktion der Grünen.
Ministerin Nicole Razavi MdL (CDU) habe mitgeteilt, dass die Aufgaben und Zuständigkeiten von den bisherigen Ministerien ins Ministerium für Landesentwicklung und Wohnen übertragen worden seien. Die betroffenen Mitarbeiter seien zum größten Teil ins neue Ministerium versetzt und mittlerweile in den beiden Dienstgebäuden untergebracht worden. Nun gelte es, alle der 118 Beamten-Planstellen zu besetzen. Razavi habe in der Sitzung nochmals die Vorteile des neuen Ministeriums unterstrichen und die Zusammenziehung von „interdisziplinärer Fachkompetenz“ unter einem Dach mit einer StartUp-Arbeitskultur herausgestellt, was von den Fraktionen von Grünen und CDU unterstützt wurde, wie Jung berichtet. Vor allem die Fraktion der FDP/DVP habe dies anders gesehen, ihre grundsätzliche Kritik erneuert sowie die Stellenbesetzungen auch in Bezug auf mögliche zusätzliche Personalbedarfe und den Übertrag von Zuständigkeiten von Themen innerhalb der Landesregierung hinterfragt.
In der Folge befasste sich der Ausschuss auf Antrag der Fraktion der Grünen mit dem Thema des nachhaltigen Bauens. „Angesichts der aktuellen Herausforderungen bei der Sicherstellung der Energieversorgung und der angespannten Situation auf den Rohstoffmärkten kommt nachhaltigeren Baustoffen aus Deutschland und Europa eine erhebliche Bedeutung zu, um ebenso Treibhausgasemissionen zu verringern und Ressourcen zu schonen“, sagte Christian Jung weiter. Dabei wurden die Vor- und Nachteile von metallischen, mineralischen, nachwachsenden und recycelten Baustoffen diskutiert. Insbesondere die Forschung zu neuen und innovativen Baustoffen ist in den kommenden Jahren nach Mitteilung Jungs von großer Bedeutung.
Denn zum Beispiel der sogenannte R-Beton (Beton mit rezyklierter Gesteinskörnung) spare zwischen zwei und zwölf Prozent Kohlenstoffdioxid ein. In der Sitzung sei deutlich geworden, dass mindestens 40 Prozent der globalen CO2-Emmissionen dem Bau- und Gebäudesektor zuzurechnen seien. Die grün-schwarze Landesregierung wolle ökologische Baustoffe weiter durch verschiedene Maßnahmen fördern (Wohnungsbau BW 2022, Denkmalförderprogramm, Wohnen im Kulturdenkmal etc.). Außerdem soll ein Förderprogramm für zirkuläres Bauen aufgelegt werden. Nicht allen Ausschussmitgliedern wurde nach Mitteilung des stellvertretenden Ausschussvorsitzenden klar, mit welchen Maßnahmen die grün-schwarze Landesregierung genau eine bessere Nachhaltigkeit erreichen wolle, da abstrakte Botschaften wie „Mehr Nachhaltigkeit beim Bauen“ nur bedingt lösungsorientiert seien.
In Baden-Württemberg gibt es laut Jung etwa 2,5 Millionen Wohngebäude. In den vergangenen Jahren kamen im Südwesten jährlich weniger als 15.000 neue Gebäude hinzu. „Die leider geringe Zahl neuer Wohngebäude zeigt, welche überragende Bedeutung auch der energetischen Sanierung bestehender Gebäude zukommt und zukommen wird“, sagte Jung. Wie hoch die Sanierungsquote wirklich sei, werde statistisch jedoch nicht erfasst, auch wenn die Landesregierung davon ausgehe, dass die Sanierungsaktivitäten in den vergangenen Jahren wie bei der Installation von modernen Heizungsanlagen stark zugenommen hätten.
Öffentliche Anhörung zum Sofortzuschlag für Kinder und Jugendliche
Stuttgart. Der Ausschuss für Soziales, Gesundheit und Integration hat in einer öffentlichen Sitzung am Mittwoch, 13. Juli 2022, die kommunalen Landesverbände zum Sofortzuschlag von monatlich 20 Euro für von Armut betroffene Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene angehört. Der Zuschlag, den eine pandemiebedingte Einmalzahlung an erwachsene Leistungsberechtigte flankiert, soll rückwirkend zum 1. Juli gezahlt werden. Zuständig sind die Stadt- und Landkreise als Träger der Sozialhilfe. Einzelheiten regelt ein Gesetzentwurf, den die Fraktionen von Grünen und CDU am Mittwoch in den Landtag eingebracht haben. Er überträgt die Bundesregelung aufs Land.
Der Sofortzuschlag geht zurück auf ein Gesetz der rot-grün-gelben Bundesregierung. Ziel ist es, die Chancen für Kinder und Jugendliche zu verbessern, bis die geplante Kindergrundsicherung umgesetzt ist. Die Bundesregierung hatte den „Gesetzentwurf zur Regelung eines Sofortzuschlages für Kinder und einer Einmalzahlung an erwachsene Leistungsberechtigte der sozialen Mindestsicherungssysteme aus Anlass der COVID-19-Pandemie“ im März auf den Weg gebracht. Kurz darauf stimmten Bundestag und Bundesrat zu. Für Sofortzuschlag und Einmalzahlung müssen die Kommunen in Baden-Württemberg im laufenden Jahr voraussichtlich rund 391.000 Euro aufwenden. Im kommenden Jahren sollen es rund 783.000 Euro sein.
Die Vertreter von Landkreistag und Städtetag erklärten in der öffentlichen Anhörung vor dem Sozialausschuss, es sei sachgerecht und daher unstrittig, dass die örtlichen Sozialhilfeträger den Sofortzuschlag auszahlen sollen. Nach einer gewissen Zeit sei aber zu prüfen, wie hoch die Aufwendungen für die Kreise und Städte tatsächlich sind. Es gehe nicht nur um die schätzungsweise rund 800.000 Euro für den Sonderzuschlag, vielmehr müsse man auch den Erfüllungsaufwand für die Sozialhilfeträger beziffern und berücksichtigen. Übersteige die Gesamtbelastung den Schwellenwert von zehn Cent pro Einwohner, so müsse das Land nach dem Konnexitätsprinzip die Ausgaben tragen. Die Vertreter von Landkreistag und Städtetag sprachen sich deshalb vor dem Ausschuss dafür aus, im Gesetz eine entsprechende Überprüfung der Gesamtbelastung zum 31.12.2023 vorzusehen.
Wie der Ausschussvorsitzende Florian Wahl (SPD) berichtete, reagierten die Grünen verhalten auf den Vorstoß. Der Sonderzuschlag sei eine vorübergehende Leistung. Er falle weg, wenn die Kindergrundsicherung komme. Die geplante Regelung sei sachgerecht. Bei der CDU dagegen sei der Vorstoß auf Sympathie und bei der Opposition auf Zustimmung gestoßen, erklärte Wahl.
Sozialminister Manfred Lucha (Grüne) habe daraufhin vor dem Ausschuss dafür geworben, von einer Evaluation im Sinne der Kommunalverbände abzusehen. Man werde die Kreise und Städte nicht im Regen stehen lassen, habe der Minister versichert, so Wahl. Lucha habe allerdings zu bedenken gegeben, dass das Gesetz über den Sonderzuschlag nicht wie geplant in der kommenden Woche vom Landtagsplenum verabschiedet werden könne, wenn man es um eine Evaluation ergänzen müsse, da dies eine neuerliche Abstimmung unter den beteiligten Ministerien erforderlich mache. Ein Inkrafttreten wie geplant zum 1. August mit rückwirkenden Zahlungen zum 1. Juli sei dann nicht möglich. Unter diesem Eindruck habe der Ausschuss sodann dem Gesetz mehrheitlich zugestimmt, wie Wahl berichtete.
Kinder erkunden den Landtag mit Stationenlauf
Stuttgart. Viele Luftballons schmückten den Eingang des Landtags von Baden-Württemberg: Am Samstag, 2. Juli 2022, kamen rund 80 Kinder im Alter von acht bis 14 Jahren aus den verschiedenen Gemeinden, Städten und Landkreisen aus dem ganzen Land zum 5. Kindergipfel im Landtag zusammen. „Ihr Kinder seid heute die Hauptpersonen“, sagte die Vorsitzende des Bildungsausschusses Petra Häffner (Grüne), bei der Begrüßung der jungen Gäste. „Hier ist eure Meinung gefragt.“
Häffner überbrachte Grüße der Landtagspräsidentin Muhterem Aras, die leider verhindert war. Organisiert wurde der Kindergipfel vom Landtag zusammen mit dem Landesjugendring Baden-Württemberg. „Beim Kindergipfel werdet ihr an verschiedenen Stationen spielerisch erfahren, was der Landtag ist und wie Politik funktioniert“, verriet Petra Häffner. „Was arbeiten Abgeordnete? Wie arbeiten sie? Wie macht man ein Gesetz? Über welche Dinge wird diskutiert und abgestimmt?“, erläuterte sie. Aber vor allem: „Ihr werdet darüber sprechen, was euch wichtig ist“, betonte die Abgeordnete. Denn vieles, was hier im Landtag entscheiden wird, betrifft eben auch das Leben der Kinder.
Petra Häffner erklärte den jungen Gästen, dass das Landtagsgebäude der „Herrschaftssitz aller Baden-Württembergerinnen und Baden-Württemberger ist: „Hier schlägt das Herz unserer Demokratie.“ Demokratie braucht aktive Bürgerinnen und Bürger, mutige Mitstreiter, wache und kritische Köpfe mit vielen guten Ideen. „Das Gute ist: jede und jeder kann mitmachen.“ Und sie gab den Kindern mit auf den Weg: „Ihr seid ein Teil unserer Demokratie.“
Das Orga-Team von – bestehend aus 13 Jugendlichen – war bei der Planung und Konzeption des Landtags-Stationenlaufs beteiligt. Neben einer Kennlern-Station, gab es Stationen rund um das Thema Landtag, zu Nachhaltigkeit, Mobilität, Schule, Frieden und Zusammenhalt. Auch Abgeordnete waren an den Stationen anzutreffen und standen den Kindern Rede und Antwort. Die Kinder durften auch wieder ihre Wünsche loswerden: Auf dem Wunschbus konnten Wünsche an die Landespolitik, an die Zukunft und speziell für Kinder angebracht werden. Ein buntes Rahmenprogramm durfte nicht fehlen: So nahm ein Zauberer die jungen Gäste in Empfang, die Kinder konnten sich an Spielstationen austoben und mit leckerem Eis vom Eisfahrrad abkühlen.
„Entscheidungen von heute wirken in die Zukunft hinein. Deshalb müssen auch Kinder ihre Anliegen in politische Debatten einbringen können. Hierzu bietet der Kindergipfel einen guten demokratischen Einblick“, betonte am Ende des Tages der Vorsitzende des Landesjugendrings, Alexander Strobel.
Landtag lädt Bürgerinnen und Bürger zum großen Bürgerfest ein
Stuttgart. Der Landtag von Baden-Württemberg öffnet am Samstag, 9. Juli 2022, seine Türen für die Bürgerinnen und Bürger. Von 11 bis 17 Uhr bietet das Parlament ein vielfältiges Programm für Kinder, Jugendliche und Erwachsene. „Nach den langen coronabedingten Beschränkungen freue ich mich sehr, endlich wieder die Bürgerinnen und Bürger in den Landtag einladen zu können. Denn Demokratie lebt vom Austausch und von Begegnungen“, sagte Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne). Beim Bürgerfest haben die Besucherinnen und Besucher die Möglichkeit, die Arbeit der Abgeordneten, der Fraktionen und vieler weiterer Institutionen besser kennenzulernen.
Das Programm besteht aus einer bunten Mischung aus Unterhaltung und Information. So gibt es etwa im Plenarsaal und auf den beiden Bühnen in der Landtagslobby und im Bürger- und Medienzentrum Musik, Zauberei und Kabarett. Politisch wird es zum Beispiel bei der Elefantenrunde mit den Fraktionsvorsitzenden.
Auch persönlich nahe kommen können die Gäste den Politikerinnen und Politikern beim Format „Fragen erwünscht – Abgeordnete an ihrem Arbeitsplatz“. Präsidentin Aras gibt im Gespräch mit SWR-Intendant Kai Gniffke Einblicke in den Parlamentsalltag. Zudem haben die Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeit, an Führungen in die Arbeitsräume der Fraktionen teilzunehmen oder sich das Büro der Präsidentin anzusehen. „Wir bieten den Bürgerinnen und Bürger vielfältige Gelegenheiten, mit Abgeordneten ins Gespräch zu kommen. Sie können sich mit ihren Fragen, Ideen und Anliegen direkt einbringen“, betonte die Landtagspräsidentin.
Außerdem stellen sich die fünf Landtagsfraktionen mit Infoständen vor, ebenso der Landesbeauftragte für den Datenschutz, die Bürger- und Polizeibeauftragte und die Landeszentrale für politische Bildung. Bei einem Blick in das SWR-Landtagsstudio können sich die Gäste über die Arbeit der Journalistinnen und Journalisten informieren oder sich an einer Teleprompter-Challenge ausprobieren. Auch die privaten Sender Antenne 1, Radio Regenbogen und Radio7 präsentieren ihre Arbeit. Die Polizei Stuttgart informiert nicht nur über Prävention und Jobmöglichkeiten, sondern ist auch mit der Reiterstaffel vor Ort. Für Kinder bietet die Volkshochschule Stuttgart eine Kinderwerkstatt und das Hauptstaatsarchiv einen Bastelworkshop an.
Bildungsausschuss informiert sich über Orientierungsplan bei frühkindlicher Bildung
Stuttgart. Der Ausschuss für Kultus, Jugend und Sport hat sich in seiner Sitzung am Donnerstag, 30. Juni 2022, mit dem aktuellen Stand verschiedener Entwicklungen in der frühkindlichen Bildung befasst. „Neben dem Betreuungsaspekt und Erziehungsfragen steht auch die Qualität des Angebots in Baden-Württemberg im Fokus“, teilte die Ausschussvorsitzende Petra Häffner (Grüne) mit.
Das Gremium informierte sich Häffner zufolge beim Kultusministerium vor allem über die Weiterentwicklung des Orientierungsplans und die Vorhaben angesichts der angespannten Personalsituation in Kindergärten und Kindertagesstätten. Der Orientierungsplan gebe Erzieherinnen und Erziehern Impulse für eine kontinuierliche Bildung und Förderung des Kindes vom Eintritt in die Kindertageseinrichtung bis zum Schulbeginn. Wichtig sei, dass der Orientierungsplan wieder stärker als Grundlage des Arbeitens in baden-württembergischen Kinderbetreuungseinrichtungen wahrgenommen werde, gab Häffner die Angaben von Ministeriumsseite wieder. In der Evaluation sei deutlich geworden, dass die Verbindlichkeit des Orientierungsplans klarer an alle Einrichtungen kommuniziert werden müsse.
In Bezug auf den Fachkräftemangel im Bereich der frühkindlichen Bildung sei in der Sitzung besonders auf den Ausbildungsweg und die auf Bundesebene liegende Investitionskostenförderung eingegangen worden, berichtete Häffner. Neben der regulären Ausbildung zur Erzieherin oder zum Erzieher nach dem Schulabschluss solle der Direkteinstieg stärker beworben und mit attraktiven Qualifizierungsmaßnahmen gefördert werden. Um zusätzliches Personal zu gewinnen, müsse das Arbeitsfeld nach der schwierigen Pandemiephase mit vielen Ausfällen wieder attraktiver gemacht werden. Bei der Gebäudesituation der Betreuungseinrichtungen im Land gebe es momentan einen Investitionsstau, so Häffner. Auf Nachfrage der Gremiumsmitglieder sei von Ministeriumsseite dargelegt worden, dass der Wunsch nach zusätzlichen Räumen und kurzfristigen Betriebserlaubnissen vorhanden sei, der Bund sich zum neuen Investitionsprogramm „Kinderbetreuungsfinanzierung“ aber noch nicht festgelegt habe. Um keine Lücke bei der Investitionsförderung entstehen zu lassen, habe das Land im vergangenen Herbst mit 70 Millionen Euro überbrückt.
ÖPNV im Land verliert in den ersten beiden Corona-Jahren 745 Millionen Euro
Stuttgart. Der öffentliche Personennahverkehr in Baden-Württemberg hat in den Pandemiejahren 2020 und 2021 Mindereinnahmen von insgesamt rund 745 Millionen Euro verzeichnet. Das geht aus Zahlen des Verkehrsministeriums hervor, über die der Verkehrsausschuss in seiner Sitzung am Donnerstag, 30. Juni 2022, nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Rüdiger Klos (AfD) beraten hat. Ein weiteres Thema unter anderen waren laut Klos die Probleme der Schwarzwaldbahn.
Der Verkehrsausschuss befasste sich auf Initiative der SPD mit den coronabedingten Schäden des ÖPNV. Die Mindereinnahmen werden vom Bund und vom Land hälftig getragen. Es greift ein Rettungsschirm. Die Schäden in Höhe von rund 331,9 Millionen Euro im Jahr 2020 wurden bereits vollständig ausgeglichen, wie aus der Stellungnahme des Verkehrsministeriums zum SPD-Antrag hervorgeht. Für 2021 wurden demnach bisher Schäden von rund 351,4 Millionen Euro ausgeglichen, das entspricht 85 Prozent des Gesamtschadens von rund 413,4 Millionen Euro. Grund für die Verzögerung ist laut Ministerium, dass die Schadenshöhe weit über den prognostizierten Beitrag und die zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel hinausgeht. Auch für 2022 greift ein ÖPNV-Rettungsschirm.
Vertreter aller Fraktionen begrüßten die Finanzhilfen für die Verkehrsverbünde als Träger des ÖPNV, wie der Ausschussvorsitzende Klos berichtete. Es sei gut, dass der Rettungsschirm auch 2022 greifen werde, habe es geheißen. Verkehrsminister Hermann habe vor dem Gremium erläutert, dass die Verbünde je nach Kundenstruktur unterschiedlich von der Pandemie getroffen worden seien, so Klos. Verbünde mit besonders vielen Abo-Kunden hätten 2021 hohe Verluste erwirtschaftet, da viele Kunden im ersten Corona-Jahr noch an ihrem Abo festgehalten hätten, um dann im zweiten Corona-Jahr zu kündigen.
Der Minister habe in diesem Zusammenhang seine Kritik am 9-Euro-Ticket bekräftigt, berichtete Klos. Es sei ungewiss, ob die neuen Kunden dauerhaft für den ÖPNV zu gewinnen seien. Ein Super-Sonderangebot wie das 9-Euro-Ticket sei mit Kosten von 2,5 Milliarden Euro sehr teuer. Es sei besser gewesen, das Geld in den Ausbau des ÖPNV zu investieren.
Die Situation der Schwarzwaldbahn zwischen Karlsruhe und Konstanz thematisierte der Verkehrsausschuss auf getrennte Initiativen von SPD und FDP/DVP hin. Beide Fraktionen hatten vor dem Hintergrund von laufenden Baumaßnahmen, Verspätungen und Zugausfällen auf der Strecke umfangreiche Fragenkataloge an das Verkehrsministerium gerichtet. Aus den Antworten geht hervor, dass aktuell insgesamt rund 47 Millionen Euro in die Modernisierung der Schwarzwaldbahn fließen. Die Mittel werden für die Erneuerung des Gleiskörpers sowie für die Modernisierung und den Neubau von Bahnhöfen und Haltepunkten verwendet. Hinzu kommen weitere Mittel für die Instandhaltung.
Laut dem Bericht des Verkehrsministeriums treten seit einer Teilstreckensanierung Spurkranzprobleme bei den eingesetzten Doppelstockwagen auf. Der Rad-Schienenkontakt verlaufe seit der Sanierung nicht mehr verschleißarm. Nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Klos erläuterte Verkehrsminister Hermann, die Deutsche Bahn habe bei der Teilstreckensanierung offenbar starre Betonschwellen statt flexibler Holzschwellen und Gleise mit breiterem Kopf verbaut. Dies führe auf der kurvenreichen Gebirgsstrecke zu erhöhtem Verschleiß an den Rädern. Die Teilstrecke sei inzwischen gesperrt und werde erneut saniert. Es gebe einen Schienenersatzverkehr, vermutlich noch für zehn bis 14 Tage.
Der Minister habe die fehlerhafte Sanierung und auch die unzureichende Information durch die Deutsche Bahn scharf kritisiert, berichtet Klos. Vertreter aller Fraktionen hätten ihm für seine klaren Worte gedankt.
Landwirtschaftsausschuss besucht Landesgartenschau in Neuenburg am Rhein
Stuttgart/Neuenburg am Rhein. Der Ausschuss für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz hat bei einem Außentermin am Mittwoch, 29. Juni 2022, die Landesgartenschau 2022 in Neuenburg am Rhein, Landkreis Breisgau-Nordschwarzwald, besucht. Wie der Vorsitzende des Gremiums, Martin Hahn (Grüne), mitteilte, informierte sich das Gremium bei dem Besuch über die Bedeutung der Ausstellung für die Stadt und die Region am Dreiländereck. „Landesgartenschauen sind nicht nur ein großer Besuchermagnet, sondern leisten auch einen wichtigen Beitrag zur nachhaltigen Stärkung der gesamten Region“, so Hahn.
Nach der Ausschusssitzung im Stadthaus und einer Begrüßung durch den Vorsitzenden der Förderungsgesellschaft für die Baden-Württembergischen Landesgartenschauen bwgrün.de, Gerhard Hugenschmidt, und die Geschäftsführer der Landesgartenschau 2022, Andrea Leisinger und Nils Degen, besichtigten die Ausschussmitglieder das Gelände am Rheinufer. Hahn zufolge bieten die Geländeteile „Rheinwiesen“, „Rheinterrasse“, „Rheinauen“ und „Stadtpark am Wuhrloch“ mit ihren neuentstandenen Daueranlagen neben der gärtnerischen Vielfalt der Schaugärten auch neuen Naherholungsraum, der über die Dauer der Ausstellung hinaus Bestand haben werde. Der inhaltliche Schwerpunkt der Schau sei mit den Themen Naturschutz, Nachhaltigkeit und Klimawandel zudem von großer politischer Aktualität.
„Landesgartenschauen sind Baden-Württemberg und ein lohnendes Ausflugsziel“, sagte Hahn. Die Schauen stünden für die ganze landschaftliche und auch städtebauliche Vielfalt des Südwestens. Er bedankte sich bei den zahlreichen Beschäftigten und Ehrenamtlichen, die sich um die erfolgreiche Umsetzung der Landesgartenschau kümmern.
Die Landesgartenschau in Neuenburg am Rhein findet von 22. April bis 3. Oktober 2022 statt. Neuenburg am Rhein ist nach Einwohnerzahlen die kleinste Stadt, die bisher den Zuschlag zur Durchführung einer Landesgartenschau in Baden-Württemberg erhalten hat.
Finanzausschuss kritisiert schleppende Umsetzung von Landtagsbeschluss
Stuttgart. Der Finanzausschuss hat sich enttäuscht über den Stand bei der Umsetzung eines Landtagsbeschlusses durch die Landesregierung gezeigt. „Diese Situation ist nicht zufriedenstellend. Das Gremium hat daher die Landesregierung aufgefordert, bis Ende des Jahres erneut über den Stand zu berichten“, sagte der Ausschussvorsitzende Martin Rivoir (SPD). Hintergrund der Kritik ist ein Beschluss des Landtags, wonach Förderbescheide einen Hinweis auf die Freigabe der Mittel durch das Parlament enthalten müssen. Die Regierung habe allerdings mitgeteilt, dass dies aufgrund von erforderlichen Verfahrensanpassungen noch nicht überall erfolge. Weiteres Thema in der Sitzung war die finanzielle Unterstützung der Kulturbranche, der das Gremium zustimmte.
Der Finanzausschuss hatte im Zuge der Beratungen des Landeshaushalts 2022 einen gemeinsamen Antrag der Fraktionen Grüne, CDU, SPD und FDP/DVP beschlossen. Demnach muss in Förderbescheiden, bei deren Übergabe sowie bei jeglicher Kommunikation über Förderbescheide der Hinweis enthalten sein: „Finanziert aus Landesmitteln, die der Landtag von Baden-Württemberg beschlossen hat.“
Das Staatsministerium teilte laut Rivoir dem Ausschuss nun mit, dass eine aktuelle Abfrage bei den obersten Landesbehörden ergeben habe, dass diese den Beschluss umgesetzt hätten, soweit sie grundsätzlich Förderungen bzw. Zuwendungen gewähren. Es sei jedoch denkbar, dass Zuwendungsbescheide, die zeitnah nach dem Beschluss versandt worden seien, den beschlossenen Hinweis eventuell noch nicht enthielten. Außerdem werde eine Vielzahl von Fördermaßnahmen DV-gestützt abgewickelt. Zur Umsetzung des Beschlusses sei eine Anpassung in den Verfahren erforderlich. Die technische Anpassung sei bis zum Zeitpunkt der Abfrage noch nicht vollumfänglich abgeschlossen gewesen.
Die lange Dauer der Umstellung sei im Ausschuss auf Unverständnis gestoßen, sagte Martin Rivoir. Er wies noch einmal darauf hin, warum dieser Beschluss gefasst wurde. „Es geht darum, dass das Parlament selbstbewusst auftritt und seine Arbeit in der Öffentlichkeit auch wahrgenommen wird“, betonte der Ausschussvorsitzende.
Darüber hinaus stimmte der Finanzausschuss zu, die durch die Corona-Pandemie schwer getroffene Kulturbranche weiter finanziell zu unterstützen. Für das Impulsprogramm „Kultur trotz Corona“ wurden im 3. Nachtrag zum Staatshaushaltsplan für das Haushaltsjahr 2021 Mittel in Höhe von 18,5 Millionen Euro bereitgestellt. Im Haushalt 2022 wurden 4,6 Millionen veranschlagt. Da jedoch das Volumen der eingegangenen Förderanträge deutlich darüber liege, habe die Regierung beschlossen, weitere 2,9 Millionen Euro für „Kultur nach Corona“ aus der Rücklage für Haushaltsrisiken bereitzustellen. Der Finanzausschuss stimmte dieser Mehrausgabe einstimmig zu.
Gefördert werden sollen mit den Mitteln unter anderem Kultureinrichtungen und -veranstaltungen, Ensembles und Vereine der Breitenkultur. Gestärkt werden soll auch die Live-Musik-Szene, indem etwa Spielstätten sowie Musikerinnen und Musiker unterstützt werden. „Die hohe Zahl der Förderanträge zeigt, dass die Kulturbranche weiterhin unter den Folgen der Pandemie leidet und die Unterstützung durch das Parlament sehr wichtig ist“, sagte Rivoir.
Regierungsmehrheit setzt dauerhafte Erhöhung der Bürgschaftsobergrenze der L-Bank durch
Stuttgart. Mit der vom Wirtschaftsministerium zum 1. Juli angestrebten Neukonzeption für Landesbürgschaften hat sich der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus in seiner Sitzung am Mittwoch, 29. Juni 2022, befasst. Nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Dr. Erik Schweickert (FDP/DVP) stimmte das Gremium der Neuregelung, die eine dauerhaft höhere Bürgschaftsobergrenze ohne Zustimmung des Landtags vorsieht, mit den Stimmen von Grünen und CDU zu. Die Opposition habe abgelehnt. Ein weiteres Thema im Ausschuss waren laut Dr. Schweickert unter anderem die Auswirkungen des boomenden Versandhandels auf Stadtlogistik und Einzelhandel.
Die Bürgschaftspläne erläuterte Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) vor dem Ausschuss, wie der Vorsitzende Dr. Schweickert berichtete. Die Ministerin habe erklärt, dass die Obergrenze für Bürgschaftsübernahmen der L-Bank auf 15 Millionen Euro ausgeweitet werden solle. Dies ermögliche schnellere Entscheidungen. Bislang galt eine reguläre Obergrenze von fünf Millionen Euro, die aufgrund der Corona-Pandemie befristet auf 20 Millionen Euro angehoben worden war. Zugleich solle die Rückbürgschaft des Landes gegenüber der L-Bank auf 50 Prozent abgesenkt werden, habe Dr. Hoffmeister-Kraut erklärt. Bisher sind es 100 Prozent.
Während Grüne und CDU der Ministerin zugestimmt hätten, hätten SPD, FDP/DVP und AfD sich extrem kritisch geäußert, erklärte Dr. Schweickert. Die SPD habe beantragt, die Obergrenze für Bürgschaftsübernahmen der L-Bank nur auf zehn Millionen Euro anzuheben statt auf 15 Millionen Euro und die Rückbürgschaftsquote bei 100 Prozent zu belassen. FDP/DVP und AfD hätten diesen Vorschlag unterstützt. Der SPD-Antrag sei mit den Stimmen der Regierungsmehrheit abgelehnt worden, so der Ausschussvorsitzende.
Die FDP/DVP habe daraufhin beantragt, entgegen den Plänen des Wirtschaftsministeriums auch für Bürgschaften der L-Bank mit einem Volumen von fünf bis 15 Millionen Euro eine Beteiligung des Landtags im Genehmigungsverfahren sicherzustellen – und damit nicht erst für reine Landesbürgschaften ab einer Mindesthöhe von 15 Millionen Euro. Es sei nicht hinnehmbar, dass Bürgschaften in der Größenordnung von fünf bis 15 Millionen Euro künftig keiner parlamentarischen Kontrolle durch den Wirtschaftsausschuss mehr unterliegen sollten, hätten die Liberalen argumentiert, so Dr. Schweickert. Der Ausschussvorsitzende erinnerte in diesem Zuge schließlich noch einmal daran, dass er selbst bereits in der Vergangenheit mehrere Vorschläge zu einer möglichen Beteiligung des Parlaments gemacht hatte, auf die das Ministerium aber bisher nicht eingegangen sei. Schließlich sei jedoch auch der Antrag der FDP/DVP mit den Stimmen von Grünen und CDU abgelehnt worden.
Letztendlich sei der Vorschlag des Ministeriums nach intensiven Diskussionen und Debatten in mehreren Ausschusssitzungen sowie auch im Rahmen einer aktuellen Debatte im Plenum des Landtags mit Hilfe der Regierungsmehrheit gegen die Stimmen der Oppositionsfraktionen durchgesetzt worden.
Ein weiteres Thema im Ausschuss waren auf Initiative der FDP/DVP die Auswirkungen des boomenden Versandhandels auf Stadtlogistik und Einzelhandel. Die Liberalen hatten dazu einen umfangreichen Fragenkatalog an das Wirtschaftsministerium gerichtet. Aus den Antworten geht hervor, dass 2020 in Deutschland 4,05 Milliarden Kurier-, Express- und Paketsendungen verschickt wurden, 10,5 Prozent mehr als 2019. Angesichts dieser Zahlen bekundeten nach Angaben von Dr. Schweickert Vertreter aller Fraktionen Sympathie für eine Kostenpflicht von Retouren im Online-Versandhandel. Dies könne beispielsweise das Verkehrsaufkommen durch Lieferfahrzeuge gerade in Ballungsräumen reduzieren.
Vertreter ebenfalls aller Fraktionen äußerten nach Angaben des Ausschussvorsitzenden zudem die Sorge, dass stationäre Einzelhändler in den Innenstädten durch den boomenden Versandhandel zunehmend in Bedrängnis geraten. Insofern komme der Wettbewerbsgleichheit zwischen „Onlinehandel“ und „Offlinehandel“ eine entscheidende Rolle zu. Diese herzustellen sei Aufgabe des Gesetzgebers.
Weitere Themen waren laut Dr. Schweickert unter anderem Start-up-Finanzierungen, die berufliche Weiterbildung und die Förderung der elektronischen Spieleindustrie im Land.
Anträge auf Finanzhilfen in Höhe von 14,7 Millionen Euro bewilligt
Stuttgart. Fünf Einzel- und fünf Verbundfinanzhilfeanträge von insgesamt 14 Unternehmen und sieben Forschungsinstituten aus Baden-Württemberg hat der Wirtschaftsausschuss des Landtags in seiner Sitzung am Mittwoch, 29. Juni, bewilligt. Das Fördervolumen beträgt nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Dr. Erik Schweickert (FDP/DVP) 14,7 Millionen Euro. Die Gelder fließen aus dem Förderprogramm Invest BW der Landesregierung.
Das Förderprogramm Invest BW unter Federführung des Wirtschaftsministeriums unterstützt Unternehmen schnell und unbürokratisch bei Investitionen in Zukunftstechnologien. Im Rahmen der zweiten Tranche des Förderprogramms konnten in einem technologieoffenen Förderaufruf vom 15. Oktober 2021 bis zum Stichtag 15. Januar 2022 Anträge eingereicht werden. Insgesamt gingen 532 Anträge mit einem beantragten Fördervolumen von rund 310 Millionen Euro beim beauftragten Projektträger „VDI/VDE Innovation und Technik GmbH“ ein.
Über die Förderanträge entscheidet das Ministerium. Bei besonders bedeutsamen Vorhaben und einem Fördervolumen von mindestens 500.000 Euro wird ein Fachbeirat eingeschaltet. Die Bewilligung dieser großen Fördermittel obliegt dem Wirtschaftsausschuss.
Nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Dr. Erik Schweickert (FDP/DVP) stimmte der Ausschuss einstimmig der Förderung folgender Projekte zu:
Unternehmen |
Projektvorhaben |
Fördersumme |
GRAF Holding GmbH, Teningen |
Erstmalige Verarbeitung von Post-Consumer PP-Folien |
661.970 € |
Efficient Robotics GmbH, Kornwestheim |
KI-unterstützt mikrofluidische DMTA-Plattform für die Pharma-Forschung |
954.676 € |
Aurivius GmbH, Ulm |
Aurivius LIDAR-to.Building Data AI |
1.000.000 € |
IQ Buddy GmbH, Stuttgart |
Personalisiertes Mikro-Lernen |
744.559 € |
J.Con GmbH, Bühl |
Energieoptimierter Lager- und Distributionsprozess für Gase und Flüssiggase |
532.706 € |
4HF Biotec GmbH, Freiburg Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ), Heidelberg |
Verbundvorhaben: Toxine und Radioliganden für die Therapie von Prostata- und Lungentumoren |
1.618.749 € |
Dreher Präzisionsdrehteile GmbH, Balgheim CSP GmbH Cut Systems, Pfronstetten Titan Spezialfahrzeugbau GmbH, Sulzbach/Murr Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Karlsruhe |
Verbundvorhaben: Entwicklung v. Ernte- und Logistiktechnik zur Verwertung ungenutzter Biomasse |
2.996.605 € |
PRECISIS GmbH, Heidelberg Universität Freiburg, Freiburg Universitätsklinikum der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, Freiburg Universität Heidelberg, Mannheim |
Verbundvorhaben: Miniaturisierter Elektrischer Impulsgeber fürs Gehirn |
2.244.528 € |
AX Semantics GmbH, Stuttgart Hochschule Reutlingen, Reutlingen |
Verbundvorhaben: KI-basierte Sprachtechnologie für NLG-basierte Produktinformationen (KISprachtec) |
1.279.273 € |
HyImpulse Technologies GmbH, Neuenstadt am Kocher Astos Solutions GmbH, Stuttgart enGits GmbH, Todtnau Universität Stuttgart, Stuttgart |
Verbundvorhaben: Hybrid, Grüne Oberstufe, „Raketentechnik, Made in Baden-Württemberg“ |
2.624.165 € |
Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz ist nach wie vor weit verbreitet
Stuttgart. Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz ist in Deutschland nach wie vor weit verbreitet. Dies wurde bei einer öffentlichen Sitzung des Innenausschusses am Mittwoch, 29. Juni 2022, deutlich. Auf Antrag der SPD-Fraktion hat sich das Gremium mit dem Thema, insbesondere mit Blick auf die Behörden des Landes Baden-Württemberg, befasst. Dazu führte der Ausschuss eine öffentliche Anhörung durch, an der eine Soziologin, eine Rechtsanwältin und zwei Vertreterinnen von Gewerkschaften teilnahmen. „Die Zahlen zeigen, dass sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz immer noch ein großes Problem darstellt. Umso wichtiger ist es, alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um solche Taten zu verhindern. Dazu zählen Schulungen für Beschäftigte und professionelle Hilfe für Betroffene“, betonte die stellvertretende Ausschussvorsitzende Andrea Schwarz (Grüne), die die Sitzung leitete.
Die Leiterin des Forschungsbereichs „Gender, Gewalt und Menschenrechte“ an der Universität Erlangen-Nürnberg, Dr. Monika Schröttle, führte aus, dass neun Prozent der erwerbstätigen Bevölkerung sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz erfahren habe. Bei Frauen seien es 13 Prozent gewesen, bei Männern fünf Prozent. Bei Frauen komme Belästigung nicht nur häufiger vor, sondern die Formen der Belästigung seien zudem bedrohlicher, drastischer und erniedrigender. Sexuelle Belästigung betreffe alle Altersgruppen und alle Branchen und Bereiche, also auch den öffentlichen Dienst. Über 80 Prozent der Täter seien Männer, dazu zählten Vorgesetzte, Kollegen, Kunden oder Patienten.
„Die Statistiken zeigen nur die Spitze des Eisbergs“, verdeutlichte die die Vorsitzende des DGB-Betriebsfrauenrats, Erika Bock. Die Vorsitzende der BBW-Landesfrauenvertretung, Heidi Deuschle, wies zudem darauf hin, dass digitale Gewalt – etwa in Form von Stalking, Drohungen oder dem Erstellen von Fake-Profilen – ein zunehmendes Problem darstelle. Auch spielten äußere Faktoren eine große Rolle. „Die Pandemie hat die Menschen aggressiver werden lassen“, sagte Deuschle.
Einig waren sich alle Expertinnen, dass es in Betrieben eine Null-Toleranz-Philosophie geben müsse. So müsse etwa von Firmen- und Behördenleitungen sowie von Vorgesetzten eine deutliche Haltung gegen Belästigung gezeigt werden. Über allem steht eine Betriebskultur, die zeigt, dass sexuelle Belästigung nicht akzeptiert wird“, sagte Erika Bock. Dadurch werde ein Klima geschaffen, in dem sexuelle Belästigung weniger wahrscheinlich werde.
Als weiteren wichtigen Punkt nannten die Expertinnen Hilfsangebote mit unabhängigen Ansprechpartnern und Vertrauenspersonen, an die sich Betroffene wenden könnten. Das Problem bestehe oft darin, dass Frauen und Männer diese Angebote gar nicht kennen würden. „81 Prozent der Beschäftigten weiß nicht, dass der/die Arbeitgeber/in verpflichtet ist, vor sexueller Belästigung zu schützen“, sagte Bock. 70 Prozent kennen keine Ansprechperson und 50 Prozent seien keine Maßnahmen gegen Belästigung am Arbeitsplatz bekannt. Diese Informationslücke müsse durch Informationskampagnen und Öffentlichkeitsarbeit geschlossen werden. „Die Menschen müssen wissen, was im Fall einer Belästigung zu tun ist“, sagte Dr. Schröttle.
Hilfreich seien hierfür etwa Fortbildungen für Leitungen, Vorgesetze und Kollegen, aber auch Dienstvereinbarungen. „Dienstvereinbarungen sind ein Weg, um ein wertvolles Miteinander, eine Null-Toleranz-Strategie bei sexueller Belästigung sowie eine klare Benennung von Sanktionsmaßnahmen zu formulieren“, sagte Bock.
Die Rechtsanwältin Dr. Nathalie Oberthür wies auf die juristische Problematik bei der Aufklärung von Belästigungsfällen hin. Es gebe einen guten Rechtsrahmen, der werde aber in der Realität selten angewendet. Gerade bei sexueller Belästigung seien häufig nicht genug Beweise vorhanden, weil die Belästigung in einer Zwei-Personen-Situation vorgekommen sei. Zudem werde sexuelle Belästigung häufig verbal geäußert. Sollte es keine belastbaren Beweise geben, stehe dann Aussage gegen Aussage.
Nach Angaben des Innenministeriums gab es in den vergangenen drei Jahren bei den Behörden und Stellen der Landesverwaltung 230 Eingaben im Zusammenhang mit sexueller Belästigung am Arbeitsplatz, davon 76 durch Vorgesetzte. In 58 Fällen wurden Strafverfahren eingeleitet. Von diesen wurden 23 eingestellt. Eines wurde mit einer Verurteilung beendet. Die restlichen Verfahren sind noch nicht abgeschlossen. Darüber hinaus wurde in 55 Fällen ein Disziplinarverfahren eingeleitet. Daraus folgten als disziplinarische Konsequenzen unter anderem zwei Verweise, sechs Geldbußen, vier Kürzungen der Bezüge und eine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis.
Wertschätzung der Arbeit der Breitenkultur im Land
Stuttgart. Hat die Breitenkultur seit ihrem Umzug ins Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst eine Aufwertung erfahren? Mit dieser Frage hat sich der Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kunst in seiner Sitzung am Mittwoch, 29. Juni 2022, auf Antrag der FDP/DVP befasst. Das hat die Vorsitzende des Gremiums, Nese Erikli (Grüne) mitgeteilt. „Breitenkultur ist uns allen sehr wichtig und wir sprechen allen Engagierten unseren Dank aus für ihre Arbeit“, betonte sie.
In Baden-Württemberg engagieren sich sehr viele Menschen ehrenamtlich, die etwas für die Gemeinschaft tun wollen. Das sei gut für den gesellschaftlichen Zusammenhalt, sagte Erikli. „Es ist gerade dieser kulturelle Bereich, der unser Land stark macht“, gab die Vorsitzende die einhellige Auffassung des Gremiums wieder. Der Neuzuschnitt der Ressorts nach dem Regierungswechsel 2011 bedingte die Verlagerung der Zuständigkeit für die Laienkunst und Heimatpflege – heute Breitenkultur – vom Kultusministerium ins Wissenschaftsministerium. Dort sollte die Breitenkultur als Teil der großen Kunstabteilung im Wissenschaftsministerium eine Aufwertung erfahren und die Zuständigkeiten für Kunst und Kultur gebündelt werden. Das Ministerium habe dargelegt, so Erikli, dass durch die Einbindung in ein bestehendes Referat mit ähnlichen Aufgaben die Breitenkultur bereits in den ersten Jahren nach der Umressortierung eine spürbare Aufwertung erfahren habe. Es gebe jetzt weniger Teilzuständigkeiten und eine gute personelle Ausstattung.
Nach mittlerweile über zehn Jahren könne festgestellt werden, dass die vom Ministerium umgesetzte Erhöhung der Dirigenten- und Chorleiterpauschale im Bereich der Amateurmusik, die Förderung des Neubaus zweier Musikakademien, die Finanzierung einer neuen Geschäftsstelle des Landesverbands der Heimat- und Trachtenverbände in Baden-Württemberg, die intensive Betreuung und Förderung der Breitenkultur in der Coronapandemie und viele weitere Maßnahmen eine spürbare Aufwertung bewirkt hätten.
Wie die Ausschussvorsitzende weiter ausführte sei das Vereinsleben der Breitenkultur von unzähligen Veranstaltungen geprägt. Dazu gehörten nicht nur Auftritte, Konzerte oder Theateraufführungen, sondern auch die Umrahmung von Heimatfesten und weiteren festlichen Anlässen in den Städten und Gemeinden des Landes. Die Breitenkultur lebe davon, dass aufgrund ehrenamtlicher Initiativen ohne staatliche Steuerung Veranstaltungsformate aller Art entstünden, fasste Nese Erikli die Angaben des Ministeriums zusammen. Die Zahl der verbandlich organisierten selbstständigen Vereine setze sich wie folgt zusammen: 6.300 Vereine der Amateurmusik, die über zehn Dachverbände dem Landesmusikverband angeschlossen sind, 300 Vereine in fünf Verbänden, die nicht dem Landesmusikverband angeschlossen sind, 630 Vereine und Gruppen, die dem Landesverband Amateurtheater angeschlossen sind, 320 Vereine im Landesverband der Heimat- und Trachtenverbände, 20 Vereine in einem weiteren Verband der Brauchtumspflege, 70 Bürgermilizen und Fahnenschwingergruppen sowie 1.350 Vereine der Fastnacht und des Karnevals, die in 26 Verbänden organisiert sind.
Die „Soforthilfe für die Vereine der Breitenkultur“ sei vom Wissenschaftsministerium 2020 und 2021 durchgeführt worden. Für eine schnelle Mittelweitergabe sei die Auszahlung der pauschalen Förderbeiträge über die Landes- und Regionalverbände der Breitenkultur organisiert worden. Dabei hätte sich auch der besonders gute Draht des Ministeriums zu den Akteuren im Land bemerkbar gemacht, habe die Ministerin laut Nese Erikli bemerkt. Die Höhe der Hilfe, die pro Verein zwei Mal gewährt worden sei, habe sich nach der Größe der einzelnen Vereine gerichtet und habe insgesamt zwischen 1.600 und 2.800 Euro gelegen.
Öffentliche Anhörung zu Ebenen und Deutungen des Begriffs "Krise"
Stuttgart. Die Enquetekommission „Krisenfeste Gesellschaft“ hat in ihrer ersten öffentlichen Sitzung am Freitag, 24. Juni 2022, elf Expertinnen und Experten aus verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen angehört. Ziel der Anhörung war es, ein Grundverständnis des Begriffs „Krise“ für die weitere Arbeit der Enquetekommission zu erarbeiten und zu definieren. „Die Vorträge der Expertinnen und Experten bieten eine gute Grundlage, um zu einem gemeinsamen Verständnis der verschiedenen Ebenen und Deutungen des Krisenbegriffs zu kommen“, erklärte der Vorsitzende der Enquetekommission, Alexander Salomon (Grüne).
Im nicht-öffentlichen Teil der Sitzung legte die Kommission nach Angaben des Vorsitzenden unter anderem ein Verfahren für die inhaltliche Vorbereitung der kommenden Sitzungen fest.
Zudem wurde laut Salomon für die nächste Sitzung am 27. Juli 2022 Ulrich Arndt, Persönlicher Referent der Staatsrätin für Zivilgesellschaft und Bürgerbeteiligung, Barbara Bosch, eingeladen. Ebenfalls eingeladen wurden für die nächste Sitzung in gut vier Wochen Repräsentantinnen und Repräsentanten des Bürgerforums Corona und des Forums Zivilgesellschaft.
Darüber hinaus legte das Gremium nach Angaben Salomons fest, dass es 2023 bis zu vier zusätzliche Sitzungstermine unter Vorbehalt geben wird. Damit soll die Arbeit des Gremiums im Jahr 2023 flexibel gestaltet werden.
Dringender Handlungsbedarf beim Krankheitsbild ME/CFS
Stuttgart. Schätzungsweise 30.000 bis 80.000 Menschen in Baden-Württemberg leiden am Krankheitsbild ME/CFS (Myalgische Enzephalomyelitis/Chronisches Fatigue-Syndrom). Bundesweit sind es mindestens 300.000 Menschen. Diese Zahlen nannten Expertinnen und Experten bei einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Soziales, Gesundheit und Integration am Montag, 20. Juni 2022. Der Ausschussvorsitzende Florian Wahl (SPD) erklärte, es bestehe dringender politischer Handlungsbedarf, da die Versorgungslage für die Betroffenen völlig unzureichend sei. „Schon allein der Weg bis zur Diagnose ist für viele jahrelang und verzweifelnd“, so Wahl.
Wie in der Anhörung deutlich wurde, liegt ein zentrales Problem darin, dass das Krankheitsbild oft nicht erkannt wird. Schwere Erschöpfung (Fatigue) und Belastungsintoleranz seien die Leitsymptome, hinzu kämen Schmerzen, Störungen der geistigen Leistungsfähigkeit sowie des Kreislaufsystems und anderes mehr. Viele Ärzte ordneten die komplexen Krankheitssymptome falsch ein und diagnostizierten psychische oder psychosomatische Erkrankungen, erklärte Prof. Carmen Scheibenbogen von der Charité Berlin. In der Folge erhielten Patientinnen und Patienten häufig eine falsche aktivierende Therapie, wodurch sich ihr Zustand drastisch verschlechtern könne. Für die Betroffenen gebe es kaum Anlaufstellen und keine adäquate medizinische Versorgung.
Nach Angaben von Prof. Uta Behrends von der TU München gilt als gesichert, dass überwiegend Virus-Infektionen das Krankheitsbild ME/CFS auslösen. Dabei spielten Fehl- und Überreaktionen des Immunsystems eine wichtige Rolle. Diese Zusammenhänge seien beispielsweise für das Epstein-Barr-Virus schon länger bekannt und würden vergleichbar auch für SARS-CoV-2 gelten. Es sei deshalb zu erwarten, dass sich die Fallzahlen für ME/CFS vor dem Hintergrund der Pandemie und der starken Zunahme der Zahl von Long- und Post-Covid-Betroffenen verdoppeln werden. Behrends betonte ebenso wie Prof. Jürgen Michael Steinacker von der Uni Ulm, dass es für Patientinnen und Patienten essentiell sei, körperliche und geistige Überlastung zu vermeiden, da dies zur Verschlechterung führen könne. Individuelle Belastungsgrenzen seien unbedingt zu definieren und einzuhalten.
Vertreterinnen und Vertreter von Selbsthilfegruppen schilderten, wie von ME/CFS betroffene Menschen durch das Raster der medizinischen Versorgung fallen, weil es vielen Ärztinnen und Ärzten an Wissen über das Krankheitsbild mangelt. Auch staatliche Stellen wie Schulämter seien damit nicht vertraut und drohten Familien, deren erkrankte Kinder nicht mehr zur Schule gehen können, als angeblichen Schulverweigerern mit dem Entzug des Sorgerechts. Weil Diagnosen falsch gestellt und falsche Diagnosen durch falsche Gutachten bestätigt werden, gebe es auch keine Unterstützung durch die Sozialversicherungsträger. „Patientinnen und Patienten werden ausgemustert und müssen ohne jede Versorgung vor sich hin vegetieren. Sie sind dann auf ihre oft überforderten Familien angewiesen“, sagte Gerhard Heiner von der Selbsthilfe ME/CFS Freiburg.
Die Experten aus Medizin und Selbsthilfe sprachen sich dafür aus, flächendeckende Versorgungsnetzwerke zu bilden, um betroffenen Menschen besser helfen zu können. Dies sei in der Vergangenheit bereits mit Blick auf die Multiple Sklerose gelungen. Zudem müssten Ärztinnen und Ärzte, aber auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Behörden umfassend über das Krankheitsbild aufgeklärt werden. Dringend erforderlich seien darüber hinaus große Anstrengungen in der Forschung, um ME/CFS wirksam bekämpfen zu können, beispielsweise durch neue Medikamente.
Vertreterinnen und Vertreter aller Fraktionen zeigten sich beeindruckt von der Anhörung und sicherten ebenso wie eine Vertreterin des Sozialministeriums ihre Unterstützung zu. Der Ausschussvorsitzende Florian Wahl erklärte, der Ausschuss habe die öffentliche Anhörung einstimmig beschlossen. Die zeige, wie ernst man das Krankheitsbild ME/CFS nehme. Er werde nun mit den Obleuten der Fraktionen darüber beraten, wie man auf Landesebene weiter vorgehen könne, um die Versorgungslage zu verbessern. In diesem Zusammenhang werde man auch konkrete Vorgaben für das von Krankenkassen und Kassenärzten selbst verwaltete Gesundheitswesen prüfen.
Ein Video der Anhörung ist in der Mediathek abrufbar.(externer Link)
Ständiger Ausschuss berät über Tätigkeitsbericht des Datenschutzbeauftragten
Stuttgart. Der Ständige Ausschuss des Landtags hat sich in seiner Sitzung am Donnerstag, 2. Juni 2022, mit dem Datenschutz-Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Baden-Württemberg, Dr. Stefan Brink, für das Jahr 2021 befasst. Wie der Vorsitzende des Gremiums, der CDU-Abgeordnete Guido Wolf, mitteilte, blieb die Zahl der Datenschutzbeschwerden mit 4.708 Fällen weiterhin sehr hoch. Die Zahl der Datenpannenmeldungen hat sich sogar deutlich erhöht. „Diese Zahlen zeigen, wie wichtig die Arbeit des Datenschutzbeauftragten für die Bürgerinnen und Bürger ist“, sagte Guido Wolf. Die Abgeordneten hätten fraktionsübergreifend ihren Dank an Dr. Brink und sein Team für die hervorragende Arbeit ausgesprochen.
Nach Angaben des Vorsitzenden erhielten die Datenschützer im Jahr 2021 3.136 Meldungen über Datenpannen. Dies seien 25 Prozent mehr Fälle als im Jahr zuvor und zugleich ein neuer Höchststand. Die Zahl der durchgeführten Kontrollen habe sich pandemiebedingt von 31 im Jahr 2020 auf 10 im Berichtszeitraum reduziert. Wolf zufolge hat Dr. Brink angekündigt, die Zahl der Kontrollen künftig wieder zu erhöhen. 129 Bußgeldverfahren seien eingeleitet und 14 Bescheide erlassen worden. Insgesamt seien im vergangenen Jahr Bußgelder in Höhe von 319.700 Euro festgesetzt worden. Dr. Brink habe allerdings mit Blick auf die gestiegene Zahl der Beschwerden darauf hingewiesen, dass dies nicht eine Verschlechterung der datenschutzrechtlichen Situation bedeute. Vielmehr gebe es, auch aufgrund der zunehmenden Digitalisierung, immer mehr Möglichkeiten für die Verarbeitung von Daten und damit auch mehr Anhaltspunkte, um zu fragen, was mit den Daten passiere.
Das Jahr 2021 war aus Sicht des Datenschutzbeauftragten weiter stark von der Corona-Pandemie geprägt. Bei den Corona-Verordnungen der Landesregierung habe der Datenschutzbeauftragte geholfen, die Verordnungen mit dem Datenschutzrecht zu vereinbaren. Dr. Brink habe die Regierung zudem bei weiteren datenschutzrechtlichen Fragen beraten, zum Beispiel bei der Debatte um die Einführung einer Impfpflicht und eines Impfregisters. Darüber hinaus habe sich der Datenschutzbeauftragte mit intensiven Eingriffen in die Selbstbestimmung der Menschen befasst. So seien ohne 3G- oder 2G-Nachweise Dienstleistungen verweigert worden und mit der Einführung von 3G am Arbeitsplatz sei ein gesellschaftliches Tabu gebrochen worden, denn Gesundheitsinformationen gingen den Arbeitgeber bislang nichts an. Zudem seien massenweise Gesundheitsdaten erhoben worden. Bei manchen Testzentren seien dabei beispielsweise sensible Daten teilweise tausendfach offen einsehbar gewesen.
Wie der Vorsitzende Guido Wolf weiter berichtete, habe der Datenschutzbeauftragte angekündigt, sobald die Pandemie überwunden sei, alle pandemiebedingten Grundrechtseingriffe auf den Prüfstand zu stellen. Außerdem werde er auf Unternehmen zugehen, die 3G-Nachweise gespeichert hätten, und auf deren Löschung dringen. Gesundheitsinformationen wie etwa zu Schwangerschaften oder Erkrankungen von Beschäftigten dürften künftig nicht dazu genutzt werden, um Arbeitsverträge zu beenden oder eine Beförderung zu verweigern. Auch werde er die Eingriffsbefugnisse des Staates, die mit der Pandemie-Bekämpfung begründet worden seien, auf den Prüfstand stellen.
Ein weiteres Thema, das den Datenschutzbeauftragten im vergangenen Jahr beschäftigt habe, sei die IT-Sicherheit gewesen. Die Zahl der Cyber-Attacken auf Behörden und Unternehmen sei weiter gestiegen. Diese sollten ihre Bemühungen für mehr IT-Sicherheit daher konsequent ausbauen. Außerdem habe sich Dr. Brink mit den Aktivitäten von öffentlichen Stellen in sozialen Netzwerken befasst, die seiner Ansicht nach in vielen Fällen rechtswidrig seien. Der Datenschutzbeauftragte habe in der Sitzung dargelegt, dass seine Behörde allerdings nicht mit Verboten arbeiten wolle, sondern auf das Aufzeigen von Alternativen setze, sagte der Vorsitzende Guido Wolf.
Umweltausschuss informiert sich über Wasserstoffwirtschaft und schwimmende Photovoltaikanlagen
Stuttgart. Der Ausschuss für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft hat sich in seiner Sitzung am Donnerstag, 2. Juni 2022, in verschiedenen Anträgen mit Möglichkeiten zur klimaneutralen Energiegewinnung, beispielsweise durch Wasserstoff oder Photovoltaikanlagen, befasst. „Bei der Energiegewinnung dürfen wir das Feld nicht anderen überlassen“, betonte der Ausschussvorsitzende Daniel Karrais (FDP/DVP), „gerade auch der Wasserstoff ist ein wichtiger Handlungszweig der Industrie- und Wirtschaftspolitik Baden-Württembergs.“
In einem Bericht über die aktuellen Vorhaben der Landesregierung bei der Wasserstoffwirtschaft erläuterte ein Vertreter des Umweltministeriums Karrais zufolge, dass der Ausbau der Wasserstoffwirtschaft weiter mit Hochdruck vorangetrieben und mehr grüner Wasserstoff bereitgestellt werden müsse, um als Wirtschaftsstandort konkurrenzfähig zu bleiben. Die konkreten Zielsetzungen und Maßnahmen des Umweltministeriums für den Aufbau der Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologien in Baden-Württemberg seien weiterhin in der 2020 erarbeiteten Wasserstoff-Roadmap einsehbar. Unter anderem stünden durch ein Förderprogram 26,4 Millionen Euro zur Verfügung, mit denen aktuell verschiedene Modellprojekte und Forschungseinrichtungen finanziert würden. Perspektivisch könnten rund 16.500 Arbeitsplätze in der Wasserstoffwirtschaft entstehen. Beim Aufbau einer Pipeline-Infrastruktur sei die Zusammenarbeit vor allem mit den europäischen Nachbarländern und die Diversifizierung der Importe von zentraler Bedeutung, fasste der Ausschussvorsitzende die Ausführungen zusammen.
Auf Antrag der CDU-Fraktion diskutierten die Gremiumsmitglieder über mögliche Auswirkungen des Angriffskriegs gegen die Ukraine auf die Treibhausgasemissionen Baden-Württembergs. „Vor dem Hintergrund der angestrebten Treibhausgasreduktion von 65 Prozent bis zum Jahr 2030 muss ein eventueller Ersatz von Erdgas durch andere Energieträger und deren Auswirkungen auf die Treibhausgasbilanz des Landes geprüft werden“, so der Ausschussvorsitzende. Nach Angaben von Karrais wurde im Ausschuss darauf hingewiesen, dass sowohl der Hochlauf von Kraftwerken als auch eine weitere Abhängigkeit von Russland und damit zusammenhängende ethische Problemstellungen kaum zu vermeiden seien. Im Jahr 2020 seien rund 2,36 Millionen Tonnen Erdgas nach Baden-Württemberg importiert worden. Davon stammten 69,5 Prozent aus der Russischen Föderation. Auch die Steinkohleimporte (3,49 Millionen Tonnen) stammten 2020 zu 65,8 Prozent aus Russland. „Die Zahlen zeigen: Die fossilen Brennstoffe sind zentraler Energieträger. Die Landesregierung bestätigt zudem, dass durch den Wegfall des letzten Kernkraftwerks in Neckarwestheim die Verstromung von Kohle ansteigen werde,“ erklärte der Vorsitzende.
Zudem befasste sich der Ausschuss auf Antrag der SPD-Fraktion mit den Rahmenbedingungen für die Errichtung und den Betrieb schwimmender Photovoltaikanlagen auf baden-württembergischen Gewässern. In Baden-Württemberg gebe es bislang eine schwimmende Photovoltaikanlage auf dem Baggersee Maiwald bei Achern mit einer Gesamtleistung von 750 Kilowatt, gab Karrais die Ausführungen von Ministeriumsseite wieder. Da mögliche wasserwirtschaftliche oder ökologische Auswirkungen bislang nicht geklärt seien, eigneten sich vorrangig stehende künstliche Gewässer wie Baggerseen für die Nutzung. Bei Gewässern wie dem Bodensee stünde dagegen die große Bedeutung für die Wasserversorgung, Fischerei, Tourismus und Naturschutz der Zulassung von Floating-PV-Anlagen entgegen. Laut Karrais wurde von Ministeriumsseite das große Potential schwimmender Photovoltaikanlagen hervorgehoben, in Baden-Württemberg seien in einer Studie 2000 Hektar möglicher Fläche identifiziert worden. Erst kürzlich sei im Bundesrat durchgesetzt worden, die Begrenzung auf 15 Prozent der Gewässerfläche zu streichen und den vorgegebenen Abstand zum Ufer von 50 auf 15 Meter abzusenken. „Es ist gut, dass die Landesregierung sich im Bundesrat für eine Ausweitung der Regeln im EEG stark gemacht hat,“ sagte Karrais. Die Ausschussmitglieder seien sich dem Ausschussvorsitzenden zufolge einig darüber gewesen, dass Floating-PV-Anlagen nicht der Kernbereich, aber eine wichtige Ergänzung in der klimaneutralen Energiegewinnung im Land darstellen und dementsprechend alle Potentiale erschlossen werden sollten.
Betroffene Menschen sind aufgerufen, sich beim Land zu melden
Stuttgart. Der Petitionsausschuss hat sich in seiner Sitzung am Donnerstag, 2. Juni 2022, mit einer Petition zur Einrichtung eines NS-Härtefonds in Baden-Württemberg für geraubte Kinder befasst. „Das ist ein sehr bedrückendes Thema, das bislang noch nicht gut aufgearbeitet wurde“, berichtete der Ausschussvorsitzende Thomas Marwein (Grüne). „Die persönliche Belastung Betroffener durch das begangene Nazi-Unrecht ist kaum fassbar“, legte er dar. „Im Ausschuss war man sich einig darüber, dass hier geholfen werden muss.“
Einer großen Anzahl an Kindern wurde großes Leid angetan. Sie wurden ab 1942 vor allem in den besetzten Gebieten im Osten Europas von den Nationalsozialisten entführt und auf eine oft unmenschliche Art und Weise im Wege der so genannten „Germanisierung“ linientreuen deutschen Familien zur Adoption angeboten und davor in Heimen untergebracht. Es sei bekannt, so Marwein, dass es ein Heim im Schwarzwald gegeben habe. Die genaue Zahl Betroffener konnte bislang nicht ermittelt werden. Viele, die noch im Säuglings- oder Babyalter entwendet wurden, haben von ihrer Herkunft erst Jahrzehnte später oder gar nie erfahren. „Der Petent ist Vorsitzender des Vereins ‚geraubte Kinder – vergessene Opfer‘. Er setzt sich mit seinem Verein dafür ein, einen Härtefonds für bisher nicht berücksichtigte Opfer der Zwangsarisierung einzurichten“, erläuterte Thomas Marwein. Diese und weitere NS-Opfer seien bislang weder von der Landesregierung in Baden-Württemberg noch von der Bundesregierung anerkannt und entschädigt worden. „Der Petent wünscht sich, dass die ehemals geraubten Kinder eine unbürokratische Entschädigung in Baden-Württemberg erhalten“, so der Vorsitzende.
Das Staatsministerium, so Marwein, teile in seiner Stellungnahme ausdrücklich die Auffassung des Petenten, dass an diese Schicksale in angemessener Weise erinnert werden müsse. Dem Antragsteller sei bereits erläutert worden, dass die Wiedergutmachung von NS-Unrecht – das in der Sache als solches nicht wiedergutzumachen sei – vorrangige Aufgabe des Bundes sei. Unabhängig von der Einrichtung eines dauerhaften Fonds oder Ähnlichem stünden im Landeshaushalt grundsätzlich Mittel für die Gewährung von Einmalzahlungen in Höhe von bis zu 50.000 Euro für übergesetzliche Wiedergutmachungsleistungen auch an nicht unter den Anwendungsbereich des Bundesentschädigungsgesetzes fallende Personen zur Verfügung.
„Wir haben einstimmig beschlossen, die Petition zur Erwägung an die Landesregierung zu überweisen“, so Vorsitzender Thomas Marwein. In der Sitzung sei die Möglichkeit erörtert worden, dass die Landeszentrale für politische Bildung (LpB), bei der auch die Erinnerungskultur und Gedenkstättenarbeit angesiedelt sind, als Schnittstelle fungieren könne. „Wir fordern Betroffene aus Baden-Württemberg und Menschen, die Betroffene kennen, gleichermaßen auf, sich beim Land oder bei der LpB zu melden“, führte Marwein aus. Man wisse nicht, wie viele Betroffene noch am Leben seien.
Dem zweiten Teil der Eingabe des Petenten, einen Erinnerungsort am landeseigenen Gebäude Bertoldstraße 43 in Freiburg zu schaffen, hat der Petitionsausschuss nicht abgeholfen. „Die Behörden vor Ort müssen untereinander klären, wo ein Ort des Gedenkens geschaffen werden kann“, so Marwein.
Untersuchungsausschuss „IdP & Beförderungspraxis hat sich konstituiert“
Stuttgart. Der Untersuchungsausschuss „Handeln des Innenministers und des Innenministeriums im Fall des Verdachts der sexuellen Belästigung gegen den
Inspekteur der Polizei Baden-Württemberg und Beurteilungs-, Beförderungs- und Stellenbesetzungsverfahren in der Polizei Baden-Württemberg (UsA IdP & Beförderungspraxis)“ hat am Donnerstag, 2. Juni, seine Tätigkeit aufgenommen. Die Ausschussvorsitzende Daniela Evers (Grüne) dankte den Mitgliedern des Gremiums, „dass Sie sich für diese wichtige Aufgabe zur Verfügung gestellt haben“. Sie hoffe, der Ausschuss werde den ihm vom Landtag erteilten Auftrag in einer konstruktiven Atmosphäre erfüllen.
Der Untersuchungsausschuss legte zum Auftakt die beiden nächsten Sitzungstermine fest. Demnach tritt das Gremium nach Angaben der Ausschussvorsitzenden am Mittwoch, 20. Juli, sowie am Freitag, 23. September, zusammen. In der Folge werde es voraussichtlich zunächst monatlich eine weitere Sitzung geben. Wie Evers erklärte, hat der Ausschuss zum Auftakt einstimmig vier von SPD und FDP/DVP eingebrachte Beweisanträge beschlossen.
Der Untersuchungsausschuss hat insgesamt 14 Mitglieder. Die Grünen stellen fünf, CDU vier, SPD und FDP/DVP je zwei Mitglieder. Die AfD verfügt über ein Mitglied. Daniela Evers leitet das Gremium, Dr. Boris Weirauch (SPD) ist ihr Stellvertreter.
Das sind die ordentlichen Mitglieder UsA „IdP und Beförderungspraxis“:
- Grüne: Daniela Evers, Petra Häffner, Thomas Hentschel, Oliver Hildenbrand, Swantje Sperling
- CDU: Christian Gehring, Dr. Reinhard Löffler, Christiane Staab, Willi Stächele
- SPD: Sascha Binder, Dr. Boris Weirauch
- FDP/DVP: Julia Goll, Nico Weinmann
- AfD: Hans-Jürgen Goßner
Hebammenversorgung im Fokus
Stuttgart. Der Ausschuss für Soziales, Gesundheit und Integration hat sich in seiner Sitzung am Mittwoch, 1. Juni 2022, mit der Situation der Hebammenversorgung in Baden-Württemberg befasst. Nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Florian Wahl (SPD) lobten Vertreter von Grünen und CDU die Anstrengungen des Sozialministeriums, regionalen Versorgungsengpässen entgegenzuwirken. Dagegen hätten sich Vertreter der Opposition skeptisch gezeigt und größere Anstrengungen vom Ministerium gefordert.
Die Versorgung von jungen Familien vor-, während und nach der Geburt thematisierte der Ausschuss auf Antrag der CDU-Fraktion. Sie hatte dazu einen umfangreichen Fragenkatalog an das Sozialministerium gerichtet. Unter anderem hatten die Christdemokraten wissen wollen, inwieweit Ergebnisse des Runden Tisches Geburtshilfe (2017 bis 2020) unter Leitung der damaligen Staatssekretärin Bärbl Mielich (Grüne) bereits umgesetzt wurden und welche Schritte folgen werden.
Aus der Antwort des Ministeriums geht hervor, dass die Landesregierung bei der Bekämpfung regionaler Versorgungsengpässe seit Herbst 2019 insbesondere auf lokale Gesundheitszentren mit Schwerpunkt auf geburtshilflicher Versorgung (LGZ) setzt. Landesweit neun solcher Zentren, in denen Fachkräfte aus unterschiedlichen Professionen und Fachgebieten eng zusammenarbeiten, würden inzwischen modellhaft erprobt und vom Land gefördert. Seit April 2022 laufe eine wissenschaftliche Bewertung der Arbeit der LGZ. Im April 2023 sollen die Ergebnisse vorliegen. Zudem werde vom Ministerium aktuell eine Erprobung und Förderung sogenannter Hebammenkreißsäle, in denen gesunde Frauen Kinder ohne ärztliche Hilfe zur Welt bringen können, vorbereitet. Nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Florian Wahl (SPD) lobten CDU und Grüne den LGZ-Ansatz als vielversprechend. Wenn die Evaluierung den Erfolg bestätige, könne es solche Zentren bald landesweit geben.
Das Ministerium verweist zudem auf ein ganzes Bündel von Maßnahmen, die in der Folge des Runden Tisches ergriffen worden seien, um die Hebammenversorgung zu verbessern und zukunftsfest zu machen. Dazu zählen Angebote der Fort- und Weiterbildung sowie zum Wiedereinstieg von Hebammen. In diesem Zusammenhang beabsichtige die Landesregierung, Angebote zur akademischen Nachqualifizierung von ausgebildeten Hebammen auszubauen.
Im Zuge der vom Bundesgesetzgeber eingeleiteten Akademisierung des Hebammenberufs läuft die schulische Hebammenausbildung mit dem Jahr 2027 aus. Laut Ministerium gibt es derzeit landesweit noch 423 Ausbildungsplätze. Diese würden sukzessive abgebaut. Demgegenüber gebe es aktuell 320 Studienanfängerplätze, davon 290 mit Bachelor- und 30 mit Masterabschluss. Die eingeleitete Akademisierung habe das Interesse an der Berufswahl Hebamme nicht verringert. Die bewerbungszahlen lägen weiterhin erheblich über den Ausbildungskapazitäten. So seien zum Wintersemester 2021/22 in Tübingen auf 60 BA-Plätze rund 500 Bewerberinnen gekommen.
Nach den Worten des Ausschussvorsitzenden Wahl kritisierte die SPD, die Angaben des Ministeriums könnten nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Landesregierung mit Blick auf die Versorgung von werdenden Müttern und Wöchnerinnen lediglich den Mangel verwalte. Landesweit komme es immer wieder zu Engpässen in der Betreuung. Frauen müssten teils lange nach einer Hebamme suchen. Mit Blick auf die Akademisierung des Hebammenberufs habe die SPD gefordert, die Zahl der Studienplätze zu erhöhen, so der Ausschussvorsitzende. Auch die FDP/DVP habe sich angesichts von 30 Master-Studienplätzen skeptisch gezeigt, ob dies ausreiche.
Nach Angaben des Ministeriums gab es im Jahr 2019 und 2020 acht von Hebammen geführte Geburtshäuser im Land, zwei weitere befänden sich im Aufbau. Dem stünden 76 Geburtsstationen an Krankenhäusern gegenüber. Die AfD äußerte nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Wahl die Vermutung, das zahlenmäßige Verhältnis zwischen Geburtshäusern und Geburtsstationen spreche dafür, dass hohe Haftpflichtprämien weiterhin problematisch seien für freiberuflich tätige Hebammen.
Sozialminister Manfred Lucha (Grüne) verneinte dies nach Angaben von Wahl. Seit die gesetzlichen Krankenkassen einen Sicherstellungszuschlag zahlten, stelle die Haftpflichtversicherung für Hebammen kein Problem mehr dar. Lucha habe zudem erklärt, der Hebammenberuf habe nichts an Attraktivität verloren. Dafür spreche auch die Tatsache, dass die Zahl der freiberuflich tätigen Hebammen im Land 2021 bei 1700 gelegen habe. 2016 seien es noch 300 gewesen. Die Akademisierung werde dazu beitragen, das Berufsbild weiter zu stärken. Baden-Württemberg habe dessen akademische Fundierung so weit vorangetrieben wie kein anderes Bundesland. Das gelte auch für Zahl der Studienplätze. Sein Dank gelte insofern auch Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) und dem Wissenschaftsausschuss.
Ausschuss berät über ersten Zeitplan für Neuaufstellung des Landesentwicklungsplans
Stuttgart. Der Ausschuss für Landesentwicklung und Wohnen hat sich in seiner Sitzung am Mittwoch, 1. Juni 2022, auf Antrag der CDU-Fraktion mit der Neuaufstellung des Landesentwicklungsplans (LEP) befasst. Wie die Vorsitzende des Gremiums, die CDU-Abgeordnete Christiane Staab, mitteilte, legte Ministerin Nicole Razavi (CDU) einen ersten Zeitplan für die Neuaufstellung des inzwischen 20 Jahre alten Landesentwicklungsplans vor. Angesichts der Komplexität und Größe des Projekts sei im Ausschuss von einer Marathon-Aufgabe gesprochen worden. „Wir stehen vor großen Zukunftsaufgaben“, sagte Staab.
Nach Angaben der Vorsitzenden strebe das Ministerium an, den Aufstellungsprozess in dieser Wahlperiode so weit wie möglich voranzubringen. Hierfür sei ein stufenweises Vorgehen notwendig. Das Jahr 2022 diene der umfassenden Grundlagenermittlung mithilfe der Durchführung einer auf das ganze Land bezogenen, mehrdimensionalen Raumanalyse und der Evaluierung des bislang geltenden Plans durch externe Gutachter. Diese Analyseverfahren seien als Grundlage für den neuen Plan und auch aus Gründen der Rechtssicherheit eine wichtige Voraussetzung für den Eintritt in das förmliche Aufstellungsverfahren. Ab 2023 könnten auf der so geschaffenen Datengrundlage die konzeptionellen Arbeiten aufgenommen und intensive Abstimmungs- und Mitwirkungsprozesse eingeleitet werden. Die Konzepterstellung solle transparent und auf Basis einer guten Kommunikation mit allen planungsrelevanten Akteuren erfolgen, um eine hohe Akzeptanz zu erreichen und eine qualitätsvolle Planung sicherstellen.
Derzeit wird laut Staab das Konzept zur Raumbeobachtung erstellt, welches aus vier Bausteinen bestehe. Neben der mehrdimensionalen Raumanalyse sei dies eine themenbezogene Analysereihe, die aktuelle Themen der planungsrelevanten Raumentwicklung aufgreife und künftig mehrmals im Jahr erstellt werden solle. Zudem beinhalte das Konzept eine Datensammlung und ein kontinuierliches Raummonitoring, das die wichtigsten Kennwerte und Kartendarstellung zur Landesentwicklung beinhalte. Vierter Baustein sei eine ergänzende Sammlung von Analysen und Informationen zur Landesentwicklung. Aufbauend auf den ersten Ergebnissen der mehrdimensionalen Raumanalyse werde die Evaluation des LEP 2002 zeitlich etwas nachversetzt durchgeführt. Ziel sei es, bereits Anfang 2023 erste fundierte Ergebnisse für beide Untersuchungsbereiche zu erhalten.
Der aus dem Jahr 2002 stammende Landesentwicklungsplan solle insbesondere angesichts zahlreicher gesellschaftlicher, wirtschaftlicher und technischer Veränderungen und Weiterentwicklungen überarbeitet und auf den neusten Stand gebracht werden. Vor allem die Themen Energie, Wohnen, Klimaschutz, Mobilität und Erreichbarkeit würden heute ganz anders betrachtet als in der Entstehungszeit des LEP. Hinzu kämen neue Herausforderungen wie die Sicherstellung der Versorgungssicherheit und der demografische Wandel, aber auch Chancen durch die wirtschaftliche Transformation und die Digitalisierung.
Mit dem LEP werde das Ziel verfolgt, im ganzen Land Lebenswelten zu schaffen, die den vielfältigen und sich weiter dynamisch entwickelnden Bedürfnissen von Wirtschaft und Gesellschaft gerecht werden. Der neue LEP solle somit die räumlichen Strukturen in Baden-Württemberg zeitgemäß weiterentwickeln und als Landkarte für den Südwesten von morgen Zukunftskonzept für mehr Innovation, Wettbewerbsfähigkeit und Mobilität sein, fasste die Vorsitzende die Antworten der Ministerin zusammen.
Nach Angaben Staabs dankten die Abgeordneten dem Ministerium für die ausführliche Beantwortung der Fragen. Bei der anschließenden Debatte in der Sitzung seien vor allem Fragen der Fraktionen SPD und FDP/DVP nach der Beteiligung von Akteuren und der Bevölkerung thematisiert worden. Das Ministerium habe versichert, dass alle Planungen im Laufe des Planerarbeitungsprozesses mit allen betroffenen Akteuren im Land, begleitet von Experten der Wissenschaft, erarbeitet würden. So solle der gesamte Planungsprozess offen und transparent gestaltet und die örtlichen Planungsträger Kommunen und Regionalverbände ebenso wie Interessensverbände, Kammern und die Bürgerinnen und Bürger durch geeignete Formate möglichst frühzeitig informiert und kontinuierlich in den Planungsprozess eingebunden werden. So sei beispielsweise vorgesehen, die Akteure durch Präsenztermine, Themenworkshops und Mitwirkungsplattformen im Internet einzubinden.
Weitere Themen in der Sitzung waren unter anderem die Planungen zur Einrichtung eines Strategiedialogs „Bezahlbares Wohnen und innovatives Bauen“, Wohnraumförderprogramme und altersgerechtes Wohnen.
Ausschuss für Europa und Internationales befasst sich mit Wirkungspotenzialen der Entwicklungspolitik des Landes
Stuttgart. Welchen Beitrag leisten die Schwerpunkte der baden-württembergischen Entwicklungspolitik zur Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele? Mit einem Antrag der Fraktion Grüne zu den Wirkungspotenzialen der Entwicklungspolitik des Landes in Baden-Württemberg und in Burundi hat sich der Ausschuss für Europa und Internationales in seiner Sitzung am Mittwoch, 1. Juni 2022, befasst. „Unser Ausschuss trägt das Wort ‚Internationales‘ im Namen. Deshalb ist es wichtig, dass wir uns mit der Entwicklungspolitik befassen“, betonte der Vorsitzende des Gremiums, Willi Stächele (CDU).
Es sei wichtig, so Stächele, dass in Sachen Entwicklungspolitik eine Bestandsaufnahme gemacht werde. „Es müssen auch neue Aktivitäten gestartet werden, nicht nur in Europa, sondern auch international“, gab Stächele die Auffassung im Ausschuss wieder. Grundlage der baden-württembergischen Entwicklungspolitik sind die entwicklungspolitischen Leitlinien und die Verpflichtung, die Ziele für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDGs) der UN-Agenda 2030 und das Pariser Klimaabkommen global umzusetzen. Laut Bericht des Staatsministeriums sind die entwicklungspolitischen Leitlinien im Dialogformat eines breiten politischen Beteiligungsprozesses entstanden. Drei Aspekte stehen im Fokus: eine moderne Strategie, die ein deutliches Bekenntnis zur Subsidiarität zugunsten des langfristigen Engagements vieler kleiner und mittlerer Akteure in Baden-Württemberg markiert, ein starkes entwicklungspolitisches Bündnis aus Kommunen und Kirchen, Wirtschaft und Zivilgesellschaft sowie Schulen und Hochschulen, überdies eine entwicklungspolitische Dynamik, die Baden-Württemberg zum nationalen und internationalen Vorreiter gemacht hat.
Entscheidend für den Erfolg waren die neue Rahmenbedingungen und neue Leitlinien. So wurde die politische Beteiligung in der Initiative „Welt: Bürger gefragt!“ verstetigt. Die Stiftung Entwicklungs-Zusammenarbeit wurde zum Service-Zentrum für alle Akteure im Land ausgebaut. Das Eine-Welt-Promotoren-Programm Baden-Württemberg wurde initiiert. Weitere Rahmenbedingungen sind das Förderprogramm „bwirkt!“ und die Netzwerke, in denen sich die entwicklungspolitischen Akteure selbst organisieren. Die Projekte seien im Ausschuss gelobt worden, berichtete Stächele. Allerdings, so der Vorsitzende, sei angemahnt worden, dass Baden-Württemberg auch seiner globalen Verantwortung gerecht werden müsse, besonders da sich der Fokus der Politik derzeit auf die Ukraine verschiebe. Lob habe es für die Clusterbildung gegeben.
Schwerpunkt der Entwicklungszusammenarbeit sind in dieser Wahlperiode die Gewährleistung und Optimierung der Förderung für die kleinen und mittleren Akteure. Gedacht ist hierbei an eine Drittmitteloffensive. Weitere neue Akzente liegen auf der Förderung von jungem Engagement, also junge Menschen als Triebfeder des Engagements, auf kommunalem Engagement und auf der Partnerschaft mit Burundi. Die politische Lage in Burundi habe sich gebessert, so dass das Land zum gemeinsamen Jahresschwerpunkt der entwicklungspolitischen Akteure im Jahr 2022 gemacht wurde, so Stächele. „Der Landtag hat im Haushalt 2022 dafür Mittel in Höhe von einer Million Euro zur Verfügung gestellt.“ Burundi ist seit mehr als 30 Jahren Partnerland von Baden-Württemberg, die Beziehungen lagen zuletzt auf Eis. Staatssekretär Rudi Hoogvliet habe nun aber von „politischem Tauwetter“ gesprochen, seitdem das Land seit Juni 2020 einen neuen Präsidenten habe, Évariste Ndayishimiye. Das Regime, so Hoogvliet, sei wieder liberaler und das erlaube Baden-Württemberg die Partnerschaft wieder hochzuziehen. Als nächster Schritt könnte zum institutionellen Austausch zurückgekehrt werden. Vorausgesetzt das Tauwetter setze sich fort, ist von Seiten der Landesregierung eine Delegationsreise im Frühjahr 2023 angedacht. „An persönlichen Kontakten nach Burundi, vielleicht sogar an parlamentarischen Kontakten, sind wir sehr interessiert“, vertrat Willi Stächele die Interessen des Ausschusses.
Untersuchungsausschuss IdP & Beförderungspraxis eingesetzt
Stuttgart. Der Landtag hat in seiner Sitzung am Mittwoch, 1. Juni 2022, einstimmig die Einsetzung des Untersuchungsausschusses „Handeln des Innenministers und des Innenministeriums im Fall des Verdachts der sexuellen Belästigung gegen den Inspekteur der Polizei Baden-Württemberg und Beurteilungs-, Beförderungs- und Stellenbesetzungsverfahren in der Polizei Baden-Württemberg (UsA IdP & Beförderungspraxis)“ beschlossen.
Das Plenum folgte damit dem Antrag der Fraktionen der SPD und der FDP/DVP auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses. Daniela Evers (Grüne) wurde zur Vorsitzenden gewählt, Boris Weirauch (SPD) zum stellvertretenden Vorsitzenden. Die Fraktion der Grünen ist im UsA IdP & Beförderungspraxis mit fünf Mitgliedern vertreten, die CDU mit vier Mitgliedern. SPD und FDP/DVP sind mit je zwei Mitgliedern vertreten, die AfD verfügt über ein Mitglied.
Wirtschaftsausschuss diskutiert Mitwirkungsrechte des Parlaments bei Landesbürgschaften
Stuttgart. Der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus hat in seiner Sitzung am 18. Mai 2022 ausführlich über eine mögliche Neustrukturierung der Landesbürgschaften und die zugehörigen Mitwirkungsrechte des Parlaments diskutiert. Weitere Themen waren unter anderem die geplante EU-Richtlinie zu Nachhaltigkeitspflichten von Unternehmen und die Nachnutzung des Expo-Pavillons des Landes.
Der Ausschussvorsitzende Dr. Erik Schweickert (FDP/DVP) erklärte, dass zum 30. Juni eine aktuelle aufgrund der Corona-Pandemie beschlossene Sonderregelung auslaufe. Nach dem jetzigen Sachstand wären daher ab dem 1. Juli Landesbürgschaften wieder ab einem Volumen von fünf Millionen Euro durch den Wirtschaftsausschuss zustimmungspflichtig und somit eine demokratische Kontrolle solcher strukturwirksamen Landesmaßnahmen sichergestellt. Die pandemiebedingte Erhöhung auf 20 Millionen Euro sei eine bewusst zeitlich befristete Maßnahme gewesen, die im einstimmigen Konsens zwischen Parlament und Regierung vereinbart wurde, um in Krisenzeiten eine größere Flexibilität zu ermöglichen. Wirtschaftsministerin Dr. Hoffmeister-Kraut habe nun einen Vorschlag zur Neuordnung des Bürgschaftssystems vorgestellt, wonach der Wirtschaftsausschuss regulär nur noch bei Bürgschaften ab 15 Millionen Euro beteiligt werden soll. Die Regierungsfraktionen der Grünen und der CDU signalisierten Unterstützung für den Vorschlag der Ministerin. Vertreter der drei Oppositionsfraktionen kritisierten diese neue deutlich erhöhte Grenze hingegen nachdrücklich. Eine Verdreifachung des Volumens bei dem die Landesregierung ohne Mitwirkung des Parlaments über Bürgschaftsvergaben entscheiden könne, sei nicht nachzuvollziehen. Hier bestehe noch Diskussionsbedarf.
Der Ausschussvorsitzende Dr. Schweickert zeigte sich selbst massiv enttäuscht vom Vorgehen des Wirtschaftsministeriums, welches offenbar nun den bisherigen konsensualen Weg verlassen wolle. Er habe bereits im Dezember 2021 einen Vorschlag gemacht, wie das Parlament mit seinem de facto Vetorecht auch in einem modifizierten Bürgschaftssystem angemessen beteiligt werden könne. Kurz vor der Ausschusssitzung habe er dies wiederholt und weitere Vorschläge zur Diskussion gestellt. Die Ministerin müsse auf diese Vorschläge nun reagieren und auch selbst Alternativen vorlegen, die die Parlamentsrechte wahren. „Es ist ein Unding, dass hier einfach ein Verfahren zur Abstimmung gestellt wird, welches Parlamentsrechte massiv beschneidet“ kritisiert Ausschussvorsitzender Dr. Schweickert die Landesregierung. Die parlamentarische Mitwirkung bei strukturwirksamen Landesbürgschaften sei wichtig und richtig. Er verstehe zwar den Wunsch des Ministeriums, dass bestehende System an sich ändernde wirtschaftliche Rahmenbedingungen anzupassen und zu flexibilisieren, dies dürfe aber nicht ohne ergebnisoffene Debatte geschehen. Man könne nicht erwarten, dass der Ausschuss ohne Erörterung und Etablierung alternativer Beteiligungsmöglichkeiten einfach die Abgabe von Parlamentsrechten absegnet. Daher appellierte Dr. Schweickert auch an alle Parlamentarier, die Zeit bis zur nächsten Ausschusssitzung Ende Juni für Diskussionen und Reflektionen zu nutzen, um dann eine fundierte Entscheidung treffen zu können. Er sicherte zu, in der nächsten Sitzung das Thema erneut aufzurufen. Im Ergebnis verzichtete die Fraktion der Grünen am Ende auch darauf, eine Entscheidung über das neue Bürgschaftssystem im Umlaufverfahren herbeizuführen. Diesen Wunsch hatte sie ursprünglich geäußert, sah angesichts des Verlaufs der Diskussion aber davon ab.
Des Weiteren befasste sich der Ausschuss mit dem aktuellen Vorschlag der EU-Kommission für eine Richtlinie über die Sorgfaltspflichten von Unternehmen im Hinblick auf Nachhaltigkeit – landläufig bekannt als EU-Lieferkettengesetz. Hierzu merkte die Fraktion der CDU an, dass die geplante EU-Richtlinie grundsätzlich zu begrüßen sei, sich eine Kombination dieser mit dem von der großen Koalition im Bund noch 2021 beschlossenen deutschen Lieferkettengesetz jedoch in Teilen als problematisch erweisen könnte.
Auf Antrag der FDP/DVP sprach der Ausschuss über die Landestourismuskonzeption. Dabei stellte ein Vertreter der antragstellenden Fraktion noch einmal heraus, dass diese gerade angesichts der herausfordernden letzten zwei Jahre für den Tourismus eine große Bedeutung besäße. Das Land spiele eine wichtige Rolle beim Wiederaufschwung des Tourismus nach der Pandemie, berichtet Dr. Schweickert aus der Diskussion.
Auf Antrag der SPD wurde außerdem über eine mögliche Nachnutzung des Expo-Pavillons des Landes diskutiert. Hierzu erklärte Ministerin Dr. Hoffmeister-Kraut, dass der Baden-Württemberg-Pavillon zu den wenigen gehöre, die überhaupt für eine Nachnutzung in Frage kämen. Ob es dazu komme, würden allerdings die Vereinigten Arabischen Emirate als Veranstalter der Expo Dubai entscheiden. Man warte aktuell noch auf Rückmeldung. Ein weiterer Antrag der SPD befasste sich schließlich mit Geflüchteten in Ausbildung. Hierzu betonten alle Fraktionen bis auf die AfD, dass eine erfolgreiche Ausbildung ein wichtiger Baustein für gelungene Integration sei, so Dr. Schweickert.
129 Stützbauwerke an Straßen im Land in ungenügendem Zustand
Stuttgart. Mit dem Zustand der landesweit 5330 Stützbauwerke an Landes- und Kreisstraßen hat sich der Verkehrsausschuss in seiner Sitzung am Donnerstag, 19. Mai 2022, befasst. Laut Verkehrsministerium befinden sich 129 dieser Bauwerke in ungenügendem Zustand. Dies bedeute aber nicht, dass in jedem Fall die Sicherheit akut gefährdet sei, sagte Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Rüdiger Klos (AfD) vor dem Gremium. Weitere Themen neben anderen waren Geschwindigkeitsmessungen im Straßenverkehr und die Werbekampagne des Landes für die Mobilitätsmarke „bwegt“.
Den Zustand der Stützbauwerke thematisierte der Verkehrsausschuss auf Antrag der FDP/DVP. Darin bezogen sich die Liberalen auf eine Berichterstattung des SWR, dem das Ministerium auf Anfrage zwar die Anzahl der Bauwerke in ungenügendem Zustand, nicht aber deren genauen Standort mitgeteilt hatte. Nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Klos äußerte die FDP/DVP in der Sitzung die Vermutung, das Ministerium habe dem SWR offenbar nicht zugetraut, komplexere Daten zu verstehen und richtig einzuordnen.
Verkehrsminister Hermann wies dies laut Klos zurück. Der Minister habe erklärt, aus einer ungenügenden Benotung von 3,5 bis 4,0 auf einer Skala von 1,0 bis 4,0 alleine sei der Handlungsbedarf für die Sanierung nicht abschließend abzuleiten. Um falsche Schlüsse durch den SWR zu vermeiden, habe man eine Liste, die eine Lokalisierung erlaubt hätte, nicht herausgegeben, habe der Minister erklärt. So verfahre die Straßenbauverwaltung bei vergleichbaren Presseanfragen grundsätzlich.
Nach den Worten des Ausschussvorsitzenden kündigte der Minister an, die Instandsetzung der Stützbauwerke zügig anzugehen. Dabei werde nach Erfordernis und Dringlichkeit priorisiert. Der Sanierungsbedarf sei mit rund 67,5 Millionen Euro zu beziffern. Er werde sich in diesem Zusammenhang dafür einsetzen, dass zusätzliche Haushaltsmittel bereitgestellt werden. Laut Klos stieß dies auf Zustimmung aller Fraktionen.
Wie Klos weiter berichtete, habe sich die FDP/DVP ausdrücklich dafür bedankt, dass das Verkehrsministerium dem Ausschuss in seiner Antwort eine Liste der 129 Bauwerke zur Verfügung stellte, die eine Lokalisierung erlaubt. Die Liberalen hätten demnach insbesondere auf den daraus ersichtlichen hohen Sanierungsdruck im Zuge der L 123 im Münstertal im Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald hingewiesen.
Auf Antrag der AfD befasste sich der Verkehrsausschuss zudem mit polizeilichen Geschwindigkeitsmessungen im Straßenverkehr. Dazu hatte die AfD einen Fragenkatalog vorgelegt, auf den das Innenministerium in seiner Zuständigkeit für die Polizei antwortete. Nach Angaben des Ausschussvorsitzenden zeigte sich die AfD unzufrieden mit den Antworten, insbesondere damit, dass die Anzahl der landesweiten polizeilichen Geschwindigkeitsmessungen sowie die Anzahl und die Kategorie der dabei gemessenen Fahrzeuge von der Polizei nicht erfasst werden.
Gezählt werden laut Innenministerium nicht die Messungen, sondern die bei den Messungen festgestellten Geschwindigkeitsverstöße. 2020 waren es 1,031 Millionen, 2021 1,497 Millionen Verstöße. Laut Klos äußerte die AfD den Verdacht, primäres Ziel der Messungen sei es, dem Staat Mehreinnahmen zu verschaffen. Dieses Ziel werde verschleiert, indem man auf die Zählung der Messungen verzichte. Nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Klos nannte Verkehrsminister Hermann diesen Vorwurf „aberwitzig“.
Ebenfalls auf Antrag der AfD thematisierte der Verkehrsausschuss die Werbekampagne des Landes für seine Mobilitätsmarke bwegt sowie deren Ziele und Kosten. Laut Klos bezifferte der Verkehrsminister diese in der Sitzung auf insgesamt rund 365.000 Euro für das erste Quartal 2022. Das Geld sei gut angelegt. So sei seit Ende 2019 die Bekanntheit der Marke bwegt von 29 auf 42 Prozent gestiegen. Die AfD habe dem Minister vorgehalten, es sei besser, das Geld direkt in den öffentlichen Personennahverkehr zu investieren.
Die übrigen Fraktionen stärkten dagegen nach Angaben des Ausschussvorsitzenden dem Minister den Rücken. Es sei richtig, das Ansehen des ÖPNV zu stärken. Dies gelinge mit der neuen Mobilitätsmarke bwegt.
Landesverwaltung verfehlt Beschäftigungsquote schwerbehinderter Menschen erneut
Stuttgart. Das Land Baden-Württemberg hat die Beschäftigungsquote schwerbehinderter Menschen in Höhe von fünf Prozent erneut verfehlt. Im Jahr 2020 lag die Quote in der Landesverwaltung bei 4,24 Prozent. Es ist daher nicht gelungen, die Verpflichtung zur Zahlung einer Ausgleichsabgabe zu verhindern. Das wurde in der Sitzung des Finanzausschusses am Donnerstag, 19. Mai 2022, deutlich, wie der Vorsitzende des Gremiums, der SPD-Abgeordnete Martin Rivoir, mitteilte.
Nach Angaben des Vorsitzenden hat das Land Baden-Württemberg als Arbeitgeber seit 2015 die Pflichtbeschäftigungsquote nicht mehr erreicht. Seitdem sei der Anteil schwerbehinderter Beschäftigter kontinuierlich gesunken. 2018 habe die Quote 4,54 Prozent betragen, im Jahr 2019 4,46 Prozent und 2020 4,24 Prozent. Sechs Bereiche der Landesverwaltung (2019: vier Bereiche) erfüllen die Pflichtbeschäftigung nicht, bei allen anderen Ressorts lag die Quote über fünf Prozent. Am besten schnitt das Ministerium für Soziales und Integration mit einer Beschäftigungsquote von 8,91 Prozent ab, am schlechtesten das Ministerium für Kultus, Jugend und Sport mit einer Quote von 3,4 Prozent. Weil die Quote nicht überall erfüllt wurde, musste im Jahr 2020 eine Ausgleichsabgabe in Höhe von rund 2,6 Millionen Euro an das Integrationsamt beim Kommunalverband für Jugend und Soziales entrichtet werden, berichtete der Ausschussvorsitzende.
Als einen der Gründe für die rückläufige Quote führen die Ministerien laut Martin Rivoir vor allem an, dass in den vergangenen Jahren sehr viele schwerbehinderte Menschen aus den geburtenstarken Jahrgängen in den Ruhestand gegangen seien. Zugleich sei der Anteil schwerbehinderter Menschen, insbesondere bei jüngeren Personen, unter den Bewerberinnen und Bewerbern für freie Stellen sehr gering. Aus diesen Gründen sei es nicht gelungen, den Anteil schwerbehinderter Menschen flächendeckend zu erhöhen, fasste Rivoir die Begründungen zusammen.
Wirtschaftsausschuss stimmt Finanzhilfen im Rahmen des Tourismusinfrastrukturprogramms 2022 in Höhe von rund 10,3 Millionen Euro zu
Stuttgart. Finanzhilfen des Landes in Höhe von insgesamt rund 10,3 Millionen Euro hat der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus in seiner Sitzung am Mittwoch, 18. Mai 2022, gewährt. Bezuschusst werden damit acht Projekte in den Städten und Gemeinden Bodman-Ludwigshafen (1.118.321 Euro), Bad Dürrheim (1.820.735 Euro), Nordrach (1.083.709 Euro), Bad Herrenalb (2.497.384 Euro), Walldürn (1.589.750 Euro), Schwetzingen (514.725 Euro), Rastatt (543.483 Euro) und Wangen (1.089.075 Euro). Die Mittel stammen aus dem Tourismusinfrastrukturprogramm 2022. Dies teilte der Vorsitzende des Gremiums, Dr. Erik Schweickert (FDP/DVP), mit.
Folgende konkrete Tourismusinfrastrukturprojekte sollen nach Angaben des Ausschussvorsitzenden durch das Programm gefördert werden:
Standort |
Projekt |
Förderung |
Gemeinde Bodman-Ludwigshafen |
Baumaßnahmen an der Marienschlucht |
1.118.321 Euro |
Stadt Bad Dürrheim |
Erweiterung und Attraktivierung in der Solemar-Therme |
1.820.735 Euro |
Gemeinde Nordrach |
Modernisierung des Terrassen-Schwimm- bads Nordrach |
1.083.709 Euro |
Stadt Bad Herrenalb |
Revitalisierung der Siebentäler-Therme |
2.497.384 Euro |
Stadt Walldürrn |
Errichtung einer neuen Tourist-Information |
1.589.750 Euro |
Stadt Schwetzingen |
Errichtung einer neuen Tourist-Information |
514.725 Euro |
Stadt Rastatt |
Neugestaltung der Uferpromenade bei Rastatt-Plittersdorf |
543.483 Euro |
Stadt Wangen i.A |
Neubau Aussichtsturm im Gebiet der Landesgartenschau 2024 |
1.089.075 Euro |
Die Gemeinde Bodman-Ludwigshafen plane laut Schweickert die Errichtung einer neuen Steganlage in der Marienschlucht und Maßnahmen zur Besucherlenkung am Mondfelsen. Nach einem Erdrutsch im Jahr 2015 seien die Marienschlucht in Allensbach/Bodman-Ludwigshafen und umliegende Wanderwege gesperrt worden und müssten nun wiederhergestellt werden. In einem ersten Bauabschnitt wurde bereits 2020/2021 die Steganlage mit Kiosk und eine Wegbeziehung nach Wallhausen über den Burghof wiederhergestellt. Auch hierfür wurde bereits ein Zuschuss durch den Landtag gewährt. Für den zweiten Bauabschnitt, durch welchen die Wegebeziehungen, nämlich der Weg durch die Marienschlucht und der ufernahe Weg entlang des Mondfelsens - einschließlich alternativer Wegführung – wieder hergerichtet werden sollen, sei nun ein weiterer Zuschuss von 1.118.321 Euro genehmigt worden. „Es ist wichtig, dass ein für unser Land so bedeutendes Naturdenkmal wie die Marienschlucht und die umliegenden Wanderwege, wieder uneingeschränkt für Touristen zugänglich sind und vor Ort stimmige Angebote geschaffen werden“, so Schweickert.
Im Kurort Bad Dürrheim soll das touristische „Herzstück“ der Stadt, die Solemar-Therme, erweitert und modernisiert werden. Im Rahmen des Vorhabens soll zum einen eine räumliche und qualitative Erweiterung der Ruhe- und Liegebereiche und zum anderen ein Neubau einer der Nachfrage entsprechenden und attraktiven Gastronomie erfolgen. Kontinuierliche Investitionen in touristische Attraktionen wie die Solemar-Therme seien notwendig und sinnvoll, um die zukunftsorientierte Entwicklung der Stadt zu sichern und den Tourismus vor Ort weiter zu stärken, so der Ausschussvorsitzende.
Die Gemeinde Nordrach plane eine Modernisierung des Terrassen-Freibads, welches durch seine verlängerten Öffnungszeiten (von April bis Oktober) ein Alleinstellungsmerkmal aufweise und somit einen wichtigen Baustein des touristischen Angebots vor Ort darstelle. Um den Weiterbetrieb des Schwimmbads zu ermöglichen, sind Maßnahmen sowohl im Bereich der Wasseraufbereitungstechnik als auch im Sinne einer zeitgemäßen und barrierefreien Gestaltung notwendig. „Durch eine maßvolle Reduzierung der Wasseroberfläche und eine optimierte technische Ausrüstung sollen Verbesserungen beim Wasserverbrauch und in den Bereichen Abwasser, Strom und Wärme erreicht werden. Die geplanten Maßnahmen unterstützen somit die nachhaltige Weiterentwicklung des Bades und gewährleisten einen effizienteren Betrieb“, erklärte Schweickert.
Bad Herrenalb plane die Siebentäler Therme sowohl durch verschiedene Angebote zu attraktivieren und revitalisieren sowie deren Gebäude zu sanieren. Hierfür wurde der Stadt Bad Herrenalb für den ersten Bauabschnitt, welcher die Sanierung der Gebäudehülle, die Trennung des Innen- und Außenbeckens sowie die Neugestaltung des Eingangsbereichs umfasst, ein Zuschuss von 2.497.384 Euro genehmigt. „Bad Herrenalb ist ein bedeutender Tourismusstandort für die Region Nordschwarzwald. Mit einem Besucheraufkommen von mehr als 100.000 Besuchern im Jahr spielt die Siebentäler Therme für diesen eine bedeutende Rolle und bietet ein wertvolles Zusatzangebot für Touristen“, betonte Schweickert.
In der Stadt Walldürn solle eine neue Tourist-Information errichtet werden, um sowohl Barrierefreiheit zu ermöglichen als auch die dringend benötigten öffentlichen Toiletten zu schaffen. Die neue Tourist-Information soll in einem Anbau an dem traditionellen Stadt- und Wallfahrtsmuseum in Walldürn untergebracht werden und durch neue Angebote und Dienstleistungen die Attraktivität des Standorts wesentlich verbessern. Für die Errichtung der neuen Tourist-Information, die insgesamt rund 2,5 Millionen Euro kosten soll, habe die Stadt einen Zuschuss von 1.589.749,99 Euro beantragt, welchen der Wirtschaftsausschuss genehmigt habe.
Nach Angaben des Ausschussvorsitzenden plane auch die Stadt Schwetzingen die Errichtung einer neuen Tourist-Information. Der Neubau soll den Gebäudekomplex im „Rothacker´schen Haus“ erweitern. Die Tourist-Information werde dabei zum Teil im Altbau und zum Teil im Anbau untergebracht werden. Als Teil eines kulturhistorischen Zentrums in der Innenstadt von Schwetzingen soll die Tourist-Information durch eine Bündelung weiterer Einrichtungen, wie beispielsweise des Museums, der Gastronomie und des Kulturbüros, den Gästen ein breit gefächertes Angebot bieten. Besonders auf die Barrierefreiheit werde bei den Umbaumaßnahmen Wert gelegt, so Schweickert. Die Förderung im Rahmen des TIP 2022 in Höhe von 514.725,41 Euro wurde vom Wirtschaftsausschuss genehmigt.
In Rastatt soll die Uferpromenade bei Rastatt-Plittersdorf neugestaltet werden, um diesen Bereich sowohl für Einheimische als auch Touristen attraktiver zu gestalten. Durch die Neugestaltung der Uferpromenade seien auch positive Effekte für die örtliche Gastronomie und Einzelhandelsgeschäfte zu erwarten. Außerdem stelle diese das „Naturerlebnis“ des Rheinufers in den Vordergrund und trage somit auch wesentlich zu einer nachhaltigen Entwicklung der Gegend bei. Das Projekt setze sich aus unterschiedlichen Maßnahmen zusammen und es wurde ein Zuschuss von 543.483 Euro genehmigt.
Die Stadt Wangen im Allgäu plane laut Schweickert den Neubau eines Aussichtsturms auf dem Gelände der Landesgartenschau 2024. Die Aussichtsplattform mit Glasabschluss werde sich auf einer Höhe von 30 Metern befinden, einen weiten Rundumblick bieten und sich durch seine Konstruktion aus natürlichen Materialien in die natürliche Umgebung einfügen. Der Turm werde während der Landesgartenschau als Ziel- und Orientierungspunkt dienen, aber auch danach eine zusätzliche touristische Attraktion für Wangen darstellen. „Der Tourismus ist für Wangen ein bedeutender Wirtschaftsfaktor. Die Stadt bietet mit seiner historischen Altstadt und seiner ausgeprägten Natur- und Kulturlandschaft einen großen Anreiz für Besucher. Um auch weiterhin touristisch attraktiv zu bleiben, ist es wichtig, sich stetig weiterzuentwickeln und in ‚Leuchtturmprojekte‘, wie den geplanten Aussichtsturm, zu investieren“, sagte Schweickert. Der Neubau des Aussichtsturms soll insgesamt rund 1,7 Millionen Euro kosten. Der beantragte Zuschuss in Höhe von 1.089.075 Euro wurde genehmigt.
Abschuss von Kormoranen zum Schutz bedrohter Fischarten
Stuttgart. Der Ausschuss für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz hat sich in seiner Sitzung am Mittwoch, 18. Mai 2022, auf Initiative der CDU unter anderem mit der Umsetzung der Kormoranverordnung und der Tötung des Kormorans durch Fischer und Teichwirte befasst. Das teilte der Vorsitzende des Gremiums, der Grünen-Abgeordnete Martin Hahn, mit.
Aussagen des Ministeriums zufolge würden sich die Wildfischbestände in den baden-württembergischen Gewässern überwiegend in keinem „gesunden“ Zustand befinden, so Hahn. Dies liege an der vielfältigen menschlichen Nutzung der Gewässer, dem Klimawandel sowie an Zuwanderung gebietsfremder Arten. Aber auch die stetig steigende Zahl an Kormoranen würde die vorbelasteten Fischbestände unter einen zusätzlichen Druck setzen. Dies würde nicht nur die natürlich vorkommende Tierwelt belasten, sondern zu erheblichen Schäden für die Fischereiwirtschaft führen.
Das Landwirtschaftsministerium habe Hahn zufolge in der Sitzung erklärt, dass eine Tötung bzw. letale Vergrämung der fischfressenden Kormorane die negative Beeinträchtigung der betroffenen Fischbestände lokal verringern könne. Daher wurde bereits am 20. Juli 2010 die so genannte Kormoranverordnung, kurz KorVO, erlassen. Die Verordnung sollte dazu beitragen, geschützte und bedrohte Fischarten zu schützen und einen gesunden Fischbestand zu erhalten. In der KorVO werde geregelt, unter welchen Umständen der Abschuss dieser Vogelart gestattet sei. Seit Erlass wurden im Durchschnitt der Jahre 2011 bis 2021 1.761 Kormorane erlegt.
Da sich die Bestände an Kormoranen in den letzten Jahren jedoch regional stark erhöht hätten, sei nun im Landwirtschaftsausschuss besprochen worden, inwiefern Ausnahmen vom Verbot der Tötung innerhalb von Schutzgebieten gemäß § 2 Absatz 2 der KorVO gemacht werden könnten, erklärte der Ausschussvorsitzende Hahn. Auf Grundlage des Bundesnaturschutzgesetzes sei es möglich, Ausnahmen zu beantragen. Solch einen Antrag könne jede Person bei der zuständigen Naturschutzbehörde stellen. Dabei müssten neben einer Prognose der Wirksamkeit der Maßnahme unter anderem die Kausalbeziehungen zwischen dem Kormoranvorkommen und den Bestandsentwicklungen der Fischarten nachgewiesen werden.
Da der Kormoran gemäß Bundesnaturschutzgesetz zu den geschützten Tierarten zähle, könne eine Tötung u.a. nur genehmigt werden, wenn sie dazu diene, erhebliche fischereiwirtschaftliche Schäden abzuwenden und die natürlich vorkommende Tierwelt zu schützen. Zudem dürfe es keine zumutbaren Alternativen geben und der Erhaltungszustand der Populationen nicht verschlechtert werden, berichtete Hahn.
Zum Abschuss berechtigt, seien nach § 3 Absatz 1 Nummer 2 der KorVO neben Personen mit einem gültigen Jagdschein zudem Betreiber von bewirtschafteten Anlagen der Teichwirtschaft, Fischhaltung und der Fischzucht. Diese müssten neben den waffenrechtlichen Voraussetzungen nachweisen, dass sie ausreichende Sachkunde über Waffenrecht und Waffentechnik sowie über den Kormoran und andere Wasservögel sowie des Tier- und Naturschutzrecht haben. Diese Sachkunde könne durch den erfolgreichen Besuch eines Lehrgangs mit Abschlussprüfung bei der Landesjagdschule oder einer anderen staatlich anerkannten Ausbildungsstätte erworben werden. Seit 2010 seien 45 Anträge zur Tötung von Kormoranen von dieser Personengruppe gestellt worden. Davon seien 44 Anträge genehmigt worden.
Im Ausschuss wurde zudem besprochen, ob die Tötung der Kormorane durch Fischer ein geeignetes Mittel sei, um diese nachhaltig von einer Anlage der Teichwirtschaft, Fischhaltung oder Fischzucht fernzuhalten. Dies sei gemäß Angaben des Ausschussvorsitzenden in der Sitzung vom Landwirtschaftsministerium bestätigt worden. Die Verordnung habe dazu beigetragen, dass sich seit Erlass die Zahl der Tötungen im Bereich der Teichwirtschaft und Fischzucht erhöht habe. So seien während der Vorgängerregelung im Durchschnitt der Jahre 1999 bis 2010 acht Kormorane erlegt worden. Ab Gültigkeit der aktuellen KorVO waren es im Schnitt der Jahre 2011 bis 2021 hingegen 55 Kormorane.
Andere Länder, wie Dänemark hätten laut Aussagen des Ministeriums bereits ein erfolgreiches Kormoran-Management und seien in der Lage gewesen den Bestand zu reduzieren, aber dennoch auf einem hohen Niveau zu halten, berichtete Hahn. Ähnliches werde hier ebenfalls benötigt. Daher gehe das Ministerium davon aus, zeitnah in ein ähnliches Management einzusteigen, dass international abgestimmt werde. Die KorVO werde jedoch auch weiterhin gelten, fasste Hahn zusammen.
„Model United Nations Baden-Württemberg“ simuliert Vereinte Nationen im Landtag
Stuttgart. Der Landtag von Baden-Württemberg wird bei dem politischen Planspiel „Model United Nations Baden-Württemberg“ (MUNBW) von Freitag, 13. Mai, bis Sonntag, 15. Mai 2022, zur Bühne der Weltpolitik. Für rund 200 Jugendliche und junge Erwachsene bis 21 Jahre fungieren das Haus des Landtags und das Bürger- und Medienzentrum am kommenden Wochenende als simuliertes UN-Hauptquartier.
Die Konferenz soll junge Menschen für die Arbeit und Idee der Vereinten Nationen begeistern und ihnen grundlegende Fertigkeiten zur Mitgestaltung demokratischer Gemeinschaften vermitteln. Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne), die Schirmherrin des Planspiels, begrüßt das Interesse der Jugendlichen an internationalen demokratischen Entscheidungsprozessen: „Nur was man erlebt, kann man verstehen. Nur was man kennt, kann man verteidigen und nur was man kritisiert, kann man verändern“, so Aras.
Das politische Planspiel MUNBW 2022 findet vom 12. bis 16. Mai 2022 in Stuttgart sowie online statt und simuliert eine Sitzungswoche der Vereinten Nationen. Die Teilnehmenden zwischen 15 und 21 Jahren schlüpfen in die Rolle von Diplomatinnen und Diplomaten eines UN-Mitgliedstaats. Dessen Interessen vertreten sie bei Debatten zu aktuellen weltpolitischen Themen in simulierten UN-Gremien wie dem Sicherheitsrat oder der Generalversammlung. Auch nichtstaatliche Akteure und Medienteams werden von den Schülerinnen und Schülern sowie und Studierenden besetzt. In diesem Jahr werden unter anderem die nachhaltige soziale und wirtschaftliche Entwicklung nach der COVID-19-Pandemie, die aktuelle Situation in Afghanistan und die Beschleunigung der Maßnahmen zur Umsetzung des Pariser Klimaabkommens diskutiert.
Die MUNBW werden seit 2002 jährlich vom gemeinnützigen Verein Deutsche Model United Nations e.V. ausgetragen und waren zuletzt 2018 im Landtag zu Gast. Regelmäßig nehmen mehrere hundert junge Menschen aus ganz Deutschland und dem Ausland daran teil. „Mit ihrem Interesse am Planspiel der Vereinten Nationen nehmen die Teilnehmenden die Probleme der Welt nicht als gegeben hin, sondern sie diskutieren und tragen aktiv zu ihrer Lösung bei“, betont die Landtagspräsidentin im Vorfeld der Konferenz. Und weiter: „Wir brauchen junge Menschen, die teilnehmen am demokratischen Prozess, die unsere Zukunft reflektiert, weltoffen und menschlich gestalten.“
Weitere Informationen zum Ablauf des Planspiels gibt es auf der Webseite von Model United Nations Baden-Württemberg: https://www.munbw.de/MUNdi/pages/ (externer Link)
Enquetekommission beschließt Anhörung von Sachverständigen
Stuttgart. Die Enquetekommission „Krisenfeste Gesellschaft“ hat ihr Programm für die nächste Sitzung am 24. Juni 2022 festgelegt. In einer Sondersitzung am heutigen Mittwoch, 11. Mai 2022, haben die Mitglieder des Gremiums eine öffentliche Anhörung für diesen Sitzungstermin beschlossen. „Mithilfe der Anhörung von Expertinnen und Experten soll ein Grundverständnis des Begriffs Krise für die weitere Arbeit der Enquetekommission definiert und erarbeitet werden“, sagte der Vorsitzende Alexander Salomon (Grüne). Die Sitzungen des Gremiums sollen grundsätzlich öffentlich stattfinden.
Die von den Fraktionen Grüne, CDU, SPD und FDP/DVP vorgeschlagenen Sachverständigen sind:
- Prof. Dr. h.c. Jutta Allmendinger, Präsidentin des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung (WZB) und Professorin für Bildungssoziologie und Arbeitsmarktforschung an der Humboldt-Universität zu Berlin
- Dr. Stefan Kroll, Leiter Wissenschaftskommunikation der Hessischen Stiftung Friedens- und Konfliktforschung (HSFK)
- Pia Lamberty, Universität Mainz, Forschungsschwerpunkt Verschwörungsglauben
- Univ.-Prof. Dipl.-Geogr. Dr. Thomas Glade, Universität Wien, Wissenschaftliche Leitung Risikoprävention und Katastrophenmanagement
- Prof. Dr. Ottmar Edenhofer, Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung
- Daniel Hörsch, Referatsleiter Sozialwissenschaft, midi – Zukunftswerkstatt von Kirche und Diakonie
- Oliver Rack, Koordinator OpenGovernment Netzwerk Deutschland, Dozent an der DHBW Mannheim im Studiengang New Public Management und E-Government – zum Thema „Modern governance“, Open Data, Open Government, Innovative öffentliche Verwaltung
- Anja Simon, Associate Director von infratest dimap
Für den Fall, dass ein oder zwei Sachverständige nicht an der Anhörung teilnehmen können, hat das Gremium vorsorglich zwei Ersatzexperten/innen festgelegt. Dies sind:
- Prof. Dr. Frank Bösch, Direktor des Leibniz-Zentrums für Zeithistorische Forschung (ZZF) und Professor für deutsche und europäische Geschichte des 20. Jahrhunderts, Universität Potsdam
- Prof. Dr. Uta Meier-Gräwe, Expertin der Studie „Demokratie in der Krise – Ein Weckruf zur Erneuerung im Angesicht der Pandemie“ der Körber-Stiftung
Darüber hinaus war sich nach Angaben des Vorsitzenden das Gremium einig, dass alle Sitzungen öffentlich stattfinden sollen. „Das ist wichtig, um einerseits die Arbeit des Gremiums bei diesem bedeutenden Thema in der Öffentlichkeit zu zeigen, und andererseits, damit interessierte Bürgerinnen und Bürger die Arbeit der Enquetekommission verfolgen können“, betonte Alexander Salomon.
Landtagspräsidentin Aras: EU-Institutionen haben die Verantwortung, sich transparent mit den Empfehlungen auseinanderzusetzen
Stuttgart/Straßburg. Am Montag, 9. Mai 2022, haben sich die Delegierten der Konferenz zur Zukunft Europas in Straßburg getroffen, um in Anwesenheit der Präsidentin des Europäischen Parlaments, Ruberta Metsola, Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron den Schlussbericht des Exekutivausschusses offiziell zu übergeben. „Die Zukunftskonferenz war ein mutiger, innovativer und partizipativer Prozess. Baden-Württemberg hat sich engagiert an diesem Prozess beteiligt, ebenso wie Kommunen und viele Menschen im Land“, so Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne).
Für Aras ist von zentraler Bedeutung, dass die Empfehlungen nicht in der Schublade verschwinden. „Die Verantwortung, sich ernsthaft und transparent damit auseinanderzusetzen, liegt jetzt bei den EU-Institutionen“, betonte sie. Für den Landtag hatte Aras ein Bürgerforum mit zufällig ausgewählten jungen Menschen aus ganz Baden-Württemberg initiiert. Bereits im Februar wurden die Ergebnisse vorgestellt und Aras zeigte sich beeindruckt von den guten und konkreten Ideen sowie den Diskussionen zu Themen wie die gemeinsamen Werte der EU oder den Klimawandel als Herausforderung. „Die Bürgerinnen und Bürger waren sehr debattierfreudig, engagiert, leidenschaftlich und auch hartnäckig in der Sache“, sagte Aras und für die Landtagspräsidentin steht fest: „Bürgerforen als Ergänzung zur repräsentativen Demokratie sollten verstetigt werden.“ Sie sei den Kolleginnen und Kollegen im Landtag dankbar für den Beschluss, grenzüberschreitende Bürgerdialoge zu europapolitischen Themen anlassbezogen fortzusetzen.
Die Europäische Union stehe vor großen Herausforderungen. Aras nannte die Zerstörung unserer natürlichen Lebensgrundlagen, die Vertiefung der sozialen und gesellschaftlichen Spaltung und nicht zuletzt den Krieg, mitten in Europa. „Umso wichtiger ist es, sich aktiv für eine starke, werteorientierte EU einzusetzen“, hob Präsidentin Aras hervor.
Der Präsident des Ausschusses der Regionen (AdR), Apostolos Tzitzikostas, übergab Metsola, von der Leyen und Macron außerdem ein von AdR-Delegierten unterzeichnetes Editorial, in dem er sich unter anderem für die Fortsetzung des Basisprozesses unter Einbindung der Kommunen ausspricht. Auch Muhterem Aras hat unterschrieben (siehe Anhang). „Die Institutionen müssen einen Weg finden, Bürgerforen als Ergänzung zur repräsentativen Demokratie zu verstetigen. Insofern brauchen wir ein Follow-up der Zukunftskonferenz“, sagte sie.
Die Konferenz ist die erste ihrer Art mit von Bürgerinnen und Bürgern getragenen Debatten, bei denen die Menschen aus ganz Europa ihre Ideen austauschen und so die gemeinsame Zukunft mitgestalten konnten. Möglich wurde das durch eine innovative mehrsprachige Online-Plattform sowie durch nationale und europäische Bürgerforen. Diese Beiträge flossen in die Plenarversammlungen der Konferenz ein. Die Konferenz bot ein neues öffentliches Forum für eine offene, inklusive und transparente Bürgerdebatte über zentrale Prioritäten und Herausforderungen.
Mehr als 53.000 Menschen haben sich auf der Online-Plattform registriert, 6.615 Veranstaltungen fanden statt, rund 19.000 Ideen wurden eingebracht. Nach sechsmonatiger intensiver Arbeit (September 2021 bis Februar 2022) haben die vier europäischen Bürgerforen ihre Empfehlungen für die Zukunft Europas abgegeben: 48 Empfehlungen zu den Themen „Eine stärkere Wirtschaft, soziale Gerechtigkeit und Beschäftigung/Bildung, Kultur, Jugend und Sport/Digitaler Wandel“, 39 Empfehlungen zu „Demokratie in Europa/Werte und Rechte, Rechtsstaatlichkeit und Sicherheit“, 51 Empfehlungen zu „Klimawandel und Umwelt/Gesundheit“ sowie 40 Empfehlungen zu „Die EU in der Welt/Migration“.
Das Europäische Parlament, der Rat und die Kommission prüfen nun innerhalb ihres jeweiligen Zuständigkeitsbereichs und im Einklang mit den Verträgen zeitnah, wie ein effektives weiteres Vorgehen im Anschluss an den Bericht zu gestalten sein wird und welche Maßnahmen sie auf den Weg bringen wollen.
„Nach dem starken Bekenntnis zu dem partizipativen Prozess und den getätigten Äußerungen von EU-Parlamentspräsidentin Metsola, Kommissionspräsidentin von der Leyen und Frankreichs Staatspräsident Macron bin ich zuversichtlich, dass die Argumente der Bürgerinnen und Bürger gehört werden und die EU weiterentwickelt wird“, sagte Aras abschließend.
Anlage: Editorial von Apostolos Tzitzikostas und Muhterem Aras, zur redaktionellen Verwendung frei.
Editorial von Apostolos Tzitzikostas und Muhterem Aras(externer Link)
Nutzen für Beschleunigung des Windkraftausbaus wird diskutiert
Stuttgart. In einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft am Donnerstag, 5. Mai 2022, hat das Gremium über einen Gesetzentwurf der Fraktionen Grüne und CDU beraten, wie der Ausschussvorsitzende Daniel Karrais (FDP/DVP) berichtete. „Es geht um eine erste Maßnahme aus der Task Force Windkraft der Landesregierung,“ sagte der Vorsitzende zu Beginn der Sitzung.
Bislang gab es bei der Errichtung, dem Betrieb oder bei Änderungen von Windkraftanlagen die Möglichkeit gegen Genehmigungen Widerspruch einzulegen – das so genannte Widerspruchsverfahren. Damit Planungen künftig beschleunigt und immissionsschutzrechtlich zu genehmigende Windkraftanlagen schneller ihren Betrieb aufnehmen können, solle die Widerspruchsmöglichkeit fallen. Bürgern stehe dann nur noch der direkte Klageweg vor dem Verwaltungsgericht offen, fasste Karrais zusammen.
Zweck der Abschaffung des Widerspruchsverfahrens bei Anlagen mit einer Gesamthöhe von mehr als 50 Metern im „Gesetz zur Ausführung der Verwaltungsgerichtsordnung“ sei es, die Ausbauziele für Windenergie im Land zu erreichen. Der Städtetag, vertreten durch Sebastian Ritter, begrüßte das Vorhaben stellvertretend für die Kommunalen Landesverbände, da es sinnvoll und praxisgerecht sei und das Verwaltungsverfahren entschlacke und beschleunige. Dem hingegen betonte Rechtsanwalt Dr. Winfried Porsch von der Kanzlei Dolde Mayen und Partner, dass eine Unterscheidung zwischen Verfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung und ohne Öffentlichkeitsbeteiligung gemacht werden müsse. Ansonsten provoziere man zusätzliche Klagen vor den Verwaltungsgerichten und schließe Bürger von dem Verfahren aus.
Das Ministerium gehe in ihrer Bewertung des Gesetzentwurfes von Mehrkosten in Höhe von 600.000 Euro pro Jahr für Verwaltungsgerichtskosten aus, wenn das Widerspruchsverfahren entfalle. Porsch verdeutlichte in seinen Ausführungen außerdem, dass der Hauptteil der langen Verfahrensdauern vor der Genehmigung stattfinde und das Widerspruchsverfahren nur einen geringen Einfluss auf die Gesamtlänge eines Planungsprozesses habe.
Die Seite der Investoren und Vorhabenträger, die durch den Windenergieverband vertreten war, wolle mehr Planungs- und Rechtssicherheit erhalten. Allerdings kritisierte der Referent des Verbandes Dr. Matthias Pavel, dass das Widerspruchsrecht auch für die Investoren entfalle. Dadurch nehme man den Ausbauenden die Möglichkeit gegen fragwürdige Verwaltungsentscheide vorzugehen. Insgesamt begrüßte Pavel das Vorhaben der Grünen und CDU jedoch.
Auch BUND, NABU und LNV seien mit dem Vorhaben einverstanden, weil das Widerspruchsverfahren im Bereich der Windkraftanlagen „nichts gebracht“ habe, wie Sylvia Pilarsky-Grosch vom BUND sagte. Durch die Abschaffung des Widerspruchsverfahrens könne man Signale für eine Aufbruchsstimmung im Bereich Klimaschutz setzen.
Der Gesetzentwurf wurde trotz Gegenstimmen der FDP/DVP sowie AfD in der anschließenden nicht öffentlichen Sitzung mehrheitlich angenommen und wird am 11. Mai 2022 im Plenum besprochen. Mit einem einstimmig im Gremium beschlossen Änderungsantrag der Grünen und CDU solle zudem eine Übergangsregel für bereits laufende Verfahren geschaffen werden.
Große Ausbaupotenziale bei Solarthermie und Umweltwärme
Stuttgart. Der Ausschuss für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft hat in seiner Sitzung am Donnerstag, 5. Mai 2022, Anträge der CDU sowie FDP/DVP zu Alternativen für eine zukunftsfähige, klimaschonende und bezahlbare Wärmeversorgung diskutiert, erklärte der Vorsitzende Daniel Karrais (FDP/DVP).
Im Jahr 2020 stammten rund 16 Prozent des Endenergieverbrauchs zur Wärmeversorgung aus erneuerbaren Energien, berichtete Karrais. Davon machte Biomasse, insbesondere Holz, mit 82 Prozent den größten Anteil aus. Weitere acht Prozent würden jeweils auf Solarthermie und Umweltwärme mithilfe von Wärmepumpen oder tiefer Geothermie entfallen. Gerade in diesen Bereichen gebe es daher aus Sicht der Regierung noch große Ausbaupotenziale. Diese nahezu unerschöpflichen Wärmequellen sollen folglich in Zukunft verstärkt und priorisiert zum Einsatz kommen. Zu beachten seien dabei, unter anderem beim Einsatz von Luft-Wasser-Wärmepumpen, die wetterbedingten Unterscheide in der Wärmeproduktion und die ggf. erforderlichen energetischen Sanierungen.
Rund zwei Drittel der im Jahr 2020 errichteten Neubauten seien mit erneuerbaren Energien beheizt worden, so der Ausschussvorsitzende. Weiter müssten gemäß Erneuerbare-Wärme-Gesetz (EWärmeG) beim Heizungstausch mindestens 15 Prozent der Energie aus erneuerbarer Wärme stammen. Daher gehe die Landesregierung davon aus, dass der Anteil an erneuerbaren Energien künftig weiter steigen werde.
Zudem bestünde nach Einschätzung der Landesregierung aus technischer Sicht wenig Hemmnisse für die Umrüstung der Heizung auf erneuerbare Energieträger. Um Hauseigentümer bei der Umstellung einer Heizung auf erneuerbare Energien finanziell zu unterstützen, gebe es zusätzlich Sanierungsförderungen durch die L-Bank in Kombination mit Bundesmitteln. Ein Hemmnis sei aus Sicht der Regierung hingegen der derzeitige Fachkräftemangel an Handwerkern und Energieberatern sowie die vorhandene Planungsunsicherheit beim Ausbau einer Nahwärmeversorgung.
Auf Antrag der CDU wurde über das Potenzial von Biomasse gesprochen. Der erneuerbare Energieträger Holz leiste der Landesregierung zufolge einen positiven Beitrag zur nachhaltigen Energieerzeugung und zur möglichst unabhängigen Rohstoff- und Energieversorgung, so Karrais. Zudem sei Biomasse klimaneutral, wenn sie aus pflanzlichen Reststoffen oder aus nachhaltiger Landwirtschaft stamme und nicht mehr verbraucht werde, als nachwachse. Regional sei diese Biomasse jedoch nur begrenzt verfügbar und solle daher, Aussagen der Regierung zufolge, sorgsam eingesetzt und mit anderen erneuerbaren Energien kombiniert werden. So könne sie vorwiegend in Bereichen zum Einsatz kommen, in denen andere erneuerbare Energien nicht oder nur schwer verfügbar seien.
Ein weiterer Fokus der Debatte sei auf die Energieversorgung durch Gas gesetzt worden, erklärte Karrais. Mit rund 50 Prozent habe der Wärmemarkt den größten Anteil am Endenergieverbrauch. Rund 43 Prozent der beheizten Wohnungen würden dabei überwiegend mit Erdgas beheizt. Um im Jahr 2040 klimaneutral zu sein, müsse auch die Nutzung von Erdgas bis dahin beendet werden, habe die Regierung in der Sitzung berichtet.
Bei einer möglichen Umstellung auf erneuerbares Flüssiggas gebe es durch die recht hohe Treibhausbilanz vor allem im Vergleich zu anderen Energieformen nur ein mäßiges Treibhausgasminderungspotenzial gegenüber fossilen Brennstoffen wie Erdgas, erklärte das Ministerium nach Angaben von Karrais in der Ausschusssitzung. Derzeit werde jedoch geprüft, ob biogenes Flüssiggas in Zukunft eine Erfüllungsoption werden könne. Aufgrund erforderlicher Rahmenbedingungen, wie z.B. ausreichend Platz zur Lagerung des Flüssiggases und notwendige Anpassungen an den Heizanlagen, schätze das Ministerium das kurz- und mittelfristige Potenzial zur Unterstützung der Unabhängigkeit von russischen Erdgasimporten, bei einem Umstieg von Erdgas- auf Flüssiggas für sehr begrenzt ein. Auf die Neuinstallation von Gasheizungen solle zudem bereits heute wo immer möglich verzichtet werden.
Die Ausschussmitglieder waren sich nach Angaben des Vorsitzenden in der Sitzung einig, dass Sanierungen und gute gebäudeindividuelle Beratungsangebote wesentliche Bausteine bei der notwendigen Reduzierung des Energiebedarfs seien. Auf Grund steigender Energiepreise sei der Beratungsbedarf seit letztem Herbst massiv angestiegen, wie die Regierung gemäß Karrais berichtete.
Präsidentin Aras: Die Vielfalt macht das Land Baden-Württemberg so erfolgreich
Stuttgart/Karlsruhe. Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) hat bei einem Austausch mit Vertretern der Landesvereinigung Baden in Europa e.V. Vielfalt, Weltoffenheit und wirtschaftliche Stärke als wichtige Bestandteile der baden-württembergischen Identität bezeichnet. Menschen aus allen Teilen des Landes mit unterschiedlichsten Wurzeln und Prägungen leisteten dazu einen wertvollen Beitrag, hob Aras bei dem in versöhnlicher Atmosphäre verlaufenen Treffen am Donnerstag, 5. Mai, im Karlsruher Rathaus hervor. Den Austausch hatten die Landtagspräsidentin und der Vorsitzende der Landesvereinigung, Peter Koehler, nach den jüngsten Irritationen um eine Tagung im Vorfeld der Veranstaltung im Landtag zum Landesjubiläum verabredet.
Landtagspräsidentin Aras sagte, der Austausch mit Vertretern der Landesvereinigung Baden in Europa sei angenehm offen und ehrlich verlaufen. So habe man Irritationen ausräumen können. Zu Beginn des Treffens hatte Karlsruhes Oberbürgermeister Frank Mentrup (SPD) die Landtagspräsidentin und die Vertreter der Landesvereinigung Baden in Europa mit dem Vorsitzenden Peter Koehler an der Spitze im Rathaus begrüßt. Die Präsidentin erklärte, das Bindestrichland Baden-Württemberg schreibe seit der Gründung vor 70 Jahren eine bemerkenswerte Erfolgsgeschichte, aller Gründungsskepsis zum Trotz. Der größte Standortvorteil des Landes sei die Vielfalt an ausgeprägten regionalen Identitäten. Nicht zuletzt der Wettbewerb zwischen den beiden Landesteilen Baden und Württemberg mache den Südweststaat zu einem starken Bundesland.
Aras dankte in diesem Zusammenhang der Landesvereinigung Baden in Europa und ihrem Ehrenvorsitzenden Professor Robert Mürb für seine Arbeit, die Identität stifte. Zugleich machte Aras deutlich, dass sie nicht alle Positionen des Vereins teilen könne. So sei es bedauerlich, dass der Verein die Gründungserklärung des Landes von 1952 für „illegal“ halte.
Dem Austausch vorausgegangen war am Abend zuvor die große Jubiläumsveranstaltung im Landtag aus Anlass der Gründung Baden-Württembergs vor 70 Jahren. Dazu hatte Landtagspräsidentin Aras neben Bürgerinnen und Bürgern aus ganz Baden-Württemberg auch den Vorsitzenden Peter Koehler und weitere Vertreter der Landesvereinigung Baden in Europa als Gäste begrüßen können. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer einer Podiumsdiskussion im Rahmen der Jubiläumsveranstaltung vertraten ebenfalls alle Landesteile.
Im Vorfeld der großen Jubiläumsveranstaltung hatte eine regionale Tagung im Hospitalhof in Stuttgart unter Federführung der Landeszentrale für politische Bildung (LpB) für Irritationen gesorgt. Die Tagung in Kooperation mit dem Landtag und weiteren Partnern knüpfte an eine Veranstaltung im Oktober 2020 zum Thema Heimat an und stand nur in mittelbarem Bezug zum Landesjubiläum. Im Vordergrund standen der Blick von Menschen mit Migrationshintergrund auf ihre Heimat Baden-Württemberg und ihr wertvoller Beitrag zum Erfolg des Landes. Die Landesvereinigung Baden in Europa hatte kritisiert, badische Einrichtungen seien dazu als Kooperationspartner nicht eingeladen worden.
Landtagspräsidentin Muhterem Aras bedauerte im Gespräch mit dem Vorsitzenden Peter Koehler und weiteren Vertretern der Landesvereinigung Baden in Europa, zwischen der lokalen Tagung mit mittelbarem Bezug zum Jubiläum und der großen Jubiläumsveranstaltung im Landtag am 4. Mai nicht ausreichend differenziert zu haben. Umso mehr habe sie sich gefreut, dass neben vielen weiteren Gästen aus dem badischen Landesteil auch Vertreter der Landesvereinigung Baden in Europa ihrer Einladung in den Landtag gefolgt seien.
Präsidentin Aras erklärte, der Landtag sei bisher schon mit verschiedenen Veranstaltungsformaten im ganzen Land präsent. Im badischen Landesteil werde es voraussichtlich im Oktober eine Veranstaltung im Rahmen der erfolgreichen Landtagsreihe WERTSACHEN geben. Im November lade der Landtag gemeinsam mit der Stadt Karlsruhe zu einer Feier zur Einweihung des Ständehauses ein. Sie freue sich darauf, bei diesen und anderen Gelegenheiten den Austausch auch mit der Landesvereinigung Baden in Europa fortzusetzen.
Ausschuss blickt mit Begeisterung auf Internationale Bauausstellung 2027
Stuttgart. Der Ausschuss für Landesentwicklung und Wohnen hat sich in seiner Sitzung am Mittwoch, 4. Mai 2022, mit der Nutzung von Flächen sowie der Internationalen Bauausstellung (IBA) 2027 befasst. Wie die Vorsitzende des Gremiums, die CDU-Abgeordnete Christiane Staab, mitteilte, beriet der Ausschuss auf Antrag der FDP/DVP-Fraktion zunächst über das Programm „Flächen gewinnen durch Innenentwicklung“.
Mit dem Programm werden nicht-investive Maßnahmen der Innenentwicklung gefördert, zum Beispiel innovative Konzepte der Innenentwicklung oder der Einsatz kommunaler Flächenmanagerinnen und -manager. Das Programm richtet sich an alle Städte, Kommunen, Gemeindeverwaltungsverbände, Landkreise und Zweckverbände in Baden-Württemberg. Das Programm wird überwiegend von Städten und Gemeinden in Anspruch genommen. Ministerin Nicole Razavi (CDU) habe darauf hingewiesen, dass mit dem Programm die Flächennutzung gefördert werde und nicht der Wohnungsbau. Dafür gebe es eine ganze Reihe anderer Förderprogramme.
Seit Beginn des Programms im Jahre 2009 seien rund 400 Projekte mit einem Fördervolumen von über zehn Millionen Euro unterstützt worden. Erhalten hätten die Fördergelder 276 Kommunen, fünf Landkreise, zwei Gemeindeverwaltungsverbände und ein Regionalverband. Schwerpunkte seien unter anderem Gewerbeflächenmanagement, Mobilisierung innerörtlicher Flächen für bezahlbaren Wohnraum, Aufwertung und Qualifizierung von Gewerbegebieten sowie Aktivierung von Leerständen und Wiedernutzung von Brachen in Folge der Corona-Pandemie, sagte Staab.
Evaluationen hätten nach Auskunft des Ministeriums für Landesentwicklung und Wohnen gezeigt, dass die durch das Programm geförderten Projekte langfristige Prozesse zur Innenentwicklung anstoßen und damit als Weichenstellung für die weitere nachhaltige Stadt- bzw. Ortsentwicklung dienen. Zudem sei aufgezeigt worden, dass für die erfolgreiche Umsetzung der geförderten Konzepte ein dauerhaftes kommunales Flächenmanagement sinnvoll sei. Die FDP/DVP-Fraktion dagegen habe das Programm als nicht erfolgreich bewertet, da mit 276 Kommunen gerade einmal rund 20 Prozent aller Kommunen in Baden-Württemberg beteiligt seien.
Ein weiterer Punkt auf der Tagesordnung, der von der AfD-Fraktion beantragt wurde, waren Erwartungen an die Internationale Bauausstellung, die im Jahr 2027 in Stuttgart und der Region stattfindet. Nach Angaben Staabs äußerten die Abgeordneten in der Sitzung große Begeisterung für die Ausstellung, die zahlreiche soziale, kulturelle, ökonomische und ökologische Innovationen hervorbringt. Viele dieser Leuchtturmprojekte im Bereich der Stadtplanung und des Städtebaus dienten später als Vorbild für andere Regionen. Darüber hinaus entstünden auch soziale und künstlerische Projekte, die nicht nur für den Wohnungsbau, sondern auch für die Integration und das soziale Miteinander von großer Bedeutung seien, berichtete Christiane Staab.
Versorgung von pflegebedürftigen und psychisch kranken Menschen wirft Fragen auf
Stuttgart. Der Ausschuss für Soziales, Gesundheit und Integration hat sich in seiner Sitzung am Mittwoch, 4. Mai 2022, mit der Versorgung von pflegebedürftigen Menschen mit psychischen Erkrankungen beschäftigt. Vertreter aller Fraktionen betonten nach den Worten des Ausschussvorsitzenden Florian Wahl (SPD) die Dringlichkeit des Themas. Sie verwiesen dabei auch auf die demografische Entwicklung, die eine stark steigende Anzahl pflegebedürftiger Menschen erwarten lasse.
Der Ausschuss befasste sich auf Antrag der CDU mit der Situation von psychisch mittelschwer bis schwer beeinträchtigten Menschen, die auf pflegerische Hilfe angewiesen sind. Sie hatte dazu einen umfangreichen Fragenkatalog an das Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration gerichtet und sich darin auch nach konkreten Zahlen erkundigt, um aktuelle und künftige Bedarfe für eine angemessene Versorgung dieser Menschen einschätzen zu können.
Aus den Antworten des Ministeriums geht hervor, dass der betroffene Personenkreis nicht zu beziffern sei. Es lägen auch keine Angaben dazu vor, in wie vielen stationären Altenpflegeeinrichtungen Patientinnen und Patienten betreut werden, die eigentlich in einer psychiatrischen Einrichtung behandelt werden müssten. Nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Wahl kritisierten FDP/DVP und AfD, dass das Ministerium keine konkreten Zahlen habe liefern können. Das Ministerium habe auch keine überzeugenden Antworten auf die Frage gegeben, wie es auf künftig zu erwartende steigende Bedarfe etwa an Pflegeplätzen und -personal zu reagieren gedenke.
Das Ministerium unterscheidet grundsätzlich zwischen Personen, die gerontopsychiatrische Erkrankungen des Alters wie Demenz oder Altersdepressionen aufweisen, und Personen, die vor dem 65. Lebensjahr chronisch psychisch erkrankten. Menschen mit gerontopsychiatrischen Erkrankungen würden in Pflegeheimen versorgt, die teils entsprechend spezialisiert seien. Menschen mit anderen psychischen Erkrankungen wie Schizophrenien und Suchterkrankungen würden unabhängig von ihrem Alter teils in dafür spezialisierten Pflegeeinrichtungen, teils in normalen Pflegeheimen und in besonderen Wohnformen der Eingliederungshilfe betreut.
In diesen besonderen Wohnformen seien über alle Altersgruppen hinweg 24 Prozent der Bewohnerinnen und Bewohner chronisch psychisch erkrankt, so das Ministerium. Nach Einschätzung des Landesplans der Hilfen für psychisch kranke Menschen (Landespsychiatrieplan) sei grundsätzlich davon auszugehen, dass mehr als 50 Prozent der in Pflegeeinrichtungen lebenden Menschen psychisch erkrankt sind. Das Ministerium gibt in diesem Zusammenhang die Auffassung der Verbände der Leistungserbringer wieder, wonach die Anzahl der gegenwärtig vorhandenen Betreuungsplätze für Menschen, die aufgrund starker psychischer Erkrankungen oder auch starker demenzieller Veränderungen einen besonderen Betreuungsbedarf haben, zukünftig nicht ausreichen könnte.
Sozialminister Manfred Lucha (Grüne) erklärte nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Wahl, es mache mit Blick auf aktuelle oder zukünftige Bedarfe keinen Sinn, Einrichtungen oder Typen von Einrichtungen zu zählen. Er setze auf eine sektorenübergreifende Vernetzung von Hilfsangeboten, um die betroffenen Patientinnen und Patienten therapeutisch gut und richtig versorgen zu können. Anzustreben seien Lösungen, die eine am persönlichen Bedarf ausgerichtete koordinierte Versorgung im Einzelfall ermöglichen. Ambulante Angebote müssten dabei prinzipiell Vorrang vor stationären Maßnahmen haben. Einzelheiten seien dem Landespsychiatrieplan zu entnehmen.
Wie der Ausschussvorsitzende berichtete, wies die CDU darauf hin, dass gerade in der sektorenübergreifenden Versorgung die Zuordnung zu den jeweiligen Kostenträgern Probleme bereite. Wenn Sozialämter und Pflegekassen stritten, gehe das zu Lasten der Betroffenen.
Europaausschuss im Gespräch mit Botschafterin Descôtes über französische EU-Ratspräsidentschaft
Stuttgart. „Aufschwung, Stärke, Zugehörigkeit“ – So lautet das Motto der französischen EU-Ratspräsidentschaft, die noch bis 30. Juni 2022 andauert. In der Sitzung des Ausschusses für Europa und Internationales am Mittwoch, 4. Mai 2022, hat die Botschafterin der Französischen Republik, Anne-Marie Descôtes, das Programm näher erläutert. Das hat der Vorsitzende des Gremiums, Willi Stächele (CDU), mitgeteilt. „Es tut uns gut, in diesen schwierigen Zeiten europäische Einigkeit zu zeigen“, betonte Stächele. „Es ist wichtig, dass wir gemeinsam Eintreten für Demokratie und Freiheit.“
Das französische Präsidentschaftsprogramm nennt drei Ziele: Ein souveränes Europa, ein neues europäisches Wachstumsmodell und ein menschliches Europa. Das Programm stellt die Stärkung der strategischen Autonomie der EU in den Mittelpunkt ihrer Aktivitäten. „Die Relevanz dieses roten Fadens, die Stärkung der europäischen Souveränität in sämtlichen Bereichen, ist durch den 24. Februar aktueller denn je“, so die Botschafterin. Dies soll erreicht werden etwa durch die Stärkung des Schengen-Raums, den Schutz seiner Grenzen, die Steuerung der Migration und eine verbesserte Asylpolitik, unter Wahrung seiner Werte und seiner internationalen Verpflichtungen. Die derzeitige Migrationskrise sei die größte seit Beendigung des Zweiten Weltkriegs, vier Millionen Flüchtlinge seien bislang in die EU geflohen, legte Descôtes dar. Die EU zeige ein großes Maß an Kooperation, dennoch müsse an dauerhaften Lösungen, einem Migrationskonzept, gearbeitet werden. Die Botschafterin ging auch auf die Ernährungskrise ein und sie hob hervor: „Landwirtschaftliche Erzeugnisse dürfen nicht zur Kriegswaffe werden.“ Der Ukraine-Krieg habe zudem unsere Energieabhängigkeit von Russland deutlich gemacht. Alle Nationen müssten dafür gewonnen werden, klimaneutral zu werden.
Auch soll es ein stärkeres und handlungsfähigeres Europa in den Bereichen Sicherheit und Verteidigung geben. Ebenso sollen Initiativen gestartet werden für den Wohlstand und die Stabilität der Nachbarschaft der EU, insbesondere etwa durch das Engagement im Westlichen Balkan. Im Juni soll eine Konferenz über den Westbalkan stattfinden, die die Vertiefung konkreter Kooperationsmöglichkeiten fördern soll.
Die französische Ratspräsidentschaft setzt sich auch für eine EU ein, die den Anliegen der Bürgerinnen und Bürger im Rahmen der Konferenz zur Zukunft Europas Gehör schenkt, die die Rechtsstaatlichkeit verteidigt und ihren Werten treu bleibt. „Wir wollen der EU ein menschlicheres Gesicht geben“, sagte die Botschafterin. Als Co-Vorsitz im Exekutivausschuss will sich Frankreich aktiv in die Zukunftskonferenz einbringen und sich dafür einsetzen, dass sich die Ergebnisse der Konferenz auf die Empfehlungen der Bürgerpanels, aus der Zivilgesellschaft und der nationalen Parlamente stützen. Wichtig ist Frankreich in diesem Zusammenhang, dass die Ergebnisse künftige Handlungsprioritäten der EU definieren, am besten, indem konkrete Maßnahmen benannt werden.
„Sie haben uns heute zukunftsweisende, ambitionierte Prioritäten vorgestellt“, sagte Vorsitzender Willi Stächele. „Die Achse Berlin – Paris ist gerade im Hinblick auf den schrecklichen Krieg existenziell für eine neue europäische Friedensordnung“, so Stächele weiter und abschließend. „Ich appelliere daran, dass wir uns in der Nachbarschaftsbeziehung Baden-Württemberg-Frankreich konkret vor Ort bewähren.“
Innenausschuss berät über Weitergabe von Rechtsanwaltsschreiben an Journalisten
Stuttgart. Der Innenausschuss des Landtags hat sich in einer Sondersitzung am Mittwoch, 4. Mai 2022, mit der Weitergabe eines Rechtsanwaltsschreibens des suspendierten Inspekteurs der Polizei an einen Journalisten befasst. Wie der Vorsitzende des Gremiums, der CDU-Abgeordnete Ulli Hockenberger, mitteilte, hat Innenminister Thomas Strobl (CDU) die Weitergabe des Schreibens verteidigt und als richtig bezeichnet, gleichzeitig jedoch Fehler eingeräumt und sich entschuldigt. Die Oppositionsfraktionen sprachen von einem einzigartigen und unglaublichen Vorgang und warfen dem Innenminister Vertrauensbruch und Verstöße gegen Geheimhaltungsvorschriften vor.
Hintergrund der Debatte ist nach Angaben des Vorsitzenden der Vorwurf gegen den Inspekteur der Polizei, eine jüngere Kollegin bedrängt zu haben. Strobl habe in der Sitzung ausgeführt, Geschädigte könnten darauf vertrauen, dass solchen Vorwürfen unnachgiebig und mit aller Härte nachgegangen werde. Täter würden mit schärfstmöglichen Konsequenzen belegt. Strobl habe in dem Zusammengang von „maximaler Aufklärung und maximaler Transparenz“ gesprochen. Es dürfe nicht der Hauch von Intransparenz und Mauschelei aufkommen oder dass es Vorgänge zu Lasten von Opfern und zu Vorteilen mutmaßlicher Täter gebe.
Das Anwaltsschreiben habe Strobl nach eigener Aussage in Teilen als „völlig fehl am Platz empfunden“. Er sei irritiert und verwundert gewesen. Es habe nicht der Eindruck entstehen sollen, dass etwas verheimlicht werden solle. Deswegen habe er entschieden, das Schreiben einem Journalisten auf dessen Nachfrage zur redaktionellen Verwendung zur Verfügung zu stellen. Die „Entscheidung zu Transparenz“ sei „absolut richtig gewesen, um Schaden von der Landespolizei abzuwenden und die Integrität zu wahren“. Zugleich habe Strobl ausgeführt, dass sein Haus aus heutiger Sicht anders gehandelt hätte. Es sei nicht alles vollumfänglich transparent gelaufen. Dies sei ein Fehler gewesen, wofür er sich vor dem Ausschuss entschuldige, fasste Hockenberger den Bericht des Ministers zusammen.
Die Oppositionsfraktionen dagegen kritisierten den Innenminister scharf. Laut Hockenberger sprach die SPD-Fraktion von einem Vorgang, der in der 70-jährigen Landesgeschichte fast einmalig sei. Die Fraktion habe dem Innenminister vorgeworfen, das Disziplinarverfahren in Gefahr gebracht zu haben, indem er gegen Vorschriften der Geheimhaltung und des Datenschutzes verstoßen habe. Außerdem habe er mit diesem Vorgang der betroffenen Polizistin einen Bärendienst erwiesen.
Die FDP/DVP-Fraktion habe den Vorgang als unglaublich bezeichnet und davon gesprochen, das Schreiben „selbstherrlich“ weitergegeben zu haben. Transparenz bedeute, das Verwaltungshandeln öffentlich zu zeigen, jedoch nicht, Teile aus einem Disziplinarverfahren öffentlich zu machen. Die Entschuldigung Strobls reiche nicht aus. SPD und FDP/DVP hätten in der Entscheidung zur Weitergabe außerdem einen schweren Vertrauensbruch erkannt. Wie könnten Beamte nun noch dem Innenminister als oberstem Dienstherrn vertrauen? Auch die AfD-Fraktion habe auf die Pflicht zur Einhaltung von Dienstgeheimnissen hingewiesen, so der Ausschussvorsitzende.
Wie Hockenberger weiter ausführte, habe Strobl die Vorwürfe zurückgewiesen. In diesem Fall liege kein Dienstgeheimnis vor. Aus diesem Grund gebe es bezüglich der Weitergabe des Schreibens auch keinen Grund, dass die Staatsanwaltschaft Ermittlungen aufnehme.
Präsidentin Aras: „Ich setze großes Vertrauen in Eigenverantwortung“
Stuttgart. Die Allgemeinverfügung zur Geltung der 3G-Regel im Plenar- und Ausschussbetrieb des Landtags von Baden-Württemberg sowie die Allgemeinverfügung zur Maskenpflicht sind mit Ablauf des 3. Mai 2022 außer Kraft getreten. „Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts ist der Gipfel der aktuellen Welle klar überschritten. Der Anteil schwerer Erkrankungen nimmt ab. Deshalb habe ich mich entschlossen, die Allgemeinverfügungen nicht mehr weiter zu verlängern“, so Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne).
Bei der heutigen Plenarsitzung können erstmals in dieser Wahlperiode alle Abgeordneten auf ihren Plätzen im Plenarsaal Platz nehmen. Besucherinnen und Besucher sind ab 1. Juni 2022 auch wieder willkommen.
Der Infektionsdruck auf die Bevölkerung bleibt jedoch weiter hoch. Die Sieben-Tage-Inzidenz bewegt sich in Baden-Württemberg nach wie vor im hohen dreistelligen Bereich. „Der weitere Verlauf der Pandemie sowie die Sicherstellung der Funktionsfähigkeit des Landtags hängen wesentlich davon ab, ob wir uns alle weiterhin umsichtig und rücksichtsvoll verhalten“, stellte Aras fest. „Ich setze großes Vertrauen in die Eigenverantwortung der Abgeordneten, der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie der Besucherinnen und Besucher.“ Die Landtagspräsidentin appellierte, die Maske weiterhin freiwillig zu tragen.
Die Infektions- und Gefahrenlage kann sich jederzeit ändern. „Daher behalte ich mir vor, diese regelmäßig zu überprüfen und erneut Schutzmaßnahmen im Landtag einzuführen, sofern dies zum Schutz der Gesundheit und der Funktionsfähigkeit des Landtags erforderlich erscheint“, betonte die Präsidentin.
Präsidentin Aras: „Noch besseres Angebot zur Förderung der Inklusion“
Stuttgart. Der Landtag von Baden-Württemberg baut sein barrierefreies Angebot weiter aus. Ab Mittwoch, 4. Mai 2022, besteht die Möglichkeit, Aufzeichnungen von Plenarsitzungen in der barrierefreien Mediathek des Landtags abzurufen. „Mit unserem neuen barrierefreien Angebot fördern wir die Inklusion von Menschen mit Behinderung noch besser“, begrüßt Landtagspräsidentin Muhterem Aras die Neuerung.
Bereits seit vielen Jahren stellt der Landtag einen barrierefreien Livestream der Plenarsitzungen zur Verfügung. Durch die Untertitelung mit einem schriftlichen Live-Text sowie der Darstellung in deutscher Gebärdensprache erhalten Menschen mit Hör- und Sehbehinderung einen uneingeschränkten Zugang zu den Live-Übertragungen der Plenarsitzungen. Künftig besteht nun die Möglichkeit, die Aufzeichnungen der Sitzungen in der barrierefreien Mediathek jederzeit abzurufen. Unterstützt wird der Landtag dabei von einem externen Dienstleister, der die bisherige Gebärden- und Schriftdolmetschung aufzeichnet und auf einer separaten Website zur Verfügung stellt. Auf der Landtags-Homepage findet sich u.a. auf der Startseite der Link zur neuen, barrierefreien Mediathek. Die Videos werden innerhalb von längstens 24 Stunden nach Sitzungsende hochgeladen. Info: Link zur barrierefreien Mediathek: https://landtag-bw.azurewebsites.net/
Präsidentin Aras: Baden-Württemberg schreibt seit 70 Jahren Erfolgsgeschichte
Stuttgart. In seiner Jubiläumsveranstaltung am Mittwoch, 4. Mai, blickt der Landtag auf die sieben Jahrzehnte zurück, die seit der Gründung des Südweststaats im April 1952 vergangen sind – und wagt zugleich einen Ausblick, wohin sich das Land in der Mitte Europas angesichts weltweiter Herausforderungen entwickeln soll. Die Vorbereitungen zu der Veranstaltung laufen auf Hochtouren. Mehr als 400 Gäste werden im Haus des Landtags erwartet. Weitere Gäste können per Livestream dabei sein.
„Die Gründung des Südweststaats markiert den Beginn einer bemerkenswerten Erfolgsgeschichte“, erklärt Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) aus Anlass des Landesjubiläums. Baden-Württemberg verbinde gekonnt Tradition und Innovation, Heimatverbundenheit und Weltoffenheit. Das Land verfüge über leistungsfähige Strukturen und eine große regionale wie kulturelle Vielfalt. Baden-Württembergs Stimme habe Gewicht im deutschen Föderalismus, und seine führende Stellung als Wirtschaftsstandort sei europaweit anerkannt.
Die Befürchtungen der Gründungsskeptiker haben sich laut Muhterem Aras nicht bewahrheitet. „Wir haben in ganz Baden-Württemberg starke Regionen, in denen die Vielfalt gelebt wird. Die Menschen packen an, zeigen sich erfindungsreich und schauen dabei weit über den Tellerrand des Landes hinaus. So ist zum Beispiel auch zu erklären, dass es in allen Landesteilen so viele Weltmarktführer gibt“, so die Landtagspräsidentin. Vielfalt, Weltoffenheit, wirtschaftliche Stärke – das seien wichtige Bestandteile der baden-württembergischen Identität. Menschen mit unterschiedlichsten Wurzeln leisteten dazu einen wertvollen Beitrag.
Auf der Jubiläumsveranstaltung präsentieren die Historiker Prof. Reinhold Weber und Dr. Maike Hausen unter der Fragestellung „Wo kommen wir her?“ Meilensteine aus der 70-jährigen Landesgeschichte mit Hilfe fotografischer Zeitzeugnisse. Bei einem Podiumsgespräch, das die SWR-Journalistin Ute Brucker moderiert, gehen Vertreterinnen und Vertreter aller Landesteile der Frage „Wo wollen wir hin?“ nach. Mit von der Partie sind der Comedian Bülent Ceylan, die Kunstturnerin Elisabeth Seitz, der Karlsruher Oberbürgermeister Dr. Frank Mentrup, Emily Sara Adams, Preisträgerin der Rede für Europa 2021, die Unternehmerin Sarna Röser und Gitte Zschoch, Generalsekretärin des Instituts für Auslandsbeziehungen (ifa). In filmischen Beiträgen erklären zudem junge Menschen aus ganz Baden-Württemberg und Landtagsabgeordnete, wie sie auf das Land schauen – und wie sie seine Zukunft in Europa sehen. Landtagspräsidentin Muhterem Aras zeigt sich erfreut, mit Edith Dahl einen ganz besonderen Gast begrüßen zu dürfen. Frau Dahl begleitete am 19. November 1953 ihren Großvater David Stetter auf den Staatsakt zur Feier des Inkrafttretens der Landesverfassung im Staatstheater in Stuttgart. Der SPD-Politiker David Stetter war der letzte Arbeitsminister des Landes Württemberg-Baden. Edith Dahl ist selbst seit 60 Jahren politisch aktiv für die SPD in Renningen.
Weitere Infos: https://www.landtag-bw.de/home/aktuelles/themen/70jahrebw.html(externer Link)
Livestream zur Jubiläumsveranstaltung: https://fcld.ly/live70jahre(externer Link)
Wirtschaftsausschuss berät über geplantes DLR-Testzentrum und Schaustellerbranche
Stuttgart. Der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus hat sich in seiner Sitzung am Mittwoch, 27. April 2022, auf Antrag der FDP/DVP mit der Standortentscheidung für das geplante Crashtestzentrum CITE des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) auseinandergesetzt. Zudem befasste sich das Gremium mit der aktuellen Situation von Schaustellern und Marktkaufleuten im Land sowie einer Reise der Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) zur Expo in Dubai im Januar 2022, berichtete der Ausschussvorsitzende Dr. Erik Schweickert (FDP/DVP).
Das Gremium informierte sich Dr. Schweickerts Angaben zufolge über den Auswahlprozess des Standorts Empfingen und den bisherigen Zeitplan für das „Center for Crash and Impact Test“ (CITE), das dem Deutschen Zentrum für Luft und Raumfahrt angehört und vom Land Baden-Württemberg mit 21 Millionen Euro mitfinanziert wird. Das CITE sei im Haushaltsplan des Landes Baden-Württemberg 2022 enthalten, es habe allerdings Beschwerden über zeitliche Verzögerungen im Auswahlverfahren gegeben, die das Projekt hätten gefährden können, so Dr. Schweickert. Neben dem Innovationscampus Empfingen seien der Industrie- und Gewerbepark Zollernalb Meßstetten und der Flughafen Stuttgart zunächst als alternative Standorte infrage gekommen, im Prüfverfahren des DLR jedoch letzten Endes ausgeschieden, gab der Ausschussvorsitzende die Antwort von Ministeriumsseite wieder. Die finale Standortentscheidung sei innerhalb der zeitlichen Vorgabe von drei Monaten und rechtzeitig vor Abschluss der Haushaltsverhandlungen gefallen. „Mit der Sicherung des baden-württembergischen Standorts Empfingen für dieses europaweit einzigartige und zukunftsweisende Projekt der Luft- und Raumfahrtindustrie zeigt sich der Ausschuss insgesamt sehr zufrieden“, fasste Dr. Schweickert die Debatte abschließend zusammen.
Ebenfalls auf Antrag der FDP/DVP diskutierten die Ausschussmitglieder über das von der Corona-Pandemie und der daraus resultierenden Absage vieler Volksfeste und Weihnachtsmärkte besonders stark betroffene Gewerbe der Schausteller und Marktkaufleute und den aktuellen Stand bei Hilfsprogrammen für die Branche. Den entsprechenden Verbänden zufolge sei die Anzahl der Schaustellerbetriebe von 600 im Jahr 2019 auf 570 im Jahr 2022 gesunken, bei den Marktkaufleuten habe sich die Anzahl von 1196 Betrieben und Selbstständigen (2019) auf 1080 (2022) reduziert, wie der Ausschussvorsitzende mitteilte. Ähnlich wie in der Gastronomie sei es auch bei Schaustellern und Marktkaufleuten, die meist nur saisongebunden größere Einnahmen erwirtschaften können, zu einem erheblichen Arbeitskräftemangel gekommen. Dem Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus zufolge seien dem Schaustellergewerbe und Marktkaufleuten neben den Coronahilfsprogrammen insgesamt 1,29 Millionen Euro an Tilgungszuschüssen im Jahr 2020 und 1,18 Millionen im Jahr 2021 bewilligt worden. Zudem hätten die von abgesagten Weihnachtsmärkten betroffenen Betriebe die Überbrückungshilfe IV des Bundes beantragen können, so Dr. Schweickert. Zur Wiederaufnahme des regulären Geschäftsbetriebs unterstütze die L-Bank besonders betroffene Unternehmen seit 1. März 2022 mit der „Restart“-Prämie.
Abschließend befasste sich der Wirtschaftsausschuss auf Antrag der FDP/DVP mit der Reise der Wirtschaftsministerin zur Expo 2020 in Dubai anlässlich des „Honour Day“ für Baden-Württemberg vom 24. bis 26. Januar 2022. Die Reise sollte ursprünglich vom 23. bis zum 27. Januar dauern und weitere Programmpunkte umfassen, habe pandemiebedingt aber verkürzt werden müssen, fasste Dr. Schweickert die Aussagen der Ministerin zusammen. Vonseiten der Oppositionsfraktionen sei in der Ausschusssitzung neben dem Kostenfaktor vor allem kritisiert worden, dass die Ministerin die Arab Health 2022, die größte Messe für Medizintechnik und Gesundheitswirtschaft im Nahen Osten, nicht persönlich besucht habe, sondern dies anderen Landesvertretern überlassen habe.
Breite Zustimmung für geplanten Ausbau der Autobahn 98 am Hochrhein
Stuttgart. Der Verkehrsausschuss hat sich in seiner Sitzung am Donnerstag, 28. April 2022, mit dem Bau der Autobahn 98 am Hochrhein und dessen Fortführung befasst. Nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Rüdiger Klos (AfD) begrüßten alle Fraktionen mit Ausnahme der Grünen den Ausbau der Autobahn, so wie er im Bundesverkehrswegeplan vorgesehen ist.
Der Ausschuss thematisierte die Zukunft der A 98 auf getrennte Initiativen der Fraktionen von FDP/DVP und SPD hin. Mit ihren Anträgen hatten beide Fraktionen scharf ablehnend auf vorherige Äußerungen von Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) reagiert, wonach aus Sicht einer zeitgemäßen Verkehrspolitik vom jetzigen Bauende der A 98 bis Lauchringen lediglich eine dreistreifige Bundesstraße statt einer zweibahnigen/vierstreifigen Autobahn realisiert werden sollte. Dagegen hatte sich in der Region am Hochrhein breiter Protest erhoben, woraufhin Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) sich Ende März für die Landesregierung zum Autobahnausbau bekannte.
FDP/DVP und SPD bekräftigten nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Klos in der Sitzung, Minister Hermann sei nicht befugt, auf den Autobahnausbau einzuwirken, da der Bund zuständig sei. Die Fortführung der A 98 wie geplant sei verkehrspolitisch zwingend. Die Menschen in der Region am Hochrhein warteten seit Jahrzehnten darauf, nicht zuletzt wegen des hohen Verkehrsdrucks in Ortsdurchfahrten. Dem schloss sich laut Klos auch die CDU unter Verweis auf entsprechende Stellungnahmen von Bürgermeistern und Landräten in der Region an. Die AfD erklärte nach Angaben des Ausschussvorsitzenden, eine Fortführung der A 98 als Bundestraße sei unsinnig, da man von einem steigenden Verkehrsaufkommen ausgehen müsse.
In Vertretung des Ministers erläuterte Staatssekretärin Elke Zimmer (Grüne) vor dem Ausschuss die Position Hermanns. Nach Angaben von Klos führte Zimmer aus, das Ministerium stelle die Notwendigkeit einer leistungsfähigen Straßenverbindung zwischen A 5 und A 81 nicht in Abrede. Auch eine Entlastung von Ortsdurchfahrten sei völlig unstrittig. Mit Blick auf Klimaschutz und Mobilitätswende sei das Ministerium aber gehalten zu hinterfragen, ob bestehende Verkehrsplanungen noch zeitgemäß seien. Diese Aufgabe werde man weiter wahrnehmen. Zugleich bekräftigte Zimmer laut Klos, man sei koalitionstreu und werde das Vorhaben umsetzen.
Der Antrag der FDP/DVP, das Wirtschaftsministerium zu einer konstruktiven Begleitung des Bauvorhabens A 98 und zur Anerkennung der Zuständigkeit des Bundes zu verpflichten, wurde nach Angaben des Ausschussvorsitzenden mit den Stimmen von Grünen und CDU abgelehnt. Neben der FDP/DVP waren auch SPD und AfD dafür.
Im Anschluss an die Sitzung des Verkehrsausschusses gab es ein Treffen von Ausschussmitgliedern mit Vertretern der Industrie- und Handelskammern Baden-Württembergs, wie der Vorsitzende Klos berichtete.
Herkunftsbezeichnungen für Lebensmittel auf dem Prüfstand
Stuttgart. Der Ausschuss für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz hat sich in seiner Sitzung am Mittwoch, 27. April 2022, mit der Herkunftsbezeichnung von Lebensmitteln befasst. „Woher ein Lebensmittel und die darin enthaltenen Zutaten stammen, ist trotz oder gerade wegen der Vielzahl an Siegeln und Werbeversprechen oft nur schwer oder gar nicht zu erkennen“, sagte der stellvertretende Ausschussvorsitzende Klaus Hoher (FDP/DVP). Er forderte zusätzliche Anstrengungen des Landes, um die Position von Verbraucherinnen und Verbrauchern zu stärken.
Der Ausschuss befasste sich auf Antrag der FDP/DVP mit der Herkunft von Lebensmitteln und wie diese gekennzeichnet werden. Die Liberalen hatten dazu einen umfangreichen Fragenkatalog an das Ministerium gerichtet. Aus der Antwort des Ministeriums für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz geht hervor, dass immer mehr Verbraucherinnen und Verbraucher sich beim Einkauf an entsprechenden Siegeln orientieren. So achteten bundesweit 68 Prozent der Befragten immer oder meistens auf das sogenannte Regionalfenster, 64 Prozent auf das deutsche Bio-Siegel und 55 Prozent auf das Tierwohllabel.
Insgesamt, so das Ministerium weiter, habe die Nachfrage nach regionalen Produkten und Waren mit einer bestimmten Produkt- und Prozessqualität zugenommen. Dies gelte sowohl für konventionelle als auch für ökologisch erzeugte Lebensmittel.
Nach Angaben des Ministeriums führen die Behörden im Rahmen der amtlichen Lebensmittelüberwachung regelmäßig und auch anlassbezogen Stichproben durch, um falschen oder irreführenden Herkunftsangaben auf Lebensmittelverpackungen auf die Spur zu kommen. In den vergangenen fünf Jahren sei man in Einzelfällen beispielsweise bei Fruchtsaft- und Getränkeherstellern, Eiervermarktern und Fischhändlern fündig geworden.
In einem Fall fiel ein Mehl auf, dessen Gesamtaufmachung den Eindruck erweckte, es komme aus Italien. Auf der Verpackung habe sich auch eine italienische Flagge gefunden, obwohl das Produkt tatsächlich in Deutschland hergestellt worden war. Eine gesonderte statistische Erfassung solcher Fälle von Irreführung gebe es bisher allerdings nicht in Baden-Württemberg.
Die FDP/DVP würdigte nach Angaben des stellvertretenden Ausschussvorsitzenden Klaus Hoher die vom Ministerium aufgeführten diversen Maßnahmen zur Optimierung der Herkunftsbezeichnung von Lebensmitteln. Es seien aber in dieser Hinsicht weitere Anstrengungen erforderlich mit dem Ziel, die Struktur der bäuerlichen Landwirtschaft zu erhalten und zu stärken sowie die Tierhaltung weiterzuentwickeln. Es gelte, eine Lebensmittelerzeugung zu fördern, die den Ansprüchen aufgeklärter und qualitätsbewusster Verbraucher entspreche.
Folgeprogramm zur Verbesserung der Schwimmfähigkeit geplant
Stuttgart. Die Bilanz des „coronabedingten Sofortprogamms zur Verbesserung der Schwimmfähigkeit“ sowie weitere Maßnahmen zur Förderung der Schwimmfähigkeit von Kindern waren Thema im Ausschuss für Kultus, Jugend und Sport am Donnerstag, 28. April 2022. Das Gremium befasste sich auf Antrag der Grünen-Fraktion mit der Frage, wie erfolgreich das Ende Dezember 2021 ausgelaufene Sofortprogramm war und wie weitere Förderprogramme die durch die Corona-Pandemie vielfach entfallenen Kursagebote ausgleichen können. „Eine flächendeckende Schwimmoffensive ist von zentraler Bedeutung, um die coronabedingt weitverbreitete Schwimmunfähigkeit von Kindern zu beheben. Jedes Kind sollte die Möglichkeit haben, in einem Schwimmkurs oder im Schwimmunterricht in der Schule an das Element Wasser herangeführt zu werden“, betonte die Ausschussvorsitzende Petra Häffner (Grüne).
Im Programmzeitraum von Juni bis Dezember 2021 habe es 6.135 Kursanträge gegeben, von denen 5.629 bewilligt worden seien. Insgesamt hätten rund 41.500 Kinder an einem Anfängerschwimmkurs teilgenommen, der im Rahmen des „coronabedingten Sofortprogramms zur Verbesserung der Schwimmfähigkeit“ durchgeführt wurde, gab Häffner die Angaben von Ministeriumsseite wieder. „Nach der ersten Wassergewöhnung braucht es dringend weiterführende Schwimmkurse und auch das Engagement der Eltern, um die Schwimmfähigkeit wirklich herzustellen“, so Häffner. Als zentrale Problemstellungen wurden im Ausschuss der Mangel an qualifizierten Lehrkräften für den Schwimmunterricht sowie die Schwierigkeiten der Kommunen bei der Erhaltung von Schwimmflächen thematisiert.
Neben verschiedenen Förderprogrammen der Stiftung Sport und im Kooperationsprogramm Schule – Verein sowie der Bereitstellung neuer Materialien für Lehrkräfte und Eltern sei im Schuljahr 2021/2022 zum ersten Mal der baden-württembergische Schulschwimmpass ausgegeben worden, fasste die Ausschussvorsitzende die Ausführungen des Kultusministeriums zusammen. Auf dem Schulschwimmpass könne die erreichte Niveaustufe der Schwimmfähigkeit von der Schule eingetragen werden. Zudem würde ein an das Sofortprogramm anschließende Folgeprogramm zur Verbesserung der Schwimmfähigkeit zwischen dem Kultusministerium, dem Badischen Schwimm-Verband, dem Schwimmverband Württemberg und den DLRG Landesverbänden abgestimmt. Ab dem Jahr 2022 seien finanzielle Mittel in Höhe von bis zu 1,25 Millionen Euro jährlich zur Förderung der Schwimmfähigkeit von Vor- und Grundschulkindern zugesichert.
Hass-Straftaten in Baden-Württemberg sind stark gestiegen
Stuttgart. Der Innenausschuss des Landtags hat sich in seiner Sitzung am Mitt-woch, 27. April 2022, auf Antrag der Fraktionen Grüne und CDU mit der Entwick-lung von Hasskriminalität in Baden-Württemberg befasst. Die Zahl der Straftaten mit Bezug zu Hass und Hetze ist im vergangenen Jahr deutlich gestiegen. Abge-ordnete sprachen im Ausschuss von alarmierenden Zahlen und einem Phänomen mit erschreckender Entwicklung, welcher entschlossen entgegnet werden muss. „Es besteht dringender Handlungsbedarf“, sagte der Vorsitzende des Gremiums, der CDU-Abgeordnete Ulli Hockenberger. Innenminister Thomas Strobl (CDU) ha-be dem Gremium die ersten vom Kabinettsausschuss erarbeiteten Maßnahmen vorgestellt.
Nach Angaben des Vorsitzenden wurden für das Jahr 2021 in der Politischen Krimi-nalstatistik 883 Fälle unter dem Begriff Hasskriminalität erfasst. Das sind 137 Fälle mehr als ein Jahr zuvor. 670 der 883 Fälle werden dem rechten Spektrum zugeordnet. Unter dem Oberbegriff Hasskriminalität werden Straftaten erfasst, die sich beispiels-weise gegen Personen aufgrund ihrer Nationalität oder Religionszugehörigkeit rich-ten. Im weiteren Verlauf werden die Straftaten mehreren Unterthemenfeldern zuge-ordnet, etwa antisemitisch, antiziganistisch, Behinderung, christenfeindlich, islam-feindlich oder sexuelle Orientierung. Da Straftaten teilweise mehrere Kategorien be-treffen, sind in der Statistik Mehrfachnennungen möglich.
Für das Themenfeld „fremdenfeindlich“ wurden im Jahr 2021 781 Fälle (2020: 683) erfasst, davon 635 aus dem rechten Bereich. Für den Begriff „antisemitisch“ wurden 337 Fälle (2020: 228 Fälle) aufgeführt, für das Themenfeld „Rassismus“ 273 Fälle (2020: 328 Fälle). Als Straftaten im Bereich „antiziganistisch“ werden in der Statistik 8 Fälle (2020: 13) erfasst, beim Themenfeld ausländerfeindlich 368 Fälle (2020: 407 Fäl-le). 13 Straftaten (2020: 12) werden als „deutschfeindlich“ eingestuft. Unter dem Begriff „Behinderung“ werden 30 Fälle (2020: 9) erfasst, für den Bereich „Geschlecht/sexuelle Identität“ 26 Fälle (2020: 45). Unter dem Begriff „Sexuelle Orientierung“ finden sich 24 Fälle (2020: 22).
Diese Zahlen stellten jedoch nur die Spitze des Eisbergs dar, hätten Strobl wie auch Abgeordnete in der Ausschusssitzung festgestellt, sagte Hockenberger. In diesem Kriminalitätsbereich gebe es nämlich eine hohe Dunkelziffer. Um diesem großen ge-sellschaftlichen Problem entgegenzuwirken, habe die Landesregierung im Jahr 2021 den Kabinettsausschuss „Entschlossen gegen Hass und Hetze“ eingesetzt. Dieser solle bereits bestehende Maßnahmen prüfen und bündeln und mit weiteren, auf ei-nander abgestimmten Maßnahmen ergänzen.
Strobl habe dem Gremium über die ersten vom Kabinettsausschuss erarbeiteten Maß-nahmenpakete berichtet. Dazu gehöre unter anderem eine Imagekampagne in sozia-len Netzwerken, eine stärkere Implementierung des Themas bei Aus- und Fortbildun-gen bei Polizei und Justiz, die Stärkung der Kompetenz an Schulen, der Ausbau von Präventionsangeboten sowie ein Forschungsprojekt zu Hass und Hetze, so Ulli Ho-ckenberger.
Wissenschaftsausschuss erörtert mit Experten die Zukunftsperspektiven Kultur nach Corona
Stuttgart. Der Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kunst hat sich in seiner Sitzung am Mittwoch, 27. April 2022, mit einem Antrag der FDP/DVP zur Förderung und Unterstützung der Kulturschaffenden in Baden-Württemberg während der Coronapandemie befasst. Zuvor wurden in einer öffentlichen Anhörung die Zukunftsperspektiven Kultur „Kunst und Kultur in Zeiten nach Corona“ durchleuchtet. Das hat die Vorsitzende des Gremiums, Nese Erikli (Grüne) mitgeteilt. „Der Ausschuss ist sich dem Wert von Kunst und Kultur bewusst, deshalb ist es für uns wichtig, sowohl die Erfahrungen der Expertinnen und Experten als auch ihre Wünsche an die Politik anzuhören.“
Das Land habe seit Beginn der Pandemie beträchtliche Mittel investiert, um das künstlerische und kulturelle Leben in Baden-Württemberg aufrechtzuerhalten. „Ziel war es, mit möglichst passgenauen Programmen die Existenz der Kultureinrichtungen zu sichern und die Kulturschaffenden zu unterstützen“, berichtete Nese Erikli. Insgesamt seien bis zum 1. März 2022 rund 59 Millionen Euro Fördermittel für Kulturschaffende bewilligt worden. Überdies seien im Rahmen der Soforthilfe über 2,1 Milliarden Euro an Bundes- und Landesmittel gewährt worden. Auf das Land entfielen in erster Linie die Zuschüsse, die an die Unternehmen in der Größenordnung elf bis 50 beschäftigte ausgereicht worden seien, was rund 365 Millionen entsprächen.
Wie die Vorsitzende erläuterte, habe das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst seit März 2020 verschiedene Förderprogramme zur Unterstützung der Kultur aufgelegt. Das Impulsprogramm „Kultur nach Corona“ verfolge das Ziel, die Folgen der Pandemie zu bewältigen und Kultureinrichtungen auf die Zeit nach der Pandemie auszurichten. Das Impulsprogramm trage dazu bei, Zielgruppen wiederzugewinnen sowie Kulturprogramme und Strukturen zukunftsfähig zu gestalten. „Der Mittelabruf beläuft sich auf rund 250 Bewilligungen mit insgesamt acht Millionen Euro“, sagte Erikli. Auch freischaffende Künstlerinnen und Künstler seien mit einem Stipendienprogramm unterstützt worden. Das Programme „Kunst trotz Abstand“ ist ebenfalls sehr gut angenommen worden. Die rund 9.000 in Landes- und Regionalverbänden organisierten Vereine der Breitenkultur in Baden-Württemberg erhielten in zwei Förderrunden Pauschalzuschüsse zur Existenzsicherung. Zu Beginn dieses Jahres seien noch weitere Programme, etwa Perspektive Pop, dazugekommen. „Wir haben unsere Kultur gut durch die Pandemie gebracht“, bilanzierte die Ausschussvorsitzende.
Zu Beginn der Sitzung hat der Wissenschaftsausschuss Sachverständige zum Thema „Kunst und Kultur in Zeiten nach Corona“ gehört. „Die letzten zwei Jahre waren für Kunst und Kultur sehr herausfordernd. Corona hat die für unsere Kultur- und Veranstaltungsszene tätigen Menschen vor große Herausforderungen gestellt. Viele von ihnen wurden dabei an den Rand ihrer Möglichkeiten gebracht“, sagte Nese Erikli. Elf Expertinnen und Experten aus allen Landesteilen berichteten über ihre Erfahrungen, stellten ihre Ausblicke vor und richteten ihre Wünsche an die Politik: Stärkung des Ehrenamts, Nachhaltigkeit, der Wunsch nach weiteren, regelmäßigen Austauschen, aber auch die Bitte, faire Arbeitsverhältnisse für freischaffende Künstler zu schaffen, wurden angesprochen. Überforderung von Ehrenamtlichen und Bürokratieabbau wurden genannt ebenso wie der Wunsch, das Publikum raus aus der Isolation zu holen und die Vermittlungsarbeit etwa in Museen als Kultur- und Bildungseinrichtungen zu stärken.
„Kunst und Kultur sind wichtige Säulen für ein lebenswertes und unverwechselbares Baden-Württemberg: Sie bieten allen Bevölkerungsgruppen Bildung und Freizeit. Sie sind wesentlicher Bestandteil unserer Identität und Wahrnehmung. Kunst, Kultur und Veranstaltungen halten unsere Dörfer und Städte lebendig. Sie sind wichtig für die lokale und regionale Wirtschaft und machen unser Land zu einem attraktiven Tourismusziel“, betonte die Ausschussvorsitzende und hob abschließend hervor: „Der Ausschuss ist sich dem Wert von Kunst und Kultur bewusst.“
Diätenanpassung zum 1. Juli 2022
Stuttgart. Orientiert an den vom Statistischen Landesamt festgestellten Daten zur allgemeinen Einkommens- und Kostenentwicklung werden die Diäten der Abgeordneten des Landtags von Baden-Württemberg zum 1. Juli 2022 angepasst. Grundlage hierfür ist das sogenannte Indexierungsverfahren, das vom Landtag im Jahr 2005 eingeführt und am 9. Juni 2021 für die 17. Wahlperiode bestätigt wurde. Nach Angaben der Landtagsverwaltung erhöht sich entsprechend dieser Bemessungsmethode die steuerpflichtige Grundentschädigung für die Parlamentarierinnen und Parlamentarier um 3,8 Prozent auf 8.275 Euro (bisher 7.972 Euro).
Wie die Landtagsverwaltung weiter bekannt gibt, werden die Kostenpauschale um drei Prozent auf 2.371 Euro erhöht (bisher 2.302 Euro) und der Vorsorgebeitrag für die eigenständige Altersvorsorge um 0,7 Prozent verringert auf 1.900 Euro (bislang 1.913 Euro). Bemessungszeitraum für die aktuelle Anpassung ist das Jahr 2021. Aufgrund der Corona-Pandemie hatte der Landtag die Anpassung der Diät 2020 ausgesetzt – es gab eine Nullrunde. 2021 waren die Diäten sogar gesunken.
Indexierungsverfahren bedeutet, dass die Entschädigung auf der Grundlage statistischer Maßzahlen angepasst wird. Für die Grundentschädigung teilt das Statistische Landesamt die Veränderung des Nominallohnindex für Baden-Württemberg mit, der die allgemeine Einkommensentwicklung in Baden-Württemberg abbildet. Für die Kostenpauschale ermittelt das Statistische Landesamt den Wert anhand der Entwicklung des Verbraucherpreisindex für Baden-Württemberg, während sich der Vorsorgebeitrag an der Entwicklung des Höchstbeitrags zur allgemeinen Rentenversicherung ausrichtet. Auf der Grundlage dieser Werte werden die neuen Entschädigungsleistungen errechnet und von der Landtagspräsidentin im Gesetzblatt für Baden-Württemberg veröffentlicht.
Landtagspräsidentin Aras: Schülerinnen und Schüler bringen ihre Stimme in den politischen Diskurs ein
Stuttgart. Lucia Arens, Hannes Benz und Leo Schick werden in diesem Jahr für ihre herausragenden Beiträge mit dem Förderpreis des 64. Schülerwettbewerbs des Landtags von Baden-Württemberg zur Förderung der politischen Bildung ausgezeichnet. Bei der Preisverleihung im Landtag am heutigen Mittwoch, 13. April 2022, gratulierte Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne), die Schirmfrau des Wettbewerbs ist, der Preisträgerin und den Preisträgern zu ihrer Auszeichnung: „Ihr alle habt nicht nur an einem Wettbewerb teilgenommen. Ihr habt eure Stimme in den politischen Diskurs eingebracht und euch mit euren Arbeiten am großen gesellschaftlichen Gespräch beteiligt.“
„Komm heraus, mach mit.“ Im Schuljahr 2021/22 sind wieder über 2.400 Schülerinnen und Schüler aus 154 Schulen in ganz Baden-Württemberg dem Motto des Schülerwettbewerbs gefolgt, eingereicht wurden insgesamt 1.884 Einzel- und Gruppenarbeiten. Lucia Arens vom Neuen Gymnasium Leibniz in Stuttgart überzeugte die Jury mit ihrer Facharbeit zum Thema „Mehr als Bewegung? Ist Sport systemrelevant?“, in die auch ihre Erfahrungen als ehemalige Leistungssportlerin miteinflossen. Die anderen beiden Förderpreisträger widmeten sich in ihren Wettbewerbsbeiträgen auf unterschiedliche Weise dem Thema Klimawandel und dessen Folgen: „Zitronen und Oliven aus der Ortenau?“ fragte Hannes Benz vom Oken-Gymnasium Offenburg in seiner gleichnamigen Reportage über den Alltag eines Winzers. Leo Schick aus der Johannes-Gutenberg-Schule in Stuttgart-Bad Cannstatt komponierte den ersten Rap-Song, der im Schülerwettbewerb mit einem Förderpreis ausgezeichnet wurde. Er schrieb und produzierte einen Song über die Klimakrise mit dem Titel „Welle“.
Der Förderpreis wird an Schülerinnen und Schüler verliehen, deren Wettbewerbsbeiträge noch aus den ersten Preisen hervorstechen und mit einem Förderangebot und einem Preisgeld von 1.500 Euro pro Einzelarbeit besonders gewürdigt werden sollen. Die mit einem Förderpreis ausgezeichneten Beiträge müssen neben ihrer politischen Dimension, einer klaren Stellungnahme und ihrem Praxisbezug auch besonders originell und authentisch sein. „Die Schülerinnen und Schüler haben ihren ganz eigenen Blick auf unsere Gesellschaft geworfen“, so Landtagspräsidentin Aras, „sie haben sehr kreative Zugänge zu wichtigen politischen Themen gefunden, die uns in den vergangenen Jahren beschäftigt haben.“
Nach der Präsentation und Ehrung der Wettbewerbsarbeiten im Landtag besuchten die Ausgezeichneten auf Einladung der Landeszentrale für politische Bildung den Erinnerungsort „Hotel Silber“ zu einer Führung.
Enquetekommission „Krisenfeste Gesellschaft“ hat sich konstituiert
Stuttgart. Die Enquetekommission „Krisenfeste Gesellschaft“ hat am heutigen Donnerstag, 7. April 2022, ihre Tätigkeit aufgenommen. Bei der konstituierenden Sitzung wurde der Grünen-Abgeordnete Alexander Salomon zum Vorsitzenden und die CDU-Abgeordnete Dr. Natalie Pfau-Weller zur stellvertretenden Vorsitzenden gewählt. „Die Abgeordneten und externen Sachverständigen freuen sich, dass die Arbeit der Enquetekommission zu diesem wichtigen Thema nun beginnt. Sie blicken mit großen Erwartungen auf die kommenden Monate und sind gespannt, welche Themen und Herausforderungen die Arbeit in dem Gremium bringt“, sagte der Vorsitzende Alexander Salomon.
Das Gremium legte auch den Zeitplan für die nächsten beiden Jahre fest. Sitzungen finden immer freitags statt. Die Sitzungstermine bis Ende 2023 sind: 24. Juni 2022, 22. Juli 2022, 30. September 2022, 14. Oktober 2022, 11. November 2022, 9. Dezember 2022, 20. Januar 2023, 3. Februar 2023, 10. März 2023, 21. April 2023, 26. Mai 2023, 30. Juni 2023, 21. Juli 2023, 22. September 2023, 13. Oktober 2023, 10. November 2023, 1. Dezember 2023.
Nach Angaben Salomons soll die auf Antrag der Fraktionen Grüne und CDU eingesetzte Enquetekommission Handlungsempfehlungen erarbeiten, die das Ziel haben, das baden-württembergische Gemeinwesen für die Zukunft resilienter und krisenfester aufzustellen. Dabei soll sie sich insbesondere auf die Erarbeitung solcher Handlungsempfehlungen konzentrieren, die ihre Wirkung im Zeitraum nach Abschluss ihrer Tätigkeit entfalten können, auf Landesebene umsetzbar sind und den Fokus auf die Umstände von Krisen setzen. Als neues Element ihrer Arbeit soll die Enquetekommission eng mit einem Beteiligungsprozess von Bürgerinnen und Bürgern verzahnt werden. Dazu soll ein Bürgerforum geschaffen werden, das aus zufällig ausgewählten Bürgerinnen und Bürger besteht.
Die Enquete setzt sich aus 14 Mitgliedern der im Landtag vertretenden Fraktionen zusammen und darüber hinaus aus acht Sachverständigen, die als dauerhaft stimmberechtigte Mitglieder von den Fraktionen gewählt wurden. Die Verteilung der Sachverständigen richtet sich dabei nach Fraktionsstärke. Alle Mitglieder und stellvertretenden Mitglieder sowie die externen Sachverständigen sind auf der Website des Landtags zu finden: https://www.landtag-bw.de/home/der-landtag/gremien/untersuchungsausschusseenqueteko/enquetekommission-krisenfeste-ge.html(externer Link)
Wissenschaftsausschuss beschließt Wegfall der Studiengebühren für geflüchtete Studierende aus der Ukraine
Stuttgart. Der Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kunst hat in seiner Sitzung am Donnerstag, 7. April 2022, einem Gesetz zur Änderung des Landeshochschulgebührengesetzes mit großer Mehrheit zugestimmt. Das hat die Vorsitzende des Gremiums, Nese Erikli (Grüne) mitgeteilt. „Studienbewerberinnen und -bewerber, die aus der Ukraine flüchten mussten, werden von den Internationalen Studiengebühren befreit“, so Erikli. „Wir ermöglichen diesen Menschen aus humanitären Gründen ein Studium in Baden-Württemberg, für das sie nicht bezahlen müssen und bieten ihnen eine Perspektive.“
Durch die Änderung des Landeshochschulgebührengesetzes wird sichergestellt, dass die Gebühren keine Hürde für die Aufnahme oder Fortsetzung eines Studiums für Geflüchtete aus der Ukraine darstellt. Die Regelung wird zum Sommersemester 2022 in Kraft treten und befristet bis Februar 2025 gelten. „Das ist ein wichtiges Zeichen der Solidarität und Unterstützung“, betonte Erikli. Seit dem Wintersemester 2017/2018 müssen internationale Studierende eine Gebühr von 1.500 Euro pro Semester bezahlen. Die Befristung sei nötig, weil man sich am Aufenthaltsgesetz orientiere, erläuterte Erikli.
Im Landeshochschulgebührengesetz gibt es bereits eine ganze Reihe von Ausnahmen, die eine Befreiung von den Studiengebühren vorsehen. Die EU hat nun erstmals die Massenzustrom-Richtlinie aktiviert, die bislang im Gesetz nicht berücksichtigt wurde. Das geänderte Gesetz gilt jetzt auch für Personen, die unter die sogenannte „Massenzustrom-Richtlinie“ der EU fallen, etwa ukrainische Staatsangehörige, Staatenlose oder Staatsangehörige anderer Drittländer als der Ukraine, die vor dem 24. Februar 2022 in der Ukraine internationalen Schutz oder einen gleichwertigen nationalen Schutz genossen haben sowie deren Familienangehörige. Nicht-ukrainische Drittstaatsangehörige, die eine befristete ukrainische Aufenthaltsgenehmigung vor dem 24. Februar 2022 hatten und nicht in der Lage sind, sicher und dauerhaft in ihr Herkunftsland oder ihre Herkunftsregion zurückzukehren, fallen in Deutschland ebenfalls unter diesen Schutzstatus. Auch russische Studierende, die sich gegen ihr Land stellen, können ihr Studium diskriminierungsfrei fortsetzen. Für sie gelte der Paragraph 7, Härtefallantrag, habe das Ministerium dargelegt, so die Ausschussvorsitzende. „Es ist uns nicht egal, wie es den russischen Studierenden und Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern geht“, hob Staatssekretärin Olschowski hervor. Das Ministerium griff abschließend eine Anregung der FDP/DVP auf, in sechs Monaten einen Sachstandsbericht zu geben.
Umweltausschuss unterstützt kritische Haltung des Umweltministeriums bei EU-Vorhaben zu erneuerbaren Gasen, Erdgas und Wasserstoff
Stuttgart. Der Ausschuss für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft hat sich in seiner Sitzung am Mittwoch, 6. April 2022, mit einer geplanten Verordnung und Vorschriften des Europäischen Parlaments und des Rates für die Binnenmärkte für erneuerbare Gase und Erdgas sowie Wasserstoff beschäftigt, einer Unterrichtung des Landtags in EU-Angelegenheiten. Das hat der Ausschussvorsitzende Daniel Karrais (FDP/DVP) berichtet.
Das Gremium informierte sich Karrais Angaben zufolge über die Vorschläge der EU-Kommission, die im Zusammenhang mit dem „Fit for 55“-Gesetzespaket zur stärkeren Reduktion von CO2-Emissionen stehen. „Fit for 55“ strebt an, Treibhausgase in der EU bis 2030 um mindestens 55 Prozent gegenüber 1990 zu verringern.
Mit der geplanten Richtlinie für die Binnenmärkte für erneuerbare Gase, Erdgas und Wasserstoff sollen die Voraussetzungen für einen Übergang von fossilem Erdgas zu erneuerbaren und CO2-armen Gase wie Biomethan und Wasserstoff geschaffen werden und die Resilienz des Gassystems gestärkt werden, so Karrais. „Die Richtlinie regelt entscheidende Fragen, ob wir das Ziel einer klimaneutralen Energiewirtschaft erreichen können. Wasserstoff und andere erneuerbare Gase spielen hier eine entscheidende Rolle. Die europäischen Regeln müssen aber passen“, erklärte der Vorsitzende. Vor allem solle ein günstiges Investitionsumfeld geschaffen und die Entwicklung spezieller Infrastrukturen für den Wasserstoffmarkt gefördert werden.
Im Ausschuss sei insbesondere thematisiert worden, dass die in der Richtlinie angelegten Entflechtungsregeln für Gas- und Wasserstoffnetze weitreichende Folgen für Energieversorgungsunternehmen im Land haben könnten, teilte der Ausschussvorsitzende mit. Bisher wird in Baden-Württemberg das Geschäftsmodell des Independent Transmission Operator (ITO) praktiziert, bei dem die Netzbetreiber getrennt agieren, aber zu einem Unternehmen dazugehören. Nach einer Übergangszeit sollen Wasserstoffnetze vertikal, sprich eigentumsrechtlich, und horizontal entflochten werden oder an einen ISO (Independent System Operator) verpachtet werden. Der Ausschuss sieht laut Karrais allerdings die Gefahr, dass hierdurch nicht mehr Wettbewerb, sondern Parallelstrukturen zu bereits bestehenden Netzen geschaffen werden. „Für Baden-Württemberg ist das Modell, das ab 2030 eingeführt werden soll, nicht zielführend“, gab Karrais die Ausführungen der Umweltministerin wieder. „Doppelinfrastrukturen sind volkswirtschaftlich unsinnig und zu vermeiden“, so Karrais weiter.
Die überwiegende Mehrheit des Gremiums hätte das Vorhaben unterstützt, sich in der anstehenden Debatte im Bundesrat entsprechend kritisch zu positionieren, so der Ausschussvorsitzende.
Mehr Wertschätzung für soziale Berufe gefordert
Stuttgart. Der Landtag von Baden-Württemberg hat die von Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) initiierte erfolgreiche Gesprächsreihe „WERTSACHEN – Was uns zusammenhält“ fortgesetzt. Die Auftaktveranstaltung zur zweiten Staffel der Reihe stand am Dienstag, 5. April 2022, unter der Überschrift „Gerechtigkeit – Was sind uns Pflegeberufe wert?“ Expertinnen und Experten aus dem Gesundheitswesen tauschten sich in einer Podiumsdiskussion mit Publikumsrunde im Haus des Landtags aus.
Die Diskussionsrunde wurde von rund 200 Gästen, darunter zahlreiche Abgeordnete des Landtags von Baden-Württemberg, in der Lobby des Landtags mitverfolgt. Zudem gab es einen im Internet übertragenen Livestream.
Die Pflegeberufe seien „ein immens wichtiger Pfeiler unserer Gesellschaft – wir müssen sie wertschätzen“, sagte Landtagspräsidentin Muhterem Aras. Dazu gehörten auch eine bessere Bezahlung und bessere Arbeitsbedingungen. Die Politik sei aufgerufen, für mehr Gerechtigkeit in der Pflege zu sorgen. Das sei ein Auftrag unseres Grundgesetzes: „Die Würde des Menschen ist unantastbar und universell. Diese Würde bemisst sich nicht nach Alter, Gesundheitszustand oder Beitrag zum Bruttosozialprodukt.“ In diesem Bewusstsein finde man die richtigen Antworten auf die Frage „Was sind uns Pflegeberufe wert?“. Zweck der Wertsachen-Veranstaltung sei, die Forderungen und Anliegen der Betroffenen in die Politik hineinzutragen, so Aras.
Dass Pflege – ob im Krankenhaus oder im Pflegeheim – systemrelevant ist, hat die Pandemie überdeutlich gezeigt. Aber wie könnte eine angemessene Wertschätzung der Arbeit von Pflegenden konkret aussehen? Darüber diskutierten im Landtag die Krankenpflegerin und „Spiegel“-Bestseller-Autorin Nina Böhmer, Prof. Dr. Uta Meier-Gräwe, emeritierte Professorin für Wirtschaftslehre des Privathaushalts und Familienforschung an der Justus-Liebig-Universität Gießen, und Dr. Joachim Rock, Abteilungsleiter für Arbeit, Soziales und Europa im Paritätischen Gesamtverband. Axel Graser, Leiter des SWR Studio Stuttgart, moderierte die Podiumsdiskussion, bei der auch Fragen aus dem Publikum eingereicht werden konnten.
In einem Filmbeitrag von Journalistin Tabea Günzler und Prof. Stephan Ferdinand von der Hochschule der Medien äußerten sich Pflegekräfte zu den schönen und den frustrierenden Seiten ihres Berufs. Bei der anschließenden Podiumsdiskussion schilderte Nina Böhmer, Krankenpflegerin und Autorin des Buchs „Euren Applaus könnt ihr euch sonst wohin stecken“, ihre Erfahrungen: „Die schlechten Arbeitsbedingungen in der Pflege sind kein Geheimnis. Ich selbst habe große Angst davor, alt zu werden und dann einmal nicht die Pflege erhalten zu können, die ich bräuchte.“
Die Podiumsrunde erörterte systemische Fehler in der Pflege und forderte deren politische Aufarbeitung. Prof. Dr. Uta Meier-Gräwe nannte die in den 1990er Jahren eingeführten Fallpauschalen als Beispiel für eine fundamentale Fehlentwicklung in der Betrachtung von Pflegeleistungen: „Die betriebswirtschaftlichen Maßstäbe, die an die Pflege angelegt werden, sind fehl am Platz. Es handelt sich eben nicht um Maschinen und Arbeit wie am Fließband, sondern um Menschen.“ Dr. Joachim Rock fügte an: „Wir müssen endlich unser Bild ändern, dass Pflege keine produktive Dienstleistung sei. Pflege wird oft nur als Kostenfaktor gesehen. Wie soll dieser Bereich dann für junge Menschen attraktiv erscheinen?“
Der Experten auf dem Podium waren sich einig: Applaus von Balkonen und Einmalzahlungen seien ganz nett, reichten aber nicht. Es brauche echte Reformen und eine Neubewertung von Arbeit am und mit dem Menschen, um das System Pflege aufzuwerten. Dafür sprachen sich auch die Gäste in der Publikumsrunde aus.
Landtagspräsidentin Aras: „Die EU muss Verstöße gegen das Rechtsstaatsprinzip wirksam ahnden“
Stuttgart. Mit der Konferenz zur Zukunft Europas sollen die Weichen für die Zukunft der Europäischen Union gestellt werden. „Dazu gehört auch ein besserer Schutz vor Verstößen von Mitgliedstaaten gegen das Rechtsstaatsprinzip und die europäischen Werte“, betonte Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne). „Im EU-Vertrag sollte klargestellt werden, dass bei Vertragsverletzungsverfahren eine Vollstreckung von Zwangsgeldern auch gegen Mitgliedstaaten möglich ist, damit Verstöße gegen das Rechtsstaatsprinzip wirksam geahndet werden können“, so Aras. Nach derzeitiger Vertragslage ist umstritten, ob eine solche Vollstreckung möglich ist. Daher habe ich die Vizepräsidentin der EU-Kommission Věra Jourová als Vorsitzende der Arbeitsgruppe ‚Werte und Rechte, Rechtsstaatlichkeit, Sicherheit‘ der Konferenz, gebeten, meinen Vorschlag nach Aufnahme in den EU-Vertrag aufzugreifen“, informierte Aras.
Anlass für die Initiative der Landtagspräsidentin, die Mitglied der Konferenz zur Zukunft Europas ist, ist die Weigerung der Regierung in Polen, vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) im Rahmen eines Vertragsverletzungsverfahrens verhängte Zwangsgelder in Höhe von täglich einer Million Euro zu bezahlen. Diese Weigerung, die auch ein weiteres Vertragsverletzungsverfahren gegen Polen betrifft, ist ein bislang einmaliger Fall. Die Zwangsgelder hat der EuGH im Oktober 2021 verhängt, nachdem es die Regierung in Polen abgelehnt hat, einer Anordnung des Gerichtshofs Folge zu leisten, die Disziplinarkammer beim polnischen Obersten Gerichtshof aufzulösen. Diese Kammer, die Richterinnen und Richter entlassen kann, verstößt, so der EuGH, gegen EU-Recht, da ihre Tätigkeit nicht mit der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Justiz vereinbar sei.
„Wenn eine Durchsetzung der Zahlungen nicht gelingen sollte, wäre dies ein einmaliger Vorgang, der nicht nur das Vertragsverletzungsverfahren leerlaufen ließe, sondern auch den Schutz der europäischen Werte“, legte Aras dar. Die Europäische Kommission will die Zwangsgelder mit Fördermitteln verrechnen, die für Polen vorgesehen sind. Rechtlich umstritten ist, ob eine solche Verrechnung zulässig oder als Zwangsvollstreckung einzuordnen ist. Eine Zwangsvollstreckung gegen Mitgliedstaaten sieht der EU-Vertrag nicht ausdrücklich vor. „Im Interesse eines wirksamen Schutzes des EU-Vertrages und der europäischen Werte spreche ich mich dafür aus, im EU-Vertrag ausdrücklich die Möglichkeit einer Zwangsvollstreckung gegen Mitgliedstaaten vorzusehen“, so Aras.
„Betonen möchte ich, dass ich die immense Leistung Polens bei der Aufnahme von Flüchtlingen aus der Ukraine mit Hochachtung anerkenne“, sagte Aras. Der Schutz der Werte der Europäischen Union, die von allen Mitgliedstaaten beim Beitritt anerkannt wurde, bilde aber die Grundlage der Europäischen Union, die bewahrt werden müsse. „Wenn wir unsere gemeinsamen Werte nicht selbst vorleben und vor Verletzungen wirksam schützen, werden wir unglaubwürdig“, bemerkte Aras abschließend.
Landtagspräsidentin Aras: „Leben und Pflege in Würde sollte in einer gerechten Gesellschaft unser aller Ziel sein.“
Stuttgart. Der Landtag von Baden-Württemberg setzt seine von Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) initiierte erfolgreiche Gesprächsreihe „WERTSACHEN – Was uns zusammenhält“ fort. Die Auftaktveranstaltung findet am Dienstag, 5. April 2022, um 18.30 Uhr, im Haus des Landtags statt. Das Thema des Abends lautet „Gerechtigkeit – Was sind uns Pflegeberufe wert?“.
Zum Auftakt der zweiten Staffel geht es um den Wert der Pflege – für Gesellschaft und Politik, aber auch für die Menschen, die in der Pflege arbeiten, oder die möglicher-weise selbst einmal davon betroffen sein werden. „Wir alle hoffen, dass wir im Fall der Fälle eine Pflege erhalten, die uns ein Leben in Würde ermöglicht. In dieser Erwar-tungshaltung sind wir Bürgerinnen und Bürger uns einig“, so Landtagspräsidentin Muhterem Aras. Daraus ergäben sich aber kontroverse Fragen: „Ermöglicht unser So-zialsystem den Beschäftigten in der Pflege, diesem Anspruch gerecht werden zu kön-nen? Die Corona-Pandemie hat die Probleme verschärft. Die Ursachen aber liegen tiefer – und leider zu oft im Schatten der öffentlichen Wahrnehmung“, so Aras weiter. Sie wird die Veranstaltung mit einem Grußwort eröffnen.
Über den Wert von Pflegeberufen und die Wertschätzung für die darin tätigen Menschen diskutieren Prof. Dr. Uta Meier-Gräwe, emeritierte Professorin für Wirtschaftslehre des Privathaushalts und Familienforschung der Justus-Liebig-Universität Gießen, die ausgebildete Gesundheits- und Krankenpflegerin sowie Buchautorin („Euren Applaus könnt ihr euch sonst wohin stecken“) Nina Böhmer sowie Dr. Joachim Rock vom Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband. Die Moderation übernimmt Axel Graser (SWR), das Publikum hat die Gelegenheit Fragen zu stellen.
Die Veranstaltungsreihe WERTSACHEN möchte auch in der zweiten Staffel das Ge-spräch über das Grundgesetz anregen. Welche Bedeutung haben unsere Grundrechte und Grundwerte für den gesellschaftlichen Zusammenhalt? Wie gelingt eine ge-meinsame Rückbesinnung auf die normativen Grundlagen unserer Demokratie? „Es geht um grundlegende, konstante Wertvorstellungen – und wie wir sie allgemein in einer sich rasch wandelnden Gesellschaft, aber auch konkret beispielsweise in der Pflege ausgestalten“, so Aras.
Anmeldungen zur Teilnahme sind möglich über die Homepage des Landtags unter https://www.landtag-bw.de(externer Link).
Die Veranstaltung kann auch im Livestream dem YouTube-Kanal des Landtags verfolgt werden: https://www.youtube.com/watch?v=MayGbgk2oIE (externer Link)
Ständiger Ausschuss stimmt für Stärkung der Barrierefreiheit in Medien
Stuttgart. Der Ständige Ausschuss des Landtags hat in seiner Sitzung am Donnerstag, 24. März 2022, für eine Stärkung der Barrierefreiheit in Medien gestimmt. Das Gremium votierte mehrheitlich dafür, dem Plenum zu empfehlen, dem Gesetz zu dem Zweiten Staatsvertrag zur Änderung medienrechtlicher Staatsverträge zuzustimmen. „Es ist wichtig, den Zugang zu Medien auf unkomplizierte Weise zu ermöglichen“, sagte der Ausschussvorsitzende Guido Wolf (CDU).
Guido Wolf nahm die Beratung im Ausschuss über den Zugang zu Informationen zum Anlass, die Bedeutung von Medien für Demokratie und Gesellschaft zu betonen. „Die aktuelle Entwicklung in Russland zeigt, wie Medienfreiheit mit Füßen getreten wird, um Menschen bewusst zu manipulieren und das aktuelle Kriegsgeschehen zu verharmlosen. Wer das hohe Gut der Medienfreiheit derart verletzt, dem gebührt die Rote Karte“, so der Ausschussvorsitzende. Insofern habe die Europäische Kommission völlig zurecht entschieden, die Verbreitung von Informationen über die russischen Sender Russian Today und Sputnik im Wege der Wirtschaftssanktion zu verbieten.
Mit dem Zweiten Staatsvertrag werden dem Vorsitzenden zufolge Regelungen zur Stärkung der Barrierefreiheit in den Medien, mit denen unter anderem auch Vorgaben des Europäischen Parlaments und Rates umgesetzt werden, geschaffen. So ist etwa der Ausbau der Übersetzung von Programminhalten in Gebärdensprache und die Bildbeschreibung durch Off-Sprecher vorgesehen.
Umweltausschuss berät über Wasserstoff und Freiflächen-Photovoltaikanlagen
Stuttgart. Im öffentlichen Teil der Sitzung des Ausschusses für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft am Donnerstag, 24. März 2022, berichtete der Staatssekretär des Umweltministeriums, Dr. Andre Baumann, auf Wunsch des Ausschusses über den Sachstand bei der Energieversorgung angesichts der aktuellen Lage in der Ukraine. Dies hat der Ausschussvorsitzende Daniel Karrais (FDP/DVP) mitgeteilt. Zudem diskutierte das Gremium über die Transportinfrastruktur von Wasserstoff im Land und den Ausbau von Photovoltaik- und Windkraftanlagen auf landwirtschaftlichen Flächen. „Durch die geänderte außenpolitische Lage sind die Beratungen hier im Gremium noch einmal wichtiger, da die Meinungen aus den Fachausschüssen sicherlich Einfluss auf die Positionierung des Landes haben“, so Karrais.
Dem Ausschussvorsitzenden zufolge wurde in den Ausführungen des Ministeriums betont, dass die Versorgung mit den fossilen Energieträgern Kohle, Öl und Gas für die nächsten Wochen und Monate gesichert sei. Die aktuellen Füllstände beim Gas lägen deutschlandweit etwas unterdurchschnittlich bei rund 25 Prozent, bei der Kohle gäbe es keine Engpässe. Als besonders wichtig seien im Ausschuss die Diversifizierung der Importregionen sowie eine schnelle Unabhängigkeit von fossilen Energieträgern hervorgehoben worden. Alle möglichen Maßnahmen, die die Abhängigkeit von russischen Gaslieferungen reduzieren können, müssten unvoreingenommen geprüft werden. Das Ministerium habe in diesem Zusammenhang auch darauf hingewiesen, dass die Gewährleistung der Versorgungssicherheit derzeit an erster Stelle stünde, berichtete Karrais.
Im nicht öffentlichen Teil der Sitzung informierte sich der Ausschuss Karrais zufolge auf Antrag der Grünen-Fraktion über den Transport von Wasserstoff in Baden-Württemberg und die dafür benötigte Infrastruktur. Der Einsatz von grünem Wasserstoff solle einen wichtigen Beitrag dazu leisten, dass das Land bis 2040 klimaneutral werde. Die Antragsteller sähen im Markthochlauf von Wasserstofftechnologie eine große Chance für den Industriestandort Baden-Württemberg, so Karrais. Die Ausschussmitglieder seien sich einig darüber gewesen, dass dafür auch der Aufbau einer Transportinfrastruktur zügig vorangetrieben werden müsse. Wasserstoff und seine Folgeprodukte müssten in größerem Umfang und über weitere Strecken transportiert werden können.
Die Verteilung von Wasserstoff im Land erfolge momentan ausschließlich über Lkw-Sattelauflieger. Ebenfalls zur Diskussion stünde derzeit ein Transport über Wasser- und Schienenwege. In Deutschland und Europa fände bereits ein pipelinegebundener Wasserstofftransport statt. Für kleinere Mengen würden auch weiterhin Lkw-Trailer in Frage kommen, für größeren Mengen und Distanzen von bis zu 10.000 Kilometer seien Pipelines die wirtschaftlichste Option, fasste Karrais die Ausführungen von Ministeriumsseite zusammen.
„Der steigende Strombedarf, der Ausstieg aus der Atomenergie und die Reduzierung fossiler Energien erfordern den schnellstmöglichen Ausbau klimaneutraler Energieerzeugung“, erklärte der Ausschussvorsitzende. Es sei jedoch davon auszugehen, dass das Land auch weiterhin ein Energieimportland bleibe. Um die notwendigen Voraussetzungen für eine Wasserstoffwirtschaft zu schaffen, sei die Sicherung ausreichender Importmengen von grünem Wasserstoff notwendig. Zudem seien Wasserstoff-Cluster in allen Regionen Baden-Württembergs geplant. Diese sollen mittelfristig über ein nationales bzw. internationales Wasserstofftransportnetz verknüpft werden. Die bestehende Erdgasinfrastruktur könnte sukzessive auf die Wasserstoffnutzung umgestellt werden.
Des Weiteren diskutierte der Ausschuss auf Antrag der FDP/DVP-Fraktion den Ausbau von Freiflächen-Photovoltaikanlagen und Windkraft auf landwirtschaftlichem Grund in Baden-Württemberg. „Durch die aktuellen politischen Entwicklungen ist der Bedarf an Flächen sowohl für die Landwirtschaft als auch zur Energiegewinnung sprunghaft gestiegen. Wir brauchen jede Fläche, die wir kriegen können“, sagte Karrais. Für den Ausbau erneuerbarer Energien habe das Land die möglichen Flächen für Solarparks um „benachteiligte Gebiete“ auf Acker- und Grünlandflächen erweitert und in einer 2021 verabschiedeten Novelle des Klimaschutzgesetzes mindestens zwei Prozent der jeweiligen Fläche einer Region für die Nutzung von Windenergie und Photovoltaik festgelegt. Die Antragsteller forderten Karrais zufolge, den Flächenverlust in der Landwirtschaft zu begrenzen, um die Versorgungssicherheit der Bevölkerung mit Lebensmitteln und die Überlebensfähigkeit der Landwirte mit Pachtverträgen sicherstellen zu können.
Bei den im Klimaschutzgesetz angepeilten zwei Prozent sei angedacht, dass der deutlich größere Anteil, nämlich rund 1,7 bis 1,8 Prozent, auf die faktisch weniger Raum einnehmende Windkraft und nur etwa 0,2 Prozent auf Photovoltaikanlagen entfallen solle, gab Karrais die Angaben von Ministeriumsseite wieder. Generell sei ein sparsamer Umgang mit Grund und Boden vonnöten, weswegen auch die im Ausschuss vorgebrachte Agri-Photovoltaik, mit hochgestellten Photovoltaikanlagen und gleichzeitiger landwirtschaftlicher Nutzung der Fläche, befürwortet werde. Abschließend wurde im Ausschuss appelliert, in der laufenden Debatte Ackerland und Photovoltaik-Energien nicht gegeneinander aufzuwiegen, so Karrais.
Soll Werbung für Glücksspiele im Hinblick auf den Jugendschutz strenger reguliert werden?
Stuttgart. Soll Werbung für Glücksspiele nach dem Glücksspielstaatsvertrag 2021 (GlüStV 2021) im Fernsehen und im Internet im Hinblick auf den Jugendschutz strenger reguliert werden? Mit einer Petition hierzu hat sich der Petitionsausschuss des Landtags von Baden-Württemberg in seiner Sitzung am Donnerstag, 24. März 2022, befasst. Das hat der Vorsitzende des Gremiums, Thomas Marwein (Grüne), mitgeteilt. „Wir sehen die Gefahren der Spielsucht vor dem Hintergrund der Anonymität des Internets, besonders auch bei Kindern und Jugendlichen und haben große Sympathien für das Anliegen des Petenten“, so Marwein.
Zigarettenwerbung sei ja bereits sehr stark eingeschränkt. Nach Angaben Marweins sieht der aktuelle GlüStV 2021 eine Sperrzeit für Werbung im Rundfunk und im Internet in der Zeit von 6 Uhr bis 21 Uhr vor. Diese gelte für virtuelle Automatenspiele, Online-Poker und Online-Casinospiele. Der Petent vertrete die Auffassung, so der Vorsitzende, dass dies den strengeren Vorgaben des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags zuwiderlaufe und somit ein Verstoß gegen das Jugendschutzgebot darstelle. Diese strengeren Vorgaben sehen vor, dass entwicklungsbeeinträchtigende Werbeinhalte nur nach 23 Uhr bis 6 Uhr morgens zu sehen sein dürfen.
Wesentliches Ziel des Glücksspielstaatsvertrags 2021 ist es Thomas Marwein zufolge, den Schwarzmarkt des Online-Glücksspiels zu bekämpfen, indem bestimmte Online-Glücksspiele unter strengen Auflagen zum Spielerschutz und zum Jugendschutz erlaubnisfähig sind. So könnten sich die Maßnahmen der Glücksspielaufsicht auf die unerlaubten Anbieter konzentrieren. „Die Länder haben sich dazu entschieden, diesen erlaubten Anbietern in begrenztem Umfang zu ermöglichen, für ihr Angebot zu werben“, erläuterte der Ausschussvorsitzende. „So sollen Spieler von unerlaubten Glücksspielangeboten des Schwarzmarkts zum Wechsel zu erlaubten Anbietern bewegt werden.“ Der GlüStV 2021 differenziere zwischen erlaubten, streng regulierten Angeboten einerseits und unerlaubtem Glücksspielangebot andererseits. Werbung für unerlaubtes Glücksspiel sei vollständig untersagt, für Werbung für erlaubtes Glücksspiel würden enge Grenzen gezogen.
„Die Werbung verführt zum Hineinklicken“, gab der Vorsitzende die vorherrschende Meinung im Ausschuss wieder. Eine Änderung des Glücksspielstaatsvertrags sei jedoch ein komplexes Konstrukt, nicht zuletzt, weil alle 16 Länder daran beteiligt seien. „Der Ausschuss hat deshalb einstimmig beschlossen, die Petition der Regierung zur Erwägung zukommen zu lassen“, berichtete Marwein. Bei einer anstehenden Evaluierung des Gesetzes könnte das Land aktiv werden. „Wir als Petitionsausschuss können den Staatsvertrag nicht aushebeln.“
Umwelt- und Energiethemen sowie die Ukraine im Mittelpunkt der Beratungen
Stuttgart. Der Ausschuss für Europa und Internationales hat sich in seiner Sitzung am Mittwoch, 23. März 2022, unter anderem mit Unterrichtungen des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft in EU-Angelegenheiten befasst. Das hat die stellvertretende Vorsitzende des Gremiums, Andrea Bogner-Unden (Grüne), mitgeteilt. So ging es zum einen um die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden und andererseits um erneuerbare Gase, Erdgas und Wasserstoff. „Wir müssen schnellstmöglich unabhängig von Kohle, Öl und Gas aus Russland werden“, so Bogner-Unden.
Außerdem informierte sich der Europaausschuss über die Makrofinanzhilfe für die Ukraine, einer Unterrichtung des Landtags durch das Finanzministerium. „Unsere Energieabhängigkeit von Russland finanziert zurzeit den Krieg in der Ukraine. Mithilfe von Fotovoltaik, Agriphotovoltaik und Windkraftausbau können wir unabhängig von Kohle, Öl und Gas aus Russland werden“, bekräftigte die Ausschussvorsitzende. „Wenn wir den Klimawandel nicht in den Griff bekommen, werden Trockenheit und Umweltkatastrophen zu immer größeren Hungersnöten und Fluchtursachen führen. Wir müssen daher regenerative Energiegewinnung und nachhaltige Landwirtschaft zusammendenken und nicht gegeneinander ausspielen“, warb Bogner-Unden.
„Es ist ein Gebot der Solidarität, der Ukraine beizustehen“, betonte Andrea Bogner-Unden. Seit Mitte Januar 2022 sind die Renditen ukrainischer Euro-Staatsanleihen auf ein untragbares Niveau gestiegen. Die Finanzierung über die internationalen Kapitalmärkte ist nicht mehr möglich. Mit Beginn des völkerrechtswidrigen Angriffskriegs von Russland auf die Ukraine hat sich die Situation nochmals verschlechtert. Das Europäische Parlament und der Rat schlagen daher eine makrofinanzielle Nothilfe in Höhe von 1,2 Milliarden Euro für die Ukraine vor. Mit diesem Notfallinstrument soll in der akuten Krisensituation rasche Unterstützung geleistet werden. „Der Vorschlag wurde im Ausschuss begrüßt“, so die Vorsitzende.
Die im Entwurf der Neufassung der Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden (EPBD) formulierten Vorgaben zur Erreichung der Energieeffizienzziele und zur Einsparung von Treibhausgasen im Gebäudesektor haben einen Einfluss auf zahlreiche Themen im Land, bekräftigte die Vorsitzende. Schließlich solle die jährliche Quote der energetischen Renovierungen bis 2030 mindestens verdoppelt werden. „Hier ist vor allem der Zero-Emission Building Standard (ZEB) zu nennen, der für neue öffentliche Gebäude ab 2027 und für alle anderen Neubauten ab 2030 gelten soll“, legte Andrea Bogner-Unden dar.
Weiter hat sich der Europaausschuss mit Vorschriften für die Binnenmärkte für erneuerbare Gase und Erdgas sowie Wasserstoff befasst. Mit dem Vorschlag der EU-Kommission sollen die Voraussetzungen für einen Übergang von fossilem Erdgas zu erneuerbaren und CO2-armen Gasen, insbesondere Biomethan und Wasserstoff, geschaffen werden und die Resilienz des Gassystems gestärkt werden. „Hauptziele bestehen darin, einen Wasserstoffmarkt aufzubauen, ein günstiges Investitionsumfeld zu schaffen und die Entwicklung spezieller Infrastrukturen, auch für den Handel mit Drittländern, zu fördern“, erläuterte Bogner-Unden. Erdgas hat in Baden-Württemberg einen Anteil von rund 20 Prozent am Primärenergieverbrauch. Der Anteil wird voraussichtlich weiter zunehmen. In einer weiteren Änderung der Versorgungssicherheitsverordnung sollen situationsangepasst Mechanismen bei Risiken in der Befüllung der Gasspeicher ermöglicht werden, etwa eine (Minimal-)Befüllung der Gasspeicher, Anreize zur Gasvorhaltung durch Auktionssysteme oder die Bildung von Einkaufs-/Versorgungsgemeinschaften auf freiwilliger Basis.
Viel mehr unbegleitete minderjährige Flüchtlinge als 2015 erwartet
Stuttgart. Mit der Situation von unbegleiteten minderjährigen Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine hat sich der Ausschuss für Soziales, Gesundheit und Integration in seiner Sitzung am Mittwoch, 23. März 2022, befasst. Wie die stellvertretende Ausschussvorsitzende Dorothea Wehinger (Grüne) berichtete, sagte das Sozialministerium vor dem Gremium schnelle unterstützende Maßnahmen für die Jugendhilfeträger im Land zu. Die Landesregierung arbeite eng mit den Trägern zusammen, um Hilfen für Kinder und Jugendliche aus der Ukraine bestmöglich zu organisieren.
Auf Antrag der Fraktionen der Grünen und der CDU berichtete Staatssekretärin Dr. Ute Leidig vor dem Ausschuss zur Situation der jungen Flüchtlinge aus der Ukraine. Laut der stellvertretenden Ausschussvorsitzenden Wehinger erklärte Dr. Leidig, es lägen bisher noch keine genauen Zahlen zu unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen aus dem von Russland angegriffenen Land vor. Eine möglichst genaue statistische Erfassung auf Basis der Daten der aufnehmenden Einrichtungen auf kommunaler Ebene werde vorbereitet. Klar sei aber jetzt schon, dass im Vergleich zur Flüchtlingskrise des Jahres 2015 sehr viel mehr unbegleitete Minderjährige auch nach Baden-Württemberg kommen werden.
Dr. Leidig habe weiter berichtet, das Ministerium setze in enger und regelmäßiger Abstimmung mit dem beim Kommunalverband für Jugend und Soziales (KVJS) angesiedelten Landesjugendamt und den Jugendämtern alles daran, dass die Kinder und Jugendlichen unbürokratisch und in einem sicheren und geschützten Umfeld untergebracht werden können. Das Land habe sich in diesem Zusammenhang bereiterklärt, freiwillig die Kosten für diejenigen Minderjährigen zu übernehmen, bei denen sich erst nach einer Zeit von bis zu drei Monaten herausstellt, dass sie nicht von Erwachsenen begleitet werden, die für sie Sorge tragen.
Nach Angaben der stellvertretenden Ausschussvorsitzenden Wehinger betonte die Staatssekretärin, dass gemeinsam geflüchtete Kinder und Jugendliche aus ukrainischen Heimen in Deutschland nicht getrennt werden sollen. Dieses Ziel genieße höchste Priorität, um eine neuerliche Traumatisierung zu verhindern.
Vertreter aller Fraktion begrüßten die vom Ministerium ergriffenen Maßnahmen zur Versorgung der unbegleiteten Minderjährigen. Laut Wehinger wollte die SPD von Dr. Leidig wissen, ob dem Ministerium Erkenntnisse zur Lage ukrainischer Leihmütter vorliegen, die Kinder für deutsche Eltern austragen. Dr. Leidig habe verneint. Es gebe aber Berichte, wonach die Leihmütter versuchten, die Kinder in der Ukraine auszutragen, um vertragliche Vereinbarungen mit den leiblichen Eltern nicht zu verletzen.
Bildungsausschuss informiert sich über Angebote für ukrainische Kinder und Jugendliche
Stuttgart. Mögliche Betreuungs- und Bildungsangebote für geflüchtete Kinder und Jugendliche aus der Ukraine wurden im Ausschuss für Kultus, Jugend und Sport am Donnerstag, 17. März 2022, im öffentlichen Teil der Sitzung thematisiert. Kultusministerin Theresa Schopper schloss an den mündlichen Bericht des Ministeriums zur aktuellen pandemiebedingten Situation in den Schulen im Land auf Wunsch des Ausschusses einen Bericht zur aktuellen Lage im Hinblick auf die Ukraine an. „Das ist ein Thema, das uns die nächsten Wochen und Monate weiter beschäftigen wird. Wir müssen gemeinsam nach guten Lösungen schauen, um die Menschen, die zu uns kommen, zu betreuen und dass auch eine Beschulung stattfinden kann“, sagte Ausschussvorsitzende Petra Häffner (Grüne).
Aktuell befänden sich nach Angaben des Ministeriums rund 3.600 Menschen aus der Ukraine in den Erstaufnahmeeinrichtungen in Baden-Württemberg, jeden Tag kämen etwa 500 dazu. Unter den Geflüchteten sind zahlreiche Kinder und Jugendliche, die genaue Anzahl ist aufgrund der visafreien Einreise allerdings unklar. Kultusministerin Schopper hob in der Sitzung zunächst hervor, dass ein möglichst pragmatischer Kurs gefahren werden müsse, um den ankommenden Kindern eine Struktur geben zu können. Auch wenn die Schulpflicht erst sechs Monate nach dem Zuzug greift, solle es beispielsweise möglich sein, dass ein Schulkind seine Cousine mit in die Klasse bringe, wenn die Geflüchteten bei ihren Verwandten untergebracht seien. Auch sei bereits umfangreiches Material zu den Themen Krieg und Frieden zusammengestellt worden, um die Thematik im Schulunterricht aufgreifen zu können.
Ein zentraler Punkt sei auch ein einheitliches, bundesweites Angebot für ukrainische Schülerinnen und Schüler, die in diesem Jahr ihren Schulabschluss machen würden. „Ein großer Vorteil ist, dass das ukrainische Schulsystem sehr digitalisiert ist. Wir sind auf Bundesebene im Gespräch mit dem ukrainischen Bildungsministerium, um zu schauen, ob wir die Prüfungen abnehmen können oder nicht“, so Schopper. Gleichzeitig sei das Ministerium momentan am Prüfen, wo im Bereich der Deutschförderkurse verstärkt werden müsse, hier gebe es durch die Fluchtbewegungen in den Jahren 2015/16 schon entsprechende Strukturen.
Ausschussvorsitzende Petra Häffner begrüßte die große Einigkeit im Ausschuss, die angesichts der Dringlichkeit der Thematik und des notwendigen Pragmatismus herrsche. So hätten auch Fraktionen der Opposition das Vorhaben befürwortet, die Prüfungsabnahme in Absprache mit den ukrainischen Behörden zu ermöglichen. Die SPD erkundigte sich Häffner zufolge darüber hinaus nach der genauen Ausgestaltung der Verwaltungsstrukturen auf Landesebene zur Bewältigung der Aufgaben und forderte die Unterstützung der Kommunen bei den Bildungsangeboten wie etwa Vorbereitungsklassen und Fortbildungsangeboten zum Thema Trauma und Krieg. Bei der Thematik sei allgemein eine große Sensibilität gefragt. Vertreter der FDP/DVP sprachen ebenso die Einrichtung einer Taskforce innerhalb des Kultusministeriums an und forderten klare Zuständigkeiten, wie die Ausschussvorsitzende berichtete. Im Rahmen der Möglichkeiten sollten die Institutionen vor Ort auch finanziell in die Lage versetzt werden, eine gute Betreuung der ankommenden Kinder zu ermöglichen. Die durch Corona ohnehin schon angespannte Personalsituation drohe sich angesichts der aktuellen Entwicklungen weiter zu verschärfen.
Kultusministerin Schopper habe sich für die fraktionsübergreifend zugesicherte Unterstützung im Ausschuss bedankt, so die Ausschussvorsitzende abschließend.
Mittelstandsförderung der Landesregierung im Fokus
Stuttgart. Der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus hat sich in seiner Sitzung am Mittwoch, 16. März 2022, mit dem Mittelstandsbericht 2021 der Landesregierung befasst. Weitere Themen waren Struktur und Zielgenauigkeit von Förderprogrammen des Landes für Unternehmen und die Novelle der sogenannten Beratungsrichtlinie, die am 1. Januar in Kraft getreten ist und laut Berichten aus der Wirtschaft zu mehr Bürokratie in Betrieben führt. Zum Mittelstand zählen laut dem Bericht, der auf rund 250 Seiten Zahlen und Fakten für die Jahre 2015 bis 2020 zusammenfasst, Betriebe mit weniger als 250 Beschäftigten. Sie stehen für 99 Prozent der insgesamt knapp 500.000 Unternehmen im Land und erwirtschafteten im Jahr 2019 mit 459 Milliarden Euro fast 40 Prozent aller hiesigen Unternehmensumsätze. Jeder zweite Baden-Württemberger ist bei einem mittelständischen Unternehmen angestellt – das sind 2,3 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigte.
„Der Mittelstand hat als Wirtschaftsmotor und Garant für Beschäftigung und Wachstum auch in den vergangenen Jahren einen entscheidenden Beitrag zum Wohlstand unseres Landes geleistet“, sagte Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut vor dem Ausschuss. Nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Dr. Erik Schweickert (FDP/DVP) erklärte die Ministerin weiter, dass die Digitalisierung, die Transformation zu einer klimafreundlichen Wirtschaft sowie die Fachkräftesicherung zentrale Herausforderungen der kleinen und mittleren Unternehmen blieben. Dabei habe die Landesregierung die Betriebe im Zeitraum von 2015 bis 2020 mit insgesamt über einer Milliarde Euro unterstützt.
Das für den Mittelstand gravierendste Ereignis sei in den vergangenen Jahren die Corona-Pandemie gewesen, habe die Ministerin erklärt. „In einer gemeinsamen Kraftanstrengung“ sei es gelungen, die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie abzumildern. Von März 2020 bis Ende Mai 2021 seien insgesamt 5,8 Milliarden Euro alleine in die Zuschussprogramme für Unternehmen und Selbstständige in Baden-Württemberg geflossen, davon mehr als 600 Millionen Euro aus Landesmitteln.
Grüne und CDU lobten den Mittelstandsbericht nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Dr. Schweickert. Die Regierungsfraktionen hätten zugesagt, kleine und mittlere Unternehmen weiter zu unterstützen. Die Grünen kündigten demnach an, sich für eine Nachschärfung der Förderprogramme in Richtung Ökologie einzusetzen. Die CDU sprach sich laut Dr. Schweickert dafür aus, angesichts der explodierenden Energiepreise infolge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine die Betriebe schnell zu entlasten. Der Mittelstand kämpfe ums Überleben, habe die CDU gewarnt.
Vertreter von SPD und FDP/DVP kritisierten laut Dr. Schweickert, der Mittelstandsbericht sei über weite Strecken ein bloßer Tätigkeitsbericht des Wirtschaftsministeriums. Das reiche nicht. Die SPD bemängelte demnach, der Bericht zeige nicht auf, wie die zahlreichen Instrumente der Mittelstandsförderung weiterentwickelt werden können, beispielsweise auch mit Blick auf eine zu verbessernde Cybersicherheit. Genau dies sei aber der gesetzliche Auftrag, dem der Mittelstandsbericht genügen müsse. Die AfD habe sich dem angeschlossen, so der Ausschussvorsitzende Dr. Schweickert.
Auf Antrag der FDP/DVP diskutierte der Wirtschaftsausschuss zudem die Novelle der sogenannten Beratungsrichtlinie. Die Richtlinie regelt die Landesbezuschussung von Beratungsleistungen, die Kammern und Verbände insbesondere für Handwerksbetriebe und Freiberufler erbringen. Nach der neuen Fassung, die am 1. Januar 2022 in Kraft getreten ist, erhöhe sich der bürokratische Aufwand für die Nachfrager von Kleinstberatungen unverhältnismäßig, da eine Bagatellgrenze für Nachweispflichten nicht mehr vorgesehen sei, kritisierte die FDP/DVP unter Berufung auf Rückmeldungen aus der Wirtschaft nach Angaben von Dr. Schweickert.
Ministerin Dr. Hoffmeister-Kraut erklärte dazu nach Angaben des Ausschussvorsitzenden, ihr Haus habe sich gezwungen gesehen, eine entsprechende EU-Richtlinie umzusetzen. Sie sei selbst unzufrieden über die dadurch entstehende zusätzliche Bürokratie für die Unternehmen und wolle deshalb dafür werben, eine Bagatellgrenze einzuführen. Es werde aber wohl keine schnelle Lösung im Sinne der Betroffenen geben.
Ebenfalls auf Antrag der FDP/DVP befasste sich der Ausschuss mit Struktur und Zielgenauigkeit von Förderprogrammen für kleinere und mittlere Betriebe. Die Liberalen hatten dazu einen umfangreichen Fragenkatalog an das Ministerium gerichtet. Für die ausführlichen Antworten und die Auflistung von 73 Einzelprogrammen wurde Ministerin Dr. Hoffmeister-Kraut laut Dr. Schweickert von allen Fraktionen gelobt. Die Ministerin erklärte, dass die Programme ständig angepasst würden. Dabei orientiere man sich an den Bedürfnissen der Betriebe. Auf Nachfrage der SPD habe die Ministerin erklärt, dass die Programme ab 2023 auch durch externe Dienstleister evaluiert werden sollen.
Der Ausschussvorsitzende wies zum Abschluss der Sitzung darauf hin, dass die Mitglieder auf seinen Antrag nach §36 der Geschäftsordnung des Landtags hin seit dem 15. März das sogenannte Expo-Gutachten einsehen können. Auf dessen Grundlage hatte die Landesregierung Ende Januar in einem vertraulichen Bericht darüber informiert, ob das Land wegen seiner ungewollten Beteiligung an der Weltausstellung 2020 in Dubai Ansprüche gegenüber Dritten geltend machen könne.
SWEG investiert 5,2 Millionen Euro für den Kauf sämtlicher Abellio-Geschäftsanteile
Stuttgart. Der Ausschuss für Verkehr hat in seiner Sitzung am Donnerstag, 17. März 2022, erneut Themen rund um die Übernahme der Abellio Rail Baden-Württemberg GmbH debattiert. Vor allem das laufende Insolvenzverfahren sowie die Ausschreibung und Vergabe von Schienenverkehrsleistungen an die Abellio wurden besprochen. Zudem ging es um die Busförderung des Landes beim Einsatz von Klebefolien auf den Seitenscheiben von Linienomnibussen, teilte der Vorsitzende des Gremiums, Rüdiger Klos (AfD), mit.
In der Sitzung des Verkehrsausschusses war auf Anträge der SPD- sowie FDP/DVP-Fraktion erneut die Übernahme der Abellio durch die landeseigene Südwestdeutsche Landesverkehrs-GmbH (SWEG) Schwerpunkt der Diskussionen, berichtete Klos. Die beiden Oppositionsfraktionen erklärten in der Sitzung weiterhin, dass die Übernahme für Beschäftigte und Fahrgäste erfreulich sei und das Ziel den Betrieb aufrecht zu erhalten, erfüllt werden konnte. Dennoch gäbe es weiterhin einen umfangreichen Fragenkatalog an das Ministerium.
Für den Kauf aller Gesellschaftsanteile der Abellio habe sich der Investorenbeitrag auf 5,2 Millionen Euro belaufen, erklärte der Ausschussvorsitzende. Abellio werde dabei als eigenständige Tochter der SWEG geführt, da die Geschäftsanteile und der Verkehrsvertrag nach Ende der Notmaßnahme im Dezember 2023 an den neuen Vertragsinhaber übergeben werden sollen. Dieser müsse auch das Personal übernehmen. Die Ausschreibung beginne in den nächsten zwei bis drei Monaten. Das Ministerium rechne bis Ende des Jahres mit einer Entscheidung.
Altverbindlichkeiten würde die SWEG durch die Insolvenzplansanierung nicht übernehmen. Eine im Insolvenzplan festgelegte Insolvenzquote solle regeln, inwiefern Altgläubiger befriedigt werden. Dabei sollen Massegläubiger durch die aus dem Investorenbeitrag zur Verfügung stehende, verteilungsfähige Masse vorrangig befriedigt werden.
Gemäß Angaben von Klos wurde ein weiterer Fokus in den Beratungen auf die von Abellio vorgelegten Sicherheiten gelegt. Bei der Ausschreibung und Vergabe von Schienenverkehrsleistungen an die Abellio sei eine Vertragserfüllungsbürgschaft in Höhe von zehn Prozent der Kosten ohne Infrastruktur vorgelegt worden. Diese würde sich nach erfolgter Zulassung und Inbetriebnahme aller Fahrzeuge auf fünf Prozent reduzieren. Des Weiteren habe Abellio eine Bürgschaft zur Absicherung der Pachtzahlungen vorgelegt. Zudem müssten laufend Zahlungen zur Sicherung der Instandhaltung der Fahrzeuge gemacht werden. Zusätzlich habe das Land vom Hersteller der Fahrzeuge eine Anzahlungs- und eine Gewährleistungsbürgschaft gefordert. Wie das Verkehrsministerium in der Sitzung mitteilte, habe das Land bislang nur auf die Vertragserfüllungsbürgschaft zurückgegriffen, fasste Klos zusammen.
Außerdem wollten SPD und FDP/DVP in der Sitzung wissen, ob vor der Übernahme der Abellio durch die SWEG auch andere Optionen geprüft wurden. Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) erkläre Klos zufolge, dass dies gemäß Insolvenzrecht durch den vom Gericht eingesetzten Sachverwalter geschehen sei. Dabei sei der Markt sondiert worden und alle Interessenten seien aufgerufen worden sich zu melden. Es habe Unternehmen gegeben, welche nur an der Werkstatt interessiert waren (asset-deal) und andere, welche Geschäftsanteile nur nach einer Anpassung des Verkehrsvertrags übernehmen wollten.
Wie der Ausschussvorsitzende erklärte, sei das Ziel der Landesregierung bei dem Verfahren gewesen, dass die Schienenverkehrsleistungen zuverlässig und im gewohnten Umfang erbracht werden. Dies sei nach Auffassung des Ministeriums durch die Übernahme der Abellio durch die SWEG am besten und schnellsten zu erreichen gewesen und habe sich bislang in der Praxis bewährt.
Des Weiteren hat sich der Ausschuss in der Sitzung Klos zufolge auf Antrag der FDP/DVP-Fraktion mit der Beklebung und der Landesförderung von Linienomnibusse befasst. Die FDP/DVP habe mit ihrer Anfrage auf Medienberichte reagiert, aus denen hervorging, dass es keine Busförderung des Landes gäbe, wenn die Seitenscheiben von Linienomnibusse beklebt seien. Dies bestätigte das Ministerium in der Sitzung und erklärte, dass die neue Anforderung von einer maximal bis zu fünf Prozent beklebten Fensterfläche ab dem Jahr 2022 als Fördervoraussetzung in die Richtlinie der Busförderung aufgenommen werde. Auf bestehende Förderungen solle sich diese Neuerung jedoch nicht auswirken. Zudem sei diese Form der Beklebung rechtlich weiterhin erlaubt.
Nach Berichten von Klos sieht es das Verkehrsministerium kritisch, wenn Fensterbereiche flächig beklebt werden würden. Dies würde vor allem bei Dunkelheit oder Dämmerung zu einer starken Beeinträchtigung der Sicht der Fahrgäste führen. Die Beklebung von Fahrzeugen würde daher gegen einen ansprechenden ÖPNV sprechen und könnte zudem vor allem bei Frauen zu einem verstärkten Unsicherheitsgefühl aufgrund der früheren Abdunkelung im Businneren führen. Neben erweiterten und verlässlichen Angeboten sowie der Sicherheit der Fahrzeuge würde aus Sicht des Ministeriums auch deren optisches Erscheinungsbild sowie die Aufenthaltsqualität eine Rolle bei der Entscheidung für den ÖPNV spielen, berichtete Klos.
Zudem würden auch Fahrgastvertretungen und -verbände die Beklebung nach Angaben des Ministeriums kritisieren.
Die FDP/DVP-Fraktion habe sich nach Aussagen von Klos in der Sitzung jedoch besorgt gezeigt, dass Busunternehmer durch die fehlenden Werbeflächen auf den Seitenscheiben mit Einnahmeverlusten rechnen müssten. Die Landesregierung habe entgegnet, dass die Einnahmen aus der Fensterwerbung nach Berechnungen des Fahrgastverbands PRO BAHN im Regionalverband Region Stuttgart jedoch weniger als ein Prozent der Betriebskosten per Bus ausmachten und somit einen sehr geringen Beitrag zur Kostendeckung leisteten.
Dem stellte das Verkehrsministerium entgegen, dass der Regelfördersatz bei der Busförderung 40.000 Euro bzw. bei E-Bussen bis zu rund 200.000 Euro betragen würde. Das Verkehrsministerium gehe zudem nur von einem geringen Anteil an eingesetzten Linienomnibussen aus, bei denen die Seitenscheiben in nennenswertem Umfang beklebt seien, so Klos.
Landwirtschaftsausschuss berät über Grüne Berufe
Stuttgart. Der Ausschuss für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz hat in seiner Sitzung am Mittwoch, 16. März 2022, über die Entwicklung der beruflichen Ausbildung im Bereich der Ernährungs- und Landwirtschaft, der sogenannten Grünen Berufe, beraten. Auf Antrag der CDU-Fraktion wurde über die notwendige inhaltliche und strukturelle Stärkung der betreffenden Ausbildungsberufe angesichts globaler Herausforderungen und sinkender Schülerzahlen diskutiert, berichtete der Ausschussvorsitzende Martin Hahn (Grüne).
Die Antragsteller forderten eine rasche inhaltliche und strukturelle Weiterentwicklung der beruflichen Ausbildungen im Agrarbereich, um auf den Klimawandel reagieren zu können, teilte Hahn mit. Insbesondere die in den Grünen Berufen beschäftigten Menschen würden angesichts der neuen Aufgaben des Biodiversitäts-, Klima-, Tier- und Umweltschutzes und einer immer höher werdenden gesellschaftlichen Anspruchshaltung vor große Herausforderungen gestellt.
Vertreter aller Fraktionen begrüßten laut Hahn die Weiterentwicklung der Lehrinhalte und des Ausbildungsangebots im Agrarbereich. In der Diskussion besonders in den Fokus gerückt wurde ihm zufolge, wie entscheidend eine gemeinsame Ausbildung im Biolandbau und in der konventionellen Landwirtschaft ist, um ein Miteinander der Landwirtinnen und Landwirte gezielt zu fördern. Hahn macht deutlich: „Vor dem Hintergrund der zunehmenden Bedeutung des Ökologischen Landbaus ist darüber hinaus die Gleichwertigkeit des Ökologischen Landbaus im Lehrplan von zentraler Bedeutung.“
In der Ausschusssitzung zu Gast war eine Klasse der Fachschule für Landwirtschaft in Herrenberg. Martin Hahn begrüßte die Schülerinnen und Schüler und ihre Lehrkräfte zu Beginn der Sitzung und betonte: „Es ist uns immer eine besondere Freude, wenn Menschen aus der Praxis an der Ausschusssitzung teilnehmen können. Wir freuen uns über Ihr Interesse an der Politik und an den Themen des Ausschusses.“ Im Anschluss an die Sitzung gab es die Möglichkeit zum Gespräch zwischen Abgeordneten und Schülerinnen und Schülern.
Insgesamt absolvieren aktuell 4.075 Auszubildende eine berufliche Ausbildung im Agrarbereich (Stand 2021). Bei den 16 Grünen Ausbildungsberufen in Baden-Württemberg ließe sich nach Ministeriumsangaben in den letzten beiden Jahrzehnten ein Rückgang der Anmeldezahlen an Fachschulen der Fachrichtungen Landwirtschaft, Hauswirtschaft und Weinbau verzeichnen, die Zahlen in der Milchwirtschaft und im Gartenbau seien konstant geblieben bzw. gestiegen, so Hahn.
Die Fachschulen sollen künftig personell gestärkt, Kompetenzen vermehrt in Bildungszentren gebündelt und weitere duale Studienangebote im Bereich der Landwirtschaft und im Gartenbau etabliert werden, wie der Ausschussvorsitzende mitteilte. An der Konzeption werde derzeit im Ministerium gearbeitet.
Innenausschuss berät über Einsatz von Satellitentechnik bei Sicherheitsbehörden
Stuttgart. Der Innenausschuss des Landtags hat sich am Mittwoch, 16. März 2022, mit den Kommunikationsmöglichkeiten von Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) befasst, insbesondere mit dem Einsatz von Satellitentechnik. In der Sitzung wurde deutlich, dass im Krisenfall – etwa bei einem flächendeckenden Ausfall des Digitalfunks und der Mobilfunknetze – auf die Kommunikation über Satellitentelefone zurückgegriffen werden kann. „Eine belastbare Kommunikationsstruktur ist elementare Voraussetzung für eine erfolgreiche Einsatzbewältigung im Krisenfall. Insgesamt sind die Sicherheitsbehörden gut aufgestellt, um auch während eines Ausfalls der Standardkommunikation miteinander kommunizieren und damit schnell helfen zu können“, sagte der Ausschussvorsitzende Ulli Hockenberger (CDU).
Nach Angaben Hockenbergers sprechen technische und andere Gründe dagegen, die Satellitentechnologie flächendeckend als Standardkommunikation einzusetzen. Auch Innenminister Thomas Strobl (CDU) habe geäußert, dass Satellitentechnologie künftig eine größere Rolle spielen werde, diese jedoch Glasfaserverbindungen und Mobilfunk nicht ersetzen könne.
In Baden-Württemberg erfolgt dem Vorsitzenden zufolge die mobile Sprachkommunikation der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben standardmäßig mittels BOS-Funk oder öffentlichem Mobilfunk. Nichtpolizeiliche Organisationen verfügen in Teilen noch über Analogfunk, im Bereich der Polizei werde für die Funkkommunikation das Netz des Digitalfunks BOS genutzt. Die mobile Datenkommunikation erfolge grundsätzlich über öffentliche Mobilfunknetze.
Dennoch seien Szenarien denkbar, in denen der Digitalfunk BOS und öffentliche Kommunikationsnetze nicht zur Verfügung stünden. In diesen Ausnahmefällen, zum Beispiel bei Naturkatastrophen, könne die Nutzung von Satellitentechnologie als eine Rückfallebene zur Aufrechterhaltung der Kommunikation hilfreich sein. Voraussetzung dafür sei eine ausreichende Ausstattung der BOS mit Satellitentechnologie. Bei der Datenkommunikation über Satellit sei gegenüber der Datenkommunikation über Mobilfunknetze mit Einschränkungen bei der Geschwindigkeit und der zur Verfügung stehenden Datenvolumen zu rechnen. Für die BOS sei die Nutzung von Satellitentechnologie bisher mit vergleichsweise großen Einschränkungen, hohem Aufwand und erheblichen laufenden Kosten verbunden. Die Weiterentwicklung dieser Technologie schreite jedoch voran, sodass die Technologie künftig eine stärkere Rolle in diesem Bereich einnehmen könnte, sagte Ulli Hockenberger.
Bei Feuerwehren und den im Katastrophenschutz mitwirkenden Organisationen würden üblicherweise Einsatzleitfahrzeuge verwendet, für die neben umfassender Funk- und Telekommunikationstechnik auch eine Satellitenkommunikationseinrichtung vorgesehen sei. Die Polizei und der Digitalfunk BOS verfügten über besondere Führungs- und Einsatzmittel, die eine Satellitenkommunikation ermöglichten. Diese würden im Bedarfsfall auch im Rahmen mobiler Einsatzleitstellen eingesetzt.
Die Kommunikation der Katastrophenschutzbehörden zur übergeordneten Führung bei besonderen Einsatzlagen erfolge im Regelbetrieb per Telefon und E-Mail. Für den Notfall stünden für die Kommunikation zwischen oberster Katastrophenschutzbehörde (Innenministerium) und den höheren Katastrophenschutzbehörden (Regierungspräsidien) bereits Satellitentelefone zur Verfügung. Zwischen Innenministerium und Regierungspräsidien bestehe zudem auch die Möglichkeit einer begrenzten Textübertragung. Als weitere Ausfallebene gebe es für die Sprachkommunikation zwischen Innenministerium und Regierungspräsidien sowie zwischen den Regierungspräsidien und den Landratsämtern als untere Katastrophenschutzbehörden außerdem Funkverbindungen.
Derzeit werde ausschließlich das Netz des Digitalfunks BOS genutzt. Für einen flächendeckenden Einsatz der Satellitentechnik sei festzuhalten, dass derzeit keine Technik verfügbar sei, die die besonderen Kommunikationsanforderungen der BOS erfüllen könne. Auch andere Ministerien verfügten je nach Bedarf als Rückfallebene über Satellitentelefonanschlüsse. Es werde angestrebt, künftig weitere Geräte und Anschlüsse in der Landesverwaltung vorzuhalten. Auch für Landkreise sowie Kommunen könnte es sinnvoll sein, solche Technik für den Notfall bereitzuhalten, sagte der Vorsitzende.
Wissenschaftsausschuss informiert sich über Auswirkungen des Ukraine-Krieges
Stuttgart. Welche Auswirkungen hat der Ukraine-Krieg auf Forschung, Wissenschaft und Kunst in Baden-Württemberg? Mit dieser Frage hat sich der Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kunst in seiner Sitzung am Mittwoch, 16. März 2022, befasst. Wie die Vorsitzende des Gremiums, Nese Erikli (Grüne) mitgeteilt hat, haben Ministerin Theresia Bauer und Staatssekretärin Petra Olschowski auf Wunsch des Ausschusses einen ausführlichen mündlichen Bericht gegeben. „Wir alle schauen mit Entsetzen auf das, was sich in der Ukraine abspielt“, so Erikli. Der Ausschuss ist sich einig: „Es ist ein Gebot der Solidarität und Menschlichkeit, zu tun was möglich ist, um zu helfen.“
Das Wissenschaftsministerium (MWK) habe die Hochschulen im Land aufgerufen, alle bestehenden Beziehungen zur Russischen Föderation und zu russischen Einrichtungen kritisch zu prüfen und auszusetzen, soweit menschlich und völkerrechtlich vertretbar. Es sollten derzeit keine gemeinsamen wissenschaftlichen und forschungspolitischen Veranstaltungen stattfinden und Forschungsgelder sollten der Russischen Föderation nicht mehr zu Gute kommen, gab Erikli die Ausführungen der Ministerin wieder. Auch neue Kooperationsprojekte solle es bis auf Weiteres nicht geben. „Dem Ausschuss war es dabei besonders wichtig, dass die Gesprächskanäle nicht komplett verschlossen werden“, berichtete die Vorsitzende.
Die Ministerin habe gemeinsam mit der Allianz der Wissenschaftsorganisationen an die Hochschulen appelliert, die Unterstützung, die Kontakte und die Zusammenarbeit mit ukrainischen Partnern auf allen Ebenen weitestgehend fortzusetzen. „Dies betrifft Studierendenaustausche und die Förderung bilateraler Forschungsprojekte“, erläuterte Nese Erikli. Derzeit studierten rund 460 Menschen aus der Ukraine an baden-württembergischen Hochschulen. Für diese Studierenden sowie für Geflüchtete, die ein Studium aufnehmen wollen, solle keine Belastung durch Studiengebühren anfallen. Studierende aus der Russischen Föderation könnten ihr Studium grundsätzlich fortsetzen. „Spielräume gibt es auch für Menschen aus Russland, die den Mut haben, sich zu äußern. Denn sie spüren sofort auch die Reaktionen ihres Staates“, unterstrich Nese Erikli.
Für die Kunstszene sei es besonders wichtig, vorhandene Kontakte nicht abzubrechen, sondern für Hilfe zu nutzen, habe die Staatssekretärin erläutert. Deshalb solle die Kunstszene in Baden-Württemberg die Zusammenarbeit mit ukrainischen Partnerinstitutionen so weit möglich fortsetzen. Viele Kulturschaffende hätten sich immer wieder für eine Kultur der Demokratie und Menschenrechte eingesetzt. Wie die Ausschussvorsitzende darlegte, werde das Land Hilfsangebote aus der Kulturszene für geflüchtete Künstlerinnen und Künstler und ihre Familien aufgreifen und arbeite an eigenen Fördermöglichkeiten. Geflüchteten Kindern und Jugendlichen solle möglichst schnell Zugang zu Musik- und Jugendkunstschulen ermöglicht werden, denn Kunst könne bei der Verarbeitung des Erlebten helfen.
Gemeinsam mit dem Institut für Auslandsbeziehungen in Stuttgart (ifa) sei eine Kontaktstelle eingerichtet worden, an die sich Künstler aus der Ukraine wenden können. Sie solle erste Anlaufstelle sein für Beratung und Kontaktvermittlung. Auch seien spartenspezifische Austauschformate, Fortbildungen und Netzwerkarbeit geplant.
Landtag beschließt Einsetzung einer Enquetekommission „Krisenfeste Gesellschaft“
Stuttgart. Der Landtag von Baden-Württemberg hat in der Plenarsitzung am Mittwoch, 9. März 2022, die Einsetzung einer Enquetekommission „Krisenfeste Gesellschaft“ beschlossen. Dem Antrag der Fraktion Grüne und CDU ist mehrheitlich zugestimmt worden.
Die Enquetekommission soll Handlungsempfehlungen erarbeiten, die das Ziel haben, das baden-württembergische Gemeinwesen für die Zukunft resilienter und krisenfester aufzustellen. Dabei soll sie sich insbesondere auf die Erarbeitung solcher Handlungsempfehlungen konzentrieren, die ihre Wirkung im Zeitraum nach Abschluss ihrer Tätigkeit entfalten können, auf Landesebene umsetzbar sind und den Fokus auf die Umstände von Krisen setzen.
Als neues Element ihrer Arbeit soll die Enquetekommission eng mit einem Beteiligungsprozess von Bürgerinnen und Bürgern verzahnt werden. Dazu wird Landtagspräsidentin Muhterem Aras beauftragt, parallel zu den ersten Sitzungen der Kommission ein Bürgerforum zu organisieren, das aus zufällig ausgewählten Bürgerinnen und Bürger besteht.
Die Enquete setzt sich aus 14 Mitgliedern der im Landtag vertretenden Fraktionen zusammen und darüber hinaus aus acht Sachverständigen, die als dauerhaft stimmberechtigte Mitglieder von den Fraktionen gewählt wurden. Die Verteilung der Sachverständigen richtet sich dabei nach Fraktionsstärke.
Folgende Abgeordnete wurden in der Sitzung gewählt:
Dr. Susanne Aschhoff, Oliver Hildenbrand, Erwin Köhler, Petra Krebs und Alexander Salomon (Grüne); Matthias Miller, Dr. Natalie Pfau-Weller, Dr. Michael Preusch und Christiane Staab (CDU); Dr. Dorothea Kliche-Behnke und Florian Wahl (SPD); Daniel Karrais und Nikolai Reith (FDP/DVP) sowie Carola Wolle (AfD).
Als externe Mitglieder wurden gewählt: Prof. Dr. Marius R. Busemeyer, Universität Konstanz, Leiter der Arbeitsgruppe für Vergleichende Politische Ökonomie, Prof. Dr. Astrid Elsbernd, Hochschule Esslingen, Leiterin des Instituts für Gesundheits- und Pflegewissenschaften sowie Marco Krüger, Universität Tübingen, Internationales Zentrum für Ethik in den Wissenschaften (Wahlvorschläge der Grünen-Fraktion); Dr. Christoph Müller, Geschäftsführer Netze BW GmbH und Joachim Walter, Präsident des Landkreistags Baden-Württemberg und Landrat des Landkreises Tübingen (Wahlvorschläge der CDU-Fraktion); Dr. Daniela Harsch, Bürgermeisterin für Soziales, Ordnung und Kultur Tübingen (Wahlvorschlag der SPD-Fraktion) sowie Thomas Albiez, Geschäftsführer IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg (Wahlvorschlag der Fraktion FDP/DVP). Die AfD hat angekündigt, ihren Wahlvorschlag für die Plenarsitzung am 6. oder 7. April einzureichen.
Präsidentin Aras fordert Umsetzung von im Grundgesetz verankerter Gleichberechtigung
Stuttgart. Anlässlich des internationalen Frauentags am 8. März 2022 hat Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) mehr Gleichberechtigung für Frauen gefordert. „Vernetzen wir uns, stehen wir auf, seien wir laut und sorgen dafür, dass nach über 70 Jahren das Verfassungsversprechen aus Artikel 3 Absatz 2 endlich eingelöst wird“, sagte Aras.
Der Dienstag stand ganz im Zeichen von gleichberechtigter Teilhabe. Am Mittag empfing die Präsidentin die Bundestagsabgeordnete und Erste Vorsitzende des Landesfrauenrats Baden-Württemberg, Dr. Anja Reinalter, im Landtag. Schwerpunkt des Gesprächs war die geplante Wahlrechtsreform in Baden-Württemberg, die die Präsidentin ausdrücklich begrüßt: "Ich bin der Hoffnung, dass es ein Instrument ist, den Frauenanteil im Parlament zu erhöhen." Die Einführung eines Listenwahlrechts schaffe die Grundlage für eine paritätische Aufstellung von Kandidatinnen und Kandidaten. Für eine erfolgreiche Umsetzung brauche es aber "Druck auf die politischen Parteien, Frauen auf guten Listenplätzen zu platzieren", erklärt Aras. „Denn Politik kann nur gleichberechtigte Entscheidungen für Frauen und Männer treffen, wenn beide Geschlechter gleichmäßig repräsentiert sind.“
Auch Dr. Anja Reinalter wies auf eines der wesentlichen Ziele des Landesfrauenrats hin: Eine gleichberechtigte Politik und einen ausgeglichenen Anteil von Frauen und Männern in den Parlamenten. Dieses Ziel könne nur erreicht werden, „wenn Frauen und Männer es gemeinsam wollen“.
Die Landtagspräsidentin dankte dem über zwei Millionen Mitglieder starken Landesfrauenrat für dessen Einsatz: „Ich bin froh, dass der Landesfrauenrat so massiv Druck gemacht hat. Ohne dieses Engagement wäre die Reform nicht auf den Weg gebracht worden“, so Aras. Sie erinnerte daran, dass im Jahr 1981 gerade einmal 5,6 Prozent der Landesabgeordneten weiblich gewesen seien. Bis heute habe es der Landtag nicht geschafft, den Frauenanteil auf über 30 Prozent zu erhöhen. Immerhin bewege man sich inzwischen im Mittelfeld und nicht mehr auf dem letzten Platz unter allen Landesparlamenten.
Am Nachmittag sprach die Landtagspräsidentin bei einem Festempfang im Heilbronner Rathaus anlässlich des Frauentags. Die Veranstaltung kann im Livestream angesehen werden: https://www.youtube.com/user/stadtheilbronn
Landtagspräsidentin Aras: „Wir sind solidarisch mit der Ukraine“
Marseille/Stuttgart. Vertreter von 240 Regionen und 90.000 Kommunen der Europäischen Union haben sich bei ihrem zweitägigen Gipfeltreffen in Marseille dafür ausgesprochen, für Geflüchtete aus der Ukraine umfassende humanitäre Hilfen bereitzustellen. In einer Deklaration, die am Freitag auf dem vom Ausschuss der Regionen (AdR) der EU ausgerichteten Gipfel verabschiedet wurde, forderten die rund 2000 Delegierten zudem weitere Sanktionen gegen Russland. Diese müssten „so hart wie irgend möglich“ ausfallen.
„Unsere Gedanken sind in diesen schweren Stunden bei den Bürgerinnen und Bürgern der Ukraine, die unter diesem Krieg massiv leiden und sterben“, sagte Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne), die als AdR-Delegierte für die baden-württembergische Volksvertretung auf dem in Präsenz und im digitalen Raum veranstalteten Gipfel sprach. „Wir als Regionen und Kommunen sind besonders gefordert. Und wir senden aus Marseille ein klares Signal: Wir sind solidarisch mit der Ukraine. Wir sind bereit, die vor der Barbarei fliehenden Frauen, Kinder und Männer bei uns aufzunehmen“, erklärte Aras in ihrem Wortbeitrag beim Auftaktplenum des AdR-Treffens.
Die Landtagspräsidentin erklärte weiter, sie sei „sehr froh, dass die EU den russischen Einmarsch in die Ukraine geschlossen scharf verurteilt, zusammensteht und gemeinsam schärfste Sanktionen beschlossen hat“. Die EU sei „vereinter denn je“, das sei ein starkes Zeichen. Aus Marseille gehe so auch eine unmissverständliche Botschaft an Russlands Machthaber: „Herr Putin, beenden Sie diesen verdammten Krieg! Beenden Sie das Sterben!“, so Aras.
Weitere zentrale Themen auf dem AdR-Gipfel in Marseille waren der Klimaschutz, die Bewältigung der Folgen der Corona-Krise und das Ziel eines bürgernäheren Europas. Die Delegierten sprachen sich dafür aus, dass die EU stärker als bisher auf die Erwartungen und Wünsche der Menschen eingehen müsse. Das ebenfalls am Freitag auf dem Gipfel verabschiedete Manifest enthält die Forderung, in der EU müsse mehr Bürgerbeteiligung praktiziert werden. Die Konferenz für die Zukunft Europas, die im Mai abgeschlossen werden soll, zeige mit vielen europaweit stattfindenden Bürgerforen, wie es gelingen könne, Europas Bürgerinnen und Bürger stärker einzubeziehen.
Landtagspräsidentin Aras berichtete auf dem Gipfel in Marseille vom baden-württembergischen Bürgerforum im Rahmen der Zukunftskonferenz, das der Landtag im vergangenen Oktober ausgerichtet hatte. Die teilnehmenden jungen Zufallsbürgerinnen und -bürger im Alter zwischen 16 bis 30 Jahren hätten die Gelegenheit genutzt, die Zukunft der EU mit ihren Ideen etwa zur EU-weiten Rechtsstaatlichkeit sowie zum Klima- und Gesundheitsschutz unmittelbar zu beeinflussen. „Wir gehen als Politikerinnen und Politiker immer schlauer aus solchen Bürgerforen heraus“, sagte Aras bei einer Podiumsdiskussion. Sie sei dafür, solche Beteiligungsformate auf über die Zukunftskonferenz hinaus in Europa beizubehalten. Sie könnten die politische Willensbildung in den Parlamenten ergänzen.
Im Gipfelmanifest forderten die Teilnehmer zudem mehr unmittelbaren Einfluss für Europas Regionen und Kommunen auf den EU-Gesetzgebungsprozess und die Verteilung von EU-Mitteln. Es reiche nicht, dass der AdR nur eine beratende Funktion in der EU habe. Bei wichtigen Entscheidungen sei es unabdingbar, die Regionen und Kommunen direkt einzubeziehen.
In diesem Zusammenhang regte sich bei den Delegierten viel Unmut über die Verteilung der Corona-Wiederaufbauhilfen. „Wenn man die Herzen der Europäerinnen und Europäer erreichen will, dann muss man auf die Menschen zugehen und ihnen klarmachen, dass es sich um EU-Gelder handelt. Dazu müsse man aber zwingend die regionalen Gebietskörperschaften mit ins Boot holen, da nur sie nah genug an den Menschen dran sind“, sagte Cees Loggen, Regionalminister der Provinz Noord-Holland. Dies sei bei den Corona-Hilfen nicht ausreichend geschehen.
Hintergrundinformation:
- Der Ausschuss der Regionen (AdR) ist ein beratendes Gremium der Europäischen Union, das sich aus lokal und regional gewählten Vertretern oder Regierungsmitgliedern der EU-Mitgliedsländer zusammensetzt.
- Alle zwei Jahre veranstaltet der Europäische Ausschuss der Regionen (AdR) ein europäisches Gipfeltreffen der Regionen und Städte. Dort treffen sich gewählte Vertreter regionaler und lokaler Gebietskörperschaften zu Diskussionen über die wichtigsten Herausforderungen für die Europäische Union.
- Das Land Baden-Württemberg verfügt über zwei Sitze. Landtagspräsidentin Muhterem Aras wurde als Mitglied des Landtags für den AdR benannt, als stellvertretendes Mitglied der Grünen-Abgeordnete Josef Frey.
- Für die Landesregierung gehört Staatssekretär Florian Hassler dem AdR an. Stellvertretendes Mitglied ist der Vizepräsident des Landtags, Dr. Wolfgang Reinhart.
Präsidentin Aras: Wir setzen ein Zeichen für Verständigung, Demokratie und Freiheit
Stuttgart. Als Zeichen der Solidarität mit den Menschen in der Ukraine und für ein friedvolles Miteinander über Grenzen hinweg veranstaltet der Landtag von Baden-Württemberg gemeinsam mit dem Staatsorchester Stuttgart am Mittwoch, 9. März 2022, ein Friedenskonzert im Haus des Landtags. „Der brutale russische Angriff auf die Ukraine und das damit verbundene menschliche Leid erschüttert uns alle tief“, sagte Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) am Freitag, 4. März 2022. „Mit dem Konzert im Landtag wollen wir ein deutliches Zeichen setzen für die Verständigung von Menschen und ein friedliches Miteinander von Kulturen. Und wir wollen auch klar zeigen: Das Gift des Krieges und der Spaltung darf nicht in unsere Gesellschaft eindringen.“
Das Friedenskonzert findet im Anschluss an die Plenarsitzung, voraussichtlich ab 19.00 Uhr, in der Lobby im Haus des Landtags statt. Erwartet werden Abgeordnete des Landtags, Mitglieder der Landesregierung und Vertreterinnen und Vertreter der Zivilgesellschaft. Präsidentin Aras eröffnet die Veranstaltung mit einem Grußwort.
Auch der Generalmusikdirektor der Staatsoper Stuttgart und des Staatsorchesters Stuttgart, Cornelius Meister, wird sprechen und sich mit einem Solo-Stück am Klavier einbringen. Während des rund 50-minütigen Konzerts werden auch ukrainische Lieder gespielt. „Aus der unverbrüchlichen Gewissheit, dass Demokratie und Kultur, dass Frieden und Kultur und dass Solidarität und Kultur zusammengehören, ist die Idee für diesen Abend entstanden. Mein Ziel ist es, jederzeit für Frieden und für die Achtung des Völkerrechts einzutreten. Die Mitglieder des Staatsorchesters und ich verstehen uns als Wertegemeinschaft - Werte, die auch der Landtag von Baden-Württemberg mit seiner Präsidentin Muhterem Aras verkörpert“, betonte Cornelius Meister.
Der gesamte kommende Mittwoch steht im Zeichen der Völkerverständigung und der Solidarität mit den Menschen in der Ukraine, aber auch mit Ukrainerinnen und Ukrainern, die in Stuttgart, Baden-Württemberg und auf der ganzen Welt leben. So will sich der Landtag bereits in der Plenarsitzung mit dem Angriffskrieg gegen die Ukraine befassen. Zudem wird an den Fahnenmasten vor dem Haus des Landtags auch die ukrainische Flagge wehen und das Landtagsgebäude wird in den ukrainischen Nationalfarben blau und gelb illuminiert.
Weitere Informationen zu der Veranstaltung gibt es auf der Website des Landtags unter www.landtag-bw.de/home.html(externer Link)
Außerdem wird der Konzertabend in einem Livestream auf dem YouTube-Kanal des Landtags übertragen: https://youtu.be/6yfCD8LVsbw(externer Link)
Hinweis für Redaktionen:
Für eine Teilnahme an dem Friedenskonzert bitten wir um Anmeldung bis Dienstag, 8. März 2022, 18.00 Uhr, unter landtagspressestelle@landtag-bw.de
Landtagspräsidentin Muhterem Aras: Lokale und regionale Gebietskörperschaften stärker in die wirtschaftspolitische Steuerung der EU einbeziehen
Stuttgart/Brüssel. Am Freitag, 25. Februar 2022, ist in der Sitzung der Fachkommission ECON das Arbeitsprogramm für das Jahr 2022 verabschiedet worden. „Besonders relevant sind dabei die Schwerpunkte zum Green Deal und die Rahmenbedingungen für die Transformation der Wirtschaft“, berichtete Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne), die Mitglied des Ausschusses und politische Koordinatorin ihrer Fraktion ist.
Ein Schwerpunkt der Sitzung war die Befassung mit den Herausforderungen für die EU-Wirtschaft nach COVID-19 und den Auswirkungen auf die wirtschaftspolitische Steuerung. Entsprechende Reformvorschläge zu den Wirtschafts- und Haushaltsregeln – auch unter Berücksichtigung der Auswirkungen der COVID-19-Krise – hat die Europäische Kommission für Mitte 2022 angekündigt.
Eine von der Fachkommission beschlossene Stellungnahme enthält auf Antrag von Präsidentin Aras einen Passus, die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften stärker in die wirtschaftspolitische Steuerung der EU einzubeziehen, da gerade die dort getätigten Investitionen maßgeblich zur Wiederbelebung der Wirtschaft beitragen.
Auch betonte sie, öffentliche Investitionen, etwa bei der Erneuerung von Infrastruktur und Gebäuderenovierung, dürften nicht hinausgeschoben werden, da das erst recht zu deren Verteuerung beitrage.
Schließlich folgte die Fachkommission der Einschätzung der Präsidentin, es sei zu befürchten, dass durch eine Einstufung der Gas- und Atomenergie als nachhaltige Energien in die Taxonomie-Verordnung Anreize gegeben werden könnten, die dem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien zuwiderliefen.
Eine wirtschaftliche Erholung nach der Corona-Krise müsse mit dem nachhaltigen Umbau der Wirtschaft einhergehen. Das Paket „Fit for 55“ sei ein Kernelement zu Netto-Null-Emissionen in der EU bis zum Jahr 2050. „Wir müssen jetzt die Auswirkungen des Pakets auf Industrie und kleinere und mittlere Unternehmen(KMU) antizipieren und begleiten“, so Aras. Wichtig sei daher, die Anpassung an grüne und digitale Technologien in kleinen und mittleren Unternehmen auf lokaler und regionaler Ebene zu erleichtern.
Die Aufbau- und Resilienzfazilität müsse zudem in einen dauerhaften und nachhaltigen Investitionsfonds umgewandelt werden und im EU-Haushalt verankert sein, betonte Muhterem Aras. Die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften müssten eng in die Planung und Durchführung einbezogen werden. Ziel sei es, die Harmonisierung der Lebensstandards in der EU und damit den wirtschaftlichen Fortschritt in der gesamten Union voranzutreiben.
Präsidentin Aras: Krieg gegen die Ukraine ist ein Krieg gegen die Grundwerte eines friedlichen, solidarischen und kooperativen Europas
Stuttgart. Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) hat den russischen Angriff auf die Ukraine mit scharfen Worten verurteilt. Präsident Wladimir Putin verhöhne die weltweiten Friedensbemühungen und beschwöre menschliches Leid und Blutvergießen herauf, so Aras. Die Präsidentin ordnete an, dass das Landtagsgebäude als sichtbares Zeichen der Solidarität mit der Ukraine am Donnerstagabend in den Farben der blau-gelben ukrainischen Nationalflagge erstrahlt.
„Ich bin erschüttert über den skrupellosen Angriff Putins auf die Ukraine. Ein Angriff, der die weltweiten diplomatischen Bemühungen um Frieden verhöhnt und menschliches Leid und Blutvergießen heraufbeschwört“, erklärte Aras. Ihre Gedanken seien nun bei den Menschen in der gesamten Ukraine, „die zu Opfern von Putins nationalistischen und imperialen Interessen werden“. Der Krieg gegen die Ukraine sei „zugleich ein Krieg gegen demokratische Fortschritte und gegen die Grundwerte eines friedlichen, solidarischen und kooperativen Europas“.
Als sichtbares Zeichen der Solidarität mit den Menschen in der Ukraine, aber auch mit Ukrainerinnen und Ukrainern, die in Stuttgart, Baden-Württemberg und auf der ganzen Welt leben, wird das Landtagsgebäude am Donnerstag, 24. Februar 2022, in den ukrainischen Nationalfarben blau und gelb illuminiert. Die Aktion startet gegen 18 Uhr.
Ständiger Ausschuss berät über Informationsfreiheit und Verstöße gegen Corona-Auflagen
Stuttgart. Der Ständige Ausschuss des Landtags hat in seiner Sitzung am Donnerstag, 17. Februar 2022, über die aktuelle Entwicklung der Informationsfreiheit in Baden-Württemberg beraten. Dazu hat der Landesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Baden-Württemberg, Dr. Stefan Brink, die Abgeordneten mündlich informiert, teilte der Ausschussvorsitzende Guido Wolf (CDU) mit. Außerdem befasste sich das Gremium mit Verstößen gegen die Corona-Verordnungen. Demnach wurden bei mehr als zwei Millionen Kontrollen im Land hunderttausende Verstöße festgestellt.
Nach Angaben Wolfs führte Dr. Brink aus, dass im Bereich der Informationsfreiheit eine klare Entwicklung festzustellen sei. Bürgerinnen und Bürger würden ihr im Informationsfreiheitsgesetz verankertes Recht, bei öffentlichen Stellen nach Informationen zu fragen, immer häufiger nutzen. So seien im Jahr 2017 über das Portal „FragDenStaat“ rund 150 Anfragen gestellt worden, im Jahr 2020 seien es bereits über 1.000 gewesen. Mehr als 60 Prozent der Anfragen gingen bei Kommunen ein, die anderen 40 Prozent bei Ministerien oder Behörden. Brink habe von einem „guten und transparenten Miteinander in Baden-Württemberg“ gesprochen.
Im Anschluss an den mündlichen Bericht diskutierten die Abgeordneten unter anderem über Umfang und Aufwand für die Recherche von Informationen, die Bürgerinnen und Bürger einfordern. So hätten Abgeordnete darauf hingewiesen, dass trotz des Rechts auf Information auch der Rechercheaufwand beachtet werden müsse. Aus diesem Grund sei es legitim, dass öffentliche Stellen bei umfangreichen Recherchen den Fragestellern Kosten in Rechnung stellen würden, sagte der Ausschussvorsitzende.
Darüber hinaus befasste sich der Ständige Ausschuss Guido Wolf zufolge mit der Kontrolle und Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten und Straftaten im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie. Wie Guido Wolf ausführte, habe die Polizei seit Beginn der Pandemie rund 2,21 Millionen Personen und rund 813.900 Fahrzeuge im Land kontrolliert und etwa 376.900 Verstöße gegen die Corona-Verordnungen festgestellt. Dies habe etwa Verstöße gegen die Maskenpflicht, fehlende oder fehlerhafte Hygienekonzepte, fehlende 2G- und 3G-Nachweise oder Verstöße gegen Personenzahlgrenzen betroffen. Landesweit habe die Polizei immer wieder Schwerpunktkontrollen durchgeführt, zum Beispiel im ÖPNV, in der Gastronomie, bei Veranstaltungen, in Clubs und Diskotheken oder auf Weihnachtsmärkten.
Außerdem werde in vielen Fällen wegen der Herstellung und des Verkaufs gefälschter Impfnachweise ermittelt. Dem Landeskriminalamt seien derzeit im „niedrigen vierstelligen Bereich“ Fälle von gefälschten Impfnachweisen bekannt. Bis Ende 2021 hätten fast alle Strafverfolgungsbehörden im Land Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit verdächtigen Impfnachweisen bearbeitet, berichtete Guido Wolf.
Ausschuss für Wohnen thematisiert Einzelhandel und Baulandmobilisierung
Stuttgart. Der Ausschuss für Landesentwicklung und Wohnen hat sich in seiner Sitzung am Mittwoch, 16. Februar 2022, auf Antrag der FDP/DVP mit Einzelhandels- und Stadtentwicklungskonzepten sowie, auf Antrag der SPD, mit dem aktuellen Stand des Baulandmobilisierungsgesetzes in Baden-Württemberg befasst. „Das Baulandmobilisierungsgesetz des Bundes bietet einen großen Rahmen, nun ist festzulegen, wie dieser Rahmen zu Baden-Württemberg passt“, betonte die Ausschussvorsitzende Christiane Staab (CDU) in der Sitzung.
Vonseiten der Antragsteller wurde Staab zufolge gefordert, alle Möglichkeiten des Baulandmobilisierungsgesetzes auch in Baden-Württemberg zu nutzen. Das vom Bundestag verabschiedete Gesetz zur Mobilisierung von Bauland ermöglicht durch Erlass einer entsprechenden Rechtsverordnung unter anderem Erleichterungen für den Wohnungsbau, die Ausweitung kommunaler Vorkaufsrechte, eine Erweiterung des Baugebots und schafft die Ermächtigung für eine Genehmigungspflicht bei der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen in angespannten Wohnungsmärkten.
Nach Angaben der Ausschussvorsitzenden Staab teilte das Ministerium für Landesentwicklung und Wohnen mit, dass der Erlass einer Rechtsverordnung beim Vorkaufsrecht und beim Baugebot von Gemeindetag und Städtetag Baden-Württemberg sowie zahlreichen Kommunen überwiegend positiv bewertet worden sei. Die Reaktion auf die Genehmigungspflicht bei der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen in angespannten Wohnungsmärkten sei allerdings verhalten, da von den Kommunen hier überwiegend keine große Dringlichkeit gesehen werde. „Die von den Kommunen gewünschte Rechtsverordnung wird nach einer intensiven Vorbereitungsphase nun schnell umgesetzt, um den Städten und Gemeinden die nötigen Werkzeuge zu geben, den dringend notwendigen Wohnungsbau vorwärtszutreiben. Die Genehmigungspflicht bei der Umwandlung von Mietwohnungen zu Eigentumswohnungen soll derzeit nicht zur Umsetzung kommen. Das Baulandmobilisierungsgesetz hat aber auch zusätzliche Erleichterungen geschaffen, die schon jetzt von den Kommunen verwendet werden können“, fasste die Ausschussvorsitzende abschließend zusammen.
Darüber hinaus erkundigte sich das Gremium auf Antrag der FDP/DVP-Fraktion nach der geplanten Überprüfung des Gesetzes zur Stärkung der Quartiersentwicklung durch Privatinitiative (GQP). Nach dem GQP können sich private Eigentümer freiwillig zusammenschließen und Quartiersgemeinschaften bilden, die in enger Zusammenarbeit mit der jeweiligen Gemeinde Projekte zur Steigerung der Attraktivität des Quartiers durchführen. Bislang sei vom GQP kaum Gebrauch gemacht worden, Regierungsfraktionen und Opposition seien sich dementsprechend einig gewesen, dass eine Evaluation zur Wirksamkeit des Gesetzes notwendig sei, berichtete Staab.
Aufgrund der verstärkten Herausforderungen für Einzelhandel und Innenstädte durch die Corona-Pandemie, Konkurrenz zum Online-Handel und geändertes Kundenverhalten wurden zudem kommunale, regionale und interkommunale Einzelhandelskonzepte, die Handhabung von kommunalen Gestaltungsbeiräten und mögliche Maßnahmen gegen Leerstand in Innenstädten im Ausschuss thematisiert. Die gegenwärtige Situation in den Innenstädten wurde laut Staab fraktionsübergreifend als stark besorgniserregend betrachtet. Fast alle Kommunen ab 10.000 Einwohnern verfügten über ein Einzelhandelskonzept, zahlreiche Städte und Gemeinden hätten zudem in Reaktion auf die Corona-Pandemie Konzepte zur Entwicklung der Innenstädte und zur Sicherung eines zukunftsfähigen Einzelhandels neu erstellt, gab die Ausschussvorsitzende die Antwort des Ministeriums wieder. Stärkstes Mittel zur Steigerung der Wohn- und Lebensqualität und der Attraktivität von Innenstädten sei weiterhin das Städtebauförderprogramm. Darüber hinaus seien in Baden-Württemberg insgesamt 46 kommunale Gestaltungsbeiräte eingerichtet worden, die die kommunalen Verwaltungen und die örtliche Politik bei wichtigen städtebaulichen und landschaftsarchitektonischen Planungen neutral beraten sollen. Die Arbeit der Gestaltungsbeiräte sei zum Großteil als hilfreich rückgemeldet worden.
Umweltausschuss diskutiert Zuverlässigkeit der Stromversorgung
Stuttgart. Der Ausschuss für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft hat in seiner Sitzung am Donnerstag, 17. Februar 2022, auf Antrag der FDP/DVP über die Sicherheit und Zuverlässigkeit der Stromversorgung in Baden-Württemberg diskutiert und sich zudem auf Anträge der SPD sowie FDP/DVP mit Maßnahmen zum Hochwasserschutz im Rahmen des Integrierten Rheinprogramms (IRP) befasst, erklärte der Vorsitzende des Gremiums, Daniel Karrais (FDP/DVP).
Ob Ausbau der E-Mobilität, erhöhter Einsatz von elektrischen Wärmepumpen oder auch die zunehmende Digitalisierung: „In den nächsten Jahren wird der Bedarf an Strom aller Voraussicht nach weiter ansteigen“, berichtete der Ausschussvorsitzende Karrais. Der zukünftige Bedarf sei in den vergangenen Jahren zu gering eingeschätzt worden. Die Bundesregierung gehe nun davon aus, dass sich der Bruttostrombedarf von Deutschland im Jahr 2030 in einer Spanne zwischen 680 und 750 Terawattstunden (TWh) bewegen würde. 2020 lag der Bruttostromverbrauch noch bei 545 TWh.
Gleichzeitig sei der Ausstieg aus den fossilen Energien sowie der Atomenergie geplant. So solle beispielsweise bis spätestens Ende des Jahres 2038 die Erzeugung elektrischer Energie durch den Einsatz von Kohle beendet sein. Dies wurde von den Fraktionen Grüne, CDU, SPD sowie FDP/DVP als Teil der Energiewende als richtiger Schritt bezeichnet.
Die Mitglieder des Umweltausschusses waren sich Karrais zufolge jedoch einig, dass es eine große Herausforderung sei, eine ausschließlich klimaneutrale Energieversorgung zu leisten. „Es gibt noch keine konkreten Zahlen, wie viel Produktionskapazitäten durch Wind-, Sonnen- und Gaskraftwerke zu welchem Zeitpunkt benötigt werden, um die Klimaziele des Landes zu erreichen,“ erklärte der Vorsitzende. Eine entsprechende Studie sei derzeit in Arbeit. Im Ausschuss wurde nun auf Antrag der FDP/DVP debattiert, wie trotz der bekannten Umstände die Stromversorgung sichergestellt werden könne und inwiefern sie zuverlässig sei. Nach Aussagen von Karrais teilte das Ministerium mit, dass sich das Versorgungsystem durch einen steigenden Anteil an erneuerbaren Energien anpassen müsse. Windenergie- und Solaranlagen würden keine konstanten Strommengen liefern. „Der Strommarkt wird immer dynamischer. Entsprechend muss das Netz ausgebaut und auch neue Formen der dezentralen Speicherung von Strom bedacht werden“, erklärte Karrais. Um die wetterabhängigen Schwankungen auszugleichen, sei neben zusätzlichen Speichern vor allem der überregionale Ausgleich durch den Ausbau der Netzinfrastruktur notwendig. Eine Schlüsselrolle würde es spielen, die so genannte Residuallast zu decken. Darunter verstehe man die nachgefragte elektrische Leistung abzüglich der Einspeisung von schwankungsanfälligen Erzeugern wie z. B. Windenergie- oder Photovoltaikanlagen. Um dies zu erreichen, sei übergangsweise der Umbau von Kohlekraftwerken in gasbefeuerte Kraftwerke notwendig, die nach und nach auf die Nutzung von Wasserstoff umgestellt werden könnten. „Es ist erforderlich, dass auch Gaskraftwerke neu errichtet werden, um die Stabilität des Stromnetzes sicherzustellen,“ fasste Karrais die Erkenntnisse zusammen.
Nun ginge es darum, schnell Genehmigungsverfahren zu beschleunigen, da man nur so schnell genug sein könne, um die Ziele zu erreichen. Es gehe kein Weg am Ausbau der erneuerbaren Energien vorbei. So sei es das Ziel, dass bis in die 30er-Jahre der Großteil der Stromversorgung damit abgedeckt werden könne, was aus Sicht des Ministeriums ambitioniert aber möglich sei.
Wie Karrais berichtete, beriet der Ausschuss auf Anträge der SPD sowie FDP/DVP außerdem über Maßnahmen zum Hochwasserschutz im Rahmen des Integrierten Rheinprogramms (IRP). Aufgrund bilateraler Vereinbarungen zwischen Deutschland und Frankreich im Jahr 1988 hatte Baden-Württemberg die Entwicklung des IRP beschlossen. Nach Auskunft des Vorsitzenden würden sich die Gesamtinvestitionskosten für das Integrierte Rheinprogramm auf insgesamt rund 1,72 Mrd. Euro belaufen.
Die Fraktionen seien sich in der Sitzung über die Notwendigkeit und Bedeutung eines optimalen Hochwasserschutzes einig gewesen. Wichtigste Maßnahme des Programms sei der Bau von Hochwasserrückhalteräumen, der von den Abgeordneten ebenfalls begrüßt wurde, da er den Menschen und der Natur in der Region etwas zurückgeben würde.
Kritisch hinterfragt wurden hingegen bestimmte Ausgleichsmaßnahmen für die Hochwasserrückhalteräume. Dazu zählten z. B. ökologische Flutungen, Wildkorridore, die Sicherung von Habitatbäumen oder auch die Anlage von Haselmausbiotopen. Nach Aussagen von Karrais erklärte das Ministerium, dass solche Ausgleichsmaßnahmen zum Tragen kämen, wenn durch geplante Hochwasserrückhalteräume erhebliche Beeinträchtigungen von Schutzgütern, Lebensräumen und/oder Arten festgestellt würden, sofern Vermeidungs-, Minderungs- oder Schadenbegrenzungsmaßnahmen nicht möglich seien.
Mögliche Auswirkungen von ökologischen Flutungen u.a. auf die Tier- und Pflanzenwelt oder auch auf die Land- und Forstwirtschaft seien in der Sitzung kontrovers diskutiert worden, so Karrais. Das Ministerium entgegnete, dass ökologische Flutungen zur Entwicklung wertvoller auenähnlicher Lebensgemeinschaften führen würden. Diese neuen Lebensräume kämen zudem optimal mit Hochwassersituationen zurecht. Mit dem Programm gehe man nach Aussagen des Ministeriums in die richtige Richtung. „Ein Ausgleich der Interessen von Hochwasser- und Naturschutz sowie der Bevölkerung vor Ort muss stetig neu gefunden werden,“ fasste Karrais zusammen.
Sozialausschuss sagt der Behindertenbeauftragten volle Unterstützung zu
Stuttgart. Der Ausschuss für Soziales, Gesundheit und Integration hat in seiner Sitzung am Mittwoch, 16. Februar 2022, die Beauftragte der Landesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen, Simone Fischer, zur Vorstellung und zum Gespräch begrüßt. „Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit mit Ihnen und wünschen viel Erfolg für Ihre wichtige Arbeit“, sagte der Ausschussvorsitzende Florian Wahl (SPD). Der Ausschuss werde stets ein offenes Ohr für die Behindertenbeauftragte haben.
„Scheuen Sie sich nicht, auch proaktiv auf uns zuzukommen. Sie sind herzlich gern bei uns im Ausschuss gesehen“, so der Ausschussvorsitzende weiter. Aus der Mitte des Ausschusses wurde angeregt, dass die Behindertenbeauftragte künftig vor dem Ausschuss einen jährlichen Statusbericht über ihre Tätigkeit geben könnte. Dieses wurde vom Ausschussvorsitzenden aufgegriffen und zugesagt, dass die Behindertenbeauftragte für diesen im kommenden Jahr eingeladen werde.
Wahl hob hervor, dass Fischer in ihrem Amt laut Landesgleichstellungsgesetz unabhängig als Ansprechpartnerin für Menschen mit Behinderungen und als Beraterin der Regierung fungiere. „Diese Unabhängigkeit ist elementar, um die Belange von Menschen mit Behinderungen angemessen vertreten und deren Anliegen Gewicht verleihen zu können“, sagte Wahl.
Nach Angaben des Ausschussvorsitzenden erklärte Fischer, es sei ihr ein Herzensanliegen, echte Teilhabe, Barrierefreiheit und Inklusion für Menschen mit Behinderungen zu erreichen. Dies könne nur mit konkreten Maßnahmen gelingen, die in der Regierung möglichst ressortübergreifend auf den Weg gebracht werden müssten. Sie wolle die Landesregierung entsprechend beraten, damit die im Koalitionsvertrag vereinbarten Ziele umgesetzt werden könnten.
Vertreter aller Fraktionen sagten der Behindertenbeauftragten laut Wahl ihre volle Unterstützung zu. Die Grünen lobten demnach den gelungenen Start Fischers, die seit gut vier Monaten amtiert. Beim BTHG unterstützen die Sozialdemokraten den Kurs der Beauftragten für die Belange von Menschen mit Behinderungen ausdrücklich, sich nicht von einer Übergangsregelung zur nächsten zu hangeln.
Nach Angaben des Ausschussvorsitzenden erklärte Fischer in einer Fragerunde, Ausgestaltung und Umsetzung des BTHG stünden mit im Zentrum ihrer Tätigkeit. Wichtig sei ihr, dass die Menschen und ihre Bedürfnisse im Mittelpunkt stehen. Simone Fischer (42) trat ihr Amt am 1. Oktober 2021 an. Ministerpräsident Winfried Kretschmann hatte die Diplom-Verwaltungswirtin zuvor auf Vorschlag von Minister Lucha für die Dauer der 17. Wahlperiode zur neuen hauptamtlichen Beauftragten für die Belange von Menschen mit Behinderungen in Baden-Württemberg bestellt.“
Drei neue Einnahmequellen für die EU
Stuttgart. Mit zwei Unterrichtungen des Landtags in EU-Angelegenheiten, Finanzen betreffend, hat sich der Ausschuss für Europa und Internationales in seiner Sitzung am Mittwoch, 16. Februar 2022, befasst. Dabei handelte es sich zum einen um einen Vorschlag des Rates zur Änderung der Verordnung zur Festlegung des mehrjährigen Finanzrahmens und zum anderen zur Änderung eines Beschlusses zum Eigenmittelsystem, wie der Vorsitzende des Gremiums, Willi Stächele (CDU), dargelegt hat. „Es ist wichtig, dass hier Änderungen herbeigeführt werden, damit die EU über Eigenmittel verfügen kann“, so Stächele.
Bedeutend sind die im Zusammenhang mit der Änderung des mehrjährigen Finanzrahmens stehenden Vorschläge für die Schaffung eines CO2-Grenzausgleichssystems zur Errichtung eines Klima-Sozialfonds sowie allgemein die vorgesehene Umsetzung des „Fit for 55“-Pakets. Europäisches Parlament, Rat und Kommission haben sich darauf geeinigt, dass die Rückzahlung der Finanzierungskosten des Wiederaufbaufonds „Next Generation EU“ (NGEU) auch durch die Einführung neuer Eigenmittel finanziert werden soll. „Um diese Eigenmittel einbeziehen zu können, müssen zwei Rechtsakte geändert werden“, erläuterte der Ausschussvorsitzende. Dies betrifft den Eigenmittelbeschluss und die Verordnung über den mehrjährigen Finanzrahmen (MFR), etwa durch Anhebung der Ausgaben-Obergrenzen für den vorgeschlagenen Klima-Sozialfonds.
Als Vorhaben von erheblicher politischer Bedeutung ist Stächeles Angaben zufolge der Vorschlag zur Änderung des Beschlusses über das Eigenmittelsystem der Europäischen Union. Der vorliegende Vorschlag sieht drei neue Einnahmequellen bzw. EU-Eigenmittel vor: Eigenmittel auf Grundlage des Emissionshandelssystems (EHS), Eigenmittel auf Grundlage des CO2-Grenzausgleichssystems (CBAM) sowie Eigenmittel auf Grundlage der OECD-Vereinbarung über die Neuzuweisung von Besteuerungsrechten.
Nach einer Anlaufphase dürften diese neuen Einnahmequellen dem EU-Haushalt in den Jahren 2026-2030 jährlich durchschnittlich bis zu 15 Milliarden einbringen. Die vorgeschlagenen neuen Eigenmittel sollen dazu beitragen, die von der EU zur Finanzierung der Zuschusskomponente von NGEU aufgenommenen Mittel zurückzuzahlen. Aus den neuen Eigenmitteln soll auch der Klima-Sozialfonds finanziert werden. Dieser Fonds ist ein wesentliches Element des vorgeschlagenen neuen Emissionshandelssystems für Gebäude und den Straßenverkehr.
Präsidentin Aras: Uli Sckerl war Kämpfer für ein selbstbewusstes Parlament
Stuttgart. Mit großer Trauer hat Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) die Nachricht vom Tod des stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden und Parlamentarischen Geschäftsführers der Grünen, Hans-Ulrich Sckerl, aufgenommen. Sie würdigte den Weinheimer Abgeordneten, der im Alter von 70 Jahren verstarb, als Kämpfer für ein selbstbewusstes Parlament und einen starken Rechtsstaat.
„Über den Tod meines geschätzten Kollegen und Freundes Uli Sckerl bin ich unendlich traurig“, erklärte Landtagspräsidentin Muhterem Aras. Hans-Ulrich Sckerl sei ein über die Fraktionsgrenzen hinweg geschätzter Parlamentarier gewesen. „Er war ein Urgestein des Landtags. Ein Kämpfer für ein selbstbewusstes Parlament, für einen starken Rechtsstaat, mehr Bürgerbeteiligung und eine offene, liberale Gesellschaft. Uli Sckerl hinterlässt eine große Lücke. Wir werden ihm ein ehrendes Andenken als Charakterkopf, ehrliche Haut und Kümmerer für unsere Demokratie bewahren. Meine Anteilnahme gilt nun seiner Familie“, sagte die Landtagspräsidentin.
Hans-Ulrich Sckerl hatte dem Landtag von Baden-Württemberg seit 2006 angehört. Seit 2016 hielt er das Direktmandat für den Wahlkreis Weinheim. Der Fraktion der Grünen diente er seit 2011 als Parlamentarischer Geschäftsführer.
Handwerk soll von Bürokratie entlastet werden
Stuttgart. Bürokratie und Bürokratiekosten belasten das Handwerk in Baden-Württemberg. Welche Spielräume sieht die Landesregierung, den Betrieben Erleichterung zu verschaffen? Mit dieser Frage hat sich der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus in seiner Sitzung am Mittwoch, 9. Februar 2022, beschäftigt. Weitere Themen waren die im Rahmen eines 8-Punkte-Plans angekündigten Corona-Hilfen des Wirtschaftsministeriums sowie die Förderung von Raumfahrt und Künstlicher Intelligenz im Südwesten.
Mit dem Thema Bürokratie und Bürokratiekosten zu Lasten des Handwerks und insbesondere des Bäckerhandwerks befasste sich der Wirtschaftsausschuss auf Antrag der CDU. Die Christdemokraten verwiesen darin auf den Koalitionsvertrag. Er sieht vor, Bürokratiekosten für den Mittelstand im Umfang von 500 Millionen Euro zu senken und durch Verbesserungen im digitalen Workflow der Verwaltungen weitere Entlastungen für die Unternehmen zu erreichen. Die Antragsteller interessierten sich insbesondere für Optimierungspotenziale, die sich durch eine Vereinfachung und Verschlankung von Regelungen und Formularen sowie durch die Reduktion und Optimierung der Dokumentations-, Nachweis- und Meldepflichten ergeben könnten. Dies kann auch unter Einbeziehung digitaler Werkzeuge geschehen.
Das Wirtschaftsministerium verwies in seiner Antwort auf 60 konkrete Projekte zum Bürokratieabbau, die Ende 2019 aufgelegt worden seien. Darin gehe es etwa um das verständliche Formulieren von Rechtstexten, Antragsvordrucken und Informationen sowie um die Aktualisierung und Zusammenführung von Normen.
Das Ministerium bezog detailliert Stellung zu bürokratischen Auflagen für Betriebe und private Investoren, die sich beispielsweise aus der Rahmengesetzgebung für einen besseren Klimaschutz ergeben. Nicht immer liege es in der Hand der Landesregierung, Erleichterungen umzusetzen, da häufig der Bundesgesetzgeber zuständig sei. Die Landesregierung bemühe sich aber, Formulare bereitzustellen, die den Aufwand für Betriebe und deren Auftraggeber möglichst minimieren sollen. Das gelte zum Beispiel mit Blick auf die Nachweisformulare für Förderungen nach dem Erneuerbare-Wärme-Gesetz (EWärmeG), die das Umweltministerium vorhält.
Vertreter aller Fraktionen lobten nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Dr. Erik Schweickert (FDP/DVP) das Ziel, Bürokratie und Bürokratiekosten abzubauen. Wo Bürokratie überhandnehme, sei sie schädlich für die Wirtschaft. CDU und Grüne dankten in diesem Zusammenhang laut Dr. Schweickert dem Normenkontrollrat Baden-Württemberg, der viele Projekte zum Bürokratieabbau vorgeschlagen habe. Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut habe das Ziel bekräftigt, Bürokratie mit Hilfe digitaler Techniken abzubauen, berichtete Dr. Schweickert.
Auf Antrag der FDP/DVP befasste sich der Ausschuss mit den geplanten Corona-Hilfen im Rahmen eines 8-Punkte-Plans, den das Wirtschaftsministerium am 3. Dezember des vergangenen Jahres vorgestellte hatte. Die Liberalen kritisierten, dass der Plan ausschließlich auf den Bund verweise. Bisher gebe es keinen Aufschluss darüber, ob auch das Land tätig werden wolle. Insofern dränge sich der Eindruck auf, dass die am 3. Dezember publizierte Pressemeldung „sehr stark auf öffentliche Wirkung und weniger auf inhaltliche Arbeit“ abziele. Das Ministerium müsse deshalb einen Plan vorlegen, wie das Land selbst aktiv werden wird. Ein diesbezüglicher Antrag der FDP/DVP wurde trotz der Unterstützung der anderen Oppositionsfraktionen von der Ausschussmehrheit aus Grünen und CDU abgelehnt.
Die CDU erwiderte in diesem Zusammenhang, der 8-Punkte-Plan habe vor allem darauf abgezielt, dem Bund zurückzumelden, wie die Lage in Baden-Württemberg sei und worauf man seitens des Bundes bei künftigen Hilfen achten müsse. Ministerin Dr. Hoffmeister-Kraut warf der Opposition eine „selektive Wahrnehmung“ vor, wie der Ausschussvorsitzende schilderte. Das Land leiste deutlich mehr als andere Länder, darüber habe sie im Ausschuss auch immer wieder berichtet. So habe sie auch über Härtefallhilfen berichtet – 200 Anträge seien bisher eingegangen und bereits 120 final bearbeitet.
Ebenfalls auf Antrag der Liberalen befasste sich das Gremium mit den Aktivitäten der Landesregierung in Sachen Raumfahrt. Die Liberalen hatten dazu einen umfangreichen Fragenkatalog an das Ministerium gerichtet. Nach Angaben des Ministeriums beheimatet das Land eine exzellente Forschungslandschaft. Allein an der Universität Stuttgart gebe es aktuell 25 Professuren, die dem Thema Luft- und Raumfahrt zugerechnet werden können. 2020 hätten dort 213 Studierende ihren Master in Luft- und Raumfahrttechnik gemacht. Weitere Lehrstühle gebe es in Ulm, Karlsruhe, Tübingen und Friedrichshafen.
Das Ministerium erklärte weiter, es unterstütze die baden-württembergische Raumfahrtwirtschaft durch verschiedene Projekte und Maßnahmen. Man setze sich auf allen Ebenen dafür ein, dass die bereits sehr gut aufgestellte hiesige Industrie insbesondere mit seinen vielen ausrüstenden Unternehmen „bestmöglich am wachsenden Markt des New Space partizipieren kann“. Als Beispiel nannte das Ministerium die Förderung des IRAS-Projekts, das eine Massenproduktion von Satelliten anstoßen soll.
Vertreter aller Fraktionen würdigten den Stellenwert der Raumfahrtindustrie im Land und sagten dem Ministerium ihre Unterstützung zu. Die Liberalen kritisierten allerdings nach Angaben von Dr. Schweickert mit Blick auf die Förderung von Unternehmen, die der Raumfahrtindustrie zuzurechnen sind, dass die entsprechenden Mittel im Landeshaushalt nicht explizit als Mittel für Raumfahrt kenntlich seien. Zudem warfen sie die Frage auf, ob es nicht geboten sei, dem Beispiel anderer Bundesländer zu folgen und im Land einen Luft- und Raumfahrtkoordinatoren einzusetzen sowie ein eigenes Luft- und Raumfahrtprogramm aufzulegen. Ministerin Dr. Hoffmeister-Kraut erklärte nach Angaben des Ausschussvorsitzenden, das Land erarbeite derzeit Eckpunkte einer Raumfahrtinitiative.
Auf Antrag des SPD befasste sich der Ausschuss mit der Künstlichen Intelligenz in Baden-Württemberg (KI) und insbesondere mit der Frage, warum es neben dem KI-Zentrum Heilbronn zwischenzeitlich einen zweiten KI-Innovationspark in der Region Karlsruhe/Stuttgart/Tübingen geben sollte, wie von den Fraktionen der Grünen und der CDU gemeinsam mit dem Finanzministerium während der Beratungen der Haushaltsstrukturkommission Mitte November per Pressemitteilung angekündigt.
Nach Angaben des Ministeriums habe das Wettbewerbsverfahren zum Innovationspark Künstliche Intelligenz (KI) gezeigt, dass es ein großes Potential im ganzen Land in Sachen KI vorhanden gebe. Das Verfahren habe im Land eine erhöhte Dynamik im Bereich KI ausgelöst, die angesichts des harten internationalen Wettbewerbs in diesem Zukunftsfeld unbedingt genutzt werden sollte. Deshalb habe man entschieden, neben dem im Wettbewerb erfolgreichen Standort Heilbronn als KI-Leuchtturm auch regionale KI-Exzellenzzentren in Karlsruhe, Stuttgart und Tübingen zu unterstützen. Mittel sollen aber demnach auch nach Ulm, Freiburg und auf die Ostalb fließen.
Ministerin Dr. Hoffmeister-Kraut erklärte nach Angaben des Ausschussvorsitzenden, es sei nie darum gegangen, Heilbronn mit einem zweiten vergleichbaren Standort Konkurrenz zu machen. Die CDU-Fraktion verwies laut Dr. Schweickert darauf, dass der Finanzausschuss bereits am 2. Dezember einer entsprechenden KI-Förderung ohne Gegenstimmen auch in der Breite bei mehreren Enthaltungen zugestimmt habe.
Weitere Themen in der Sitzung waren unter anderen die Verflechtungen der Wirtschaft von Baden-Württemberg mit China und die Unterstützung des Tourismus durch den zielgerichteten Einsatz von Nutzungsrechten von Sehenswürdigkeiten und Immobilien des Landes Baden-Württemberg im Umfeld von touristisch bedeutenden Standorten.
Landtag gedenkt Conrad Haußmanns
Stuttgart. Der Landtag von Baden-Württemberg hat am Freitag, 11. Februar 2022, an Conrad Haußmann erinnert. Der Todestag des prägenden südwestdeutschen Liberalen jährte sich zum einhundertsten Mal. Aus diesem Anlass enthüllten Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) und der FDP/DVP-Fraktionsvorsitzende Dr. Hans-Ulrich Rülke ein Porträt Conrad Haußmanns im Haus des Landtags.
Der 1857 in Stuttgart geborene Conrad Haußmann gehörte seit 1889 und bis zu seinem Tode am 11. Februar 1922 dem württembergischen Landtag an, ab 1890 auch dem Reichstag. Er war ein Parlamentarier mit Leidenschaft, der als Demokrat und Liberaler für die demokratische Tradition im deutschen Südwesten steht.
„Unsere Demokratie ist nicht vom Himmel gefallen. Sie ist gewachsen. Sie hat Brüche und Katastrophen erlebt. Aber sie hat ein festes Fundament. Ein Fundament, an dem viele Mütter und Väter mitgebaut haben“, sagte Landtagspräsidentin Aras. Conrad Haußmann stehe in dieser Tradition, „als weltoffener, liberaler Geist, der an ein friedliches, kooperatives Europa glaubte, als Nationalisten es in Schutt und Asche legten“. Haußmann, einer der Schöpfer der fortschrittlichen Weimarer Verfassung, habe zeitlebens als warmherziger Optimist gegolten – auch in äußerst widrigen Umständen. „Diese Einstellung brauchen wir auch heute als Abgeordnete. Politik braucht Leitideen und Werte, an denen sie ihre Handlungen und Entscheidungen ausrichtet“, so Aras.
„Conrad Haußmann ist Repräsentant eines weltoffenen und vielseitigen liberalen Bürgertums. An ihn hier im Landtag mit der Benennung eines Saales zu erinnern, ist mehr als angemessen“, sagte der FDP/DVP-Fraktionsvorsitzende Dr. Hans-Ulrich Rülke. Haußmann sei ein engagierter Demokrat gewesen, ein „überzeugter, kämpferischer Parlamentarier im deutschen Südwesten und weit darüber hinaus“. Sein damaliger Einsatz für Völkerverständigung, Frieden und lebendige Publizistik wirke gerade heute wieder als politisches Vorbild, so Rülke.
Ein Porträt Conrad Haußmanns, das bis zur Renovierung des Landtagsgebäudes den nach ihm benannten Sitzungssaal zierte und zwischenzeitlich als verschollen galt, kehrte am Freitag wieder auf seinen angestammten Platz zurück. Aras und Rülke enthüllten die Fotografie gemeinsam. Auch Dr. Gabriele Volk, eine Enkelin von Conrad Haußmann, wohnte der Zeremonie bei.
Darstellung jüdischen Lebens in Schulbüchern
Stuttgart. Der Ausschuss für Kultus, Jugend und Sport hat sich in seiner Sitzung am Donnerstag, 10. Februar 2022, mit der Darstellung des Judentums und jüdischen Lebens in Schulbüchern befasst. Auf Antrag der SPD-Fraktion berieten die Ausschussmitglieder über unsensible und möglicherweise antisemitische Darstellungen in aktuell eingesetzten Schulbüchern sowie das Angebot an Weiterbildungen zum Thema Antisemitismus für Gutachterinnen und Gutachter der Schulbuchzulassung. Dies hat die Ausschussvorsitzende Petra Häffner (Grüne) mitgeteilt.
Anlass für den SPD-Antrag war die Empfehlung des baden-württembergischen Beauftragten gegen Antisemitismus und seines Expertenrats, Schulbücher grundsätzlich auf antisemitische oder vorurteilsgeleitete Darstellungen deutsch-jüdischer Geschichte in Bild und Text zu überprüfen. Das Kultusministerium habe daraufhin das Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung (ZSL) beauftragt, in einer Stichprobe Schulbücher der Fächer Geschichte, Gemeinschaftskunde und Ethik auf die Darstellung des Judentums und möglicher antisemitischer Inhalte zu prüfen. „Es sind unsensible Darstellungen in sehr geringem Umfang gefunden worden. Die entsprechenden Verlage wurden informiert“, so Petra Häffner. Die Darstellung des Judentums sei jedoch überwiegend fachlich korrekt und angemessen differenziert, worüber sich die Ausschussmitglieder erleichtert zeigten. Die große Bedeutsamkeit der Thematik Antisemitismus insbesondere vor den aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen sei Häffner zufolge sowohl von Mitgliedern der Regierungsfraktionen, als auch von der Opposition mehrfach betont worden.
Nach Angaben des Ministeriums erfolge bei zur Zulassung eingereichten Schulbüchern derzeit keine Überprüfung speziell auf antisemitische Einlassungen, da diese bereits früher auf diskriminierungskritische Aspekte überprüft worden seien. Eine Änderung der Schulbuchzulassungsverordnung sei nicht vorgesehen, jedoch sollten Verlage künftig noch stärker für das Thema sensibilisiert werden und das Merkblatt für die Schulbuchzulassung um die Frage „Berücksichtigt das Werk die Gemeinsame Erklärung des Zentralrats der Juden in Deutschland und der Kultusministerkonferenz zur Vermittlung jüdischer Geschichte, Religion und Kultur in der Schule?“ ergänzt werden. Für das Jahr 2022 plane das Ministerium eine Qualifizierungsrunde bezüglich antisemitischer Einlassungen für interne und externe Gutachterinnen und Gutachter. Der Antisemitismusbeauftragte der Landesregierung sei im Gespräch mit dem Präsidenten des Zentrums für Schulqualität und Lehrerbildung, wie seine Expertise stärker eingebracht werden könne, fasste Petra Häffner die Angaben des Ministeriums abschließend zusammen.
Abellio-Übernahme stößt auf Lob und Kritik
Stuttgart. Der Verkehrsausschuss hat sich in seiner Sitzung am Donnerstag, 10. Februar 2022, mit der inzwischen rechtskräftigen Übernahme der Abellio Rail Baden-Württemberg durch die landeseigene Südwestdeutsche Landesverkehrs-GmbH (SWEG) befasst. Lob für das Geschäft gab es nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Rüdiger Klos (AfD) von Grünen, CDU und SPD. FDP/DVP und AfD hätten kritische Nachfragen gestellt.
Die FDP/DVP hatte Ende Oktober einen umfangreichen Fragenkatalog zur damals noch geplanten Übernahme an das Verkehrsministerium gerichtet. Auch wenn die Übernahme nun Mitte Januar Rechtskraft erlangt habe, blieben wichtige Fragen offen, erklärten die Liberalen nach Angaben von Klos in der Sitzung. Sie hätten beispielsweise wissen wollen, wie das Verkehrsministerium zu der Auffassung gelangt sei, dass die Deutsche Bahn mit einem Marktanteil von rund 53 Prozent im baden-württembergischen Regionalverkehr aus kartellrechtlichen Gründen als möglicher Käufer höchstwahrscheinlich nicht zum Zuge gekommen wäre.
Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) erklärte dazu laut Klos vor dem Ausschuss, es wäre in jedem Fall zeitaufwendig gewesen, eine Übernahme der Abellio durch die DB Regio kartellrechtlich zu prüfen. Eine solche Prüfung hätte es unmöglich gemacht, die bisherigen Abellio-Verbindungen im Interesse der Bahnreisenden nahtlos weiter zu bedienen, wie vom Land vordringlich angestrebt. Der Minister bekräftigte nach Angaben des Ausschussvorsitzenden seine Auffassung, dass ein negatives Votum der Kartellwächter sehr wahrscheinlich gewesen wäre.
Die AfD wollte nach Angaben von Klos in Erfahrung bringen, warum das Land das Abellio-Betriebswerk mit 7,95 Millionen Euro bezuschusst habe. Hermann habe darauf verwiesen, dass das Betriebswerk zentral für den Schienenverkehr im bisherigen Abellio-Netz sei. Fahrzeuge und Werkstatt seien eng miteinander verbunden. Deshalb sei das Geld gut investiert.
Wie der Ausschussvorsitzende weiter berichtete, fragte die SPD nach möglichen Personalverlusten für Abellio nach der Übernahme und den nunmehr anfallenden Mehrkosten für den Betrieb auf den Abellio-Strecken. Der Verkehrsminister habe erwidert, dass nur einzelne Beschäftigte das Unternehmen verlassen hätten, was sehr erfreulich sei. Die Mehrkosten habe er auf ein bis zwei Millionen Euro monatlich beziffert.
Grüne und CDU lobten die Übernahme durch die landeseigene SWEG nach Angaben von Klos ausdrücklich. Die Verbindungen seien reibungslos weiter bedient worden. Das sei im Interesse gerade der Berufspendler sehr wichtig gewesen.
Finanzausschuss berät über aktiveres Management des Polizeifuhrparks
Stuttgart. Mit Möglichkeiten für ein aktiveres Management des Fuhrparks der baden-württembergischen Polizei hat sich der Finanzausschuss des Landtags in seiner Sitzung am Donnerstag, 10. Februar 2022, befasst. Wie der Vorsitzende des Gremiums, der SPD-Abgeordnete Martin Rivoir, mitteilte, wolle der Ausschuss die weitere Entwicklung genau beobachten und habe aus diesem Grund hierzu einen Beschluss gefasst. Dies betreffe etwa die Einführung eines elektronischen Fahrtenbuchs und die Einrichtung von Fahrzeugpools.
Dem Vorsitzenden zufolge orientiert sich der Bemessungsschlüssel der Fahrzeuganzahl derzeit am Personalbestand des Haushalts-Solls. Der Rechnungshof empfehle dagegen eine Bemessung am tatsächlichen Personalbestand. Das Staatsministerium habe mitgeteilt, an der bisherigen Praxis festzuhalten. Grund dafür sei, dass sich der Personalbestand fortlaufend verändere und Schwankungen unterliege. Vor allem Versetzungen, Abordnungen, vorzeitiger Ruhestand oder Arbeitszeitverlängerungen, Mutterschutz- und Elternzeit, Krankenstand und Dienstunfähigkeit führten nahezu permanent zu Veränderungen der Mitarbeiterzahl. Gleichzeitig müsse die Polizei jederzeit handlungsfähig sein und auch im Krisenfall eine hohe Verfügbarkeit von Fahrzeugen gewährleisten und eine Fahrzeugreserve vorhalten.
Um die wirtschaftliche Auslastung von Fahrzeugen festzustellen, werde die Nutzung bislang in einem analogen Fahrtenbuch dokumentiert. Eine tiefergehende Analyse sei auf dieser Grundlage allerdings nicht machbar. Künftig solle dies auf elektronischem Wege erfolgen. Bereits im Jahr 2019 habe das Innenministerium mit der Planung für die Einführung eines elektronischen Fahrtenbuchs begonnen. Die Projektleitung liege gemeinsam beim Finanzministerium mit der Leitstelle SAP Competence Center, dem Innenministerium und dem Landesbetrieb IT Baden-Württemberg (BITBW). Mit dem Fahrtenbuch solle eine Vielzahl weiterer elektronischer Auswertungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen, so dass zum Beispiel einzelne Fahrzeugauslastungen dann stundengenau je Fahrtzweck analysiert werden können. Der Produktivstart des Systems habe jedoch auf Januar 2023 verschoben werden müssen, wodurch sich auch die Einführung des Systems bei der Polizei verzögern werde, berichtete der Vorsitzende.
Auch die Ausstattung der Bereitschaftspolizeien der Länder durch den Bund sei thematisiert worden. In den vergangenen Jahren habe der Bund – unter anderem für die Beschaffung von kostenintensiven Sonderfahrzeugen – weitere zusätzliche Haushaltsmittel bereitgestellt. Zuletzt sei von Baden-Württemberg auf einen hohen Beschaffungsbedarf im Fuhrpark der Bereitschaftspolizei im Südwesten hingewiesen worden. Für das Jahr 2023 zeichne sich dennoch ein größeres Defizit ab, so dass das Thema erneut aktiv an den Bund herangetragen werden solle.
Nach Angaben des Vorsitzenden hat der Ausschuss auf Anregung des Rechnungshofs einen Beschluss gefasst, um die weitere Entwicklung zu verfolgen. So solle dem Landtag bis Dezember 2023 über die Evaluation eines Modellprojekts für einen temporären Verzicht auf Fahrzeuge berichtet werden. „Dem Parlament soll zudem über die Einführung des elektronischen Fahrtenbuchs, die Einrichtung möglicher weiterer Fahrzeugpools und die Evaluation der Fahrzeugbemessung berichtet werden“, sagte Martin Rivoir. Darüber hinaus wolle der Ausschuss über das Defizit bei der Fahrzeugausstattung der Bereitschaftspolizeidirektionen im Jahr 2023 und eventuell eingeleitete Schritte informiert werden.
Unabhängig davon werden laut Staatsministerium bei notwendigen Ersatzbeschaffungen von Kauf- bzw. Sonderfahrzeugen regelmäßig Alternativen zur Neubeschaffung geprüft. Seit Veröffentlichung der Denkschrift habe bei 20 Fahrzeugen auf eine Neubeschaffung verzichtet werden können.
Ausschussmitglieder wollen Expo-Gutachten einsehen
Stuttgart. Der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus hat sich im vertraulichen Teil seiner Sitzung am Mittwoch, 9. Februar 2022, mit dem Bericht des Staatssekretärs im Staatsministerium, Florian Hassler (Grüne), beschäftigt, der sich aus Beschlussempfehlungen des Untersuchungsausschusses „Baden-Württemberg Haus“ ergibt. Demnach hatte die Landesregierung bis zum 31. Januar 2022 zu prüfen und dem Landtag mitzuteilen, ob das Land wegen seiner Beteiligung an der Weltausstellung 2020 in Dubai Ansprüche gegenüber Dritten geltend machen könne.
Wie der Ausschussvorsitzende Dr. Erik Schweickert erklärte, ging der als vertraulich deklarierte Regierungsbericht dem Landtag gemäß dem Beschluss des Untersuchungsausschusses am 31. Januar 2022 rechtzeitig zu. Nachdem der Wirtschaftsausschuss die Behandlung des Berichts am 3. Februar 2022 auf die Tagesordnung gesetzt und dieser den Ausschussmitgliedern zugesandt wurde, konnte dieser Bericht schließlich in der nächsten Sitzung des Gremiums am 9. Februar behandelt werden. Die Fragen der Abgeordneten wurden durch das federführende Wirtschaftsministerium beantwortet.
Wie Dr. Schweickert weiter erklärte, wurde er einstimmig beauftragt, für die Ausschussmitglieder die Einsicht in das Rechtsgutachten zu beantragen, welches die Grundlage des Regierungsberichts darstellt. Dies erfolgt nach §36 der Geschäftsordnung des Landtags über die Landtagspräsidentin.
Landwirtschaftsausschuss bespricht EU-Verordnung „Fit for 55“
Stuttgart. Mit dem geplanten Gesetzespaket der Europäischen Kommission „Fit for 55“ soll in der Europäischen Union der Klimawandel bekämpft werden. Das Kernziel ist es, die Treibhausgasemission bis zum Jahr 2030 gegenüber 1990 um 55 Prozent zu senken. Nach Aussage des Vorsitzenden Martin Hahn (Grüne) wurden nun in der Sitzung des Ausschusses für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz am Mittwoch, 9. Februar 2022, auf Initiative der CDU-Fraktion die daraus resultierenden Auswirkungen für den Bereich Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft (LULUCF) in Baden-Württemberg diskutiert.
Wie Hahn berichtete, sprachen die Regierungsfraktionen von ambitionierten Minderungszielen im „Fit for 55“-Paket für den LULUCF-Sektor - sowohl auf EU als auch auf Ebene der Mitgliedstaaten. So müssten bis zum Jahr 2030 EU-weit 310 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente im LULUCF-Sektor gebunden werden. Anschließend soll es zu einer Zusammenlegung des LULUCF-Sektors mit dem Nicht-CO2-Sektor der Landwirtschaft kommen. Gemeinsam soll dieser neu geschaffene Bereich bis 2035 Klimaneutralität erreichen.
Die aktuelle Treibhausgasbilanz des LULUCF-Sektors zeige, dass Baden-Württemberg im Jahr 2019 eine Senkenleistung von 7.083 Tonnen CO2 vorweisen konnte, stellte der Vorsitzende fest. Deutschlandweit lag dieser Wert bei 16.464 Tonnen CO2-Äquivalenten. Der größte Anteil entfiel dabei auf Wälder. Aber auch das Grünland spiele eine entscheidende Rolle, waren sich die Abgeordneten in der Ausschusssitzung einig, so Hahn. Die nationale Zielvorgabe für Deutschland von 30,84 Millionen Tonnen gebundenen CO2-Äquivalenten bis zum Jahr 2030 sehe das Ministerium jedoch als nicht realistisch. Bedenken wurden dahingehend geäußert, dass sich die Senkenleistung der Wälder aufgrund ihrer Altersstruktur in Verbindung mit absehbar zunehmenden Störungen wie Sturm, Dürre, Insekten oder Waldbrand bis 2030 deutlich reduzieren und unter der des vergangenen Jahrzehnts liegen würde – so könnten die Emissionen der anderen Teil-Quellgruppen innerhalb des Sektors nicht mehr kompensiert werden. Vielmehr würde sich der Sektor bis 2030 zu einer Quelle von über 22 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten entwickeln.
Besprochen wurde nach Berichten von Hahn außerdem, inwiefern sich Strategien und Maßnahmen, die auf Bundesebene zur Erfüllung der Verordnung eingeführt würden, auf Baden-Württemberg auswirken. Das Landwirtschaftsministerium merkte dabei an, dass die sektorale Betrachtung zu Verzerrungen führe und es keinen Sinn mache, sich auf die Sektoren zu versteifen. So könne es durch neue Regularien zu starken Einschränkungen der Holzentnahme kommen. Dies sehe das Ministerium jedoch kritisch. Holzprodukte würden in dem Fall ersetzt werden durch andere, energieintensive Materialien wie z. B. Stahl und Beton. Diese würden wiederum die Treibhausgasbilanz verschlechterten, da sie in der Regel mit höherem fossilen Energieaufwand hergestellt würden als Holzprodukte, erklärte Hahn. Folglich käme es zu höheren Emissionen in anderen Sektoren, wie z. B. der Baubranche. Mangelndes Holz könnte zudem gegebenenfalls durch Holzimporte aus Drittländern kompensiert werden, wodurch beim Transport weitere CO2-Emissionen entstünden.
Als besonders zielführende Maßnahme in Hinblick auf die Treibhausgasbilanz der Land- und Forstwirtschaft sehe das Landwirtschaftsministerium hingegen die höhere Ausschöpfung des heimisch verfügbaren und nachhaltigen Holzes – damit sollen Substitutionseffekte ausgeschöpft und negative Effekte durch Holzimporte vermieden werden, erläuterte Hahn. Eine Schlüsselrolle spiele zudem eine nachhaltige Waldbewirtschaftung durch Bestandspflege zur Förderung der Baumartenvielfalt, der Strukturvielfalt, der genetischen Vielfalt und der Einzelbaumstabilität.
Wie Hahn berichtete, wurde von Seiten der Regierungsfraktionen angemerkt, dass es auch einige Maßnahmen zur Emissionsminderung im Bereich der Tierhaltung gäbe. Zudem müssten nach Aussagen des Ministeriums auch Änderungen in der Landnutzungskategorie bzw. Anpassungen der Bewirtschaftung berücksichtigt werden, so der Vorsitzende. Dazu zähle die Umwandlung von Acker- in Dauergrünland.
Einen weiteres Potenzial für Treibhausgasminderungen könnten Moorrenaturierungen und die Umstellung der Moornutzung bieten. „Dabei sei jedoch ein kooperativer Ansatz mit den Landbewirtschaftern erforderlich, um landwirtschaftlichen Betrieben Einkommensalternativen aufzuzeigen und sie nicht in ihrer Existenz zu gefährden“, stellte der Ausschussvorsitzende Martin Hahn klar. Das Land stelle daher unter anderem Mittel zum Ankauf von naturschutz- oder klimaschutzwichtigen Flächen zur Verfügung – in den Jahren 2020/2021 waren dies 2,4 Millionen Euro.
Strahlkraft des Cyber Valley weit über Landesgrenzen hinaus sichtbar
Stuttgart. Das Cyber Valley, Europas größtes Forschungsnetzwerk für Künstliche Intelligenz, ist fünf Jahre nach seiner Gründung zum größten KI-Netzwerk in ganz Europa herangewachsen. Der Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kunst hat sich in seiner Sitzung am Mittwoch, 9. Februar 2022, mit einem Antrag der Fraktion Grüne „Fünf Jahre Cyber Valley“ befasst. Das hat die Vorsitzende des Gremiums, Nese Erikli (Grüne) mitgeteilt. „Künstliche Intelligenz ist eine Schlüsseltechnologie der Zukunft. Sie betrifft alle Bereiche unseres Lebens. Es ist wichtig, dass wir die Entwicklungen im Blick behalten“, betonte Nese Erikli.
Eriklis Angaben zufolge liegen die Forschungsschwerpunkte im Cyber Valley in den Bereichen maschinelles Lernen, Computer Vision und Robotik, aber auch im Themenfeld KI in Medizin und Robotik. Dem Start-Up-Netzwerk, einer Gemeinschaft von Unternehmensgründerinnen und -gründern, gehören zwischenzeitlich rund 30 Start-Ups an und es ist neben der Grundlagenforschung ein weiteres wichtiges Standbein. „Die Strahlkraft des Cyber Valley ist weit über die Landesgrenzen hinaus sichtbar“, so die Vorsitzende. Es gehöre mit seiner Forschungsexzellenz, dem Transfer zwischen Grundlagenforschung und Gründung sowie dem hervorragenden Netzwerk zu den Top-Adressen für Künstliche Intelligenz und intelligente Systeme weltweit.
Mit dem europäischen Netzwerk Laboratory for Learning and Intelligent Systems (ELLIS) sei es gelungen, in Tübingen einen Nukleus für ein europäisches Netzwerk der Spitzenforschung aufzubauen. Dieses Netzwerk solle ab Juli 2022 weiter ausgebaut werden. Die Hector Stiftungen hätten Mittel in Höhe von 100 Millionen für eine Förderdauer von zehn Jahren zugesagt. Übergeordnetes Ziel sei es, europäische Spitzenforschung im Bereich der künstlichen Intelligenz international konkurrenzfähig zu etablieren. Im Unterschied zu den einheitlichen Clustern in den USA und China werde die Dezentralität, Diversität und kulturelle Vielfalt in Europa nicht nur zu mehr Kreativität und damit zu neuen Innovationen, sondern auch besonders zur Standortattraktivität für junge wie erfahrene Köpfe beitragen. Die ELLIS-Initiative umfasse mittlerweile 37 Units in ganz Europa, von denen vier in Baden-Württemberg angesiedelt sind.
Mit dem Innovationscampus Cyber Valley sei erstmals als gemeinsames Übereinkommen von Politik, Wissenschaft und Wirtschaft ein neues Modell sehr erfolgreich erprobt worden. Das Land habe das Vorhaben seit seiner Gründung umfangreich gefördert. Bund und Land würden in der laufenden Förderperiode der Exzellenzstrategie (2019 bis 2025) drei KI-relevante Exzellenzcluster an den Universitäten Tübingen und Stuttgart fördern, was zu einer weiteren zusätzlichen Erhöhung der Zahl der KI-Professuren und Forschungsgruppen geführt habe.
Innenausschuss berät über Tätigkeitsbericht der Bürgerbeauftragten des Landes
Stuttgart. Der Ausschuss des Inneren, für Digitalisierung und Kommunen hat in seiner Sitzung am Mittwoch, 9. Februar 2022, über den Tätigkeitsbericht der Bürgerbeauftragten des Landes Baden-Württemberg Beate Böhlen für die Jahre 2020 und 2021 beraten. Wie der Vorsitzende des Gremiums, der CDU-Abgeordnete Ulli Hockenberger, mitteilte, wurden in den vergangenen beiden Jahren insgesamt 1.509 Anliegen an die Bürgerbeauftragte herangetragen. Die Anzahl aller Eingaben hat sich im Jahr 2021 im Vergleich zu 2019 um mehr als 28 Prozent erhöht. Im Vergleich zum ersten Jahresbericht 2017 haben sich die Fallzahlen sogar mehr als verdoppelt (235 Prozent). „Diese Zahlen zeigen eindrucksvoll, wie wichtig die Bürgerbeauftragte für die Menschen in Baden-Württemberg ist“, sagte Hockenberger.
Nach Angaben des Vorsitzenden dankten die Abgeordneten im Ausschuss und Innenminister Thomas Strobl (CDU) der Bürgerbeauftragten und ihrem Team für die wertvolle Arbeit. Von den 1.509 Anliegen wurden 748 im Jahr 2020 und 761 im Jahr 2021 (Stand 15. November, Redaktionsschluss) eingereicht. Im Jahr 2021 konnten 673 Fälle abgeschlossen werden, 88 waren noch nicht beendet. Das Team der Bürgerbeauftragten konnte in 17,7 Prozent der abgeschlossenen Fälle (120 Fälle) vollumfänglich helfen. Eine Unterstützung durch Beratung und Information erfolgte in 52 Prozent aller Fälle (349 Fälle). Weiterleitungen und Vermittlungen lagen bei 11,5 Prozent (77 Fälle). Lediglich in 16,6 Prozent (112 Fälle) konnte nicht geholfen werden.
Wie auch in den Vorjahren betrafen laut Hockenberger die meisten Eingaben die Bereiche Ordnungsrecht, Inneres und Verwaltung. Dahinter folgten die Bereiche Bauen, Infrastruktur und Umwelt sowie soziale Angelegenheiten. So befasste sich die Bürgerbeauftragte etwa mit den Kosten für einen Feuerwehreinsatz, einer digitalen Geburtsurkunde, die von einem Standesamt zunächst nicht anerkannt wurde,
oder einer Gemeinde, die die Verlängerung eines Anglerscheins erst nach Ende des Corona-Lockdowns ausstellen wollte.
Zudem fungiert die Bürgerbeauftragte als neutrale Beschwerdestelle für Bürger, die sich gegen ein persönliches Fehlverhalten der Polizei zur Wehr setzen wollen. Zugleich ist sie auch Anlaufstelle für Polizisten, die interne Probleme oder Missstände ansprechen wollen. 2020 haben von 748 eingereichten Anliegen 115 die Polizei betroffen. Von diesen 115 Anliegen kamen vier von Angehörigen der Landespolizei und 111 von Menschen, die sich über polizeiliche Maßnahmen beschwerten. Im Jahr 2021 betrafen von insgesamt 761 Anliegen 106 die Polizei. 99 Beschwerden stammten von Bürgern und sieben von Polizeiangehörigen.
Im Einzelnen betrafen die Beschwerden im Jahr 2021 folgende Bereiche (teilweise Mehrfachnennung): Unrechtmäßige Ausübung von Gewalt (9), Zwang und Missbrauch des Amtes (24), Racial Profiling (2), Diskriminierung aufgrund ethnischer Herkunft/Rassismus (3), Umgangsformen, z.B. Beleidigung (26), Ermittlungsfehler (25), Ermessensfehler (13), Untätigkeit (9), Sonstiges (20). Als Beispiel wird im Tätigkeitsbericht der Fall zweier Schwestern genannt, die über sieben Jahre lang nicht über den Tod ihrer Mutter informiert wurden, weil der zuständige Polizist erst nach Jahren die DNA einer gestorbenen Frau bestimmen ließ und die DNA dann nochmals erst Jahre später in die Vermisstendatenbank eingetragen wurde. Im Jahr 2021 haben sich 25 Vorwürfe ganz, 29 teilweise und 41 nicht bestätigt. Die restlichen Fälle blieben ungeklärt, weil etwa die Bürgerbeauftragte nicht zuständig war oder es staatsanwaltschaftliche Ermittlungen oder Gerichtsbeschlüsse gab, berichtete Ulli Hockenberger.
Die Corona-Pandemie spielte im Berichtszeitraum eine erhebliche Rolle. Von den in beiden Jahren insgesamt 1.509 eingereichten Anliegen hatten 442 direkt mit Corona zu tun. Themen waren hier unter anderem die Maskenpflicht, Einreisebestimmungen, Soforthilfen oder Beschränkungen. Die Bürgerbeauftragte hatte etwa mit einer Zumba-Gruppe zu tun, die im Freien tanzen wollte und nach der Teilnehmerzahl gefragt hatte, oder mit den Voraussetzungen für Schwimmkurse für Kinder.
Umweltausschuss befasst sich mit Belastung durch Kormorane und Biber
Stuttgart. Der Ausschuss für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft hat sich in seiner Sitzung am Freitag, 28. Januar 2022, mit einem Antrag der FDP/DVP zum Vorgehen beim Kormoran in Baden-Württemberg befasst und sich mit der Ausbreitung des Bibers im Land, einem Antrag der SPD, beschäftigt. Das hat der Ausschussvorsitzende Daniel Karrais (FDP/DVP) mitgeteilt.
Beide Tierarten haben sich in den vergangenen 20 Jahren stark im Land verbreitet. Der Brutbestand des Kormorans hat sich von 2000 bis 2018 versechsfacht, der Sommerbestand an Kormoranen in Baden-Württemberg wird auf rund 7.000 Vögel geschätzt. Insbesondere am Bodensee werden fischereiwirtschaftliche Schäden durch den Kormoran beklagt. Über die Notwendigkeit eines länderübergreifenden Kormoranmanagements herrschte Einigkeit im Ausschuss, berichtete Karrais. „Durch die Vergrämungsmaßnahmen in Nachbarländern sammeln sich die Tiere bei uns am Bodensee und sorgen für Probleme in Fischerei und Landwirtschaft“, gab der Vorsitzende die Auffassung der Opposition wieder, die sich bei Umweltministerin Thekla Walker nach der künftigen Strategie erkundigt habe.
Die genauen Auswirkungen des Kormoranbestandes am Bodensee auf die Fischbestände, neben weiteren Einflussgrößen wie der Quagga-Muschel, und mögliche Maßnahmen werden aktuell im Rahmen einer Vorstudie des Landwirtschaftsministeriums und des Umweltministeriums ermittelt. Man rechne im Laufe des Jahres mit den Ergebnissen, aus denen sich dann der weitere Umgang mit dem Thema ergeben werde, fasste Karrais die Angaben von Ministeriumsseite zusammen.
Bezüglich der Entwicklung der Biberpopulation in Baden-Württemberg, die derzeit etwa 7.000 Tiere umfasst, schätzte der Ausschuss das gegenwärtige Management als erfolgreich ein, berichtete Karrais. Insbesondere die Verbreiterung von Gewässerrandstreifen auf zehn Metern habe nach Angaben des Umweltministeriums zu einer Reduzierung der Konflikte mit der Landwirtschaft beigetragen, so der Ausschussvorsitzende.
Vonseiten der SPD sei gefordert worden, einen Entschädigungsfond für vom Biber verursachte Schäden einzurichten. Dieser würde bei der Akzeptanz des Tieres gerade in der Landwirtschaft für einen erheblichen Sprung nach vorne sorgen. Regierungsfraktionen und Ministerium lehnten eine generelle Entschädigungspflicht Karrais zufolge aber ab. Besser sei es, punktgenau zu entschädigen. Auf Nachfrage der Opposition hin habe Ministerin Walker zudem berichtet, dass das für 2019 geplante Modellprojekt zum weiteren Bibermanagement an der Donau inzwischen gestartet sei.
„Besonders der Biber führt immer wieder zu Problemen vor Ort, wenn das Tier Dämme baut und für Überflutungen sorgt. Darum ist es wichtig, dass das Umweltministerium die Entwicklung der Population auf dem Schirm hat,“ sagte Karrais zusammenfassend.
Weiterer Beratungsstoff war der Klimaschutz in Mooren, ein SPD-Antrag, in dem es um die Bindung klimaschädlicher Gase in Landwirtschaft, Wald und Mooren und durch Technik ging. Da derzeit noch keine belastbaren Zahlen vorliegen, werde das Ministerium weitergehende Informationen zu einem späteren Zeitpunkt vorlegen.
Präsidentin Aras: „Wie wir uns erinnern, prägt unsere Gesellschaft. Das Gedenken muss die Gesellschaft voranbringen“
Stuttgart/Ravensburg. Der Landtag von Baden-Württemberg hat am Donnerstag, 27. Januar 2022, der Opfer des Nationalsozialismus gedacht. Die zentrale Gedenkfeier am Jahrestag der Befreiung des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau vor 77 Jahren fand aufgrund der pandemischen Lage erneut größtenteils im virtuellen Raum statt. „Pandemie-bedingt sind wir an verschiedenen Orten. Aber unsere Gedanken sind gemeinsam bei denjenigen, die dem Terror der NS-Herrschaft zum Opfer fielen“, sagte Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) in ihrer Gedenkrede, die online ausgestrahlt wurde.
Der Landtag stellt jährlich wechselnd eine Opfergruppe in den Fokus. In diesem Jahr sind es die Sinti und Roma. Landtagspräsidentin Aras legte am Mahnmal für die ermordeten Sinti in Ravensburg an der Kirche St. Jodok einen Kranz nieder. „Dieses Mahnmal ist ein Zeichen der Verantwortung und ein Zeichen der Verständigung“, so Aras im Gedenken an die verfolgten Sinti und Roma und alle Opfer des Nationalsozialismus.
Das Mahnmal erinnert an die Menschen, die am 13. März 1943 von Ravensburg nach Auschwitz deportiert und dort größtenteils ermordet wurden. Bei der Kranzniederlegung im kleinen Kreis, die per Livestream auf der Landtagshomepage übertragen wurde, waren unter anderen auch Daniel Strauß, Vorstandsvorsitzender des Landesverbands der Sinti und Roma Baden-Württemberg, und Dr. Daniel Rapp, Oberbürgermeister der Stadt Ravensburg, sowie Mitglieder des Landtags.
In ihrer online übertragenen Gedenkrede sagte Landtagspräsidentin Aras: „Wie wir uns erinnern, prägt unsere Gesellschaft. Ob und wie wir uns an die Ausgrenzung von Sinti und Roma erinnern – an die Verbrechen an ihren Gemeinschaften –, das hat Auswirkungen darauf, wie wir als Gesellschaft auf ihre Erfahrungen von Diskriminierung heute reagieren.“ Das Gedenken müsse die Gesellschaft voranbringen. Dies sei der Anspruch des Landtags wie auch der Opfergruppen, die den Gedenktag vorbereiten, so Aras. Die Mahnung „Nie wieder“ und der Anspruch „Nein zu Rassismus“ gehörten daher zusammen.
Im virtuellen Gedenkraum sprach Dr. Karola Fings von der Forschungsstelle Antiziganismus der Universität Heidelberg in einem Fachvortrag über den Völkermord an den Sinti und Roma als „eine Herausforderung für die Gegenwart“. Gezeigt wurde zudem neben einem Grußwort von Oberbürgermeister Dr. Rapp und einem ergreifenden Grußwort von Daniel Strauß ein Filmbeitrag über das Schicksal der Sinti und Roma in Baden-Württemberg: „Das Lager am Rande der Stadt – Verfolgung und Erinnerung in Ravensburg“ von Madeleine Kehrer, Moisha Georgia Klibisch, Armani Spindler, Mandy Trapp und Robert Trapp. Der Film, in dem die jungen Sinti u. a. die Auschwitz-Überlebende Zilli Schmidt interviewen, erinnert an das Zwangslager Ummenwinkel. Von 1937 an internierte die Stadtverwaltung dort die Ravensburger Sinti. Nach 1945 blieb die Barackensiedlung bestehen und wurde weiter genutzt – eine Maßnahme „zur wirksamen Bekämpfung der Landfahrerplage“, wie es damals hieß.
„Nicht nur in Ravensburg, überall in der Bundesrepublik, haben staatliche Stellen auch nach 1945 Sinti und Roma drangsaliert und an den Rand gedrängt: Manche Überlebende erhielten erst Anfang der 2000er Jahre eine Entschädigung für die Sklavenarbeit, zu der sie in Auschwitz und anderen Konzentrationslagern gezwungen wurden“, sagte Landtagspräsidentin Aras in ihrer Gedenkrede. Und weiter: „Diese Missachtung, die Fortdauer von Benachteiligung und Ausgrenzung, traf und trifft nicht nur die unmittelbar Betroffenen. Sie hat mehrere Generationen geprägt und sie um ihre Chancen gebracht.“
Musikalisch begleitet wurde das digitale Gedenken durch Aaron Weiss (Klavier) und Sunny Franz (Violine).
Den Mitschnitt der Liveübertragung aus Ravensburg und die weiteren Beiträge der digitalen Gedenkstunde werden zeitnah in die Mediathek auf der Homepage des Landtags gestellt: Internationaler Holocaust-Gedenktag 27. Januar 2022(externer Link)
Sozialausschuss erörtert die Lage von Menschen mit HIV
Stuttgart. Mit der aktuellen Situation von HIV-positiven Menschen im Südwesten befasste sich der Ausschuss für Soziales, Gesundheit und Integration in seiner Sitzung am Mittwoch, 26. Januar 2022. Weiteres Thema waren queerfeindliche Entwicklungen in Polen und mögliche Auswirkungen auf die Zusammenarbeit Baden-Württembergs mit der polnischen Woiwodschaft Lodzkie.
Auf Antrag der SPD befasste sich der Ausschuss mit der Lage von HIV-positiven Menschen. Die Sozialdemokraten wollten in Erfahrung bringen, wie sich die Infektionszahlen und die Versorgungssituation der Betroffenen unter den Bedingungen der Corona-Pandemie entwickelt haben. Dazu hatten sie einen umfangreichen Fragenkatalog an das Sozialministerium geschickt.
Die SPD zeigte sich nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Florian Wahl (SPD) von der Antwort des Ministeriums enttäuscht. Die Datenlage sei insgesamt als „mindestens bedauerlich“ zu bezeichnen, hätten die Sozialdemokraten kritisiert. Dies gelte nicht zuletzt für die laut einer Schätzung des Robert-Koch-Instituts (RKI) rund 900 unerkannten HIV-Infektionen im Land. Es errege Besorgnis, dass dem Landesgesundheitsamt selbst dazu keine Zahlen vorliegen und es lediglich Schätzungen aus Berlin gebe.
Nach Angaben des Hauses von Sozialminister Manfred Lucha (Grüne) liegen zur aktuellen Versorgungssituation ebenfalls keine genauen Daten vor. Eine Erhebung beispielsweise der Zahl der von den Gesundheitsämtern im Land vorgenommenen HIV-Tests sei auch nicht vorgesehen. Stichproben legten jedoch den Schluss nahe, dass es seit Beginn der Pandemie im Frühjahr 2020 zu einem Einbruch bei Testungen und Beratungen durch die Gesundheitsämter gekommen ist. Das entspräche auch dem bundesweiten Trend.
Auch zu der Frage, wie viele Menschen angesichts der Pandemie nicht oder nicht angemessen therapiert werden, liegen dem Ministerium demnach keine genauen Daten vor. Auffallend sei allerdings für 2020, dass nach Angaben des Robert-Koch-Instituts (RKI) schätzungsweise 10.500 Menschen im Südwesten mit einer HIV-Infektion lebten, aber nur 9.420 Menschen in den Genuss einer antiretroviralen Therapie kamen, so das Ministerium.
Mit Blick auf die Entwicklung der HIV-Neuinfektionen im Land verweist das Sozialministerium auf Modellrechnungen, über die das RKI regelmäßig berichtet. Demnach geht die Zahl neuer Infektionen bereits seit 2016 langsam zurück. 2020 sollen es schätzungsweise 210 gewesen sein, 30 weniger als 2019. Welche Rolle die Pandemie bei diesem jüngsten Rückgang spielt, sei unklar. Die verminderten Testungen könnten zu Buche schlagen und einen Teil des Rückgangs nur vortäuschen, so das Ministerium.
Angesichts der in der Pandemie ausgesetzten Testungen hätte das Ministerium bei den Gesundheitsämtern nachhaken müssen, bemängelte die SPD nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Wahl. Die SPD habe weiter kritisiert, dass Kassenpatienten die HIV-Präexpositionsprophylaxe (PrEP) nur bei spezialisierten Ärzten als Kassenleistung erhalten können.
Die Grünen lobten nach den Worten von Wahl die Bemühungen der Landesregierung im Kampf gegen das HI-Virus. So seien die Mittel für die Aids-Hilfen, die hervorragende Arbeit leisteten, zuletzt nahezu verdoppelt worden. Dem Dank der Grünen an die Aids-Hilfen schlossen sich CDU, SPD und FDP/DVP an.
Mit den queerfeindlichen Entwicklungen in Polen befasste sich der Sozialausschuss auf Antrag der Grünen. Sie wollten vom Sozialministerium wissen, wie sich die LSBTTIQ-feindlichen Beschlüsse in Polen insbesondere auf die bestehende bilaterale Kooperation des Landes mit der Woiwodschaft Lodzkie auswirken. Nach Angaben des Ministeriums gibt es auf Landesebene sowie auf kommunaler Ebene vielfältige Kontakte mit der Region rund um die drittgrößte Stadt Polens, Lodz. Allerdings stagnierten die Partnerschaftsbeziehungen mit der Woiwodschaft seit den polnischen Kommunalwahlen 2018. Der neue Marschall der Woiwodschaft habe die Abteilung für Auswärtiges aufgelöst, das erschwere die Kooperation.
Die Entwicklung in Polen, wo sogenannte LSBTTIQ-freie Zonen eingerichtet werden, habe zuletzt Staatsministerin Theresia Schopper a. D. im März 2021 gegenüber dem polnischen Generalkonsul Jan Maciej Makiewicz angesprochen, so das Ministerium. Minister Lucha betonte nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Wahl in der Sitzung, die Landesregierung teile und unterstütze die Auffassung des Europäischen Parlaments, dass LSBTTIQ-Personen überall in der EU Freiheit genießen müssen.
Dem Ministerium liegen keine Angaben darüber vor, ob es auch in der Woiwodschaft Lodzkie sogenannte LSBTTIQ-freie Zonen gibt. Der Umgang dort mit LSBTTIQ-Personen gebe gleichwohl Anlass zur Besorgnis. Es gebe aber auch Lichtblicke. So habe das Regionalparlament im vergangenen Herbst eine „Anti-LGBTI-Resolution“ zumindest abgeschwächt.
Die Grünen dankten laut Wahl der Landesregierung für ihr entschiedenes Eintreten für die Rechte von LSBTTIQ-Personen. CDU, SPD und FDP/DVP hätten sich ebenfalls bedankt. SPD und FDP/DVP hätten das Land zudem ermuntert, sich dafür einzusetzen, Polens Haltung zu bedenken, wenn es um die Verteilung von EU-Mittel gehe. Die AfD habe dagegen erklärt, es sei besser, für die Akzeptanz gemeinsamer europäischer Werte zu werben statt Druck aufzubauen.
Ausschuss für Landesentwicklung und Wohnen befasst sich mit Denkmalschutz
Stuttgart. Der Ausschuss für Landesentwicklung und Wohnen hat sich in seiner Sitzung am Mittwoch, 26. Januar 2022, auf Antrag der Fraktionen SPD und FDP/DVP mit dem Denkmalschutz in Baden-Württemberg befasst. Wie die Vorsitzende des Gremiums, die CDU-Abgeordnete Christiane Staab, mitteilte, betonten die Abgeordneten fraktionsübergreifend die Bedeutung des Denkmalschutzes für den Erhalt von Kulturgütern im Südwesten. „Der Ausschuss war allerdings auch der Auffassung, dass das Denkmalschutzgesetz überarbeitet werden muss, um Bearbeitungsprozesse und Sanierungen zu beschleunigen“, so die Vorsitzende.
In Baden-Württemberg gibt es nach Angaben Staabs rund 122.000 Kulturdenkmäler, davon rund 96.400 Bau- und Kunstdenkmäler sowie etwa 26.400 archäologische Denkmäler. Ein Schwerpunkt der Debatte habe auf der Problematik bei Sanierungen solcher Bauwerke gelegen. Die Abgeordneten hätten in der Sitzung aufgrund von Gesprächen mit Bürgerinnen und Bürgern darauf hingewiesen, dass es häufig enorme Schwierigkeiten und Herausforderungen bei der Sanierung von denkmalgeschützten Gebäuden gebe. Gerade der Klimaschutz stelle die Besitzer der Gebäude vor große Herausforderungen. Denkmalschutz und energetische Sanierung dürften jedoch keine Gegensätze sein. Vielmehr müsse es darum gehen, das kulturelle Erbe zu bewahren und zugleich den Klimaschutz voranzubringen, fasste die Vorsitzende die Debatte zusammen.
Die Ministerin für Landesentwicklung und Wohnen, Nicole Razavi (CDU), habe ausgeführt, dass die Landesregierung diese Herausforderungen erkannt habe und aus diesem Grund das Denkmalschutzgesetz novellieren wolle. Ziel solle nicht nur sein, eine moderne Denkmalpflege zu schaffen, sondern auch den Besitzern von denkmalgeschützten Gebäuden mehr Unterstützung und Beratung zu geben. Denn oft wüssten die Immobilienbesitzer gar nicht, welche Möglichkeiten es gebe. So seien etwa Denkmalschutz und Photovoltaik keine Gegensätze. Die Spielräume im Denkmalschutzgesetz seien groß, habe Razavi erläutert.
Auch digitale Angebote beim Denkmalschutz sehen die Abgeordneten laut Staab als Chance, mehr Interesse am kulturellen Erbe des Landes zu schaffen. So werde die dreidimensionale Dokumentation und Vermittlung von Befunden und Funden bereits seit längerem angewandt. Im Rahmen des Projekts „Virtuelle Archäologie: 3D-Computermodelle archäologischer Denkmale“ würden beispielsweise Highlights der archäologischen Denkmalpflege dreidimensional dokumentiert und der Öffentlichkeit präsentiert. Unsichtbares sichtbar machen und Landschaften zusammenbringen – dies solle durch das EU-Projekt „Danube‘s Archaeological eLandscapes“ erreicht werden, an dem das Landesamt für Denkmalpflege gemeinsam mit 22 Partnern beteiligt sei. Ziel dieses Projektes sei es, mit Hilfe modernster Virtual-Reality- und Augmented-Reality-Technologien das archäologische Erbe und die archäologischen Landschaften des Donauraums auf regionaler, nationaler und internationaler Ebene sichtbarer und damit attraktiver zu machen.
Auch mit den Kosten für den Denkmalschutz hat sich der Ausschuss befasst. Der Landesdenkmalpflege Baden-Württemberg standen in den letzten fünf Jahren (2017 bis 2021) jährlich rund 28 Millionen Euro zur Verfügung, die vollständig abgerufen wurden. Die Mittel stammten nahezu ausschließlich aus dem Wettmittelfonds und seien entsprechend zweckgebunden. Eingesetzt würden die Gelder vor allem für Erhalt und Pflege von Kulturdenkmalen, das Denkmalförderprogramm des Landes, für Personal- und Sachaufwendungen, für Ausgrabungen und deren Auswertung, für Dokumentationen, Dienstleistungen Dritter sowie für Publikationen, Fachtagungen und Ausstellungen, sagte Christiane Staab.
Europaausschuss setzt sich für Verlängerung der Zukunftskonferenz ein
Stuttgart. Die Konferenz zur Zukunft Europas soll verlängert und im Frühjahr 2022 ein Zwischenbericht zum bisherigen Verlauf vorgelegt werden. Das ist eine von vier Forderungen, die der Ausschuss für Europa und Internationales in seiner Sitzung am Mittwoch, 26. Januar 2022, nach Beratungen eines gemeinsamen Antrags von Grünen, CDU, SPD und FDP/DVP „Impulse zur Zukunftskonferenz der Europäischen Union“ einstimmig beschlossen hat. Wie der Vorsitzende des Gremiums, Willi Stächele (CDU), berichtete, war dem Ausschuss ebenso wichtig, die als Beitrag zur Zukunftskonferenz entwickelten Formate der Bürgerforen in Baden-Württemberg und im Grenzraum zu den Nachbarländern zu evaluieren.
„Die Ergebnisse sollen transparent und breit kommuniziert werden“, so Stächele. Regionale und grenzüberschreitende Bürgerdialoge zu europapolitischen Themen, wie sie von der Landesregierung und der Landtagspräsidentin initiiert und durchgeführt wurden, sollen in Zukunft anlassbezogen fortgesetzt werden, so ein weiterer Beschluss des Europaausschusses. „Hierbei soll insbesondere die Zielgruppe junge Menschen berücksichtigt werden“, betonte Stächele. Am frühen Nachmittag hatten die jungen Zufallsbürger Pauline Kettner, Sonja Klussmann und Lukas Melhus die Dokumentation des Bürgerforums an Landtagspräsidentin Aras übergeben, im Anschluss waren sie zu Gast im Europaausschuss. Aras und Stächele zeigten sich beeindruckt von den konkreten Ideen der jungen Menschen.
Wie Willi Stächele weiter ausführte, solle sich die Landesregierung dafür einsetzen, in Baden-Württemberg im Vorfeld der Wahlen zum Europaparlament 2024 einen Dialogprozess auf allen politischen Ebenen aufzusetzen, um die Themen der Zukunftskonferenz zu debattieren und die Bedeutung der Europäischen Union in der Bevölkerung zu verankern. Das Plenum wird sich in seiner Sitzung am Mittwoch, 2. Februar 2022, mit der Empfehlung des Europaausschusses befassen.
Nach Angaben Willi Stächeles hat zu Beginn der Sitzung die Regierungspräsidentin des Regierungsbezirks Freiburg, Bärbel Schäfer, zu aktuellen Themen der Zusammenarbeit am Oberrhein informiert. „Wir beschäftigen uns mit kleiner Außenpolitik“, so Stächele. Die Regierungspräsidentin habe betont, dass die grenzüberschreitende Zusammenarbeit vom Kontakt lebe. Rund 225 Millionen Euro an europäischen Geldern seien in den letzten 30 Jahren in die Region geflossen, rund 800 Projekte seien verwirklicht worden.
Schäfer habe die herausragende Arbeit der grenzüberschreitenden Info- und Beratungsstellen INFOBEST am Oberrhein hervorgehoben. Der Informationsbedarf für Menschen, die die Grenzen aus unterschiedlichsten Gründen passieren, sei gerade während der Pandemie enorm, habe Schäfer erklärt. In der kommenden Förderperiode bis 2027 würden voraussichtlich 125 Millionen Euro für grenzüberschreitende Projekte am Oberrhein zur Verfügung stehen. Das seien rund 16 Millionen Euro mehr als in der vergangenen Förderperiode. Dies sei ein ermutigendes Signal für alle Akteure, die die Zusammenarbeit in den Bereichen Klimaschutz, Gesundheit, nachhaltige Mobilität und Digitalisierung vorantreiben wollten. Neu aufgenommen habe man den Förderbereich „Kultur und Tourismus“, um die beiden von der Corona Krise stark betroffenen Branchen zu stärken.
Nachhaltige Mobilität sei ebenfalls ein Schwerpunkt der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit. Regierungspräsidentin Schäfer habe angekündigt, von der EU-Kommission ein passgenaues Förderprogramm für die Umsetzung grenzüberschreitender Schienenanbindungen wie etwa Colmar-Freiburg zu fordern. Hier müsse ein finanzieller Einsatz aus Brüssel erfolgen.
Vorsitzender Guido Wolf: „Opferschutz hat in Baden-Württemberg einen hohen Stellenwert“
Stuttgart. Der Ständige Ausschuss des Landtags hat sich in seiner Sitzung am Dienstag, 25. Januar 2022, mit der psychosozialen Prozessbegleitung in Baden-Württemberg befasst. Wie der Vorsitzende des Gremiums, der CDU-Abgeordnete Guido Wolf, mitteilte, betonten die Abgeordneten fraktionsübergreifend die Bedeutung des Schutzes und der Betreuung von Personen, die durch Straftaten verletzt wurden. „Opferschutz hat in Baden-Württemberg einen hohen Stellenwert. Opfer einer Straftat geworden zu sein, führt bei den Betroffenen nicht selten zu temporären oder gar lebenslangen Traumata“, sagte Guido Wolf. „Opfer dürfen nicht sich selbst überlassen werden, sie brauchen Hilfe aus einem Guss. Der Amoklauf von Heidelberg unterstreicht aktuell und einmal mehr die Bedeutung des Opferschutzes“, betonte der Vorsitzende.
Nach Angaben des Vorsitzenden haben seit 2017 besonders schutzbedürfte Verletzte unten bestimmten Voraussetzungen einen Anspruch auf professionelle Begleitung und Betreuung während des gesamten Strafverfahrens. Die psychosoziale Prozessbegleitung sei eine besondere Form der Zeugenbegleitung und verstehe sich als ergänzendes Angebot für besonders schutzbedürftige Verletzte von Straftaten. Dies umfasse qualifizierte Betreuung, Informationsvermittlung und Unterstützung von Verletzten mit dem Ziel, ihre individuelle Belastung zu reduzieren. Derzeit seien landesweit 61 Prozessbegleitpersonen anerkannt. Im Jahr 2017 seien es 48 Personen gewesen, seitdem habe sich die Zahl weiter erhöht. Zuletzt kamen 2021 zwei weitere Personen hinzu. Eine Anerkennung als psychosoziale Prozessbegleitung sei auf fünf Jahre befristet, danach müsse die Tätigkeit neu beantragt werden.
Die Staatskasse übernehme die Kosten für die psychosoziale Prozessbegleitung allerdings nur im Fall einer Beiordnung, die beim zuständigen Gericht beantragt und von diesem genehmigt werden müsse. Im Jahr 2020 seien landesweit 206 Anträge auf psychosoziale Prozessbegleitung gestellt worden. 187 Anträge seien bewilligt und acht abgelehnt worden. Über elf Anträge sei noch nicht entschieden worden. Eine besondere Schutzbedürftigkeit bestehe zum Beispiel bei Menschen mit Behinderungen oder psychischen Beeinträchtigungen, bei Betroffenen von Sexualstraftaten oder Gewalttaten mit schweren physischen, psychischen oder finanziellen Folgen. Auch Betroffene von häuslicher Gewalt, Stalking, Hasskriminalität oder Menschenhandel könnten das Unterstützungsangebot in Anspruch nehmen. „Die psychosoziale Prozessbegleitung setzt an einem sensiblen Moment an, Opfer in ihrer konkreten Betroffenheit zu begleiten“, so der Vorsitzende Guido Wolf.
In Baden-Württemberg besteht bei dem sozialen Dienstleister PräventSozial eine Koordinierungsstelle für die psychosoziale Prozessbegleitung, welche jährlich mit Haushaltsmitteln in Höhe von 75.000 Euro gefördert werde. Verletzte aus dem ganzen Land könnten sich an die Stelle wenden und werden dann an die örtlich zuständigen Begleitpersonen weitervermittelt. Guido Wolf dankte den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bei PräventSozial und allen weiteren in der Prozessbegleitung tätigen Personen für deren Engagement für verletzte und traumatisierte Menschen. Neben PräventSozial gebe es eine ganze Reihe an Opferhilfeeinrichtungen und justiznaher Träger, über die psychosoziale Prozessbegleitpersonen erreichbar seien.
Präsidentin Aras: Landesparlamente fordern Verlängerung der Konferenz zur Zukunft Europas
Stuttgart. Die Präsidentinnen und Präsidenten sowie die Direktorinnen und Direktoren der deutschen und österreichischen Landesparlamente, des Südtiroler Landtags, des österreichischen Bundesrates und des Parlaments der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens haben sich am Montag, 24. Januar 2022, zu einer Europakonferenz getroffen. Pandemiebedingt fand sie bereits das zweite Mal in Folge digital statt. Im Mittelpunkt der Tagung, an der auch Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) und die Direktorin beim Landtag, Christine Werner, teilnahmen, standen neben der Diskussion über die Corona-Pandemie vor allem die Beratung der gemeinsamen Europa-Erklärung mit Schwerpunkt auf der aktuell laufenden Konferenz zur Zukunft Europas.
Auf Initiative von Präsidentin Aras nahm die Europakonferenz einstimmig eine Erklärung mit einer Zwischenbilanz zur Konferenz zur Zukunft Europas an. Nicht zuletzt wegen Corona kam es zu Verzögerungen im Zeitplan der Konferenz, die Weichen für die Zukunft der Europäischen Union stellen soll. „Angesichts der Herausforderungen, vor denen Europa steht, bedarf es einer vertieften Diskussion in der Konferenz. Dazu benötigen wir zwei Jahre Zeit, wie ursprünglich geplant“, betonte Aras. In der aktuellen französischen Ratspräsidentschaft solle im Mai dieses Jahres deshalb zunächst nur ein Zwischenbericht angenommen werden.
In ihrer gemeinsamen Europa-Erklärung heben die Präsidentinnen und Präsidenten unter anderem die Bedeutung der Zukunftskonferenz hinsichtlich der stärkeren Mitwirkung und direkten Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger und der Regionalparlamente am „Projekt Europa“ hervor. „Dieser Prozess muss durch Bürgerdialoge vor Ort begleitet werden“, so Muhterem Aras. Der Landtag von Baden-Württemberg habe deshalb von Ende Oktober bis Ende November letzten Jahres ein Bürgerforum durchgeführt, an dem 40 junge Zufallsbürgerinnen und Zufallsbürger zwischen 16 und 30 Jahren Ideen entwickelt haben, wie die Zukunft der Europäischen Union gestaltet werden könnte. Zudem habe der Europaausschuss des Landtags Ende November 2021 eine öffentliche Anhörung zur Zukunft Europas durchgeführt und Experten zum Thema gehört, führte die Landtagspräsidentin aus. „Wir haben uns in diesem Zusammenhang dafür ausgesprochen, die Bürgerbeteiligung in der Europäischen Union über die Zukunftskonferenz hinaus zu verstetigen. Die Bürgerbeteiligung ist eine wertvolle Ergänzung der repräsentativen Demokratie“, berichtete die Landtagspräsidentin.
Werte, Rechte, Rechtsstaatlichkeit und Sicherheit sind wesentliche Themenschwerpunkte der Konferenz zur Zukunft Europas. Vor dem Hintergrund laufender Vertragsverletzungsverfahren fordern die Präsidentinnen und Präsidenten ein klares Bekenntnis der Europäischen Union und ihrer Mitgliedstaaten zu den gemeinsamen Werten und Rechten sowie wirksame Maßnahmen gegen Verletzungen dieser Werte. „Wir waren uns einig“, so Aras, „dass die EU ihre Werte nur dann glaubwürdig nach außen vertreten kann, wenn sie diese selbst vorlebt.“
Die Präsidentinnen und Präsidenten begrüßen in ihrer Erklärung, dass die Landesparlamente in der Zukunftskonferenz der EU erstmals mit eigenen Vertreterinnen, in Person der Landtagspräsidentinnen Muhterem Aras sowie Ilse Aigner aus Bayern, beteiligt sind und auf den Willensbildungsprozess der Konferenz Einfluss nehmen könnten. Beide wurden vom Ausschuss der Regionen, dem Beratungsgremium der Regionen und Kommunen bei der EU, für die Konferenz nominiert.
Überdies hatte sich die Europakonferenz mit den Beeinträchtigungen der Grenzregionen während der COVID-19-Pandemie befasst. Baden-Württemberg und seine Nachbarregionen in Frankreich, Österreich und der Schweiz wie auch andere Grenzregionen in Deutschland waren von den damaligen Grenzschließungen massiv betroffen. Die Europakonferenz hat auf Anregung des Saarlands beschlossen, eine Arbeitsgruppe einzurichten, in der sich die Grenzregionen in Deutschland und Österreich über die Erfahrungen während der Pandemie austauschen und Schlussfolgerungen daraus für die Zukunft ziehen wollen.
Hintergrund:
Die Präsidentinnen und Präsidenten der deutschen und österreichischen Landesparlamente und des Südtiroler Landtages sowie des Deutschen Bundestages und des deutschen und österreichischen Bundesrates unter Beteiligung des Parlaments der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens treffen sich jährlich im Rahmen einer Europakonferenz, in der Regel in Brüssel, zum Austausch über aktuelle europapolitische Themen. Die Bremische Bürgerschaft hat 2022 gemeinsam mit dem Niederösterreichischen Landtag die Federführung.
Weitere Information
Präsidentin Muhterem Aras: Rechtsstaatlichkeit konsequent einfordern und umsetzen
Stuttgart/Straßburg. Am Freitag, 21. Januar 2022, ist in Straßburg das dritte Plenum der Konferenz zur Zukunft Europas gestartet. Erstmals wurden an zwei Tagen die Empfehlungen von EU-Bürgerinnen und -Bürgern aus den europäischen Bürgerpanels „Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Werte“ und „Klimawandel, Umwelt/Gesundheit“ diskutiert. Als Mitglied des Europäischen Ausschuss der Regionen (AdR) mit dabei war auch Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne), die sich im Plenum zum Thema Rechtsstaatlichkeit positionierte. „Wer Mitglied der Europäischen Union ist, hat sich auf gemeinsame Werte verpflichtet. Wer diese Werte nicht lebt und umsetzt, begeht Vertragsbruch“, sagte Aras.
Das Plenum nahm Stellung zu den Empfehlungen der EU-Bürgerinnen und -Bürger, die sie in drei Sitzungseinheiten erarbeitet hatten, etwa nach einer EU-Verfassung und transnationalen Listen für die Wahlen zum Europäischen Parlament. Zuvor wurden die Bürgerempfehlungen bereits in den verschiedenen Arbeitsgruppen diskutiert. Das Plenum startete am Freitagnachmittag mit den Empfehlungen des Bürgerpanels zum Themenbereich „Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Werte“. Jeder Plenumsabschnitt wurde mit der Vorstellung der Zufallsbürgerinnen und -bürger eröffnet, danach nahmen die die Politikerinnen und Politiker Stellung. Das letzte Wort hatten dann wieder die Bürgerinnen und Bürger.
Wenn in Polen und Ungarn die Unabhängigkeit der Justiz eingeschränkt werde und Minderheiten gesetzlich diskriminiert würden, das sei Vertragsbruch, so Muhterem Aras. „Als Europäische Union müssen wir unsere Werte vorleben und umsetzen, um glaubwürdig zu sein“, betonte sie. Aras weiter: „Die Auszahlung von EU-Mitteln muss an die rechtsstaatliche Situation in den EU-Ländern gekoppelt werden.“ Die Landtagspräsidentin ging in ihren Ausführungen auch auf das im Landtag von Baden-Württemberg durchgeführte Bürgerforum zur Zukunftskonferenz ein. „Die Grundwerte und Menschenrechte in den Mitgliedstaaten sind nicht verhandelbar“, so ein Ergebnis dieses Bürgerforums. In diesem Sinne äußerte sich Aras im Plenum der Zukunftskonferenz, indem sie die Verpflichtung der Europäischen Union betonte, „Rechtsstaatlichkeit konsequent einzufordern und umzusetzen“.
Weitere Forderungen der zufällig ausgewählten EU-Bürgerinnen und -Bürger des Panels „Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Werte“ in Straßburg waren u. a. eine europäische Verfassung, die Demokratie und Grundrechte schützt und von den Bürgerinnen und Bürgern abgestimmt wird. Außerdem wurde eine Änderung der allgemeinen Konditionalitätsverordnung für finanzielle Sanktionen bei Rechtsstaatsverletzungen gefordert und nicht nur für Verstöße, die den EU-Haushalt betreffen. Ebenso auf der Empfehlungsliste stand ein Stimmrecht für EU-Bürgerinnen und - Bürger, mit dem direkt für Europäische Parteilisten mit Kandidatinnen und Kandidaten aus allen Mitgliedsländern gestimmt werden kann, bei einheitlichen europäischen Wahlbedingungen. Überdies wurden europäische öffentliche Investitionen für die Schaffung guter Arbeit und die Verbesserung bzw. Angleichung der Lebensqualität in der ganzen EU gewünscht. Eine weitere Empfehlung betraf die Abschaffung der Einstimmigkeit bei Abstimmungen im Ministerrat, wenn nötig auch mit Änderung der EU-Verträge.
Am Samstag befasste sich das Plenum mit den Panels zu Klima / Umwelt und Gesundheit.
Corona-Impfungen in Baden-Württemberg kosten über eine Milliarde Euro
Stuttgart. Die Kosten für Impfungen gegen das Corona-Virus belaufen sich in Baden-Württemberg im Jahr 2021 auf rund eine Milliarde Euro. Das wurde in der Sitzung des Finanzausschusses des Landtags am Donnerstag, 20. Januar 2022, bekannt, wie die stellvertretende Ausschussvorsitzende Sarah Schweizer (CDU) mitteilte. Neben den Kosten für Impfungen informierte Sozialminister Manfred Lucha (Grüne) das Gremium auch über die Zahl der Testungen. Zudem genehmigte das Gremium die geplanten Kosten für mehrere Millionen zusätzliche Corona-Tests in Schulen und Kindergärten.
Nach Angaben von Sarah Schweizer dankte das Gremium allen Beteiligten bei der Umsetzung der Impfkampagne für deren großes Engagement. Neue Entwicklungen, geänderte Empfehlungen und der Aufbau einer Impfinfrastruktur hätten das Land vor große Herausforderungen gestellt, sagte die stellvertretende Vorsitzende.
Minister Lucha habe ausgeführt, dass der Schutz vor Omikron eine zeitnahe Boosterung notwendig mache, möglicherweise auch in Form einer vierten Impfung, die einen an die neue Variante angepassten Wirkstoff enthalte. Wie hoch die Kosten für die Impfkampagne im Jahr 2022 sein werden, konnte Minister Lucha nicht sagen. Dies hänge vom weiteren Verlauf der Impfungen ab. Lucha habe ausgeführt, dass der Bund rückwirkend die Hälfe der Kosten für die Impfkampagne übernehme. Diese anteilige Finanzierung sei bis Ende 2022 gesichert.
Neben den Kosten für Impfungen befasste sich das Gremium auch mit der Teststrategie in Baden-Württemberg. „Der Finanzausschuss stimmte einer vom Finanzministerium beantragten Mehrausgabe in Höhe von 26,2 Millionen Euro für die Verstärkung von Testungen von Schülerinnen und Schülern sowie Personal in Schulen, Kindergärten und der Kindertagespflege im Januar und Februar 2022 einstimmig zu“, sagte Sarah Schweizer. Aufgrund der vom Ministerrat Anfang Januar beschlossenen Änderung der Teststrategie bis zum Beginn der Faschingsferien 2022 ergebe sich bis dahin ein Gesamtbedarf an rund 41 Millionen Testungen. Das seien etwa 11,9 Millionen Tests mehr als noch Ende des vergangenen Jahres vorgesehen. Die Kosten für die Beschaffung von Tests durch das Land sowie die Kostenerstattung an Kommunen für den Kauf von Selbsttests und die Durchführung von PCR-Tests beliefen sich auf rund 26,2 Millionen Euro.
Im vergangenen Jahr habe das Land rund 100 Millionen Schnelltests zur Verfügung gestellt, davon 95 Millionen für Schulen. Derzeit könnten wöchentlich rund 5,5 Millionen Testungen durchgeführt werden.
Verkehrsausschuss berät über Versicherungsrisiken für Gebäude durch E-Fahrzeuge
Stuttgart. Der Ausschuss für Verkehr hat sich in seiner Sitzung am Donnerstag, 20. Januar, mit der Behandlung der E-Fahrzeugtechnik durch die Versicherungswirtschaft beschäftigt. Anlass war der Großbrand in einem Busdepot des Stuttgarter Verkehrsunternehmens SSB am 30. September des vergangenen Jahres. Eine der Batterien eines E-Busses hatte das Feuer ausgelöst.
Der Verkehrsausschuss griff das Thema auf Antrag der AfD auf, die einen umfangreichen Fragenkatalog an das Verkehrsministerium gerichtet hatte. Die AfD wollte unter anderem wissen, ob die Versicherungswirtschaft Liegenschaften oder Gebäude, in denen E-Fahrzeuge oder Ladeeinrichtungen für E-Fahrzeuge untergebracht sind, anders behandelt als Liegenschaften oder Gebäude, die konventionell betriebene Fahrzeuge aufnehmen. Dabei interessierte die AfD insbesondere, ob Versicherer mit speziellen baulichen Auflagen oder Tarifen auf die Nutzung durch E-Fahrzeuge oder Ladeeinrichtungen reagieren und ob sich dadurch der Versicherungsschutz unter Umständen derart verteuert, dass Versicherungsnehmer am Ende ohne Versicherungsschutz dastehen. Dies alles vor dem Hintergrund von Schadensrisiken durch E-Technik.
Das Verkehrsministerium verneinte in seiner Antwort, dass die Versicherungswirtschaft die genannten Liegenschaften oder Gebäude mit E-Nutzung anders behandelt. Das Ministerium verweist auf eine entsprechende Stellungnahme des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft. Danach wird Versicherungsschutz unterschiedslos geboten für alle Fahrzeuge und Gebäude, die verkehrsrechtlich und baurechtlich zugelassen sind. Aus der Stellungnahme ergibt sich auch, dass sich aus dem Schadensgeschehen keine Erkenntnisse einer Mehr-oder-weniger-Gefährdung durch unterschiedliche Antriebsarten ableiten lässt.
Die AfD zeigte sich damit nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Rüdiger Klos (AfD) in der Sitzung nicht zufrieden. Es bestehe die Gefahr, dass Gebäude wegen des Vorhandenseins von E-Fahrzeugen und Ladeeinrichtungen nicht versichert werden könnten und folglich kein Versicherungsschutz besteht, habe die AfD ausgeführt. Darum müsse sich das Land im Interesse seiner Bürgerinnen und Bürger kümmern, um diese vor finanzieller Überforderung zu schützen, gegebenenfalls über eine Bundesratsinitiative.
Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) erklärte laut Klos, Fragen des Versicherungsrechts fielen in die Zuständigkeit des Bundes. Im Übrigen hafte der Hersteller, wenn ein Produkt schadhaft ist.
Grüne, CDU, SPD und FDP betonten nach Angaben des Ausschussvorsitzenden übereinstimmend, von E-Fahrzeugen gehe keine höhere Gefahr aus. Allerdings sei es aufwendiger, ein brennendes E-Fahrzeug zu löschen. Mittelfristig sei dies aber womöglich durch technische Innovation in den Griff zu bekommen.
Wie Rüdiger Klos berichtete, lehnten die vier Fraktionen einen Antrag der AfD ab, das Land unter anderem zu verpflichten, rückwirkend ab 2013 eine landesweite Brandfallstatistik für E-Fahrzeuge und Ladeeinrichtungen sowie eine Kalkulation der seitherigen Gesamtschadenssumme vorzulegen.
Rückmeldeverfahren und Stichtagsregelung kritisch auf dem Prüfstand
Stuttgart. Über das sogenannte Rückmeldeverfahren für Corona-Soforthilfen hat der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus in seiner Sitzung am Mittwoch, 19. Januar, diskutiert. 245.000 Unternehmen hatten im Frühjahr 2020 Soforthilfen beantragt. Das Land hatte die vom Bund zur Verfügung gestellten Mittel nach dessen Vorgaben ausgezahlt. Die L-Bank muss nun prüfen, ob Rückzahlungen erforderlich sind, weil Unternehmen womöglich besser als ursprünglich von ihnen selbst erwartet durch die Frühphase der Pandemie gekommen sind. Der Ausschuss diskutierte ausführlich die Ausgestaltung und Notwendigkeit des Rückmeldeverfahrens. Im Mittelpunkt stand die Kritik von Wirtschaftsvertretern und der Opposition, dass das Rückmeldeverfahren eine fragwürdige Stichtagsregelung für die Unternehmen in Baden-Württemberg vornehme würde, während andere Bundesländer hier den Unternehmen deutlich mehr entgegenkommen würden. Somit würde der baden-württembergische Weg die Verwerfungen auf Grund des Lockdowns 2020 in den Unternehmen vor Ort nicht adäquat abbilden. Darüber hinaus würden die Unternehmen nun unnötig unter Druck gesetzt werden, obwohl die Pandemie weiter andauere.
Auf Antrag von SPD und FDP/DVP thematisierte der Wirtschaftsausschuss das Rückmeldeverfahren. Ministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) nannte in der Sitzung nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Dr. Erik Schweickert (FDP/DVP) aktuelle Zahlen zum Stand des Verfahrens. Bis zum 16. Januar – an diesem Tag endete die Rückmeldefrist – hätten sich demnach rund 177.000 Unternehmen im Land bei der L-Bank rückgemeldet, rund 88.000 von ihnen hätten einen Rückzahlungsbedarf angegeben. Rund 80.000 Unternehmen hätten sich dagegen bislang noch nicht gemeldet.
Die Ministerin habe betont, dass es zwei verschiedene Verfahren und damit zwei verschieden Rückmeldefristen gäbe, die voneinander zu unterscheiden seien.
Bei der ersten Frist handelt es sich um den Zeitpunkt, bis wann die Unternehmen ihre aktuellen Stammdaten melden mussten. Ursprüngliches Fristende sei hier der 19.12.2021 gewesen. Nach großer Kritik aus der Wirtschaft wurde diese Frist dann von der Wirtschaftsministerin auf den 16.01.2022 verschoben. Dr. Hoffmeister-Kraut habe erklärt, sie habe sich noch im alten Jahr bei der neuen Bundesregierung für eine weitere Fristverlängerung eingesetzt. Darauf habe sie aber bisher keine Antwort erhalten.
Bei der zweiten Frist, bis zu der die Landesregierung einen Bericht vorlegen und etwaige Rückforderungen an die Unternehmen stellen muss, habe Dr. Hoffmeister-Kraut gegenüber der Bundesregierung erfolgreich eine Verlängerung erreicht. Der Abschluss des Gesamtverfahrens sei nun erst zum 31.12.2022 vorgesehen. Die Ministerin habe in diesem Zusammenhang dem Ausschussvorsitzenden versichert, dass etwaige Bescheide in Baden-Württemberg so spät wie möglich versendet werden.
SPD und FDP/DVP zeigten sich nach Angaben des Ausschussvorsitzenden nicht überzeugt von den Ausführungen der Ministerin. Zwar sei es zu begrüßen, dass die Frist bezüglich der Versendung der Rückzahlungsbescheide nun verlängert werden konnte, hätten beide Fraktionen erklärt. Das eigentliche Problem seien jedoch die für die Unternehmen ungünstigen Vorgaben in Baden-Württemberg, wie ein etwaiger Rückzahlungsbedarf zu berechnen sei.
Laut Dr. Schweickert kritisierten beide Fraktionen, dass Baden-Württemberg hier anders vorgehe als andere Bundesländer. Es gehe zu Lasten der Unternehmen, wenn der Liquiditätsengpass – wie in Baden-Württemberg vorgesehen – erst für die drei Monate nach dem Zeitpunkt der Antragsstellung berechnet werde. Es habe Antragsteller gegeben, die ihre Notlage zunächst aus eigener Kraft meistern wollten und die die Soforthilfe entsprechend erst später beantragten. Damit wurden die frühen Umsatzausfälle nicht berücksichtigt, schilderten SPD und FDP/DVP nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Dr. Schweickert das Problem eindringlich. Andere Bundesländer würden hier eine andere Auslegung der Stichtagsregelung vornehmen und somit den Unternehmen deutlich entgegenkommen. In diesen Bundesländern können die Unternehmen teilweise einen großen Zeitraum des Lockdowns auch vor dem Datum der Antragsstellung in die Berechnung mit einfließen lassen.
Die AfD-Fraktion schloss sich der Kritik weitgehend an, wie der Ausschussvorsitzende berichtete.
Die Wirtschaftsministerin zeigte sich laut Dr. Schweickert von der Kritik der Opposition unbeeindruckt. Die gesetzlichen Vorgaben seien nach ihrer Interpretation unmissverständlich, habe sie vor dem Ausschuss erklärt. Es gebe für sie keine anderen Auslegungsmöglichkeiten.
Die Fraktionen der Grünen und der CDU unterstützten Dr. Hoffmeister-Kraut nach Angaben des Vorsitzenden. Die Ministerin habe alle sich bietenden Chancen genutzt, um den Unternehmen entgegenzukommen. Die Handhabung der Stichtagsregelung in anderen Bundesländern können sie nicht bewerten.
Weitere Themen in der Sitzung waren – unter anderen – die Vermarktung heimischer Produkte im Baden-Württemberg-Haus auf der Expo 2020 in Dubai, die Zukunft von Einzelhandel und Innenstädten angesichts der Digitalisierung sowie die Finanzierung von StartUp-Unternehmen.
Deutsch-französisches Projekt gegen Lebensmittelverschwendung
Stuttgart. Der Ausschuss für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz hat sich in seiner Sitzung am Mittwoch, 19. Januar 2022, unter anderem auf Antrag der CDU-Fraktion mit dem grenzüberschreitenden Projekt „Gemeinsam gegen Lebensmittelverschwendung – grenzenlos nachhaltig“ zur Stärkung der deutsch-französischen Freundschaft und Bekämpfung von Lebensmittelverschwendung befasst. Das hat der Vorsitzende des Gremiums, Martin Hahn (Grüne), mitgeteilt.
Entstanden sei das Projekt Hahn zufolge aus der Aktionswoche „Lebensmittelretter – neue Helden braucht das Land“ heraus, die das Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz seit 2019 mit Kooperationspartnern durchführt.
Das Projekt habe zum Ziel, die Reduzierung der Lebensmittelverschwendung als Herausforderung auf kommunaler Ebene zu verankern. Bestehende Maßnahmen und Initiativen zur Vermeidung von Lebensmittelverschwendung sollen gestärkt, miteinander vernetzt und ihre Wahrnehmung in der kommunalen Öffentlichkeit erhöht werden. Gleichzeitig solle die Zusammenarbeit in kommunalen Partnerschaften im Rahmen der deutsch-französischen Freundschaft gefördert werden.
Der Ausschussvorsitzende Martin Hahn MdL machte deutlich: „Lebensmittelverschwendung ist eine entscheidende Stellschraube mit Blick auf CO2-Emissionen im Bereich Ernährung. Es gilt an dieser Schraube zu drehen, um CO2-Emissionen zu senken. Das Projekt leistet hier einen wichtigen Beitrag.“
Die Regierungsfraktionen lobten an dem Projekt insbesondere den praxisnahen Anlass für den grenzübergreifenden Dialog zwischen den Menschen und zwischen Kommunen, wie Hahn berichtete. Sowohl die Vermeidung von Lebensmittelverschwendung als auch die Wertschätzung von Lebensmitteln dienten als thematische Anlässe, die deutsch-französische Freundschaft zu vertiefen und voneinander zu lernen.
Aktuell nehmen Karlsruhe, Ludwigsburg, Nagold, Talheim, Mannheim und Heidelberg mit ihren jeweiligen Partnergemeinden aus Frankreich an dem Projekt teil. Vertreter der Opposition erkundigten sich Hahn zufolge im Gremium, warum keine baden-württembergische Stadt aus der Rheingegend an der deutsch-französischen Grenze teilnehme und ob das Projekt diesbezüglich noch ausgebaut werden könne. „Das Projekt ist weiterhin offen für Kommunen, die Interesse haben, natürlich auch aus der Rheingegend“, fasste Hahn die Angaben von Ministeriumsseite zusammen. Sobald der persönliche Austausch wieder möglich sei, solle dies auch wieder stärker beworben werden.
Neuer Parlamentskreis soll Radverkehr in Baden-Württemberg stärken
Stuttgart. Der Parlamentskreis Fahrrad des Landtags von Baden-Württemberg hat sich in seiner konstituierenden Sitzung am Dienstag, 18. Januar 2022, über die geplante interfraktionelle Zusammenarbeit und Vorschläge zur künftigen Themensetzung ausgetauscht. „Ich freue mich, dass wir jetzt den ersten Parlamentskreis dieses Landtags haben und dass sowohl Mitglieder der Landesregierung als auch der Opposition mit dabei sind“, betonte Hermann Katzenstein (Grüne), Initiator des Parlamentskreises.
Ziel des Parlamentskreises soll sein, relevante Themen und Belange des Radverkehrs in Baden-Württemberg stärker in den Fraktionen und im Parlament einzubringen und für eine breite Unterstützung dieser Mobilitätsform zu sorgen. Hermann Katzenstein, Sprecher für Fuß- und Radverkehr der Fraktion Grüne im Landtag und stellvertretender Vorsitzender des Arbeitskreises Verkehr, hatte zu der Auftaktveranstaltung des Parlamentskreises Fahrrad eingeladen. „Ich habe bereits mit verschiedenen Zweiradverbänden und -vereinen und mit der Landesverkehrswacht Kontakt aufgenommen, die wir zu kommenden Sitzungen gerne ebenfalls einladen wollen“, so Katzenstein.
In der als Hybridveranstaltung organisierten Auftaktsitzung des neuen Parlamentskreises war neben Staatssekretärin Elke Zimmer (Grüne), dem stellvertretenden Vorsitzenden des Verkehrsausschusses August Schuler (CDU) und dem verkehrspolitischen Sprecher der SPD-Fraktion Hans-Peter Storz auch der Bundestagsabgeordnete Gero Storjohann (CDU) zu Gast vor Ort. Digital zugeschaltet waren der Veranstaltung zudem der verkehrspolitische Sprecher der FDP/DVP-Fraktion Dr. Christian Jung, Nadyne Saint-Cast (Grüne) und weitere Abgeordnete, die einer Zusammenarbeit im Parlamentskreis Fahrrad bereits zugestimmt haben.
Als Initiator und Vorsitzender des Parlamentskreises Fahrrad im Deutschen Bundestag stellte Storjohann in seinem Grußwort die dortige interfraktionelle Arbeit und bisherige Themensetzungen vor. „In der Verkehrspolitik setzen sich häufig die großen Magistralen, zum Beispiel Schiene oder Wasser, durch. Mit dem Parlamentskreis konnten wir uns besser organisieren, so gelingt es uns, mehr Druck beim Thema Radverkehr zu machen.“ Der Parlamentskreis Fahrrad im Deutschen Bundestag besteht seit 2018, berichtete Storjohann, „zentrale Themen sind für uns sichere Kreuzungen im Radverkehr, aber auch der Blick auf die Zukunft, die absehbare Entwicklung des Radverkehrs.“
Wie in der Auftaktveranstaltung festgelegt, sollen pro Jahr künftig zwei Sitzungen des Parlamentskreises und eine Exkursion ins Umland stattfinden. Jede Sitzung soll sich dabei einem gesetzten Thema widmen. Erste Themenvorschläge rückten Verkehrssicherheit, Radverkehr in den Kommunen, das Rad als Wirtschaftsfaktor sowie gesundheitliche und soziale Aspekte in den Vordergrund. Zusätzlich ist auch der Austausch mit Interessensvertreterinnen und -vertretern und externen Gästen geplant, die passend zum jeweiligen Thema eingeladen werden sollen.
Elke Zimmer, Staatssekretärin im Ministerium für Verkehr, betonte in ihrem Impulsvortrag nochmals die Bedeutung der Radverkehrsförderung in Baden-Württemberg: „Wir wollen den Anteil des Radverkehrs landesweit auf 20 Prozent steigern, momentan liegen wir bei zehn. Der Bewusstseinswandel in den Köpfen der Menschen ist allerdings mühevoll.“ Mit einer guten Radverkehrspolitik ließen sich die nötigen Rahmenbedingungen schaffen, Handlungsmuster zu verändern. Die Projekte zur Verbesserung der Radinfrastruktur könnten allerdings nur gelingen, wenn die Kommunen mit ins Boot geholt würden.
Sozialausschuss befasst sich mit Corona-Ausbrüchen in Seniorenheimen
Stuttgart. Der Ausschuss für Soziales, Gesundheit und Migration hat in einer öffentlichen Sondersitzung am Montag, 17. Januar 2022, über die Todesfälle im Zusammenhang mit Corona in zwei Seniorenheimen im Landkreis Rastatt beraten. Sozialminister Manfred Lucha (Grüne) wurde zum aktuellen Stand der Impfkampagne insbesondere in Pflegeeinrichtungen befragt. Ausschussvorsitzender Florian Wahl (SPD) sprach angesichts der vergleichsweise niedrigen Quote bei Pflegeheimbewohnern mit Auffrischungsimpfung von besorgniserregenden Zahlen.
Die öffentliche Sondersitzung des Sozialausschusses wurde von den Fraktionen der Grünen, CDU, SPD und FDP/DVP beantragt, nachdem sich Sozialminister Lucha in der vergangenen Woche an den Ausschuss gewandt hatte, um über die gegenwärtige Lage in Rastatt und weiteren Pflegeeinrichtungen zu berichten. „Diesen proaktiven Informationsansatz begrüßen wir“, betonte der Ausschussvorsitzende Florian Wahl. Zu Beginn der Sondersitzung rief Wahl die teils in Präsenz anwesenden, teils digital zugeschalteten Ausschussmitglieder zu einer Schweigeminute im Gedenken an die Verstorbenen auf.
Bei einem Corona-Ausbruch im Rastatter Pflegeheim Haus Paulus hatten sich nach Angaben des Landratsamts Rastatt über 50 der 85 Bewohner und mehrere Mitarbeiter mit dem Coronavirus angesteckt, berichtete der Ausschussvorsitzende. 13 Senioren seien im Zusammenhang damit gestorben, der Ausbruch sei aber noch nicht vorüber. Keiner der Verstorbenen hätte eine Auffrischungsimpfung erhalten. „Die Bewohner von Pflegeheimen sind ganz oben auf der Liste der besonders zu schützenden Gruppen, daher können die von der Presse veröffentlichten Zahlen sehr beunruhigen“, so Wahl. Bisher seien etwa zwei Drittel der Pflegeheimbewohner in Baden-Württemberg zum dritten Mal geimpft, das entspräche ungefähr den Impfquoten der über Sechzigjährigen in der Gesamtbevölkerung.
Sozialminister Lucha schilderte in der Sitzung zunächst die Chronologie der Ereignisse in dem Rastatter Pflegeheim sowie zudem die Lage mit Blick auf einen weiteren Corona-Ausbruch in einer Pflegeeinrichtung in Gaggenau, ebenfalls im Landkreis Rastatt, mit insgesamt sieben infizierten Bewohnern und einem Todesfall. Während im Haus Paulus nur 55 Prozent der Bewohner und 25 Prozent der Beschäftigten die Boosterimpfung erhalten hätten, seien in Gaggenau 76 Prozent der Bewohner und 61 Prozent der Beschäftigten zum dritten Mal geimpft gewesen. „Diese Zahlen stehen leider exemplarisch für die Heterogenität der Pflegeeinrichtungen bei der Impfquote“, so der Minister.
Solange es keine allgemeine Impfpflicht gebe, liege die Entscheidung, das Impfangebot wahrzunehmen, bei den Betroffenen oder deren rechtlichen Vertretern, betonte Lucha. Die Pflegeeinrichtungen im Land seien seit September 2021 bereits mehrfach über die Möglichkeit der Inanspruchnahme mobiler Impfteams sowie über weitere Impfangebote informiert worden, etwa 85 Prozent der Einrichtungen hätten auf Nachfrage der Heimaufsicht keine Schwierigkeiten bei der Organisation von Impfterminen für die Bewohner gemeldet.
Die SPD kritisierte nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Wahl die deutlich niedrigere Quote an Auffrischungsimpfungen in baden-württembergischen Pflegeeinrichtungen im Vergleich zu anderen Bundesländern. Diese könne nicht nur mit der Verweigerung der Impfung durch einzelne Bewohner oder Angehörige begründet werden, sondern ließe auch auf Fälle von fehlenden Impfangeboten schließen. Es dürfe nicht bei reinen Appellen bleiben, die Verantwortung des Sozialministeriums bei der Verbesserung der Impfquote in Pflegeeinrichtungen sei weitreichender.
Die FDP/DVP sprach die Notwendigkeit einer verbesserten Datengrundlage bei der Erfassung von Impfquoten bei Bewohnern wie Beschäftigten von Pflegeeinrichtungen an. Der Rastatter Fall zeige auf, dass die Impfquote in Pflegeheimen allgemein zurückhänge. Zudem müsse erörtert werden, inwiefern eine einrichtungsbezogene Impfpflicht zu Engpässen im Personalplan führen könne. Hier bestehe die Gefahr der Schließung einzelner Pflegeeinrichtungen, um die Betreuung in anderen weiter gewährleisten zu können.
Die AfD betonte, dass bei der Corona-Impfung nach wie vor auf freiwillige Angebote gesetzt werden solle, auch im Pflegebereich und bei vulnerablen Gruppen. Sie warnte vor einer Spaltung der Gesellschaft, wenn die Bedenken von Menschen, die einer Impfung skeptisch gegenüberstehen, nicht ernstgenommen würden.
Sozialminister Manfred Lucha hob in der Diskussion das große Engagement der örtlichen Behörden hervor, sprach aber auch von Binnendynamiken in einigen Pflegeeinrichtungen, die die Impfbereitschaft senken könne: Ein digital zugeschalteter Vertreter des Landratsamts Rastatt deutete diesbezüglich Probleme insbesondere bei zwei Wohnbereichen der betroffenen Einrichtung in Rastatt an.
Bundespräsidentenwahl 2022: Landtag wählt Delegierte
Stuttgart. Für die 17. Bundesversammlung, die am 13. Februar 2022 in Berlin die neue Bundespräsidentin oder den neuen Bundespräsidenten wählt, hat der Landtag von Baden-Württemberg in seiner Plenarsitzung am 22. Dezember 2021 seine 94 Mitglieder benannt. Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) wird die nominierten Vertreterinnen und Vertreter anschreiben, ob sie ihre Wahl annehmen. Bis spätestens Ende Dezember 2021 wird Aras die Liste der baden-württembergischen Delegierten an die Präsidentin des Bundestags Bärbel Bas weiterleiten.
Die Fraktionen Grüne, CDU und AfD haben jeweils eigene Vorschlagslisten vorgelegt, SPD und FDP/DVP eine gemeinsame. Abgegeben wurden insgesamt 148 Stimmen. Auf die Vorschlagsliste der Fraktion GRÜNE entfielen 54 Stimmen. Die Vorschlagsliste der Fraktion der CDU hat 40 Stimmen erhalten. Die Vorschlagsliste der Fraktion der SPD und der Fraktion der FDP/DVP hat 39 Stimmen erhalten. Auf die Vorschlagsliste der Fraktion der AfD entfielen 15 Stimmen. Es gab keine Stimmenthaltungen und keine ungültigen Stimmen. Gemäß § 4 Absatz 3 des Gesetzes über die Wahl des Bundespräsidenten durch die Bundesversammlung waren die Sitze den Listen nach der Zahl der ihnen zufallenden Stimmen im Höchstzahlverfahren nach d'Hondt zuzuteilen.
Danach entfallen auf die verschiedenen Vorschlagslisten folgende Sitze
• Vorschlagsliste Nr. 1 – GRÜNE 35 Sitze,
• Vorschlagsliste Nr. 2 – CDU 25 Sitze,
• Vorschlagsliste Nr. 3 – SPD und FDP/DVP 25 Sitze,
• Vorschlagsliste Nr. 4 – AfD 9 Sitze.
Zu Mitgliedern der 17. Bundesversammlung sind damit folgende Personen gewählt:
Vorschlagsliste Nr. 1 – GRÜNE
Lfd. | Name | Vorname | Wohnort |
---|---|---|---|
1. | Schwarz MdL | Andreas | Kirchheim/Teck |
2. | Aras MdL | Muhterem | Stuttgart |
3. | Kretschmann MdL | Winfried | Sigmaringen |
4. | Schwelling | Lena | Ulm |
5. | Haggenmüller | Pascal | Stuttgart |
6. | Kekilli | Sibel | Hamburg |
7. | Streich | Christian | Freiburg |
8. | Denalane | Joy | Berlin |
9. | Stanišić | Saša | Hamburg |
10. | Schweizer | Clara Jasmin | Nürtingen |
11. | Dr. Hartung | Stefan | Gerlingen |
12. | Yeter | Ayse | Stuttgart |
13. | Prof. Dr. Kräusslich | Hans-Georg | Heidelberg |
14. | Prof. Dr. de Castro | Inés | Stuttgart |
15. | Dr. Gerst | Alexander | Köln |
16. | Holmberg MdL | Cindy | Reutlingen |
17. | Hildenbrand MdL | Oliver | Stuttgart |
18. | Krebs MdL | Petra | Wangen |
19. | Bay MdL | Susanne | Heilbronn |
20. | Herkens MdL | Felix | Pforzheim |
21. | Niemann MdL | Jutta | Schwäbisch Hall |
22. | Köhler MdL | Erwin | Lauffen am Neckar |
23. | Sperling MdL | Swantje | Leutenbach |
24. | Pix MdL | Reinhold | Ihringen |
25. | Gericke MdL | Silke | Ludwigsburg |
26. | Joukov-Schwelling MdL | Michael | Ulm |
27. | Dr. Leidig MdL | Ute | Karlsruhe |
28. | Hermann MdL | Winfried | Stuttgart |
29. | Wehinger MdL | Dorothea | Steißlingen |
30. | Nentwich MdL | Ralf | Murrhardt |
31. | Häusler MdL | Martina | Schwäbisch Gmünd |
32. | Mettenleiter MdL | Bernd | Achern |
33. | Olschowski MdL | Petra | Stuttgart |
34. | Hentschel MdL | Thomas | Gernsbach |
35. | Seemann MdL | Stefanie | Mühlacker |
Vorschlagsliste Nr. 2 – CDU
Lfd. | Name | Vorname | Wohnort |
---|---|---|---|
1. | Dr. Dulger | Rainer | Heidelberg |
2. | Dr. Federle | Elisabeth | Tübingen |
3. | Flick | Hans-Dieter | Bammental |
4. | Hauptmann | Gaby | Allensbach |
5. | Jäger | Steffen | Oppenweiler |
6. | Prof. Dr. Krieglstein | Kerstin | Wittnau |
7. | Löhlein | Sr. Maria Hanna | Bad Waldsee |
8. | Röser | Sarna | Mundelsheim |
9. | Vetter | Johannes | Offenburg |
10. | Dr. Becker MdL | Alexander | Ötigheim |
11. | Bückner MdL | Tim | Abtsgmünd |
12. | Gehring MdL | Christian | Kernen im Remstal |
13. | Hagel MdL | Manuel | Ehingen |
14. | Hailfinger MdL | Manuel | Sonnenbühl |
15. | Hartmann-Müller MdL | Sabine | Rheinfelden |
16. | Huber MdL | Isabell | Wüstenrot |
17. | Mayr MdL | Ansgar | Stutensee |
18. | Miller MdL | Matthias | Steinenbronn |
19. | Dr. Pfau-Weller MdL | Natalie | Kirchheim unter Teck |
20. | Dr. Preusch MdL | Michael | Eppingen |
21. | Schindele MdL | Katrin | Baiersbronn |
22. | Schweizer MdL | Sarah | Göppingen |
23. | Staab MdL | Christiane | Walldorf |
24. | Strobl | Thomas | Heilbronn |
25. | Sturm MdL | Andreas | Neulußheim |
Vorschlagsliste Nr. 3 – SPD und FDP/DVP
1. | Stoch MdL | Andreas | Heidenheim |
---|---|---|---|
2. | Dr. Rülke MdL | Hans-Ulrich | Pforzheim |
3. | Spagerer | Karla | Mannheim |
4. | Stihl | Hans Peter | Waiblingen |
5. | Binder MdL | Sascha | Geislingen |
6. | Brauer MdL | Stephen | Crailsheim |
7. | Dr. Kliche-Behnke MdL | Dorothea | Tübingen |
8. | Haag MdL | Friedrich | Stuttgart |
9. | Fink MdL | Nicolas | Esslingen |
10. | Heitlinger MdL | Georg | Eppingen |
11. | Fünderich | Astrid | Korntal-Münchingen |
12. | Bonath MdL | Frank | Villingen-Schwenningen |
13. | Born MdL | Daniel | Schwetzingen |
14. | Scheerer MdL | Hans Dieter | Weil der Stadt |
15. | Prof. Dr. Noller | Annette | Oberriexingen |
16. | Fischer MdL | Rudi | Metzingen |
17. | Dr. Weirauch MdL | Boris | Mannheim |
---|---|---|---|
18. | Goll MdL | Julia | Weinstadt |
19. | Walther | Anna | Renningen |
20. | Birnstock MdL | Dennis | Filderstadt |
21. | Kenner MdL | Andreas | Kirchheim unter Teck |
22. | Dr. Jung MdL | Christian | Bruchsal |
23. | Steinhülb-Joos MdL | Katrin | Stuttgart |
24. | Trauschel MdL | Alena | Ettlingen |
25. | Storz MdL | Hans-Peter | Singen |
Vorschlagsliste Nr. 4 – AfD
1. | Dr. Podeswa MdL | Rainer | Ilsfeld |
2. | Hörner MdL | Hans-Peter | Balingen |
3. | Baron MdL | Anton | Öhringen |
4. | Dr. Hellstern MdL | Uwe | Horb am Neckar |
5. | Eisenhut MdL | Bernhard | Rielasingen |
6. | Sänze MdL | Emil | Sulz am Neckar |
7. | Goßner MdL | Hans-Jürgen | Albershausen |
8. | Klauß MdL | Miguel | Nagold |
9. | Rupp MdL | Ruben | Eschach |
Innenausschuss verurteilt Angriffe auf Polizisten bei Corona-Demonstrationen
Stuttgart. Angesichts der teilweise gewalttätigen Proteste gegen die Corona-Maßnahmen in den vergangenen Tagen ist der Innenausschuss des Landtags am Mittwoch, 22. Dezember 2021, zu einer Sondersitzung zusammengekommen.
„Das Gremium verurteilte die Angriffe auf Polizeibeamte scharf und stellte ausdrücklich klar: Rechtsbrüche und Gewalt gegen Einsatzkräfte werden nicht toleriert und konsequent verfolgt“, sagte die stellvertretende Vorsitzende Andrea Schwarz (Grüne). Die Abgeordneten dankten den Polizistinnen und Polizisten für deren Einsatz in diesen schwierigen Situationen und sprachen den verletzten Beamten ihre Anteilnahme und eine baldige Genesung aus.
An der Sitzung nahmen Innenminister Thomas Strobl (CDU), Staatssekretär Wilfried Klenk (CDU), Landespolizeipräsidentin Stefanie Hinz und Landespolizeidirektor Martin Feigl teil. Die Abgeordneten sprachen von einer besorgniserregenden Entwicklung des Protestgeschehens und einer zunehmenden Radikalisierung und Gewaltbereitschaft der Szene. Fraktionsübergreifend waren sich die Abgeordneten der Grünen, CDU, SPD und FDP/DVP einig, dass die Meinungs- und Versammlungsfreiheit ein hohes Gut in unserem demokratischen Rechtsstaat ist und selbstverständlich auch während der Corona-Pandemie gilt. Jede Bürgerin und jeder Bürger habe das Recht, friedlich und unter Einhaltung der pandemiebedingten Auflagen seinen Unmut über staatliche Maßnahmen zu äußern.
Wer jedoch Auflagen oder Versammlungsverbote missachte, Polizisten beleidige, angreife und verletzte, müsse konsequent und entschlossen verfolgt werden. Dies habe mit legitimer Kritik nichts zu tun und sei Ausdruck einer aggressiven Staatsfeindlichkeit. Die Abgeordneten riefen die Demonstrierenden auch dazu auf, genau zu überlegen, mit welchen Personen aus welcher Szene sie gemeinsam auf die Straße gehen wollen.
Innenminister Strobl schilderte in der Sitzung die Einsatzlage am vergangenen Wochenende und Montag. Demnach gab es im Südwesten 212 Versammlungen mit Bezug zur Corona-Politik mit insgesamt 40.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Bis auf einige Ausnahmen seien die Versammlungen überwiegend friedlich und störungsfrei verlaufen. Allerdings sei es auch zu inakzeptablen Ausschreitungen gekommen, bei denen Polizisten verletzt worden seien. In Reutlingen etwa seien von der Polizei rund 500 Personen umzingelt und kontrolliert worden. Allein am Montag seien 49 Strafverfahren unter anderem wegen Widerstandshandlungen und Beleidigungen eingeleitet worden. Dazu kamen 241 Ordnungswidrigkeitsanzeigen und 247 Platzverweise. Die Zahl der verletzten Polizisten habe sich auf 15 erhöht.
Strobl sprach von einer sehr dynamischen Demonstrationslage im Land. So gebe es kleine Protestaktionen mit 30 Teilnehmern, aber auch große Demonstrationen mit mehreren tausend Personen. Auch unter den Teilnehmenden gebe es erhebliche Unterschiede. So gingen Bürgerinnen und Bürger auf die Straße, die friedlich ihren Protest gegen die Pandemiemaßnahmen ausdrücken wollten. Unter den Protestierenden befinde sich allerdings auch eine „toxische Mischung aus Reichsbürgern, Selbstverwaltern, Verschwörungstheoretikern und Rechtsextremisten.“ Insbesondere der harte Kern des Rechtsextremismus versuche, die Demonstrationen für sich zu instrumentalisieren.
Diskussionen habe es im Ausschuss darüber gegeben, wie mit Demonstranten umgegangen werde, die Pandemieauflagen wie eine Maskenpflicht ignorieren oder Versammlungsverbote durch sogenannte Spaziergänge umgehen wollten. Die Fraktionen forderten, dass auch solche Verstöße konsequent geahndet werden. Strobl führte aus, dass nicht angemeldete Demonstrationen für die Beteiligten sehr teuer werden könnten. So beginge der Demonstrationsleiter in diesem Fall eine Straftat. Die Teilnehmenden begingen eine Ordnungswidrigkeit und müssten mit einer Geldstrafe von bis zu 500 Euro rechnen.
Minister Hermann verteidigt Eingliederung der Mobilitätszentrale
Stuttgart. Die geplante Eingliederung der Mobilitätszentrale Baden-Württemberg in das Verkehrsministerium ist in der Sitzung des Verkehrsausschusses am Mittwoch, 15. Dezember 2021, auf Kritik der Opposition gestoßen. Wie der Ausschussvorsitzende Rüdiger Klos (AfD) berichtete, bezweifelten SPD, FDP/DVP und AfD angesichts von geplanten Stellenanhebungen die Kostenneutralität des Vorhabens.
Die Mobilitätszentrale Baden-Württemberg ist bisher beim Regierungspräsidium Tübingen angesiedelt. Sie ging jüngst aus der Landesstelle für Straßentechnik (vormals Abteilung 9 des PR Tübingen) hervor. Die Umstrukturierung ergab sich aus der Änderung des Straßengesetzes zum 1. Januar 2021, die der Überführung der Autobahnaufgaben aus der Auftragsverwaltung in die bundeseigene Verwaltung Rechnung trug.
Nach Angaben des Ausschussvorsitzendes Klos verteidigte Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) die Neuordnung der Aufgaben der Straßenbauverwaltung, für die die Bildung der Mobilitätszentrale und deren Eingliederung in das Ministerium stehe. Die Digitalisierung ermögliche eine bessere Steuerung von Mobilität über die verschiedenen Verkehrsträger hinweg. Es sei unabdingbar, diese Aufgabe beim Verkehrsministerium anzusiedeln. Die Fraktionen von Grünen und CDU bekräftigten dies, wie der Ausschussvorsitzende erklärte.
Hermann verwies laut Klos darauf, dass bereits die Vorläuferin der Mobilitätszentrale ihren Sitz in Stuttgart hatte. Für die meisten Mitarbeiter bedeute die Eingliederung ins Ministerium demnach keinen Umzug. Im Vorfeld hatte es wiederholt geheißen, viele Mitarbeiter stünden nun vor einem Umzug nach Stuttgart.
Mit Blick auf die von der Opposition kritisierten Stellenanhebungen erklärte der Minister, in Ministerien werde nach den geltenden gesetzlichen Bestimmungen nun einmal höher besoldet als in untergeordneten Behörden. Insgesamt würden deshalb sieben Stellen angehoben. Dies sei durch Umschichtungen in der Verwaltung gegenfinanziert, weshalb das Gesetz insgesamt kostenneutral sei.
Die Opposition habe sich davon nicht überzeugen lassen, berichtete Klos. So habe die FDP/DVP kritisiert, Minister Hermann fahre „den Beamtenapparat hoch“. Die AfD habe argumentiert, wer Kostenneutralität wolle, dürfe Stellen nicht pauschal anheben. Die AfD habe zudem grundsätzlich bestritten, dass die Eingliederung der Mobilitätszentrale sich positiv auf die Zusammenarbeit in der Verkehrsverwaltung auswirke.
Europaausschuss informiert sich über Umsetzung des EU-Klimaziels für 2030
Stuttgart. Der Ausschuss für Europa und Internationales hat sich in seiner Sitzung am Mittwoch, 15. Dezember 2021, unter anderem mit der Umsetzung des EU-Klimaziels für 2030 und dem „Fit für 55“-Paket zur stärkeren Reduktion von CO2-Emissionen befasst, einer Unterrichtung des Landtags in EU-Angelegenheiten. Das hat der Vorsitzende des Gremiums, Willi Stächele (CDU), mitgeteilt. „Wir haben hier eine große Aufgabe, die auf uns zukommt, diese Themen bestimmen mit Sicherheit die nächsten Jahre“, betonte Stächele.
Das Gremium informierte sich Stächeles Angaben zufolge insbesondere über das „Fit für 55“-Paket, welches mit dem Inkrafttreten des Europäischen Klimagesetzes im Juli 2021 rechtlich verankert wurde. Das Paket strebe die Reduktion von Treibhausgasen um mindestens 55 Prozent gegenüber 1990 an. Es diene der Anpassung der Klima- und Energiegesetzgebung der Europäischen Union an das neue Klimaziel für 2030. Mit dem „Fit für 55“-Paket solle ein wirtschaftlicher, industrieller und gesellschaftlicher Wandel angestoßen werden, der die Wettbewerbsfähigkeit der EU erhalte, neue Jobs schaffe und die Kosten der Transformation dabei gerecht aufteile. Der Ausschuss begrüßte den Ansatz der Europäischen Union, sich durch „Fit für 55“ hohe Ziele zu stecken und eine internationale Vorreiterrolle beim Klimaschutz einzunehmen.
Das übergeordnete Ziel der Treibhausgasneutralität bis 2050 solle neben weiteren Maßnahmen durch eine verstärkte Miteinbeziehung des Luft- und Seeverkehrs im Emissionshandel, den CO2-Grenzausgleich und die Steigerung der Energieeffizienz erreicht werden, wie der Vorsitzende darlegte. „Das ist natürlich eine Herkulesaufgabe“, hob Stächele hervor, „grundsätzlich habe ich aber den Eindruck, dass wir in Baden-Württemberg beim Klimaschutz mit Europa mithalten können.“ Bei der Umsetzung spielten Solidarität und der soziale Aspekt eine tragende Rolle. Eine sozialgerechte Verwirklichung des neuen Klimaziels und die angebrachte Aufteilung der Anstrengungen unter den EU-Mitgliedstaaten seien Schwerpunkte in der Umsetzung der neuen Ziele und das sei auch im Ausschuss ausdrücklich begrüßt worden.
Regierungsfraktionen und Opposition hätten gleichermaßen auf die zentrale Bedeutsamkeit eines sozialen Ausgleichs für besonders betroffene Regionen sowie die direkten Auswirkungen der neuen Regelungen auf die Bürgerinnen und Bürger verwiesen. Ausschussvorsitzender Willi Stächele appellierte an die Mitglieder des Europaausschusses, aus den Unterrichtungen in EU-Angelegenheiten Aufträge in die Fraktionen und die anderen Fachausschüsse mitzunehmen.
Die AfD hat sich nach Angaben Willi Stächeles nicht an der Ausschusssitzung beteiligt. Sie habe bereits im Vorfeld in einem an Landtagspräsidentin Muhterem Aras und ihn adressierten Brief und schließlich zu Sitzungsbeginn Kritik und Bedenken am Vorgehen geäußert und dem Verfahren widersprochen.
Stächele ließ es sich zu Beginn der Sitzung nicht nehmen, Alena Trauschel (FDP/DVP) zu ihrer Auszeichnung mit dem Nachwuchspreis Rising Star der europäischen Liberalen zu beglückwünschen. „Wir freuen uns, eine ausgezeichnete Liberale in unseren Reihen zu haben“, so Stächele. Trauschel sei vom europäischen Dachverband Junger Liberaler und der Friedrich-Naumann-Stiftung nominiert worden und habe den Preis in Rom entgegengenommen.
Präsidentin Aras: Die größte Gefahr liegt darin, die Menschenrechte für selbstverständlich zu nehmen
Stuttgart. „Der Mensch steht im Mittelpunkt. Seine Würde ist unveräußerlich. Seine Rechte gelten ohne jede Einschränkung.“ Das betonte Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) bei der digitalen Veranstaltung zum Tag der Menschenrechte am Mittwochabend, 8. Dezember 2021, im Haus des Landtags, in Bezug auf den 1. Satz des 1. Artikels der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte. Teilnehmer der Veranstaltung waren neben Aras der Tübinger Völkerrechtler Prof. Dr. Jochen von Bernstorff sowie die Jesidin und IS-Überlebende Sanaa Ali Alneamat.
Die Botschaft dieses ersten Satzes sei kraftvoll und unmissverständlich, so die Präsidentin. „Egal, wer man ist, wo man herkommt, wo man lebt, wie man aussieht, was man glaubt, wie man liebt und egal, was man getan hat: Jeder Mensch ist gleich viel wert und hat die gleichen Rechte.“ Muhterem Aras führte aus, dass die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte die Antwort auf historisches Unrecht gewesen sei. „Sie war das gemeinsame Bekenntnis der Vereinten Nationen zu Frieden und Gerechtigkeit in der Welt“, sagte sie. Auch heute, fast 73 Jahre später, strahle dieses Bekenntnis noch immer in politisches Handeln weltweit aus.
Landtagspräsidentin Aras machte darauf aufmerksam, dass sich gerade in der globalen Corona-Pandemie zeige, wie schnell konkretes politisches Handeln die Menschenrechte unterlaufen könne. Laut des Jahresberichts von Amnesty International hätten sich Ungleichheit, Diskriminierung und Unterdrückung in der Pandemie weltweit erheblich verschärft. „Die Corona-Pandemie ist nicht nur eine Gesundheitskrise, sondern auch eine Krise der Menschenrechte“, befand Aras. Doch die Vereinten Nationen hätten 1948 mit der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte etwas bewiesen: „Dass globale Kooperation möglich ist und dass internationale Zusammenschlüsse die Weltgemeinschaft weiterbringen.“ Doch die größte Gefahr liege darin, die Menschenrechte für selbstverständlich zu nehmen. „Wenn wir sie nicht einfordern, verlieren sie ihre Kraft“, so Aras.
Prof. Dr. Jochen von Bernstorff, der dieses Jahr den Tübinger Menschenrechtspreis verliehen bekommen hat, lehrt Verfassungsrecht sowie Völkerrecht und Menschenrechte an der Universität Tübingen. Er thematisierte in seinem Fachvortrag die Erfolge und Herausforderungen des internationalen Menschenrechtsschutzes. „Trotz aller Erfolge des Menschenrechtsdiskurses werden in absoluten Zahlen heute mehr Menschen gefoltert, getötet, willkürlich weggesperrt oder leben in Verelendung und absoluter Armut als jemals zuvor auf diesem Planeten“, sagte von Bernstorff. Durch die Klimakrise werde sich die Lage weiter enorm zuspitzen, wenn die wichtigsten nationalen Regierungen nicht doch noch radikal umsteuerten.
Dem Völkerrechtler zufolge betreffen Menschenrechtsverletzungen zahlreiche Bereiche. Dazu zählten etwa globale Ungleichheiten und Ungerechtigkeiten beim Klimaschutz, der Ernährung, der Bildung, Lebenschancen und auch der Verteilung von Covid-19-Impfstoffen. „Während in westlichen Industrienationen um die 70 Prozent der erwachsenen Bevölkerung geimpft sind, liegt die Impfquote in den ärmsten und besonders bevölkerungsreichen Ländern der Erde immer noch bei unter fünf Prozent. Und während wir anfangen, 5-Jährige zu impfen, verhindern globale Patentschutzregeln den schnellen Aufbau eigener kostengünstiger Herstellungskapazitäten im globalen Süden“, so von Bernstorff. Mitverantwortlich für globale Ungerechtigkeiten seien auch die EU und andere westliche Staaten, die nur eine geringe Bereitschaft zeigten, Wohlstand zu teilen.
Anschließend sprach Anna Koktsidou (SWR), die Moderatorin des Abends, mit Sanaa Ali Alneamat vom Verein Farida. Sie ist eine im Irak geborene Jesidin und ist vor dem Terror des IS-Regimes nach Deutschland geflohen. Sie hat brutale Gewalt, tiefstes Leid und einen menschenverachtenden Genozid überlebt. Bei der Veranstaltung berichtete sie darüber, wie sie gemeinsam mit ihrer Familie von IS-Terroristen entführt, gefangen gehalten und misshandelt wurde. „Sie haben alles mit uns gemacht“, sagte Sanaa Ali Alneamat. „Nach vier Monaten konnte ich zusammen mit meiner älteren Schwester fliehen“, berichtete sie. Ihre jüngere Schwester blieb fünf Jahre in IS-Gefangenschaft. Ihre Eltern und ihren beiden Brüdern werden bis heute vermisst. Sanaa Ali Alneamat sagte, sie gehe nicht davon aus, dass sie noch am Leben seien. Heute engagiert sich Sanaa Ali Alneamat im Verein Farida e.V. und kämpft für Menschenrechte.
Auch die Zuschauerinnen und Zuschauer des Livestreams konnten Fragen an die Runde stellen. Die Aufzeichnung der Veranstaltung kann auf dem YouTube-Kanal des Landtags angesehen werden: https://www.youtube.com/watch?v=PnCWT8nTGKg
Wirtschaftsausschuss verlängert Rückbürgschaftsregelung
Stuttgart. Der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus hat in seiner Sondersitzung am Mittwoch, 01. Dezember 2021, eine Verlängerung der coronabedingten Bürgschaftsregelungen bis zum 31. März 2022 sowie eine mögliche weitere Verlängerung bis zum 30. April 2022 beschlossen. Die bisherigen zu Beginn der Corona-Pandemie eingeführten Regelungen wären andernfalls zum 31. Dezember 2021 ausgelaufen. „Der Wirtschaftsausschuss macht damit den Weg für eine weitere unbürokratische Unterstützung der Wirtschaft frei“, erklärte der Ausschussvorsitzende Dr. Erik Schweickert (FDP/DVP).
Im Einzelnen konnte der Ausschuss sowohl die erweiterte Rückbürgschaftserklärung auf Basis erhöhter Zuständigkeitsgrenzen gegenüber der Bürgschaftsbank Baden-Württemberg und der Landesbank Baden-Württemberg (L-Bank) als auch die Regelungen zur erhöhten Zuständigkeitsgrenze bei Landesbürgschaften verlängern. Hier war im April 2020 eine temporäre Erhöhung der Zuständigkeit der L-Bank auf 20 Millionen Euro beschlossen worden. Zuvor hatte die Grenze, ab der der Wirtschaftsausschuss einer Bürgschaft zustimmen muss, bei fünf Millionen Euro gelegen. Die Zuständigkeitsgrenze der Bürgschaftsbank war im Zuge der Pandemie von 1,25 Millionen Euro auf 2,5 Millionen Euro angehoben worden. Um den Unternehmen aufgrund der weiterhin angespannten Lage den Zugang zu Bürgschaften schneller zu ermöglichen und notwendige Finanzierungen auch in Krisenzeiten sicherzustellen, hatte Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) auf Initiative des Ausschussvorsitzenden nun eine nochmalige Verlängerung beantragt.
Während die Erhöhung der Zuständigkeitsgrenzen bei Landesbürgschaften in der alleinigen Hand des Landes liegt, wurde der jetzige Beschluss zur Verlängerung der Rückbürgschaftsregelung möglich, nachdem die Europäische Kommission ihrerseits ihren befristeten Rahmen für staatliche Beihilfen während der Corona-Pandemie bis zum 30.06.2022 verlängert und erweitert hatte und auch der Bund den Weg für eine weitere Verlängerung freigemacht hatte.
Wie Dr. Schweickert berichtete, wurde der Vorschlag zur Verlängerung einstimmig angenommen. „Wir kommen damit auch Forderungen aus der Wirtschaft nach, die die im April 2020 kurzfristig umgesetzten Bürgschaftsregelungen positiv aufgenommen hatte. Von Wirtschaftsseite wird sicherlich auch eine mögliche langfristige Überarbeitung der Zuständigkeitsgrenzen bei Landesbürgschaften begrüßt werden, die die Wirtschaftsministerin für das kommende Jahr in Aussicht gestellt hat“, so der Vorsitzende weiter. Immerhin seien die aktuellen, außerhalb von Krisenzeiten geltenden Grenzen bereits vor Jahrzehnten festgelegt und seitdem nie angepasst worden. Der Ausschuss wird sich deshalb in den kommenden Wochen und Monaten mit der Neuregelung beschäftigen, die sowohl den berechtigten Interessen der Wirtschaft, wie auch den Rechten und Pflichten des Parlaments entsprechen solle.
Darüber hinaus hat der Wirtschaftsausschuss des Landtags rund 3,3 Millionen Euro aus dem Förderprogramm Invest BW der Landesregierung auf den Weg gebracht. Das Programm Invest BW unter Federführung des Wirtschaftsministeriums unterstützt Unternehmen schnell und unbürokratisch bei Investitionen in Zukunftstechnologien. Es soll dabei helfen, die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie zu bewältigen und Unternehmen zukunftssicher aufzustellen. Über die Förderanträge entscheidet das Ministerium. Bei besonders bedeutsamen Vorhaben und einem Fördervolumen von mindestens 500.000 Euro wird ein Fachbeirat eingeschaltet. Die Bewilligung dieser großen Fördermittel obliegt dem Wirtschaftsausschuss.
Nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Dr. Erik Schweickert (FDP/DVP) stimmte der Ausschuss einstimmig der Förderung folgender Projekte zu:
Unternehmen |
Projektvorhaben |
Fördersumme |
Verbundvorhaben: |
Investition einer vollautomatisierten Fertigungszelle zur rohrbezogenen Schneidring-Umformung mit vertikalem Biegeprozess |
933.199 € davon 595.256 € |
Verbundvorhaben: Hörnlein Umformtechnik GmbH, Schwäbisch Gmünd Chocal Aluminiumverpackungen GmbH, Schwäbisch Gmünd |
Hoch flexibles Engineering und Matrixproduktionssystem zur Fertigung am Ort des Kunden mit KI-Assistenz |
2.379.574 € davon 1.889.833 € Hörnlein Umformtechnik GmbH |
Ferner hat der Wirtschaftsausschuss nach Angaben Dr. Schweickerts Garantieerklärungen zur Deckungsvorsorge bei Forschungsprojekten des Karlsruher Instituts für Technologie einstimmig zugestimmt, eine Finanzhilfesache des Wissenschaftsministeriums. Am Linearbeschleuniger FLUTE erforsche das KIT Technologien für die Beschleuniger von morgen und die Anwendung von Terahertzstrahlung in Wissenschaft, Industrie und Medizin. Die für FLUTE erteilte Garantieerklärung wird nun mit der Zustimmung durch den Ausschuss bis zum 31. Dezember 2025 verlängert, womit ein zeitlicher Gleichlauf mit den übrigen Garantieerklärungen des Landes ebenso wie mit jenen, die vom Bund abgegeben worden sind, hergestellt worden ist. „Die Leistung wurde hier erhöht, dadurch gibt es ein etwas höheres Risiko und deshalb wird die höhere Deckungsvorsorge benötigt“, erläuterte der Ausschussvorsitzende.
Neben den Finanzhilfeangelegenheiten hat der Ausschuss noch zwei Berichtsanträge an die Landesregierung zum Thema „Ausbildungssituation und Ausbildungsgarantie in Baden-Württemberg“ der SPD-Fraktion und der FDP/DVP-Fraktion sowie zum Thema „Strukturen und Akteure der Innovationspolitik des Landes Baden-Württemberg“ der FDP/DVP-Fraktion behandelt. In der Antwort auf den SPD-Antrag sei deutlich geworden, dass im Jahr 2021 corona-bedingt zu einer erheblichen Eintrübung auf dem Ausbildungsmarkt gekommen sei, erklärte Dr. Schweickert zu den Ausschussberatungen. Die SPD-Fraktion habe hier verstärkte Anstrengungen für die Azubi-Gewinnung eingefordert und sich auch für eine Ausbildungsgarantie stark gemacht.
Schließlich gab Ministerin Dr. Hoffmeister-Kraut zum Ende der Sitzung noch bekannt, dass die Rückmeldefrist zur Corona-Soforthilfe vom 19. Dezember 2021 bis zum 15. Januar 2022 verlängert wird, sofern ein prüfender Dritter (Steuerberater, Wirtschaftsprüfer etc.) beteiligt sei. Grundsätzlich sei dies im Ausschuss begrüßt worden, nachdem es von Seiten der betroffenen Unternehmen und von Steuerberatern scharfe Kritik an der bisherigen Frist gegeben hatte, so der Ausschussvorsitzende. „Nichtsdestotrotz stellt sich weiterhin die Frage, warum die Verlängerung nicht für alle gilt, denn nicht jeder wird von einem prüfenden Dritten vertreten. Auch für diese Unternehmen ist die Frist gerade im Weihnachtsgeschäft viel kurz“, gab Dr. Schweickert der Wirtschaftsministerin mit auf den Weg.
Gesamtvolumen für Landeshaushalt 2022 erhöht sich auf rund 57,4 Milliarden Euro
Stuttgart. Der Finanzausschuss des Landtags hat nach insgesamt sechs Sitzungen am Freitag, 3. Dezember 2021, seine Beratungen zum Landeshaushalt 2022 abgeschlossen. „Das Gesamtvolumen des Haushalts hat sich aufgrund der vom Ausschuss beschlossenen Anträge um knapp 1,7 Milliarden Euro auf 57,4 Milliarden Euro erhöht“, sagte der Vorsitzende des Gremiums, der SPD-Abgeordnete Martin Rivoir. Das entspricht einem Plus von 3,02 Prozent.
Die Beratungen fanden zwischen Mitte November und Anfang Dezember statt. Auf der Tagesordnung standen 17 Einzelpläne mit insgesamt 239 Kapiteln und knapp 5.000 Seiten. „Der Finanzausschuss hat insgesamt 533 Anträge behandelt“, berichtete der Vorsitzende. Das waren nur sieben Anträge weniger als beim Doppelhaushalt 2020/2021. Von den nun behandelten 533 Anträgen wurden 241 Anträge angenommen.
Rivoir hob insbesondere einen gemeinsamen Antrag der Fraktionen Grüne, CDU, SPD und FDP/DVP hervor. Dieser habe das Ziel, dass die „Bedeutung des Landtags als Haushaltsgesetzgeber in Zukunft bei Förderbescheiden mit der Finanzierung aus Landesmitteln deutlich zum Ausdruck kommt“, sagte der Vorsitzende. Demnach soll künftig in Förderbescheiden sowie bei deren Übergabe, der Benachrichtigung von Zuwendungen oder auch bei anderen Gelegenheiten der Hinweis enthalten sein: „Finanziert aus Landesmitteln, die der Landtag von Baden-Württemberg beschlossen hat“.
Unzufrieden zeigte sich der Finanzausschuss mit der Arbeitsweise des Sozialministeriums. Der Vorsitzende merkte an, dass die vom Ministerium in die Ausschusssitzungen entsandten Mitarbeiter die fachlichen und Verfahrensfragen des Ausschusses zu den Anträgen, die die Zustimmung des Ausschusses zu dem Gesetz über den Erlass infektionsschützender Maßnahmen benötigen, nicht beantworten konnten. „Dies stellt zum wiederholten Male eine Missachtung der Rechte des Parlaments dar und kann so nicht hingenommen werden“, betonte der Ausschussvorsitzende.
Martin Rivoir betonte nach Abschluss der Beratungen die konstruktive und kollegiale Zusammenarbeit in dem Gremium. „Bei so einem komplexen Thema wie dem Landeshaushalt mit seinen Zehntausenden Einzelpositionen ist ein hohes Maß an Konzentration und Disziplin gefragt“, sagte Rivoir. Trotz teilweise unterschiedlicher Meinungen der Fraktionen bei einigen Punkten sei zwar hart, aber stets sehr sach- und zielorientiert gearbeitet worden. „Die gute Arbeitsatmosphäre und die sehr gute Vorarbeit zu den Beratungen haben dazu beigetragen, die Tagesordnung im vorgesehenen Zeitplan abzuarbeiten“, betonte Martin Rivoir. Er dankte allen Beteiligten der Fraktionen, der Ministerien, des Rechnungshofs sowie der zuständigen Ausschussreferentin für deren großen Einsatz im Zuge der Haushaltsberatungen.
Der Landeshaushalt umfasst die Etats für alle Ministerien, für den Landtag, den Rechnungshof, den Verfassungsgerichtshof sowie für den Landesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit. Die zweite Lesung des Landeshaushalts steht an den Plenartagen am 15., 16. und 17. Dezember 2021 an. Die abschließende dritte Beratung ist für den 22. Dezember 2021 geplant.
Kritik an Pressearbeit im Wirtschaftsministerium
Stuttgart. Der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus hat sich in seiner öffentlichen Sitzung am Mittwoch, 1. Dezember 2021, mit dem Antrag der FDP/DVP-Fraktion „Pressearbeit des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus“ befasst. Anlass des Antrags war eine vom Ministerium und damit auf Ministeriumsbriefkopf versandte Pressemitteilung vom 20. Oktober 2021 mit dem Titel „Zumeldung: Peter Hauk gibt CDU-Bezirksvorsitz auf und wirbt für Wiederwahl Strobls“, die kurz danach zurückgezogen wurde. „Kritik zu dem Vorfall kam natürlich aus den Reihen der Opposition“, berichtete der Vorsitzende Dr. Erik Schweickert (FDP/DVP).
Die Ministerin hat in der Aussprache dargelegt, dass es sich dabei um einen Einzelfall gehandelt habe und nicht etwa um eine Zweckentfremdung von Ministeriumsressourcen für Parteiarbeit. Mit Bezug auf diesen Einzelfall sei intern erneut auf die Grundsätze der Trennung von Partei- und Regierungsarbeit deutlich hingewiesen worden. Darüber hinaus würden die Beschäftigten im Hinblick auf das staatliche Neutralitätsgebot regelmäßig sensibilisiert. „Es ist passiert, es war ein Fehler, aber es ist ein Einzelfall“, betonte Ministerin Dr. Hoffmeister-Kraut vor dem Gremium.
Die FDP/DVP kritisierte zum einen, dass die Ministerin zwar erklärte, die Trennung von Ministeriums- und Parteiarbeit ernst zu nehmen, dennoch würde dies in der alltäglichen Praxis ineinander übergehen. Die Beteuerungen der Ministerin würden angesichts des Ergebnisses nicht plausibel wirken. Überdies sei man verwundert darüber, wie viele Personen beim Verfassen dieser Pressemitteilung beteiligt gewesen waren, aber keinem es aufgefallen sei, dass es hier zu einer Vermengung von Partei- und Regierungsarbeit gekommen ist.
Die SPD zeigte sich ebenfalls unzufrieden mit den Erklärungen des Ministeriums. Die Antworten würden dem Thema nicht gerecht, so ein Kritikpunkt. Es handele sich nicht um eine Kleinigkeit, sondern um ein wichtiges Thema. Außerdem wurde die Frage gestellt, ob ein Pressesprecher befugt sei, während seiner Arbeitszeit parteipolitische Pressemitteilungen zu schreiben und inwiefern dies denn stattfinde. Auch die AfD-Fraktion hat diese Fragen aufgeworfen. Die Ministerin hat dies verneint. Der Pressesprecher sei nicht ermächtigt für Parteiarbeit.
Ab sofort gilt 3G bei Gremiensitzungen des Landtags
Stuttgart. Bei Gremiensitzungen des Landtags gilt ab sofort die 3G-Regelung. Das hat das Präsidium des Landtags auf Vorschlag von Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) in seiner Sitzung am Dienstag, 30. November 2021, beschlossen. „Abgeordnete, die ihren 3G-Status nicht offenlegen wollen, müssen bei Plenarsitzungen in einem abgetrennten Bereich auf der Besuchertribüne Platz nehmen“, erklärte Aras. Die Teilnahme an Ausschusssitzungen sei diesen Abgeordneten nur noch per Videokonferenz möglich.
Für Gremiensitzungen des Landtags bestehe bislang keine 3G-Pflicht. Auch die aktuelle Corona-Verordnung enthalte dazu keine Regelungen, sagte die Landtagspräsidentin in der Sitzung am Dienstagabend. Angesichts der jüngsten Verschärfung der Corona-Lage müsse das Parlament aber jetzt ein Zeichen setzen. Sie habe deshalb dem Präsidium vorgeschlagen, unbeschränkten Zutritt zu den Sitzungen des Plenums und der Ausschüsse nur noch solchen Abgeordneten zu gewähren, die geimpft, genesen oder getestet sind.
Aras kündigte an, dass es an den Eingängen zum Plenarsaal und zu den Sitzungssälen Kontrollen geben werde. Wer keinen Nachweis im Sinne der 3G-Regelung erbringe, könne Plenarsitzungen nur noch von einem abgetrennten Bereich auf der Besuchertribüne aus verfolgen. Zudem werde diesen Abgeordneten der Zutritt zu Ausschusssitzungen verwehrt. Ihnen bleibe dann die Zuschaltung über das Videokonferenzsystem des Landtags.
Innenausschuss befasst sich mit Vorwürfen gegen hochrangigen Polizeibeamten
Stuttgart. Der Ausschuss des Inneren, für Digitalisierung und Kommunen hat sich in einer Sondersitzung am Dienstag, 30. November 2021, mit den Vorwürfen gegen einen hochrangigen Mitarbeiter der Polizei Baden-Württemberg befasst. Die Sitzung wurde von der Fraktion SPD beantragt, die Fraktionen Grüne, CDU und FDP/DVP haben sich dem Antrag angeschlossen. Wie die stellvertretende Vorsitzende des Gremiums, Andrea Schwarz (Grüne), mitteilte, nahmen an der rund zwei Stunden dauernden Sitzung auch Innenminister Thomas Strobl (CDU), Staatssekretär Wilfried Klenk (CDU), Landespolizeipräsidentin Dr. Stefanie Hinz und der leitende Oberstaatsanwalt Dr. Joachim Dittrich teil.
Nach Angaben von Schwarz geht es um den Tatvorwurf der Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung. Im Ausschuss sei von „sehr gravierenden Vorwürfen mit erheblicher Tragweite auch für die Polizei insgesamt“ gesprochen worden. Die Wertekampagne der Polizei mit dem Ziel, Respekt zu vermitteln und weder rassistischen, sexistischen noch extremistischen Tendenzen Raum zu geben, sei vom Tatverdächtigen federführend geleitet worden.
„Die Sitzung war geprägt von der Forderung, konsequent und lückenlos aufzuklären“, sagte die stellvertretende Vorsitzende. Die Abgeordneten hätten eine Vielzahl an Fragen gestellt. Aufgrund des derzeit laufenden Ermittlungsverfahrens hätten manche Einzelheiten jedoch nicht besprochen werden können. „Sollte sich der Tatvorwurf durch die Ermittlungsarbeit der Kriminalpolizei Heidelberg bestätigen, wäre das nicht nur eine verächtliche Straftat, sondern würde auch einen erheblichen Machtmissbrauch darstellen“, betonte Andrea Schwarz. Sie wies jedoch zugleich darauf hin, dass die Unschuldsvermutung so lange gelte, bis die Schuld nachgewiesen worden sei.
Innenminister Strobl habe laut Schwarz in der Sitzung deutlich gemacht, dass es innerhalb der Polizei keinerlei Platz für Sexismus gebe. Der Vorfall werde nun „zügig, konsequent und ohne Ansehen der Person“ aufgeklärt. Strobl und Hinz hätten in der Sitzung unter anderem die zeitlichen Abläufe sowie die aufgrund der Vorwürfe gezogenen Konsequenzen dargelegt.
Vorsitzender Willi Stächele: „Wir müssen über Europa reden, reden und reden“
Stuttgart. Der Ausschuss für Europa und Internationales hat am Dienstag, 23. November 2021, Sachverständige zur Konferenz zur Zukunft Europas gehört. Wie der Vorsitzende des Gremiums, Willi Stächele (CDU) mitgeteilt hat, wurden verschiedene Impulse für ein demokratisches, nachhaltiges Europa in Vielfalt unter anderem von Vertretern des baden-württembergischen Handwerks, der Europäischen Bewegung, von Politikwissenschaftlern und des Deutsch-Französischen Jugendwerks vorgetragen. „Wir alle spüren, dass die EU derzeit unter strenger Beobachtung steht. Sie muss ihre Handlungsfähigkeit in zentralen Handlungsfeldern beweisen“, betonte Stächele.
Die EU müsse Antworten geben, etwa als Gesundheitsunion auf Fragen zum Corona-Virus. Aber auch in Migrationsfragen, in Fragen der äußeren Sicherheit und offener Handelswege. „Es geht darum, die EU vor Vertrauensverlust zu bewahren und mit dieser Zukunftskonferenz gestaltungsfähig zu machen und dadurch ‚mehr Europa‘ zu diskutieren“, so Vorsitzender Willi Stächele. „Wir müssen über Europa reden, reden und reden.“ Die Statements der Expertinnen und Experten seien sehr spannend gewesen. „Jeder einzelne Vortrag wäre es wert, im Ausschuss nochmals behandelt zu werden“, befand er. Durchaus habe man die Kritik zur Kenntnis genommen, dass die Zukunftskonferenz in der Öffentlichkeit zu wenig bekannt sei. „Wir als Ausschuss wollen weiter für diesen Prozess werben“, so Stächele.
Die Präsidentin des Landtags von Baden-Württemberg, Muhterem Aras, dankte dem Gremium für die Ausrichtung der Anhörung. Sie eröffnete die Statementrunde mit dem Bekenntnis: „Ich finde die Idee der Zukunftskonferenz richtig gut.“ Dieser Prozess gebe uns Bürgerinnen und Bürgern der europäischen Mitgliedsstaaten die Möglichkeit, gemeinsam zu diskutieren, was wir von Europa erwarten und was Europa stark macht. Abgeordnete müssten sich die Frage stellen, was dieser Prozess für die parlamentarische Arbeit bedeute. „Die Zukunftskonferenz stellt die Bürgerinnen und Bürger in den Mittelpunkt. Als Vertreterinnen und Vertreter eines Landesparlaments sind wir deshalb auch in besonderer Weise gefordert, den Anliegen der Bürger Gehör zu verschaffen“, hob Muhterem Aras hervor. Sie blickte zurück auf das von ihr initiierte Bürgerforum mit 40 jungen Zufallsbürgerinnen und -bürgern: „Das war gelebte Bürgerbeteiligung.“
Muhterem Aras, die Delegierte im Plenum der Zukunftskonferenz für den Europäischen Ausschuss der Regionen (AdR) ist, merkte an, dass regionale Parlamente auf der europäischen Ebene bisher leider zu wenig gehört würden. Auch der AdR hätte für eine angemessene Berücksichtigung der lokalen und regionalen Vertreterinnen und Vertreter im Plenum kämpfen müssen und schließlich 30 der insgesamt 449 Sitze bekommen.
„Ich werde mich persönlich dafür einsetzen, dass die entwickelten Handlungsempfehlungen aufgegriffen, priorisiert und wenn immer möglich umgesetzt werden und dass in den europäischen Institutionen eine ernsthafte und transparente Debatte zur Zukunft Europas stattfindet“, versprach die Landtagspräsidentin. Um genügend Zeit für Diskussionen zu haben, dürfe die Konferenz nicht schon im Mai 2022 enden. „Im Mai kann ein erster Zwischenbericht vorgelegt werden. Der Prozess selbst muss danach aber unbedingt weitergeführt werden“, forderte sie.
Als weitere Expertinnen und Experten kamen bei der Anhörung zu Wort: Isabella Weeth (Europapolitische Sprecherin/Abteilungsleiterin Handwerk International Baden-Württemberg, Baden-Württembergischer Handwerkstag), Bernd Hüttemann (Generalsekretär Europäische Bewegung Deutschland e. V.), Prof. Dr. Dietrich Murswiek (Professor für Öffentliches Recht, Emeritus, Universität Freiburg), Dr. Claire Demesmay (Leiterin des Referats Interkulturelle Aus- und Fortbildung Deutsch-Französisches Jugendwerk), Prof. Dr. Gabriele Abels (Professorin für Comparative Politics and European Integration, Eberhard Karls Universität Tübingen) und Sophie Pornschlegel (Senior Policy Analyst, European Policy Centre in Brüssel).
Minister Lucha berichtet zur Corona-Lage
Stuttgart. Sozialminister Manfred Lucha geht davon aus, dass die vierte Welle der Corona-Pandemie im Südwesten kurz vor Weihnachten ihren Höhepunkt erreichen könnte. Der Grünen-Politiker gab auf der Sitzung des Ausschusses für Soziales, Gesundheit und Integration am Montag, 22. November 2021, einen Überblick über das aktuelle Ausbruchsgeschehen und die Gegenmaßnahmen der Landesregierung.
Nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Florian Wahl (SPD) erklärte der Minister, das Land setze alles daran, die Impfkapazitäten schnell wieder hochzufahren. 155 mobile Impfteams seien geplant und sollen in dieser Stärke möglichst schnell einsatzbereit sein. Weitere feste Impfstützpunkte würden in Kooperation mit kommunalen Partnern vorbereitet. Auch mit den niedergelassenen Ärzten, von denen wieder mehr impfen sollen, arbeite man eng zusammen.
Die aktuell langen Schlangen bei lokalen Impfaktionen seien Anlass zur Hoffnung, so der Minister. Er freue sich über jede und jeden, die oder der sich einreihe. Das schließe ausdrücklich auch Menschen ein, die sich zum ersten Mal impfen lassen. Örtlich seien es bis zu 40 Prozent. Wenn es gelänge, die Impfquote im Land um fünf Prozent zu erhöhen, nähme die Belastung auf den Intensivstationen um 30 Prozent ab, zitierte Lucha Experten der Uni Freiburg.
Vertreter aller Fraktionen sagten laut Florian Wahl dem Ministerium ihre Unterstützung zu. Die SPD habe mehr Tempo bei Booster-Impfungen in Pflegeheimen angemahnt und kritisiert, dass Minister Lucha keine konkreten Angaben zu den bereits vorgenommenen Auffrischungen durch niedergelassene Mediziner in Heimen machen konnte, berichtete der Ausschussvorsitzende weiter. Zudem habe die SPD erklärt, es sei nicht akzeptabel, wenn Impfwilligen nun Booster-Impftermine erst im Januar oder Februar angeboten würden. Die FDP/DVP habe angeregt, auch in Apotheken impfen zu lassen.
Lucha bekräftigte nach Angaben von Wahl, dass die Landesregierung sich nicht darauf beschränken werde, 2G oder 2G+ zu verhängen und zu überwachen. Wenn die Inzidenzwerte weiter stiegen, werde es zusätzliche Auflagen wie zum Beispiel nächtliche Ausgangssperren insbesondere für ungeimpfte Menschen geben. Einige Landkreise mit Inzidenzwerten über 500 setzten dies bereits um. Lucha berichtete weiter, sein Haus stehe in engem Kontakt mit Intensivstationen im Land. Daraus ergebe sich eindeutig, dass die Patientinnen und Patienten dort fast ausnahmslos nicht geimpft seien.
Der Landtag tritt am Mittwoch zu einer Sondersitzung zusammen, um über die Corona-Lage zu beraten.
Verkehrsausschuss erörtert geplanten Kauf von Abellio
Stuttgart. Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) hat vor dem Verkehrsausschuss den geplanten Kauf des insolventen Bahnbetreibers Abellio verteidigt. Das Angebot der landeseigenen Südwestdeutschen Landesverkehrs-GmbH (SWEG), die Abellio übernehmen will, sei ein „Glücksfall“, sagte Hermann in der Ausschusssondersitzung am Mittwoch, 10. November 2021.
SPD und FDP/DVP hatten die Sondersitzung mit Blick auf die jüngsten Entwicklungen im Fall Abellio beantragt. Verkehrsminister Hermann hatte vor zwei Wochen erklärt, dass die SWEG ein Kaufangebot für den privaten Bahnbetreiber Abellio abgegeben habe. Abellio ist eine Tochter der niederländischen Staatsbahnen (Nederlandse Spoorwegen) und in finanzielle Schieflage geraten, nachdem die Mutter entschieden hatte, nicht länger für Verluste der deutschen Tochtergesellschaft einzustehen. Bis zum Jahresende bedient Abellio seine Bahnstrecken in Baden-Württemberg. Danach könnte die SWEG den Betrieb im Südwesten übernehmen.
Nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Rüdiger Klos (AfD) machte Minister Hermann in der Sondersitzung klar, dass die Aufrechterhaltung des Fahrbetriebs auf den bisherigen Abellio-Strecken in der Region Stuttgart und im Neckartal höchste Priorität für ihn habe. Um dies zu erreichen, sei es unerlässlich, die Beschäftigten zu halten – und dies auch unabhängig von der Frage, wer Abellio übernehme.
Hermann reagierte damit auch auf wiederholte Vorhaltungen der Fraktion der FDP/DVP, der Minister informiere stets zuerst die Presse und dann den Verkehrsausschuss. Es sei wichtig, sich im schwebenden Verfahren über die Medien direkt an die Beschäftigten zu wenden und ihnen zu signalisieren, dass es mit Hilfe des Landes weitergehen werde, erklärte der Minister nach Angaben des Vorsitzenden Klos vor dem Ausschuss. Lokführer beispielsweise könnten sonst abwandern. Sie seien begehrt.
Laut Klos erklärte der Minister auf Nachfrage der SPD-Fraktion, man habe die SWEG nicht drängen müssen, für Abellio zu bieten. Das landeseigene Unternehmen habe aus eigenem Interesse gehandelt. Hermann stellte in diesem Zusammenhang klar, dass die bisherigen Abellio-Strecken im Land in zwei Jahren auf jeden Fall neu ausgeschrieben werden. Er setze darauf, dass die SWEG dann mitbietet. Bis dahin würde die SWEG – wenn es zum Verkauf an sie kommt – den Zuschlag im Rahmen einer sogenannten Notvergabe erhalten. Ob der Verkauf tatsächlich zustande kommt, hängt vom weiteren Verlauf des Insolvenzverfahrens und vom Votum der Gläubiger im Land und im Bund ab. „Alles könnte noch scheitern“, sagte Hermann vor dem Verkehrsausschuss.
Nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Klos unterstützten die Fraktionen von Grünen und CDU Hermanns vorgehen. Die Grünen hätten der FDP/DVP in der Sitzung vorgeworfen, sie schieße in der Aufarbeitung des Falls Abellio übers Ziel hinaus. Dagegen ließen die Liberalen konstruktive Vorschläge zur Zukunft des angeschlagenen Bahnbetreibers vermissen. Die FDP/DVP wies dies nach den Worten von Klos zurück. Die Opposition habe die Pflicht, Regierungshandeln kritisch zu hinterfragen.
Öffentliche Anhörung des Landesjugendrings zum 50. Landesjugendplan
Stuttgart. Die Ausschüsse für Kultus, Jugend und Sport sowie Soziales, Gesundheit und Integration haben in gemeinsamer öffentlicher Sitzung den Landesjugendring Baden-Württemberg zum Entwurf des 50. Landesjugendplans für das Haushaltsjahr 2022 angehört. Der Landesjugendring zeigte sich in der per Livestream übertragenen Sitzung am Mittwoch, 10. November 2021, mit den Ansätzen des Landesjugendplans zufrieden. Wichtige Forderungen aus der Kinder- und Jugendarbeit seien aufgegriffen worden. Mit Blick insbesondere auch auf die Corona-Pandemie müsse das Land aber mehr tun, um den Folgewirkungen für Kinder und Jugendliche wirksam zu begegnen.
Der Landesjugendplan stellt alle Leistungen des Landes, die sich direkt oder indirekt an die Kinder und Jugendlichen in Baden-Württemberg richten, zusammenfassend dar. Er umfasst die Förderung von Trägern der Jugendhilfe und von außerunterrichtlichen Maßnahmen, darunter beispielsweise das Bildungsreferenten-Programm, Jugenderholungsfreizeiten, Schüler- und Jugendaustausche sowie Integrationsmaßnahmen. Das Gesamtvolumen des 50. Landesjugendplans beträgt 148,2 Millionen Euro. Das Zahlenwerk steht unter dem Vorbehalt des anstehenden Landtagsbeschlusses zum Staatshaushaltsplan 2022.
Nach Angaben der Ausschussvorsitzenden Petra Häffner (Grüne, Bildungsausschuss) und Florian Wahl (SPD, Sozialausschuss) warb Alexander Strobel, Vorsitzender des Landesjugendrings, in der Anhörung für mehr Investitionen zur Gewinnung ehrenamtlicher Kräfte für die Kinder- und Jugendarbeit. Die Zahl der Ehrenamtlichen werde bis 2025 um 135.000 Kräfte gemessen am Jahr 2012 sinken, mahnte Strobel. Nur eine breite Stärkung der Kinder- und Jugendarbeit könne dieser Folge des demografischen Wandels entgegenwirken.
Zwar habe der 50. Landesjugendplan wichtige Forderungen des Landesjugendrings aufgenommen, so Strobel. Er verwies etwa auf die Erhöhung der Tagessätze im Bereich der Jugenderholung auf 25 Euro. Dies reiche aber nicht aus. So sei der Plan-ansatz für die institutionelle Förderung der Jugendverbände seit vielen Jahren nicht erhöht worden. Aktuell liege sie bei 2851 Euro im Monat. Damit seien die ehrenamtlichen Strukturen nicht zu stabilisieren, was mit Blick auf die Folgen von Demografie und Corona-Pandemie dringend geboten sei. Strobel erinnerte daran, dass die jüngsten Bürgerinnen und Bürger des Landes von der Corona-Pandemie besonders betroffen gewesen seien. Die Zuwendungen bildeten dies nicht angemessen ab. Strobel appellierte an die Abgeordneten, sich in den Haushaltsberatungen für Nachbesserungen einzusetzen.
Vertreter aller Fraktionen dankten dem Landesjugendring für seine wichtige Arbeit, wie die Ausschussvorsitzenden Häffner und Wahl berichteten. Die Fraktionen von FDP/DVP und SPD hätten Kritik des Landesjugendrings am Kultusministerium aufgenommen und das Ministerium aufgefordert, auf die Träger der Jugendarbeit zuzugehen. Dies sei zuletzt nicht in ausreichendem Maß geschehen. Laut Häffner und Wahl bekräftigte Kultusministerin Theresa Schopper (Grüne) daraufhin in der Sitzung, die Türen ihres Hauses seien für den Landesjugendring stets geöffnet. Wie die Ausschussvorsitzenden weiter berichteten, wollte die SPD-Fraktion sichergestellt wissen, dass die Corona-Hilfen des Bundes an die Jugendarbeit nicht mit den vom Land zur Verfügung gestellten Mitteln verrechnet werden.
Im Anschluss an die gemeinsame öffentliche Sitzung von Sozialausschuss und Bildungsausschuss hörte der Bildungsausschuss auch den Landesverband der Musikschulen Baden-Württemberg zum 50. Landesjugendplan für das Haushaltsjahr 2022 an – ebenfalls in öffentlicher und per Livestream übertragener Sitzung. Nach Angaben der Ausschussvorsitzenden Petra Häffner dankte Friedrich-Koh Dolge, Vorsitzender des Landesverbands der Musikschulen, für die Unterstützung in der Corona-Pandemie. Weitere Anstrengungen seien jedoch erforderlich, um den Folgen der Pandemie zu begegnen. Insbesondere brauche es zusätzliche Investitionen in die digitale Ausstattung der Musikschulen. Dolge appellierte an die Abgeordneten, sich dafür einzusetzen.
Der Bildungsausschuss hörte zudem den Landessportverband Baden-Württemberg zum Entwurf des 28. Landessportplans für das Haushaltsjahr 2022 an. Dessen Präsidentin Elvira Menzer-Haasis dankte laut der Ausschussvorsitzenden Häffner für die „ausgezeichnete Zusammenarbeit“ mit dem Landtag. Durch die Fortschreibung des Solidarpakts Sport im vergangenen Frühjahr sei eine kontinuierliche Finanzierung der Sportvereine im Land gesichert.
Vertreter aller Fraktionen hoben die gute Zusammenarbeit sowohl mit dem Landesverband der Musikschulen als auch mit dem Landesportverband hervor. Beide Dachverbände leisteten wertvolle Arbeit für das Land.
Wahlprüfungsausschuss weist alle Einsprüche gegen Landtagswahl 2021 zurück
Stuttgart. Der Wahlprüfungsausschuss des Landtags hat in seiner Sitzung am Donnerstag, 28. Oktober 2021, die elf Einsprüche gegen die Landtagswahl im März 2021 zurückgewiesen. Alle Entscheidungen wurden einstimmig getroffen. Das teilte der Vorsitzende des Gremiums, der AfD-Abgeordnete Daniel Lindenschmid, mit.
Insgesamt zehn Einsprüche von Einzelpersonen und ein Einspruch einer Kleinpartei lagen dem Gremium vor. Der Wahlprüfungsausschuss hatte sich bereits in seiner konstituierenden Sitzung mit den Einsprüchen befasst und beschlossen, für zehn Fälle Stellungnahmen der Landeswahlleiterin einzuholen, die inzwischen vorliegen.
Einige Einsprecher wendeten sich laut Lindenschmid dagegen, dass ihnen die Teilnahme an der Wahl verweigert oder ihnen die Stimmabgabe erschwert worden sei. Der Wahlprüfungsausschuss habe in seiner Sitzung festgestellt, dass keine wahlrechtlichen Vorschriften verletzt worden seien, und die Beschwerden daher zurückgewiesen. Andere Einsprecher begründeten ihre Beschwerde mit der aus ihrer Sicht fehlenden Verfassungsmäßigkeit von Teilen oder des gesamten Landtagswahlrechts. Darüber hinaus seien mehrere Beschwerden von Personen eingereicht worden, deren Wohnsitz sich in anderen Bundesländern befinde, weswegen diese gar nicht einspruchsberechtigt seien.
Nach Angaben Lindenschmids beschloss der Ausschuss in zwei Fällen zudem, die Landesregierung aufzufordern, zu bestimmten Aspekten im Zusammenhang mit der Stimmabgabe eine Überprüfung vorzunehmen.
Im ersten Fall solle die Regierung Maßnahmen zur weiteren Sensibilisierung der Wahlhelfer prüfen, damit die Öffentlichkeit zwischen der Wahlzeit und der Auszählung der Stimmen im Wahllokal hergestellt bleibe. In einem Wahllokal war der Raum um kurz nach 18 Uhr für etwa fünf Minuten abgeschlossen worden. Nach den Feststellungen des Wahlprüfungsausschusses war ein Einfluss auf das Wahlergebnis aber ausgeschlossen.
Im zweiten Fall solle eine konkretere Vorgabe bei der Frage der Identifizierung von Wählerinnen und Wählern geprüft werden. In einer Kommune enthielt die Wahlbekanntmachung den Hinweis, dass der Personalausweis oder Reisepass zur Wahl mitzubringen sei. Dies trifft zwar zu; das Ausweisdokument dient jedoch nur der Identifikation im Bedarfsfall, ist aber zur Ausübung des Wahlrechts nicht von vornherein erforderlich. Dies könne zu Verwirrungen führen und Bürgerinnen oder Bürger ohne ein solches Dokument möglicherweise von der Stimmabgabe abhalten.
Eine abschließende Entscheidung über die Beschlussempfehlungen des Wahlprüfungsausschusses wird der Landtag in seiner Plenarsitzung am 11. November 2021 treffen.
Präsidentin Aras: Gemeinsam eine Vision von Europa entwerfen
Stuttgart. „Wir haben hier heute eine unglaubliche Vielfalt an Ideen und Standpunkten von jungen Menschen zu Europa gehört“ und „Beeindruckend, welches große Wissen hier mitgebracht wurde“ oder „Spannend, wie hier auch kontrovers und konstruktiv diskutiert wurde“ – Dies sind nur drei Rückmeldungen von Abgeordneten, die vormittags bei der ersten Ideensammlung des baden-württembergischen Bürgerforums zur Konferenz zur Zukunft Europas dabei waren. Der Auftakt zum Bürgerforum hat am Donnerstag, 28. Oktober 2021, im Haus des Landtags stattgefunden. 40 Zufallsbürgerinnen und -bürger im Alter zwischen 16 und 30 Jahren haben an der ganztägigen Veranstaltung teilgenommen. „Entwerfen wir gemeinsam eine Vision von Europa, auf deren Basis die Politik ihr Handeln und ihre Ideen aufbaut und an der Bürgerinnen und Bürger Politik messen können“, forderte Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) in ihrer Begrüßungsrede.
Die Teilnehmenden diskutierten in drei Workshops konkret über die Rolle der Union beim Kampf gegen den Klimawandel, über rechtsstaatliche Prinzipien und über eine gemeinsame Lösung für die Herausforderungen rund um das Thema Migration. Die Politik brauche diese Impulse, sagte Aras. Für die heutigen aktiven Politikerinnen und Politiker sei Europa vor allem ein Friedensgarant und Friedensprojekt. „Die Generation meiner Kinder sucht nach neuen Antworten, für sie ist Frieden selbstverständlich“, legte die Landtagspräsidentin dar. Aras versprach den Teilnehmenden, dass sie als Mitglied des Plenums der Zukunftskonferenz alles daransetzen werde, dass ihre Stimmen gehört werden. „Ich werbe dafür, dass wir dieses Format als Auftakt für eine breite europaweit geführte Debatte über die Ziele der Europäischen Union und die Kompetenzen und Strukturen ihrer Institutionen verstehen werden“, betonte die Landtagspräsidentin zum Abschluss ihrer Begrüßungsrede.
EU-Korrespondentin Gudrun Engel aus dem ARD-Studio Brüssel hielt einen erfrischenden Impulsvortrag zur Zukunft Europas. „70 Prozent aller Gesetze kommen aus Brüssel. Wir ‚nutzen‘ dieses Europa jeden Tag, ohne darüber nachzudenken“, sagte sie. In ihrer Aufzählung nannte sie das Reisen, das Roaming, die gemeinsame Währung, Interrail, aber auch den Corona-Impfstoff und den digitalen Impfnachweis. Sie verschwieg jedoch auch die Herausforderungen der EU nicht: „Die EU hat ein Imageproblem“, räumte sie unumwunden ein. Die Konferenz zur Zukunft Europas bezeichnete sie als „Ihre Chance mitzumachen“.
Clara Sophie Deifel, Studentin und Preisträgerin des Europäischen Wettbewerbs 2017, warb in ihrem sehr persönlichen Impuls dafür, dass Menschen miteinander reden sollten. „Verschiedene Perspektiven bereichern“, sagte sie. Menschen teilten sich einen gemeinsamen Werterahmen, wollten ihre Bedürfnisse in Einklang bringen und ihre Leidenschaften teilen. Dafür gebe es eine Bedingung: „Unsere Bereitschaft, miteinander ins Gespräch zu kommen in einem gemeinsamen Rahmen von Würde und Toleranz.“
Im Anschluss führte Dr. Antje Grobe von DIALOG BASIS in die Arbeit des Bürgerforums ein und leitete als Moderatorin zur ersten Ideensammlung und einem Austausch mit Abgeordneten des Landtags über. Dabei wurden Themen, Chancen und Herausforderungen aus Sicht der Teilnehmenden für ihr Europa der Zukunft gesammelt.
Nach der Mittagspause startete die Gruppenarbeit in einem „Weltcafé“ mit den Schwerpunkten Klimawandel, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit sowie Migration und Fluchtursachen. Im Anschluss wurden die zahlreichen und vielfältigen Ideen zusammengeführt und im Plenum vorgestellt. Der Workshop „Klimawandel“ forderte etwa die konsequente Umsetzung der Energiewende, die Verschlankung von Genehmigungsverfahren und eine EU-weite Verpflichtung für Solaranlagen auf Dächern. Darüber hinaus entwickelten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer auch „kleine Projekte für alle“, zum Beispiel die Energieerzeugung am Laufband sowie Autos mit Solar auf dem Dach. Im Workshop „Demokratie, Werte, Rechtsstaatlichkeit“ entstand unter anderem die Idee, eine Vision für Europa festzulegen und die EU für alle Bürger greifbarer zu machen. Außerdem sollen Rassismus und Diskriminierung bekämpft werden und das bereits in der Schule, zum Beispiel durch EU-Austausch-Fahrten und EU-Knowledge-Trainer. Der Workshop „Migration und Fluchtursachen“ forderte die Wahrung der grundlegenden Asyl- und Menschenrechte, die Stärkung legaler Wege der Einwanderung bei gleichzeitiger Bekämpfung illegaler Wege und Schleuserkriminalität sowie die Kontrolle der Waffenindustrie.
Am 17./18. November sowie am 30. November werden die jungen Leute bei zwei Online-Terminen ihre Ideen weiter diskutieren. Die Ergebnisse sollen bis Mitte Dezember vorliegen. Sie werden dann auf der Online-Plattform der Zukunftskonferenz „futureu.europa.eu“ eingespeist.
Menschen sensibilisieren für Gefahren, die vom nächtlichen Einsatz von Mährobotern ausgehen
Stuttgart. Mähroboter, die nachts eingesetzt werden, sind eine große Gefahr für nachtaktive Tiere, insbesondere für Igel. Mit einer Petition, die ein Nachtfahrverbot für Mähroboter fordert, hat sich der Petitionsausschuss in seiner Sitzung am Donnerstag, 28. Oktober 2021, befasst. Das hat der Vorsitzende des Gremiums, Thomas Marwein (Grüne), mitgeteilt. „Mit Maßnahmen nach dem Tierschutzrecht kann der Petition nicht abgeholfen werden“, bedauerte Marwein. „Jedoch liegt uns das Tierwohl sehr am Herzen, weshalb die Petition einstimmig zur Veranlassung bestimmter Maßnahmen ans Ministerium überwiesen wurde.“
Wie Thomas Marwein darlegte, sei es bekannt, dass Tieren durch Mähroboter teils erhebliche Schäden zugefügt werden können. Aufgrund der Dämmerungs- und Nachtaktivität sowie des arteigenen Verhaltens bei Gefahren – Igel rollen sich ein – können sie durch den nächtlichen Einsatz von Mährobotern Schaden nehmen. Manche Kleintiere nutzen Mähroboter sogar als Verstecke, was beim automatischen Starten des Geräts gefährlich für sie wird. „Einem großen Gerätehersteller ist diese Problematik bewusst. Es wird auch schon versucht, Lösungen zu finden“, berichtete Marwein. So werde in der Betriebsanleitung auf die Verletzungsgefahr hingewiesen und eine entsprechende Programmierung der Betriebszeiten empfohlen. „Bei den Herstellern scheint jedoch noch nicht flächendeckend ein Bewusstsein für die Problematik zu bestehen“, so der Vorsitzende. Entsprechende technische Veränderungen zum Schutz von krabbelnden Kleinkindern seien schon angedacht worden.
Der Petent, der im Igelschutz tätig ist, habe angeregt, den nächtlichen Einsatz von Mährobotern zu verbieten. „Leider enthält das Tierschutzgesetz keinen konkreten Ansatz zur Umsetzung der begehrten Regelung“, führte Marwein aus. Tierschutzrechtliche Regelungen sind nur auf Bundesebene möglich. Obwohl etwa der Igel als besonders geschützte Art unter die Zugriffsverbote des § 44 Abs. 1 Bundesnaturschutzgesetz falle, lasse sich nach Auffassung des Umweltministeriums daraus kein generelles, flächendeckendes Verbot des nächtlichen Betriebes von Mährobotern ableiten. Berichterstatter Christian Gehring, der selbst „Igelvater“ ist, hat Marwein zufolge betont, dass es ein wichtiges Anliegen sei, dieser Problematik mehr Nachdruck zu verleihen. Angedacht seien technische Lösungen an den Geräten – ein Thema der Marktüberwachung – oder die Sensibilisierung der Kommunen, die evtl. Nachtmähverbote in ihren Polizeiverordnungen verankern könnten. „Überdies ist es sehr wichtig, dass wir die Menschen auf die Problematik des nächtlichen Einsatzes von Mährobotern hinweisen“, betonte der Ausschussvorsitzende.
Europaausschuss informiert sich über mögliche Folgen für Baden-Württemberg
Stuttgart. Der Ausschuss für Europa und Internationales hat sich in seiner Sitzung am Mittwoch, 27. Oktober 2021, über die möglichen Folgen für Baden-Württemberg nach dem Scheitern des Institutionellen Rahmenabkommens zwischen der EU und der Schweiz informiert. Das hat der Vorsitzende des Gremiums, Willi Stächele (CDU), mitgeteilt. „Nach 13 Jahren Verhandlungen hat die Schweiz das Abkommen im Mai dieses Jahres platzen lassen“, berichtete Stächele. „Nicht nur in den baden-württembergischen Grenzregionen hat dies große Besorgnis ausgelöst.“
Die Verflechtung zwischen Baden-Württemberg und der Schweiz sei sehr eng, betonte Staatssekretär Florian Hassler in seinem mündlichen Bericht. Auf Seiten der EU habe sich die Stimmung seit Mai nicht verbessert. Die Landesregierung setze sich dafür ein, den Prozess nicht aus den Augen zu verlieren und im Dialog mit dem Grenzland zu bleiben. Das betonte auch Vorsitzender Willi Stächele: „Wir müssen im Austausch bleiben und versuchen, auch von Ausschuss-Seite Anstöße zum Dialog zu geben.“ Nach Angaben Stächeles hat der Staatssekretär dem Europaausschuss eine Folgenabschätzung zu den Auswirkungen in den Bereichen Wirtschaft, Wissenschaft und Forschung, Gesundheit, Verkehr, Energie und Landwirtschaft dargelegt.
Zu den wirtschaftlichen Folgen habe Hassler unter anderem mehr Bürokratie und Kosten für Medizinprodukte-Unternehmen durch zusätzliche Zertifizierungsverfahren genannt. Dies könne dazu führen, dass Medizinprodukte teurer werden oder es aber auch zu Versorgungsengpässen im Land kommen könnte. Überdies sei mit einer Mehrbelastung der Regierungspräsidien bei der Medizinprodukteüberwachung zu rechnen. Außerdem gebe es keine Erleichterung für baden-württembergische Unternehmen bei der Entsendung von Mitarbeitern und keine Änderung bei der Bezahlung von Sozialversicherungsbeiträgen für Grenzgänger.
Im Gesundheitsbereich sei ebenfalls kein Abkommen zu Stande gekommen, weshalb sich die Schweiz nicht an EU-Mechanismen und EU-Agenturen beteilige. Auch gebe es Hürden bei der Einbindung der Schweiz in das EU-Pandemiemanagement, etwa in die Corona-Warn-Apps. Das Landesverkehrsabkommen sei in die Jahre gekommen, das habe Auswirkungen auf die Finanzierung grenzüberschreitender Zusammenarbeit etwa bei Verkehrsprojekten. Das fehlende Rahmenabkommen habe überdies Auswirkungen auf den Energiebereich. Dadurch, dass es kein Stromabkommen zwischen der EU und der Schweiz gebe, seien die Möglichkeiten für die Gewährleistung eines sicheren Netzbetriebs in Baden-Württemberg beschränkt. Das Staatsministerium rechne auch mit Einbußen für die Landwirtschaft, da mit zusätzliche Schwierigkeiten beim Lebensmittelhandel ohne Aktualisierung des Agrarabkommens zu rechnen sei.
Schülerinnen und Schüler aus Familien ohne Hochschulerfahrung zum Studium ermutigen
Stuttgart. Die Wahrscheinlichkeit, ob ein Kind in Deutschland studieren wird, lässt sich immer noch häufig am Bildungsstand der Eltern ablesen. Das wurde beim Informationsgespräch des Ausschusses für Wissenschaft, Forschung und Kunst mit der Organisation ArbeiterKind am Dienstagmittag, 26. Oktober 2021, im Haus des Landtags deutlich. „Ob die Eltern studiert haben oder nicht, sollte nicht darüber entscheiden, welchen Bildungsweg man selbst einschlägt“, sagte die Vorsitzende des Gremiums, Nese Erikli (Grüne). Von Seiten der Organisation nahmen deren Bundeslandkoordinatorin für Baden-Württemberg, Jaana Espenlaub, und die beiden Studierenden Nathalie Hügler und Yannis Salteris teil.
Laut der 20. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks (DSW) nehmen von 100 Akademikerkindern 79 ein Studium auf. Dagegen studieren von 100 Nicht-Akademikerkindern lediglich 23, obwohl doppelt so viele die Hochschulreife erreichen. Finanzielle Belastungen, wenig Verständnis der Eltern und ein erschwerter Studieneinstieg sind wesentliche Gründe, die diese Abiturienten von einem Studium abhalten. „Wir ermutigen Schülerinnen und Schüler aus Familien ohne Hochschulerfahrung, als Erste in ihrer Familie zu studieren, und begleiten sie dann bei Fragen der Finanzierung und der Bewältigung des Studiums“, erläuterte Jaana Espenlaub, die selbst als erstes Mitglied ihrer Familie studiert hat.
Auch die Wirtschaftspsychologie-Studentin Nathalie Hügler und der Maschinenbaustudent Yannis Salteris waren die ersten in ihren Familien, die den Weg an die Uni gegangen sind. Beide engagieren sich nun ehrenamtlich bei Arbeiterkind und berichteten dem Wissenschaftsausschuss über ihre Erfahrungen. Salteris, der aufgrund von Problemen mit dem Bafög-Amt sogar ein Abbruch des Studiums in Erwägung gezogen hatte, hilft nun anderen jungen Menschen auf ihrem Weg an die Hochschule. „Wir gehen an Schulen, haben Infostände, offene Treffen, Sprechstunden und Online-Veranstaltungen, sind auf Bildungsmessen. Wir wollen Schülerinnen und Schüler erreichen und auch mit Studierenden oder Berufstätigen zusammenbringen“, so Salteris. Im Jahr vor der Pandemie wurden auf diesem Weg über 2.000 junge Menschen erreicht, davon etwa 1.000 direkt an Schulen. Während Corona hat die Organisation schnell auf digitale Treffen umgestellt und so immerhin noch etwa halb so viele Schülerinnen und Schüler erreicht.
Auch Nathalie Hügler berät zu Fragen der Finanzierung über Bafög oder Stipendien und versucht, den möglichen Studierenden die Sorgen zu nehmen. „Unser Ziel ist es, dass jeder seinen eigenen Bildungsweg gehen kann, unabhängig vom Elternhaus“, sagte Hügler, die selbst erst mal auf Widerstände gestoßen ist. So hätten ihre Eltern zunächst geraten, doch den „soliden“ Job bei der Krankenkasse zu behalten.
Nese Erikli dankte Espenlaub, Hügler und Salteris für das Informationsgespräch im Landtag. „Es war sehr eindrücklich, wie Sie über Ihre eigenen Erfahrungen berichtet haben“, betonte die Vorsitzende. Auch die Abgeordneten sprachen fraktionsübergreifend ihre Anerkennung für die Arbeit der Organisation aus und zeigten sich sehr interessiert.
Bundesweit unterstützen rund 6.000 Ehrenamtliche in 80 lokalen Gruppen Schülerinnen und Schüler, Studierende und Eltern. Zehn solcher Gruppen gibt es in Baden-Württemberg.
Präsidentin Aras: Baden-Württemberg leistet seinen Beitrag zur Weiterentwicklung der EU
Stuttgart. Landtagspräsidentin Muhterem Aras lädt alle Bürgerinnen und Bürger ein, sich an der Konferenz zur Zukunft Europas zu beteiligen. Kurz vor dem Auftakt zum baden-württembergischen Bürgerforum im Rahmen der Zukunftskonferenz am Donnerstag, 28. Oktober, im Landtag erklärte Aras, nie zuvor habe sich für die Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Gemeinschaft eine vergleichbare Gelegenheit geboten, die Zukunft der EU unmittelbar zu beeinflussen. Dafür biete sich auch die mehrsprachige Online-Plattform „future.europa.eu“ an.
Über die Plattform „futureu.europa.eu“ können Bürgerinnen und Bürger der EU ihre ganz persönlichen Ideen zur Weiterentwicklung der EU in den Prozess der Zukunftskonferenz einspeisen und sich untereinander austauschen. Die Ideen werden in vier großen europäischen Bürgerforen diskutiert und gebündelt. Sie bilden die Basis der Empfehlungen, die schließlich an die Plenarversammlung der Zukunftskonferenz gerichtet werden – und in die europäische Gesetzgebung einfließen können.
Zugleich finden in den europäischen Regionen im Rahmen der Zukunftskonferenz dezentrale Bürgerforen statt. Das baden-württembergische Bürgerforum startet am Donnerstag, 28. Oktober, im Landtag. 41 Zufallsbürgerinnen und -bürger im Alter zwischen 16 bis 30 Jahren nehmen teil. Auch Landtagsabgeordnete sind in die Auftaktveranstaltung eingebunden.
„Es ist wichtig, junge Leute einzubeziehen – es geht schließlich um Zukunftsthemen der EU, bei denen gerade die junge Generation mit ihren Ideen gefragt ist. Wir wollen wissen: Was verbinden junge Menschen mit Europa? Was erwarten sie von europäischer Politik?“, erklärte Landtagspräsidentin Muhterem Aras am Dienstag, 26. Oktober, in Stuttgart. Die Politik brauche „diese Impulse von außen dringend“.
Die jungen Leute werden am Tag der Auftaktveranstaltung und anschließend bei zwei Online-Terminen ihre Ideen diskutieren. Die Ergebnisse sollen bis Mitte Dezember vorliegen. Sie werden dann auf der Online-Plattform der Zukunftskonferenz „futureu.europa.eu“ eingespeist. Der Europaausschuss des Landtags lädt am 23. November zu einer Anhörung zur Zukunft Europas ein. Dabei wird auch das Bürgerforum des Landtags ein Thema sein.
Landtagspräsidentin Muhterem Aras wurde vom Ausschuss der Regionen (AdR) der Europäischen Union in die Plenarversammlung der Zukunftskonferenz entsandt. Sie bekräftigte kurz vor dem Auftakt des Bürgerforums im Landtag ihre Kritik am schleppenden Start der Konferenz zur Zukunft Europas. Dadurch sei der Zeitdruck gerade mit Blick auf eine angemessene Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger enorm.
„Wenn wir es nicht gemeinsam schaffen, die Zukunftskonferenz zu einem Erfolg werden zu lassen dann ist Frustration auf breiter Ebene vorprogrammiert. Dann bestätigen wir das Vorurteil, dass die EU ein „Moloch“ ist. Das darf nicht passieren!“, erklärte Aras.
Landtagspräsidentin Aras in Arbeitsgruppe Klimawandel und Umwelt entsandt
Straßburg/Stuttgart. Die Konferenz zur Zukunft Europas nimmt Fahrt auf – und Baden-Württemberg ist mit Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) prominent eingebunden. Auf der zweiten Plenartagung zur Zukunftskonferenz an diesem Freitag in Straßburg haben sich die Arbeitsgruppen der Konferenz konstituiert. Präsidentin Aras wurde als Mitglied in die Arbeitsgruppe Klimawandel und Umwelt entsandt.
Die im vergangenen Mai gestartete Konferenz zur Zukunft Europas ist ein bisher einmaliger und breit angelegter Diskussionsprozess, der neben Akteuren der Europäischen Union auch die Bürgerinnen und Bürger intensiv einbezieht. Gemeinsam sollen zentrale Fragen zur Zukunft der Union diskutiert und Lösungsvorschläge erarbeitet werden. Landtagspräsidentin Aras wurde von der Grünen-Fraktion im Ausschuss der Regionen (AdR) der Europäischen Union in die Zukunftskonferenz entsandt. Sie ist dort die einzige Vertreterin ihrer Fraktion im AdR.
„Ich bin froh, dass die Arbeitsgruppen der Zukunftskonferenz nun endlich arbeitsfähig sind“, erklärte Aras in Straßburg. Nun müsse es rasch einen ersten Austausch mit den Vertreterinnen und Vertretern in den vier europäischen Bürgerforen der Zukunftskonferenz geben. Im Landtag findet am Donnerstag, 28. Oktober, auf Initiative von Präsidentin Muhterem Aras die Auftaktveranstaltung zum baden-württembergischen Bürgerforum zur Zukunft Europas statt. 35 junge Zufallsbürgerinnen und -bürger im Alter zwischen 16 bis 30 Jahren entwickeln ihre Ideen und Forderungen zur Zukunft Europas.
Muhterem Aras wirkt in einer von insgesamt neun Arbeitsgruppen der Plenarversammlung der Konferenz zur Zukunft Europas mit. Die Grünen-Politikerin ist Mitglied in der für die Konferenz zentralen AG Klimawandel und Umwelt. Die Arbeitsgruppen sollen die Anliegen aus den vier Bürgerforen aufnehmen sowie vertiefen und im Plenum ihre Position verabschieden. Diese soll dann über das Lenkungsgremium der Konferenz, den Exekutivausschuss, in die Schlussfolgerungen der Konferenz eingehen. Die Schlussfolgerungen werden unter französischer EU-Ratspräsidentschaft voraussichtlich im Mai 2022 verabschiedet.
Hintergrundinformation:
- Die Konferenz zur Zukunft Europas bietet Bürgerinnen und Bürgern der Mitgliedsländer die Gelegenheit deutlich zu machen, welche Zukunft sie sich für die Europäische Union wünschen. Bestandteile der Zukunftskonferenz sind Bürgerforen, die digitale Plattform „futureu.europa.eu“ zum Meinungsaustausch und eine Plenarversammlung mit Vertreterinnen und Vertretern der verschiedenen Gliederungen der EU sowie Bürgerinnen und Bürgern.
- Der Ausschuss der Regionen (AdR) ist ein beratendes Gremium der Europäischen Union, das sich aus lokal und regional gewählten Vertretern oder Regierungsmitgliedern der EU-Mitgliedsländer zusammensetzt
Jugendliche übergeben ihre Forderungen an den Landtag
Stuttgart. Zum Abschluss des digital-analogen Jugendlandtags 2021, haben Jugendliche ihre in Workshops erarbeiteten Forderungen am Donnerstag, 21. Oktober 2021, an den Landtag von Baden-Württemberg übergeben. „Ich bin sehr beeindruckt von euren starken Positionen. Man spürt die Vorarbeit, die ihr geleistet habt. Man spürt das Herzblut, die Begeisterung und das Engagement, mit dem ihr euch hier einbringt“, sagte Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) beim Entgegennehmen der Anliegen. Auf sieben Puzzle-Teilen haben die Jugendlichen handschriftlich ihre Forderungen an die Politikerinnen und Politiker notiert. „Die Fraktionen werden sich mit euren Forderungen beschäftigen und aktiv werden“, versicherte die Landtagspräsidentin, auch mit Blick auf die anwesenden Fraktionsvorsitzenden und jugendpolitischen Sprecher.
Die Jugendlichen fordern, sie im Bildungssystem direkter politisch zu informieren und damit die Wahl ab 16 Jahren zu begleiten. Überdies sollen die Bildungspläne entzerrt und hin zu mehr Chancengleichheit gestaltet werden, um so für alle Schülerinnen und Schüler aller Schularten einen fairen Bildungsweg zu ermöglichen. Wichtig ist ihnen eine bessere Vernetzung von Verkehrsverbünden im Land unter Hilfe-nahme von digitalen Lösungen und einer Einbindung verschiedener Verkehrsmittel. Gefordert wird außerdem der Kohleausstieg 2030 und der Ausbau erneuerbarer Energien. Ebenso wünschen sich die Jugendlichen einen flächendeckenden Breitbandausbau. Eine jährliche Aufklärung zu sozialen Themen und Toleranz an Schulen für alle Klassenstufen durch Vorträge oder Projekttage von Sozialarbeiterinnen und –arbeitern sowie Lehrkräften ist eine weitere Forderung des Jugendlandtags. Auch Europa haben die Jugendlichen im Blick: Gefordert werden die Schaffung und Förderung europabildender Maßnahmen.
Für den ersten Teil des Jugendlandtags, am Montag, 11. Oktober, hatten sich rund 100 Jugendliche aus ganz Baden-Württemberg virtuell zusammengeschlossen. Der Jugendlandtag ist quasi das „Finale“ der Jugendbeteiligung. Zuvor fanden in ganz Baden-Württemberg 30 regionale Jugendkonferenzen statt, an denen rund 1.500 Jugendliche mitgewirkt haben. Der Jugendlandtag ist Teil eines demokratischen Prozesses, der auch bei den Abgeordneten auf großes Interesse stößt. In diesem Jahr haben sich fast 40 Abgeordnete eingebracht. Nach der Begrüßung und einer kurzen Einführung in die Workshops, durften sich die Jugendlichen mit den teilnehmenden MdLs in eine Diskussions- und Austauschrunde begeben. Acht Workshops wurden angeboten: Jugendbeteiligung, Mobilität, Klimaschutz, Digitalisierung, Bildung, Engagement, Europa und gesellschaftlicher Zusammenhalt. Am Ende wurden die Ergebnisse in großer Runde vorgetragen und die Jugendlichen einigten sich auf ihre Forderungen.
„Wir können nicht auf Veränderung hoffen und gleichzeitig alles so lassen wie es ist“, sagte Landtagspräsidentin Muhterem Aras zu Beginn des Jugendlandtags 2021. Auf gesellschaftlicher Ebene sei es jedoch nicht immer leicht, gemeinsam Veränderung zu schaffen, insbesondere sobald viele verschiedene Interessen gegeneinander stünden. „Es ist unsere Verantwortung als Gesellschaft ins Handeln zu kommen, um die Lebensgrundlage für zukünftige Generationen zu sichern“, betonte die Präsidentin.
Bereits am Mittwochabend fand ein Treffen von Landtagspräsidentin Muhterem Aras mit den Jugendlichen in der Jugendherberge statt. In ungezwungener Atmosphäre tauschten sich die jungen Menschen mit der Präsidentin aus. Höhepunkte des zweiten Tages war die jugendpolitische Debatte, die die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Jugendlandtags live verfolgen durften und dann die Übergabe der Forderungen.
„Mit hohem Engagement haben Jugendliche beim Jugendlandtag 2021 intensiv an Themen diskutiert“, lobte der Vorsitzende des Landesjugendrings, Alexander Strobel. „Der Landespolitik schreiben sie dabei ihre Forderungen zu Bildungsmodernisierung, Digitalisierung und Klimaschutz ins Stammbuch. Wir werden in einem Jahr nachfragen, was aus den Forderungen geworden ist“, so Strobel. Zugleich gab er seiner Hoffnung Ausdruck, dass die Jugendlichen 2026 bei der nächsten Landtagswahl „über ihre Themen mitentscheiden dürfen“.
Der Landesjugendring Baden-Württemberg e.V. organisiert den Jugendlandtag gemeinsam mit dem Landtag von Baden-Württemberg, der Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg und dem Ring politscher Jugend Baden-Württemberg.
Sozialausschuss diskutiert erneut über Maßregelvollzug
Stuttgart. Auf Antrag von SPD und FDP/DVP hat sich der Ausschuss für Soziales, Gesundheit und Integration in einer öffentlichen Sondersitzung am Montag, 18. Oktober 2021, erneut mit der Situation im Maßregelvollzug befasst. Die beiden Fraktionen sahen nach der vorherigen Sondersitzung, bei dem der Ausbruch von vier Patienten aus einer geschlossenen Station des Zentrums für Psychiatrie in Weinsberg am 22. September bereits thematisiert worden war, nicht alle Fragen beantwortet. Auch die jüngste Entweichung eines Patienten am 10. Oktober aus einer offenen Station der Weinsberger Einrichtung wurde bei der Sondersitzung am Montag angesprochen.
Die SPD-Fraktion hielt Sozialminister Manfred Lucha (Grüne) nach den Worten des Ausschussvorsitzenden Florian Wahl (SPD) in der neuerlichen Sondersitzung mangelnde Ernsthaftigkeit und eine unangemessene Kommunikation im Umgang mit den Ausbrüchen und der jüngsten Entweichung vor. So habe Lucha in der ersten Sondersitzung in flapsigem Ton erklärt, Therapie gehe vor Sicherheit. Angesprochen wurden laut Wahl von der SPD auch unterschiedliche Einschätzungen zur Gefährdungslage in Pressemitteilungen von Polizei und Ministerium unmittelbar nach dem Ausbruch am 22. September, die zur Verunsicherung der Bevölkerung beigetragen hätten. Zudem habe die SPD den über soziale Medien ausgetragenen Schlagabtausch zwischen Sozialminister Lucha und Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) über eine mögliche Nutzung der früheren Justizvollzugsanstalt Fauler Pelz in Heidelberg für den Maßregelvollzug kritisiert. Auch dadurch seien Menschen verunsichert worden.
Die FDP/DVP-Fraktion zeigte sich nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Wahl ebenfalls befremdet über den Schlagabtausch zweier grüner Kabinettsmitglieder in Sachen Fauler Pelz. Die Liberalen hätten zudem die Ergebnisqualität des Maßregelvollzugs thematisiert und wissen wollen, wie viele Patienten die Therapie abbrechen. Die FDP/DVP habe zudem nachgefragt, warum Insassen, deren Therapieabbruch wegen Unwillens absehbar sei, noch wochenlang in der Einrichtung bleiben statt möglichst schnell in den Strafvollzug zurückgeschickt zu werden. Dies gehöre abgestellt, so die Forderung der FDP/DVP nach Angaben des Ausschussvorsitzenden.
Minister Lucha erklärte in der per Livestream übertragenen Sondersitzung, er habe nicht beabsichtigt, sich flapsig zu äußern. Er nehme den Maßregelvollzug sehr ernst, das gelte auch für die Sicherheit der Einrichtungen. Daran würden höchste Maßstäbe gelegt. Die Sicherheitskonzepte würden ständig überprüft, auch mit Hilfe von externen Dienstleistern. Lucha mahnte, der Ausbruch von vier Patienten am 22. September sei nicht mit der Entweichung eines Patienten am 10. Oktober aus einer offenen Station zu vergleichen. Patienten im Maßregelvollzug, denen Lockerungen zugestanden sind, unternähmen rund 200.000 Ausgänge pro Jahr. In den vergangenen Jahren habe es nie mehr als 40 Entweichungen jährlich gegeben. Ausbrüche aus geschlossenen Stationen seien äußerst selten. In Weinsberg habe es seit 2006 bis zu dem Vorfall am 22. September keinen Ausbruch gegeben.
Lucha kritisierte in diesem Zusammenhang, dass zu viele Straftäter in den Maßregelvollzug gelangen, um sich dort wegen einer Drogensucht therapieren zu lassen. Der Paragraf 64 des Strafgesetzes, der die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt regelt, setze massive Fehlanreize für kriminelle Personen. Dr. Udo Frank, Leiter des Zentralbereichs Maßregelvollzug des Zentrums für Psychiatrie Südwürttemberg, erklärte in der Sondersitzung, es mache ihn fassungslos, dass in den Kliniken „reihenweise Leute einsitzen, die dort nicht hingehören“. Eine Abbrecherqoute von 50 Prozent belege dies. Es sei offensichtlich, dass die Aussicht, die Haftstrafe nach erfolgreicher Therapie um die Hälfe verkürzen zu können, zu dieser Situation führe. Er stimmte mit Lucha darin überein, dass der Gesetzgeber dies dringend ändern müsse.
Mit Blick auf eine mögliche Nutzung der früheren Justizvollzugsanstalt Fauler Pelz erklärte Lucha, dass er angesichts der Überbelegung in Weinsberg und in anderen Einrichtungen neue Standorte suchen müsse. Heidelberg biete sich an, da man dort schnell arbeitsfähig sein könne. Aber natürlich werde dies nur im Einvernehmen mit allen Beteiligten möglich sein.
Nach den Worten des Ausschussvorsitzenden Florian Wahl äußerten die Grünen grundsätzliche Zweifel an der Notwendigkeit der Sondersitzung. Die Kritik am Ministerium sei überzogen angesichts der Tatsache, dass es zwischen 2006 und 2021 keinen Ausbruch in Weinsberg gegeben habe. Die Kritik sei mit Blick auf die Verunsicherung in der Bevölkerung, die sie ausgelöst habe, auch nicht verantwortungsgerecht. Lucha sagte zu, die Kommunikation etwa mit der Polizei in Gefährdungslagen künftig besser abzustimmen.
Sozialausschuss setzt erneut Maßregelvollzug auf die Tagesordnung
Stuttgart. Der Ausschuss für Soziales, Gesundheit und Integration berät am Montag, 18. Oktober 2021, in einer Sondersitzung den Tagesordnungspunkt „Offene Fragen im Maßregelvollzug“ öffentlich. Das kündigte der Ausschussvorsitzende Florian Wahl (SPD) am Freitag an.
„Seit dem Ausbruch von vier Patienten aus dem Zentrum für Psychiatrie in Weinsberg am 22. September 2021 gibt es nahezu täglich eine neue Diskussionslage zum Maßregelvollzug – nicht nur zur Sicherheit, sondern auch zu den Behandlungsmöglichkeiten“, erklärte der Ausschussvorsitzende Wahl. Die Fraktionen von SPD und FDP/DVP hätten beantragt, dass sich der Sozialausschuss zeitnah in öffentlicher Sitzung mit den offenen Fragen dazu befasst. „Ich habe deshalb für den kommenden Montag eine Sondersitzung des Sozialausschusses angesetzt“, sagte Wahl.
Nach seinen Angaben erscheint Sozialminister Manfred Lucha (Grüne) zu der Sondersitzung in Begleitung von Vertretern aus Einrichtungen des Maßregelvollzugs.
Die Sondersitzung wird auch als Live-Stream auf der Homepage des Landtags übertragen.
Präsidentin Aras: Direkte Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger in allen Formaten der Zukunftskonferenz entscheidend
Stuttgart/Brüssel. Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) mahnt eine nachhaltige Einbeziehung von Bürgerinnen und Bürgern bei der Konferenz zur Zukunft Europas an. Auf der 146. Plenartagung des Europäischen Ausschusses der Regionen (AdR), die am Donnerstag in Brüssel zu Ende ging, äußerte Aras die Sorge, das straffe Zeitkorsett der Zukunftskonferenz könne auf Kosten der Bürgerbeteiligung gehen.
Die im vergangenen Mai gestartete Konferenz zur Zukunft Europas ist ein breit angelegter Diskussionsprozess, der neben Akteuren der Europäischen Union auch die Bürgerinnen und Bürger intensiv einbezieht. Gemeinsam sollen zentrale Fragen zur Zukunft der Union diskutiert und Lösungsvorschläge erarbeitet werden. „In Baden-Württemberg haben wir mit direkter Bürgerbeteiligung bereits sehr gute Erfahrungen gemacht“, sagte Präsidentin Aras. Daran wolle sie anknüpfen. „Am 28. Oktober starte ich im Landtag von Baden-Württemberg ein Bürgerforum. Ich möchte von jungen Zufallsbürgerinnen und -bürgern zwischen 16 und 30 Jahren wissen, was ihre Idee von der Zukunft Europas ist“, berichtete Aras bei der Plenartagung des AdR. Sie wolle damit einen Beitrag zum Gelingen der Zukunftskonferenz leisten.
Mit Blick auf die anstehende zweite Plenartagung zur Zukunftskonferenz in Straßburg am 22. und 23. Oktober betonte Aras: „Es ist gut, dass die Zukunftskonferenz jetzt endlich in die Gänge kommt.“ Sie bedauerte, dass die Arbeitsgruppen der Plenarversammlung noch immer nicht arbeitsfähig seien. Ein erster Austausch mit den Bürgerinnen und Bürgern aus den in den Mitgliedsländern stattfindenden Bürgerforen wäre sehr wichtig gewesen.
Überdies sei es aus ihrer Sicht mehr als bedauerlich, dass die Ergebnisse der Zukunftskonferenz bereits im ersten Quartal 2022 vorliegen sollen. „Der Zeitdruck ist nicht hilfreich. Dies kann nur ein erster Zwischenschritt sein. Ich werde mich dafür einsetzen, dass die Zukunftskonferenz keine einmalige Veranstaltung bleibt“, sagte Aras. Eine Fortsetzung sei geboten, um die dringend erforderlichen Strukturreformen in der EU auf den Weg zu bringen.
„Bei einer möglichen Fortsetzung der Konferenz müsse die Rolle des AdR und der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften von Anfang an angemessen berücksichtigt werden“, so Aras. Die Idee der Zukunftskonferenz sei doch gerade, dass man mit Bürgerinnen und Bürgern ins Gespräch kommt. „Wir wollen hören, welches Europa sie wollen“, betonte die Landtagspräsidentin. „Dafür ist die direkte Beteiligung aller Bürgerinnen und Bürger in allen Formaten der Konferenz entscheidend.“ Die gemeinsam erarbeiteten Ergebnisse müssten diskutiert und debattiert werden.
Mit einem weiteren Redebeitrag auf der AdR-Plenartagung beteiligte sich Muhterem Aras an der Debatte über ehrgeizigere Ziele für einen globalen Grünen Deal. Es werde „viel zu viel über die Kosten des Klimaschutzes gesprochen – und leider noch zu wenig über Nachhaltigkeit“. Tatsächlich sei nicht der Klimaschutz kostspielig. Kostspielig sei es, keinen Klimaschutz zu betreiben, sagte Aras.
Hintergrundinformation:
- Die Konferenz zur Zukunft Europas bietet Bürgerinnen und Bürgern der Mitgliedsländer die Gelegenheit deutlich zu machen, welche Zukunft sie sich für die Europäische Union wünschen. Bestandteile der Zukunftskonferenz sind Bürgerforen, die digitale Plattform „futureu.europa.eu“ zum Meinungsaustausch und eine Plenarversammlung mit Vertreterinnen und Vertretern der verschiedenen Gliederungen der EU sowie Bürgerinnen und Bürgern.
- Der Ausschuss der Regionen (AdR) ist ein beratendes Gremium der Europäischen Union, das sich aus lokal und regional gewählten Vertretern oder Regierungsmitgliedern der EU-Mitgliedsländer zusammensetzt.
- Das Land Baden-Württemberg verfügt über zwei Sitze. Landtagspräsidentin Aras wurde als Mitglied des Landtags für den AdR benannt, als stellvertretendes Mitglied der Grünen-Abgeordnete Josef Frey.
- Für die Landesregierung wird in Kürze Staatssekretär Florian Hassler als AdR-Mitglied benannt; stellvertretendes Mitglied ist der Vizepräsident des Landtags Prof. Dr. Wolfgang Reinhart.
Wissenschaftsausschuss empfiehlt Zustimmung zur Änderung des Landeshochschulgesetzes
Stuttgart. Der Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kunst hat in seiner Sitzung am Donnerstag, 7. Oktober 2021, dem Gesetzentwurf der Fraktionen Grüne und CDU zur Änderung des Landeshochschulgesetzes und anderer Gesetze einstimmig zugestimmt. Das hat die Vorsitzende des Gremiums, Nese Erikli (Grüne), mitgeteilt. „Der Gesetzentwurf hilft, die Auswirkungen der Coronapandemie für Studierende und den wissenschaftlichen Nachwuchs abzumildern und wurde deshalb von allen befürwortet“, berichtete sie. „Die Gesetzesänderung ist ein wichtiges Signal für die Studierendenschaft.“
Um pandemiebedingte Verzögerungen auszugleichen, sollen die Prüfungsfristen für Studierende von bislang zwei auf höchstens drei Semester verlängert werden. Die Regelung zur Fristverlängerung solle auf die Studienanfängerinnen und -anfänger des Sommersemesters 2021 und des Wintersemesters 2021/2022 ausgedehnt werden. Bislang, so Nese Erikli, hätten nur die Studierenden, die spätestens zum Wintersemester 2020/2021 ihr Studium aufgenommen haben, Prüfungsverlängerungsfristen ermöglicht bekommen. Neu sei nun die Einbeziehung der Studienanfänger des Sommersemesters 2021 und des Wintersemesters 2021/2022.
Auch bei den Fristverlängerungen für befristet beschäftigte Nachwuchswissenschaftlerinnen und-wissenschaftler solle der Kreis der Begünstigten aktualisiert werden. „Das gibt den Hochschulen die Möglichkeit, ihren Nachwuchskräften mehr zeitlichen Spielraum für den Erwerb der Leistungsnachweise zu gewähren“, betonte die Ausschussvorsitzende. Das Plenum wird voraussichtlich in seiner Sitzung am Mittwoch, 20. Oktober 2021, den Gesetzentwurf verabschieden.
Ständiger Ausschuss befasst sich mit Corona-Situation in Gefängnissen im Südwesten
Stuttgart. Der Ständige Ausschuss des Landtags hat sich in seiner Sitzung am Donnerstag, 30. September 2021, mit der Situation in den baden-württembergischen Justizvollzugsanstalten durch die Corona-Pandemie befasst. Der Vorsitzende des Gremiums, der CDU-Abgeordnete Guido Wolf, dankte im Namen des Parlaments allen Beschäftigten in den Haftanstalten für deren Arbeit während der Krise. „Sie leisten einen großartigen Einsatz, wofür sie besonderen Dank und Wertschätzung verdienen“, betonte Wolf. Die Arbeit in den Gefängnissen sei bereits vor der Pandemie schwer gewesen. Durch Corona und die damit verbundenen Beschränkungen sei die Tätigkeit jedoch noch brisanter geworden. Vor allem durch Beaufsichtigung, Betreuung und Behandlung von Gefangenen sei das Personal während des Dienstes in besonderer Weise einem Infektionsrisiko ausgesetzt.
Nach Angaben Wolfs berichtete Justizministerin Marion Gentges (CDU) dem Gremium über den aktuellen Stand der Impfungen in den Haftanstalten. So seien nach derzeitigem Stand rund 85 Prozent der Justizvollzugsbeschäftigten und etwa 50 Prozent der Gefangenen gegen Corona geimpft. Die Impfung der Insassen stelle eine besondere Herausforderung für die Justiz dar, denn die Gefangenen könnten nicht einfach in die Impfzentren des Landes gebracht werden. Die Impfungen der Beschäftigten und Gefangenen sei durch Betriebs- und Anstaltsärzte sowie durch mobile Impfteams durchgeführt worden. Im Falle der Insassen schwanke die Impfquote abhängig von der Belegung, da manche bereits geimpften Insassen entlassen worden und Neuzugänge dagegen vielfach nicht geimpft seien.
Wie Wolf weiter ausführte, wurden in den Haftanstalten eine ganze Reihe an Maßnahmen und Einschränkungen erlassen, um das Infektionsrisiko so weit wie möglich zu reduzieren. Dazu zählten zum Beispiel Einschränkungen bei den Gefangenenbesuchen, bei Ausgängen und bei Sport und Freizeit. Außerdem seien zeitweise kurze Freiheitsstrafen bis zu sechs Monaten, Ersatzfreiheitsstrafen und Erzwingungshaft aufgeschoben worden. „Diese Maßnahmen haben Erfolg gezeigt, denn das Virus konnte größtenteils aus den Haftanstalten herausgehalten werden“, sagte Wolf nach den Ausführungen der Justizministerin. Bis Ende September 2021 seien landesweit insgesamt 259 infizierte Bedienstete und 196 infizierte Gefangene registriert worden.
Bei den Gefangenen handelt es sich laut Wolf um eine weitgehend geschlossene Gruppe mit begrenztem internen Infektionsrisiko. Im Hinblick darauf seien sowohl bei der Festlegung von Einschränkungen als auch hinsichtlich deren Reduzierung ein besonderes Augenmerk auf die Außenkontakte gelegt worden, um soweit wie möglich einem Einbringen und einer Übertragung des Virus innerhalb der Justizvollzugsanstalten zu begegnen. Um den Dienstbetrieb im Falle eines Infektionsgeschehens aufrechterhalten zu können, seien vorsorglich Dienstgruppen mit streng voneinander getrennten Anwesenheitszeiten gebildet worden.
Für geimpfte und genesene Gefangene gebe es nun wieder Öffnungen vor allem in den Bereichen Freizeit, Sport, Besuch und vollzugsöffnende Maßnahmen, habe Ministerin Marion Gentges erläutert. Außerdem seien coronabedingte Einschränkungen des Dienstbetriebs, insbesondere zu dienstlichen Veranstaltungen und Dienstreisen, weiter zurückgenommen worden.
Novelle des Klimaschutzgesetzes wird intensiv diskutiert
Stuttgart. Was wird der Energieträger der Zukunft sein und wie kann die Energiewende gestaltet werden? Der Ausschuss für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft hat in seiner Sitzung am Donnerstag, 30. September 2021, die Novelle des Klimaschutzgesetzes beraten und sich auf Anträge der FDP/DVP sowie der SPD mit der Energieerzeugung durch Photovoltaik und Wind befasst. „Man merkt, dass Klimaschutzpolitik an Fahrt gewinnt und verschiedene Ideen im Raum stehen, die diskutiert werden müssen“, erklärte der Vorsitzende des Gremiums, Daniel Karrais (FDP/DVP).
Ausgangspunkt war die Beratung des Gesetzentwurfs zur Änderung des Klimaschutzgesetzes, der von den Fraktionen Grüne und CDU eingebracht wurde. Der Entwurf sehe vor, aus dem bisherigen Rahmengesetz für Politik und Verwaltung ein Regelwerk zu machen, das vermehrt die Umsetzung der formulierten Ansprüche in Angriff nehme. Ziel sei dabei eine Netto-Treibhausgasneutralität bis zum Jahr 2040 – und somit noch fünf Jahre früher als die Zielsetzung des Bundes. Insbesondere die Landesverwaltung solle ihre Vorbildfunktion beim Klimaschutz noch stärker wahrnehmen als bisher und sich bereits bis 2030 klimaneutral organisieren. Wie Karrais berichtete, sei vor allem das Ziel der Klimaneutralität der Landesverwaltung bis 2030 als sehr ambitioniert bezeichnet worden. Insbesondere die Oppositionsfraktionen hätten die mangelnde Nutzung von Solarenergie auf den landeseigenen Gebäuden kritisiert und auf ein entschlosseneres Vorgehen der Regierung bei eigenen Gebäuden gedrängt, so der Vorsitzende.
So sei ein Schwerpunkt der Beratungen die Eignung und Notwendigkeit der Photovoltaik-Pflicht auf Gebäuden sowie deren Kosten bei Neubauten gewesen. Das Umweltministerium habe beispielhaft vorgerechnet, dass die Installation einer Photovoltaikanlage mit einer Leistung von sieben Kilowatt peak (kWp) beim Bau eines Ein- oder Zweifamilienhauses zu einer Steigerung der durchschnittlichen Baukosten von zwei bis drei Prozent führen würde. Nach Angabe des Vorsitzenden erwarte das Umweltministerium, dass durch die Photovoltaikpflicht rund 11.200 Photovoltaikanlagen auf Wohngebäuden und rund 2.880 Anlagen auf Nichtwohngebäuden pro Jahr installiert würden. Das Ministerium habe versichert, dass Ausnahmen von dieser Pflicht jedoch gegeben sein sollen, wenn zum Beispiel die Anlage an dieser Stelle nicht wirtschaftlich wäre. Sanktionen bei Verstößen gegen die Photovoltaik-Pflicht seien laut Ministerin Thekla Walker nicht geplant.
Ein weiterer Schwerpunkt der Diskussion war die Photovoltaik-Pflicht auf Parkplätzen. So würden bereits überbaute Flächen ein großes Potenzial darstellen, um den Ausbau der Solarenergie weiter voranzubringen. Würde man die gesamte Parkplatzfläche mit mehr als 40 Stellplätzen pro Parkplatz vollständig nutzen, ergebe sich ein Photovoltaik-Potenzial von zehn Gigawatt, berichtet der Ausschussvorsitzende. Kritik gab es von Seiten der FDP/DVP für die Anzahl der Stellplätze auf Parkplätzen, ab denen die Pflicht für Photovoltaikanlagen greifen soll. Waren in der Novelle des Klimaschutzgesetzes im Oktober 2020 noch 75 Stellplätze als Grenzwert vorgesehen, soll die Pflicht nun bereits ab 35 Stellplätzen greifen. Die Opposition appellierte an das Ministerium, die Belastungen für die Bauherren gerade bei kleineren Parkplätzen auch weiterhin mit dem Ziel des Ausbaus von Photovoltaikanlagen abzuwägen. Der Ausschuss habe mehrheitlich die Pflicht für Parkplätze so abgeändert, dass eine Solaranlage auch auf einem naheliegenden Gebäude realisiert werden könne.
Nicht nur Gebäude und Parkplätze sollen eine Rolle bei der Energiewende spielen. Auch Freiflächen sollen genutzt werden, um Strom aus erneuerbaren Energien zu erzeugen – unter anderem werde das Potenzial aktueller Ertragsweinberge geprüft. Dort könnten vorhandene Spalieranlage zur Installation der Photovoltaikmodule genutzt werden. Generell sollten laut Gesetzentwurf mindestens zwei Prozent der Freiflächen in Baden-Württemberg für die Nutzung von Windenergie und Photovoltaik eingeplant werden. Potenzialuntersuchungen auf Basis des Windatlas Baden-Württemberg 2019 zufolge sei es möglich, dieses Flächenziel in jeder der zwölf Regionen zu erreichen oder gar zu übertreffen. Vonseiten Teilen der Opposition sei befürchtet worden, der Anspruch könne nicht gesetzeskonform sein. Auch in der mündlichen Anhörung hätte sich einer der Sachverständigen in dieser Art geäußert, so der Vorsitzende. Karrais zufolge teile das Ministerium diese Befürchtung nicht, da man den Regionen nicht vorschreibe, ob Photovoltaik oder Windkraft umgesetzt werde oder welche Flächen konkret dies betreffe.
Nach intensiven Diskussionen schlug der Ausschuss dem Plenum mehrheitlich vor, dem Gesetzentwurf zur Änderung des Klimaschutzgesetzes zuzustimmen. Mehrere von der FDP/DVP- sowie der SPD-Fraktion eingebrachte Änderungsanträge – zum Beispiel zu einer Anpassung des Klimaneutralitätsziels an das Ziel des Bundes (FDP/DVP), eine Mindestzahl von Windkraftanlagen (SPD), eine bessere Vorbildfunktion durch mindestens 15 MWp PV-Anlagen auf Landesgebäuden (SPD) oder eine generelle Herausnahme der Photovoltaikpflicht (FDP/DVP) sowie die Einbeziehung von CCUS-Technologien (Carbon Capture Usage and Storage) (FDP/DVP) – lehnte das Gremium mehrheitlich ab. Änderungsanträgen der Regierungsfraktionen zum Beispiel zu einer Vereinfachung der Nachweispflicht stimmte das Gremium mehrheitlich zu. Endgültig über den Gesetzentwurf beraten und abstimmen wird der Landtag voraussichtlich in der Plenarsitzung am 6. Oktober.
Ausschuss für Wohnen berät über Überarbeitung des Landesentwicklungsplans
Stuttgart. Der Ausschuss für Landesentwicklung und Wohnen hat sich in seiner Sitzung am Mittwoch, 29. September 2021, auf Antrag der Fraktion FDP/DVP mit der von der Landesregierung angekündigten Überarbeitung des Landesentwicklungsplans (LEP) befasst. Wie die Vorsitzende des Gremiums, die CDU-Abgeordnete Christiane Staab, mitteilte, werden derzeit Schritte zur Umsetzung sowie das Zusammenspiel der rechtlichen Instrumente geprüft. Aufgrund der Komplexität des Vorhabens könnten bislang jedoch keine verlässlichen Aussagen über die zeitlichen Abläufe getroffen werden.
Nach Angaben der Vorsitzenden teilte Ministerin Nicole Razavi mit, noch in diesem Jahr eine Auftaktveranstaltung für die Regionalverbände und Kommunalen Landesverbände abhalten zu wollen. Für die Überarbeitung des LEP werde qualifiziertes Personal benötigt, das derzeit gesucht werde. Die Anpassung des LEP an die gegenwärtigen Lebensverhältnisse habe fraktionsübergreifende Zustimmung erhalten, berichtete die Ausschussvorsitzende. Allerdings habe sich die Opposition mit den Antworten, insbesondere zum Zeitplan, nicht zufrieden gezeigt und angekündigt, weitere Anfragen zum LEP zu stellen. Die Ministerin wiederum habe zugesagt, im Lauf der Legislaturperiode regelmäßig über den aktuellen Stand berichten zu wollen.
Staab zufolge ist im Koalitionsvertrag der 17. Wahlperiode die Fortschreibung des Landesentwicklungsplans vorgesehen. Mit der Neuaufstellung des LEP als Leitlinie und zentrales raumordnerisches Steuerungsinstrument entstehe die Möglichkeit, für Baden-Württemberg in Sachen Innovation, Wettbewerbsfähigkeit sowie Klimaschutz ein modernes Zukunftskonzept aufzulegen. Einige der zentralen Themen eines neuen LEP sollen neben dem Klimaschutz und der Anpassung an den Klimawandel der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen, der Erhalt der Biodiversität, die Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit des Landes als Wirtschafts- und Wohnort, die Funktionserhaltung von Land- und Forstwirtschaft und die Bewahrung angemessener Gestaltungsmöglichkeiten für kommende Generationen sein. Der LEP ordne alle gesellschaftlichen Themen im Land und setze sie zueinander ins Verhältnis.
Der bisherige Landesentwicklungsplan sei 20 Jahre alt. Die Fragen, wie wir leben und wie die Zukunft gestaltet werde, hätten sich seitdem grundlegend geändert, habe Razavi im Ausschuss berichtet. Daher müsse der LEP an aktuelle und künftige Entwicklungen angepasst werden. Die Ministerin habe dieses Vorhaben als „Mammutaufgabe“ bezeichnet. Das Ziel sei zwar, die Überarbeitung des LEP in dieser Legislaturperiode abzuschließen. Aufgrund der enormen Komplexität und der Vielfalt des Landes könne das Projekt unter Umständen jedoch ein oder zwei Jahre länger dauern.
Im Zuge der Überarbeitung sei eine breitflächige mit einer über das formale Verfahren hinausgehenden Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger vorgesehen. Hierzu solle ein Format auferlegt werden, das allen Akteuren ein niederschwelliges Angebot mache, sich von Anfang an in den Erarbeitungsprozess einzubringen. Wie das Beteiligungsformat konkret ausgestaltet werde, sei in der Sitzung offengeblieben, sagte Staab. Aus der Regionalplanung oder auch den großen Infrastrukturprojekten gebe es allerdings Formate und Erfahrungen mit der Bürgerbeteiligung, die man in die Entwicklung des Beteiligungsverfahrens einbeziehen werde.
Europaausschuss im Gespräch mit dem Leiter der Regionalvertretung der Europäischen Kommission
Stuttgart. Der Ausschuss für Europa und Internationales hat sich in seiner Sitzung am Mittwoch, 29. September 2021, mit dem Leiter der Regionalversammlung der Europäischen Kommission in München, Dr. Renke Deckarm, zur Konferenz zur Zukunft Europas ausgetauscht. Das hat der Vorsitzende des Gremiums, Willi Stächele (CDU), mitgeteilt. „Wir befinden uns in einem sehr spannenden Prozess. Es gab noch nie ein so niederschwelliges Angebot, seiner Stimme in Europa Gehör zu verschaffen“, so Stächele.
Mit der Konferenz zur Zukunft Europas ist ein bisher noch nie dagewesener Prozess gestartet worden. EU-Bürgerinnen und Bürger können sich transnational in 24 Sprachen austauschen, gemeinsam Ideen sammeln und so neue Ansätze für die Zukunft der Europäischen Union entwickeln. Möglich ist dies über die Plattform „futureu.europa.eu“, „Herz und Seele der Zukunftskonferenz“, wie Dr. Deckarm vorstellte. Bislang sind rund 7.800 Ideen von zirka 28.900 Teilnehmenden in die verschiedenen Themenbereiche wie etwa „Klimawandel und Zukunft“, „Gesundheit“, „Die EU in der Welt“ oder „Werte und Rechte, Rechtsstaatlichkeit, Sicherheit“ eingegeben worden. 2.550 Veranstaltungen wurden angemeldet, insgesamt wurde knapp 14.000 mal kommentiert. Die Ideen und Vorschläge der Menschen sollen in Bürgerpanels diskutiert werden. Aus diesen sollen dann Empfehlungen an die Plenarversammlung gerichtet werden. Im Rat und schließlich im Parlament könnten dann Gesetze durchgesetzt werden, so Dr. Deckarm.
„Helfen Sie mit, diese Plattform zu bewerben“, richtete er einen Appell an die Ausschussmitglieder. „Für die Bürgerinnen und Bürger war es noch nie so einfach, politische Prozesse zu beeinflussen“, betonte Dr. Deckarm. Wichtig seien aber auch Veranstaltungen vor Ort im Land. Dr. Deckarm freute sich über die Angebote vom Land und vom Landtag. „Es ist neu und auch spannend, dass wir in Europa mit den Menschen über konkrete Inhalte diskutieren“, hob er hervor. Beispielsweise lädt das Staatsministerium im November junge Erwachsene aus den Regionen der Vier Motoren zu einer Diskussionsreihe ein; noch im Oktober starten landesweite virtuelle Bürgerdialoge mit Tauberbischofsheim, Bad Waldsee, Künzelsau, Hechingen, Donaueschingen und Philippsburg. Der Landtag lädt zu einem Bürgerforum ein (Start am 28. Oktober) und der Europaausschuss wird am 23. November eine Anhörung zur Zukunft Europas durchführen. „Der Landtag bringt sich ein“, bestätigte Willi Stächele.
Einzig der enge Zeitrahmen – die Zukunftskonferenz soll bereits im Mai 2022 abgeschlossen sein – habe im Ausschuss zu Kritik geführt. „Es wurde vorgeschlagen, im Frühjahr 2022 einen Zwischenbericht vorzulegen und sich mit der Zukunftskonferenz mehr Zeit zu lassen“, so Willi Stächele. Der Ausschuss habe begrüßt, dass das baden-württembergische „Demokratiewerkzeug“ Bürgerdialog kopiert worden sei. Insgesamt sei man in Baden-Württemberg auf einem guten Weg, die Zukunftskonferenz positiv zu begleiten.
Corona-Hilfen, Mittelstandsförderung und „Husten-App“ im Fokus
Stuttgart. Über die Zukunft des Beteiligungsfonds des Landes zur Unterstützung von Unternehmen in der Corona-Krise hat der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus in seiner Sitzung am Mittwoch, 22. September, diskutiert. Weitere Themen waren die Mittelstandsförderung sowie die aktuellen Lieferengpässe in Baden-Württemberg, unter denen Endverbraucher und Wirtschaft gleichermaßen leiden.
Eine Milliarde Euro hatte das Land auf dem Höhepunkt der Corona-Krise zur Verfügung gestellt, um sich an in Not geratenen Unternehmen beteiligen und diese so stützen zu können. Das Angebot war als Ultima Ratio im Verhältnis zu anderen im Zuge der Pandemie aufgelegten Hilfsangeboten ausgelegt, stieß aber am Ende auf wenig Nachfrage. Lediglich zwei Unternehmen stellten Anträge, eines zog später wieder zurück. Wie Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut vor dem Ausschuss erklärte, liege inzwischen ein Antrag auf Beteiligung zur Entscheidung vor.
Auf Antrag der SPD-Fraktion diskutierte nun der Wirtschaftsausschuss über die Zukunft des Beteiligungsfonds. Die Ministerin zeigte sich erleichtert, dass die Nachfrage sich letztlich in sehr engen Grenzen bewegt habe. Dies spreche dafür, dass die Unternehmen im Land besser durch die Krise gekommen seien als vielfach erwartet. Nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Dr. Erik Schweickert (FDP) teilten Vertreter aller Fraktionen die Erleichterung der Ministerin.
Dr. Hoffmeister-Kraut erläuterte, dass nach dem Willen der Landesregierung 506 Millionen Euro aus den Mitteln des Beteiligungsfonds zurückgelegt werden für den Fall, dass die Pandemie länger dauert als gedacht. Die restlichen 474 Millionen Euro sollen demnach zur Schuldentilgung eingesetzt werden.
Ein weiteres Thema im Wirtschaftsausschuss war die Mittelstandsförderung des Landes. Dazu hatte die FDP/DVP-Fraktion einen umfangreichen Fragenkatalog an das Wirtschaftsministerium formuliert. Die Liberalen wollten insbesondere wissen, wie es mit der Förderung der für das Land so wichtigen kleinen und mittleren Unternehmen weitergeht und was vom angekündigten sogenannten Masterplan Mittelstand BW zu erwarten ist, der im grün-schwarzen Koalitionsvertrag angekündigt wird.
Die Wirtschaftsministerin erklärte dazu vor dem Ausschuss, die Entwicklung und Umsetzung des Masterplans werde sich über mehrere Jahre erstrecken. In diesem Zusammenhang werde auch das im Jahr 2000 in Kraft getretene Mittelstandsförderungsgesetz novelliert. Dies werde voraussichtlich in der zweiten Hälfte der Legislaturperiode geschehen. Noch in diesem Herbst werde sie den Mittelstandsbericht 2020 vorlegen, kündigte Dr. Hoffmeister-Kraut an. Der Bericht hatte ursprünglich im vorigen Jahr kommen sollen. Pandemiebedingt wurde der Termin mit Zustimmung des Landtags verschoben.
Die Förderung kleiner und mittlerer Unternehmen habe sich bewährt. Zuletzt seien jährlich gut 200 Millionen Euro bewilligt worden. Die Förderziele seien nach wie vor aktuell, erklärte die Ministerin. Neue Rahmenbedingungen, wie sie sich etwa aus der Digitalisierung ergäben, würden aber eine Fortentwicklung der Förderung notwendig machen. Dies werde mit dem Masterplan geschehen. Weltweit werde das Land Baden-Württemberg wegen seiner starken mittelständischen Wirtschaft bewundert. Das müsse so bleiben. Der Masterplan werde dem Rechnung tragen.
Der Ausschussvorsitzende Dr. Schweickert nahm eine Idee aus der Diskussion auf und regte an, dass das Ministerium das Parlament schon bei der Erarbeitung des Masterplans einbinden solle. Dr. Hoffmeister-Kraut sagte dies zu.
Nach Angaben von Dr. Schweickert warnte die AfD-Fraktion in diesem Zusammenhang, bereits geltende und mögliche künftige Regelungen im Sinne des Klimaschutzes könnten den wirtschaftlichen Erfolg des Mittelstands bedrohen.
Auf Antrag der FDP/DVP-Fraktion erörterte der Ausschuss die aktuellen Lieferengpässe im Land, von denen sowohl Endverbraucher als auch Unternehmen betroffen sind. Die Liberalen wollten von der Ministerin wissen, wie sie zu Forderungen aus der Wirtschaft stehe, Runde Tische zum Thema Ressourcen- und Rohstoffmangel einzuberufen. Die Ministerin erklärte dazu, sie stehe im ständigen Austausch mit der Wirtschaft. Sie verwies zudem auf bestehende Förderprogramme, die das Land unabhängiger von Lieferungen aus dem Ausland machen sollen. Als Beispiel nannte sie die Batterieproduktion. Forderungen nach einem Exportstopp für kritische Güter erteilte die Ministerin eine Absage.
Aufgrund voneinander getrennter Anträge der Fraktionen von SPD und AfD diskutierte der Ausschuss die weiteren Entwicklungen beim umstrittenen Baden-Württemberg-Pavillon auf der Expo Dubai. Dabei ging es insbesondere um den Kostenrahmen. Nach Angaben vom Ministerin Dr. Hoffmeister-Kraut beläuft sich die Kostenschätzung für den Pavillon derzeit auf bis zu 17,74 Millionen Euro, von denen das Land maximal 15,07 Millionen Euro zahlen müsse.
Die SPD habe kritisiert, dass es der Ministerin nicht gelinge, den Schaden für das Land zu verringern, berichtete der Ausschussvorsitzende Dr. Schweickert. Die Ministerin wies die Kritik zurück.
Auf Antrag der FDP/DVP diskutierte der Ausschuss zudem intensiv über die geplante Unterstützung der Entwicklung einer Husten-App durch das Ministerium im Wege einer Einzelprojektförderung. Mit dieser Husten-App sollen Menschen in ihr Smartphone husten. Am Klang des Hustens soll dann erkannt werden, ob sie mit dem Coronavirus infiziert sind, auch wenn sie (noch) keine Symptome haben.
Die Liberalen zeigten sich nach Angaben von Dr. Schweickert verwundert darüber, dass die Förderung nicht über das bestehende Programm InvestBW laufen solle. Dies hätte mehr Transparenz gebracht. Die SPD monierte nach Angaben des Ausschussvorsitzenden, dass die Fördermittel im jüngsten Nachtragshaushalt versteckt worden seien. Auch die SPD griff den Vorwurf mangelnder Transparenz auf. Die Wirtschaftsministerin zeigte sich verwundert. Eine Förderung über InvestBW sei aus formalen Gründen nicht möglich gewesen. Die gewählte Einzelprojektförderung sei durchaus üblich. Es handle sich um ein vielversprechendes Vorhaben zur Bekämpfung der Corona-Pandemie. Die Technik sei durch Rückgriff auf künstliche Intelligenz zukunftweisend. Im Übrigen verwies die Ministerin darauf, dass die Förderung noch nicht abschließend genehmigt sei.
Nach Angaben des Vorsitzenden Dr. Schweickert bewilligte der Ausschuss eine Finanzhilfe in Höhe von 100.000 Euro für die von Bund und Land gemeinsam finanzierte Kerntechnische Entsorgung Karlsruhe (KTE). Die Hilfe wird zur Absicherung möglicher gesetzlicher Schadenersatzverpflichtungen im Rahmen einer zu verlängernden Garantieerklärung gewährt. Der Bund hatte seine Garantieerklärung in Höhe von 900.000 Euro bereits verlängert.
Verkehrsausschuss diskutiert über Stuttgarter Busline X1
Stuttgart. Darf die Stadt Stuttgart die wenig genutzte Schnellbuslinie X1 stoppen, obwohl der Betrieb der Linie Bestandteil des Luftreinhalteplans des Landes ist? Darüber hat der Verkehrsausschuss in seiner Sitzung am Donnerstag, 23. September, in öffentlicher Sitzung beraten.
Der Ausschuss befasste sich auf Antrag der FDP/DVP-Fraktion mit der Linie X1, die zwischen Bad Cannstatt und der Stuttgarter Innenstadt verkehrt. Die Liberalen fordern in ihrem Antrag einen sofortigen Stopp der Linie. Diese werde von zu wenigen Menschen genutzt und bremse durch die eigens für sie reservierte Fahrspur den übrigen Verkehr auf einer wichtigen Innenstadtachse aus.
Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) wies die Forderung vor dem Ausschuss zurück. Die Schnellbuslinie mit dem dazugehörigen Sonderfahrstreifen habe mit dazu beigetragen, die Luftqualitätsgrenzwerte am Stuttgarter Neckartor einzuhalten. Da dies derzeit nur knapp gelinge, sei es nicht angezeigt, auf die Linie zu verzichten. Sie reduziere nachweislich den Individualverkehr mit Pkw und bleibe deshalb Bestandteil des Luftreinhalteplans für die Landeshauptstadt. Damit kann die Stadt Stuttgart die Buslinie nicht eigenmächtig stoppen.
Nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Rüdiger Klos (AfD) pflichteten die Fraktionen von Grünen und CDU dem Verkehrsminister bei. Die SPD wollte laut Klos von Hermann wissen, ob das Land nicht einen finanziellen Beitrag zur Linie leisten könne, wenn diese der Stadt schon per Luftreinhalteplan vorgeschrieben werde. Der Minister verneinte und verwies darauf, dass die Stadt selbst die Linie seinerzeit zur Aufnahme in den Plan vorgeschlagen habe, um die Luftqualität zu verbessern. Im Übrigen enthalte der Plan viele Maßnahmen, die deutlich teurer seien.
Wie der Ausschussvorsitzende Rüdiger Klos weiter berichtete, erkundigten sich die Liberalen, ob es der Stadt möglich sei, den Sonderfahrstreifen für eine anderweitige Nutzung freizugeben – durch E-Autos und Fahrräder beispielsweise. Der Minister erklärte, dies sei prinzipiell möglich. Die Vorgaben des Luftreinhalteplans seien aber in jedem Fall einzuhalten.
Nach Angaben von Klos wollte die AfD-Fraktion vom Verkehrsminister wissen, welchen spezifischen Beitrag die Buslinie X1 für die Verbesserung der Luftqualität leiste. Hermann erklärte dazu, es sei klar, dass die Linie im Sinne der Luftverbesserung wirke. Der Beitrag sei aber nicht genau zu beziffern, da am Neckartor verschiedene Maßnahmen zur Luftreinhaltung ergriffen worden seien, darunter auch Luftfilter. Es sei nicht möglich, den spezifischen Beitrag der Linie X1 herauszurechnen.
160 Stellen zur Entlastung von Schulleitern bewilligt
Stuttgart. Der Ausschuss für Kultus, Jugend und Sport hat sich in seiner Sitzung am Donnerstag, 23. September 2021, auf Antrag der SPD-Fraktion mit den Ursachen für nicht besetzte Schulleitungsstellen im Land befasst. Wie die Ausschussvorsitzende Petra Häffner (Grüne) mitteilte, habe die SPD das Kultusministerium um Stellungnahme gebeten, da in den vergangenen Wochen in der Presse vermehrt über nicht besetzte Schulleitungsposten im Land berichtet worden sei.
Nach Aussage von Kultusministerin Theresa Schopper hätten Schulleitungen während der ganzen Corona-Phase ein dickes Brett stemmen müssen, so Häffner. Dazu kämen hohe Zahlen an Überlastungsanzeigen durch Schulleiter. „Jetzt sind 160 neue Stellen im Haushalt bewilligt“, berichtete die Ausschussvorsitzende.
Einigkeit herrschte im Ausschuss nach Angaben der Vorsitzenden darüber, dass Schulleiter während der Pandemie besonders unter Druck standen und es dem Beruf an Attraktivität mangele. Die Opposition betonte, dass einige Schulleiter gar die Sommerferien durcharbeiten mussten und viel Arbeitszeit auch in die Beantwortung von Briefen, beispielsweise von Corona-Skeptikern, fließe. Nach Angaben des Ministeriums habe es zwischen März 2020 und Juli 2021 in allen Regierungsbezirken 72 schriftliche Überlastungsanzeigen von Schulleitern gegeben, sowie weitere, die mündlich geäußert wurden. „Schulleitungen machen einen unglaublichen Job. Sie entscheiden darüber, welcher Spirit an einer Schule gelebt wird“, fasste Häffner die Aussagen der Ministerin zusammen. Daher sei es wichtig, dass Schulleitungen auch bei der Stärkung ihrer Führungskompetenzen unterstützt würden. Dafür wurde ein spezielles Coaching-Programm gestartet, bei dem Schulleiter ihre Softskills und Managementqualitäten stärken können.
Die Opposition appellierte an das Kultusministerium, das, was im Schulleitungspaket versprochen wurde, jetzt umzusetzen und Schulleitungen vor allem im Krisenmanagement zu unterstützen und auch bei den Lernbrücken nicht allein zu lassen, fasste Petra Häffner zusammen. Dazu sei ein Entlastungspaket notwendig. Die Entlastung und Unterstützung der Schulleiter habe einen hohen Stellenwert für die Landesregierung, habe die Kultusministerin Häffners Angaben zufolge bestätigt. Dazu zählten vor allem die umgesetzten besoldungsrechtlichen Verbesserungen aus dem ersten Teil des Schulleitungspakets für rund 2.600 betroffene Personen sowie die Schaffung von rund 1.000 neuen Funktionsstellen. Zudem gebe es für (kommissarische) Schulleiterinnen und Schulleiter, die zwischen März 2020 und November 2020 eine Schule geleitet hätten, eine einmalige Leistungsprämie in Höhe von 600 Euro.
Überdies seien im Haushalt 160 Stellen zur Entlastung und Unterstützung von Schulleitern bewilligt worden, so die Ausschussvorsitzende. Um Schulleiter weiter zu unterstützen, habe das Kultusministerium zudem eng mit dem Wissenschaftsministerium zusammengearbeitet. So hätten Lehramtsstudierende an Schulen sowohl bei Lernbrücken als auch bei dem Programm Bridge the Gap unterstützt.
Weiter würden Schulleiter in ihrer Führungsposition unterstützt, wenn ihnen Aufgaben wie Lehrveranstaltungen abgenommen werden, so etwa durch Lehramtsabsolventen in Bereich Englisch. Diese könnten auch an Grundschulen unterrichten und hätten später wieder die Möglichkeit an Gymnasien zu wechseln. Ebenso habe sich das Kultusministerium offen gezeigt für neue Konzepte, um Lehrkräfte schneller zu rekrutieren.
Nach Angaben des Kultusministeriums waren in Baden-Württemberg mit Stand vom 26. Juli 2021 in Summe 178 Schulleiterstellen vakant. Mehr als die Hälfte davon an Grundschulen. Mit 107 freien Stellen habe es dort den höchsten Bedarf an Schulleitungskräften gegeben. Unter den Regierungsbezirken habe es vor allem in Stuttgart an Schulleitern gemangelt (86 unbesetzte Stellen, davon 47 an Grundschulen). Entspannter habe sich die Lage in anderen Schularten gezeigt – wie an Hauptschulen bzw. Werkrealschulen (3 Stellen), Realschulen (10 Stellen) oder auch Gymnasien (7 Stellen). Größerer Schulleitermangel habe dem Bericht des Ministeriums zufolge mit 30 vakanten Stellen an Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren (kurz: SBBZ) geherrscht. Im Vergleich zum Vorjahr hätten sich die Zahlen jedoch bereits deutlich reduziert und einen rückläufigen Trend gezeigt.
Innenausschuss befasst sich mit Situation von Notfallsanitätern
Stuttgart. Der Innenausschuss des Landtags hat sich in seiner Sitzung am Mittwoch, 22. September 2021, auf Antrag der Grünen-Fraktion mit der Situation von Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitätern (NotSan) befasst. Grund dafür sind Rechtsunsicherheiten bei der Anwendung der erweiterten Kompetenzen, sagte die stellvertretende Vorsitzende des Gremiums, die Grünen-Abgeordnete Andrea Schwarz.
Das Notfallsanitätergesetz trat 2014 in Kraft. In einer dreijährigen Ausbildung erlernen die Auszubildenden fundierte medizinische Kenntnisse der Notfallrettung. Diese Ausbildung ersetzt die bisherige zweijährige Ausbildung zum Rettungsassistenten. In der Praxis könnten die dort erlernten erweiterten Kompetenzen jedoch nicht rechtssicher angewendet werden. Auch mit der Änderung des Gesetzes im Frühjahr 2021 im Bund sei die Rechtunsicherheit erhalten geblieben. Derzeit arbeiten die Bundesländer an Delegationskonzepten, um die 2C-Maßnahmen zu definieren. Konkret gehe es um Anwendung heilberuflicher Tätigkeiten. Wendet ein Notfallsanitäter diese Maßnahmen in bestimmten Situationen an, mache er sich unter Umständen strafbar, sagte die stellvertretende Vorsitzende.
Da das Notfallsanitätergesetz unmittelbar geltendes Bundesrecht sei, bedürfe es keines weiteren Umsetzungsaktes in den Ländern. Daher könnten weder das Land noch eines der landesweiten Gremien im Rettungsdienst weitergehende Vorgaben zu dieser Norm erlassen. Die konkrete Umsetzung in der Praxis liege damit in den Händen der Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitäter und der Leistungsträger als Arbeitgeber. Das Ländergremium Ausschuss Rettungswesen berate derzeit eine gemeinsame Stellungnahme zu dem neuen Paragraf 2a.
Außerhalb der Vorgaben des Paragraf 2a können die Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitäter heilkundliche Maßnahmen im Rahmen der Mitwirkung eigenständig durchführen, die von verantwortlichen Ärztinnen oder Ärzten für bestimmte notfallmedizinische Zustandsbilder und -situationen standardmäßig vorgegeben, überprüft und verantwortet werden. Diese sogenannte Vorab-Delegation erfordere als Grundlage für die Behandlung jeweils festzulegender, standardisiert beschriebener Fälle vorgelagerte ärztliche Entscheidungen, die in sogenannten Standardarbeitsanweisungen festgehalten werden. Das Innenministerium sei bestrebt, eine landesweit einheitliche Implementierung der Vorab-Delegation umzusetzen. Unter Vorsitz des Landes erarbeite eine Arbeitsgruppe die für die Einführung auf Landesebene notwendigen Regelungen und Prozesse. Schwarz forderte das Innenministerium auf, die Expertise des Berufstandes der Notfallsanitäter besser in die Arbeit des Gremiums einfließen zu lassen.
Finanzausschuss genehmigt Verkauf von Grundstück an Luft- und RaumfahrtzentrumWeitere Themen: Personalsituation beim VB-BW und Denkmalpflege
Stuttgart. Der Finanzausschuss des Landtags hat sich in seiner Sitzung am Donnerstag, 23. September 2021, unter anderem mit dem geplanten Verkauf eines landeseigenen Grundstücks in Ulm, der Organisation des Landesamts für Denkmalpflege und der personellen Situation beim Landesbetrieb Vermögen und Bau befasst. Das teilte der Vorsitzende des Gremiums, der SPD-Abgeordnete Martin Rivoir, mit.
Nach Angaben Rivoirs stimmte der Ausschuss einstimmig für den Verkauf eines Grundstücks auf dem Oberen Eselsberg in Ulm an das Deutsche Luft- und Raumfahrtzentrum (DLR). Bei der Fläche handele es sich um Teile des im Dezember 2020 erworbenen ehemaligen Forschungsareals der Firma Daimler. Dieses sei damals vom Land zur Sicherstellung der künftigen räumlichen Entwicklung der Universität und des Universitätsklinikums und mit Blick auf das Interesse des DLR gekauft worden. Durch den Verkauf der Teilflächen, die nicht für Hochschulzwecke oder das Uniklinikum benötigt werden, werde vor allem die Ansiedelung des Instituts für Quantentechnologien und des Instituts für KI-Sicherheit des Luft- und Raumfahrtzentrums ermöglicht, so Martin Rivoir.
Die Ansiedlung der Institute sei eine wesentliche Säule im Rahmen der Strategie des Landes, die Zukunftstechnologien Digitalisierung, Künstliche Intelligenz, Wasserstoff, Brennstoffzellen sowie Quantentechnologien in die Anwendung zu bringen. Dies sei von überragender Bedeutung für den Wissenschafts- und Wirtschaftsstandort Baden-Württemberg. Das zu verkaufende Grundstück umfasse eine Fläche von rund 37.330 Quadratmeter inklusive der Bestandsbebauung. Dazu zählten unter anderem vier Büro- und Laborgebäuden sowie ein Konferenz- und Kantinengebäude.
Außerdem befasste sich das Gremium mit der personellen Situation beim Landesbetrieb Vermögen und Bau. „Aufgrund der fortdauernden Sanierungsbedürftigkeit und zur Weiterentwicklung unserer Landesliegenschaften ist eine bedarfsgerechte Personalausstattung unumgänglich“, sagte der Vorsitzende, der die Lage als „dramatisch“ bezeichnete. Der Ausschuss habe aufgrund von mehr als 100 unbesetzten Stellen die Sorge geäußert, dass das Amt Planung und Umsetzung wichtiger Klimaschutz-, Bau- und Sanierungsmaßnahmen in den nächsten Jahren möglicherweise nicht bewältigen könne. Der Ausschuss habe daher darauf gedrängt, die Attraktivität des öffentlichen Dienstes als Arbeitgeber weiter zu stärken, so Rivoir.
Des Weiterem beriet der Ausschuss über die Organisation des Landesamts für Denkmalpflege. Der Südwesten verfüge über einen reichlichen Bestand an Denkmalen. Derzeit seien beim Landesamt rund 116.000 Denkmale erfasst, davon 90.000 Baudenkmale und 26.000 archäologische Denkmale. Der Rechnungshof hatte beim Landesamt für Denkmalpflege inklusive der unteren Denkmalschutzbehörden eine Organisationsüberprüfung durchgeführt. Die Prüfer schlugen daraufhin vor, Geschäftsprozesse zu verbessern, Schwerpunkte zu setzen und damit auch den Personaleinsatz zu optimieren.
Der Finanzausschuss beschloss laut Rivoir auf Empfehlung des Rechnungshofs unter anderem, für die Steuerung der Denkmalpflege und des Denkmalschutzes verstärkt Aufgabenschwerpunkte zu bilden, den Personaleinsatz danach auszurichten und Bearbeitungsstandards festzulegen. Zudem stimmte das Gremium für eine zeitnahe landesweite Einführung des Verfahrens der sogenannten „vorweggenommenen Anhörung“. Darüber hinaus hätten die Abgeordneten beschlossen, die fachliche Unterstützung der unteren Denkmalschutzbehörden zu optimieren sowie im Dialog mit den Kommunalen Landesverbänden zu prüfen, ob eine regionale Bündelung von Fachkompetenzen zu einer verbesserten Aufgabenwahrnehmung führen könnte. Außerdem solle der Einsatz von Software FöBIS für das Denkmalförderprogramm geprüft werden.
Landwirtschaftsausschuss diskutiert die regionale Lebensmittelversorgung und -vermarktung
Stuttgart. Das Thema „regionale Lebensmittelversorgung“ gewinnt in der öffentlichen Diskussion und Wahrnehmung zunehmend an Bedeutung. Der Anteil der als regional vermarkteten Lebensmittel liegt geschätzt bei knapp zehn Prozent und bietet Potenzial für Wachstum. In der Sitzung am Mittwoch, 22. September 2021, diskutierten die Mitglieder des Ausschusses für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz auf Antrag der FDP/DVP-Fraktion mögliche Maßnahmen zum Aufbau und zur Stärkung regionaler Wertschöpfungsketten. „Die Entscheidung für regionale, qualitativ hochwertige Lebensmittel an der Theke kommt Bäuerinnen und Bauern zugute“, erklärte der Vorsitzende des Gremiums, Martin Hahn (Grüne). „Kurze Transportwege und nachhaltige regionale Produktion liefern außerdem einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz.“
„Wird ein Lebensmittel mit Angaben zur Herkunft oder Begriffen wie ‚regional‘ vermarktet, muss auch ein regionaler Bezug bestehen“, betonte Hahn. Es gebe darüber hinaus weitere Merkmale, an denen sich die Verbraucherinnen und Verbraucher orientieren könnten, zum Beispiel das Qualitätszeichen Baden-Württemberg oder das Bio-Zeichen Baden-Württemberg.
Nach Aussage des Vorsitzenden hat die Nachfrage nach regionalen Lebensmitteln und Waren in den vergangenen Jahren zugenommen. Insbesondere als sich während der Corona-Pandemie weniger Menschen außer Haus verpflegt haben – zum Beispiel in Betriebskantinen oder allgemein im Restaurant –, habe sich der Trend zu regionalen Produkten noch einmal gesteigert. Dennoch liege der Anteil regionaler Lebensmittel geschätzt bei nicht mehr als zehn Prozent. Landwirtschaftsminister Peter Hauk begründete dies in der Sitzung des Gremiums damit, dass sich Verbraucherinnen und Verbraucher hauptsächlich über den klassischen Lebensmitteleinzelhandel, zum Beispiel den Discounter, versorgen würden. Deren Sortiment umfasse klassischerweise eine Vielzahl nicht-heimischer Produkte. Zudem führten die zentralisierten Strukturen der Handelsunternehmen dazu, dass nach wie vor ein regionaler Bezug und Handel mit Lebensmitteln nur in eingeschränktem Umfang stattfinden würde. Im Facheinzelhandel sei der Anteil regionaler Produkte etwas höher, jedoch gebe es auch dort die Notwendigkeit, Kundinnen und Kunden ganzjährig ein möglichst breites und tiefes Warensortiment anzubieten. Den höchsten Anteil regionaler Produkte böten Erzeugerinnen und Erzeuger direkt auf ihren Höfen sowie auf Wochenmärkten. Diese seien zwar ein sehr kleines Segment, spielten für den jeweils einzelnen Betrieb aber eine wichtige Rolle.
„Um diesen Anteil zu steigern, fördert die Landesregierung die regionale Vermarktung und damit die Höfe im Land über einen bunten Blumenstrauß an Maßnahmen“, erklärte Hahn. Dabei sei es besonders wichtig, dass Regionalvermarktung über die gesamte Wertschöpfungskette gedacht werde und alle Glieder miteinbezogen würden – vom Hof, auf dem Produkte erzeugt werden, über das Lebensmittelhandwerk und Vermarktungsbetriebe bis hin zur Gastronomie. So würden Bio-Musterregionen ausgewiesen, in denen die ökologische Landwirtschaft entlang regionaler Wertschöpfungsketten gestärkt werde. Weitere Beispiele dieser Förderung seien die Qualitätsprogramme des Landes mit den Siegeln QZBW und BioZBW, mit denen qualitativ hochwertige und regional erzeugte Produkte in der Vermarktung nachvollziehbar und transparent gegenüber Handel sowie Verbraucherinnen und Verbrauchern kommuniziert würden – unter anderem über die Kampagne „Natürlich. Von daheim“. Zudem habe man mit dem Programm „Schmeck den Süden“ die Gastronomie und Hotellerie miteinbezogen.
Wie im grün-schwarzen Koalitionsvertrag vereinbart, sind zudem weitere Förderungen in Aussicht, zum Beispiel die Einführung eines Qualitätszeichens „Streuobst aus BW“. Dieses Zeichen soll auf Produkte aufmerksam machen, die aus Rohstoffbasis Früchte der für Baden-Württemberg typischen Kulturlandschaft Streuobstwiese enthalten, um solche Produkte künftig breiter zu vermarkten.
Christine Werner tritt Amt als Direktorin an
Stuttgart. Die Richterin Christine Werner hat am heutigen Mittwoch, 22. September 2021, ihr Amt als Direktorin des Landtags von Baden-Württemberg angetreten. „Ich freue mich sehr, dass erstmals eine Frau an der Spitze der Landtagsverwaltung steht“, sagte Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) anlässlich des Amtsantritts. Zuvor hatte das Präsidium in seiner Sitzung am Dienstagabend der Berufung von Christine Werner zur Ministerialdirektorin beim Landtag zugestimmt. Werner war nach Stationen als Präsidialrichterin am Oberlandesgericht Stuttgart und Vorsitzende einer Strafkammer am Landgericht Ulm zuletzt Direktorin des Amtsgerichts Ulm.
Die Landtagsverwaltung untersteht der Landtagspräsidentin. In deren Auftrag führt die Landtagsdirektorin die Landtagsverwaltung. Christine Werner bringt für diese Aufgabe eine große Verwaltungs- und Führungserfahrung mit. „Auch der Landtag steht vor Herausforderungen und Veränderungen. Mit Christine Werner haben wir eine qualifi-zierte Juristin gefunden, um diese Aufgaben zu meistern“, so Aras.
Christine Werner ist parteilos. Sie studierte nach einem Sozialen Jahr Rechtswissenschaften an der Universität Augsburg. 1994 legte sie ihr zweites Staatsexamen in Bayern ab und trat im selben Jahr in die baden-württembergische Justiz ein. Nach Ver-wendungen beim Landgericht und bei der Staatsanwaltschaft Ellwangen war sie bei den Amtsgerichten Heidenheim und Ulm und später beim Landgericht Ulm (Zivilrecht) tätig, dort auch als Referendarausbilderin.
2003 und 2004 war Christine Werner wissenschaftliche Mitarbeiterin am Bundesverfassungsgericht (1. Senat bei Frau Dr. Renate Jaeger und später Dr. Reinhard Gaier) und anschließend bis 2006 Präsidialrichterin am Oberlandesgericht Stuttgart (bei Herrn Präsidenten Eberhard Stilz). Darauf folgte eine Tätigkeit als Vorsitzende einer Strafkammer am Landgericht Ulm. Von Dezember 2008 bis November 2017 war sie Direktorin des Amtsgerichts Heidenheim und von Dezember 2017 bis Oktober 2020 Direktorin des Amtsgerichts Schwäbisch-Gmünd. Seither war sie Direktorin des Amtsgerichts Ulm.
Experten begrüßen Klimaschutzziele, halten diese aber mit dem Gesetz für schwer erreichbar
Stuttgart. Baden-Württemberg will den Weg zur Klimaneutralität deutlich be-schleunigen. Aus diesem Grund soll das Klimaschutzgesetz an neue Vorgaben angepasst werden. Der Ausschuss für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft hat daher am Montag, 20. September 2021, in einer öffentlichen Anhörung Experten zum Entwurf des Gesetzes zur Änderung des Klimaschutzgesetzes angehört. „Klimaschutz ist ein brandaktuelles Thema“, sagte der Vorsitzende des Gremi-ums, der Abgeordnete Daniel Karrais (FDP/DVP). „Es ist auch eine Freiheitsfrage für uns und künftige Generationen. Wir entscheiden darüber, wie sich das Leben in Zukunft auf der Welt gestaltet.“
Nach Angaben von Karrais ist das Interesse am Klimaschutz enorm. „Mehr als 70 Ver-bände und Institutionen haben zum Klimaschutzgesetz schriftlich Stellung genommen“, so der Vorsitzende. In der öffentlichen Sitzung hätten Verbände deutlich mehr Tempo beim Ausbau der erneuerbaren Energien, die Schaffung eines Transportsystems für Wasserstoff und die Auflösung von Konflikten mit dem Artenschutz angemahnt. Kritik habe es öfters an der Ausgestaltung des Zwei-Prozent-Flächenziels gegeben.
Das überarbeitete Klimaschutzgesetz solle nicht nur eine Reduzierung von Treibhaus-gasemissionen bezwecken, sondern die Klimaneutralität im Land zum Ziel haben, sagte Karrais. Als langfristiges Ziel löse die Netto-Treibhausgasneutralität bis zum Jahr 2040 das seither bestehende Reduktionsziel von 90 Prozent bis zum Jahr 2050 ab. Die Lan-desverwaltung solle eine Vorbildfunktion einnehmen und sich bereits bis zum Jahr 2030 klimaneutral organisieren. Hier gebe es dringenden Nachholbedarf, so Karrais.
Um das Ziel zu erreichen, sehe der Gesetzentwurf eine ganze Reihe an Maßnahmen vor: So solle die bereits eingeführte Pflicht zur Installation von Photovoltaikanlagen auf Dächern neben den Nichtwohngebäuden nunmehr auch auf Neubeuten von Wohnge-bäuden erstreckt werden. Zudem solle die PV-Pflicht in einem weiteren Schritt auch bei grundlegenden Dachsanierungen von Gebäuden greifen. Für die ebenfalls schon beste-hende PV-Pflicht auf Parkplätzen solle der Schwellenwert für deren Anwendung von 75 Stellplätzen auf 35 Plätze abgesenkt werden.
In der öffentlichen Anhörung sagte der Direktor der Stiftung Klimaneutralität, Rainer Baake, das von Baden-Württemberg anvisierte Ziel sei „sehr ehrgeizig“. Voraussichtlich werde das Land das Ziel in der „extrem kurzen Zeit“ nicht ganz erreichen. Die Landesregierung solle sich im Bundesrat dafür einsetzen, dass die Bundesgesetze so ausgestaltet werden, damit sie das Ziel unterstützen und nicht konterkarieren. Ein wesentlicher Faktor auf dem Weg sei die Herstellung und die Nutzung von großer Mengen grünem Wasserstoff. Insbesondere müsse überlegt werden, wie der Wasserstoff und der Strom aus dem Norden in den Süden transportiert werden könne.
Der Verbandsdirektor Prof. Dr. Gerd Hager vom Regionalverband Mittlerer Oberrhein begrüßte die Klimaschutzziele ebenfalls, kritisierte jedoch viel zu lange Planungs- und Genehmigungsverfahren etwa bei der Windenergieplanung. Er forderte schnellere Verfahren, klare Vorgaben für die Regionen, einen verbesserten Rechtsrahmen, mehr Personal bei den Genehmigungsbehörden und eine Auflösung von Flächenkonflikten (z.B. Windkraft vs. Artenschutz).
Die Landesvorsitzende des BUND Baden-Württemberg, Sylvia Pilarsky-Grosch, be-zeichnete den Gesetzentwurf als unzureichend. Was an Vorgaben vorliege, sei nicht ausreichend. Nötig sei eine Nutzung von drei Prozent der Landesfläche für erneuerbare Energien, zum Beispiel im Verhältnis zwei Prozent Windenergie und ein Prozent Photovoltaik. Die darauffolgende Diskussion mit den Abgeordneten führte neben Fragen zum Konflikt mit dem Artenschutz zu der Frage, ob die Fläche nicht an anderer Stelle fehle, zum Beispiel für die Landwirtschaft,
Der Geschäftsführer des Verbands für Energie- und Wasserwirtschaft, Torsten Höck, empfindet die Klimaschutzziele als „sportlich“. Um die Dekarbonisierung voranzutreiben, brauche es mehr Tempo beim Ausbau etwa von Wind- und Solaranlagen. Auch werde sehr viel schneller Wasserstoff benötigt, um eine Verlagerung der Industrie in den Norden zu verhindern. Kraftwerke mit fossilen Brennstoffen würden weiterhin benötigt. Er mahnte zudem einen schnelleren Ausbau der Übertragungsnetze an.
Gudrun Heute-Bluhm vom Städtetag Baden-Württemberg wies ebenfalls auf Konflikte bei der Flächennutzung, etwa mit dem Artenschutz, hin. Sie plädierte für übergeordnete Abwägungen und Artenschutzpläne des Landes, die landesweit gültig seien. So müssten Streitigkeit nicht in allen Regionen vor Ort ausgetragen werden. Dr. Volker Kek vom gleichnamigen Ingenieurbüro ging auf die Verteilung der CO2-Emmissionen und Ener-giebedarfe ein und wies auf die Dynamik erneuerbarer Energien hin.
Oppenheimer-Auszeichnung für Soziologin Prof. Dr. Bernstein und Pfarrer Dr. Volkmann
Stuttgart. Die Soziologin Prof. Dr. Julia Bernstein und der Pfarrer Dr. Michael Volkmann wurden von der Israelitischen Religionsgemeinschaft Württemberg (IRGW) und dem Landtag von Baden-Württemberg mit der Joseph-Ben-Issachar-Süßkind-Oppenheimer-Auszeichnung geehrt. Sie erhielten den Preis im Rahmen eines Empfangs anlässlich des Jüdischen Neujahrsfestes am Montagabend, 13. September 2021, in der Staatsgalerie in Stuttgart. Mit der Auszeichnung wird herausragendes Engagement in Wissenschaft und Publizistik gegen Minderheitenfeindlichkeit und Vorurteile gewürdigt. Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) erklärte: „Zum Engagement für eine offene Gesellschaft gehört es, Vorurteile zu verhindern, indem wir Menschen die Möglichkeit geben, sich selbst ein Urteil zu bilden.“ Sie würdigte die Preisträger Prof. Dr. Bernstein und Dr. Volkmann als „solche Ermöglicher“.
Ausgewählt wurden die Preisträger von einer Jury, der die Landtagspräsidentin, die IRGW, die fünf Landtagsfraktionen sowie jeweils ein Vertreter der Landesregierung, der Hochschulen und der Medien angehören. Dr. Julia Bernstein lehrt als Professorin für Diskriminierung und Inklusion in der Einwanderungsgesellschaft an der Frankfurt University of Applied Sciences (UAS). Sie wird geehrt für ihre qualitativ-empirischen Forschungen, in denen sie dem Phänomen des Antisemitismus und seinen Ausdrucksformen aus der Perspektive potentieller Opfer nachgeht. Damit sensibilisiere sie Multiplikatoren für die Notwendigkeit eines Perspektivwechsels. Ihre Forschung, heißt es in der Begründung der Jury, helfe, einer Täter-Opfer-Umkehr im Bereich Antisemitismus vorzubeugen und das Vertrauen der jüdischen Menschen in ihr Umfeld und in unsere Gesellschaft zu stärken.
Nur durch das Kennenlernen der jüdischen Geschichte in Deutschland sowie durch Dialog lassen sich Vorurteile gegenüber Jüdinnen und Juden abbauen. Dr. Michael Volkmann leistet hier seinen Beitrag. Als Pfarrer der Evangelischen Landeskirche Württemberg förderte er den Dialog zwischen Christen und Juden und war Mitbegründer des Stuttgarter Lehrhauses, einer Stiftung für interreligiösen Dialog. Er habe dies stets als seine Berufung empfunden, so die Jury in ihrer Begründung: Sein Engagement gehe weit über eine berufliche Pflichterfüllung hinaus, seine unzähligen Vorträge, Aufsätze und organisierte Studienreisen hätten ihn zu einem gefragten Experten gemacht.
An der Preisverleihung nahmen Gäste aus Politik, Wirtschaft, Kultur sowie von Glaubens- und Religionsgemeinschaften teil. Grußworte sprachen neben Landtagspräsidentin Aras auch die IRGW-Vorstandssprecherin Prof. Barbara Traub und der Vizepräsident des Zentralrats der Juden, Abraham Lehrer. Die Laudatoren an dem Abend waren Prof. Dr. Doron Kiesel, Wissenschaftlicher Direktor der Bildungsabteilung des Zentralrats der Juden, und Dr. Michael Blume, Beauftragter der Landesregierung gegen Antisemitismus. Kinder des Jüdischen Kindergartens und der Jüdischen Grundschule in Stuttgart unterhielten die Gäste. Die Veranstaltung wurde per Livestream auf dem YouTube-Kanal der IRGW übertragen.
Die Verleihung des Preises wurde 2015 ins Leben gerufen und findet seitdem alle zwei Jahre statt. Vorherige Preisträgerinnen und Preisträger sind die Amadeu Antonio Stiftung, der Rabbiner Dr. Tovia Ben-Chorin und der Psychologe Ahmad Mansour sowie die ZDF-Journalistin Nicole Diekmann und der Geschichtsforscher Martin Ritter. Die nicht dotierte Auszeichnung besteht aus einer Medaille und einer Urkunde. Entworfen wurde die Medaille von dem jüdischen Künstler Jacob Abitbol aus Schwäbisch Hall. Zentrale Elemente auf der Vorderseite bilden der Davidstern und ein Bildnis Oppenheimers. Die Rückseite zeigt die beiden Logos von Landtag und IRGW.
Opposition: Landesregierung ohne klare Linie in der Corona-Bekämpfung
Stuttgart. Über anstehende Weichenstellungen in der Bekämpfung der Corona-Pandemie hat der Ausschuss für Soziales, Gesundheit und Integration in seiner Sondersitzung am Montag, 9. August, diskutiert. Das außerplanmäßige Treffen fand einen Tag vor der Kon-ferenz der Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten mit Bundeskanzlerin Angela Merkel zur künftigen Anti-Corona-Strategie statt. Die Fraktionen von SPD und FDP/DVP hatten die öffentliche Sondersitzung, die per Livestream übertragen wurde, beantragt. Wegen der Parlamentsferien nahmen viele Ausschussmitglieder hybrid teil.
Der Ausschussvorsitzende Florian Wahl (SPD) betonte, angesichts der zu erwartenden Ent-scheidungen der Konferenz am Dienstag sei es notwendig, den Landtag frühzeitig zu informieren und zu beteiligen. Schließlich gehe es um Beschlüsse, die auch für die Bürgerinnen und Bürger Baden-Württembergs erhebliche Auswirkungen mit sich brächten. Als Beispiel nannte Wahl den weiteren Umgang mit dem Inzidenzwert und mögliche Alternativen bei der Einschätzung der pandemischen Lage, die sich im nahenden Herbst voraussichtlich wieder verschärfen werde. Zu erwarten seien zudem Entscheidungen hinsichtlich der jetzt schon unterschiedlichen Regelungen für geimpfte und genesene sowie getestete Menschen.
Nach Angaben von Wahl kritisierte die SPD in der Sondersitzung jüngste Äußerungen aus der Landesregierung zu einer möglichen Neuausrichtung der Anti-Corona-Strategie. Insbesondere Sozialminister Manfred Lucha (Grüne) habe zuletzt eine ganze Reihe von Vorschlägen unterbrei-tet, die den Eindruck erweckt hätten, dass sie weder innerhalb der Landesregierung noch inner-halb der Grünen abgestimmt worden seien. Als Beispiele wurden Luchas Vorschläge für ein Bundesgesundheitsamt und für eine zentrale Impfbehörde auf Bundesebene genannt. „Was ist bloß mit Lucha los?“, hätten die Sozialdemokraten gefragt.
Mit Unverständnis wurde laut Wahl seitens der SPD auch der Vorschlag von Ministerpräsident Winfried Kretschmann quittiert, wonach es für Nicht-Geimpfte künftig keine kostenlosen Tests mehr geben solle. Es sei verwirrend, wenn Grünen-Bundeschef Robert Habeck am selben Tag das Gegenteil erkläre. Solche Widersprüche seien nicht geeignet, das Vertrauen der Menschen in die Anti-Corona-Maßnahmen zu stärken, hieß es dazu nach Angaben Wahls von der SPD.
Die FDP/DVP schloss sich nach den Worten des Ausschussvorsitzenden der SPD an. Die Lan-desregierung gehe am Dienstag offensichtlich nicht mit einer klaren Linie in die Konferenz mit den übrigen Länderregierungschefs und der Kanzlerin. Ebenso wie die SPD sprachen sich die Liberalen laut Wahl dafür aus, künftige Maßnahmen nicht mehr allein auf die Sieben-Tage-Inzidenz zu gründen, sondern verstärkt den Hospitalisierungsindex zu berücksichtigen, der die Auslastung der Kliniken in den Blick nimmt. Zudem forderten die Liberalen nach Angaben von Wahl, alles dafür zu tun, dass die Schulen im kommenden Herbst geöffnet bleiben können.
Sozialminister Lucha wies in der Sondersitzung Vorhaltungen, die Landesregierung spreche nicht mit einer Stimme, zurück. Man habe sich intensiv abgestimmt. So habe die Regierung das klare Ziel, bei der Betrachtung der Pandemie einen neuen Blickwinkel einzunehmen. Es sei nicht mehr zu rechtfertigen, allein auf die Infektionszahlen zu schauen. Künftig müsse man verstärkt die Auslastung insbesondere der Intensivbetten berücksichtigen. Nach Angaben von Wahl stimmte die CDU dem in der Sondersitzung zu.
„Bis zum 15. September sollen alle Bürgerinnen und Bürgern in Baden-Württemberg, die sich impfen lassen können, ein Impfangebot erhalten haben. Danach sollte es einen Paradigmen-wechsel in der Bekämpfung der Corona-Pandemie geben“, sagte Lucha in Anspielung auf die von ihm geforderte Abkehr vom Inzidenzwert. Ab dem 15. September sei es nach seiner Über-zeugung nicht mehr vertretbar, vollständig geimpften Menschen bürgerliche Freiheiten vorzuent-halten.
Lucha äußerte sich auch zu den Schulen. Er spreche sich dafür aus, die Schulen unbedingt offen zu halten. Wenn es einen Corona-Fall gebe, sollte nur der betroffene Schüler oder die betroffene Schülerin in Quarantäne gehen müssen, so der Minister. Alle übrigen Klassenmitglieder sollten dann täglich getestet werden.
Nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Florian Wahl äußerte die AfD die Befürchtung, dass eine „Impfpflicht durch die Hintertür“ vorbereitet werde. Jede Ungleichbehandlung von Geimpften und Genesenen auf der einen sowie Nicht-Geimpften auf der anderen Seite verstoße gegen das Grundgesetz.
Anträge auf Finanzhilfen in Höhe von rund 10 Millionen Euro bewilligt
Stuttgart. Fünf Einzel- und zwei Verbundfinanzhilfeanträge von insgesamt 14 Unternehmen und zwei Forschungsinstituten aus Baden-Württemberg hat der Wirtschaftsausschuss des Landtags in seiner Sondersitzung am Montag, 26. Juli, bewilligt. Das Fördervolumen beträgt 9,876 Millionen Euro. Die Gelder fließen aus dem Förderprogramm Invest BW der Landesregierung für Investitions- und Innovationsvorhaben.
Das Programm Invest BW unter Federführung des Wirtschaftsministeriums unterstützt Unternehmen schnell und unbürokratisch bei Investitionen in Zukunftstechnologien. Es soll dabei helfen, die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie zu bewältigen. Das Programm startete am 15. Januar 2021. Bis zum 16. April gingen Förderanträge mit einem Volumen von insgesamt 159 Millionen Euro ein. Über die Förderanträge entscheidet das Ministerium. Bei besonders bedeutsamen Vorhaben und einem Fördervolumen von mindestens 500.000 Euro wird ein Fachbeirat eingeschaltet. Die Bewilligung dieser großen Fördermittel obliegt dem Wirtschaftsausschuss.
Nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Dr. Erik Schweickert (FDP/DVP) stimmte der Ausschuss einstimmig der Förderung folgender Projekte zu:
Unternehmen | Projektvorhaben | Fördersumme |
Verbundvorhaben: „HEXOBAU“ BEC GmbH, Koordinauten GmbH, Pforzheim Fraunhofer IPA, Stuttgart |
Investition in die Entwicklung eines leichten mikrohydraulischen Exoskeletts zur Entlastung von Bauhandwerkern |
1.946.765 € davon 895.833 € BEC GmbH |
Verbundvorhaben: „X-Forge: Smart Factory as a Service (FABaaS)” ACD Elektronik GmbH, Achstetten STOPA Anlagenbau GmbH, Achern-Gamshurst J. Schmalz GmbH, Kinemic GmbH, Umlaut, SICK AG, Fraunhofer IAO, Fraunhofer IPA, Stuttgart |
Investitionen in den Aufbau einer flexiblen Outsourcing-Produktion, in dem Fertigungsunternehmen als Kunden jeden einzelnen Produktionsschritt modular zusammenstellen und erwerben können |
3.867.256 € |
ZTO Zerspanungstechnik Ostertag GmbH, |
Investition in eine moderne und ressourcenschonende Rundtaktmaschine zur Bearbeitung von Metallteilen |
565.890 € |
Weleda Immobilien GmbH, |
Investition in den Neubau eines Logistikcampus für den nationalen und internationalen Versand |
1.000.000 € |
cellcentric GmbH & Co. KG, Kirchheim u. Teck |
Investition in ein innovatives Testfeld für den Dauerbetrieb von Brennstoffzellenkomponenten |
1.000.000 € |
Wirthwein GmbH & Co. KG, Creglingen |
Investition in die Fertigung von Kunststoffteilen für die Autoindustrie |
763.172 € |
YOU MAWO GmbH, |
Investition in die vollautomatisierte Produktion von individuellen Brillenfassungen |
733.376 € |
Christine Werner soll neue Direktorin des Landtags werden
Stuttgart. Landtagspräsidentin Muhterem Aras beruft die Richterin Christine Werner zur neuen Direktorin des Landtags von Baden-Württemberg. Die 55-Jährige ist nach Stationen als Präsidialrichterin am Oberlandesgericht Stuttgart und Vorsitzende einer Strafkammer am Landgericht Ulm derzeit Direktorin des Amtsgerichts Ulm. Sie soll ihre neue Leitungsaufgabe in der Landtagsverwaltung nach der nächsten Präsidiumssitzung Mitte September antreten.
„Ich freue mich, mit Christine Werner erstmals eine Frau für die Spitze der Landtagsver-waltung gewinnen zu können. Frau Werner ist eine hervorragende Juristin und verfügt über große Verwaltungs- und Führungserfahrung“, sagte Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne). Und weiter: „Der Landtag steht vor großen Herausforderungen. Deshalb war es mir wichtig, mir für die Besetzung dieser verantwortungsvollen Spitzenposition Zeit zu nehmen. Ich freue mich sehr auf die Zusammenarbeit mit Christine Werner.“
Christine Werner ist parteilos. Sie studierte nach einem Sozialen Jahr Rechtswissen-schaften an der Universität Augsburg. 1994 legte sie ihr zweites Staatsexamen in Bayern ab und trat im selben Jahr in die baden-württembergische Justiz ein. Nach Verwendungen beim Landgericht und bei der Staatsanwaltschaft Ellwangen war sie bei den Amtsgerichten Heidenheim und Ulm und später beim Landgericht Ulm (Zivilrecht) tätig, dort auch als Referendarausbilderin.
2003 und 2004 war Christine Werner wissenschaftliche Mitarbeiterin am Bundesverfassungsgericht (1. Senat bei Frau Dr. Renate Jaeger und später Dr. Reinhard Gaier) und anschließend bis 2006 Präsidialrichterin am Oberlandesgericht Stuttgart (bei Herrn Präsidenten Eberhard Stilz). Darauf folgte eine Tätigkeit als Vorsitzende einer Strafkammer am Landgericht Ulm.
Von Dezember 2008 bis November 2017 war sie Direktorin des Amtsgerichts Heidenheim und von Dezember 2017 bis Oktober 2020 Direktorin des Amtsgerichts Schwäbisch-Gmünd. Seither ist sie Direktorin des Amtsgerichts Ulm.
Christine Werner war zeitweilig Mitglied des Richterwahlausschusses. Sie ist aktuell noch Mitglied im geschäftsführenden Vorstand des Deutschen Richterbunds – Bund der Richter und Staatsanwälte – Landesverband Baden-Württemberg. Sie ist zudem Vorstandsmitglied des Vereins G-Recht in Heidenheim.
Als Direktorin beim Landtag von Baden-Württemberg folgt Christine Werner auf Berthold Frieß, der zum 18. Mai 2021 ausschied und ins Verkehrsministerium wechselte. Die Landtagsverwaltung untersteht der Landtagspräsidentin. In deren Auftrag führt die Landtagsdirektorin die Landtagsverwaltung.
Weitere Informationen
Bürgerforum zur Sanierung der Württembergischen Staatstheater stellt Abschlussbericht vor
Stuttgart. Das Bürgerforum zur Sanierung der Württembergischen Staatstheater hat den Mitgliedern des Ausschusses für Wissenschaft, Forschung und Kunst und des Finanzausschusses am Dienstag, 20. Juli 2021, seinen Abschlussbericht und seine Handlungsempfehlungen vorgestellt. „Für ein erfolgreiches Kulturangebot und eine intakte und funktionierende Spielstätte ist es elementar, das Stuttgarter Opernhaus zu sanieren und zu erweitern. Zu diesem Schluss kommt auch das Bürgerforum“, so die Vorsitzende des Wissenschaftsausschusses, Nese Erikli (Grüne), die gemeinsam mit dem Vorsitzenden des Finanzausschusses, Martin Rivoir (SPD), die Sitzung leitete. „Das Land hat bereits vor über einem Jahr die Mittel für das Planungsverfahren freigegeben. Wenn die Stadt als Projektpartner jetzt nachzieht, können die weiteren Planungsschritte beginnen“, betonte Erikli.
„Die Vorstellung des 80-seitigen Abschlussberichts zeigt eindrucksvoll, wie differenziert und sachkundig die Teilnehmenden des Bürgerforums vorgegangen sind. Die erarbeiteten Handlungsempfehlungen sind elementarer Bestandteil für das Projekt Opernsanierung – und darüber hinaus ein großer Gewinn für die Weiterentwicklung der Bürgerbeteiligung in Baden-Württemberg“, stellte die Ausschussvorsitzende fest.
Nach einer kurzen Einführung ins Thema mit Hinweisen zu den Kostendimensionen durch Martin Rivoir, folgte der Bericht des Bürgerforums. Vorgestellt wurde er von Dr. Antje Grobe (Moderatorin) und den Zufallsbürgern Annette Greve, Martina Krauß und Marcus Ilg. Die Schilderung der Arbeitsbedingungen der Mitarbeitenden habe nicht nur die Teilnehmenden am Bürgerforum sehr bewegt. Die Enge und der Zustand von Garderoben, Sanitär- und Proberäumen, Bühnentechnik, Verwaltungs- und Sozialräumen sind einer Spielstätte dieser Größenordnung und Bedeutung in keiner Weise angemessen. Das Bürgerforum unterstreicht: „Alle Mitarbeitenden sollten in diesem Haus optimale Arbeitsbedingungen bekommen.“
Das Bürgerforum sieht fünf verschiedene gegensätzliche Zielsetzungen in der Debatte: 1. Die Bedürfnisse der Künstlerinnen und Künstler, 2. Die Erwartungen der Zuschauer an exzellentes Staatstheater, 3. Die Anliegen des Denkmalschutzes, 4. Die Wünsche der Architekten nach einem spektakulären Bau und 5. Das Ziel einer möglichst schlanken Kostenstruktur angesichts der Belastung der Haushalte. Aus Sicht der Bürgerinnen und Bürger werden die unterschiedlichen Argumente in der Debatte häufig gegeneinander ausgespielt, um eigene Interessen zu verfolgen, anstatt dass Kompromisse gesucht werden. Dabei hätten fast alle Expertinnen und Experten, die vom Bürgerforum gehört wurden, Lösungsmöglichkeiten gezeigt, wie diese Ziele miteinander verbunden werden könnten.
Letztlich spricht sich eine klare Mehrheit des Bürgerforums für die Variante A aus. Der Littmann-Bau sollte die zentrale Opern- und Ballettspielstätte im Herzen von Stuttgart bleiben. Hierzu gehört der Einbau einer Kreuzbühne, die den Denkmalschutz nicht ungehörig verletzt. Wichtig ist auch ein offenes Konzept des Verwaltungsbaus und des Kulissenhauses, das das Ensemble Littmann-Bau und Katharinenstift städtebaulich in die Kulturmeile einbindet. „Es gilt, das einzigartige Kulturangebot der Württembergischen Staatstheater mit internationaler Strahlkraft zu erhalten“, gaben Nese Erikli und Martin Rivoir die Ansicht ihrer Ausschüsse wieder. Die Unwetterschäden der letzten Wochen hätten nochmals deutlich gezeigt, wie fragil das Bauwerk mittlerweile sei und wie schnell dadurch der Spielbetrieb beeinträchtigt werde. „Es muss jetzt losgehen und es muss ein deutliches Signal an die 1.400 Mitarbeitenden geben“, bekräftigte Rivoir.
Darüber hinaus hat das Bürgerforum auch weitere Empfehlungen zum Prozess allgemein gegeben. So sollten die unterschiedlichen Aspekte der bisher geführten Debatte für den Architekturwettbewerb aufgegriffen werden. Die Bürgerinnen und Bürger erwarten, dass die begonnene Planung von der neuen Stadtspitze und dem Land zügig weitergeführt wird. Dazu gehört auch die Berücksichtigung der Empfehlungen des Bürgerforums. „Bürgerinnen und Bürger wollen und sollen sich einmischen, ihre Ideen, ihre Expertise und Lösungsvorschläge in den politischen Entscheidungsprozess einbringen“, so das Fazit von Nese Erikli.
57 Zufallsbürgerinnen und -bürger zwischen 19 und 85 Jahren haben sich von Mitte Dezember 2019 an fünf Freitagen am Online-Format beteiligt. Nach einem Kennenlern-Treffen folgten fünf Foren, in denen gemeinsam mit Experten unter anderem die Gründe für die Sanierung und Erweiterung des Opernhauses, die verschiedenen Standorte und Kosten sowie Lösungswege und Handlungsmöglichkeiten erarbeiteten wurden. Am Ende des Bürgerforums steht der Bericht und ein Votum der Zufallsbürgerinnen und -bürger, das den zuständigen Gremien – u.a. eben auch den Landtags-Fachausschüssen für Wissenschaft, Forschung und Kunst und für Finanzen - vorgelegt wird.
Finanzausschuss stimmt Nachtragshaushalt in Höhe von rund zwei Milliarden Euro zu
Stuttgart. Der Finanzausschuss des Landtags empfiehlt dem Landtagsplenum, dem Nachtragshaushalt 2021 zuzustimmen. Das Gremium stimmte in seiner Son-dersitzung am Freitag, 16. Juli 2021, mit den Stimmen von Grünen und CDU für die Mehrausgaben, die Fraktionen FDP/DVP, SPD und AfD votierten dagegen, teil-te der Ausschussvorsitzende Martin Rivoir (SPD) mit. Das Volumen des Nach-trags beträgt rund zwei Milliarden Euro. „Der Nachtrag steht ganz im Zeichen der Corona-Pandemie. Mit den zusätzlichen Ausgaben sollen vor allem die Folgen der Krise eingedämmt werden“, sagte Rivoir.
Nach Angaben des Vorsitzenden vertraten die Fraktionen unterschiedliche Ansichten darüber, ob sich das Land immer noch in einer Naturkatastrophe befinde oder nicht. Auch sei die Frage debattiert worden, ob der Nachtrag ausreichend genug sei, um die Folgen der Pandemie einzudämmen. Uneinigkeit habe es außerdem bei den geplanten Krediten und deren langer Tilgungszeit gegeben. Die Oppositionsfraktionen befürchteten, dass noch nachfolgende Generationen mit den Krediten zu kämpfen hätten, berichtete Martin Rivoir.
Der Finanzausschuss befasste sich in der Sitzung mit mehreren Änderungsanträgen. Zwei gemeinsamen Anträgen der Fraktionen Grüne, CDU, SPD und FDP/DVP stimmte das Gremium zu, ebenso zwei gemeinsamen Anträgen der Fraktionen Grüne und CDU. So habe das Gremium etwa dem geplanten Neubau eines Forschungsgebäudes mit La-borflächen für die Covid-19-Forschung an der Medizinischen Fakultät der Universität Ulm zugestimmt. Die Baukosten in Höhe von rund vier Millionen Euro sollen mit Mitteln aus der Initiative REACT-EU der Europäischen Union finanziert werden. Mit dem Förderpro-gramm wolle die EU die Folgen der Pandemie abmildern und zur Erholung der Wirtschaft beitragen. Um mit den Bauarbeiten termingerecht beginnen zu können, habe die Maß-nahme dringend im Haushalt veranschlagt werden müssen. Abgelehnt habe der Aus-schuss vier Anträge der SPD-Fraktion, acht Anträge der Fraktion FDP/DVP und zwei Anträge der AfD-Fraktion, so der Ausschussvorsitzende.
Das Gesamtvolumen des Nachtrags beläuft sich Rivoir zufolge auf rund zwei Milliar-den Euro. Darin enthalten seien vor allem Rücklagen mit Schwerpunkt auf die Pandemie-Bekämpfung, etwa für den ÖPNV-Rettungsschirm, die Fortsetzung der Teststrategien an den Schulen, ein möglicherweise längerer Betrieb der Impfzentren und nach Bedarf die Verlängerung von Hilfsprogrammen oder Hilfen für die Kommunen. Gefördert werden sollen beispielsweise auch die Forschungen zu einer „Husten-App“, die anhand von Hust-Geräuschen eine Corona-Infektion diagnostizieren solle. Auch die Kulturbranche solle unterstützt werden.
Enthalten seien zudem Mehrbedarfe der Ministerien, darunter 125 neue Lehrerstellen, ein Zuschuss für die Lernbrücken, das Sofortprogramm Einzelhandel/Innenstadt, Unter-stützung der Hochschulen, Unterstützung des Tourismus und Mittel für das Bundespro-gramm „Aufholen nach Corona – Rückenwind“. Außerdem beinhalte der Nachtrag Kos-ten für neue Stellen bei Regierung und Landtag.
Die Zweite und Dritte Beratung des Nachtragshaushalts ist für die Plenarsitzung am kommenden Mittwoch, 21. Juli 2021, geplant.
Corona-Pandemie hat neue Formen des Extremismus hervorgebracht
Stuttgart. Der Ständige Ausschuss des Landtags hat in seiner Sitzung am Don-nerstag, 15. Juli 2021, über den Verfassungsschutzbericht 2020 beraten. Neben Bedrohungen aus den Bereichen Rechtsextremismus, Linksextremismus und Is-lamistischer Extremismus seien im vergangenen Jahr neue Formen des Extre-mismus durch die Corona-Pandemie hinzugekommen. Alle fünf Fraktionen dank-ten dem Verfassungsschutz für seine Tätigkeit, wie der Ausschussvorsitzende Guido Wolf (CDU) mitteilte.
Die Corona-Pandemie hat neue Formen des Extremismus hervorgebracht. Die Pande-mie sei ganz offensichtlich ein Nährboden für extremistische Verschwörungsmythen so-wie für Hass und Hetze, führte Innenminister Thomas Strobl aus. Auf den Versammlun-gen sei eine Allianz von Reichsbürgern und Selbstverwaltern, Verschwörungsideologen sowie Rechtsextremisten festgestellt worden, die sich zusammenfinden, um – zumindest vordergründig – gegen die staatlichen Maßnahmen zu demonstrieren. Dahinter stecke jedoch eine neue Richtung extremistischer Agitation, die sich gegen demokratische und staatliche Strukturen richte. Die Gefahr, die von dieser neuen, zum Großteil auf Ver-schwörungsideologien basierenden Form des Extremismus ausgehe, sei äußerst hoch. Vor diesem Hintergrund sei es richtig, dass die Verfassungsschutzämter einen neuen Phänomenbereich eingerichtet hätten, der sich genau mit diesem Thema befasse, stellte der Ausschussvorsitzende Guido Wolf fest.
Im Bereich des Rechtsextremismus verzeichnete das Landesamt einen leichten Anstieg auf rund 1.970 Rechtsextremisten. Im Jahr zuvor seien es etwa 1.900 gewesen. Die Zahl der gewaltorientierten Rechtsextremisten habe bei rund 790 stagniert. Das entspre-che einem Anteil von rund 40 Prozent. Landesweit seien 35 rechtsextremistisch motivier-te Gewalttaten verzeichnet worden, 2019 seien es 39 gewesen. Auch die Zahl der rechtsextremistisch motivierten Straftaten sei leicht zurückgegangen: von 1.549 im Jahr 2019 auf 1.479 im Jahr 2020. Trotz der sinkenden Zahl an derartigen Gewalt- und Straf-taten sei die grundsätzliche Gefahr, die von fanatischen Rechtsextremisten ausgehe, anhaltend hoch. Denn die schwersten rechtsextremistisch motivierten Gewalttaten seien in den vergangenen Jahren von Kleinstgruppen oder von Einzelpersonen begangen wor-den, so Guido Wolf.
Die Zahl der Linksextremisten in Baden-Württemberg sei insgesamt stabil geblieben. Im Jahr 2020 habe deren Anzahl 2.800 Personen betragen, im Jahr 2019 seien es 2.750 Personen gewesen. Davon seien 840 Personen dem gewaltorientierten Spektrum zuzu-ordnen, 2019 seien es 850 Personen gewesen. Die Gefahr, die von Linksextremisten ausgehe, dürfe nicht unterschätzt werden. In der ersten Jahreshälfte 2020 sei ein deutli-cher Anstieg linksextremistischer Militanz festgestellt worden. Eine Ursache für die Zu-nahme sei vor allem die Querdenken-Bewegung gewesen. „Extremismus, ob von rechts oder links, muss mit allen Mitteln konsequent bekämpft werden“, so der Ausschussvor-sitzende.
Der Szene der Reichsbürger und Selbstverwalter gehören laut Wolf aktuell rund 3.300 Personen an. 2020 waren erneut zahlreiche Vorfälle in Zusammenhang mit Reichsbür-gern und Selbstverwaltern zu verzeichnen. Eine erhöhte Gewaltbereitschaft dieser Per-sonen, auch wegen deren Affinität zu Waffen, sei weiterhin vorhanden und muss auch in Zukunft einkalkuliert werden. Um radikale Einzeltäter und Kleinstgruppen frühzeitig er-kennen zu können, habe das LfV im Oktober 2020 eine eigenständige Abteilung Rechts-extremismus und -terrorismus, Reichsbürger und Selbstverwalter eingerichtet.
Im Bereich des Islamistischen Extremismus seien 2020 rund 4.200 Extremisten regis-triert worden, im Jahr zuvor rund 4.100. Das salafistische Spektrum im Land sei um 100 auf insgesamt 1.300 Anhänger gewachsen. Die Gefahrenlage durch den Einfluss des Islamischen Staates (IS) sei trotz seines Zusammenbruchs weiterhin hoch. Der Verfas-sungsschutz habe die Szene daher weiterhin fest im Blick.
Petitionsausschuss befasst sich mit Eingabe zu Myalgischer Enzephalomyelitis
Stuttgart. Auch bei seltenen Erkrankungen wie Myalgischer Enzephalomyelitis (ME) sollte der Anspruch unseres Gesundheitssystems sein, dass die Betroffenen – derzeit zirka 240.000 Menschen in Deutschland – eine korrekte Diagnose und Hilfestellungen erhalten. Der Petitionsausschuss hat deshalb in seiner Sitzung am Donnerstag, 15. Juli 2021, eine entsprechenden Petition als Material an die Regierung überwiesen. Das hat der Vorsitzende des Gremiums, Thomas Marwein (Grüne), mitgeteilt.
Die Petenten hätten eine ganze Reihe von Aspekten vorgebracht, berichtete Thomas Marwein. Die Krankheit ME werde nicht im Medizinstudium gelehrt und sei den meisten Ärzten daher unbekannt. Die Myalgische Enzephalomyelitis ist eine schwere neuroimmunologische Erkrankung, die oft zu einem hohen Grad körperlicher Behinderung führt. Betroffene leiden an einer schweren körperlichen Schwäche, die das Aktivitätsniveau erheblich einschränkt, und unter neurokognitiven, autonomen und immunologischen Symptomen. Für einen Großteil der Betroffenen gebe es keine Anlaufstellen. Die Petenten forderten eine korrekte Aufklärung der Ärzte bezüglich Therapien und Behandlungsoptionen. Auch werde eine Aufklärung von Gutachtern der Rentenversicherung gefordert, um eine entsprechende Versorgung der Betroffenen sicher zu stellen. Die aktuelle „Degam Leitlinie Müdigkeit“ sei unzureichend und müsse durch die Anwendung der „Myalgische Enzephalomyelitis Internationale Konsensleitlinie für Ärzte“ und „ME IC Leitlinie“ ersetzt werden. Überdies müssten mehr Gelder für eine unabhängige biomedizinische Erforschung der Krankheits-Ursachen bereitgestellt werden. Bislang sei die Forschung in Deutschland mangelhaft und es fehlten Forschungsgelder.
In Baden-Württemberg gibt es Marwein zufolge keine spezialisierten Anlaufstellen für Patientinnen und Patienten mit der Diagnose ME/CFS. Das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst (MWK) fokussiere seine Förderung auf die finanzielle Unterstützung für den Aufbau von nachhaltigen Strukturen an den baden-württembergischen Hochschulen und setze nur in Ausnahmefällen thematische Akzente.
Ganz aktuell habe Baden-Württemberg eine Förderung für die Erforschung von Corona-Folgeerkrankungen aufgelegt. So werde die gemeinsame Erforschung von Corona-Folgeerkrankungen an den medizinischen Fakultäten und den vier Universitätskliniken in Freiburg, Heidelberg, Tübingen und Ulm mit rund 2,3 Millionen Euro unterstützt. Viele Menschen leiden unter den Langzeitfolgen von COVID-19, die sich in bleibenden Erschöpfungssyndromen und neurokognitiven Einschränkungen äußerten. „Auch hier müssen neues Wissen und Therapieansätze erarbeitet werden“, führte der Vorsitzende aus.
Die Petenten forderten einen Schulterschluss der Länder. Sowohl in Bayern als auch auf EU-Ebene wurde bereits entsprechenden Petitionen stattgegeben. Der Petitionsausschuss begrüßte eine intensivere Kooperation und einen Austausch auf Länderebene. Auch solle geprüft werden, in welchem Umfang in Baden-Württemberg nachgebessert werden kann, etwa im Verlauf des Medizinstudiums oder bei anschließenden Fortbildungen zu ME/CFS. Auch solle geprüft werden, ob eine Schulung entsprechender Gutachter der Rentenversicherung möglich ist. „Das Sozialministerium hat hier bereits erste Zusagen zu Gesprächen gemacht“, so Thomas Marwein.
Sozialausschuss diskutiert Impfmanagement
Stuttgart. Das baden-württembergische Impfmanagement stand im Zentrum der Sitzung des Ausschusses für Soziales, Gesundheit und Integration am Mittwoch, 14. Juli. Auf Initiative der FDP/DVP-Fraktion, die zwei Anträge zum Thema gestellt hatte, ging es unter anderem um die Terminvergabe, um Impfstoff-Liefermengen und um den digitalen Impfnachweis.
In der zweiten Maihälfte richtete die FDP/DVP umfangreiche Fragenkataloge an das Sozialministerium mit dem Ziel, die Anlaufprobleme beim Impfmanagement im Frühjahr aufzuarbeiten und solche Probleme künftig auszuschließen. Zuvor hatte Sozialminister Manfred Lucha (Grüne) bereits eingeräumt, dass es „ein großer Fehler“ gewesen sei, auf das Terminvergabesystem kv.digital der Kassenärztlichen Bundesvereinigung mit der Rufnummer 116 117 zu setzen. Das Ministerium antwortete Anfang Juni auf die Fragen und führte die Startschwierigkeiten insbesondere darauf zurück, dass der Impfstoff in den ersten Monaten der Impfkampagne Mangelware gewesen sei. Da das gewählte System der Terminvergabe darauf ausgelegt gewesen sei, Termine auf Basis großer Mengen von Impfstoff bereitzustellen, seien Probleme unausweichlich gewesen.
Minister Lucha bekräftigte nun vor dem Sozialausschuss, dass System der kv.digital, bei dem Interessenten anrufen oder online einen Termin buchen, habe angesichts der Impfstoffknappheit nicht funktionieren können. Dazu hätte es einer Funktionalität mit Warteliste, Vorabregistrierung und Rückruf bei freien Terminen bedurft. Ein schneller Wechsel im Frühjahr auf ein anderes System sei jedoch keine Option gewesen. Dies hätte Wochen gedauert und wäre sehr teuer geworden. Inzwischen sei das ursprüngliche System, auf das sich Bund, Länder und Kassenärztliche Vereinigungen sich gemeinsam verständigt hätten, erfolgreich angepasst und mit neuen Funktionalitäten ausgestattet worden.
Nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Florian Wahl (SPD) zeigten sich Vertreter aller Fraktionen erleichtert darüber, dass die Impfkampagne inzwischen über die meisten der von der FDP/DVP aufgeworfenen Fragen hinweggegangen sei. Lediglich die SPD habe mit Blick aufs Frühjahr noch einmal darauf hingewiesen, dass die Terminvergabe bei vergleichbaren Rahmenbedingungen in einigen Bundesländern besser funktioniert habe als in Baden-Württemberg. Ansonsten hätten alle Fraktionen die Auffassung geteilt, dass das Hauptproblem aktuell darin bestehe, dass sich zu wenig Menschen impfen lassen wollen. Genügend Impfstoff sei mittlerweile vorhanden.
Minister Lucha verwies in diesem Zusammenhang auf die jüngst von seinem Haus gestartete Werbe- und Aktionskampagne. Auf verschiedenen Wegen sollen Bürgerinnen und Bürger aus allen gesellschaftlichen Gruppen angesprochen werden mit dem Ziel, sich noch vor den Sommerferien immunisieren zu lassen. Lucha erklärte, nach den neuesten Zahlen des Robert-Koch-Instituts (RKI) müssten sich 87 Prozent der Impfberechtigten oder rund 8,4 Millionen Menschen im Land zweimal impfen lassen, um die sogenannte Herdenimmunität auch angesichts der grassierenden Delta-Variante des Coronavirus zu erreichen. Dieses Ziel sei bis Ende September zu schaffen. Allerdings müssten sich dazu im Schnitt rund 230.000 Menschen pro Woche in Impfzentren, Arztpraxen oder Betrieben immunisieren lassen. Aktuell sei man davon deutlich entfernt.
Ausschuss für Wohnen diskutiert über Tiny Houses und andere kleine Wohnformen
Stuttgart. Angesichts von Wohnraumknappheit in Baden-Württemberg hat sich der Ausschuss für Landesentwicklung und Wohnen in seiner Sitzung am Mittwoch, 14. Juli 2021, mit Tiny Houses und anderen kleinen Wohnformen befasst. „Um der Wohnungsnot vor allem in Ballungsräumen entgegenwirken zu können, sind viele verschiedene Ansätze notwendig. All diese Ideen müssen intensiv geprüft und diskutiert werden“, sagte die Ausschussvorsitzende Christiane Staab (CDU).
Die Formen des kleinen Wohnens seien sehr vielfältig und böten auch großes Potential, zum Beispiel bei Lücken zwischen Gebäuden oder auf Flachdächern von Häusern oder Garagen. Tiny Houses seien allerdings nur ein Teilbereich des Oberbegriffs des kleinen Wohnens, habe das zuständige Ministerium berichtet. Kleines Wohnen sei nicht gleich Tiny House, aber Tiny House sei kleines Wohnen. Diese Wohnform sei für Menschen geeignet, die diese Lebensform bewusst auswählten. „Wir benötigen jedoch bezahlbaren Wohnraum in großem Umfang, zum Beispiel auch für Familien mit Kindern. Hier können Tiny Houses keine Abhilfe schaffen“, so die Vorsitzende. Gerade um bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, müssten die Kosten für Errichtung und Infrastruktur so gering wie möglich gehalten werden. Dies werde bei größeren Planungen besser gelingen. Tiny Houses seien daher auch künftig kein Schwerpunkt beim Wohnungsbau.
Der Ausschuss hatte auf Antrag der SPD-Fraktion über das Thema beraten. Die Fraktion habe unter anderem in Erfahrung bringen wollen, inwieweit die Landesregierung bereit sei, Tiny Houses und vergleichbare Wohnformen zu fördern. Im Ausschuss sei eine intensive Debatte über verschiedene Formen des Wohnens entstanden. Die Ministerin für Landesentwicklung und Wohnen, Nicole Razavi, habe erklärt, die Wohnraumoffensive BW beschäftige sich mit unterschiedlichen Formen des Wohnens, dabei spiele auch das kleine Wohnen eine wichtige Rolle. Im Rahmen der Projekte der Patenschaft Innovativ Wohnen BW seien bereits zwei Tranchen an Fördergeldern ausgezahlt worden. Die dritte Fördertranche, die für 2021 geplant sei, werde sich auf die experimentelle Nutzung von Lücken bzw. Kleinstflächen als Räume für Wohninnovation fokussieren und damit auch Ansätze für kleines, bezahlbares und zugleich wegweisendes Wohnen ansprechen.
Einigkeit herrschte im Ausschuss nach Angaben der Vorsitzenden darüber, dass derzeit keine Änderungen im Baurecht notwendig seien. Die rechtlichen Voraussetzungen seien vorhanden und böten genügend Flexibilität, um auch kleine und neue Formen des Wohnens zu genehmigen. Was genehmigungsfähig sei, müsse auch genehmigt werden, habe die Ministerin ausgeführt. Vielmehr sei es wichtig, bei Kommunen, Landkreisen und Baurechtsbehörden dafür zu werben, sich für diese neuen Wohnformen zu öffnen. Abgeordnete hatten entgegnet, dass es immer wieder Probleme bei der Genehmigung von Tiny Houses gebe. Die Ministerin habe erklärt, auch bei Tiny Houses gebe es unterschiedliche Formen. Die Frage sei immer, ob das Haus Räder habe oder nicht.
Europaausschuss informiert sich über EU-Ratspräsidentschaft Sloweniens
Stuttgart. Der Ausschuss für Europa und Internationales hat sich in seiner Sitzung am Mittwoch, 14. Juli 2021, mit dem Botschafter der Republik Slowenien, Franc But, über die slowenische EU-Ratspräsidentschaft, die unter dem Motto „Gemeinsam. Widerstandsfähig. Europa“ steht, ausgetauscht. „Der Europaausschuss lädt traditionell die Botschafter ein, um sich die Schwerpunkte der jeweiligen Ratspräsidentschaft erläutern zu lassen“, so der Vorsitzende des Gremiums, Willi Stächele (CDU). „Besonders für ein kleines Land wie Slowenien ist die Ratspräsidentschaft ungemein fordernd“, so Stächele.
„Wir sind uns der großen Verantwortung bewusst“, versicherte Botschafter But. Neben dem Thema Erholung und Resilienz nach der Corona-Pandemie nehmen die neuen Klimaschutzmaßnahmen, die das EU-Klimaziel von 55 Prozent weniger CO2-Emissionen bis 2030 erreichbar machen sollen, einen wichtigen Platz im Programm der slowenischen Ratspräsidentschaft ein, ebenso wie die Digitalisierung von Diensten und Märkten. Daneben ist sie als zentraler Akteur in die Arbeiten im Rahmen der Konferenz zur Zukunft Europas eingebunden. Hier, so But, sollen vor allem Debatten mit Bürgerinnen und Bürgern angestoßen werden. Mit einem EU-Westbalkan-Gipfel im Herbst will Slowenien die Stabilität in der EU-Nachbarschaft festigen. „Wir wollen dem Westbalkan Perspektiven aufzeigen. Der Westbalkan ist für die EU wichtig“, betonte Botschafter But. Willi Stächele berichtete, dass die Beitrittsperspektive für den Balkan im Ausschuss auch für sehr wichtig erachtet worden sei. Die EU-Ratspräsidentschaft Sloweniens könne hier eine wichtige Brücke sein.
Als besonders konfliktträchtig gelten die Themenbereiche Rechtsstaatlichkeit und europäische Werte, die Slowenien ebenfalls als Schwerpunkte seiner EU-Ratspräsidentschaft nennt. Ministerpräsident Janez Jansa steht wegen seines Umgangs mit der Medienfreiheit in seinem Land in der Kritik, unter anderem nach seiner Ankündigung, der Nachrichtenagentur STA wegen der Kritik am Umgang der Regierung mit der Corona-Pandemie öffentliche Fördergelder streichen zu wollen sowie nach Angriffen auf eine Reporterin des Magazins „Politico“. Im Ausschuss seien hierzu auch kritische Fragen gekommen, so Vorsitzender Willi Stächele. Franc But stellte klar, dass Slowenien wisse, wie wichtig Rechtsstaatlichkeit und Medienfreiheit sind.
„Für die Umsetzung ihrer Schwerpunkte wünschen wir Ihnen eine glückliche Hand“, so Willi Stächele. „Es wird nicht einfach werden. Wir als Europaausschuss werden die Entwicklungen genau beobachten“, so der Vorsitzende abschließend.
Anträge auf Finanzhilfen in Höhe von rund 1,8 Millionen Euro bewilligt
Stuttgart. Finanzhilfeanträge von zwei weiteren Unternehmen hat der Wirtschaftsausschuss des Landtags in seiner Sitzung am Montag, 12. Juli, bewilligt. Das Fördervolumen beträgt rund 1,8 Millionen Euro. Die Gelder fließen aus dem Förderprogramm Invest BW der Landesregierung. Erst in der vergangenen Woche hatte der Wirtschaftsausschuss Hilfen in Höhe von rund 21 Millionen Euro bewilligt.
Das Programm Invest BW unter Federführung des Wirtschaftsministeriums unterstützt Unternehmen schnell und unbürokratisch bei Investitionen in Zukunftstechnologien. Es soll dabei helfen, die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie zu bewältigen. Das Programm startete am 15. Januar 2021. Bis zum 16. April gingen Förderanträge mit einem Volumen von insgesamt 159 Millionen Euro ein. Über die Förderanträge entscheidet das Ministerium. Bei besonders bedeutsamen Vorhaben und einem Fördervolumen von mindestens 500.000 Euro wird ein Fachbeirat eingeschaltet. Die Bewilligung dieser großen Fördermittel obliegt dem Wirtschaftsausschuss.
Nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Dr. Erik Schweickert (FDP/DVP) stimmte der Ausschuss einstimmig der Förderung folgender Projekte zu:
Unternehmen | Projedktvorhaben | Fördersumme |
Schwarzwaldhof Fleisch und Wurstwaren GmbH, Blumberg |
Investitionen in 14 neue Produkti-onsmaschinen zur Steigerung von Flexibilität und Materialeffizienz, um auf veränderte Kundenanforderungen regieren zu können |
1.000.000 € |
SHW Brake Systems GmbH, Tuttlingen |
Investitionen in Entwicklung und Pro-duktion von modernen Bremssyste-men für Elektrofahrzeuge |
824.635 € |
Verkehrsausschuss erörtert den Fall Abellio
Stuttgart. Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) setzt darauf, dass der ins Schlingern geratene Bahnbetreiber Abellio wieder flottgemacht werden kann. Er bereite sich aber auch darauf vor, dass Abellio durch Insolvenz ausfallen könnte, sagte Hermann in der Sitzung des Verkehrsausschusses am Donnerstag, 8. Juli. SPD und FDP/DVP hatten den Minister gebeten, zum laufenden Schutzschirmverfahren der Abellio GmbH und zu möglichen Auswirkungen auf den regionalen Schienenverkehr im Südwesten zu berichten.
Verkehrsminister Hermann erklärte, das Land sei stark daran interessiert, dass Abellio den Betrieb in Baden-Württemberg aufrechterhält, könne aber nur begrenzt helfen. „Wir können nicht im Nachhinein Gelder geben, die von den Verträgen nicht gedeckt sind“, so der Grünen-Politiker. Das gehe schon deshalb nicht, weil Mitbewerber im regionalen Bahnverkehr dann entsprechende Forderungen stellen würden. Nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Rüdiger Klos (AfD) wollten Vertreter von SPD und FDP/DVP wissen, was der Minister konkret unternimmt, um Abellio zu stützen. Hermann erklärte, man stehe in Verhandlungen mit dem Unternehmen, ebenso wie weitere Bundesländer. Er könne aber keine Details nennen, da dies die Position des Landes schwächen würde.
Hermann sagte weiter, es sei jetzt wichtig, Ruhe zu bewahren und Abellio nicht vorzeitig abzuschreiben. Dies könne dazu führen, dass das Unternehmen Mitarbeiter verliert und am Ende deshalb den Fahrbetrieb einstellen muss. Dann würden auch die laufenden Zahlungen der Bundesagentur für Arbeit an das Personal nicht mehr helfen. Abellio Deutschland, eine Tochter der niederländischen Staatsbahnen, ist in wirtschaftliche Schieflage geraten und hat ein Schutzschirmverfahren im Rahmen des Insolvenzrechts beantragt. Durch Restrukturierungen wollen Abellios Manager das Unternehmen retten, das zuletzt unter anderem mit gestiegenen Personalkosten und Verspätungen auch aufgrund von vielen Schienenbaustellen zu kämpfen hatte.
Wie der Ausschussvorsitzende Rüdiger Klos berichtete, warnten die Grünen vor Alarmismus im Fall Abellio. Da das Land Eigentümer der von Abellio genutzten Schienenfahrzeuge sei und zudem einen eigenen Pool von Lokführern aufgebaut habe, sei man auch für den schlimmsten Fall gewappnet. Die Grünen hätten auch darauf verwiesen, dass Abellio lediglich zehn Prozent des regionalen Schienenverkehrs im Land abwickle, so Klos.
Auf Antrag der FDP/DVP befasste sich der Verkehrsausschuss zudem mit dem Gutachten zu einem möglichen zusätzlichen Regionalbahnhof bei dem im Bau befindlichen Fernbahnhof, welches vom Verkehrsministerium in Auftrag gegeben wurde. Nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Klos kritisierte die FDP/DVP, bei dem Gutachten sei es allein um die technische Machbarkeit einer Nahverkehrs-Ergänzungsstation gegangen. Machbar sei aber alles, wenn man nur genug Geld in die Hand nehme. Wirtschaftsminister Hermann habe es versäumt, vorab die Stadt Stuttgart und den Verband Region Stuttgart einzubinden. Da beide das Projekt bisher ablehnten, seien die rund 250.000 Euro, die das Gutachten gekostet habe, zum Fenster hinausgeworfenes Geld.
Hermann widersprach. Es sei klar, dass die Ergänzungsstation nicht ohne Zustimmung von Stadt und Region kommen werde. Das Gutachten habe gezeigt, dass es möglich sei, einen Regionalhalt beim Fernbahnhof zu bauen. Jetzt seien weitere Fragen zu klären, etwa die der Wirtschaftlichkeit eines solchen Vorhabens.
Ein weiteres Thema im Verkehrsausschuss war die finanzielle Situation der Verkehrsverbünde vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie, ebenfalls auf Antrag der FDP/DVP. Nach Auskunft von Verkehrsminister Hermann sind die Verbünde vergleichsweise glimpflich durch die Krise gekommen, der Rettungsschirm von Bund und Land habe sie getragen. Fahrgastrückgänge von 80 bis 90 Prozent hätten so kompensiert werden können.
Anträge auf Finanzhilfen in Höhe von rund 21 Millionen Euro bewilligt
Stuttgart. 13 Einzel- und drei Verbundfinanzhilfeanträge von insgesamt 24 Unternehmen und drei Forschungsinstituten aus Baden-Württemberg hat der Wirtschaftsausschuss des Landtags in seiner Sitzung am Mittwoch, 7. Juli, bewilligt. Das Fördervolumen beträgt rund 21 Millionen Euro. Die Gelder fließen aus dem Förderprogramm Invest BW der Landesregierung. Weitere Themen im Ausschuss waren verkaufsoffene Sonntage und Kritik von Vereinen an unterschiedlichen Auslegungen der Landratsämter bei Corona-Verordnungen.
Auf Antrag der FDP/DVP-Fraktion diskutierte der Wirtschaftsausschuss über Bestimmungen der Corona-Verordnungen, die beim Thema „Essen to go“ zu unterschiedlichen Rechtsauslegungen der Landratsämter geführt hatten. Kritik daran hatten vor allem Ehrenamtliche von Vereinen geäußert. Das Wirtschaftsministerium stellte in seinen Antworten auf einen umfangreichen Fragenkatalog klar, dass die Corona-Verordnungen den Außer-Haus-Verkauf von Speisen und Getränken durch Vereine nicht verboten hätten. Wo solche Verbote durch die zuständigen Behörden ausgesprochen worden seien, sei dies fälschlicherweise geschehen.
In diesem Zusammenhang stellte die FDP/DVP-Fraktion den Antrag, dass die Landesregierung die Corona-Verordnungen künftig verständlicher zu formulieren und zudem mindestens zwei volle Werktage vor Inkrafttreten zu veröffentlichen habe. Die Unternehmen, Behörden und Vereine sowie die Bürgerinnen und Bürger hätten ein Recht darauf, nicht erst am Sonntag zu erfahren, welche rechtlichen Rahmenbedingungen für sie ab Montag gelten.
Nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Dr. Schweickert lehnte die Regierungsmehrheit im Ausschuss den Antrag jedoch gegen die Stimmen der Oppositionsparteien ab. Die CDU-Fraktion forderte in diesem Zusammenhang, die Corona-Verordnungen nicht schlechtzureden. Die Regelungen seien fortlaufend und stets unter hohem Zeitdruck überarbeitet worden. Ein spezifischer Veröffentlichungszeitraum könne daher nicht garantiert werden.
Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut sprach vor dem Ausschuss zudem zur Debatte über verkaufsoffene Sonntage. Angesichts der jüngsten Gerichtsurteile sehe sie keine Chance, verkaufsoffene Sonntage ohne Anlassbezug zu veranstalten. Nur eine Grundgesetzänderung könne die geltende Rechtslage ändern. Wie der Ausschussvorsitzende berichtete, zeigte sich die SPD-Fraktion mit Blick auf anlassbezogene verkaufsoffene Sonntage angesichts der andauernden Corona-Pandemie ebenfalls skeptisch. Die SPD-Fraktion teile die Einschätzung der Ministerin und äußerte Zweifel, inwiefern im laufenden Jahr überhaupt die Durchführung von verkaufsoffenen Sonntagen mit Anlassbezug möglich sei. Die Corona-Pandemie verhindere nach wie vor die Veranstaltung von Festen oder ähnlichen Veranstaltungen, damit falle der notwendige Anlass für Verkaufssonntage häufig ebenso aus. Allein die FDP/DVP forderte laut Dr. Schweickert, aktiv zu werden und das Thema nicht den Gerichten zu überlassen. Bürger und Handel seien durch Corona gebeutelt. Verkaufsoffene Sonntage könnten helfen. Daher müsse man in diesem Feld politisch aktiv werden.
Schließlich entschied der Ausschuss über die Bewilligung von insgesamt 16 Finanzhilfeanträgen im Rahmen des Förderprogramms Invest BW. Das Programm unter Federführung des Wirtschaftsministeriums unterstützt Unternehmen schnell und unbürokratisch bei Investitionen in Zukunftstechnologien. Es soll dabei helfen, die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie zu bewältigen. Das Programm startete am 15. Januar 2021. Bis zum 16. April gingen Förderanträge mit einem Volumen von insgesamt 159 Millionen Euro ein. Über die Förderanträge entscheidet das Ministerium. Bei besonders bedeutsamen Vorhaben und einem Fördervolumen von mindestens 500.000 Euro wird ein Fachbeirat eingeschaltet. Die Bewilligung dieser großen Fördermittel obliegt dem Wirtschaftsausschuss.
Nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Dr. Erik Schweickert (FDP/DVP) stimmte der Ausschuss einstimmig der Förderung folgender Projekte zu:
Unternehmen | Projektvorhaben | Fördersumme |
Holder GmbH, Kirchheim/Teck |
Investitionsvorhaben zur Oberflächenbehandlung von Leichtbauwerkstoffen für die Automobilindustrie |
872.000 €
|
NMH GmbH, Hohentengen |
Investitionen in Sondermaschinen zur Fertigung von Metallteilen und Kunststoffspritzgussartikeln |
861.860 € |
Arnold Umformtechnik GmbH & Co. KG, Forchtenberg-Ernsbach |
Errichtung einer Produktionslinie, auf der Teile aus dem Segment der Elektromobilität gefertigt werden |
1.000.000 € |
3A Composites GmbH, Singen |
Produktion von brandschutzgerechten Aluverbundplatten für Architektur- und Industrieanwendungen |
1.000.000 € |
MPVB GmbH, Spaichingen |
Beschaffung einer neuen Pulverbeschichtungsanlage |
1.000.000 € |
Thiele Glas GmbH, Schrozberg |
Investitionen in eine Produktionsstätte zur Herstellung von Verbundsicherheitsglas |
561.000 € |
Pinion GmbH, Denkendorf |
Einstieg in den Markt für E-Fahrräder und E-Fahrräder-Komponenten |
530.122 € |
OCEANERGY AG, Stuttgart |
Entwicklung eines windgestützten Antriebssystems für Schiffe, auf denen Wasserstoff produziert und gespeichert werden kann |
2.896.795 € |
Recaro Automotive GmbH, Kirchheim/Teck |
Entwicklung von ergonomischen und smarten Hightech- Fahrzeugsitzen |
955.485 € |
NVision Imaging Technologies GmbH, Ulm |
Weiterentwicklung der Magnetresonanztomographie für die Krebsdiagnostik |
2.039.569 € |
Gründler GmbH, Freudenstadt |
Investitionen in eine neue Technologie zur besseren und schonenderen Beatmung von Patienten mit Lungenversagen |
951.627 € |
FinMatch AG, Stuttgart |
Investitionen in eine digitale Plattform für die Mittelstandsfinanzierung |
935.120 € |
memetis GmbH, Karlsruhe |
Investitionen in eine innovative Ventiltechnik, die unter anderem in der Medizin eingesetzt wird |
501.886 € |
Verbundvorhaben „X-Forge: Productivity as a Service“: MAPAL Fabrik für Präzisionswerkzeuge Dr. Kress KG, Aalen, Karl Walter Formen- und Kokillenbau GmbH & Co. KG, Göppingen, Blum-Novotest GmbH, Grünkraut, Fraunhofer IPA, Stuttgart F. Zimmermann GmbH, |
Investitionen in neue nachhaltige Zerspantechniken auf Basis der KI-Technologie |
2.259.303 €, davon 652.336 € MAPAL Fabrik für Präzisionswerkzeuge Dr. Kress KG |
Verbundvorhaben „X-Forge: Product Life Cycle Enrichment as a Service“: WITTENSTEIN SE, Igersheim, TruPhysics GmbH, Stuttgart, ASCon Systems Holding GmbH, Stuttgart, |
Investitionen in neue nachhaltige Techniken der Qualitätssicherung, die auf Basis der KI-Technologie den gesamten Lebenszyklus von Maschinen in den Blick nimmt |
Insg. 1.941.638 €, davon 753.096 € WITTENSTEIN SE |
Verbundvorhaben „Solid state rechargeable accumulator launch“: ACI Systems GmbH, Zimmern ob Rottweil, Varta Microbattery GmbH, Ellwangen, IOLITEC Ionic Liquids Technologies GmbH, Heilbronn Fraunhofer IPA, Stuttgart, |
Investitionen in künftige Feststoffbatterien |
Insg. 2.708.468 €, davon 1.282.200 € ACI Systems GmbH |
Bildungsausschuss berät, wie Schwimmfähigkeit von Kindern sichergestellt werden kann
Stuttgart. „Kinder sollen möglichst früh einen freudvollen und vertrauten Umgang mit dem Wasser erleben und das Schwimmen angstfrei erlernen. Schwimmen zu können kann überlebenswichtig sein.“ Davon zeigt sich Petra Häffner (Grüne), die Vorsitzende des Ausschusses für Kultus, Jugend und Sport, überzeugt. Im nichtöffentlichen Teil der Sitzung des Gremiums am Donnerstag, 8. Juli 2021, berieten die Ausschussmitglieder auf Antrag der Fraktion der FDP/DVP, wie die Schwimmfähigkeit von Kindern sichergestellt werden kann. Nicht erst seit der Corona-Pandemie gebe es in diesem Bereich Baustellen; die Pandemie habe diese jedoch noch verstärkt.
Wie Häffner mitteilte, habe das Ministerium ein bis zum Ende des Jahres befristetes Sofortprogramm zur Verbesserung der Schwimmfertigkeit aufgesetzt. Das Programm werde auch sehr gut angenommen. So seien in den ersten zwei Wochen, die das Programm gelaufen sei, ca. 2000 Anträge für Kurse eingegangen, von denen etwa 12.000 Kinder profitieren würden. Aus diesem Grund habe sich das Ministerium entschlossen, die Fördersumme von ursprünglich 900.000 Euro auf nun zwei Millionen Euro mehr als zu verdoppeln. „Der Ausschuss begrüßt diese Aufstockung außerordentlich“, so Häffner.
Der Vorsitzenden zufolge sei sich der Ausschuss überdies einig gewesen, dass es sinnvoll sei, bereits im Vorschulalter die Schwimmfähigkeit von Kindern zu fördern. Dazu habe das Kultusministerium bereits vor der Corona-Pandemie begonnen, das im Doppelhaushalt 2020/21 vorgesehene Programm zur Stärkung der Schwimmfähigkeit im vorschulischen Bereich gemeinsam mit den Landesverbänden des DLRG und den baden-württembergischen Schwimmverbänden zu entwickeln. Aufgrund der Pandemie habe das Programm jedoch nicht wie angedacht starten können. So seien bisher vor allem Schwimmkurse außerhalb von Kindertagesstätten gefördert worden. Das Folgeprogramm solle aber nun über die Kitas laufen.
Nach Angaben des Kultusministeriums hätten zudem ab dem kommenden Schuljahr alle angehenden Grundschullehrkräfte die Möglichkeit, im Rahmen eines Vorbereitungsdienstes ein freiwilliges Zusatzmodul zum Schwimmen zu belegen. Damit seien sie berechtigt, Schwimmunterricht zu erteilen. Der Ausschuss sei sich einig gewesen, so Häffner, dass auch fertig ausgebildeten Lehrkräften ein solches Fortbildungsangebot zeitnah ermöglicht werden sollte. Darüber hinaus können Schulen ebenfalls ab dem kommenden Schuljahr erstmals Anträge stellen, im regulären Schwimmunterricht mit DLRG-Ortsgruppen oder Schwimmvereinen zusammenzuarbeiten. Den Ausschuss habe es besonders gefreut, dass – seitdem die Corona-Verordnung des Landes wieder Anfängerschwimmkurse erlaube – nach Einschätzung des Württembergischen Schwimmverbandes eine regelrechte Aufbruchsstimmung zu spüren sei.
Landesministerien vergeben 2020 externe Gutachten im Umfang von 22,3 Millionen Euro
Stuttgart. Die Ministerien des Landes Baden-Württemberg haben im Jahr 2020 542 externe Gutachten und Beratungsleistungen mit einem Volumen von rund 22,3 Millionen Euro vergeben. Das geht aus einem Bericht der Landesregierung hervor, der am Donnerstag, 8. Juli 2021, im Finanzausschuss beraten wurde, wie der Vorsitzende, der SPD-Abgeordnete Martin Rivoir, mitteilte. Der Ausschuss forderte die Regierung auf, Anzahl und finanzielles Volumen der externen Leistungen zu reduzieren.
Nach Angaben Rivoirs hat sich das Volumen der Leistungen in den vergangenen Jahren uneinheitlich entwickelt und schwankte stark. Während im Jahr 2017 noch rund 28,1 Millionen Euro für externes Fachwissen ausgegeben wurde, belief sich der Betrag im Jahr 2018 auf etwa 14,2 Millionen Euro. Im Jahr 2019 sind die Kosten wieder gestiegen und betrugen rund 20,2 Millionen Euro. Die Ursachen für diese Schwankungen seien nach Auskunft der Regierung vielfältig. So sorgten unter anderem einzelne Ereignisse oder neu eingeführte Gremien für diese Entwicklung. Beispielsweise seien die gestiegenen Kosten im Bereich des Staatsministeriums auf die Tätigkeit des Normenkontrollrats zurückzuführen, führte der Vorsitzende aus.
Außerdem würden Beraterleistungen insbesondere bei komplexen Problemstellungen in Anspruch genommen, welche hoch spezialisiertes Fachwissen erforderten und somit zu hohen Ausgaben bei einzelnen Projekten führten. Finanzminister Dr. Danyal Bayaz habe zugesagt, dass sich die Regierung bemühen werde, die Kosten für externe Leistungen so weit wie möglich zu verringern, so der Vorsitzende. Jedoch werde es auch künftig Fälle geben, bei denen aufgrund der Komplexität oder des benötigten Spezialwissens die Hilfe externer Experten genutzt werden müsse.
Laut Rivoir sind in der Auflistung für die Ministerien und deren nachgeordneten Dienststellen die Gesamtauftragssummen für das Jahr 2020 erfasst: Staatsministerium: 262.413 Euro (2019: 248.249 Euro), Innenministerium: 5,48 Millionen Euro (2019: 4,57 Millionen Euro), Kultusministerium: 83.141 Euro (2019: 57.184 Euro), Justizministerium: 34.752 Euro (2019: 63.874 Euro), Finanzministerium: 2,6 Millionen Euro (2019: 2,3 Millionen Euro), Wirtschaftsministerium: 1,77 Millionen Euro (2019: 199.709 Euro), Ministerium für Ländlichen Raum: 539.652 Euro (2019: 164.813 Euro), Sozialministerium: 24.018 Euro (2019: 794.197 Euro), Umweltministerium: 885.712 Euro (2019: 870.606 Euro), Verkehrsministerium: 5,2 Millionen Euro (2019: 3,0 Millionen Euro), Wissenschaftsministerium: 5,38 Millionen Euro (2019: 7,84 Millionen Euro),
Wahlalter bei Landtagswahlen wird vorerst nicht auf 16 Jahre abgesenkt
Stuttgart. Der Ausschuss des Inneren, für Digitalisierung und Kommunen hat einen Gesetzentwurf der SPD-Fraktion zur Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre bei Landtagswahlen abgelehnt. „Das Gremium stimmte in seiner Sitzung am Mittwoch, 7. Juli 2021, mehrheitlich gegen den Entwurf“, sagte der Vorsitzende, der CDU-Abgeordnete Ulli Hockenberger. Die Regierungsfraktionen hätten jedoch angekündigt, die Absenkung des Wahlalters entsprechend der Vereinbarungen im Koalitionsvertrag im Zuge einer umfassenden Reform des Wahlrechts anzugehen.
Nach Angaben Hockenbergers hatte der Ausschuss zunächst in einer öffentlichen Sitzung die Positionen von Verbänden zu dem Thema angehört. Die Vertreter des Städtetags, des Vereins „Mehr Demokratie“, des Landesjugendrings und des Dachverbands der Jugendgemeinderäte hatten sich für ein aktives Wahlrecht ab 16 Jahren ausgesprochen. Für die Absenkung des Wahlalters wäre eine Änderung der Verfassung des Landes Baden-Württemberg und des Gesetzes über die Landtagswahlen notwendig gewesen. Der Gesetzentwurf sieht vor, das aktive Wahlrecht von 18 Jahre auf 16 Jahre abzusenken. Damit solle jungen Menschen die Möglichkeit der politischen Beteiligung in Form der Stimmabgabe auch bei Landtagswahlen gegeben werden. Beim passiven Wahlrecht, also bei der Wählbarkeit in den Landtag, hätte es laut Entwurf keine Änderung geben sollen, sodass dafür auch weiterhin die Vollendung des 18. Lebensjahres erforderlich gewesen wäre, fasste der Vorsitzende die Inhalte des Gesetzentwurfs zusammen.
Der Ausschuss war sich Hockenberger zufolge einig, dass eine Stimmabgabe bei Landtagswahlen schon mit 16 Jahren grundsätzlich ermöglicht werden sollte. Die Antraggegner hätten ihre Ablehnung des Gesetzentwurfs jedoch damit begründet, dass dieser nur eine Änderung eines Teilbereichs des Wahlrechts vorsehe. Es mache jedoch vielmehr Sinn, einen Gesamtzusammenhang herzustellen. Aus diesem Grund solle in dieser Wahlperiode ein Gesamtpaket zur Reform des Wahlrechts geschaffen werden, in dem auch die Änderung des Wahlalters berücksichtigt werde, sagte der Ausschussvorsitzende.
Vorsitzender Hahn: Landesgartenschau ist eine Bereicherung für die ganze Region
Stuttgart/Überlingen. Der Ausschuss für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz des Landtags hat am Mittwoch, 7. Juli 2021, die Landesgartenschau in Überlingen am Bodensee besucht. Bei einem Rundgang über das Gelände direkt an der Uferkante informierten sich die Ausschussmitglieder über die Bedeutung der Ausstellung für die Stadt und die Umgebung. „Die Landesgartenschau in Überlingen ist eine Bereicherung für die ganze Region“, zeigt sich Martin Hahn (Grüne), der Vorsitzende des Gremiums, nach dem Rundgang überzeugt, „und darüber hinaus ist es ein toller Ort, um den Sommer zu genießen.“
Hahn zufolge handelt es sich bei der Landesgartenschau in Überlingen um die erste am Bodensee. Für den Vorsitzenden seien insbesondere die Mustergärten der Garten- und Landschaftsbauer in den Villengärten „ein echter Augenschmaus“. Die Gartenschau verknüpfe thematisch und optisch nicht nur viele Gärten und Grünflächen in der Stadt, sondern auch Stadt, Land und See. „Die neu gewonnene Nähe zum Wasser in den Uferanlagen wird für die Zukunft der Stadt sehr bedeutend sein“, zeigt sich Hahn überzeugt. Insgesamt seien sich alle Ausschussmitglieder nach dem Rundgang über das Gelände einig gewesen, dass die Menschen vor Ort, die Wirtschaft und der Tourismus von der Ausstellung erheblich profitieren könnten.
Begleitet wurden die Ausschussmitglieder auf ihrem Rundgang von Landwirtschaftsminister Peter Hauk. Über das Gelände führten Edith Heppeler und Roland Leitner, die beiden Geschäftsführer der Landesgartenschau Überlingen 2020 GmbH. Ebenfalls bei dem Besuch dabei waren Gerhard Hugenschmidt, Vorsitzender der Förderungsgesellschaft für die Baden-Württembergischen Landesgartenschauen, und deren Geschäftsführer Tobias de Haën.
Vor dem Rundgang tagte das Gremium im Pfarrsaal im Münsterpfarramt St. Nikolaus und wurde dort vom Oberbürgermeister der Stadt Überlingen, Jan Zeitler, begrüßt. Auf der Tagesordnung der Sitzung standen parlamentarische Anträge; außerdem benannte der Ausschuss Vertreterinnen und Vertreter des Landtags für den Landesbeirat für Tierschutz.
Ergänzungswahlen zum Verfassungsgerichtshof – Landtagspräsidentin Aras vereidigt neue Mitglieder
Stuttgart. In der Plenarsitzung am Donnerstag, 1. Juli 2021, hat der Landtag von Baden-Württemberg fünf Mitglieder des Verfassungsgerichtshofs neu gewählt. Die Vereidigung der neu gewählten Mitglieder erfolgte durch Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne).
Gewählt wurde in der Gruppe der Berufsrichter Jürgen Gneiting, Präsident des Arbeitsgerichts Stuttgart. Seine Stellvertreterin ist Simone Wiegand, Richterin am Bundesgerichtshof. Als Mitglied mit der Befähigung zum Richteramt wurde Prof. Dr. Christian Seiler (Professor an der Universität Tübingen) gewählt, seine Stellvertreterin ist Bettina Backes (Rechtsanwältin). Neues Mitglied ohne Befähigung zum Richteramt ist Prof. Dr. Gabriele Abels (Professorin an der Universität Tübingen), die Wahl eines Stellvertreters wurde vertagt. Vereidigt wurden die Gewählten von Landtagspräsidentin Aras, die ihnen für ihr verantwortungsvolles Richteramt im Namen des ganzen Hauses viel Erfolg wünschte.
Der Verfassungsgerichtshof des Landes Baden-Württemberg wacht als Verfassungsgericht über die Auslegung der Landesverfassung. Ihm gehören neun Mitglieder an: Drei Mitglieder sind Berufsrichter, drei sind nichtrichterliche Juristen und drei sind Laienrichter. Die Mitglieder des Verfassungsgerichtshofs werden vom Landtag mit einfacher Mehrheit auf neun Jahre gewählt. Alle drei Jahre scheidet ein Mitglied der drei erwähnten Gruppen aus. Zum 20. Juli 2021 sind dies bei den Berufsrichtern Jürgen Gneiting – der jedoch wiedergewählt wurde – und Ulrich Hebenstreit (Vertreter), bei den Mitgliedern mit der Befähigung zum Richteramt Prof. Dr. Christian Seiler und Bettina Backes (Vertreterin) – die beide wiedergewählt wurden – sowie bei den Laienrichtern Prof. Dr. Natalie Behnke und Dr. Christian Rath (Vertreter).
Konstituierung der Landtagsausschüsse – Teil 2
Stuttgart. Nachdem am heutigen Donnerstag, 24. Juni 2021, nun der Finanzausschuss, der Innenausschuss, der Ausschuss für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, der Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kunst, der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus sowie der Wahlprüfungsausschuss ihre Arbeit aufgenommen haben, ist die Konstituierung der neuen Ausschüsse abgeschlossen. Den Ausschüssen gehören jeweils 22 Mitglieder an. Ausnahme: der Wahlprüfungsausschuss mit sieben Mitgliedern.
Nach Angaben der Landtagspressestelle wurden in den einzelnen Gremien folgende Personalentscheidungen getroffen:
Ausschuss für Finanzen Vorsitzender: Martin Rivoir (SPD)
Stellv. Vorsitzende: Sarah Schweizer (CDU)
Ausschuss des Inneren, für Digitalisierung und Kommunen Vorsitzender: Ulli Hockenberger (CDU)
Stellv. Vorsitzende: Andrea Schwarz (Grüne)
Ausschuss für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Vorsitzender: Martin Hahn (Grüne)
Stellv. Vorsitzender: Klaus Hoher (FDP/DVP)
Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kunst Vorsitzende: Nese Erikli (Grüne)
Stellv. Vorsitzender: Dr. Rainer Balzer (AfD)
Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus Vorsitzender: Dr. Erik Schweickert (FDP/DVP)
Stellv. Vorsitzende: Katrin Schindele (CDU)
Wahlprüfungsausschuss Vorsitzender: Daniel Lindenschmid (AfD) Stellv. Vorsitzender: Michael Joukov-Schwelling (Grüne)
Wahlprüfungsausschuss befasst sich mit Einsprüchen gegen Landtagswahl 2021
Stuttgart. Mit den Einsprüchen gegen die Landtagswahl vom 14. März 2021 hat sich der Wahlprüfungsausschuss des 17. Landtags in seiner konstituierenden Sitzung am Donnerstag, 24. Juni 2021, befasst. Wie der neu gewählte Vorsitzende, der AfD-Abgeordnete Daniel Lindenschmid, im Anschluss an die Sitzung in Stuttgart mitteilte, wenden sich einige Einsprecher dagegen, dass ihnen eine Kandidatur durch behördliche Maßnahmen erschwert worden sei, nicht zuletzt durch Maßnahmen der Pandemiebekämpfung. Einige Einsprecher machen auch die Verfassungswidrigkeit verschiedener Bestimmungen des Wahlrechts geltend.
Nach der Wahl von Daniel Lindenschmid (AfD) zum Ausschussvorsitzenden und Michael Joukov-Schwelling (Grüne) zu dessen Stellvertreter behandelte das Gremium die insgesamt elf Wahleinsprüche.
Eine weitere Sachaufklärung, so Vorsitzender Lindenschmid, habe der Ausschuss in zehn Fällen für erforderlich gehalten. Deshalb sei die Landeswahlleiterin gebeten worden, zu diesen Einsprüchen Stellung zu beziehen. Nach Eingang der Stellungnahme werde der Wahlprüfungsausschuss voraussichtlich im Oktober wieder zusammentreten und über die Wahleinsprüche entscheiden.
Landtagsausschüsse treten erstmals zusammen – Teil 1
Stuttgart. Zu ihren konstituierenden Sitzungen haben sich am heutigen Mittwoch, 23. Juni 2021, der Ständige Ausschuss, der Ausschuss für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft, der Petitionsausschuss, der Ausschuss für Soziales, Gesundheit und Integration, der Ausschuss für Landesentwicklung und Wohnen, der Ausschuss für Europa und Internationales, der Verkehrsausschuss, der Ausschuss für Kultus, Jugend und Sport sowie das Parlamentarische Kontrollgremium getroffen. Jedem der Ausschüsse gehören 22 Mitglieder an. Eine Ausnahme ist das Parlamentarische Kontrollgremium mit zehn Mitgliedern. Die Konstituierung der weiteren Ausschüsse erfolgt am morgigen Donnerstag.
Wie die Landtagspressestelle mitteilt, wurden in den einzelnen Gremien folgende Personalentscheidungen getroffen:
Ständiger Ausschuss Vorsitzender: Guido Wolf (CDU)
Stellv. Vorsitzender: Ruben Rupp (AfD)
Ausschuss für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Vorsitzender: Daniel Karrais (FDP/DVP)
Stellv. Vorsitzender: Alexander Schoch (Grüne)
Petitionsausschuss Vorsitzender: Thomas Marwein (Grüne)
Stellv. Vorsitzender: Andreas Kenner (SPD)
Ausschuss für Soziales, Gesundheit und Integration Vorsitzender: Florian Wahl (SPD)
Stellv. Vorsitzende: Dorothea Wehinger (Grüne)
Ausschuss für Landesentwicklung und Wohnen Vorsitzende: Christiane Staab (CDU)
Stellv. Vorsitzender: Dr. Christian Jung (FDP/DVP)
Ausschuss für Europa und Internationales Vorsitzender: Willi Stächele (CDU)
Stellv. Vorsitzende: Andrea Bogner-Unden (Grüne)
Ausschuss für Verkehr Vorsitzender: Rüdiger Klos (AfD)
Stellv. Vorsitzender: August Schuler (CDU)
Ausschuss für Kultus, Jugend und Sport Vorsitzende: Petra Häffner (Grüne)
Stellv. Vorsitzende: Katrin Steinhülb-Joos (SPD)
Parlamentarisches Kontrollgremium Vorsitzender: Hans-Ulrich Sckerl (Grüne) Stellv. Vorsitzender: Thomas Blenke (CDU)
Landtag bietet jungen Künstlerinnen und Künstlern eine Bühne
Stuttgart. Die Kultur meldet sich nach langer Corona-bedingter Pause zurück: In der Agora beim Bürger- und Medienzentrum bietet der Landtag jungen Künstlerinnen und Künstlern ab sofort die Möglichkeit, wieder vor Publikum aufzutreten. Zum Auftakt gibt es eine Reihe von Afterworkkonzerten.
„Der Kultursektor hat besonders unter den mit der Corona-Pandemie verbundenen Einschränkungen gelitten. Dabei ist die Kultur die unverzichtbare Grundlage des geistigen und kulturellen Reichtums Deutschlands. Deshalb freue ich mich besonders, dass es nun wieder losgehen kann“, sagt Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne). Zum Auftakt des Kultursommers im Landtag gibt es am Montag, 28. Juni, ein Afterworkkonzert mit Johannes Lauer und Studierenden der Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst (HMDK).
„Auch und gerade in Krisenzeiten soll die Kultur die ihr gebührende Aufmerksamkeit erfahren“, so Aras. Die Präsidentinnen und Präsidenten der Länderparlamente hätten sich daher dafür ausgesprochen, kulturelle Belange wieder stärker in den Fokus zu rücken. „Mit den Konzerten in der Agora will der Landtag von Baden-Württemberg seinen Beitrag dazu leisten“, betont die Präsidentin.
Von Ende Juni bis in den September hinein können Bands sowie Solokünstlerinnen und -künstler aus ganz Baden-Württemberg immer nachmittags ab 17.30 Uhr die Agora als Bühne nutzen. Das musikalische Angebot reicht von Jazz bis Klassik, von Duke Ellington bis Richard Wagner. Zudem sind Lesungen, Kabarett und Poetry Slam geplant.
Nach dem Auftakt am 28. Juni wird die Reihe am 1., 5. und 8. Juli fortgesetzt, wiederum mit Afterworkkonzerten der HMDK. Am 29. Juli um 19 Uhr lädt das Haus der Geschichte zu einer Tour durch die Popkultur unter der Überschrift „Greed. Gier in Literatur und Popmusik“. Mit dabei sind die Kölner Schauspielerin Sonja Kargel und der Stuttgarter DJ Andreas Vogel. Weitere Termine mit Nachwuchskünstlerinnen und -künstlern aus ganz Baden-Württemberg sind in Planung.
Die Veranstaltungen zum Auftakt werden von der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst organisiert. Die HMDK informiert auf ihrer Internetseite unter https://www.hmdk-stuttgart.de/home/(externer Link) über die einzelnen Konzerte. In der Agora beim Bürger- und Medienzentrum des Landtags, die einem antiken griechischen Theater nachempfunden ist, dürfen pandemiebedingt maximal 24 Gäste live vor Ort dabei sein. Tickets für die Auftaktkonzerte gibt es direkt bei der HDMK und später ebenfalls jeweils bei den Veranstaltern.
Diätenanpassung zum 1. Juli 2021
Stuttgart. Orientiert an den vom Statistischen Landesamt festgestellten Daten zur allgemeinen Einkommens- und Kostenentwicklung werden die Diäten der Abgeordneten des Landtags von Baden-Württemberg zum 1. Juli 2021 angepasst und sinken erstmals wieder seit elf Jahren. Grundlage hierfür ist das sogenannte Indexierungsverfahren, das vom Landtag im Jahr 2005 eingeführt und am 9. Juni 2021 für die 17. Wahlperiode bestätigt wurde. Nach Angaben der Landtagsverwaltung reduziert sich entsprechend dieser Bemessungsmethode die steuerpflichtige Grundentschädigung für die Parlamentarierinnen und Parlamentarier um 2,9 Prozent auf 7.972 Euro.
Wie die Landtagsverwaltung weiter bekannt gibt, werden die Kostenpauschale um 0,7 Prozent auf 2.302 Euro und der Vorsorgebeitrag für die eigenständige Altersvorsorge um 2,9 Prozent auf 1.913 Euro erhöht. Bemessungszeitraum für die aktuelle Anpassung ist das Jahr 2020. Aufgrund der Corona-Pandemie hatte der Landtag die Anpassung der Diät 2020 ausgesetzt – es gab eine Nullrunde.
Indexierungsverfahren bedeutet, dass die Entschädigung auf der Grundlage statistischer Maßzahlen angepasst wird. Für die Grundentschädigung teilt das Statistische Landesamt die Veränderung des Nominallohnindex für Baden-Württemberg mit, der die allgemeine Einkommensentwicklung in Baden-Württemberg abbildet. Für die Kostenpauschale ermittelt das Statistische Landesamt den Wert anhand der Entwicklung des Verbraucherpreisindex für Baden-Württemberg, während sich der Vorsorgebeitrag an der Entwicklung des Höchstbeitrags zur allgemeinen Rentenversicherung ausrichtet. Auf der Grundlage dieser Werte werden die neuen Entschädigungsleistungen errechnet und von der Landtagspräsidentin im Gesetzblatt für Baden-Württemberg veröffentlicht.
Anlage: Bekanntmachung der Landtagspräsidentin vom 22. Juni 2021(externer Link)
Landtagspräsidentin Aras: „Wir müssen die Herausforderungen für unsere Zukunft in der Europäischen Union gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern angehen.“
Stuttgart/Straßburg. „Die Corona-Krise hat uns gezeigt, wo wir als Europäische Union besser werden müssen“, betonte Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) am Rande der ersten Plenartagung der Konferenz zur Zukunft Europas am 19. Juni 2021 in Straßburg. „Diese Konferenz bietet die einmalige Gelegenheit, ergebnisoffen mit den Bürgerinnen und Bürgern über die entscheidenden Themen der Europäischen Union zu diskutieren und Lösungswege zu finden. Diese Chance müssen wir nutzen“, so Aras, die als Delegierte der Fraktion Die Grünen im Europäischen Ausschuss der Regionen (AdR) ins Plenum der Zukunftskonferenz entsandt ist.
„Bei meiner Arbeit als Delegierte sind mir zwei Punkte besonders wichtig“, erklärte Aras. „Das ist erstens der Klimaschutz.“ Die Europäische Union habe hier bereits ehrgeizige Ziele gesetzt. Jetzt gehe es um die Umsetzung. „Dafür braucht es die richtigen Rahmenbedingungen und dafür braucht es auch Gelder, etwa einen Umweltfonds“, führte Aras weiter aus.
Als zweiten Schwerpunkt nannte Aras Rechtsstaatlichkeit und Solidarität. „Wir verlieren an Vertrauen und Glaubwürdigkeit, wenn wir diese Werte nicht vorleben und sie nicht einmal in der Europäischen Union eingehalten werden“, betonte sie. „Unsere europäischen Werte sind nicht verhandelbar. Sie gelten für alle Mitgliedstaaten, auch für Länder wie etwa Ungarn und Polen, in denen es zu massiven Verletzungen der Rechtsstaatlichkeit kommt“, so Aras weiter. „Zur Durchsetzung brauchen wir Mechanismen, die wirklich greifen.“
Hintergrund:
Die Konferenz zur Zukunft Europas ist ein breit angelegter Diskussionsprozess, der alle Akteure in der Europäischen Union, vor allem die Bürgerinnen und Bürger, einbezieht. Gemeinsam sollen zentrale Fragen zur Zukunft der Union diskutiert und Lösungsvorschläge erarbeitet werden. Die französische EU-Ratspräsidentschaft will im April 2022 Schlussfolgerungen vorlegen.
Der Europäische Ausschuss der Regionen (AdR) als beratendes Organ der EU ist im Plenum der Konferenz mit 30 Delegierten (von insgesamt 445) vertreten. Das Europäische Parlament, die nationalen Parlamente, die nationalen Regierungen und die Bürgerinnen und Bürger stellen die übrigen Delegierten. In neun Arbeitsgruppen sollen Prioritäten der EU, wie Klimawandel, Gesundheitskrisen, soziale Gerechtigkeit, Wirtschaft und demokratische Werte, erörtert und Verbesserungsvorschläge für die künftige Gestaltung der EU vorgelegt werden.
Alle Interessierten haben die Möglichkeit, sich über eine digitale Online-Plattform mit ihren Ideen einzubringen und Veranstaltungen unter Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger auszurichten. Den Link zur Plattform finden Sie hier:
https://futureu.europa.eu/?locale=de(externer Link)
Josef Frey als baden-württembergischer Delegationsvorsitzender im Oberrheinrat bestätigt
Stuttgart. Der Landtag von Baden-Württemberg hat am Mittwoch, 9. Juni 2021, die baden-württembergischen Mitglieder des Oberrheinrats gewählt. Im Nachgang zur Plenarsitzung hat die neue Delegation einstimmig den Landtagsabgeordneten Josef Frey (GRÜNE) zu ihrem Vorsitzenden gewählt und ihre Mitgliedschaft in den Fachkommissionen des Gremiums aufgeteilt.
Im Rahmen der thematischen Debatte war es den Mitgliedern ein wichtiges Anliegen, dass man sich in dem trinationalen Gremium mit den Auswirkungen der Corona-Pandemie und den daraus zu ziehenden Lehren für die Zukunft befassen solle. Darüber hinaus wurden die inhaltlichen Positionen zu den anstehenden Resolutionen der nächsten Plenarsitzung des Oberrheinrates am 17. September 2021 abgestimmt.
Neben den im Oberrheinrat vertretenen Landtagsabgeordneten nahmen auch mehrere baden-württembergische kommunale Vertreterinnen und Vertreter per Videokonferenz an der Sitzung der Delegation teil.
Parlamentarische Mitglieder Baden-Württembergs im Oberrheinrat
GRÜNE |
CDU |
SPD |
FDP/DVP |
AfD |
|
|
|
|
|
Behrens Frey Nüßle Pix Saint-Cast
|
Dr. Becker Hartmann-Müller Dr. Schütte |
Hoffmann |
Dr. Jung |
Klos |
Weitere Informationen:
Josef FREY Vizepräsident des Oberrheinrats
Mail: josef.frey@gruene.landtag-bw.de(externer Link)
Ständiges Sekretariat : +49 (0) 7851 7407 42 / kleinert@oberrheinrat.org(externer Link)
Die Kooperation am Oberrhein – kurz erklärt
Keine andere europäische Region arbeitet grenzüberschreitend so eng und erfolgreich zusammen wie die Trinationale Metropolregion Oberrhein. Die Teilregionen Elsass, Baden, Südpfalz und Nordwestschweiz mit ihren 6 Mio. Einwohnern fügen sich zu einem gemeinsamen Kultur-, Lebens- und Wirtschaftsraum zusammen. Viele private und staatliche Initiativen fördern u.a. Mobilität, Bildung, Forschung und Umweltschutz in der Dreiländerregion.
Gestaltet und begleitet wird die Kooperation von der Oberrheinkonferenz(externer Link) und dem Oberrheinrat. Die Oberrheinkonferenz(externer Link) verbindet die Regierungs- und Verwaltungsbehörden. Sie initiiert eine Vielzahl von Projekten und forciert deren Umsetzung. Der Oberrheinrat bildet die Versammlung der politisch Gewählten; er nimmt zu wichtigen regionalen Fragen Stellung, auch gegenüber Brüssel, Paris, Berlin und Bern.
Übergangsausschuss genehmigt Lockerungsschritte
Stuttgart. Die sinkenden Inzidenzzahlen ermöglichen weitere Öffnungen. Der Übergangsausschuss des Landtags von Baden-Württemberg hat in seiner Sitzung am 9. Juni 2021 eilige Corona-Verordnungen beraten. Das hat der Vorsitzende des Gremiums, Hans-Ulrich Sckerl (Grüne), mitgeteilt. „Der Übergangsausschuss hat sich sehr rasch mit den Lockerungsschritten befasst und sie genehmigt“, so Sckerl.
„Wir hatten konstruktive Diskussionen mit Sozialminister Lucha und Kultusministerin Schopper“, stellte der Vorsitzende fest. Neun eilige Anpassungen seien von den Ministerien vorgelegt worden. Neben redaktionellen Änderungen und Klarstellungen gab es auch Konkretisierungen, etwa bei der Corona-Verordnung Bäder und Saunen. Hier mussten die Öffnungsstufen konkretisiert und Details zur Umsetzung der Öffnung von Frei- und Hallenbädern jeglicher Art sowie Saunen und Badeseen mit kontrolliertem Zugang festgelegt werden. Mehr Klarheit gibt es nun auch zum Thema Quarantäne und bezüglich der Definition eines Schnelltests, die Corona-Verordnung wurde hier ebenfalls angepasst. Überdies liegt nun eine Muster-Bescheinigung über das Vorliegen eines negativen oder positiven Schnelltests auf SARS-CoV-2 vor, die an Schulen ausgegeben werden soll. Schultests haben eine Gültigkeit von 60 Stunden und der Nachweis soll Schülerinnen und Schülern die Teilnahme etwa am Freizeitsport ermöglichen. Durch die Aufnahme der bisher in der Corona-Arbeitsschutzverordnung verankerten Homeoffice-Pflicht musste die Zuständigkeit für die Überwachung dieser Pflicht den unteren Verwaltungsbehörden als Arbeitsschutzbehörden übertragen werden. Hierzu waren ebenfalls entsprechende Änderungen vorzunehmen.
Übergangsausschuss billigt Corona-Verordnungen
Stuttgart. Die Corona-Zahlen sinken, die Pfingstferien stehen vor der Türe: Der Übergangsausschuss des Landtags von Baden-Württemberg hat in seiner Sitzung am 20. Mai 2021 sieben eilige Corona-Verordnungen beraten. Das hat der Vorsitzende des Gremiums, Hans-Ulrich Sckerl (Grüne), mitgeteilt. „Der Landtag hat die Änderungen der Corona-Verordnungen gebilligt“, bestätigte Sckerl. Überdies habe der Ausschuss seine Zustimmung für eine weitere Mehrausgabe im Bereich Digitalisierung in Medizin und Pflege gegeben.
Eine Verordnung des Sozialministeriums habe etwa das Thema Einreise-Quarantäne betroffen. Absonderungspflichten bei Einreisen aus Risikogebieten sind seit 13. Mai bundeseinheitlich geregelt. Deshalb waren die Regelungen der Corona-Verordnung Einreise-Quarantäne aufzuheben, was nun auch formal geschehen ist. Auch die Corona-Verordnung Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen ist angepasst worden. Aufgrund des festgestellten geringen Risikos einer Übertragbarkeit können geimpfte bzw. genesene Besucher in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen jetzt von der Testpflicht ausgenommen werden. Ebenso sind Erleichterungen für das geimpfte und genesene Pflegepersonal im Hinblick auf Masken- und Testpflicht vorgesehen. Überdies sind die Corona-Verordnungen Messen sowie Reisebusse aufgehoben worden. Korrekturbedarf habe es bei den Corona-Verordnungen Angebote Kinder- und Jugendarbeit sowie Jugendsozialarbeit und Familienbildung und Frühe Hilfen gegeben. Ebenfalls betroffen war eine Verordnung des Wissenschaftsministeriums zur Änderung der Corona-Verordnung Studienbetrieb. Mit der neuen Verordnung habe die Landesregierung an Öffnungen gearbeitet. „Das Ziel ist, die Inzidenzen zu senken und gleichzeitig öffnen zu können“, so der Vorsitzende Sckerl.
Stellvertretend für den noch nicht konstituierten Finanzausschuss hat der Übergangsausschuss zudem einer Entnahme aus der Rücklage für Haushaltsrisiken zugestimmt. In der Digitalisierung in Medizin und Pflege – Bereich Langzeitpflege sind verschiedene Maßnahmen geplant, etwa die Weiterentwicklung des Landeskompetenzzentrums Pflege & Digitalisierung, die Digitalisierung der Pflegestützpunkte Baden-Württemberg sowie verschiedene Projektförderungen. Die Entnahme soll aus der Rücklage „Zukunftsland BW – Stärker aus der Krise“ erfolgen.
Übergangsausschuss hat sich konstituiert
Stuttgart. Am heutigen Dienstag, 11. Mai 2021, hat sich der Übergangsausschuss des Landtags von Baden-Württemberg konstituiert. „Das ist heute eine Premiere in der Geschichte des Landtags“, so Winfried Mack, dem als dienstältestes Mitglied die Eröffnung der Sitzung vorbehalten war. „Der Übergangsausschuss ist ein provisorischer Ausschuss der tagt, bis sich die Fachausschüsse des Landtags konstituiert haben“, erläuterte Mack.
Das Gremium, das 22 Mitglieder hat, wählte Hans-Ulrich Sckerl (Grüne) einstimmig zu seinem Vorsitzenden. Der Ausschussvorsitzende leitete dann die Wahl seines Stellvertreters. Gewählt wurde – ebenfalls einstimmig – Arnulf Freiherr von Eyb (CDU). Sckerl erläuterte kurz die Aufgaben des Übergangsausschusses und gab Hinweise zu Zuständigkeit und Verfahren. Das Gremium entscheide etwa für den Finanzausschuss, wenn die Entnahme von Mitteln aus der Rücklage für Haushaltsrisiken 7,5 Millionen Euro überschreitet. Außerdem über Finanzhilfen ab 500.000 Euro – das ist der Zuständigkeitsbereich des Wirtschaftsausschusses – und über Corona-Verordnungen (Ständiger Ausschuss). Ob das Gremium überhaupt zusammentreten müsse, sei noch nicht klar. „Wenn wichtige Entscheidungen zu treffen sind, rufe ich Sie zusammen“, so Sckerl. Die Konstituierung der Fachausschüsse des Landtags von Baden-Württemberg ist geplant für den 23. und 24. Juni 2021.
Information:
Mitglieder des Übergangsausschusses:
Grüne: Susanne Bay, Petra Häffner, Oliver Hildenbrand, Cindy Holmberg, Petra Krebs, Daniel Lede Abal, Andreas Schwarz und Hans-Ulrich Sckerl. CDU: Arnulf Freiherr von Eyb, Sabine Hartmann-Müller, Raimund Haser, Winfried Mack, Dr. Albrecht Schütte, und Tobias Wald. SPD: Sascha Binder, Gernot Gruber und Dr. Boris Weirauch. FDP/DVP: Jochen Haußmann, Dr. Timm Kern und Dr. Hans-Ulrich Rülke. AfD: Dr. Rainer Podeswa und Carola Wolle.
Grünen-Abgeordnete Muhterem Aras erneut zur Landtagspräsidentin gewählt
Stuttgart. In seiner Konstituierenden Sitzung am Dienstag, 11. Mai 2021, hat der Landtag von Baden-Württemberg die Grünen-Abgeordnete Muhterem Aras erneut zur Präsidentin gewählt. 130 der 152 anwesenden Abgeordneten stimmten für Aras, 18 dagegen, drei enthielten sich. „Ich danke Ihnen für die Wiederwahl und die Wertschätzung, die darin zum Ausdruck kommt. Es ist mir eine Ehre, dieses Amt weiterzuführen“, sagte die Präsidentin.
Zu stellvertretenden Präsidenten wurden der CDU-Abgeordnete Dr. Wolfgang Reinhart und der SPD-Abgeordnete Daniel Born gewählt. Reinhart erhielt 121 Stimmen von 151 anwesenden Abgeordneten, 20 stimmten gegen ihn, zehn enthielten sich Auf Daniel Born entfielen 106 Stimmen von 152 Abgeordneten, 35 stimmten gegen ihn, neun enthielten sich. Eröffnet wurde die erste Sitzung des 17. Landtag von Alterspräsident und zugleich Ministerpräsident Winfried Kretschmann.
Landtagspräsidentin Aras nahm in ihrer Eröffnungsrede Bezug auf die weiterhin anhaltende Corona-Pandemie und die Bedeutung des Parlaments in dieser schweren Krise. „Der weltweite Ausbruch des Corona-Virus hat uns zutiefst erschüttert. Die Einschnitte in unsere Gesellschaft sind tief“, betonte Aras. In dieser Zeit der Krise sei politisches Handeln sichtbar und fühlbar wie nie. Die Pandemie nehme Einfluss auf Milliarden von Lebensläufen. „Sie wird trotz allem eine Möglichkeit sein, zu dem entschlossenen Handeln zu finden, das wir so dringend brauchen.“
Aras ermutigte das Parlament: „Lassen wir gemeinsam dieses Parlament in seiner 17. Amtsperiode überzeugen durch unser Handeln: durch unseren Mut zu Entscheidungen, zu Kooperation, zur Vision und durch unseren Mut zum Zuhören.“ Abgeordnete trügen eine besondere Verantwortung. „Was wir heute beschließen, wirkt ins Morgen“, sagte die Präsidentin. Und ihr Appell: „Lassen Sie uns gemeinsam den Weg bereiten, für diejenigen, die auf uns folgen werden. Richten wir in dieser Amtsperiode den Blick aufs Ganze!“
Präsidentin Aras: „Mit der Illuminierung unseres Landtags zeigen wir europaweit unsere Verbundenheit mit den Werten der Europäischen Union“
Stuttgart. „Mit der blauen Illuminierung unseres Landtags am Sonntag zeigen wir europaweit unsere Verbundenheit mit den Errungenschaften und Werten der Europäischen Union“, betonte Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) im Vorfeld des Europatags am 9. Mai. „Wir setzen damit zugleich ein Zeichen, dass wir uns aktiv an den Diskussionen der ‚Konferenz zur Zukunft Europas‘ beteiligen wollen“, so Aras weiter. „Machen auch Sie mit – es geht um die Zukunft von uns allen!“, appellierte die Präsidentin an alle Bürgerinnen und Bürger, sich über die digitale Plattform der Konferenz mit eigenen Ideen zur Zukunft Europas einzubringen. Erreichbar ist die Onlineplattform der EU unter https://futureu.europa.eu.(externer Link)
„Ich begrüße es sehr, dass der europaweite Diskussionsprozess im Rahmen der sogenannten ‚Konferenz zur Zukunft Europas‘ jetzt endlich startet und die Bürgerinnen und Bürger in den Mittelpunkt stellt“, zeigte sich Aras im Vorfeld der Auftaktveranstaltung am diesjährigen Europatag erfreut. „Was wir jetzt brauchen, sind solidarisches Handeln und neue Ideen für die Zukunft Europas. Ich denke hier vor allem an die Krisenbewältigung und den Gesundheitsbereich, an Umwelt und Klimawandel und an unsere europäischen Werte und die Stärkung der Demokratie“, führte Aras aus. „Jede und jeder ist aufgerufen, sich zu Themen einzubringen, die ihm oder ihr wichtig sind. Es geht um die Zukunft von uns allen!“
Die Konferenz zur Zukunft Europas ist ein Diskussionsprozess unter Federführung der Europäischen Kommission, des Europäischen Parlaments und des Rates der Europäischen Union, der bis Frühjahr 2022 laufen soll. Schlussfolgerungen sollen unter französischer EU-Ratspräsidentschaft im ersten Halbjahr 2022 vorgelegt werden. Neben den Bürgerinnen und Bürgern sind politische, wirtschaftliche, soziale und sonstige Interessensträger aufgerufen, Ideen beizusteuern, wie die Zukunft Europas aussehen könnte. „Gerade in der Corona-Pandemie zeigt sich, dass wir mehr Solidarität und mehr Kompetenzen der EU zur Bewältigung von Krisen brauchen“, so Aras.
Die Präsidentinnen und Präsidenten der deutschsprachigen Landesparlamente haben bereits am 1. Februar 2021 auf Initiative von Präsidentin Aras eine europapolitische Erklärung angenommen. Darin bekräftigen sie, dass sie zur Stärkung der Legitimation der Europäischen Union beitragen und deren künftigen Weg mitgestalten wollen. „Unser direkter Draht zu den Bürgerinnen und Bürgern vor Ort legitimiert uns dafür in besonderer Weise. Das wollen wir nutzen. Der Landtag wird sich deshalb in den kommenden Monaten intensiv mit der Zukunftskonferenz befassen“, bekräftigte Präsidentin Aras.
Hintergrund:
Auf Initiative der Konferenz der Präsidentinnen und Präsidenten der europäischen Regionalparlamente mit Gesetzgebungsbefugnissen (CALRE) – @calrenet, Hashtag #EuropeDay2021 und #CALRE2021 – werden am Europatag, ab Einbruch der Dunkelheit, Parlamentsgebäude EU-weit blau illuminiert.
Für Beiträge zur Konferenz zur Zukunft Europas steht seit dem 19. April 2021 eine mehrsprachige Konferenzplattform zur Verfügung.
Sie ist über den Link https://futureu.europa.eu erreichbar.
Den Text der europapolitischen Erklärung, den die deutschen und österreichischen Landesparlamente und der Südtiroler Landtag unter Beteiligung des Parlaments der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens am 1. Februar 2021 verabschiedet haben, finden Sie hier (https://www.landtag-bw.de/files/live/sites/LTBW/files/dokumente/Pressemitteilungen/Anlage%20zu%20PM%2017%20%20-%20Erkl%c3%a4rung.pdf)(externer Link)
Präsidentin Aras: „Entscheidungsprozesse müssen jederzeit nachvollziehbar sein“
Stuttgart. Verbände und Organisationen, die ihre Interessen gegenüber dem Landtag von Baden-Württemberg vertreten wollen, müssen sich seit 1. Mai 2021 im Transparenzregister des Landtags registrieren. Das Landesparlament hat das Transparenzregistergesetz am 4. Februar 2021 beschlossen – jetzt ist es in Kraft getreten. Ab sofort ist das Transparenzregister online über die Homepage des Landtags erreichbar.
Das Gesetz schließt die Interessenvertretung gegenüber dem Landtag, seinen Gremien, Fraktionen oder Mitgliedern ein, ebenso gegenüber der Landesregierung oder ihren Mitgliedern. Eine Eintragung ins transparenzregister(interner Link) wird erforderlich, wenn die Interessenvertretung regelmäßig betrieben wird, wiederholt erfolgt und auf Dauer ausgelegt ist oder für Dritte erfolgt. Eine parlamentarische Anhörung einer Organisation oder eines Verbandes soll nur mehr stattfinden, wenn die Organisation oder Verband im Transparenzregister vollständig eingetragen ist. Dies gilt auch für die Durchführung parlamentarischer Abende. Bei unzulässiger Interessenvertretung drohen eine Abmahnung, eine öffentliche Rüge oder der Ausschluss von Anhörungen und parlamentarischen Abenden.
„Komplexe politische Entscheidungsprozesse müssen jederzeit nachvollziehbar sein. Das neue Transparenzregister kann dazu einen wichtigen Beitrag leisten“, sagte Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne). Sie sei stolz, dass Baden-Württemberg als erstes und bisher einziges Bundesland die Interessenvertretung gegenüber dem Landtag und der Landesregierung in dieser Form gesetzlich geregelt hat.
Religionsgemeinschaften, Presse und Rundfunk, Amts- und Mandatsträgerinnen und -träger in Ausübung ihrer Tätigkeit, Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände im Rahmen der Einflussnahme auf Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen, Petenten, die kommunalen Spitzenverbände auf Bundes- und Landesebene sowie politische Parteien können sich freiwillig registrieren. Eine Pflicht besteht für sie nicht.
Im Transparenzregister muss unter anderem angegeben werden, wie hoch die jährlichen finanziellen Aufwendungen im Bereich der Interessenvertretung sind.
Unter dieser Webadresse ist das Register erreichbar: transparenzregister(interner Link)
Sechs Jugendliche erhalten den Förderpreis des 63. Schülerwettbewerbs des Landtags
Stuttgart. Für den Förderpreis des Schülerwettbewerbs des Landtags von Baden-Württemberg sind nicht Perfektion oder Umfang entscheidend; stattdessen sollen die Arbeiten authentisch und originell sein. In diesem Jahr steht die Preisvergabe im Zeichen der Pandemie. Auf die Qualität der Beiträge wirkte sie sich jedoch nicht aus: Die Arbeiten von gleich sechs Schülerinnen und Schülern haben die Kriterien für einen Förderpreis des 63. Schülerwettbewerbs voll erfüllt: Jan Bulling, Linn Schuster und David Heurich, Jona Dörr, Max Günter und Ieva Sermukaite werden mit diesem besonderen Preis ausgezeichnet. Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne), die Schirmherrin des Wettbewerbs, würdigte ihre Leistung: „Ihr habt nicht nur an einem Wettbewerb teilgenommen. Ihr habt eure Stimme eingebracht in den politischen Diskurs. Ihr habt euch mit euren Arbeiten beteiligt am großen gesellschaftlichen Gespräch.“
Neben diesen sechs herausragenden Beiträgen sind auch noch viele weitere Arbeiten preiswürdig: Beinahe jede zweite Teilnehmerin und jeder zweite Teilnehmer erhält eine Auszeichnung; 44 Schülerinnen und Schüler werden mit einem Ersten Preis geehrt. Statt im Plenarsaal des Landtags bekommen diese Preisträgerinnen und Preisträger ihre Urkunden in diesem Jahr pandemiebedingt jedoch an ihren Schulen. Landtagspräsidentin Aras bedankt sich in einer Videobotschaft bei allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern: „Unsere Demokratie braucht das Engagement junger Menschen, die sich Gedanken machen und einbringen.“ Sie ermuntert alle: „Bleibt dran an der Politik!“
Seit mittlerweile 34 Jahren wird neben den Ersten, Zweiten und Dritten Preisen beim Schülerwettbewerb auch noch der Förderpreis vergeben – für Beiträge, die noch aus den Ersten Preisen herausstechen. Die sechs in diesem Jahr prämierten Arbeiten unterscheiden sich dabei nicht nur in ihrem Thema, sondern auch in ihrer Form. Jan Bulling zum Beispiel beschäftigte sich in seiner Facharbeit mit Chancen und Risiken von Künstlicher Intelligenz und Automatisierung. Linn Schuster hingegen ging in ihrer Erörterung einer ganz anderen aktuellen Frage nach: „Freiheit in der Krise: Ist es angemessen in Krisensituationen wie der Corona-Pandemie Freiheitsrechte einzuschränken?“ lautete ihr selbstgewähltes Thema. Auch David Heurich wählte kein vorgegebenes Thema, sondern entschied sich für ein eigenes. Er verfasste eine Facharbeit zu „Schulden über Schulden – hält der Staat das aus?“ Jona Dörr wiederum ging einen ganz anderen Weg: keinen schriftlichen, sondern einen mündlichen. Sie hielt eine Rede zu Feminismus und wies dabei entschieden zurück, dass es sich dabei um eine überholte Bewegung handle. Max Günter verfasste eine Kurzgeschichte: In „Das verlorene Zuhause“ zieht er seine Leser in die Geschichte einer geflüchteten Familie. Ieva Sermukaite schließlich schreibt im Schülerwettbewerb Geschichte: Für ihren Comic „Was kann ich tun, um weniger rassistisch zu sein?“ erhält mit ihr zum ersten Mal eine Schülerin eines Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentrums für Lernen (SBBZ) einen Förderpreis.
Generell erfreute sich der Schülerwettbewerb auch in seiner 63. Auflage großer Beliebtheit – allen Unwägbarkeiten der Corona-Pandemie zum Trotz. 2.710 Schülerinnen und Schüler aus 162 Schulen haben insgesamt 2.193 Arbeiten eingereicht. Im Vergleich zum Vorjahr waren das nur acht Prozent weniger engagierte Jugendliche – sodass sich die Pandemie weniger stark in der Teilnehmerzahl niederschlug als befürchtet. Allerdings konnten nicht alle eingereichten Arbeiten in die Bewertungen aufgenommen werden, da zum Beispiel Unterschriften von Eltern fehlten, die erlaubten, dass die Daten gespeichert werden dürfen. 88 Beiträge waren davon betroffen.
Weitere neun Anträge auf Finanzhilfen in Höhe von insgesamt über zehn Millionen Euro bewilligt
Stuttgart. Der Wirtschaftsausschuss des Landtags hat in seiner Sondersitzung am Montag, 26. April 2021, neun Finanzhilfeanträge von insgesamt zwölf Unternehmen und zwei Forschungsinstituten im Land bewilligt. Das Volumen der in der zweiten Runde freigegebenen Fördergelder beträgt rund 10,9 Millionen Euro. Bereits in der ersten Runde im März hatte der Ausschuss Fördergelder in Höhe von 7,7 Millionen Euro genehmigt. „Auch dieses Mal unterstützt das Land Baden-Württemberg innovative, hochtechnologische und zukunftsweisende Projekte. Dies verdeutlicht die Innovationskraft vieler Unternehmen im Land, die in die Zukunft investieren und somit Wettbewerbsfähigkeit und Arbeitsplätze im Land sichern“, sagte der Vorsitzende des Ausschusses, der Abgeordnete Prof. Dr. Erik Schweickert (FDP/DVP).
Die Landesregierung hatte im Dezember 2020 die Eckpunkte für das größte branchenoffene Innovations- und Investitionsförderprogramm in der Geschichte des Landes Baden-Württemberg beschlossen. Für Invest BW sollen insgesamt 300 Millionen Euro zur einzelbetrieblichen Investitions- und Innovationsförderung bereitgestellt werden. Invest BW war am 15. Januar 2021 offiziell gestartet. Angekündigt war zunächst, dass bis zum 31. Dezember 2021 Anträge beim beauftragten Projektpartner VDI/VDE Innovation + Technik GmbH über die Website www.invest-bw.de gestellt werden können. Vor diesem Hintergrund äußerte sich der Ausschussvorsitzende Dr. Schweickert kritisch zu der am 16. April 2021 bekanntgegebenen Antragspause. Zahlreiche Unternehmen und Forschungseinrichtungen hätten bereits an einem Förderantrag gearbeitet und wollten diesen nun auch noch stellen. Die Landesregierung müsse daher ihre Ankündigungen auch umsetzen und das Förderprogramm in voller Höhe durchführen. Man könne nicht erst Förderungen in Aussicht stellen und dann die Beantragung kurzfristig aussetzen.
Das Interesse an dem Förderprogramm ist nach Angaben des Vorsitzenden im gesamten Land nämlich weiterhin sehr groß. „Bis Mitte April sind bereits 330 Anträge mit einem Fördervolumen von 156,8 Millionen Euro eingereicht worden. Darüber hinaus weiß ich aber von zahlreichen weiteren guten und förderwürdigen Ideen“, sagte Dr. Erik Schweickert. Die Förderung erfolge in Form eines nicht rückzahlbaren Zuschusses als Anteilsfinanzierung durch das Land. Gemäß Paragraf 5 Absatz 8 Staatshaushaltsgesetz ist vor der Gewährung von Zuschüssen im Rahmen der Förderung der gewerblichen Wirtschaft die Zustimmung des Wirtschaftsausschusses erforderlich, wenn diese Finanzhilfe 500.0000 Euro oder mehr beträgt.
Nach Angaben des Vorsitzenden stimmte der Ausschuss der Förderung der folgenden neun Anträge zu: Die ERBE Elektromedizin GmbH (Tübingen) erhält eine Förderung in Höhe von 1,19 Millionen Euro für das Innovationsvorhaben „Intraoperative Therapieassistenz für brusterhaltende Tumortherapien“. Ziel des Projekts ist die Entwicklung eines neuartigen Therapieassistenzsystems, welches an ein Hochfrequenz-Chirurgie-Instrument integriert ist und eine intraoperative und spektroskopische Gewebedifferenzierung während der Therapie ermöglicht. Das Instrument soll eingesetzt werden, um bei Brustkrebspatienten das Tumorgewebe chirurgisch komplett zu entfernen bei gleichzeitig maximaler Erhaltung des gesunden Anteils des Organs.
Die Scantinel Photonics GmbH (Ulm), die Vanguard Automation GmbH (Karlsruhe) und die SICK AG (Waldkirch) erhalten eine Förderung in Höhe von insgesamt 2,07 Millionen Euro für das gemeinsame Verbundvorhaben „FMCW-LiDAR“ für industrielle Anwendungen. Das Projekt zielt auf die Entwicklung eines Versuchsprototyps eines neuartigen 3D LiDAR-Sensorsystems (Light Imaging, Detecion and Ranging). Dieses neue Verfahren soll es ermöglichen, auch über große Distanzen die Entfernungen von Objekten zu erfassen. Auch die Geschwindigkeit von Objekten kann einfacher und besser erfasst werden.
Die ADLATUS Robotics GmbH (Stuttgart), die InMach Intelligente Maschinen GmbH (Ulm), das Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung (Stuttgart) sowie die BWCON Research gGmbH (Stuttgart) erhalten eine Förderung in Höhe von 2,3 Millionen Euro für das gemeinsame Verbundvorhaben „Entwicklung neuer Schlüsseltechnologien für die roboterbasierte Reinigung und Desinfektion von Böden und Oberflächen im Gesundheitswesen“. Hierzu sollen neue Hardwarekomponenten erarbeitet werden, etwa zusätzliche Roboterarme zum automatischen Öffnen von Türen. Zudem sollen innovative Softwarelösungen in Verbindung mit einer präziseren Sensorik eine bessere kleinräumige Navigation und Reinigung ermöglichen.
Die Heinzmann GmbH (Schwäbisch Gmünd) erhält eine Million Euro zum Bau eines speziellen Schwachholzsägewerks. Die Anschaffung zielt auf eine schnelle, leistungsfähige Spanerlinie mit modernster Steuerung und Qualitätserkennung, die mittels spezialisierter Scannertechnologie sowie flexibler Sortierung auch unförmige Industriehölzer bearbeiten kann. Das Unternehmen erhofft sich dadurch den Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit und eine mögliche Verdopplung der Produktionsmenge.
Die Haager GmbH & Co. KG (Pforzheim) erhält einen Zuschuss in Höhe von 733.418 Euro für das Investitionsvorhaben „Höchstpräzise Fertigungstechnik für Micro-Mechanikteile“. Der Zulieferer für Medizintechnik plant die Anschaffung neuer Hochpräzisions-CNC-Maschinen. Hierdurch erhofft sich das Unternehmen weitere Geschäftsfelder in sensiblen Bereichen der Medizintechnik zu erschließen und gleichzeitig Effizienz- sowie Nachhaltigkeitseffekte auslösen zu können, indem beispielsweise die Abwärme der neuen Maschinen zur weiteren Energiegewinnung genutzt werden kann.
Die Koepfer Zahnrad- und Getriebetechnik GmbH (Furtwangen) erhält eine Förderung in Höhe von einer Million Euro für das Investitionsvorhaben „E-Mobility“. Das Unternehmen hat eine internationale Ausschreibung eines europäischen Autoherstellers bezüglich komplexer Zahnradkomponenten für hundertprozentig batteriebetriebene Elektroautos gewonnen. Das Projekt beinhaltet die Entwicklung von drei komplexen Zahnrädern. Diese Art von Zahnrädern wird künftig auch für Elektroantriebe anderer Hersteller benötigt werden.
Die Varta Microbattery GmbH (Ellwangen) erhält einen Zuschuss in Höhe von einer Million Euro für das Investitionsvorhaben „Gedruckte Zink-Batterie mit hoher Pulslastfähigkeit“. Das Unternehmen plant den Aufbau einer Produktion für gedruckte Zink-basierte Batterien für Hochstromanwendungen. Mit dem Vorhaben soll die weltweit erste Produktionsanlage dieser Art in Baden-Württemberg errichtet werden. Die Batterien werden für gedruckte LTE-Funketiketten benötigt, was der Logistik neue Möglichkeiten eröffnen soll. Mit der neuen massenproduktionstauglichen Anlage soll die Herstellung künftig vollautomatisiert und schneller ablaufen und so niedrigere Preise ermöglichen.
Die Schondelmaier GmbH Presswerk (Gutach) erhält 622.215 Euro für das Projekt „innovative Fertigungslinie Motorgehäuse + Lagerschild aus Alu“. Das Unternehmen hat sich auf die Produktion von Kaltmassivteilen mit zerspanender Weiterverarbeitung für die Autoindustrie und Zuliefererindustrie spezialisiert. Mit der Investition soll eine Fertigungszelle für die Linienfertigung errichtet werden. Das Unternehmen reagiert damit auf die Veränderungen in der Branche und richtet seine Produktion auf die Elektromobilität aus. Leichtbauteile aus Aluminium spielen in der Elektromobilität eine wichtige Rolle.
Die Zürcher Holding GmbH (Meißenheim) erhält eine Million Euro für eine Aufbereitungsanlage für Boden- und Schottermaterial. Das Recycling-Werk des Unternehmens hat im Zuge einer Betriebserweiterung eine Genehmigung für die Annahme von gefährlichen Stoffen und Abfall erhalten. Diese sollen mit der neu geplanten Anlage über eine kombinierte Lkw- und Bahn-Entladestation angenommen, dann der Waschanlage zugeführt, dort gewaschen, mit der Brecheranlage zerkleinert und anschließend in verschiedenen Größen über eine Siebanlage in Halden für den Abtransport gelagert werden.
Wirtschaftsausschuss bewilligt Finanzhilfen in Millionenhöhe für neun Unternehmen im Land
Stuttgart. Der Wirtschaftsausschuss des Landtags hat in seiner Sondersitzung am Montag, 29. März 2021, Finanzhilfen für neun Unternehmen im Land bewilligt. Das Volumen der freigegebenen Fördergelder beträgt rund 7 Millionen Euro. „Mit den Fördergeldern unterstützt das Land Innovationen und Investitionen hiesiger Unternehmen. Dies dient nicht nur der Wettbewerbsfähigkeit, sondern zugleich auch der Sicherung von Arbeitsplätzen im Land“, sagte der Vorsitzende des Ausschusses, der Abgeordnete Dr. Erik Schweickert (FDP/DVP).
Die Landesregierung hat im Dezember 2020 die Eckpunkte für das größte branchenoffe-ne Innovations- und Investitionsförderprogramm in der Geschichte des Landes Baden-Württemberg beschlossen. Für Invest BW sollen insgesamt 300 Millionen Euro zur ein-zelbetrieblichen Investitions- und Innovationsförderung bereitgestellt werden. Invest BW ist am 15. Januar 2021 offiziell gestartet. Bis 31. Dezember 2021 können Anträge beim beauftragten Projektpartner VDI/VDE Innovation + Technik GmbH über die Website www.invest-bw.de(externer Link) gestellt werden. Der Ausschussvorsitzender Dr. Schweickert rief dazu auf, dass sich auch weitere Unternehmen mit anstehenden Investitionen in standortsi-chernde Zukunftstechnologien um die Förderung bewerben.
„Das Interesse und die Nachfrage nach dem Förderprogramm ist im gesamten Land sehr groß. Bis zum 19. März sind bereits 187 Anträge mit einem Fördervolumen von 88,6 Millionen Euro eingereicht worden“, sagte Dr. Erik Schweickert. Die Förderung erfolge in Form eines nicht rückzahlbaren Zuschusses als Anteilsfinanzierung durch das Land. Gemäß Paragraf 5 Absatz 8 Staatshaushaltsgesetz ist vor der Gewährung von Zuschüssen im Rahmen der Förderung der gewerblichen Wirtschaft die Zustimmung des Wirtschaftsausschusses erforderlich, wenn diese Finanzhilfe 500.0000 Euro oder mehr beträgt.
Nach Angaben des Vorsitzenden stimmte der Ausschuss der Förderung der folgenden neun Unternehmen zu: Die Enit Energy IT Systems GmbH aus Freiburg erhält einen Zuschuss in Höhe von 771.236,05 Euro für das Innovationsvorhaben ENIT Agent 2.0+ Edge-Computing-Lösung für KMU zur Beschleunigung von Photovoltaik-Implementierungen und Energieeffizienz. Die Friedrich Kicherer GmbH & Co. KG aus Ellwangen erhält eine Förderung in Höhe von einer Million Euro für das Vorhaben „Stahlcenter III“. Dabei soll eine moderne Produktionsanlage für die Konfektionierung, den Zuschnitt und die baustellenfertige Anarbeitung von Stahlträgern und Profilstählen errichtet werden.
Die Magna Energy Storage Systems GmbH aus Schwäbisch Gmünd erhält für die Errichtung einer Produktionsanlage zur Herstellung mobiler Flüssigwasserstoffspeicher für Fahrzeuge eine Fördersumme in Höhe von einer Million Euro. Die AMT Schmid GmbH & Co. KG aus Sauldorf-Krumbach erhält für die Erweiterung einer neuen Produktbaureihe einen Zuschuss in Höhe von 924.850,40 Euro. Der Antriebsspezialist will mit seiner geplanten Investition seine aktuelle Wettbewerbsposition ausbauen.
Die smk systeme metall kunststoff GmbH & Co. KG aus Filderstadt erhält eine Förderung in Höhe von 731.360 Euro für eine neue Produktlinie zur Herstellung effizienter Kühlkörper. Der Spezialist für innovative Systeme und Bauteile aus Kunststoff und Metall für die Autoindustrie, Medizintechnik und Anlagenbau will an seinem Firmensitz in eine Rohrfertigungszelle, eine Laserschweißanlage sowie eine Durchzugsanlage für Flanschrohre investieren. Die GRAMM Profiltechnik GmbH aus Friedrichshafen erhält für die Errichtung einer innovativen Stanz-, Profilier- und Biegeanlage zur Herstellung neuartiger Fassadenelemente aus Stahl und Aluminium einen Zuschuss in Höhe von 837.616 Euro.
Die wenglor sensoric elektronische Geräte GmbH aus Friedrichshafen erhält für ein SMD-Fertigungszentrum (surface-mounted device) sowie ein automatisiertes Lagersys-tem eine Förderung in Höhe von 556.979,96 Euro. Zwei bestehende SMD-Fertigungslinien sollen hierbei durch zwei neue ersetzt werden. Der Verpackungsdienstleister colordruck Baiersbronn W.Mack GmbH & Co KG erhält einen Zuschuss von einer Million Euro, um die Produktionshalle weiter zu verdichten, indem Lagerfläche zu Produktionsfläche umgewandelt wird. Die Aurnhammer GmbH aus Ellwangen-Eigenzell erhält 854.382,11 Euro zur Steigerung der Flexibilität, Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit; mit der neu zu errichtenden Anlage ist die Firma in der Lage, besser, schneller und flexibler auf die hohe Nachfrage im Bereich des nachhaltigen Bauens von verleim-tem Holz, Brettschichtholz und Balkenschichtholz zu reagieren.
Verkehrsausschuss bespricht neue Entwicklung bezüglich der Gäubahn
Stuttgart. Der Ausschuss für Verkehr hat in seiner Sondersitzung am Freitag, 5. März 2021, die neuen Entwicklungen bezüglich des Ausbaus der Gäubahn besprochen. So sei am gestrigen Donnerstag bekannt geworden, dass die Kosten-Nutzen-Rechnung des Bundes positiv ausgefallen sei, erklärte Karl Rombach (CDU), der Vorsitzende des Gremiums. Außerdem empfiehlt der Ausschuss dem Landtag, dem Gesetzentwurf zum Staatsvertrag mit Bayern zuzustimmen, der die Planfeststellungsverfahren zu zwei länderübergreifenden Verkehrsbauprojekten regelt.
Die Meldung des Bundesverkehrsministeriums, dass die Kosten-Nutzen-Rechnung des Ausbaus der Gäubahn positiv ausgefallen sei, sei jedoch lediglich der erste Schritt, so Landesverkehrsminister Winfried Hermann. Nun müsse der Bund auch bereit sein, das Projekt zu finanzieren. Kritisch angemerkt habe der Ausschuss, dass die Städte Böblingen und Singen in der derzeitigen Planung von der Gäubahn abgehängt seien. Das Verkehrsministerium werde sich dafür einsetzen, dass sie eingebunden würden. Außerdem dürfte es durch den Ausbau nicht zu Verzögerungen bei der Anbindung der Gäubahn an den Verkehrsknoten Stuttgart sowie den Flughafen kommen. Generell sei die Entwicklung für das Schienennetz in Baden-Württemberg jedoch positiv, erklärte Rombach: „Ich wünsche mir und hoffe, dass eine zentrale Verkehrsverbindung des Landes dadurch gestärkt wird.“
Zuvor empfahlen die Mitglieder des Verkehrsausschusses dem Landtagsplenum einstimmig, dem Gesetzentwurf zum Staatsvertrag mit Bayern zuzustimmen, in dem es um die Planfeststellungsverfahren zu zwei länderübergreifenden Verkehrsbauprojekten geht. „Konkret handelt es sich um den Neubau einer Mainbrücke bei Collenberg sowie den Ersatzneubau der Brücke über den Main bei Wertheim – Kreuzwertheim“, erläuterte Rombach. So sollen mit der neuen Brücke bei Collenberg die Ortsdurchfahrten von Kirschfuhrt und der historische Ortskern von Freudenberg nachhaltig vom Durchgangsverkehr entlastet werden. Ein Ersatzneubau der Mainbrücke Wertheim-Kreuzwertheim sei vor allem deswegen nötig, um die Sicherheit der Verkehrsteilnehmer zu verbessern. Insbesondere hinsichtlich eines Unfalls, dass ein Schiff gegen einen Pfeiler prallen könnte, weise die bisherige Brücke erhebliche Defizite auf. Beide Brücken führten über die Grenze der beiden Bundesländer, weshalb beide Länder einen Teil der Baulast tragen würden; die Hauptlast liege jedoch auf der bayrischen Seite. „Mit dem Staatsvertrag ermöglicht Baden-Württemberg, dass mit Blick auf diese beiden Projekte auch auf baden-württembergischem Gebiet das bayrische Recht angewendet werden kann“, führte der Vorsitzende aus.
Mehr Tempo bei Impfungen in Heimen verlangt
Stuttgart. In einer öffentlichen und per Livestream übertragenen Sondersitzung hat der Ausschuss für Soziales und Integration am Donnerstag, 18. Februar, zur Corona-Lage in Pflegeheimen beraten. Die Fraktionen von SPD und FDP/DVP hatten das außerplanmäßige Treffen beantragt. Zuvor hatte der SWR berichtet, dass rund 40 Prozent der Todesfälle infolge von Covid-19 in Baden-Württemberg auf Bewohner von Pflegeheimen entfallen.
Der Ausschussvorsitzende Rainer Hinderer (SPD) sprach in der Sitzung von einer Ausnahmesituation. Es sei wichtig, dass der Ausschuss sich auch nach Abschluss des offiziellen Sitzungsturnus in der zu Ende gehenden Wahlperiode arbeitsfähig zeige und tage, wenn aktuelle Entwicklungen dies erfordern. Das Gremium und auch sein Vorsitzender müssten auf die hohe Sterberate in Pflegeheimen reagieren und auf Transparenz dringen. Zudem wolle man konstruktiv daran mitwirken, die Pandemie erfolgreich zu bekämpfen. SPD und FDP/DVP sprachen sich nach Angaben Hinderers in diesem Zusammenhang unter anderem dafür aus, die Impfungen in Pflegeheimen zu beschleunigen.
Laut Hinderer warf die SPD Sozialminister Manfred Lucha (Grüne) vor, die Lage in Pflegeheimen zu verharmlosen. Erst die SWR-Recherchen hätten gezeigt, wie dramatisch die Situation tatsächlich sei. Lucha habe die Zahlen dem Parlament vorenthalten und betreibe den Schutz von Pflegeeinrichtungen nicht entschlossen genug. Der Minister wies dies zurück und erklärte, bisher seien 2846 Bewohner von Pflegeheimen mit und an Covid-19 gestorben. Das seien 37,6 Prozent aller Corona-Toten im Land (7566). Im Ländervergleich sei dies der zweitniedrigste Wert. Angesichts dessen seien die Vorwürfe von SPD und FDP/DVP ungerechtfertigt.
Landtag startet mit Social-Media-Kampagne zur Landtagswahl
Stuttgart. Rund einen Monat vor der Landtagswahl am 14. März 2021 startet der Landtag von Baden-Württemberg eine Social-Media-Kampagne zur Wahl. Ziel ist es, die Bedeutung von Wahlen in einem demokratischen Rechtsstaat hervorzuheben und damit auch für eine höhere Wahlbeteiligung zu sorgen. Angesprochen werden sollen insbesondere auch jüngere Zielgruppen.
Den Auftakt der Kampagne macht an diesem Freitag Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) mit ihrem Wahlaufruf. „Wahlen sind ein sehr hohes demokratisches Gut. Ich wünsche mir, dass so viele Menschen wie möglich von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen“, sagt die Landtagspräsidentin. Denn mit ihrer Stimme entschieden die Bürgerinnen und Bürger über die Entwicklung unseres Landes, über gesellschaftliche Fragen und Werte und die Zukunft unserer offenen und freien Gemeinschaft.
Die Landtagsverwaltung hatte in den vergangenen Wochen eine aus verschiedenen Formaten bestehende Kampagne entwickelt. Dazu zählen Videos mit Fragen an die Vorsitzenden der fünf Landtagsfraktionen sowie animierte Erklärvideos mit wissenswerten Infos zu den Aufgaben des Parlaments, zum Wahlsystem, zum Arbeitspensum in der nun zu Ende gehenden Legislaturperiode und zum Ablauf des Wahltags. Außerdem erklären in Baden-Württemberg lebende Prominente u.a. aus den Bereichen Sport, Musik, Wirtschaft, Fernsehen und Kultur, warum sie am 14. März ihre Stimme abgeben. Die Foto- und Videobeiträge werden bis Mitte März auf den Social-Media-Kanälen des Landtags bei Facebook, Instagram und YouTube veröffentlicht.
Landtagspräsidentin Aras: Landesparlamente wollen zur Stärkung der Europäischen Union beitragen
Stuttgart. „Die Konferenz zur Zukunft der Europäischen Union ist von ganz zentraler Bedeutung für die Landesparlamente. Wir wollen zur Stärkung der Legitimation der Europäischen Union beitragen und deren künftigen Weg mitgestalten“, betonte Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) bei der Video-Europakonferenz der Präsidentinnen und Präsidenten der deutschsprachigen Landesparlamente am 1. Februar 2021. Auf Initiative von Aras nahm die Europakonferenz eine Erklärung zur Konferenz zur Zukunft Europas an, für deren Start der 9. Mai dieses Jahres im Gespräch ist.
Die Präsidentinnen und Präsidenten haben in ihrer Erklärung ihren Mitgestaltungsanspruch an der von der Europäischen Union geplanten Konferenz zur Zukunft Europas betont. „Mit unserer Erklärung wollen wir frühzeitig die Interessen und Belange der Regionalparlamente mit Gesetzgebungsbefugnis in die anstehende Konferenz einbringen“, erläuterte Aras. Ziel der Konferenz soll es nach derzeit auf EU-Ebene diskutierten Inhalten sein, die Europäische Union angesichts der wachsenden globalen Herausforderungen fortzuentwickeln und Schlussfolgerungen aus der Corona-Pandemie zu ziehen. Dabei sollen die Bürgerinnen und Bürger ihre Erwartungen an die EU direkt in der Konferenz einbringen können.
„Wir wollen uns an der zukünftigen Ausrichtung der Europäischen Union beteiligen und dazu beitragen, die Europäische Union von innen heraus mit neuem Leben und neuer Legitimität zu versehen. Auch begrüßen wir die geplante intensive Einbindung der Bürgerinnen und Bürger, denn die Fortentwicklung der Europäischen Union kann nur erfolgreich sein, wenn sie den Willen der Bürgerinnen und Bürger wiederspiegelt“, so Aras weiter. Die Konferenz zur Zukunft Europas soll laut der Erklärung auch klären, in welchen Politikbereichen gemäß dem Subsidiaritätsprinzip ein Handeln der Europäischen Union erforderlich ist und welche Kompetenzbereiche besser auf der Ebene der Nationalstaaten, der Regionen oder Kommunen behandelt werden. Die Konferenz sollte ursprünglich bereits am 9. Mai 2020 beginnen, musste dann aber aufgrund der Corona-Pandemie verschoben werden.
Auf der Europakonferenz hat EU-Kommissionsvizepräsidentin Dubravka Šuica den Stand des Prozesses sowie einen Ausblick auf die Mitbeteiligung der Regionalparlamente mit Gesetzgebungsbefugnis bei der geplanten Konferenz zur Zukunft Europas vorgestellt. Dazu sprechen sich die Präsidentinnen und Präsidenten laut ihrer Erklärung zum Beispiel für die Einrichtung eines runden Tisches zwischen dem Steuerungsgremium der Konferenz zur Zukunft Europas und den Präsidentinnen und Präsidenten sowie für eine digitale Plattform aus, die als Feedbackmechanismus zur Rückkoppelung der Ergebnisse aus Dialogen und Bürgerforen in den Regionen dienen könnte.
Im Videoaustausch haben sich die Präsidentinnen und Präsidenten außerdem mit EU-Kommissar Dr. Johannes Hahn über Strategien für die europäische Wirtschaft und den europäischen Arbeitsmarkt in und nach der Pandemie ausgetauscht. „Die Europäische Union hat mit Hilfsgeldern in immenser Höhe die richtigen Weichen gestellt, um die sozioökonomischen Folgen der Pandemie abzufedern. Zur wirtschaftlichen Wiedergenesung nach dieser schrecklichen Pandemie muss eine Neujustierung der Wirtschaft hin zum europäischen Grünen Deal, zu Digitalisierung und zu mehr Nachhaltigkeit erfolgen", äußerte Landtagspräsidentin Aras in der online geführten Diskussion.
Die Präsidentinnen und Präsidenten der deutschen und österreichischen Landesparlamente und des Südtiroler Landtages sowie des Deutschen Bundestages und des deutschen und österreichischen Bundesrates unter Beteiligung des Parlaments der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens treffen sich jährlich im Rahmen einer Europakonferenz in der Regel in Brüssel zum Austausch über aktuelle europapolitische Themen. Der Schleswig-Holsteinische Landtag hat 2021 gemeinsam mit dem Oberösterreichischen Landtag die Federführung.
Anlage:
Erklärung der Präsidentinnen und Präsidenten der deutschen und österreichischen Landesparlamente und des Südtiroler Landtags unter Beteiligung des Parlaments der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens anlässlich der 4. Europa-Konferenz am 1. Februar 2021 zur Konferenz zur Zukunft Europas
UsA Baden-Württemberg-Haus legt Abschlussbericht und Empfehlungen vor
Stuttgart. Der Untersuchungsausschuss „Abläufe in Zusammenhang mit der Beteiligung des Landes an der Weltausstellung 2020 (UsA Baden-Württemberg-Haus)“ hat am Montag im Landtag seinen rund 750 Seiten starken Abschlussbericht vorgelegt. „Es ging um die Frage, wie aus einem Projekt ,von der Wirtschaft für die Wirtschaft‘ eine Vertragsbeteiligung des Landes mit Kosten von mindestens 15 Millionen Euro für den Steuerzahler wurde“, sagte der Ausschussvorsitzende Jürgen Filius. Diesem Untersuchungsauftrag sei das Gremium trotz hohen Zeitdrucks gegen Ende der Wahlperiode „in vollem Umfang nachgekommen“, bilanzierte der Grünen-Politiker.
Filius lobte ausdrücklich, dass „fraktionsübergreifend kollegial und professionell zusammengearbeitet“ worden sei. Der Ausschuss war am 14. Oktober 2020 auf Betreiben der Fraktionen von SPD und FDP/DVP eingesetzt worden, konstituierte sich einen Tag später und hielt binnen acht Wochen zehn Sitzungen mit insgesamt 77 Sitzungsstunden ab. Auf der Basis von zehn Beweisbeschlüssen wurden 25 Zeugen und ein Sachverständiger vernommen. Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) und der frühere Geschäftsführer der Ingenieurkammer Baden-Württemberg, Daniel Sander, traten zweimal vor dem Untersuchungsausschuss auf. Dessen Mitglieder sichteten Akten im Umfang von 42 Ordnern sowie mehr als 100.000 E-Mails. Die Kosten des Untersuchungsausschusses bezifferte Filius auf rund 200.000 Euro.
Die Landesregierung habe das von ihr begrüßte Vorhaben der späteren privatwirtschaftlichen Expo-Projektgesellschaft, auf der Weltausstellung einen Pavillon als Schaufenster für baden-württembergische Unternehmen zu errichten, stets nur politisch flankieren wollen. Trotzdem wurde sie per Vertragsabschluss am 30. Januar 2019 in Dubai faktisch Vertragspartner der Vereinigten Arabischen Emirate, fasste Filius zusammen. Wie es dazu kommen konnte, habe der Untersuchungsausschuss durch seine Ermittlungsarbeit „klar nachvollziehbar“ gemacht.
Eine wichtige Rolle hätten das dem Geschäftsführer der Ingenieurkammer als Zeichner des Vertrags im Namen des Landes entgegengebrachte Vertrauen und der Umgang mit einem Projekt Dritter durch das Land gespielt. Zudem seien Warnungen aus der Arbeitsebene ignoriert worden. „Letztlich hätte es schlicht nicht passieren dürfen, dass handelnde Personen verkennen, dass sie etwas Rechtserhebliches tun“, erklärte der Ausschussvorsitzende. Und weiter: „Auch stellt sich die Frage, wie der Abschluss eines Vertrages Privater ohne Prüfung des Vertrags politisch flankiert werden konnte.“ Filius zeigte sich überzeugt, „dass der Untersuchungsausschuss zur Sensibilisierung beigetragen hat hinsichtlich der politischen Flankierung von Projekten Privater sowie der Prüfung der Qualifikation Dritter bei der Befassung mit derartigen Projekten“.
Damit sich solche Fehler nicht wiederholen, hat der Untersuchungsausschuss mehrere Empfehlungen formuliert. So wird die Landesregierung unter anderem ersucht, Strukturen und Abläufe im Wirtschaftsministerium zu überprüfen. Zudem soll künftig in der Kooperation mit externen Partnern frühzeitig auf deren Verlässlichkeit geachtet werden. Darüber hinaus wird die Landesregierung aufgefordert sicherzustellen, dass die Einhaltung des jetzigen Kostenrahmens für das Baden-Württemberg-Haus gewährleistet ist.
Eine anonymisierte Fassung des Abschlussberichts liegt als Drucksache 16/9666 auf der Webseite des Landtags vor.
Petitionsausschuss befasst sich mit einer Eingabe zur Änderung des Polizeigesetzes
Stuttgart. Soll das Polizeigesetz Baden-Württemberg so erweitert werden, dass die Ortspolizeibehörden den Konsum und die Verfügbarkeit alkoholischer Getränke lokal und temporär einschränken können? Mit einer Eingabe zu dieser Frage hat sich der Petitionsausschuss in seiner Sitzung am Donnerstag, 28. Januar 2021, befasst. Das hat die Vorsitzende des Gremiums, Petra Krebs (Grüne), mitgeteilt.
„Leichtsinn und Gewaltbereitschaft nehmen unter Alkoholkonsum zu“, so die Vorsitzende. Der Petent hat die Ausschreitungen in Stuttgart in der Nacht vom 20. auf den 21. Juni 2020 zum Anlass genommen anzuregen, den § 10a Polizeigesetz BW so anzupassen, dass die Ortspolizeibehörden abweichend und ergänzend zu Absatz 1 durch Polizeiverordnung an öffentlich zugänglichen Orten außerhalb von Gebäuden und Außenbewirtschaftungsflächen anlasslos untersagen können, alkoholische Getränke zu konsumieren oder zum Konsum im Geltungsbereich des Verbots mitzuführen.
Das zuständige Innenministerium habe Stellung genommen, so Petra Krebs. Demnach sei Ziel der Regelung in § 10a, alkoholbedingte Straftaten und Ordnungswidrigkeiten an besonders belasteten Örtlichkeiten zu verhindern. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die Regelung keine flächendeckenden Alkoholverbotszonen ermögliche, sondern dazu diene, die Örtlichkeiten zu entschärfen, die mit anderen polizeilichen Maßnahmen nicht befriedigend in den Griff zu bekommen sind. Durch polizeiliche Erkenntnisse müsse belegt werden, dass sich bestimmte Flächen durch Häufigkeit alkoholbedingter Straftaten deutlich von anderen Flächen abheben. Ob im Einzelfall ein örtlicher Brennpunkt vorliege, sei anhand einer Gesamtbetrachtung aller relevanten Umstände zu beurteilen, etwa der absoluten Zahl der alkoholbedingten Straftaten oder der Anzahl der regelmäßig anwesenden Personen. Überdies habe eine vom Innenministerium durchgeführte Umfrage bei den Kommunen aus dem Jahr 2019 ergeben, dass die bisher vorhandene Ermächtigungsgrundlage ausreichend sei. Sie sei überwiegend positiv bewertet worden. „Der Petitionsausschuss hat beschlossen, das Material an die Regierung zu überweisen“, sagte Petra Krebs abschließend.
Umweltausschuss informiert sich über Fahrplan für den Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft
Stuttgart. Mitte Dezember vergangenen Jahres beschloss die Landesregierung eine sogenannte Wasserstoff-Roadmap für Baden-Württemberg. Umweltminister Franz Untersteller stellte diese Roadmap dem Ausschuss für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft in dessen voraussichtlich letzter Sitzung dieser Legislaturperiode am Donnerstag, 28. Januar 2021, vor. Dies berichtete der Vorsitzende des Gremiums, der AfD-Abgeordnete Dr. Bernd Grimmer.
Wie Minister Untersteller mitteilte, solle der Fahrplan dazu beitragen, den Einsatz fossiler Energieträger in den unterschiedlichen Sektoren wie Industrie, Mobilität und Energiewirtschaft umfassend zu reduzieren und damit auch die Treibhausgas-Emissionen zu verringern. Mit dem Weg, den die Roadmap vorgebe, könne Baden-Württemberg „zu einem führenden Standort für Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie werden“, so der Umweltminister. Die Rahmenbedingungen dafür seien gegeben, insbesondere auch wegen der vorhandenen baden-württembergischen Industriestruktur im Anlagen- und Maschinenbau.
Das heimische Potenzial zum Ausbau der erneuerbaren Energien Wind, Sonne, Wasser und Biomasse könne, so Dr. Grimmer, auch perspektivisch den Strombedarf Baden-Württembergs nicht decken. Das Land sei Stromimportland und werde es auch bleiben – zumal der Strombedarf mit dem Ausstieg aus Kohle und Gas eher steigen werde. Wasserstoff als Rohstoff werde in der Industrie im Land derzeit in erster Linie in Raffinerien eingesetzt. Der Bedarf werde jährlich mit etwa 1,7 Terawattstunden (TWh), also mit 1,7 Milliarden Kilowattstunden, angegeben. Dieser Bedarf könne sich auf bis zu 7 TWh erhöhen. Weiteren Bedarf an Wasserstoff sehe das Ministerium im Verkehrssektor. Dort könne Wasserstoff für die synthetischen Kraftstoffe für Schiffe und Flugzeuge sowie für Brennstoffzellen im Straßengüterverkehr und für Züge genutzt werden, da sich diese Bereiche für die Nutzung von Batteriezellen nicht eigneten.
Das Ministerium plane eine Ausschreibung, auf die sich Regionen Baden-Württembergs bewerben könnten, um Modellregionen für Wasserstoff zu werden. „Dabei legt das Ministerium Wert auf ein gutes Konzept und auf eine gute Vernetzung der Akteure“, erklärte Dr. Grimmer. Eine Modellregion für Wasserstoff solle dabei von der Erzeugung und Transport und Speicherung bis hin zur Anwendung von Wasserstoff alle Bereiche abdecken.
Wie viel Geld die Landesregierung für die Umsetzung der Wasserstoff-Roadmap zur Verfügung stehen wolle, stehe laut Minister Untersteller noch nicht fest. Das Kabinett werde jedoch voraussichtlich in der kommenden Woche darüber beraten.
Hilfen für Erzeugergemeinschaften
Stuttgart. Anhaltende Konzentrationstendenzen in der Ernährungsindustrie und im Lebensmittelhandel setzen regionale landwirtschaftliche Erzeuger unter Druck. Vor diesem Hintergrund diskutierte der Ausschuss für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz in seiner Sitzung am Mittwoch, 27. Januar, über Zusammenschlüsse von landwirtschaftlichen Betrieben zu Erzeugergemeinschaften. Das Land fördert solche angebotsseitigen Zusammenschlüsse sowie ihnen häufig angeschlossene Unternehmen des Handels und der Be- und Verarbeitung auf Basis der Verwaltungsvorschrift Marktstrukturverbesserung mit dem Ziel, der Macht der Nachfrageseite entgegenzuwirken. Die Rechnung geht auf: Derzeit gibt es im Südwesten nach Angaben des Landwirtschaftsministeriums bereits 125 solcher Erzeugergemeinschaften.
Der Landwirtschaftsausschuss befasste sich auf Antrag der Grünen-Fraktion in einer hybriden Sitzung mit Lage und Perspektiven der Erzeugergemeinschaften und der ihnen angeschlossenen Unternehmen. „Die Erzeugergemeinschaften im Land leisten einen wichtigen Beitrag zur Versorgung der Bevölkerung mit qualitativ hochwertigen, regional hergestellten landwirtschaftlichen Produkten“, sagte der Ausschussvorsitzende Martin Hahn (Grüne). Insofern sei und bleibe es wichtig, die Zusammenarbeit von Landwirten in dieser Form zu unterstützen. Das verbessere die Marktposition der heimischen Landwirtschaft und stärke regionale Wirtschaftskreisläufe.
In Baden-Württemberg sind nach Angaben des Landwirtschaftsministeriums, das einen umfangreichen Fragenkatalog der Grünen beantwortete, 125 Erzeugerorganisationen nach dem Agrarmarktstrukturgesetz anerkannt. 112 von ihnen waren bereits vor 2011 anerkannt, als noch das inzwischen abgelöste Marktstrukturgesetz galt. 89 der Erzeugergemeinschaften stellen pflanzliche Produkte her, 36 konzentrieren sich auf tierische Erzeugnisse. Von den elf Erzeugergemeinschaften, die tierische Produkte herstellen und nach 2011 gegründet wurden, betreiben neun konventionelle und zwei ökologische Landwirtschaft.
365 Projekte von Erzeugergemeinschaften wurden auf Grundlage der Verwaltungsvorschrift Marktstrukturverbesserung laut dem Landwirtschaftsministerium seit 2011 mit Zuwendungen von insgesamt 104 Millionen Euro gefördert. Hinter den Projekten steht ein förderfähiges Gesamt-Investitionsvolumen von knapp 533 Millionen Euro. Rund ein Drittel der insgesamt gewährten Fördermittel flossen in Höhe von knapp 34 Millionen Euro an Unternehmen, die überwiegend ökologisch oder regionale erzeugte Qualitätsprodukte erfassen und vermarkten.
Darüber hinaus wurden nach Angaben des Ministeriums seit 2011 an 20 verschiedene Erzeugerzusammenschlüsse Startbeihilfen mit einer Gesamtsumme von über 1,9 Millionen Euro ausgezahlt. Von diesen 20 Zusammenschlüssen kamen allein acht aus dem Bereich Wein. Die Förderung im Rahmen der investiven Marktstrukturverbesserung wird unter anderem in Abhängigkeit von der Größe des antragstellenden Unternehmens und der Qualität der landwirtschaftlichen Erzeugnisse gewährt. Insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen sollen so eine Unterstützung erhalten.
Der Ausschuss für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz kam am Mittwoch zu seiner 40. und damit letzten regulären Sitzung in der zu Ende gehenden Wahlperiode zusammen. Der Ausschussvorsitzende Martin Hahn (Grüne) bedankte sich bei den Mitgliedern für die konstruktive Zusammenarbeit in dem Gremium.
Verkehrsausschuss befasst sich mit Situation der Verkehrslandeplätze in der Corona-Krise
Stuttgart. Auf Antrag der FDP/DVP-Fraktion hat sich der Ausschuss für Verkehr in seiner letzten planmäßigen Sitzung in der laufenden Legislaturperiode am Mittwoch, 27. Januar 2021, mit der Situation der Verkehrslandeplätze in Baden-Württemberg befasst. „Die kommerzielle Luftfahrt ist durch die Corona-Pandemie fast vollständig zum Erliegen gekommen“, sagte Karl Rombach (CDU), der Vorsitzende des Gremiums. Infolgedessen gehe die Landesregierung davon aus, dass den meisten Landeplätzen ein Großteil ihrer Einnahmen weggebrochen sei.
Der Ausschuss sei sich einig gewesen, so der Vorsitzende, dass man die Flughäfen und Landeplätze finanziell unterstützen müsse. „Die Landeplätze werden nicht nur touristisch genutzt“, erklärte Rombach. „Es werden von dort aus zum Beispiel auch Medikamente transportiert und sie werden von Hubschraubern des ADAC angesteuert.“ Informationen des Verkehrsministeriums zufolge habe das Regierungspräsidium Stuttgart daher im April die Landeplätze von den Betriebspflichten befreit, um die Betriebs- und Vorhaltekosten infolge der Minderauslastung zu reduzieren.
Darüber hinaus seien derzeit weitere finanzielle Hilfen im Gespräch. So hätten sich die Verkehrsminister der Länder bereits darauf verständigt, eine Co-Finanzierung eines Hilfsprogramms des Bundes zu übernehmen. Eine Zusicherung der Finanzminister in diesem Punkt stehe jedoch noch aus; diese würden am morgigen Donnerstag, 28. Januar 2021, diesbezüglich beraten. Verkehrsminister Winfried Hermann habe dem Ausschuss versichert, dass Baden-Württemberg einer solchen Co-Finanzierung zustimmen werde. Sollten die anderen Bundesländer dies ebenfalls tun, so sei in Kürze mit einem Programm zur Unterstützung der Verkehrslandeplätze zu rechnen.
Präsidentin Aras: „Werte und Normen unseres Grundgesetzes sind die historischen Lehren aus dem Zivilisationsbruch“
Stuttgart – Der Landtag von Baden-Württemberg erinnerte am heutigen Mittwoch, 27. Januar 2021, mit einer digitalen Gedenkfeier an die Opfer des Nationalsozialismus. „Der diesjährige Gedenktag ist anders. Aufgrund der Pandemie sind wir an verschiedenen Orten. Aber unsere Gedanken sind gemeinsam bei denjenigen, die dem Terror der NS-Herrschaft zum Opfer fielen“, sagte Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) in ihrer Gedenkrede, die online ausgestrahlt wurde. „Gedenken heißt, das große Bild in den Blick zu nehmen“, betonte Aras. „Die Werte und Normen unseres Grundgesetzes sind in vielerlei Hinsicht historische Lehren aus dem Zivilisationsbruch der Nazis.“
Der Landtag stellt jährlich wechselnd eine Opfergruppe in den Fokus. In diesem Jahr sind es die Zeugen Jehovas, die aufgrund ihres Glaubens verfolgt wurden. „Unsere Gedanken sind bei denjenigen, denen die menschenverachtende völkische Ideologie die Menschenwürde absprach, weil sie eine andere Herkunft hatten, anders glaubten, lebten, dachten oder liebten. Unsere Gedanken sind bei denjenigen, die sich wehrten gegen den Zivilisationsbruch der Täter und der Mitläufer“, so die Landtagspräsidentin. Aras berichtete von der Schülerin Anna Denz aus Lörrach, die sich dem Nationalsozialismus nicht beugen wollte. Anna Denz hatte den Mut, sich zu widersetzen. Sie schöpfte die Kraft dafür aus ihrem Glauben. Aras: „Anna Denz und ihre Eltern waren Zeugen Jehovas.“ Die Zeugen Jehovas haben den Nationalsozialismus konsequent abgelehnt. Ihre grundsätzliche Distanz gegenüber weltlicher Macht, vor allem aber ihr Postulat von der Gleichheit aller Menschen und ihr Pazifismus waren mit der Nazi-Diktatur nicht vereinbar. Sehr viele der etwa 25.000 Zeugen Jehovas im damaligen Deutschen Reich saßen daher – zumindest zeitweise – aufgrund ihres Glaubens in Haft.
„An der Organisation unseres Gedenktags sind Vertreterinnen und Vertreter aller Opfergruppen beteiligt. Jedes Gedenken bereiten wir gemeinsam vor. Ich danke allen Beteiligten für diese Zusammenarbeit“, so die Präsidentin. „Gedenken heißt, das große Bild in den Blick zu nehmen“, sagte die Landtagspräsidentin. „Die Werte und Normen unseres Grundgesetzes sind in vielerlei Hinsicht historische Lehren aus dem Zivilisationsbruch der Nazis.“ So garantiere unsere Verfassung in Artikel 4 eine weitgehende Religionsfreiheit und sie schreibe fest: „Niemand darf gegen seinen Willen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden.“ Muhterem Aras sieht das auch als Erbe der Männer und Frauen, die als Zeugen Jehovas jeden Kriegsdienst aus religiösen Gründen verweigerten. „Wenn wir unsere Grundwerte und die Prinzipien unseres Rechtsstaates verstehen und stärken wollen, müssen wir uns dieses Erbe bewusstmachen und die Geschichten der Opfer erzählen“, so Aras.
Zu Beginn der Gedenkfeier war zunächst ein musikalisches Intro von Anamaria Tesei, Marco Tesei und Aaron Weiss zu hören. Anschließend folgten die Gedenkrede von Landtagspräsidentin Muhterem Aras und das Grußwort von Wolfram Slupina, Leiter der Öffentlichkeitsarbeit der Zeugen Jehovas. Den Fachvortrag mit dem Titel „Dann wäre der Krieg gleich zu Ende – die NS-Verfolgung der Zeugen Jehovas“ hielt der Historiker Dr. Hans Hesse. Es folgten ein Filmbeitrag von Mara und Finn Kemper über Simone Arnold Liebster und der musikalische Ausklang.
Am Morgen legten Landtagspräsidentin Muhterem Aras und Rami Suliman, Vorstand der Israelitischen Religionsgemeinschaft Baden, am Mahnmal für die Verfolgten auf dem Karlsplatz einen Kranz nieder.
Die Inhalte der digitalen Gedenkstunde können in der Mediathek angeschaut werden unter:
https://www.landtag-bw.de/home/mediathek/videos.html(externer Link)
Landtag lädt ein zur ersten digitalen Gedenkfeier
Stuttgart. Die Gedenkstunde des Landtags von Baden-Württemberg zum Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus findet am Mittwoch, 27. Januar 2021, digital statt. Wer sich dem Gedenken virtuell anschließen möchte, kann das über den Link https://www.ltbw.de/gedenken.
Die Corona-Pandemie sorgt dafür, dass der 27. Januar nicht wie üblich begangen werden kann. 76 Jahre nach der Befreiung des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau erinnert der Landtag von Baden-Württemberg in diesem Jahr daher virtuell mit seiner zentralen Gedenkfeier an die Opfer des Nationalsozialismus. Der Landtag stellt jährlich wechselnd eine Opfergruppe in den Fokus. 2021 sind das die Zeugen Jehovas, die verfolgt wurden aufgrund ihres Glaubens, ihres Gewissens und der daraus folgenden Weigerung, das NS-Regime zu unterstützen.
Ab 8:30 Uhr wird mit verschiedenen digitalen Beiträgen an die Verfolgten des Nationalsozialismus gedacht. So ist zunächst ein musikalisches Intro von Anamaria Tesei, Marco Tesei und Aaron Weiss zu hören. Anschließend folgen die Gedenkrede von Landtagspräsidentin Muhterem Aras und das Grußwort von Wolfram Slupina, Leiter der Öffentlichkeitsarbeit der Zeugen Jehovas. Den Fachvortrag mit dem Titel „Dann wäre der Krieg gleich zu Ende – die NS-Verfolgung der Zeugen Jehovas“ hält der Historiker Dr. Hans Hesse. Es folgen ein Filmbeitrag von Mara und Finn Kemper über Simone Arnold Liebster und der musikalische Ausklang.
Gesetzentwurf gegen Grabsteine aus Kinderarbeit beschlossen
Stuttgart. Grüne und CDU sagen Grabsteinen und Grabeinfassungen aus schlimmsten Formen der Kinderarbeit den Kampf an. Einem Gesetzesentwurf, der auf entsprechend angepasste und rechtssichere Friedhofsordnungen abzielt, stimmte der Ausschuss für Soziales und Integration in seiner Sitzung am Donnerstag, 21. Januar 2021, zu. Ein weiteres Thema neben anderen war die Umsetzung des Prostituiertenschutzgesetzes in Baden-Württemberg.
Grabsteine und Grabeinfassungen, die unter Einsatz schlimmster Formen der Kinderarbeit produziert werden, bleiben ein Problem auf den Friedhöfen im Land. Eine Änderung des Bestattungsgesetzes 2012 brachte nicht allein nach Auffassung der Fraktionen von Grünen und CDU keine Besserung. Zwar hatte der Landtag seinerzeit eine Rechtsgrundlage dafür geschaffen, Friedhofssatzungen so anzupassen, dass nur Steine verwendet werden dürfen, die nachweislich aus fairem Handel stammen und nicht von Kinderhand vorbearbeitet worden sind. Doch diese Regelung wurde zuletzt 2016 vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg kassiert. Das Gericht entschied, dass es keine verlässlichen Nachweismöglichkeiten für solche Steine gibt. Folglich seien Friedhofsatzungen, die entsprechende Nachweise fordern, für Steinmetze unzumutbar.
Der Gesetzentwurf von Grünen und CDU zur Änderung des Bestattungsgesetzes setzt an diesem Punkt an. In der Begründung wird auf das Internetportal „Siegelklarheit.de“ verwiesen, das die Bundesregierung inzwischen mit Hilfe von Spezialisten der Entwicklungshilfe ins Leben gerufen hat. Dort können sich Einkäufer verlässlich über auf dem Markt angebotene Gütesiegel für ganz verschiedene Produktgruppen informieren – Steinmetze beispielsweise über ihr Ausgangsmaterial, das oft aus Ländern des globalen Südens stammt. Der Gesetzentwurf erkennt ausdrücklich die auf dem Portal für authentisch erklärten Zertifikate für Steine an, die entlang der Produktionskette nachweislich ohne Einsatz schlimmster Formen der Kinderarbeit im Sinne der ILO-Konvention 182 der Vereinten Nationen hergestellt wurden. Das schafft nach Auffassung der Regierungsfraktionen Rechtssicherheit für Friedhofsträger, die in ihren Satzungen entsprechende Zertifikate vorschreiben, aber auch für Steinmetze, die sich auf die Herkunftsnachweise verlassen können müssen.
Wie der Ausschussvorsitzende Rainer Hinderer (SPD) berichtete, stieß der Gesetzentwurf trotz juristischer Vorbehalte auch auf Seiten der Kommunen auf breite Zustimmung in dem Gremium. Ein Vertreter der Grünen habe die Hoffnung geäußert, durch einen vergleichsweise kleinen Gesetzeseingriff eine große Wirkung im Kampf gegen die Kinderarbeit erzielen zu können. Die SPD-Fraktion habe sich erfreut gezeigt, dass Grüne und CDU nun weiterführten, was die SPD 2012 mit angestoßen habe. Die Vorstellung, dass auf Friedhöfen im Südwesten Verstorbene unter Steinen ruhten, die unter unmenschlichen Bedingungen von Kindern im Grundschulalter in Pakistan behauen wurden, sei schwer erträglich. Der Gesetzentwurf wurde mit großer Mehrheit bei zwei Enthaltungen angenommen.
Auf Antrag der SPD-Fraktion befasste sich der Ausschuss für Soziales und Integration neben anderen Themen auch mit der Umsetzung des Prostituiertenschutzgesetzes im Land. Nach Auskunft des Sozialministeriums, das auf einen umfangreichen Fragenkatalog im Einvernehmen mit dem Innenministerium antwortete, gab es seit Inkrafttreten des Gesetzes zum 1. Juli 2017 eine steigende Zahl von Anmeldungen im Sinne des Gesetzes. 2019 seien es 4.972 gewesen, nach 3.658 im Jahr zuvor und 766 im zweiten Halbjahr 2017. Auch die Zahl von Kontrollen durch die Polizei mit und ohne Anlass seien gestiegen. 2019 seien es rund 720 gewesen, im Jahr zuvor rund 600 und 2017 rund 440. Was aus diesen Kontrollen folgte, konnte das Sozialministerium nicht mitteilen. Dazu gebe es keine Statistik.
Nach Angaben des Sozialministeriums wurden in der Folge des neuen Gesetzes in größeren Städten zusätzliche Stellen im Umfang zwischen 0,4 und 3,0 Vollzeitäquivalenten bewilligt, um das Prostitutionsgewerbe stärker zu kontrollieren. Auch diese Zahl habe die SPD-Fraktion angesichts von mindestens 30.000 Sexarbeiterinnen im Südwesten als Beleg dafür herangezogen, dass die konsequente Umsetzung des Prostitutionsschutzgesetzes im Land eher als lästige Pflicht gesehen werde, berichtete der Ausschussvorsitzende Rainer Hinderer. Die Politik zeige kein ernsthaftes Interesse daran, wirksame Schritte gegen Deutschland und Baden-Württemberg als Bordell Europas zu unternehmen, habe es geheißen. Sowohl das Ausgangsgesetz als auch seine Umsetzung durch das Land könnten in dieser Hinsicht nicht überzeugen.
Sozialminister Manfred Lucha (Grüne) entgegnete, es sei Fakt, dass Prostitution stattfinde. Es gelte, Frauen zu schützen, die schutzbedürftig seien. Dies leiste die Umsetzung des Prostituiertenschutzgesetzes auf Landesebene, nicht zuletzt durch vielfältige Hilfs- und Beratungsangebote, die in der Corona-Pandemie noch einmal ausgebaut worden seien. Das Landesgesetz könne aber grundsätzliche Vorgaben des Bundes zum Umgang mit dem Prostitutionsgewerbe nicht korrigieren, so Lucha.
Nach Angaben von Hinderer hieß es seitens der Grünen-Fraktion, das Prostitutionsgewerbe sei differenziert zu betrachten. Es gebe auch Frauen, die dort aus freien Stücken tätig seien. Das habe man zu akzeptieren. Umso mehr müsse man Frauen helfen, die Opfer sexueller Ausbeutung seien. Dem schlossen sich laut dem Ausschussvorsitzenden Vertreter aller Fraktionen an.
Der Ausschuss für Soziales und Migration tagte am Donnerstag letztmalig regulär in der zu Ende gehenden Wahlperiode. Der Vorsitzende Rainer Hinderer bedankte sich bei den Ausschussmitgliedern für die konstruktive Zusammenarbeit während 45 Sitzungen.
Finanzausschuss bewilligt Mehrausgaben zur Bewältigung der Corona-Pandemie
Stuttgart. Der Finanzausschuss des Landtags hat aufgrund der anhaltenden Corona-Pandemie weitere Sonderausgaben zur Bewältigung der Krise genehmigt. Wie der Vorsitzende des Gremiums, der SPD-Abgeordnete Rainer Stickelberger, nach der Sitzung am Donnerstag, 21. Januar 2021, mitteilte, werden damit unter anderem Künstler, Sportvereine und Hochschulabsolventen unterstützt, sowie die weitere Digitalisierung von Schulen und der Justiz, der Ausbau der Forschung im Bereich digitaler Lösungen und eine stärkere Kooperation der Hochschulmedizin gefördert.
Der Ausschuss bewilligte Nothilfen für die Bereiche Kunst und Kultur in Höhe von 28 Millionen Euro. Drei Millionen Euro seien für das Impulsprogramm „Kunst trotz Abstand“ vorgesehen, das helfen soll, trotz der derzeitigen Beschränkungen kulturelle Angebote umzusetzen und spezielle Konzepte und digitale Formate zu entwickeln. Mit einem Stipendienprogramm in Höhe von 15 Millionen Euro sollen rund 20.000 Künstlerinnen und Künstler aus den Bereichen Musik, Bildende Kunst und neue Medien, Literatur, Darstellende Kunst und Kleinkunst unterstützt werden. Weitere zehn Millionen Euro seien für rund 9.000 Vereine der Breitenkultur vorgesehen.
Sportvereine und -verbände sollen insgesamt 7,5 Millionen Euro erhalten. Zusammen mit einer ersten Tranche für das Soforthilfeprogramm, die im vergangenen Jahr genehmigt wurde, belaufen sich die Hilfen auf insgesamt 17,5 Millionen Euro. Bis Dezember 2020 seien insgesamt 11,6 Millionen Euro an Sportvereine ausbezahlt worden. Aufgrund der weiter anhaltenden Beschränkungen, der zunehmend aufgebrauchten Rücklagen der Vereine und eines Corona-bedingten Rückgangs der Mitgliederzahlen und damit der Mitgliederbeiträge sei bis Sommer mit einem weiter steigenden Förderbedarf zu rechnen, sagte der Ausschussvorsitzende.
Mit dem Zweiten Nachtrag zum Staatshaushaltsplan für die Jahre 2020/2021 wurden zusätzliche Mittel für die Digitalisierung von Schulen sowie für die Stärkung des Gesundheitsstandorts Baden-Württemberg zur Verfügung gestellt. 40 Millionen Euro davon sollen nun für die Digitalisierung von Schulen und raumlufthygienische Maßnahmen eingesetzt werden.
Auch die Justiz will die Möglichkeiten zum digitalen Arbeiten ausbauen. Dafür habe der Ausschuss sechs Millionen Euro bewilligt. Damit sollen die IT-Netze in den Dienstgebäuden modernisiert und mit W-LAN ausgestattet werden. Für die Neuauflage des Förderprogramms „Netzdienliche Photovoltaik-Batteriespeicher“ seien für dieses und nächstes Jahr insgesamt zehn Millionen Euro eingeplant. Mit dem Programm werden Batteriespeicher in Verbindung mit einer neu zu errichtenden Photovoltaik-Anlage gefördert. Ziel sei, durch die Pandemie bedingte Einbrüche der Wirtschaft abzufedern und neue Aufträge für Industrie, Gewerbe und Handwerk zu erzeugen.
Für den Aufbau eines KI-Kompetenzzentrums und einer Coding School im Cyber Valley in Tübingen wurde eine Mehrausgabe in Höhe von 3,5 Millionen Euro für 2021 genehmigt. Die Mittel sollen vor allem für die Einstellung von Personal und die Finanzierung wissenschaftlicher Infrastruktur genutzt werden. Für den „Innovationscampus Region Rhein-Neckar – Ausbau der Kooperation und Translation“ werden für die Jahre 2021 und 2022 Mittel in Höhe von 18 Millionen Euro bereitgestellt. Der Innovationscampus soll genutzt werden, um Forschungsergebnisse schnell in die Anwendung zu bringen, etwa für neue Produkte, Medikamente oder Verfahren im Gesundheitsbereich. Für das Projekt „Kooperationsverbund Hochschulmedizin Baden-Württemberg“ sollen in einem ersten Schritt für 2021 Mittel in Höhe von 41,75 Millionen Euro investiert werden. Die Pandemie habe gezeigt, dass die Hochschulmedizin eine überragende Rolle für die Krisenreaktion, die Sicherstellung der Gesundheitsversorgung und Entwicklung innovativer Lösungen spiele.
Für das Brückenprogramm „ING-IT“ hat der Ausschuss beantragte Mittel in Höhe von neun Millionen Euro genehmigt. Im Rahmen des Programms sollen arbeitssuchende hochqualifizierte Absolventen baden-württembergischer Hochschulen in einer Qualifizierungs- und Beschäftigungsgesellschaft angestellt werden. Die Pandemie habe für aktuelle Absolventen wirtschaftliche Nachteile zur Folge. Insbesondere Ingenieure und Informatiker könnten derzeit kaum mit einer Anstellung in Unternehmen rechnen. Zur Verstärkung der Fortbildungsmaßnahmen für Lehrkräfte zur Umsetzung der Zusatz-Verwaltungsvereinbarung „Administration“ zum Digitalpakt mit dem Bund hat der Finanzausschuss für 2021 Mittel in Höhe von 3,5 Millionen Euro sowie eine Verpflichtungsermächtigung in Höhe von 6,5 Millionen Euro für die Jahre 2022 bis 2024 bewilligt.
Bildungsausschuss hat in der 16. Wahlperiode fast 260 Anträge bearbeitet
Stuttgart. Mit der 42. Sitzung hat der Ausschuss für Kultus, Jugend und Sport am Donnerstag, 21. Januar 2021, seine Arbeit in der laufenden Legislaturperiode beendet. Zum Abschluss zog Brigitte Lösch (Grüne), die Vorsitzende des Gremiums, Bilanz. Insgesamt habe sich der Ausschuss in den vergangenen fünf Jahren mit 257 Anträgen befasst, 20 Gesetzentwürfe beraten und 29 Mitteilungen sowie zehn Berichte der Landesregierung besprochen.
Von den 42 Sitzungen hätten 23 einen Teil gehabt, der öffentlich beraten worden sei, darunter fünf Anhörungen zu Gesetzesentwürfen. Die behandelten Themenfelder seien dabei in allen Sitzungen sehr gefächert gewesen. „Wir waren eben nicht nur ein Schulausschuss“, erklärte Lösch, sondern auch zahlreiche Themen der frühkindlichen Bildung oder Sport standen auf der Tagesordnung.
Dies hätte sich auch an der Tagesordnung der letzten Sitzung der Legislaturperiode gezeigt: Neben einem öffentlichen Teil mit einem mündlichen Bericht von Kultusministerin Dr. Susanne Eisenmann zur Pandemie-bedingten Situation an Schulen hätten die Abgeordneten im nichtöffentlichen Teil über die digitale Ausstattung von Schülerinnen, Schülern und Lehrkräften sowie über den Stand der Umsetzung der Bildungsplattform gesprochen. Darüber hinaus hätten sie sich mit der Corona-bedingten Situation der Bäder im Land befasst sowie die Bedeutung des Frauenfußballs in Baden-Württemberg diskutiert.
Lösch bedankte sich bei den Mitgliedern des Ausschusses sowie Kultusministerin Dr. Eisenmann ganz herzlich für die gute Zusammenarbeit in den vergangenen Jahren. „Mein Dank gilt außerdem den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Ministeriums sowie der Landtagsverwaltung“, so die Vorsitzende in der letzten Gremiumssitzung. „Auch wenn wir im Ausschuss immer kontrovers diskutiert haben, so haben wir doch menschlich gut miteinander gearbeitet.“
Präsidentin Aras: „Wir wollen gerade bei jungen Menschen die Erinnerung wachhalten, welches Leid Nationalismus gebracht hat“
Stuttgart/Straßburg. Schülerinnen und Schüler aus Baden-Württemberg und dem Elsass sollen sich stärker zu europäischen Themen austauschen und eine gemeinsame Erinnerungskultur entwickeln. Landtagspräsidentin Muhterem Aras (GRÜNE) und der Staatssekretär im Ministerium für Kultus, Jugend und Sport, Volker Schebesta MdL (CDU), haben am heutigen Donnerstag, 21. Januar 2021, mit dem Vizepräsidenten des Europäischen Parlaments, Rainer Wieland, und dem Präsidenten der neuen europäischen Gebietskörperschaft Elsass, Frédéric Bierry, sowie der Rektorin der Akademie Straßburg, Élisabeth Laporte, eine entsprechende Gemeinsame Absichtserklärung zur Förderung der staatsbürgerlichen, politischen und historischen Bildung junger Menschen aus Baden-Württemberg und dem Elsass unterzeichnet.
Der in der Erklärung vereinbarte Austausch soll beginnen, sobald die Corona-Pandemie es wieder zulässt. Die Gemeinsame Absichtserklärung bildet den Rahmen etwa für gemeinsame Besuche des Europäischen Parlaments, Gedenkstätten, wie dem deutsch-französischen Museum zum Ersten Weltkrieg auf dem Hartmannswillerkopf im Südelsass und dem ehemaligen deutschen Konzentrationslager Natzweiler-Struthof südlich von Straßburg.
„Ich bin dem Europäischen Parlament sehr dankbar für die Initiative zu der Gemeinsamen Absichtserklärung. Wir wollen jungen Menschen aus den Nachbarregionen Baden-Württemberg und dem Elsass die guten Gründe für die Europäische Union und die wichtige Rolle des Europäischen Parlaments wie auch die deutsch-französische Geschichte und Erinnerungskultur vermitteln und lebendig halten“, sagte Landtagspräsidentin Aras. Die Unterzeichnung der Gemeinsamen Absichtserklärung fand parallel in Stuttgart und im Europäischen Parlament in Straßburg statt.
Die europäische Einigung ist – so Aras - eine einmalige Errungenschaft in der Geschichte unseres Kontinents. Die Wurzeln der Europäischen Union gehen nicht zuletzt auf die deutsch-französische Aussöhnung zurück, für die der Elysée-Vertrag und dessen Fortentwicklung durch den Aachener Vertrag stehen, deren Jahrestag wir am morgigen 22. Januar begehen. „Die Gemeinsame Absichtserklärung leistet einen konkreten Beitrag zur Intensivierung der deutsch-französischen Beziehungen. Junge Menschen in Baden-Württemberg und im Elsass lernen sich persönlich kennen. Sie lernen die Gemeinsamkeiten, aber auch Unterschiede zwischen unseren beiden Ländern besser verstehen“, betonte die Präsidentin. „Auch wollen wir bei jungen Menschen die Erinnerung wachhalten, welches Leid der Nationalismus in der Vergangenheit über unsere Völker gebracht hat. Die Lehre aus der Geschichte ist, Extremismus und Nationalismus entschlossen entgegenzutreten“, so Aras.
Auf baden-württembergischer Seite wird die Absichtserklärung von der beim Landtag angesiedelten Landeszentrale für politische Bildung mit Unterstützung des Kultusministeriums umgesetzt. Im Elsass ist die Akademie Straßburg als staatliche Schulbehörde beteiligt. Verantwortlich ist die europäische Gebietskörperschaft Elsass, die Anfang dieses Jahres aus dem Zusammenschluss der beiden Départements Bas-Rhin und Haut-Rhin gebildet wurde. Mit diesem Zusammenschluss sollen die grenzüberschreitende Zusammenarbeit und die Sprache des Nachbarn in der Grenzregion stärker gefördert werden.
Staatssekretär Volker Schebesta MdL, der die Absichtserklärung im Namen des Kultusministeriums unterschrieb, sagte: „Europa hat sehr viele Vorzüge: Das haben wir – um nur ein Beispiel zu nennen – schmerzhaft bei den geschlossenen Grenzen im Frühjahr 2020 gespürt. Doch nicht nur die Corona-Pandemie zeigt uns, wie wichtig es ist, Europa nicht für selbstverständlich zu nehmen. Auch der sich verstärkende Nationalismus und Populismus führt uns vor Augen, dass wir die europäische Zusammenarbeit stets weiterentwickeln müssen.“ Die Bedeutung der Absichtserklärung betonte er: „Sie greift den Kern der europäischen Idee auf: Menschen aus verschiedenen Ländern zusammenzubringen, um ihnen Europa erlebbar zu machen und Verständnis füreinander zu schaffen. Das geht nur, wenn Begegnung und Bildung Hand in Hand gehen. Die Erklärung nimmt das auf und sorgt dafür, dass die europäische Idee von Frieden und Freundschaft auch in Zukunft Früchte trägt.“
Bisher gut 2,6 Milliarden Euro an Corona-Hilfen für Unternehmen im Land
Stuttgart. An Unternehmen in Baden-Württemberg sind aus den verschiedenen Corona-Hilfstöpfen bisher gut 2,6 Milliarden Euro geflossen. Diese aktuelle Zahl (Stand: 12. Januar) nannte Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) am Mittwoch, 20. Januar, auf Bitten des Vorsitzenden Dr. Erik Schweickert (FDP/DVP) vor dem Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau. Ihr Haus arbeite mit Hochdruck daran, dass die beantragten Hilfen für November und Dezember weiter zügig ausgezahlt werden, erklärte die CDU-Politikerin. Zugleich würden weitere Hilfsangebote auf den Weg gebracht.
Die Wirtschaftsministerin berichtete auf Anfrage des Ausschussvorsitzenden Dr. Erik Schweickert (FDP/DVP) mündlich vor dem in einer hybriden Sitzung tagenden Gremium. Allein im Rahmen der Corona-Soforthilfe seien im Land rund 278.000 Anträge eingegangen, so Hoffmeister-Kraut. Bisher seien 240.000 Anträge ausgezahlt worden, die Gesamtsumme betrage 2,2 Milliarden Euro. Aus weiteren Hilfstöpfen (u.a. Stabilisierungshilfe, Überbrückungshilfe II, Novemberhilfe, Dezemberhilfe) seien bisher knapp 432 Millionen Euro geflossen. Die Töpfe werden aus Bundes- und Landesmitteln gespeist.
Hoffmeister-Kraut sagte vor dem Ausschuss, die Hilfen hätten entscheidend dazu beigetragen, die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie-Bekämpfung abzumildern. Nach Angaben des Ausschussvorsitzenden lobten insbesondere Vertreter von Grünen und CDU die Ministerin für ihren Einsatz. Seitens der Opposition habe es aber auch kritische Nachfragen besonders mit Blick auf die November- und Dezemberhilfen gegeben. Diese seien viel zu schleppend angelaufen und zu viele Unternehmen würden durch das Raster fallen, habe es geheißen. Darüber hinaus sei beispielsweise immer noch nicht geklärt, wie bei gastronomischen Mischbetrieben mit Lebensmittelhandwerk verfahren werden soll. Laut der Ministerin sind für die Monatshilfen insgesamt bisher etwas mehr 50.000 Anträge gestellt worden. Erst seit 12. Januar sei eine Bearbeitung, die in Baden-Württemberg über die L-Bank sowie externe Dienstleister erfolgt, möglich. Hierfür würden noch einige Wochen benötigt werden. Dr. Schweickert betonte für alle Ausschussmitglieder, wie wichtig diese Hilfen für die Unternehmen im Land seien und bat das Wirtschaftsministerium daher, weiterhin den Parlamentariern und der Wirtschaft kontinuierlich über die Entwicklungen zu berichten.
Laut Dr. Schweickert erstattete auch ein Vertreter der Bürgschaftsbank Baden-Württemberg dem Wirtschaftsausschuss Bericht über die Corona-Hilfen des Instituts. Die Förderbilanz weise mit 702 Millionen Euro für 2020 ein Plus von 40 Prozent gegenüber dem Vorjahr auf, berichtete der Ausschussvorsitzende. Allein im April 2020 habe es 468 Förderanträge gegeben. Manche Anträge zeigten, dass die Unternehmen im Land durchaus optimistisch in die Zukunft blicken. Hotels beispielsweise nutzen den Lockdown, um Zimmer zu renovieren.
Auf Antrag der SPD berichtete das Wirtschaftsministerium dem Ausschuss zu den Entschädigungszahlungen nach Paragraph 56 Infektionsschutzgesetz. Dieser sieht bei Auferlegung einer Quarantäne und daraus resultierendem Tätigkeitsverbot sowie in der Folge von pandemiebedingten Schul- und Kitaschließungen unter bestimmten Voraussetzungen staatliche Entschädigungszahlungen für Betroffene vor. Das können sowohl Arbeitnehmer als auch Selbstständige sein. Nach Angaben des Ministeriums wurden bis zum 25. November 2020 insgesamt 35.325 Entschädigungsanträge auf dieser Basis gestellt, davon knapp 32.000 wegen Auferlegung einer Quarantäne. Ebenfalls mit Stand 25. November flossen in diesem Zusammenhang bisher Entschädigungsleistungen in Höhe von insgesamt gut neun Millionen Euro.
Über indirekt vom Lockdown betroffene Betriebe wie zum Beispiel Lieferanten der Gastronomie erstattete das Wirtschaftsministerium auf Antrag der FDP/DVP-Fraktion Bericht, blieb dabei jedoch konkrete Zahlen schuldig. Es mangele an verfügbaren Daten, so das Ministerium. Ob und wie Betriebe indirekt vom Lockdown betroffen sind, könne nur unternehmensindividuell festgestellt werden. Eine Schätzung sei im Unterschied zu den direkt betroffenen Betrieben – laut Ministerium rund 60.000 in Baden-Württemberg – nicht möglich. Antragsberechtigt als indirekt Betroffene sind im Rahmen der Novemberhilfe Unternehmen, die nachweislich und regelmäßig mindestens 80 Prozent ihrer Umsätze mit Betrieben erzielen, die direkt vom Lockdown betroffen sind.
Wie der Ausschussvorsitzende Dr. Schweickert berichtete, gab der Ausschuss mit den Stimmen von Grünen und CDU grünes Licht für zwei Gesetzentwürfe der Landesregierung: Das Gesetz zur Änderung des Zweckentfremdungsverbots und das Gesetz zur Änderung des Bildungszeitgesetzes. Ein Gesetzentwurf der SPD-Fraktion zur Novelle des Landestariftreue- und Mindestlohngesetzes fand hingegen keine Mehrheit. Ein vierter Gesetzentwurf über den Europäischen Verbund für territoriale Zusammenarbeit fand wiederum breite Unterstützung, hier stimmten lediglich die Mitglieder der AfD-Fraktion dagegen.
Die Ausschusssitzung war die 48. und letzte reguläre Sitzung des Wirtschaftsausschusses in der 16. Legislaturperiode. Daher zog der Vorsitzende am Ende der Sitzung eine kurze Bilanz: Der Ausschuss hat insgesamt rund 200 Stunden getagt und dabei 428 Tagesordnungspunkte behandelt. Darunter waren 16 Gesetzentwürfe, 279 Anträge und mehr als 20 besonders große Finanzhilfen. Diese Zahlen verdeutlichten laut Dr. Schweickert, wie wichtig eine konstruktive aber kritische Auseinandersetzung im Parlament sei und dass dies der eigentliche Herzschlag der Demokratie sei. „Das Herz der wirtschaftspolitischen Debatten schlägt im Wirtschaftsausschuss, oder es schlägt nicht“ so Ausschussvorsitzender Schweickert abschließend. Gleichzeitig wies er aber darauf hin, dass der Wirtschaftsausschuss in der Corona-Krise bis zur Neukonstituierung des Landtags jederzeit und kurzfristig in der von diesem Ausschuss initiierten und nun bewährten Form der Hybridsitzung zusammenkomme, sofern dies notwendig werden würde.
Organisatoren der Querdenken-Bewegung stehen im Fokus des Verfassungsschutzes
Stuttgart. Der Ausschuss für Inneres, Digitalisierung und Migration hat sich in seiner Sitzung am Mittwoch, 20. Januar 2021, mit der Beobachtung der Querdenken-Bewegung durch das Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) befasst. Wie der Vorsitzende des Gremiums, der CDU-Abgeordnete Karl Klein, mitteilte, werden derzeit die Stuttgarter Initiative „Querdenken 711“ und deren regionale Ableger beobachtet. Im Fokus stünden hierbei die Organisationsstrukturen der Gruppierung sowie extremistische Personen im Umfeld von Querdenken und bei Veranstaltungen. Die Beobachtung richte sich ausdrücklich nicht auf nicht-extremistische Teilnehmer der Proteste gegen die staatlichen Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie.
Nach Angaben Kleins setzt sich das Organisationsteam aus Personen zusammen, die dem Verfassungsschutz zuvor nicht als extremistische Personen bekannt waren, und aus Reichsbürgern und Selbstverwaltern, die das LfV bereits vor Gründung von Querdenken als extremistisch wahrgenommen hat. Auch einzelne Bezüge zum Rechtsextremismus und zur „QAnon“-Bewegung seien unter den Organisatoren festzustellen. Zudem finde ein Austausch zwischen extremistischen Personen außerhalb der Bewegung und den maßgeblichen Querdenken-Akteuren statt.
Eine Radikalisierung der Bewegung lasse sich vor allem an der immer stärker ausgeprägten Zusammenarbeit zwischen den Querdenken-Organisatoren und extremistischen Personen feststellen. Zudem habe das LfV auch zunehmend staatsfeindliche Äußerungen der Organisatoren festgestellt. So habe der Fokus von „Querdenken 711“ anfangs insbesondere auf der Aufhebung der staatlichen Maßnahme zur Eindämmung der Pandemie gelegen. Inzwischen gingen die Forderungen weit darüber hinaus. Beispielsweise werde eine neue Verfassung verlangt, da das Grundgesetz nicht als solche anerkannt werde. Die Ursache für diese Radikalisierung könne nicht abschließend beurteilt werden. Es liege jedoch die Vermutung nahe, dass einzelne Akteure bereits zu Anfangszeiten der Bewegung andere Ziele als die Aufhebung der Corona-Maßnahmen im Blick gehabt hätten, sagte Karl Klein.
Der Innenausschuss begrüßte daher mehrheitlich die Beobachtung der Bewegung durch den Verfassungsschutz. Im Gremium sei klargestellt worden, dass die Versammlungsfreiheit selbstverständlich respektiert werde und Bürgerinnen und Bürger gegen die Beschränkungen protestieren könnten. Allerdings würden die Demonstrationen zunehmend für Hetze gegen den demokratischen Rechtsstaat genutzt. Es müsse daher auch durch Präventionsangebote dafür gesorgt werden, dass Demonstrationsteilnehmer, die sich gegen die staatlichen Corona-Maßnahmen stellen, nicht für andere Zwecke instrumentalisiert werden, so der Ausschussvorsitzende.
Wissenschaftsausschuss informiert sich über Promotionsförderung
Stuttgart. Alle zwei Jahre berichtet das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst dem Landtag über die Praxis der Promotionsförderung nach dem Landesgraduiertenförderungsgesetz. In der Sitzung am Mittwoch, 20. Januar 2021, hat das Ministerium den aktuellen Bericht im Wissenschaftsausschuss vorgelegt. „Beim Promotionsrecht haben wir viel erreicht“, so der Vorsitzende des Gremiums, Andreas Deuschle (CDU). „Dennoch gibt es noch große Herausforderungen für die nächste Wahlperiode.“
Sein eindringlicher Appell: „Wir müssen noch entschlossener in Richtung der Hochschulen für angewandte Wissenschaften agieren, da müssen wir liefern. Denn andere Länder sind hier schon weiter.“ Deuschle betonte, dass im Ausschuss gemeinsam viel bewegt worden sei. „Ich möchte dafür werben, dass wir hier in der nächsten Wahlperiode noch weiter vorankommen.“ Den Ball habe dann auch die Ministerin aufgenommen, so Deuschle. Sie habe dargelegt, dass die Vorlage des Berichts im Gesetz festgelegt sei, aber ihrer Meinung nach nur begrenzt Sinn mache. Wichtig wäre es, die getrennte Betrachtung von individueller Promotion und Graduiertenkollegs zu überwinden.
Um die Qualität der Promotion in Baden-Württemberg zu sichern, hat das Land eine Reihe von Maßnahmen eingeführt. Diese stärken die Transparenz und Qualität im Promotionsverfahren, verbessert die Betreuung der Promovierenden und gibt ihnen eine starke Stimme an der Hochschule. Die Universitäten haben sich überdies zur umfassenden Datenerhebung rund um die Promotion verpflichtet. Zur Vorbereitung des aktuellen Berichts wurde für den Zeitraum vom 1. Juli 2019 bis 30. Juni 2020 vom Ministerium eine Umfrage bei den promotionsberechtigten Hochschulen des Landes, den Universitäten, Pädagogischen Hochschulen sowie den Kunst- und Musikhochschulen durchgeführt. Abgefragt wurde die Zahl der vergebenen Stipendien aufgeteilt nach Doktorandinnen und Doktoranden, die Höhe der Förderung, die Förderdauer und die Art des Promotionsverfahrens. So wurden im abgefragten Zeitraum 400 Promovierende aus Mitteln der Landesgraduiertenförderung gefördert. Die Hälfte der Geförderten sind weiblich. Der Anteil der strukturierten Förderung über Kooperative Promotionskollegs wurde kontinuierlich auf- und ausgebaut. Bis Jahresende 2020 hatte das MWK die Neuausschreibung von bis zu zehn Kooperativen Promotionskollegs vorgesehen. Derzeit befinden sich 42 Prozent der geförderten Doktorandinnen und Doktoranden in Promotionskollegs.
Maskengebot an den Plätzen im Plenarsaal
Stuttgart. Ab der morgigen Plenarsitzung am Donnerstag, 21. Januar 2021, gilt im Plenarsaal ein Gebot zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung an den Sitzplätzen. Darauf verständigte sich das Präsidium des Landtags in der Sitzung am 19. Januar 2021. Zudem gilt nun an Plenartagen das Gebot, das Angebot der Corona-Antigenschnelltests zu nutzen.
Bereits seit dem 14. Oktober 2020 greift im Landtag von Baden-Württemberg eine Maskenpflicht. Als zusätzliche Schutzmaßnahme gilt nun ein Maskengebot an den Sitzplätzen im Plenarsaal. Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) ruft die Abgeordneten zudem dazu auf, medizinische Masken zu tragen sowie vor den Plenarsitzungen einen Schnelltest durchführen zu lassen. „Die Mitglieder des Landtags haben eine besondere Vorbildfunktion“, so die Präsidentin.
Die Antigentests werden am Morgen vor der Sitzung den Mitgliedern des Landtags, allen Beschäftigten der Landtagsverwaltung, die ihr Büro im Haus des Landtags haben, sowie allen Beschäftigten der Fraktionen, die im Haus des Landtags tätig sind, angeboten. Auch Mitglieder der Landespressekonferenz, die im Landtag sind, können sich testen lassen.
Abschlussbericht soll am 4. Februar im Plenum beraten werden
Stuttgart. Der Untersuchungsausschuss „Abläufe in Zusammenhang mit der Beteiligung des Landes an der Weltausstellung 2020 (UsA Baden-Württemberg-Haus)“ hat seine Arbeit fast beendet. In einer nicht öffentlichen Sitzung am Montag, 11. Januar 2021, verabschiedete das Gremium einstimmig den Sachbericht. Außerdem brachten die Fraktionen eigene Wertungen zu den Vorgängen rund um den Pavillon auf der Weltausstellung in Dubai ein. Den Medien sollen die Ergebnisse der Ausschussarbeit in einer Pressekonferenz am 1. Februar 2021 vorgestellt werden. Voraussichtlich in der Plenarsitzung am 4. Februar 2021 soll der Abschlussbericht öffentlich beraten werden. „Trotz dieses knappen Zeitbudgets konnte der Ausschuss seinem Auftrag in vollem Umfang nachkommen“, betonte der Ausschussvorsitzende Jürgen Filius (Grüne).
Wirtschaftsausschuss stimmt Verlängerung von Liquiditätshilfen zu
Stuttgart. Auch im neuen Jahr steht das Land Baden-Württemberg Betrieben bei, die infolge der Corona-Pandemie unter Liquiditätsengpässen leiden. Der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau gab in einer kurzfristig anberaumten Sondersitzung am Donnerstag, 17. Dezember, laut Angaben des Ausschussvorsitzenden Dr. Schweickert grünes Licht für die Verlängerung und den Ausbau der laufenden Bürgschaftsprogramme von L-Bank und Bürgschaftsbank. Darum hatte Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut den Ausschuss gebeten.
Die Wirtschaftsministerin erklärte vor dem Ausschuss, angesichts der andauernden Pandemie und des neuerlichen Lockdowns erwarte sie zu Jahresbeginn eine weitere Zunahme bei Bürgschaftsfällen: „Es ist wichtig, dass die beschleunigten Verfahrensabläufe, die während der Pandemie möglich gemacht wurden, auch 2021 weiterlaufen. Gerade jetzt sind die betroffenen Unternehmen auf die rasche Bereitstellung von Finanzhilfen angewiesen.“ Es sei deshalb dringend geboten, die im Frühjahr mit Befristung zum 31. Dezember beschlossenen optimierten Finanzierungsinstrumente im Interesse das baden-württembergischen Wirtschaft fortzuschreiben. Vor allem mittelständische Unternehmen mit ihren spezifischen Finanzbedarfen würden davon profitieren. „Ich freue mich, dass der Wirtschaftsausschuss der Verlängerung zugestimmt hat. Ein breiter Schulterschluss zwischen Parlament und Regierung ist für mich gerade in Krisenzeiten ein wichtiges Signal.“
Bisher wurden nach Angaben des Ministeriums von der Bürgschaftsbank zwischen März und November rund 120 Corona-Sofortbürgschaften mit einem Volumen von 11,3 Millionen Euro ausgereicht. Bei der L-Bank waren es 26 Bürgschaften mit einem Volumen von 115 Millionen Euro. Weitere Bürgschaftsanträge seien derzeit in der Endabstimmung, teilte das Ministerium mit. Zudem hätten beide Institute in den vergangenen Wochen wieder eine erhöhte Nachfrage nach Bürgschaften verzeichnet.
Konkret ging es vor dem Ausschuss unter anderem darum, für die L-Bank die Regelung zur Erhöhung der Zuständigkeitsgrenze für Landesbürgschaften von fünf auf 20 Millionen Euro bis zum 30. Juni 2021 zu verlängern. Zudem war vorgeschlagen, den Bürgschaftsrahmen des Landes zu Gunsten der L-Bank von bis 200 Millionen auf 400 Millionen Euro zu erhöhen.
Mit Blick auf die Bürgschaftsbank war es unter anderem darum zu tun, Regelungen der Rückbürgschaftsquotierung zu vereinfachen und ebenfalls bis zum 30 Juni 2021 zu verlängern. Das bisherige Verfahren hatte sich nach Angaben des Wirtschaftsministeriums in der Praxis nicht bewährt. So habe man für einen Kredit zwei Bürgschaftsurkunden ausstellen müssen.
Die Entscheidung, die Bürgschaftsprogramme zu verlängern und auszubauen, sei einstimmig ergangen, erklärte der Ausschussvorsitzende Dr. Erik Schweickert. Er sprach von einem wichtigen Signal für in Not geratene Betriebe: „Der Landtag zeigt, dass er in der Krise an der Seite der baden-württembergischen Unternehmen steht.“
Schneller auszahlen: Wirtschaftsausschuss macht Druck bei Wirtschaftshilfen für Hotels und Gaststätten
Stuttgart. Auch in seiner Sitzung am Mittwoch, 25. November, befasste sich der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau intensiv mit der Bekämpfung der Corona-Pandemie. Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut berichtete über den Marktstart des Corona-Schnelltests. Und auf Antrag der FDP/DVP-Fraktion zog das Gremium eine vorläufige Bilanz der Überbrückungshilfen für kleine und mittelständische Unternehmen.
Ursprünglich hatte das Freiburger Startup Spindiag einen Schnelltest für multiresistente Keime (MRSA) entwickeln und auf den Markt bringen wollen. Dann kam Corona – und Spindiag sattelte kurzfristig auf den Nachweis des Sars-Cov-2-Virus um. Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut zeigte sich vor dem Ausschuss hoch erfreut, dass die Freiburger Gründer in diesen Tagen mit einem mobilen Gerät auf den Markt kommen, dass den Erreger mit Hilfe des PCR-Verfahrens innerhalb von 40 Minuten nachweisen kann. Somit habe sich schon jetzt ausgezahlt, dass ihr Haus Spindiag im Frühjahr mit sechs Millionen Euro gefördert habe.
Auf dem mutmaßlichen Höhepunkt der zweiten Welle der Corona-Pandemie könne der Schnelltest aus dem Breisgau dazu beitragen, die Testkapazitäten auf hohem Niveau zu halten und die Lage in den unter Volllast laufenden Testlaboren zu entspannen, sagte Hoffmeister-Kraut. Das mobile Gerät liefere rasch Ergebnisse – und dies mit hoher Sicherheit. Es eigne sich daher insbesondere für den Einsatz auf Notfallstationen. Unter anderem im Klinikum Stuttgart sei ein solches Gerät bereits im Einsatz.
Die Produktion der Geräte werde derzeit hochgefahren, zehn Prozent seien für den Einsatz in Einrichtungen in Baden-Württemberg vorgesehen. Ausdrücklich lobte die Ministerin die Entwickler auch dafür, dass die Testgeräte künftig auf den Nachweis von MRSA umgerüstet werden können, wenn die Corona-Pandemie überstanden ist.
Auf Antrag der Liberalen zog das Wirtschaftsministerium eine vorläufige Bilanz der Corona-Hilfen für kleine und mittlere Betriebe. Zum 15. September 2020 lagen demnach insgesamt 9652 Anträge auf Überbrückungshilfe vor, von denen zu diesem Zeitpunkt 8055 bewilligt und 7642 auch bereits ausgezahlt waren. Die bewilligte Gesamtsumme belief sich laut der Antwort des Ministeriums auf rund 112 Millionen Euro aus Bundes- und Landesmitteln.
Die große Mehrzahl der bewilligten Anträge (6123) entfielen auf Fördersummen bis zu 9000 Euro. Von diesen Anträgen gingen 5795 zurück auf Unternehmen mit bis zu fünf Mitarbeitern. Für diese Unternehmen wurden insgesamt fast 28 Millionen Euro bewilligt, davon gut elf Millionen Euro aus Landesmitteln.
Der Löwenanteil der Überbrückungshilfen entfiel mit gut 75 Millionen Euro auf 1411 Anträge mit Fördersummen von mehr als 15.000 Euro. Etwa die Hälfte dieser Anträge wiederum wurden von Unternehmen mit mehr als zehn Mitarbeitern gestellt. Für sie wurden Mittel in Höhe von gut 49 Millionen Euro bewilligt.
Das Wirtschaftsministerium berichtete in diesem Zusammenhang, dass an 826 Unternehmen Hilfen gingen, die die jeweiligen maximalen Erstattungsbeiträge überschritten. Dazu kam es nur in begründeten Ausnahmefällen. Auf diesem Wege flossen Hilfen von insgesamt knapp 28 Millionen Euro. Das Ministerium berichtete weiter, dass zum Stichtag 16. September landesweit bereits 6002 Rückzahlungen bei der Soforthilfe Corona erfasst waren.
Die FDP/DVP zeigte sich nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Dr. Erik Schweickert überrascht davon, dass bis Mitte September viel weniger Anträge auf Überbrückungshilfe gestellt wurden als zunächst erwartet. Zu diesem Zeitpunkt seien lediglich 2,5 Prozent der insgesamt bundesweit zur Verfügung stehenden Mittel abgerufen worden. Das könne dafür sprechen, dass das Antragsverfahren abschreckend gewirkt habe oder gerade bei kleineren Unternehmen im Nachgang zur Beantragung von Soforthilfe I Unsicherheiten aufgetaucht sind.
Ministerin Dr. Hoffmeister-Kraut äußerte vor dem Ausschuss, dass die Hürden für Antragssteller zwischenzeitlich gesenkt worden seien und weiterhin entsprechend überarbeitet würden. Es habe beim Start der Pandemie keine Blaupausen für die komplexen Antragsverfahren gegeben. Man lerne aber stetig dazu. Inzwischen seien – Stand 17. November – 175 Millionen Euro an Überbrückungshilfen bewilligt und 172 Millionen Euro an Unternehmen im Land ausgezahlt ausbezahlt worden. Das sei ein großer Erfolg.
Mit Blick auf die Novemberhilfen für das vom zweiten teilweisen Lockdown besonders betroffene Hotel- und Gaststättengewerbe äußerte der Ausschussvorsitzende Dr. Erik Schweickert scharfe Kritik. Es könne nicht sein, dass man den betroffenen Unternehmen zum 1. November einen Shutdown verordne, ihnen dann aber bis Ende November noch keinen Cent auszahlen könne. Die Hilfen müssten massiv beschleunigt werden. Die Grünen-Fraktion richtete nach Angaben von Dr. Schweickert ihr Augenmerk insbesondere auf die Solo-Selbstständigen. Deren Hilfen seien unbedingt zu sichern.
Ebenfalls auf Antrag der FDP/DVP-Fraktion erörterte der Wirtschaftsausschuss die Entwicklung der industriellen Basis in Baden-Württemberg. Nach den ausführlichen Antworten des Wirtschaftsministeriums ist diese seit etwa dem Jahr 2000 relativ stabil und bietet verlässlich rund 1,2 Millionen Arbeitsplätze. Ministerin Dr. Hoffmeister-Kraut erklärte allerdings vor dem Ausschuss, es gebe keine Garantie dafür, dass dies künftig auch so bleibe. Durch die Entwicklung hin zur E-Mobilität sei ein grundlegender Strukturwandel bereits deutlich zu spüren. Es komme jetzt darauf an, gezielt in Zukunftstechnologien zu investieren. Ihr Haus fördere deshalb beispielsweise Vorhaben zur Künstlichen Intelligenz, zum autonomen Fahren sowie zur Erforschung von Batteriezellen und Brennstoffzellentechnik.
Ebenso auf Antrag der Liberalen befasste sich der Ausschuss mit den Brandschutzanforderungen in Bestandsbauten sowie mit der Entwicklung von Vollsortiment-Supermärkten und Discountern in Baden-Württemberg. Auf Antrag der SPD behandelte der Ausschuss zudem die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen.
Ferner verlängerte der Wirtschaftsausschuss die Garantieerklärungen durch das Land Baden-Württemberg im Rahmen der atomrechtlichen Deckungsvorsorge für das Deutsche Krebsforschungszentrum in Heidelberg (DKFZ) in Höhe von 12,8 Mio. Euro, für die Kerntechnische Entsorgung Karlsruhe GmbH (KTE) in Höhe von 11,4 Mio. Euro sowie das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) in Höhe von 5,9 Mio. Euro.
Landtagsverwaltung bietet Antigentests für Abgeordnete und Mitarbeiter an
Stuttgart. Am Sonntag schalten sich die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Länder mit Bundeskanzlerin Angela Merkel zu einer Telefonkonferenz zusammen, um über das weitere Vorgehen in der Corona-Krise zu beraten. Damit scheint ein harter Lockdown nach Weihnachten näher zu rücken. Bereits am Donnerstag hatten sich dafür die baden-württembergische Landesregierung und die Kommunalen Landesverbände gemeinsam ausgesprochen.
Der Landtag von Baden-Württemberg kommt angesichts dieser jüngsten Entwicklung am Montag zu einer Sondersitzung zusammen, um das weitere Vorgehen zu beraten. Angesichts der aktuell landesweit stark ansteigenden Infektionszahlen bietet die Landtagsverwaltung in Zusammenarbeit mit dem Klinikum Stuttgart im Vorfeld Antigentests im Haus des Landtags an, damit das Parlament unter schwierigen Bedingungen arbeitsfähig bleibt.
Die freiwilligen Antigentests werden am Morgen vor der Sitzung den Mitgliedern des Landtags, allen Beschäftigten der Landtagsverwaltung, die ihr Büro im Haus des Landtags haben, sowie allen Beschäftigten der Fraktionen, die im Haus des Landtags tätig sind, angeboten. Auch Mitglieder der Landespressekonferenz, die im Landtag sind, können sich testen lassen.
Angesichts von zwei weiteren planmäßigen Sitzungen des Plenums am Mittwoch und Donnerstag werden die Antigentests auch am Dienstag angeboten.
Petitionsausschuss befasst sich mit zwei aktuellen Eingaben zum Thema Feuerwerk
Stuttgart. Der Petitionsausschuss hat sich in seiner Sitzung am Donnerstag, 3. Dezember 2020, mit erst ganz aktuell eingegangenen Eingaben zum Thema Silvester und Feuerwerk befasst. „Der Ausschuss handelt schnell und arbeitet auch kurzfristig eingegangene Petitionen ab, wenn es der Anlass verlangt“, das bekräftigte die Vorsitzende des Gremiums, Petra Krebs (Grüne).
Ein Petent wandte sich gegen die Entscheidung der Stadt Stuttgart, an bestimmten Plätzen und im Cityring an Silvester kein Feuerwerk zuzulassen. Corona-bedingt nicht erwünschte Feiern würden sich dann auf andere Aussichtspunkte rund um Stuttgart konzentrieren, wodurch sich noch größere Probleme mit dem Abstandsgebot ergeben würden. Die Stadt solle Feuerwerk entweder zulassen oder Verbote für das gesamte Stadtgebiet aussprechen, so der Wunsch des Petenten. Das Innenministerium habe, so Petra Krebs, im Einvernehmen mit dem Umweltministerium Stellung genommen. So sei seitens des Ministeriums festgestellt worden, dass ein Verbot seitens der Stadt Stuttgart bislang noch gar nicht ergangen sei. Bislang handele es sich nur um eine bloße öffentliche Ankündigung der Stadt.
Im Rahmen der Konferenz der Ministerpräsidenten mit Bundeskanzlerin Merkel am 25.11.2020 seien zusätzliche Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie beschlossen worden. Das Maßnahmenpaket beinhalte jedoch kein grundsätzliches Verbot von Feuerwerkskörpern an Silvester. Es habe lediglich Einigkeit darüber bestanden, dass es an belebten Plätzen und Straßen ein Feuerwerksverbot geben sollte. Über die Umsetzung vor Ort hätten die Ortspolizeibehörden nach Rücksprache mit dem Gesundheitsamt und gegebenenfalls der zuständigen Sprengstoffbehörde zu entscheiden. „Diese Forderung der MPK, in diesem Jahr auf belebten Plätzen auf ein Feuerwerk zu verzichten, begrüßt der Petitionsausschuss ausdrücklich“, so die Vorsitzende Krebs. Der Ausschuss habe einstimmig beschlossen, der Petition nicht abzuhelfen.
Ein zweiter Petent begehrte unter anderem, dass Abbrennen von Kleinst-, Klein-, Mittel- und Großfeuerwerken unter Strafe zu stellen sowie Herstellung, Handel, Transport und privaten Besitz jeglicher Art von Feuerwerk unter Strafe zu stellen. Das Umweltministerium legte in der Sitzung dar, dass im Sprengstoffrecht für die Herstellung, den Handel, den Transport und den privaten Besitz jeglicher Art von pyrotechnische Effekte erzeugende Produkte sowie für das Abbrennen von Kleinst-, Klein-, Mittel- und Großfeuerwerke erforderliche Ordnungs- bzw. Straftatbestände bestünden. Bezüglich der vom Petenten begehrten Einführung einer generellen Strafbarkeit über den oben dargestellten Rechtsrahmen des Sprengstoffgesetzes oder der Ersten Verordnung zum Sprengstoffgesetz hinaus sei anzumerken, dass es sich beim Sprengstoffrecht um Bundesgesetzgebung handle, für die ausschließlich der Bund zuständig sei. „Der Petitionsausschuss hat auch dieser Petition nicht abgeholfen“, so Petra Krebs.
Umweltausschuss empört, dass EEG-Novellierung immer noch nicht abgeschlossen ist
Stuttgart. Ab Januar kommenden Jahres läuft für die ersten Betreiber von Photovoltaikanlagen die Förderung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) aus. Der Ausschuss für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft zeigte sich in seiner Sitzung am Donnerstag, 3. Dezember 2020, empört darüber, dass Betreiber EEG-geförderter Photovoltaikanlagen nach wie vor nicht wissen würden, wie es im neuen Jahr mit ihren Anlagen weitergeht. Dies teilte der Vorsitzende des Gremiums, Dr. Bernd Grimmer (AfD), mit. Der Ausschuss ließ sich auf Antrag der FDP/DVP-Fraktion von Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) über den aktuellen Sachstand informieren.
Der Ausschuss sei sich einig gewesen, dass es nicht im Sinne der Politik sein könne, wenn Anlagen, die nach wie vor funktionstüchtig seien, nicht mehr weiterbetrieben würden. Dabei sei weniger die auslaufende Förderung das Problem, habe Minister Untersteller erklärt, sondern vielmehr die Tatsache, „dass man nicht weiß, ob man seine Anlage überhaupt weiter nutzen darf“. Nach aktuellem Stand müssten die bislang EEG-geförderten Photovoltaikanlagen zum 1. Januar 2021 abgeschaltet werden. Informationen des Ministeriums zufolge seien davon in den kommenden fünf Jahren in Baden-Württemberg bis zu 30.000 Anlagen betroffen. Das Ministerium gehe davon aus, dass es sich dabei nahezu ausnahmslos um Dachanlagen handele mit einer Durchschnittsleistung vom mittleren einstelligen bis in den unteren zweistelligen Kilowatt-Bereich.
Für solche kleinen Anlagen mit einer Leistung bis zu 7 Kilowatt begrüße die Landesregierung das von mehreren Unternehmen vorgeschlagene Konzept der sogenannten „kleinen Direktvermarktung“, bei dem auf eine Viertelstundenbilanzierung und damit auf die Nachrüstung mit einem teuren sogenannten „intelligenten Messsystem“ verzichtet werden könne. Hierfür habe sich das Land Baden-Württemberg bereits im Sommer im Bundesrat stark gemacht. Die Vorschläge seien von der Bundesregierung jedoch zurückgewiesen worden. Die aktuellen Pläne der Bundesregierung sähen solche Messsysteme auch für Anlagen mit einer kleinen Leistung verpflichtend vor.
Wie Dr. Grimmer erklärte, gehe die Landesregierung davon aus, dass eine Regelung wohl bis Mitte Dezember gefunden sein werde. Ministerium und Ausschuss seien sich jedoch einig gewesen, dass man hoffe, dass manche Punkte des derzeitigen Gesetzesentwurfs – wie die Pflicht eines Messsystems für Anlagen mit einer Leistung von nur wenigen Kilowatt – noch geändert werden würden.
Grüne und CDU wollen Agrophotovoltaik voranbringen
Stuttgart. Beim Thema Agrophotovoltaik (APV) macht der Ausschuss für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz weiter Tempo. In seiner Sitzung am Mittwoch, 2. Dezember, erörterte das Gremium eine Bestandsaufnahme des Landwirtschaftsministeriums zur solaren Stromerzeugung auf landwirtschaftlichen Nutzflächen. Landwirtschaftsminister Peter Hauk (CDU) signalisierte vor dem Ausschuss seine Bereitschaft, die APV zu unterstützen. Die Technologie werde sich aber erst rechnen, wenn das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) eine Vergütung von eingespeistem Strom aus solchen Anlagen ermögliche, erklärte er. Für eine entsprechende Änderung wolle er sich einsetzen.
Bei einer Expertenanhörung zur APV, zu der der Ausschuss Ende September geladen hatte, kritisierten Fachleute die bisher mangelnde Unterstützung der Agrophotovoltaik durch die Politik. Tenor: Die APV könne einen wichtigen Beitrag zur Energiewende leisten – allerdings nur, wenn man sie entschlossen fördere. Vor diesem Hintergrund beantragten dann die Fraktionen von Grünen und CDU, die Landesregierung solle umfassend zum Stand und zu den Perspektiven der Agrophotovoltaik in Baden-Württemberg informieren.
In der Sitzung am Mittwoch nun forderten Vertreter der Grünen-Fraktion die Landesregierung nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Martin Hahn (Grüne) auf, die Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, dass die Agrophotovoltaik ihre enormen Potenziale ausschöpfen kann. Die Technologie könne einen wichtigen Beitrag dazu leisten, die Konkurrenzsituation mit Blick auf Nutzflächen zu entschärfen. Bisher müsse entschieden werden, ob eine Fläche für die landwirtschaftliche Produktion oder zur Energiegewinnung eingesetzt werde. Die APV löse diesen Konflikt auf, da sie eine Doppelnutzung ermöglicht. Insbesondere Sonderkulturen (Beeren, Kernobst) böten sich in diesem Zusammenhang an. Sie könnten durch die Solarmodule vor Witterungseinflüssen geschützt werden.
Vertreter der CDU sprachen laut dem Ausschussvorsitzenden Hahn von einer Win-Win-Situation, da die Agrophotovoltaik eine zusätzliche Flächennutzung erlaube und so dem Flächenverbrauch Einhalt gebieten könne. Die rechtlichen Rahmenbedingungen auch im Baurecht müssten dringend angepasst werden, damit Deutschland bei dieser Technologie nicht den Anschluss verpasse.
Bisher habe die Politik im Bund wie auch in den Ländern die APV sträflich vernachlässigt, hatten die Experten bei der Anhörung unisono erklärt. Baugenehmigungen für derartige Anlagen seien so gut wie unmöglich, Agrarsubventionen für landwirtschaftliche Nutzflächen mit APV verboten, und auch das Erneuerbare-Energien-Gesetz lasse auf landwirtschaftlichen Nutzflächen erzeugten Strom außen vor. Das müsse sich schnell ändern, so die Experten.
Nach Angaben des Landwirtschaftsministeriums existieren bisher erst wenige APV-Anlagen in Baden-Württemberg. Eine von ihnen steht in Heggelbach im Landkreis Sigmaringen. Die Erfahrungen dort seien ermutigend, so das Ministerium. Die Erträge auf den mit Solarmodulen überdachten Flächen seien etwa bei Sellerie um zwölf Prozent höher ausgefallen als auf der unbedachten Referenzfläche, bei Winterweizen um drei Prozent höher. Das Landwirtschaftsministerium verweist darauf, dass es gemeinsam mit dem Umweltministerium ein Forschungsvorhaben zur APV fördert. Vier landwirtschaftliche Forschungseinrichtungen des Landes seien beteiligt.
Der Ausschuss verabschiedete mehrheitlich einen Entschließungsantrag, der die Landesregierung verpflichtet, die APV auf Landesebene, im Bund und in der EU voranzubringen.
Vorsitzender Willi Stächele: „Die Agenda 2030 wird uns in den kommenden Jahren weiter beschäftigen“
Stuttgart. In einer öffentlichen Anhörung hat sich der Ausschuss für Europa und Internationales in seiner Sitzung am Mittwoch, 2. Dezember 2020, mit der Großen Anfrage der Fraktion Grüne zur Umsetzung der Agenda 2030 (globale Nachhaltigkeitsziele – SDGs) in Baden-Württemberg befasst und Experten gehört. Das hat der Vorsitzende des Europaausschusses, Willi Stächele (CDU) mitgeteilt. „Die Agenda 2030 ist ein spannendes Thema, über das tagelang debattiert werden könnte und das uns in den kommenden Jahren noch weiter beschäftigen wird.“
Im Koalitionsvertrag haben sich die Regierungsfraktionen 2016 der Förderung einer nachhaltigen globalen Entwicklung, der Sicherung von Frieden, Gerechtigkeit, Demokratie und den Menschenrechten verpflichtet: „Wir werden die Agenda 2030 der Vereinten Nationen für eine nachhaltige globale Entwicklung und die 17 globalen Ziele nachhaltiger Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDGs) in allen Politikfeldern konkretisieren und in der Nachhaltigkeitsstrategie des Landes verankern.“ (Seite 123). Gut vier Jahre nach Verabschiedung der globalen Nachhaltigkeitsziele ist es geboten zu bilanzieren, welchen Beitrag das Land in welchen Bereichen bereits leistet, um seinen Teil zur Erreichung der SDGs zu erbringen, und gleichzeitig Politikfelder zu identifizieren, in denen Baden-Württemberg in den kommenden Jahren bis 2030 vermehrt Anstrengungen unternehmen kann und wird, so die Begründung des Antrags. „Der Ausschuss prüft, ob Baden-Württemberg in seiner europäischen Funktion in Sachen Nachhaltigkeit alles tut“, bekräftigte Stächele.
In der Anhörung berichtete die Europabeauftragte der Ministerin für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau des Landes Baden-Württemberg und Leiterin des Steinbeis-Europa-Zentrums, Dr.-Ing. Petra Püchner über Nachhaltigkeit – Relevanz und Auswirkungen für Unternehmen. Außerdem gaben die Geschäftsführerin des Dachverbands Entwicklungspolitik Baden-Württemberg e.V., Claudia Duppel, der Abteilungsleiter Wirtschaft-, Industrie- und Umweltpolitik DGB-Bezirk Baden-Württemberg, Stefan Rebmann, Albert Geiger, Leitung Bürgerbüro Bauen der Stadt Ludwigsburg sowie Prof. Dr. Thomas Mayer, Gründungsdirektor Flossbach von Storch AG Research Institute, Einblicke in ihr Tun. Geiger stellte etwa die Umsetzung der Agenda 2013 in den Kommunen am Beispiel der Stadt Ludwigsburg vor. Ministerin Schopper bilanzierte für die Landesregierung, dass sie bei den auferlegten Querschnittsaufgaben halbwegs im Plan seien. Das Land sei bei weitem jedoch noch nicht auf der Siegerstraße, habe aber den Dreiklang Wirtschaft, Soziales und Umwelt im Blick. „Die Agenda 2030 wird uns auch in den kommenden Jahren beschäftigen“, so Stächele.
Zuvor hatte Staatssekretär Andre Baumann in einem mündlichen Bericht die Partnerschafts-Konzeption Baden-Württemberg und Frankreich (ehemals Frankreich-Konzeption) vorgestellt. Das Land hat erstmalig eine umfassende Strategie für die deutsch-französische Kooperation erarbeitet, um die Zusammenarbeit gezielt voranzutreiben. In zehn thematisch unterschiedlichen Aktionsfeldern sind Maßnahmen definiert, um der Kooperation neue Impulse zu verleihen. Verabschiedet wurde sie vom Ministerrat am 14. Juli 2020, dem französischen Nationalfeiertag. Die Partnerschafts-Konzeption ist, Baumann zufolge, das Ergebnis eines breit angelegten deutsch-französischen Beteiligungsprozesses von Bürgerinnen und Bürgern und Experten. In grenzüberschreitenden Bürgerdialogen und Workshops wurde analysiert, was gut funktioniert, und welche Bereiche neue Impulse benötigen. Zehn Aktionsfelder wurden definiert. Diese sind Verkehr und Mobilität, Wissenschaft und Wirtschaft, Berufliche Bildung, Sprache, Information und Vernetzung, Innere Sicherheit, Integration und Verbraucherschutz, Gesundheit, Energie, Klima, Umwelt, Forst- und Landwirtschaft, Kultur sowie Tourismus.
Nach Angaben von Dr. Andre Baumann investiert das Land 15,3 Millionen Euro in 29 Einzelmaßnahmen. Im Verkehrsbereich wird beispielsweise die Planung für die Reaktivierung der Schienenstrecke Colmar-Breisach-Freiburg vorangetrieben. „Die Projekte sollen im Alltag der Menschen zu konkreten Verbesserungen führen“, so der Staatssekretär. Im Aktionsfeld Wirtschaft und Wissenschaft wird in eine bessere Vernetzung in der Schlüsselbranche Künstliche Intelligenz investiert. Für die Förderung des grenzüberschreitenden Austausches und der Vernetzung hat das Land einen Mikroprojektefonds für kleinere baden-württembergisch-französische Initiativen initiiert. „Dieser Fonds wurde im Ausschuss sehr begrüßt. Hier besteht jetzt ein niederschwelliges Angebot, um an bis zu 6.000 Euro zu kommen“, so Willi Stächele. „Wir alle müssen jetzt dazu beitragen, dass das Geld, das wir bereitgestellt haben, auch bei den Menschen ankommt.“
Konzernbevollmächtigter der Deutschen Bahn zu Gast im Verkehrsausschuss
Stuttgart. Die Themen seien vielfältig gewesen, erklärte Karl Rombach (CDU), der Vorsitzende des Ausschusses für Verkehr. Von den Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Deutsche Bahn über die Umsetzung des Deutschlandtakts bis hin zur Infrastruktur einzelner Strecken und Bahnhöfe sei alles dabei gewesen. In der Ausschusssitzung am Mittwoch, 2. Dezember 2020, war der Konzernbevollmächtigte der Deutschen Bahn AG für das Land Baden-Württemberg, Thorsten Krenz, zu Gast im Ausschuss und stellte sich virtuell den Fragen der Abgeordneten.
Eines der Schwerpunktthemen sei, Rombach zufolge, die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf den Schienenverkehr in Baden-Württemberg gewesen. Krenz habe sich sehr erleichtert gezeigt, dass es derzeit keine Einschränkungen im von der DB-betriebenen Personen- und Güterverkehr aufgrund Corona-bedingter Personalausfälle gebe. Die Bahn verstehe sich als „Teil der Daseinsvorsorge“ und habe deshalb ihr Grundangebot im Nah-, aber auch im Fernverkehr aufrechterhalten – obwohl die Auslastung teils stark zurückgegangen sei. So würden derzeit ca. 90 Prozent des regulären Fahrplan-Angebots aus der Zeit vor Corona zuverlässig bedient.
Dennoch sei man vor allem im Fernverkehr um manche Zugstreichungen nicht herumgekommen. Davon sei unter anderem die Strecke von Stuttgart und Heidelberg nach Mainz und Wiesbaden betroffen. Krenz zufolge seien diese Streichungen nötig, um auch bei Erkrankungen und Quarantäne genügend Personal für den übrigen Fahrplan bereit zu halten. Diese Streichungen seien aber temporär, habe Krenz versichert. Die Verbindungen würden wiedereingesetzt, sobald das Pandemiegeschehen und die Nachfrage dies zuließen.
Auch bezüglich der Einhaltung der Maskenpflicht im Zugverkehr habe sich der Konzernbevollmächtigte zufrieden gezeigt. „Die allergrößte Mehrzahl der Fahrgäste hält sich, den Informationen der Bahn zufolge, an die Maskenpflicht“, erklärte Rombach. Insbesondere im Nahverkehr gebe es kaum Vorfälle; die Vorfälle im Fernverkehr ließen sich mit der Reisedauer begründen und die Fahrgäste zeigten sich in den meisten Fällen sofort einsichtig.
Weitere Fragen der Ausschussmitglieder hätten den Deutschland-Takt zum Thema gehabt, der derzeit vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur volkswirtschaftlich bewertet werde. An der Umsetzung des Deutschlandtakts hänge beispielsweise die Gäubahn-Bahn. Ziel sei es, deren Fahrzeit zwischen der Grenze zur Schweiz und Stuttgart zu verkürzen, sodass an den wichtigen Bahnhöfen attraktive Anbindungen für die Fahrgäste bestünden. In diesem Zusammenhang sei im April dieses Jahres ein alternatives Infrastrukturprojekt vorgestellt worden, das eine veränderte Einführung der Gäubahn an den Bahnhof Stuttgart 21 vorsehe. Auch hierzu laufe derzeit eine volkswirtschaftliche Kosten-Nutzen-Rechnung. Wann das Ergebnis dieser Prüfung vorliege, habe der Konzernbevollmächtige der Deutschen Bahn jedoch nicht mitteilen können.
Die Abgeordneten hätten sich darüber hinaus nach einzelnen Infrastrukturprojekten der Deutschen Bahn in ganz Baden-Württemberg erkundigt. Besprochen worden seien zum Beispiel der Stand des Ausbaus der Frankenbahn, der Einsatz von Doppelstockzügen auf der Hochrheinbahn ab Dezember 2021 sowie der Neubau des Hauptbahnhofs in Ulm.
Den Petitionsausschuss haben in der 16. Wahlperiode bislang 5.040 Petitionen erreicht
Stuttgart. „Den Petitionsausschuss haben in der zu Ende gehenden 16. Wahlperiode bis Mitte November 2020 5.040 Petitionen erreicht“, berichtete die Vorsitzende des Gremiums, Petra Krebs (Grüne), in der Plenarsitzung am Mittwoch, 2. Dezember 2020. Bis zum Ende der Wahlperiode am 30. April 2021 werden voraussichtlich rund 5.500 Petitionen sein. „Knapp 20 Prozent der Eingaben waren ganz oder teilweise erfolgreich, führten zu Empfehlungen an die Regierung oder wurden durch Auskunftserteilung erledigt“, so Petra Krebs.
Aus der vorangegangenen Wahlperiode gab es einen Überhang von 508 zu behandelnden Petitionen. Zirka 47 Prozent der Eingaben konnte nicht abgeholfen werden, in der Regel, weil die angegriffene behördliche Entscheidung nicht zu beanstanden war. Die übrigen Petitionen wurden an zuständige Behörden und Institutionen weitergeleitet, waren unzulässig, sind noch offen oder haben sich anderweitig erledigt. Die meisten Eingaben betreffen Bausachen (522), gefolgt von ausländerrechtlichen Angelegenheiten (389) und dem Verkehrswesen (307). Von der Möglichkeit, Petitionen online einzureichen, wurde 1.232 Mal Gebrauch gemacht. „Wir sind das Original“, bekräftigte Petra Krebs im Hinblick auf viele private Petitionsplattformen, über die auch in den Medien immer wieder berichtet wird. „Eine private Petitionsplattform löst keine Prüfung durch das Parlament aus, das geht nur über die Petitionsausschüsse des Bundestages und der Landtage.“
„Das Petitionswesen spiegelt in besonderer Weise die Probleme der Bürgerinnen und Bürger wider“, betonte die Vorsitzende. So findet sich auch die Corona-Krise in der Arbeit des Petitionsausschusses wieder (rund 200 Eingaben), die Themen Gesundheit und Schule sind sogar in die „Top Ten“ aufgerückt. Petra Krebs zufolge waren das Sozialministerium und das Kultusministerium hier besonders gefordert – neben der Bewältigung der Corona-Krise. „An dieser Stelle möchte ich allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aller Ministerien meinen Dank für ihre Stellungnahmen aussprechen“, so Krebs. „Das Petitionsrecht ist ein hohes Gut, ein Grundrecht aller Bürgerinnen und Bürger, die sich natürlich gerade auch in diesen schwierigen Zeiten mit ihren Beschwerden an das Parlament wenden können.“ Besonders gefreut habe sich Petra Krebs über Petitionen von Kindern und Jugendlichen zu Themen wie Bienenschutz, Wasserschutz und Müllbeseitigung. „Auch, wenn manche Ideen nicht sofort umgesetzt werden können, möchte ich diesen Kindern und Jugendlichen doch sagen, sich nicht entmutigen zu lassen und sich weiterhin Gedanken um die Zukunft der Welt, in der sie leben werden, zu machen und sich einzubringen“, betonte die Ausschussvorsitzende.
Corona sei auch eine Herausforderung für die Ortstermine und Bürgersprechstunden des Petitionsausschusses gewesen. 80 Ortstermine konnten bislang durchgeführt werden, ein Plus gegenüber 58 in der letzten Wahlperiode. 533 Mal hat der Ausschuss sein Recht auf Anhörung von Regierungsvertretern genutzt, in der 15. Wahlperiode waren es noch 489 Regierungsvertreteranhörungen. „Dem Petitionsausschuss der nächsten Wahlperiode möchte ich ans Herz legen, über die Möglichkeiten einer verstärkten Beteiligung und Einbindung der Petenten im Petitionsverfahren nachzudenken und sie auch umzusetzen“, so Petra Krebs.
Im Vergleich zur vorangegangenen Wahlperiode verzeichnete der Petitionsausschuss einen Rückgang der Eingaben um zirka 11 Prozent (700 Petitionen weniger) und erreicht damit den Stand der 14. Wahlperiode. „Den Rückgang führen wir unter anderem darauf zurück, dass im Februar 2017 der erste Bürgerbeauftragte des Landes seine Arbeit aufgenommen hat und die örtlichen Verwaltungen in ihrer Bürgernähe von Landesseite aus unterstützt und bestärkt werden“, führte Petra Krebs aus, die sich an dieser Stelle für das langjährige Engagement von Beate Böhlen als Vorsitzende des Petitionsausschusses bedankte. Seit Oktober 2018 ist Böhlen Bürgerbeauftragte. Ein weiteres Dankeschön richtete Petra Krebs auch an den langjährigen stellvertretenden Vorsitzenden, Norbert Beck, der dem neuen Landtag nicht mehr angehören wird.
Anlage Anlagen zum mündlichen Bericht
der Vorsitzenden des Petitionsausschusses Petitionsbericht 2020(externer Link)
Statistik Einzelfälle Tagungen, Konferenzen und Informationsgespräche
Landtag stößt Forschungsprojekt an – Ministerium bewilligt Förderung
Stuttgart. Lesbischen Lebenswelten im deutschen Südwesten von den 20er bis zu den 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts widmet sich ein universitätsübergreifendes Forschungsprojekt, das ursprünglich vom Landtag von Baden-Württemberg angeregt wurde. Wie jetzt bekannt wurde, wird das Projekt nun mit insgesamt 200.000 Euro vom Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst gefördert. Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) zeigt sich erfreut: „Ich bin sicher: Das Forschungsvorhaben wird unser Wissen über unsere Geschichte erweitern. Es sendet gleichzeitig ein Zeichen in unsere Gesellschaft heute – indem es die Geschichten lesbischer Frauen sichtbar macht.“
Die Gedenkveranstaltung des Landtags zur Erinnerung an das Schicksal homosexueller Opfer der NS-Diktatur im Januar 2019 hatte den Impuls gesetzt, entsprechende Untersuchungen zu fördern. Die Professorinnen Katja Patzel-Mattern und Karen Nolte (beide Uni Heidelberg) sowie Silvia Paletschek (Uni Freiburg) griffen das Thema gemeinsam auf. Ihr Forschungsantrag „Alleinstehende Frauen, Freundinnen, Frauenliebende Frauen – lesbische Lebenswelten im deutschen Südwesten (ca. 1920er bis 1960er Jahre)“ wurde jetzt mit Unterstützung des Netzwerks LSBTTIQ Baden-Württemberg e.V vom Wissenschaftsministerium zur Förderung mit insgesamt 200.000 Euro ausgewählt.
An der Auswahlsitzung am 20. Oktober 2020 nahmen Vertreterinnen des Netzwerks LSBTTIQ, des Landesfrauenrats und des Sozialministeriums teil. Zuvor hatten drei Wissenschaftlerinnen von Hochschulen außerhalb Baden-Württembergs den Forschungsantrag mit jeweils hervorragendem Ergebnis begutachtet. Der Förderbescheid wurde zwischenzeitlich an die beteiligten Universitäten verschickt. Ein erster Mittelabruf kann laut Wissenschaftsministerium noch in diesem Jahr erfolgen.
Landtagspräsidentin Aras erklärt dazu: „Gedenken heißt, dass wir uns fragen, wo wir in unserer Erinnerung blinde Flecken haben. Gedenken lässt uns reflektieren, was diese Lücken über unsere Gesellschaft aussagen.“ Die Forschung zur Verfolgung Homosexueller in der NS-Zeit und deren Fortführung in der Bundesrepublik habe erst in den vergangenen Jahren die nötige Aufmerksamkeit bekommen. Für lesbische Frauen stehe sie noch am Anfang.
Erzeuger leiden unter Schweinestau – was hilft?
Stuttgart. Mit der Situation der Schweinehalter in Baden-Württemberg befasste sich der Ausschuss für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz in seiner Sitzung am Donnerstag, 26. November. Wegen der Corona-Pandemie und der Afrikanischen Schweinepest stehen die Betriebe unter erheblichem Druck. Das Stichwort lautet: Schweinestau. Landwirtschaftsminister Peter Hauk (CDU) gab dazu vor dem Ausschuss einen Lagebericht.
Schweinehalter im Südwesten sind derzeit von zwei parallel verlaufenden Pandemien gebeutelt. Der SARS-Cov2-Erreger legt Gastronomie und Schlachthöfe lahm, und der nach Ostdeutschland eingeschleppte Erreger der Afrikanischen Schweinepest (ASP) den Export von deutschem Schweinefleisch. Unter anderem China hat die Einfuhr verboten. Die Situation der deutschen Schweinehalter sei schon schwierig gewesen, bevor beide Erreger Deutschland erreichten, erklärte Landwirtschaftsminister Peter Hauk (CDU) vor dem Ausschuss für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz. Doch nun werde die Lage zunehmend unhaltbar.
Schlachthöfe seien gezwungen, ihre Kapazitäten zu drosseln, weil Mitarbeiter mit dem Coronavirus infiziert sind. Zugleich sei die Inlandsnachfrage eingebrochen, weil die Gastronomie sich im Lockdown befindet. Auch der Export bringe keine Entlastung, wegen der Ausfuhrverbote infolge der ASP sei das genaue Gegenteil der Fall. Die landwirtschaftlichen Erzeuger stünden damit vor dem Problem, dass sich in den Ställen die Tiere stauen. Die Ställe seien überbelegt, was die Halter in Konflikt mit dem Tierschutz bringe. Und natürlich verdienten sie kein Geld, weil sie die schlachtreifen Tiere nicht absetzen können. Mastschweine sind nach fünf bis sechs Monaten schlachtreif. Sie wiegen dann bis zu zwei Zentner – und müssen eigentlich vom Hof.
Laut Minister Hauk liegt der Preis von Schweinefleisch pro Kilogramm Schlachtgewicht derzeit bei 1,09 Euro. Im Vorjahresmonat seien es noch 2,00 Euro gewesen. Der Ferkelpreis sei inzwischen auf 23,20 Euro gefallen. Im vergangenen November dagegen seien noch 69,60 Euro aufgerufen worden. „40 Euro sind die absolute Grenze. Fällt der Preis darunter, lohnt es sich schlicht nicht mehr, Ferkel zu ziehen“, sagte der CDU-Politiker.
Der Ausschussvorsitzende Martin Hahn (Grüne) schilderte, Schweinehalter seien nicht nur massivem wirtschaftlichem Stress ausgesetzt. Auch emotional befänden sie sich in einem Ausnahmezustand. „Sie wollen, dass es ihren Tieren gut geht, und müssen nun dabei zusehen, wie sich die Haltungsbedingungen täglich verschlechtern“, so Hahn. Das zehre an den Nerven.
Der Ausschussvorsitzende berichtete, es habe eine intensive Debatte darüber gegeben, wie man den Erzeugern helfen könne. Seitens der SPD-Fraktion habe es geheißen, nicht zuletzt die Verbraucher könnten eine wichtige Rolle spielen. Sie müssten aber bereit sein, für gute Arbeit und gutes Fleisch mehr als bisher zu zahlen. Das sei auch eine Frage des Respekts.
Landwirtschaftsminister Hauk verwies auf die laufenden Corona-Überbrückungshilfen für Unternehmen. Die Programme stünden selbstverständlich auch landwirtschaftlichen Erzeugern offen. Zudem gebe es die Möglichkeit, bei der Landwirtschaftlichen Rentenbank günstige Darlehen zu beantragen.
Finanzausschuss bewilligt Mehrausgaben für Impfzentren, Pflege-Prämie und Thermen
Stuttgart. Der Finanzausschuss des Landtags hat in seiner Sitzung am Donnerstag, 26. November 2020, weitere Finanzhilfen in Millionenhöhe zur Bewältigung der Folgen der Corona-Pandemie bewilligt. „Finanziert werden sollen mit diesen Mitteln die zentralen Impfzentren in Baden-Württemberg, ein Bonus für Pflegekräfte in Krankenhäusern, Investitionsprogramme für Tourismusbetriebe, die Stabilisierung kommunaler Thermen und der Breitbandausbau“, sagte der Vorsitzende des Gremiums, der SPD-Abgeordnete Rainer Stickelberger.
Für die Einrichtung von neun zentralen Impfzentren in Baden-Württemberg habe das Sozialministerium für das Jahr 2020 eine Mehrausgabe in Höhe von 7,2 Millionen Euro und für 2021 eine Verpflichtungsermächtigung in Höhe von 50,8 Millionen Euro beantragt. Die Ausgaben für Personal belaufen sich voraussichtlich auf 52,7 Millionen Euro, darunter zum Beispiel für Ärzte (29,2 Mio.), medizinisches Fachpersonal (2,3 Mio.), Ordner (4,7 Mio.) oder Personal für die Registrierung (5,7 Mio.). Die Sachkosten werden mit 5,4 Millionen Euro veranschlagt, vor allem für Mieten (4,3 Mio.) und Mobiliar (630.000), sagte der Ausschussvorsitzende.
Eine weitere Maßnahme von insgesamt 10 Millionen Euro betrifft laut Stickelberger einen „Corona-Bonus“ für Pflegekräfte in Krankenhäusern. Das Land Baden-Württemberg wolle sich mit 500 Euro je Pflegekraft an der Prämie beteiligen. Bundesweit stünden 100 Millionen Euro zur Verfügung, um Pflegepersonal eine Corona-Prämie zu zahlen. Von diesem Bundesanteil könnte rund 20.000 Pflegekräfte der 69 Krankenhäuser eine Prämie in Höhe von 1.000 Euro bezahlt werden. Das Land Baden-Württemberg wolle diesen Betrag um 500 Euro erhöhen, damit Pflegekräfte in Krankenhäusern den gleichen Bonus erhalten wie bereits im Frühsommer die Pflegekräfte in der Altenpflege. Auch damals habe das Land den Bonus mit jeweils 500 Euro mitfinanziert.
Zudem bewilligte der Ausschuss die vom Ministerium der Justiz und für Europa beantragten Mittel in Höhe von 35 Millionen Euro für das Stabilisierungsprogramm Tourismus. Der Betrag teile sich auf in bis zu 12 Millionen Euro für das Investitionsprogramm Tourismusbetriebe, bis zu 8 Millionen Euro für innovatives Tourismusmarketing im Inland und im grenznahen Ausland und 15 Millionen Euro zur Stabilisierung der kommunalen Thermen.
Des Weiteren stimmte der Ausschuss einer Verpflichtungsermächtigung in Höhe von 48 Millionen Euro zu, um Fördermittel für den Breitbandausbau in Baden-Württemberg zu verstärken. Die Mittel würden zu jeweils 24 Millionen Euro in den Jahren 2023 und 2024 fällig. Nach Ansicht der Landesregierung habe eine flächendeckende Breitbandinfrastruktur eine herausragende Bedeutung für die Krisenbewältigung in Wirtschaft und Gesellschaft, gerade auch in Zusammenhang mit der Corona-Pandemie. Wie es im Antrag hieß, sei eine Verstärkung der Breitbandfördermittel des Landes zwingend erforderlich, um das Ziel, bis 2025 überall im Land über gigabitfähige Netze zu verfügen, erreichen und damit das Land gestärkt aus der Krise führen zu können, sagte der Ausschussvorsitzende.
Sozialausschuss stimmt Gesetzesänderung zur Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen zu
Stuttgart. Der Ausschuss für Soziales und Integration hat in seiner Sitzung am Donnerstag, 26. November 2020, dem Gesetzentwurf der Landesregierung zur Änderung von Vorschriften zur Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen in Baden-Württemberg mit großer Mehrheit zugestimmt. Das hat der Vorsitzende des Gremiums, Rainer Hinderer (SPD), mitgeteilt. „Auch Baden-Württemberg ist auf die Einwanderung von Fachkräften aus dem Ausland angewiesen, um dem Fachkräftemangel entgegen zu treten“, so Hinderer. „Mit der Gesetzesänderung soll es den Menschen letztlich erleichtert werden, hier arbeiten zu können.“
Wie Rainer Hinderer ausführte, solle das Gesetz die bundesrechtlichen Veränderungen im Zusammenhang mit dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz auf Landesebene nachvollziehen und die Anerkennungsverfahren in der Zuständigkeit des Landes weiterentwickeln. Dabei würden auch Anpassungen aufgrund der Datenschutz-Grundverordnung erfolgen. Wesentlicher Inhalt sei, verkürzte Verfahrensfristen für das beschleunigte Fachkräfteverfahren des Aufenthaltsgesetzes in das Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz Baden-Württemberg einzuführen. Außerdem werde für reglementierte Berufe die Möglichkeit eines separaten Feststellungsbescheides über die Gleichwertigkeit geschaffen. Die Änderungen im Artikel 2 führen die Ausstellung eines Beratungsnachweises ins Anerkennungsberatungsgesetz ein, der gegenüber der zuständigen Stelle als Glaubhaftmachung der Erwerbstätigkeitabsicht in Baden-Württemberg diene. „Wichtig ist an dieser Stelle auch, dass die personelle Ausstattung der Anerkennungsbehörden angepasst wird, damit das Verfahren dann auch beschleunigt werden kann“, so der Vorsitzende.
Weitere Änderungen der Artikel 3 bis 5 nehmen, so Rainer Hinderer, Anpassungen in den Anerkennungsverfahren zu den vom Heilberufe-Kammergesetz erfassten Berufen, zu europäischen Lehramts-Qualifikationen sowie zu den landesrechtlich geregelten Pflege- und Sozialberufen vor. „Die Neuregelungen und Optimierungen tragen dazu bei, im Land vorhandenes Qualifikationspotenzial besser zu erschließen und die Fachkräfteeinwanderung aus dem Ausland zu erleichtern“, so Rainer Hinderer abschließend.
Zuvor hatte der Sozialausschuss die Große Anfrage der SPD-Fraktion „Aus den Entwicklungen, Abläufen und dem Krisenmanagement des Ministeriums für Soziales und Integration in der Corona-Krise in Baden-Württemberg für die Zukunft lernen“ öffentlich beraten. In der Großen Anfrage wurden die während der Corona-Krise entstandenen Entwicklungen, erfolgten Abläufe und getroffenen Maßnahmen des Ministeriums reflektiert, um daraus Vor- und Nachteile abzuwägen, Best Practices aufzuzeigen und Handlungsempfehlungen abzuleiten. Ziel der Großen Anfrage ist es gewesen, die gewonnenen Erkenntnisse zusammenzutragen und dadurch für zukünftige Situationen dieser Art besser vorbereitet zu sein. Besonderes Augenmerk hat die Opposition bei der Beratung im Ausschuss auf die Fehlerkultur, die Alarmpläne, die Beschaffung von Schutzausrüstungen sowie auf die Kommunikationsstrategie gelegt. „Eine Krise meistert eine Regierung nicht alleine, man muss viele Beteiligte mitnehmen“, betonte Rainer Hinderer. Letztlich sei bei den Beratungen deutlich geworden, dass sich Baden-Württemberg mit seiner Pandemiebewältigung nicht zu verstecken brauche. In der ersten Welle seien Fehler gemacht worden, aber daraus sei auch gelernt worden. „Unter dem Strich betrachtet stehen wir gut da“, befand Hinderer.
Landtag erhöht Sicherheitsvorkehrungen
Stuttgart. Der Landtag von Baden-Württemberg erhöht seine Sicherheitsvorkehrungen. „Wir wollen bei uns im Landtag Bilder wie letzte Woche aus dem Bundestag vermeiden“, so Landtagpräsidentin Muhterem Aras (Grüne). „Deshalb gilt ab Donnerstag, 26. November, ein Film- und Fotoverbot für Besucherinnen und Besucher.“ Eine entsprechende Anordnung wurde von der Präsidentin erlassen.
Das Fotografieren ist nur vorab akkreditierten Journalistinnen und Journalisten erlaubt. Bislang war es so, dass gemäß § 5 Absatz 4 der Hausordnung Bild- und Tonaufnahmen durch Besucher nach vorheriger Zustimmung der Pressestelle, des Besucherdienstes, des Veranstaltungsmanagements oder der oder des begleitenden Abgeordneten erlaubt waren. Diese Regelung ist vor dem Hintergrund der aktuellen Ereignisse im Bundestag nicht als ausreichend anzusehen. Bis auf Weiteres sind Ton-, Bild- und Filmaufnahmen im Haus des Landtags an Sitzungstagen des Landtags durch Besucher ausnahmslos untersagt.
Überdies gelte ein verschärftes Bannmeilenkonzept. „Wir sind in engem Austausch mit der Polizei“, sagte die Präsidentin. Die Eingänge des Hauses würden ebenfalls noch strenger kontrolliert werden.
Sicherheitsbehörden stellen Radikalisierung innerhalb der Querdenken-Bewegung fest
Stuttgart. Die Bewegung Querdenken und ihre Ableger sind derzeit kein Beobachtungsobjekt des Landesamts für Verfassungsschutz, dennoch analysieren die Sicherheitsbehörden die Entwicklung fortlaufend. Das wurde in der Sitzung des Ausschusses für Inneres, Digitalisierung und Migration am Mittwoch, 25. November 2020, deutlich, wie der Vorsitzende des Gremiums, der CDU-Abgeordnete Karl Klein, mitteilte. Innenminister Thomas Strobl (CDU) hatte den Abgeordneten über den aktuellen Stand berichtet. Dabei habe er auch darauf hingewiesen, dass unter den führenden Organisatoren der Querdenken-Veranstaltungen und im näheren Umfeld der Bewegung bekannte Extremisten tätig seien.
Nach Angaben des Vorsitzenden stellten die Sicherheitsbehörden eine Radikalisierung innerhalb der Initiative fest. Sorge bereiteten den Behörden vor allem die Versuche von Verschwörungstheoretikern, Rechtsextremisten, Reichsbürgern und Selbstverwaltern, Einfluss auf die Protestbewegung zu nehmen und diese für ihre ideologischen Ziele zu instrumentalisieren. Problematisch wirke sich hierbei insbesondere die Bereitschaft vieler rechtsextremistischer Organisationen aus, bis zu einem gewissen Grad abweichende Strömungen zu akzeptieren, solange diese dem eigenen Zweck dienten. Dies könne als Strategie betrachtet werden, die darauf abziele, das politische System nachhaltig zu beeinflussen und bislang nicht-extremistische Personen mit rechtsextremistischen Positionen in Kontakt zu bringen.
Problematisch seien auch die auf den Querdenken-Veranstaltungen verbreiteten Verschwörungsmythen wie zum Beispiel von „QAnon“, die teilweise mit dem Ziel eines politischen Umsturzes verknüpft seien. Diese Mythen würden nicht nur von Extremisten vertreten, sondern fänden auch immensen Anklang bei nicht-extremistischen Teilnehmern und stellten eine zunehmende Gefahr für die Radikalisierung einzelner Teilnehmer dar. Bekannte Extremisten befeuerten strategisch geschickt die staatsfeindlichen Tendenzen, was letztlich die Gefahr der Radikalisierung von Teilnehmern nochmals erhöhe, sagte der Vorsitzende Karl Klein.
Insgesamt werde der deutsche Rechtsstaat als totalitäres System bzw. als eine mit dem nationalsozialistischen Regime gleichzusetzende Diktatur diffamiert. So werde zum Beispiel häufig ein Vergleich des neuen Infektionsschutzgesetzes mit dem Ermächtigungsgesetz von 1933 gezogen. Es würden mit der Verschärfung von Feindbildern immer auch Notwehrsituationen konstruiert, die aus Sicht von Extremisten massive Gegenwehr gegen staatliche Maßnahmen und die staatliche Ordnung erforderten.
Bei der anschließenden Debatte hätten mehrere Fraktionen von einer „gefährlichen Mischung“ unter den Demonstrationsteilnehmern gesprochen. Auch sei von Abgeordneten darauf hingewiesen worden, dass extreme Positionen nicht nur von Rechtsextremisten in die Bewegung hingetragen würden, sondern diese Positionen auch von Führungspersönlichkeiten der Querdenken-Initiative gestreut würden. Außerdem hätten bei der Debatte sowohl die Fraktionen wie auch der Innenminister die hohe Bedeutung der Versammlungs- und Meinungsfreiheit im demokratischen Rechtsstaat betont. Selbstverständlich sei es in unserem Rechtsstaat jeder Person möglich, gegen staatliche Maßnahmen öffentlich zu demonstrieren. Dies sei ein wichtiger und legitimer Teil unserer Gesellschaft und unserer Demokratie, sagte der Vorsitzende. Dennoch gebe es angesichts der Pandemie Auflagen, an die sich die Demonstranten halten müssen. Diskutiert worden sei im Ausschuss daher auch die Frage, wann die Polizei bei Verstößen gegen Demonstrationsteilnehmer vorgehen dürfe und solle.
Finanzausausschuss bewilligt Mehrausgaben für Antigen-Schnelltests und Gesundheitsämter
Stuttgart. Der Finanzausschuss des Landtags hat in einer Sondersitzung am Donnerstag, 12. November 2020, Mehrausgaben in Millionenhöhe für den Kauf von Antigen-Schnelltests und zusätzlichen Personals für Gesundheitsämter bewilligt. „Der Ausschuss war sich einig, dass diese Ausgaben zwingend notwendig sind, um die Ausbreitung des Coronavirus bewältigen zu können“, sagte der Vorsitzende des Gremiums, der SPD-Abgeordnete Rainer Stickelberger.
Dem Vorsitzenden zufolge plant die Landesregierung den Kauf von fünf Millionen antigenen Schnelltests. Die Kosten dafür beliefen sich inklusive Ausschreibung und Logistik voraussichtlich auf rund 44,4 Millionen Euro. Das Sozialministerium gehe davon aus, dass 25,4 Millionen Euro im Jahr 2020 und weitere 19 Millionen Euro im Jahr 2021 benötigt werden. Aufgrund der steigenden Infektionszahlen gebe es keine Alternative zu einem umfassenden und zielgerichteten Testen. Für die Akutdiagnostik stellten diese Tests eine wichtige Ergänzung zu den PCR-Tests dar. Die Antigen-Schnelltests sollen zunächst kostenlos an Einrichtungen abgegeben werden. Eine spätere Abrechnung über die jeweiligen Leistungsträger sei anzustreben.
Außerdem wolle das Land die stark belasteten Gesundheitsämter weiter unterstützen und Mittel für die Einstellung zusätzlicher Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bereitstellen. Insbesondere aufgrund der steigenden Infektionszahlen sollen die Gesundheitsämter weitere Mitarbeiter zur Kontaktnachverfolgung erhalten. Dafür würden Mittel in Höhe von 7,99 Millionen Euro veranschlagt. Laut Sozialministerium könne noch nicht abschließend gesagt werden, in welcher Höhe die Mittel 2020 und 2021 benötigt würden. Die Gelder sollen für Aushilfskräfte bis Entgeltgruppe 9 eingesetzt werden. Hierfür seien 210.300 Euro pro Gesundheitsamt vorgesehen. Bei 38 Gesundheitsämtern im Land ergebe sich ein Mittelbedarf von 7,99 Millionen Euro, so Rainer Stickelberger.
Zudem sollen die bereits bewilligten Ausgabemittel für ärztliche Aushilfen verlängert und der benötigte Betrag erhöht werden. Damit soll den Gesundheitsämtern die Möglichkeit gegeben werden, weiteres Personal einzustellen, um auch im Falle von Krankheitsausfällen und der weiteren Corona-Entwicklung während des Winters gerüstet zu sein. „Angesichts der stark gestiegenen und weiter steigenden Zahlen sind die Gesundheitsämter weit mehr gefordert als im Frühjahr“, sagte Rainer Stickelberger. Daher habe der Finanzausschuss auf Antrag des Sozialministeriums die Verlängerung des Zeitraums der Inanspruchnahme der bereits im April 2020 bewilligten Ausgabemittel in Höhe von 10,2 Millionen Euro bis 30.4.2021 bewilligt. Außerdem habe das Gremium der Erhöhung des Betrags um 50 Prozent auf insgesamt 15,3 Millionen Euro zugestimmt. Laut Ministerium sei dieser Betrag notwendig, um die Gesundheitsämter in die Lage zu versetzen, in den nächsten Monaten handlungsfähig zu bleiben.
Nach Angaben Stickelbergers muss die Landesregierung gemäß dem Gesetz über den Erlass infektionsschützender Maßnahmen die Zustimmung des Finanzausschusses einholen, wenn ein Betrag von 7,5 Millionen Euro oder höher aus der Rücklage für Haushaltsrisiken entnommen werden soll.
Zeugenvernehmungen beginnen am 20. November mit Ministerin Hoffmeister-Kraut
Stuttgart. Der Untersuchungsausschuss „Abläufe in Zusammenhang mit der Beteiligung des Landes an der Weltausstellung 2020“ hat in seiner Sitzung am heutigen Mittwoch, 11. November 2020, Zeugenvernehmungen terminiert.
So beginnt das Gremium am Freitag, 20. November, um 10 Uhr, mit der Vernehmung der Ministerin für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau, Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut. Das hat der Vorsitzende Jürgen Filius (Grüne) mitgeteilt. An diesem Tag sollen außerdem Staatssekretärin Katrin Schütz, Ministerialdirektor Michael Kleiner sowie der Minister für Finanzen und Wirtschaft a.D., Dr. Nils Schmid, gehört werden.
Ständiger Ausschuss nimmt Corona-Verordnungen weit mehrheitlich zustimmend zur Kenntnis
Stuttgart. Der Ständige Ausschuss des Landtags hat die aktuellen Verordnungen der Landesregierung zur Eindämmung der Corona-Pandemie weit mehrheitlich zustimmend zur Kenntnis genommen. „Auf der Tagesordnung der Sondersitzung am Mittwoch, 11. November 2020, standen insbesondere mehrere Verordnungen des Kultusministeriums, des Sozialministeriums und des Wissenschaftsministeriums“, sagte der Vorsitzende des Gremiums, der CDU-Abgeordnete Dr. Stefan Scheffold. Dabei ging es unter anderem um den Schulbetrieb, Freizeitsport, religiöse Veranstaltungen, Quarantäne und Testungen für Ein- und Rückreisende, Hochschulen, Kunst und Kultur sowie Musik-, Kunst- und Jugendkunstschulen. Mehrere Anträge der SPD-Fraktion lehnte der Ausschuss ab.
Nach Angaben Scheffolds nahmen an der Sitzung auch Sozialminister Manfred Lucha, Kultusministerin Dr. Susanne Eisenmann, Wissenschaftsministerin Theresia Bauer, Justizminister Guido Wolf und Staatsministerin Theresa Schopper teil. Minister Lucha habe die Notwendigkeit der Einschränkungen deutlich gemacht. „Die Zahl der Neuinfektionen stagniert auf einem hohen Niveau, aber es gibt bislang keine Reduzierung“, betonte Lucha. Er wies daher darauf hin, dass eine Verringerung der sozialen Kontakte um 75 Prozent zwingend notwendig sei. Derzeit würden etwa 350 Corona-Patienten in Baden-Württemberg auf Intensivstationen behandelt, 190 davon müssten beatmet werden. Rund 800 Betten auf Intensivstationen seien derzeit im Südwesten frei.
Ein großes Thema in der Sitzung war nach Angaben Scheffolds die Lüftung von Klassenzimmern und die mögliche Nutzung von Lüftungsanlagen in Klassenräumen. Die SPD-Fraktion habe gefordert, Geld für bessere Luft in Klassenzimmern durch den Einsatz solcher Anlagen zu investieren. Kultusministerin Eisenmann habe dargelegt, dass Belüftungsanlagen lediglich eine ergänzende Maßnahme sein könnten. Die wichtigste Maßnahme sei weiterhin regelmäßiges Stoßlüften durch das Öffnen von Fenstern. Selbst bei Verwendung von Lüftungsanlagen müsse trotzdem intensiv gelüftet werden. Darin seien sich Experten etwa des Umweltbundesamtes einig. „Ich warne davor zu sagen, man installiert jetzt überall Lüftungsanlagen und dann ist alles gut“, so die Ministerin.
Diskutiert worden sei auch die Frage, warum Restaurants und Sportstätten trotz teilweise guter Hygienemaßnahmen schließen müssten, Schulen jedoch weiterhin geöffnet seien. Ziel sei es, Schulen und Kitas geöffnet zu lassen, um dadurch auch die Familien zu entlasten. „Wir opfern zum Teil andere Bereiche, um Schulen und Kitas offen zu lassen“, sagte Ministerin Eisenmann. 86 Prozent der Eltern seien der Auffassung, dass Schulen geöffnet bleiben sollen. Ministerin Eisenmann fügte hinzu: „Schulen und Kitas sind nicht Treiber und Hotspots der Pandemie“. Derzeit seien 374 von landesweit 67.500 Klassen in Quarantäne. Von 4.500 Schulen im Südwesten seien im Moment vier geschlossen.
Weiterhin wurde laut Scheffold darüber debattiert, warum Schulsport erlaubt, Freizeitsport jedoch trotz teilweise guter Konzepte der Vereine untersagt sei. Lucha und Schopper hätten als Problem die „Dritte Halbzeit“ genannt, also das gesellige Beisammensein nach dem Sport sowie das Zusammenkommen von Personen bei der Hin- und Rückfahrt zur Sportstätte.
Als weiteres Thema wurden die Einschränkungen im Bereich Kunst und Kultur diskutiert. Ministerin Bauer sagte: „Wir müssen abwägen und schauen, was vertretbar und machbar ist.“ Ein Stop-and-Go für den Kulturbereich helfe nicht. „Wenn die Zahlen ungünstig sind, ist es für die Kunst und Kultur eventuell besser, den Zustand noch ein bisschen beizubehalten“, so die Ministerin. Für den Bereich der Hochschulen habe Bauer deutlich gemacht, dass die aktuelle Regelung nicht für das gesamte Wintersemester gelte, sondern vorerst bis Ende November. In diesen Wochen solle so wenig Präsenz wie möglich stattfinden. Es seien jedoch nicht alle Aktivitäten vor Ort unterbunden. So seien im Gegensatz zum Frühjahr beispielsweise die Bibliotheken geöffnet. Außerdem gebe es einen Spielraum für Ausnahmen für Präsenztermine, etwa bei Tätigkeiten im Labor. Mehrere Anträge der SPD-Fraktion, die die Regierung aufgefordert habe, Konzepte vorzulegen, wie unter Beachtung von Abstands- und Hygienemaßnahmen Sport im Verein und in Kleingruppen sowie der Betrieb von Kunst- und Kultureinrichtungen ermöglicht werden könne, habe der Ausschuss abgelehnt, führte der Vorsitzende Dr. Scheffold aus.
„Alle demokratischen Kräfte im Landtag müssen gemeinsam eine Lösung erarbeiten“
Stuttgart. Nach dem Urteil des Verfassungsgerichtshofs von Baden-Württemberg im Organstreitverfahren des Landesverbands von Die Linke und anderen gegen den Landtag ruft Landtagspräsidentin Muhterem Aras alle demokratischen Kräfte im Parlament auf, gemeinsam eine Lösung zu erarbeiten.
Die Vorgaben des Gerichts seien unmissverständlich, sagte Aras. Es müsse für noch nicht im Landtag vertretene Parteien Erleichterungen mit Blick auf die Zulassung von Kandidatinnen und Kandidaten für die Landtagswahl am 14. März geben. „Ich rufe alle demokratischen Kräfte im Parlament auf, gemeinsam eine verfassungskonforme Lösung zu erarbeiten. Das letzte Wort hat in jedem Fall der Landtag von Baden-Württemberg“, so die Landtagspräsidentin.
Die Corona-Pandemie habe sich in den vergangenen Wochen mit stark gestiegenen Fallzahlen massiv zurückgemeldet. Deutschland erlebe eine zweite Welle – und einen zweiten teilweisen Lockdown, um diese Welle zu brechen. „Angesichts dieser neuen Lage erscheinen auch die Forderungen, das Landtagswahlgesetz anzupassen und die Zulassung zur Wahl zu erleichtern, in einem neuen Licht“, sagte Aras. Und weiter: „Der Landtag ist nun in der Pflicht, eine verfassungskonforme Lösung zu finden.“
Unterstützung für heimische Erzeuger zugesagt – Brüssel hilft mit
Stuttgart. Lebensmittel, die nah am Verbraucher produziert werden, liegen im Trend. Doch davon können heimische Erzeuger aufgrund ihrer begrenzten Marktmacht häufig noch nicht angemessen genug profitieren. Was könnte Abhilfe bringen? Darüber diskutierte der Ausschuss für ländlichen Raum und Verbraucherschutz in seiner Sitzung am Mittwoch, 4. November.
Auf Antrag der CDU-Fraktion thematisierte das Gremium die Wettbewerbsbedingungen für heimische Erzeuger und Erzeugergemeinschaften. Diese fänden sich oft in der Situation, dass ihnen „überraschend ungünstige Abnahmebedingungen seitens des Handels“ aufgezwungen werden, so die Christdemokraten. Sie wollten von der Landesregierung wissen, ob bestehende gesetzliche Regelungen geeignet seien, den Erzeugern eine faire Position im Wettbewerb zu verschaffen. Besonderes Augenmerk lag dabei auf der EU-Richtlinie über unlautere Handelspraktiken in den Geschäftsbeziehungen zwischen Unternehmen in der Agrar- und Lebensmittelversorgungskette (2019/633).
Die Richtlinie umfasst unter anderem eine Liste von insgesamt zehn Verboten, die Erzeuger vor unlauteren Praktiken des Handels schützen sollen. Danach sind beispielsweise Kaufpreiszahlungen für verderbliche Lebensmittel, die später als 30 Tage nach der Lieferung erfolgen, nicht erlaubt. Für nicht-verderbliche Erzeugnisse gilt eine Frist von 60 Tagen nach der Lieferung. Darüber hinaus ist es dem Handel verboten, die Bestellung verderblicher Erzeugnisse kurzfristig zu stornieren oder die Lieferbedingungen in Bezug etwa auf Preise, Qualitätsstandards und Lieferumfang einseitig zu ändern. Zudem sind Drohungen und Sanktionen des Käufers gegen Erzeuger, die auf ihre gesetzlichen oder vertraglichen Rechte pochen, nicht erlaubt. Weitere Verbote betreffen Zahlungsverlangen des Handels für Zwecke der Vermarktung und Werbung.
Vertreter aller Fraktionen begrüßten nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Martin Hahn (Grüne) die im vergangenen Jahr veröffentlichte EU-Richtlinie. Es sei richtig und wichtig, damit gerade auch regionale Erzeuger von Lebensmitteln zu stärken und vor der Marktmacht des Handels zu schützen, wo immer diese Marktmacht zu Auswüchsen führe, habe es geheißen. Zugleich hätten Vertreter von CDU, Grünen und SPD an die Verbraucher appelliert, ihre eigene Marktmacht zu nutzen. Sie könnten durch ihr Kaufverhalten ebenfalls dazu beitragen, heimische Erzeuger und Erzeugergemeinschaften zu unterstützen. Kritik wurde laut dem Ausschussvorsitzenden an der schleppenden Umsetzung der EU-Richtlinie geäußert. Nach Angaben des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz ist die Regelung bisher noch in keinem EU-Mitgliedsland geltendes Recht. Für Deutschland bereite das Bundeslandwirtschaftsministerium die Umsetzung derzeit vor. Dies muss spätestens am 1. Mai 2021 abgeschlossen sein. Am 1. November 2021 sollen die neuen Regelungen dann EU-weit gelten.
Peter Hauk, Minister für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, bekräftigte vor dem Ausschuss, die Richtlinie müsse zügig umgesetzt werden. Er hoffe im Interesse der Erzeuger, dass dies bald geschehe. Die in der Richtlinie aufgegriffenen und nun abzustellenden unlauteren Methoden hätten in der kaufmännischen Praxis nichts zu suchen. „Eigentlich sollte das eine Selbstverständlichkeit sein“, sagte der Minister.
Zugleich bekräftigte der CDU-Politiker, regionale Produkte müssten gekennzeichnet sein, um Abnehmer zu finden. Zugleich hätten sie gegenüber nicht-regionalen Produkten auch in Sachen Qualität einen Mehrwert zu bieten, so der CDU-Politiker. Die Landesregierung setze sich seit Jahren dafür ein, entsprechende Qualitätszeichen voranzubringen.
Petitionsausschuss befasst sich mit mehreren Eingaben zu Änderungen des Landtagswahlrechts
Stuttgart. Kann das Sammeln von Unterschriften für die Landtagswahl wegen der Corona-Pandemie ausgesetzt oder abgeschafft werden? Oder sollen Parteien, die bei einer vorhergehenden Landtagswahl in Baden-Württemberg in einzelnen Wahlkreisen zugelassen wurden, entweder keine Unterstützungsunterschriften für ihre Wahlvorschläge sammeln müssen oder statt 150 Unterschriften pro Wahlkreis nur 50? Unter anderem mit diesen Fragen hat sich der Petitionsausschuss in seiner Sitzung am Donnerstag, 5. November 2020, befasst. Das hat die Vorsitzende des Gremiums, Petra Krebs (Grüne), mitgeteilt.
Der Ausschuss habe nach eingehender Diskussion mit großer Mehrheit den Beschluss gefasst, beim fachlich zuständigen Ständigen Ausschuss zeitnah eine Stellungnahme einzuholen. „Änderungen des Landtagswahlrechts sind Angelegenheiten des Parlaments“, erläuterte Krebs. Vielerorts könnten aufgrund der Corona-Pandemie keine Aufstellungsversammlungen durchgeführt werden. Zudem sei es aus epidemiologischer Sicht fahrlässig, im ganzen Bundesland mit Menschen Kontakt aufzunehmen, um Unterschriften zu sammeln, gab die Vorsitzende einige Argumente der Petentin wieder. Die Petentin sehe die demokratische Vielfalt bei den Landtagswahlen 2021 in Gefahr und regte eine Änderung des Wahlrechts an. Ferner forderte die Petentin, Aufstellungsversammlungen per Video- oder Telefonkonferenz zu ermöglichen.
Bei den Beratungen sei nochmals sehr deutlich geworden, so Petra Krebs, dass das Unterschriftenerfordernis ein gewichtiges Instrument sei, um die Ernsthaftigkeit der Wahlvorschläge zu gewährleisten. Auch solle eine Stimmenzersplitterung vermieden werden. Es erscheine nicht gerechtfertigt, gänzlich davon abzusehen. Wie die Vorsitzende weiter erläuterte, sehe das Landtagswahlgesetz eine Möglichkeit der Absenkung der Anzahl der Unterstützungsunterschriften durch die Regierung oder die Landeswahlleiterin nicht vor. Eine Änderung wäre nur durch eine entsprechende Gesetzesänderung realisierbar. Es liege im Ermessen des Gesetzgebers, ob die bereits erfolgten Einschränkungen aufgrund der Corona-Pandemie, Gesichtspunkte des Infektionsschutzes und die weitere Entwicklung der Pandemiesituation zum Anlass genommen würden, die Anforderungen an die Zulassung von Wahlvorschlägen zu senken, so die Argumentation des Innenministeriums. „Wir werden uns wieder mit den Petitionen befassen, sobald die Bewertung des Ständigen Ausschusses vorliegt“, so Petra Krebs. Im Übrigen sei dazu auch in den nächsten Tagen eine Rechtsprechung zu erwarten.
In einer dritten Petition sei vom Petenten die Herabsenkung des aktiven Wahlalters auf 16 Jahre gefordert worden. Dies solle durch eine Änderung von Artikel 26 Absatz 1 der Landesverfassung (LV) realisiert werden. „Diesen Teil der Petition hat das Gremium als Material an die Landesregierung überwiesen“, berichtete die Ausschussvorsitzende. Im zweiten Teil der Petition habe der Petent die Einführung eines Elternwahlrechts gefordert, das zugunsten des Kindes ausgeübt werden müsse. „Dieser Petition kann nicht abgeholfen werden“, fasste Petra Krebs den Beschluss des Ausschusses zusammen.
Vorsitzender Willi Stächele: „Europaausschuss stellt sich hinter Forderungen der Handwerkskammer“
Stuttgart. In einem Offenen Brief fordert die Handwerkskammer Freiburg: „Keine erneuten Grenzschließungen“. Der Vorsitzende des Ausschusses für Europa und Internationales, Willi Stächele (CDU), hat nach der Sitzung des Gremiums am Mittwoch, 4. November 2020 mitgeteilt: „Wir haben uns einmütig hinter diese Forderung gestellt.“
Freier Personenverkehr und freier Dienstleistungsverkehr über die Grenzen hinweg solle jederzeit ermöglicht werden. „Wir dürfen die Identität des grenzüberschreitenden Wirtschaftsraums nicht aufgeben“, so Stächele. Wie Willi Stächele berichtete, richte sich das Schreiben an alle Landrätinnen und Landräte im Kammerbezirk, an den Oberbürgermeister der Stadt Freiburg, an die Regierungspräsidentin des Regierungsbezirks Freiburg sowie an die MdLs, MdBs und MdEPs.
In dem Schreiben, so Stächele, werden die Ängste vor erneuten, faktischen Grenzschließungen entlang der Rheinschiene und insbesondere im Dreiländereck zum Ausdruck gebracht. Das südbadische Handwerk fordere, dass sich eine Situation wie im Frühjahr nicht wiederholen dürfe. „Das sieht der Ausschuss auch so“, erläuterte Stächele. Die Grenzschließungen im März hätten deutlich gemacht, wie stark die Wirtschaftsräume auch über die Grenzen hinweg verflochten seien und wie wichtig dies für die Menschen vor Ort sei. Die Auswirkungen seien bis heute zu spüren. Die Verfasser des Schreibens hätten insbesondere die Zurückhaltung der Betriebe beim Abschluss von Ausbildungsverträgen, aber auch eine Zurückhaltung der Kunden jenseits der Grenzen bei Beauftragung der Handwerker aufgeführt.
Zuvor hatte sich der Europaausschuss u.a. mit einem SPD-Antrag zur Corona-Pandemie als Herausforderung und Chance für die Vier Motoren befasst. In dem Netzwerk der Vier Motoren für Europa bündeln die Regionen Lombardei (Italien), Katalonien (Spanien), Auvergne-Rhône-Alpes (Frankreich) und Baden-Württemberg ihre Interessen als vier wirtschafts- und forschungsstarke Regionen in Europa. Einstimmig habe das Gremium beschlossen, die Landesregierung zu beauftragen bis zur nächsten Legislaturperiode eine konzeptionelle Weiterentwicklung der Vier Motoren vorzubereiten und dann dem neuen Landtag zu berichten. „Wir haben gemerkt, dass es nicht mehr so rund läuft“, so Vorsitzender Willi Stächele.
Sind wir auf einen harten Brexit vorbereitet? Diese Frage habe der Europaausschuss im Rahmen einer Unterrichtung des Landtags in EU-Angelegenheiten, genauer einer Mitteilung zur Vorbereitung auf das Ende des Übergangszeitraums zwischen der Europäischen Union und dem Vereinigten Königreich, erörtert. Die EU werde nichts unversucht lassen, um einen harten Brexit abzuwenden, berichtete Minister Wolf. Ein harter Brexit sei zur Stunde noch kein Thema, wobei man im Falle eines No Deals vorbereitet sei. „Die Beteiligten hoffen auf Einigung“ fasste Willi Stächele zusammen.
Verkehrsausschuss empfiehlt, Änderung des Straßengesetzes zuzustimmen
Stuttgart. Der Ausschuss für Verkehr hat in seiner Sitzung am Mittwoch, 4. November 2020, dem Landtag von Baden-Württemberg empfohlen, dem Gesetzentwurf der Landesregierung zur Änderung des Straßengesetzes zuzustimmen. Mit dieser Änderung soll das baden-württembergische Straßengesetz an die Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehung angepasst werden. Dieser zufolge sollen die Bundesautobahnen ab dem 1. Januar 2021 nicht mehr der Verwaltung der Länder unterstehen. „Stattdessen wird dann die Autobahngesellschaft des Bundes – die Autobahn GmbH – für Bau, Betrieb und Finanzierung zuständig sein“, erklärte der Vorsitzende des Gremiums, Karl Rombach (CDU).
Darüber hinaus lege das geänderte Gesetz Regelungen fest, die dazu beitragen würden, Planungs- und Genehmigungsverfahren von Verkehrsprojekten schneller umzusetzen. So könnte mit vorbereitenden Maßnahmen künftig schon vor dem Planfeststellungsbeschluss begonnen werden. Außerdem solle künftig der Träger der Straßenbaulast von Landes- und Kreisstraßen selbstständig dafür sorgen, dass materielles Recht eingehalten werde, wie dies für Bundesfernstraßen bereits gelte. „Eine förmliche Genehmigung durch andere Behörden würde damit entfallen“, erklärte Rombach.
Außerdem solle die Gesetzesänderung die Entwicklung hin zu einer leistungsfähigen und dabei gleichzeitig nachhaltigen und klimafreundlichen Mobilität vorantreiben. So solle mit der Aufnahme von Zweckbestimmungen sowie mit einer Regelung zur Teileinziehung von Flächen den veränderten Mobilitäts- und Raumansprüchen Rechnung getragen werden. Damit könne der öffentliche Raum etwa für Aufenthaltsflächen für den Fuß- sowie den Radverkehr neu aufgeteilt werden.
Die Empfehlung, der Gesetzesänderung zuzustimmen, habe der Ausschuss einstimmig abgegeben – mit Ausnahme der Paragrafen 1, 3 und 12, bei denen es um eben die Aufnahme von Zweckbestimmungen sowie um eine Regelung zur Teileinziehung von Flächen gehe. Hier habe der Ausschuss die Zustimmung lediglich mehrheitlich empfohlen.
Ebenfalls auf der Tagesordnung stand ein Antrag der FDP/DVP-Fraktion zum Gäubahn-Tunnel auf den Fildern. Hierbei handle es sich um einen Alternativvorschlag zur Antragslösung im PFA 1.3b, der im dritten Gutachterentwurf des Bundes zum Deutschlandtakt enthalten ist. Rombach zufolge sei sich der Ausschuss darüber einig gewesen, dass die Gäubahn wie geplant über den Flughafen und die Messe an den Hauptbahnhof Stuttgart angebunden werden müsse, sowie darüber, dass die Fahrzeiten auf der Zugstrecke zwischen Stuttgart und Zürich – der sogenannten Gäubahn – in Richtung Ulm und München zu verkürzen seien. Beides wäre mit einem Tunnel möglich. Wie Rombach erklärte, laufe derzeit die Kosten-Nutzen-Untersuchung des Bundes zu einem solchen Tunnel. Der Ausschuss warte nun auf deren Ergebnis.
Untersuchungsausschuss „Baden-Württemberg-Haus“ legt straffen Sitzungsplan fest
Stuttgart. Der Untersuchungsausschuss „Abläufe in Zusammenhang mit der Beteiligung des Landes an der Weltausstellung 2020“ hat in seiner Sitzung am heutigen Mittwoch, 4. November 2020, den Fahrplan für die kommenden Wochen festgelegt. „Unser Abschlussbericht muss spätestens am 4. Februar 2021 im Plenum beschlossen werden. Um alle Fristen einzuhalten ist der 18. Dezember 2020 der letzte mögliche Termin für die Beweisaufnahme“, berichtete der Vorsitzende Jürgen Filius (Grüne) im Anschluss.
Der Untersuchungsausschuss wird freitags zusammenkommen. Folgende Sitzungstermine wurden festgelegt: 20. und 27. November, 4., 11., und 18. Dezember 2020. Es ist vorgesehen, die Beschlusssitzung über den Abschlussbericht am Montag, 11. Januar 2021 durchzuführen. „Wir haben einen zusätzlichen Reservetermin vereinbart, den wir bei Bedarf nutzen könnten“, so Filius. Dem Ausschuss sei klar, dass der Fahrplan eng getaktet ist. „Wir stellen uns auf lange Sitzungstage ein“, bekräftigte der Vorsitzende. In einer weiteren nicht öffentlichen Sitzung am 11. oder 12. November sollen die ersten Zeugenvernehmungen festgelegt werden. Einen Beweisantrag über die Vernehmung von Zeugen hat der Ausschuss heute mit großer Mehrheit beschlossen. Demnach sollen u. a. die Ministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut und die Staatssekretärin Katrin Schütz als Zeugen vernommen werden.
Breite Zustimmung für Ausbau des ÖGD – SPD vermisst klare Entscheidungen
Stuttgart. Die Corona-Pandemie stellt den Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD) in Baden-Württemberg vor enorme Herausforderungen. Die Landesregierung hat dies erkannt und bereits beschlossen, den Dienst auf allen Verwaltungsebenen zu stärken. Die Opposition unterstützt dieses Ziel grundsätzlich, vermisst bei den Bemühungen der Regierung allerdings den erforderlichen Biss. Das wurde in der Sitzung des Ausschusses für Soziales und Integration am Donnerstag, 22. Oktober, deutlich.
Auf Antrag der SPD-Fraktion diskutierte der Ausschuss über die Lage des ÖGD, dessen Ausbau nach Auffassung der Sozialdemokraten „dringend notwendig“ ist. Seitens der SPD sei in der Sitzung kritisiert worden, das zuständige Sozialministerium habe bisher „viele Ankündigungen, aber keine Entscheidungen“ produziert, berichtete der Ausschussvorsitzende Rainer Hinderer (SPD). Zehn Prozent der ärztlichen Stellen beispielsweise in den Gesundheitsämtern seien derzeit auch deshalb nicht besetzt, weil die Vergütungen nicht attraktiv genug seien. Mediziner, die sich für eine Tätigkeit etwa bei Krankenkassen entscheiden, würden deutlich besser bezahlt. Die Stellungnahme des Ministeriums zum SPD-Antrag enthielten zu diesem Thema „die üblichen Aussagen eines Arbeitgebers, der eine Erhöhung der Bezüge gar nicht will“. Wenn man wolle, dass sich mehr Ärzte für den ÖGD entscheiden, müsse man sich auch an diesem Punkt bewegen und mehr tun.
Die Regierungsfraktionen wiesen die Kritik nach Angaben Hinderers zurück. So seien jüngst beim Landesgesundheitsamt 15 von 16 freien Stellen besetzt worden. Auch in den Regierungspräsidien gebe es bereits deutlich weniger Vakanzen. Die Schwierigkeiten, freie Stellen mit Ärzten zu besetzen, hätten auch mit den spezifischen Tätigkeiten des ÖGD zu tun. Viele Mediziner würden es vorziehen, mit und an den Patienten zu arbeiten. Das lasse sich nicht wegdiskutieren. Zudem gab es laut Hinderer seitens der Regierungsfraktionen den Hinweis, dass die Tarifhoheit zumindest für die Gesundheitsämter bei den Kommunen liege. Das Land sei nicht zuständig.
Sozialminister Manfred Lucha bekräftigte in der Sitzung seinen Willen, den Öffentlichen Gesundheitsdienst auszubauen und auch konzeptionell neu auszurichten. Der ÖGD habe zu lange ein „Schattendasein“ geführt, damit müsse Schluss sein. 227 zusätzliche Stellen für Ärzte, aber auch für Fachpersonal anderer Disziplinen seien angesichts der Corona-Pandemie auf allen Ebenen genehmigt worden, sagte der Grünen-Politiker. Das sei ein großer Erfolg für das Land. Der „Pakt für den ÖGD“, auf den sich die Länder gemeinsam mit dem Bund verständigt haben, sei keine Worthülse. Im Gegenteil, Baden-Württemberg liege bei der Umsetzung weit vorn, so Lucha. Viele der zusätzlichen Stellen seien im September ausgeschrieben worden. Aktuell liefen bereits intensive Bewerbungsrunden. Er erhalte dazu positive Rückmeldungen auch aus den Kommunen, sagte der Minister.
Die SPD wollte Lucha nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Rainer Hinderer darauf verpflichten, dem Gremium künftig regelmäßig über den Fortschritt bei der Besetzung neuer Stellen zu berichten. Die Regierungsfraktionen lehnten dies mit ihrer Mehrheit ab. Damit wird der Sozialminister erst im Januar wieder vor dem Ausschuss zu diesem Thema sprechen.
Erfreuliche Einigkeit herrschte dagegen laut Hinderer in einem anderen Punkt: Spontan hätten alle Mitglieder des Ausschusses in der Aussprache den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des ÖGD anhaltenden Applaus für ihren aufopfernden Einsatz im Kampf gegen die Corona-Pandemie gespendet. Die Abgeordneten hätten damit gezeigt, wie sehr sie auf den ÖGD setzen. Und dass sie sich sehr wohl der Tatsache bewusst seien, dass sich in den Dienststellen viele Menschen bis zur Erschöpfung gegen eine weitere Ausbreitung des Virus stemmen.
Bildungsausschuss bespricht Umsetzung der Leitperspektive „Bildung für Toleranz und Akzeptanz von Vielfalt“
Stuttgart. Seit dem Schuljahr 2016/17 ist die Leitperspektive „Bildung für Toleranz und Vielfalt“ (BTV) im Bildungsplan verankert. Mit der Frage nach der konkreten Umsetzung hat sich der Ausschuss für Kultus, Jugend und Sport auf Antrag der Fraktion der Grünen im nichtöffentlichen Teil seiner Sitzung am Donnerstag, 22. Oktober 2020, beschäftigt. „Schule soll ein Ort von Toleranz und Wertoffenheit sein“, erklärte die Vorsitzende des Gremiums, Brigitte Lösch (Grüne), „und es jungen Menschen ermöglichen, die eigene Identität zu finden und sich frei und ohne Angst vor Diskriminierung zu artikulieren.“
Die Leitperspektive BTV behandle unter anderem die Themen sexuelle Orientierung, sexuelle Identität sowie LSBTTIQ (Lesbische, Schwule, Bisexuelle, Transsexuelle, Transgender, Intersexuelle und queere Menschen). Kernanliegen der Leitperspektive sei es, so die Ausschussvorsitzende, Respekt sowie die gegenseitige Achtung und Wertschätzung von Verschiedenheit zu fördern.
Lösch zufolge lägen Rückmeldungen aus Schulen vor, dass es für den Bereich sexuelle Orientierung, sexuelle Identität sowie LSBTTIQ bislang kaum spezielle Handreichungen und Fortbildungsangebote für Lehrkräfte gebe – anders als über den Umgang mit anderen Diskriminierungsformen, deren Vermeidung ebenfalls Thema der Leitlinie BTV sei. Dabei sei auch die Sensibilisierung und Thematisierung von LSBTTIQ an Schulen ein wichtiges Thema zur Gewaltprävention und gegen Mobbing. Das Kultusministerium habe dazu mitgeteilt, dass bei Handreichungen und Fortbildungen immer verschiedene Diskriminierungsformen in den Blick genommen würden. So seien beispielsweise im Rahmen der Umsetzung des Leitfadens Demokratiebildung mehrere Fachtagungen durchgeführt worden, bei denen auch Bezüge zur Umsetzung der Leitperspektive BTV hergestellt worden seien. Des Weiteren hätten Fachtagungen über den Umgang mit Antisemitismus an Schulen auch generelle Fragen zur Prävention von und zur Intervention bei Fällen von Diskriminierung thematisiert.
Wie Lösch erklärte, arbeite das Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung (ZSL) zusammen mit dem „Netzwerk für interkulturelles Lernen und Arbeiten an Schulen“, kurz NikLAS, an Konzepten zur diskriminierungskritischen Schul- und Unterrichtsentwicklung für die Fortbildung der Lehrkräfte. Die Handreichung für Schulpsychologinnen und Schulpsychologen sowie für Beratungslehrkräfte, die seit Jahren im Ministerium vorliege und nun vom ZSL fertiggestellt werde, soll laut Aussage der Ministerin noch vor Weihnachten den Fachkräften und den Unterstützersystemen zugehen.
Eine Studie zur Situation von LSBTTIQ-Jugendlichen im Bildungsbereich, wie es sie in anderen Bundesländern gebe, sei vom Ministerium derzeit allerdings nicht angedacht.
Finanzausschuss genehmigt Mehrausgaben für Kauf von Spritzen für Corona-Impfstoff
Stuttgart. Der Finanzausschuss des Landtags hat in seiner Sitzung am Donnerstag, 22. Oktober 2020, Mehrausgaben in Höhe von 13 Millionen Euro für den Kauf von Materialien für Corona-Impfungen mehrheitlich bewilligt. Wie der Vorsitzende des Gremiums, der SPD-Abgeordnete Rainer Stickelberger mitteilte, ergeben sich die Mittel aus dem zu erwarteten Bedarf von zwei Impfdosen für jeden der 9,3 Millionen Erwachsenen in Baden-Württemberg. Daher würden unter anderem 18,6 Millionen Spritzen und Kanülen sowie weiteres Material für eine fachgerechte Verabreichung benötigt.
Für die Beschaffung des Impfbestecks rechnet die Landesregierung laut Stickelberger mit Kosten in Höhe von rund zehn Millionen Euro. Hinzu kämen weitere rund drei Millionen Euro für die aufwändige Logistik der Impfstoffe. In diesen Schätzungen seien die Kosten in Höhe von rund 50.000 Euro für die europaweite Ausschreibung bereits enthalten.
Dem Vorsitzenden zufolge soll im Zuge des Vergabeverfahrens geprüft werden, ob das Impfbesteck erst beschafft wird, wenn die Menge des verfügbaren Impfstoffs feststeht. Allerdings müsse dabei mit Blick auf die derzeitige Marktlage und den Erfahrungen bei der Beschaffung von Schutzausrüstung im Frühjahr Folgendes beachtet werden: Zum einen sei nicht klar, ob die pharmazeutische Versorgungskette auf einen derart hohen Bedarf an Impfbesteck vorbereitet sei und nicht Lieferengpässe drohten. „Es sollte in jedem Fall vermieden werden, dass im Land ein Impfstoff verfügbar ist, dieser aber mangels Impfbesteck nicht eingesetzt werden kann“, sagte Stickelberger.
Zum anderen dürfte ein weiteres Warten zur Folge haben, dass für die Lagerung des Impfstoffs beim Land hohe Kosten anfallen. Die besondere Lagerung von Impfstoffen sei wesentlich kostenintensiver als die Lagerung von Impfbesteck. Ebenso könne nicht ausgeschlossen werden, dass eine höhere Nachfrage nach Impfbesteck besteht und die Preise noch stärker steigen, sobald ein Impfstoff verfügbar sei.
Nach Angaben Stickelbergers muss die Landesregierung gemäß dem Gesetz über den Erlass infektionsschützender Maßnahmen die Zustimmung des Finanzausschusses einholen, wenn ein Betrag von 7,5 Millionen Euro oder höher aus der Rücklage für Haushaltsrisiken entnommen werden soll.
Wirtschaftsausschuss diskutiert über Corona-Soforthilfen
Stuttgart. Das Land Baden-Württemberg springt Selbstständigen und Unternehmen in der Corona-Pandemie mit Hilfen in Milliardenhöhe bei. Doch geht bei der Förderung alles mit rechten Dingen zu? Und wie kann ein möglicher Missbrauch von Hilfen verhindert werden? Diesen Fragen ging der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau in seiner Sitzung am Mittwoch, 21. Oktober, nach. Zudem diskutierte das Gremium darüber, wie Weihnachtsmärkte im Südwesten unter verschärften Corona-Bedingungen stattfinden können.
Mit voneinander unabhängigen Anträgen der Fraktionen von AfD und FDP/DVP diskutierte der Ausschuss über die Gefahr, dass Mittel aus den Corona-Hilfspaketen des Landes und insbesondere aus der Soforthilfe missbräuchlich beantragt und verwendet worden sein könnten. Das Wirtschaftsministerium erklärte dazu in seiner Stellungnahme, bei den Staatsanwaltschaften im Land seien in diesem Zusammenhang bis Mitte September 377 Ermittlungsverfahren anhängig gewesen. Darunter seien 52 Fälle gewesen, bei denen der Verdacht besteht, dass Anträge unter Verwendung von Daten realer Unternehmen, aber mit fingierten Personalien und Bankverbindungen gestellt worden seien.
Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) erklärte vor dem Ausschuss, es würden im Zusammenhang mit der Soforthilfe laufend Prüfungen durch die L-Bank, das Landeskriminalamt und den Zoll vorgenommen. Auch ihr Haus überprüfe stichprobenartig, ob alles mit rechten Dingen zugegangen sei. Sie sei davon überzeugt, dass die ganz überwiegende Mehrheit der Antragstellenden sich korrekt verhalten habe. Insgesamt seien die schnellen Hilfen ein großer Erfolg. Man habe so die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie für die Unternehmen mildern können, sagte die Ministerin.
Der Ausschussvorsitzende Dr. Erik Schweickert warnte davor, Selbstständige und Unternehmen unter Generalverdacht zu stellen. „Es gibt keine Hinweise auf systematischen Missbrauch von Hilfen“, sagte der FDP-Politiker. Viele Unternehmen hätten zu Beginn des teilweisen Lockdowns Geldmittel beantragt, um den Betrieb am Laufen halten zu können. Bei manchen von ihnen – darunter beispielsweise Fahrradläden – sei das Geschäft nach Lockerung der Auflagen bald kräftig angezogen. Dass zuvor Hilfen in Anspruch genommen wurden, sei aber nicht per se als Missbrauch einzustufen. Der Betrieb müsse und würde die Hilfen in diesen Fällen schließlich zurückzahlen, wenn er sich in der Retrospektive nicht in einer Existenzkrise befunden habe, sagte Schweickert.
Eine Mitarbeiterin des Wirtschaftsministeriums sagte vor dem Gremium, bisher hätten etwa 8.000 Selbstständige und Unternehmen Hilfen in Höhe von insgesamt rund 70 Millionen Euro zurückgezahlt. Dies zeige, dass es viele ehrliche Unternehmer im Südwesten gebe. Die Mitarbeiterin sagte weiter, alle Unternehmen würden schriftlich darauf hingewiesen, dass es eine Pflicht zur Zurückzahlung gebe.
Über die Perspektiven für Weihnachtsmärkte in der Corona-Pandemie diskutierte der Ausschuss auf Antrag der FDP/DVP-Fraktion. Die Liberalen wollten wissen, ob die Schausteller im Land mit einer Gleichbehandlung durch die Kommunen rechnen können. Die Landesregierung hatte es in das Ermessen der Kommunen gestellt, ob und in welcher Form Weihnachtsmärkte stattfinden. Ministerin Hoffmeister-Kraut erklärte dazu vor dem Ausschuss, sie setze sich im Austausch mit dem für den Infektionsschutz zuständigen Sozialministerium für die Belange der Schausteller ein. Zuständig seien aber letztlich die Kommunen. Ob Lockerungen zu Gunsten der Beschicker von Weihnachtsmärkten möglich seien, sei angesichts der aktuell sich verschärfenden Corona-Lage fraglich.
Ebenfalls auf Antrag der FDP/DVP diskutierte der Wirtschaftsausschuss über das aktuelle und künftige Angebot von Gewerbegebieten in Land. Wirtschaftsministerin Hoffmeister-Kraut blieb dem Gremium konkrete Zahlen schuldig. Entsprechende Daten würden bisher schlicht nicht erhoben, sagte sie. Dessen ungeachtet genieße die Erschließung neuer Gewerbeflächen in ihrem Haus hohe Priorität.
Präsidentin Aras: Wichtige juristische Erfolge im Kampf gegen Hate Speech erzielt
Stuttgart. Die Präsidentin des Landtags von Baden-Württemberg, Muhterem Aras (Grüne), hat beim Vorgehen gegen Beleidigungen und Bedrohungen im Internet wichtige juristische Erfolge erzielt. „In 52 von 69 Fällen haben Gerichte entschieden, dass es sich in diesen Fällen um Beleidigungen handelt und uns die Plattformbetreiber Google und Facebook die Nutzerdaten der ‚Hater‘ herausgeben dürfen“, sagte Muhterem Aras am Donnerstag, 22. Oktober 2020, in Stuttgart. „Die Entscheidungen der Gerichte sind ein deutliches Signal: Das Internet ist kein rechtsfreier Raum und die Meinungsfreiheit hat ihre Grenzen erreicht, wenn Menschen beleidigt und bedroht werden.“
Landtagspräsidentin Aras war nach zwei Ausschlüssen eines Abgeordneten aus Plenarsitzungen im April und Juni dieses Jahres massiv beleidigt und bedroht worden. Die insbesondere in den sozialen Netzwerken YouTube und Facebook veröffentlichten Kommentare beinhalteten übelste rassistische und sexistische Beleidigungen, extreme Gewaltfantasien bis hin zu konkreten Todesdrohungen. So wurde Präsidentin Aras etwa als „Linke Drecksau“, „anatolische Bergziege“ und „Nazi“ bezeichnet. Andere Nutzer drohten Aras beispielsweise mit den Worten „Hängen oder Rübe runter“ oder wollten „Bremse mit Gas verwechseln“.
Der Landtag hat daraufhin in zwei Schritten insgesamt 69 Fälle (66 Google, 3 Facebook) vor Gericht gebracht, um die Nutzerdaten zu erhalten. In 52 Fällen (51 Google, 1 Facebook) haben das Landgericht Stuttgart und das Oberlandesgericht Stuttgart die Kommentare als Beleidigungen gewertet und entschieden, dass die Plattformbetreiber Google und Facebook die Daten der „Hater“ an den Landtag herausgeben dürfen. „Dass die Gerichte in 76 Prozent der Fälle unsere Auffassung bestätigt haben, ist ein großer Erfolg und zeigt: Auch wer in der scheinbaren Anonymität des Internets bedroht und beleidigt, kann rechtlich zur Verantwortung gezogen werden“, sagte Aras. „Diese Leute müssen spüren, dass das Netz kein rechtsfreier Raum ist.“ Im überwiegenden Teil der Fälle haben die Plattformbetreiber die Daten bereits an den Landtag übermittelt, der diese zum Zwecke der Strafverfolgung an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet hat.
Lediglich in 17 Fällen (15 Google, 2 Facebook) haben die Gerichte entschieden, dass es sich bei den Kommentaren nicht um Beleidigungen handelt. Dazu zählen laut Oberlandesgericht Stuttgart etwa Bezeichnungen wie „Islamische Sprechpuppe“ und „Arabisches Tanz-Püppchen“. Dennoch hat Präsidentin Aras auch in diesen Fällen Strafanzeige erstattet, da nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Staatsanwaltschaft diese Bezeichnungen anders wertet und den Erlass von Strafbefehlen beantragen wird.
Neben den 69 Fällen von Beleidigungen in sozialen Netzwerken, über die Gerichte auf Herausgabe der Nutzerdaten entscheiden mussten, gibt es noch 9 weitere Fälle von Beleidigungen und Bedrohungen, die beispielsweise per Email oder Facebook-Messenger bei der Landtagspräsidentin eingingen. Insgesamt hat der Landtag damit in 78 Fällen Strafanträge wegen Beleidigung und Bedrohung gegen Unbekannt bei der Staatsanwaltschaft Stuttgart gestellt. In einigen Fällen wurden die Identitäten der jeweiligen Nutzer bereits ermittelt.
Zahl häuslicher Gewalttaten von 2010 bis 2019 um 2.176 Fälle gestiegen
Stuttgart. Die Zahl häuslicher Gewalttaten in Baden-Württemberg ist in den vergangenen neun Jahren kontinuierlich gestiegen. Im Jahr 2019 erfasste die Polizei 13.048 Fälle von Partnergewalt, im Jahr 2011 lag die Zahl noch bei 10.872 Fällen. Das entspricht einer Zunahme von 2.176 Fällen. Die Zahl der Opfer stieg im gleichen Zeitraum um 2.180 Personen. Dies wurde in der Sitzung des Innenaus-schusses am Mittwoch, 21. Oktober 2020, deutlich, wie der Vorsitzende des Gremiums, der CDU-Abgeordnete Karl Klein, mitteilte. Der Ausschuss hat auf Antrag der Fraktion FDP/DVP über die Entwicklung von häuslicher Gewalt beraten.
Nach Angaben des Vorsitzenden ist der Begriff häusliche Gewalt nicht genau definiert. In der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) wird die häusliche Gewalt als Partnergewalt definiert. Darunter sind physische und psychische Gewalttaten gegen Ehe- oder Lebenspartner/innen zu verstehen. Strafbare Handlungen zwischen Geschwistern oder zwischen Elternteilen und Kindern werden in der PKS unter dem Begriff „häusliche Gewalt“ dagegen nicht berücksichtigt.
Unter den 13.066 Opfern von Partnergewalt waren im Jahr 2019 10.518 Frauen (80,5 Prozent) und 2.548 Männer (19,5 Prozent). Der Großteil der Opfer ist von Körperverletzungen betroffen (10.100 Personen). Weiterhin spielen etwa Bedrohungen (1.463 Personen), Nachstellen (523 Personen), Nötigungen (315 Personen), Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung (350 Personen) und Straftaten gegen das Leben (45 Perso-nen) eine Rolle. Zu den bei der Partnergewalt eingesetzten Tatmitteln gehören vor allem Messer, Schusswaffen, Schlagstöcke und Schlagringe.
„Entgegen erster Befürchtungen haben die Polizeidienststellen im Land im Zuge der Corona-Beschränkungen keine signifikanten Entwicklungen bei strafbaren Handlungen gegen Ehe- und andere Partnerinnen und Partner festgestellt“, sagte Karl Klein. Auch die 42 Frauen- und Kinderschutzhäuser im Land hätten bislang keinen Anstieg bei Anfragen zur Aufnahme festgestellt. In einzelnen Häusern habe sogar ein Rückgang bei Anfragen festgestellt werden können. Zu Beginn der Corona-Pandemie hätten einige Frauen aus Sorge vor einer Ansteckung die Häuser verlassen und seien teilweise wieder ins familiä-re Umfeld zurückgekehrt. Fachleute rechneten jedoch damit, dass sich von häuslicher Gewalt betroffene Personen im Zuge der Lockerungen wieder verstärkt an Hilfseinrich-tungen gewandt hätten, führte der Vorsitzende aus.
In Baden-Württemberg gibt es laut Klein derzeit 42 Frauen- und Kinderschutzhäuser. Die Zahl der Plätze im Land hat sich seit 2011 kaum verändert. 2019 standen 756 Plätze zur Verfügung, 2011 waren es 757 Plätze. Die Finanzierung der Häuser setzt sich aus einem kommunalen Anteil, einem freiwilligen Landeszuschuss sowie aus sonstigen Einnahmen wie Spenden und Bußgeldern zusammen.
„Jugend hakt nach“ – Jugendliche diskutieren virtuell mit Abgeordneten
Stuttgart. Was ist eigentlich aus den Forderungen geworden, die auf dem Jugendlandtag 2019 an die Abgeordneten des Landtags gerichtet wurden? Dieser Frage gehen am Mittwoch, 21. Oktober 2020, mehr als 40 Jugendliche nach und diskutieren mit Landtagsabgeordneten über politische Themen, die sie bewegen. Corona-bedingt findet der Austausch unter dem Motto „Jugend hakt nach“ virtuell statt. „Demokratie braucht genau diese Hartnäckigkeit, braucht euer Hinterfragen, braucht eure Lust an der Widerrede“, lobt Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) die zugeschalteten Jugendlichen. „Eines ist sicher: Ihr seid Experten für eure Zukunft.“
Mehrere Abgeordnete der fünf im Landtag vertretenen Fraktionen stellen sich den Fragen der Jugendlichen. Diese legen den Fokus dabei auf die Beteiligung der Jugend am politischen Prozess, auf Mobilität sowie auf Klimaschutz und Nachhaltigkeit. Aus diesen drei Themenbereichen stammen auch die zentralen Forderungen des Jugendlandtags vom vergangenen Jahr. „Wir geben uns nicht mit dem zufrieden, was Politiker als möglich erachten“, so die Meinung der Jugendlichen. Sie fordern: „Nehmt uns ernst!“
Auf diesem zweitätigen Jugendlandtag im Sommer 2019 gaben die Jugendlichen den Abgeordneten mehrere Hausaufgaben – und trugen diese extra in einem Hausaufgabenheft zusammen. Neben den drei bereits erwähnten Themen betreffen die Forderungen Bereiche wie Digitalisierung, Ausbildung und Beruf sowie Fragen des gesellschaftlichen Zusammenhalts. In den vergangenen Monaten haben die fünf Fraktionen zu den insgesamt 27 Forderungen der Jugendlichen Stellung genommen. 127 Seiten kamen dabei heraus:
Hier geht es zum E-Paper(externer Link)
Der Landesjugendring Baden-Württemberg e.V. organisiert die Veranstaltung „Jugend hakt nach“ als Teil der Reihe „Was dich bewegt“ gemeinsam mit dem Landtag von Baden-Württemberg.
Präsidentin Aras: „Die Krise hat die Bedeutung der UN-Nachhaltigkeitsziele noch gesteigert. Wir müssen sie jetzt erst recht umsetzen.“
Stuttgart/Brüssel. In ihrer Eigenschaft als baden-württembergisches Mitglied des Europäischen Ausschusses der Regionen (AdR) nahm Landtagspräsidentin Muhterem Aras (GRÜNE) heute (21. Oktober 2020) an einer Online-Veranstaltung zur Rolle der UN-Nachhaltigkeitsziele (Sustainable Development Goals, SDGs) in den Städten und Regionen der EU teil.
„Die Krise hat bei uns in Baden-Württemberg die SDGs nicht in Frage gestellt. Im Gegenteil: Wir sind überzeugt, dass wir sie jetzt erst recht umsetzen müssen“, so Aras. „Politik, Wirtschaft, Bürgerinnen und Bürger und die Zivilgesellschaft sind bei der Umsetzung gleichermaßen gefordert.“
Landtagspräsidentin Aras betonte in ihrem Diskussionsbeitrag die Bedeutung, die Baden-Württemberg nachhaltiger Entwicklung und nachhaltigen Investitionen schon bisher beimisst „Die SDGs sind in der Nachhaltigkeitsstrategie unseres Landes verankert. Die Schwerpunkte, die wir schon vor der Krise definiert haben, gelten jetzt umso mehr, wie beispielsweise Energie und Klima und nachhaltige Digitalisierung“, so Aras weiter. Zur Erholung von der Krise müssten nachhaltige Investitionen sinnvoll eingesetzt werden und sich vor allem auf diese Bereiche konzentrieren. „Damit wollen wir neue Ideen, die uns aus der Krise helfen, unterstützen und gleichzeitig die SDGs voranbringen“, betonte Aras. „Dabei helfen uns in Baden-Württemberg auch Instrumente, die bereits seit einiger Zeit existieren.“
„Ein gutes Beispiel ist für mich das WIN-Netzwerk im Rahmen der Nachhaltigkeitsstrategie des Landes. Dort sind über 200 Unternehmen vernetzt, die sich zur Einhaltung der SDGs und zu einer nachhaltigen Entwicklung verpflichtet haben. Die Leitsätze sind in einer Charta formuliert“, so Aras. „Ermutigend finde ich auch, dass mehrere Unternehmen aus dem Netzwerk zur Krisenbewältigung anderen Unternehmen ihre Unterstützung, Kompetenz und Kontakte anbieten.“
Als weiteres Beispiel nannte Aras das Projekt „Klimaschutz in Unternehmen“, das bei der Reduktion von Treibhausgasen in Unternehmen hilft. „Nachhaltiges Wirtschaftswachstum bedeutet, dass Unternehmen durch Ressourceneffizienz, Vermeidung von Emissionen aller Art und einem Handeln für heutige und künftige Generationen langfristig ihren Erfolg sichern. Denn auch Unternehmen sind auf eine sichere Verfügbarkeit von natürlichen und sozialen Ressourcen angewiesen“, machte Aras deutlich.
Um eine weitere Umsetzung der UN-Nachhaltigkeitsziele auf dem Weg aus der Krise zu gewährleisten, sieht Aras die Politik, Wirtschaft, Bürgerinnen und Bürger und die Zivilgesellschaft gleichermaßen in der Pflicht. „Eine nachhaltige Erholung kann es nur geben, wenn wir alle unsere gemeinsame Verantwortung ernst nehmen und danach handeln“, appellierte Aras.
Hintergrund: Der Europäische Ausschuss der Regionen (AdR) führt alljährlich die „Europäische Woche der Städte und Regionen“ in Kooperation mit den EU-Institutionen und mit lokalen und regionalen Akteuren durch. Die Veranstaltungen sind insbesondere dazu gedacht, die Beiträge der Städte und Regionen zur Umsetzung von relevanten EU-Politiken vorzustellen. Weitere Teilnehmende an der Podiumsdiskussion kamen aus den Städten Barcelona/Spanien, Jonova/Litauen, Kortrijk/Belgien und von den Aland Inseln/Finnland sowie aus der Europäischen Kommission.
In diesem Jahr finden die mehr als 500 Einzelveranstaltungen der „Europäischen Woche der Städte und Regionen“ bedingt durch die COVID-19-Pandemie ausschließlich virtuell und verteilt auf drei Wochen statt.
Mit der im Jahr 2015 verabschiedeten Agenda 2030 haben sich die UN-Mitgliedstaaten zu 17 globalen Zielen verpflichtet, die bis 2030 umgesetzt werden sollen. Dabei handelt es sich um die UN-Nachhaltigkeitsziele (Sustainable Development Goals, SDGs). Leitbild der Agenda 2030 ist es, weltweit ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen und gleichzeitig die natürlichen Lebensgrundlagen dauerhaft zu bewahren.
Präsidentin Aras: Gedenken ist Gradmesser für Werteverständnis unserer Gesellschaft
Stuttgart/Neckarzimmern. 80 Jahre nach der Deportation jüdischer Bürgerinnen und Bürger in das südfranzösische Internierungslager Gurs hat Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) dazu aufgerufen, das Erinnern an die von den Nationalsozialisten verfolgten und ermordeten Menschen wachzuhalten. „Für alle Demokratinnen und Demokraten ist die Erinnerung wichtig und notwendig“, sagte Aras am Sonntag, 18. Oktober 2020, bei einer Gedenkveranstaltung am Mahnmal für die nach Gurs deportierten Juden in Neckarzimmern. Gedenken und wie wir es lebten sei auch ein Gradmesser für das Werteverständnis unserer Gesellschaft. Ursprünglich war geplant, dass Präsidentin Aras am 25. Oktober für das Land Baden-Württemberg auch an der zentralen Gedenkfeier in Gurs teilnimmt, die nun aber wegen der Corona-Pandemie entfällt.
Im Oktober 1940 deportierten die Nationalsozialisten mehr als 6.500 Jüdinnen und Juden aus Baden, der Pfalz und dem Saarland in das Internierungslager Gurs in Südfrankreich. Ab März 1942 wurden diese in aus Viehwagen zusammengestellten Deportationszügen in die Vernichtungslager Auschwitz und Sobibor gebracht. Die meisten der Deportierten wurden dort noch am Tag ihrer Ankunft ermordet.
Die Landtagspräsidentin erinnerte daran, dass nicht nur die Entrechtung, Vertreibung und Ermordung von jüdischen Bürgerinnen und Bürgern im Mittelpunkt der Erinnerung stehen dürfe, sondern auch der Umgang mit den Überlebenden nach Ende der NS-Diktatur. So nannte Aras die Gurs-Überlebende Hanna Meyer-Moses als Beispiel, die schrieb: „Wir wurden immer wieder aufgefordert, unsere Verfolgungs- und Lagerzeit zu beweisen, auch die unserer Eltern! Einmal warf man mir sogar vor, neun Monate Entschädigung für die Lagerhaft meiner Eltern zu viel verlangt zu haben.“ Diese „zweite Geschichte“ der NS-Zeit sei für unsere Gesellschaft ebenso relevant und aktuell wie das Gedenken an die NS-Verbrechen selbst, betonte Aras.
Zu dieser Zeit habe der Mehrheitsgesellschaft der Holocaust weit weg erschienen. „Dass das heute anders ist, dass etwa junge Menschen in dutzenden Gemeinden Erinnerungssteine gesetzt haben, zeugt von einem Reifeprozess unserer Demokratie.“ Dies lasse sich auch am politischen Engagement für Gedenkkultur ablesen. Die Präsidentin dankte den Abgeordneten des Landtags, die die Mittel für Gedenkarbeit seit 2011 verzehnfacht hätten. Auch die Arbeit der Gedenkstätte in Gurs habe der Landtag gefördert.
Präsidentin Aras rief allerdings auch in Erinnerung, dass es gegen diese Entscheidung Widerstand gegeben habe. So sei im Finanzausschuss ein Antrag gestellt worden, diese Gelder für Gurs zu streichen. „Es gibt politische Kräfte, die einen Schlussstrich fordern. Diese Kräfte legen damit die Axt an die Wurzeln unserer Verfassung.“ Um dieses Wertefundament zu schützen, bräuchten wir ein Gedenken, das den Bezug zum Hier und Jetzt herstellt.
Der Gedenkort Neckarzimmern setze diesen Anspruch beispielhaft um. Das Mahnmal stehe für eine klare Ausrichtung von Gedenken auf die junge Generation. Er sei Teil einer Jugendbegegnungsstätte und ein Ort, der es Schulen ermögliche, Geschichte konkret erfahrbar zu machen. „Wenn wir die Erinnerung als Fundament begreifen, um den Herausforderungen der Gegenwart zu begegnen, dann hat Gedenken ein ganz wichtiges Ziel erreicht“, so die Landtagspräsidentin.
„Nie wieder“ heiße heute konkret, unsere Gesellschaft zu verteidigen gegen Versuche, sie in verfeindete Gruppen aufzuspalten. Es heiße für Zusammenhalt einzustehen und damit den populistischen Parolen „Wir gegen die“ den Nährboden zu entziehen. „Es heißt aufzustehen gegen die Abwertung und Ausgrenzung von Mitmenschen aufgrund ihrer Religion, ihrer Hautfarbe, ihrer Herkunft, ihrer sexuellen Identität und anderer äußerer Merkmale. Gedenken heißt, sich einzusetzen für eine liberale, offene Gesellschaft“, sagte Muhterem Aras abschließend.
Organisiert wurde die Gedenkveranstaltung von der Evangelischen Landeskirche Baden. Neben Aras sprachen unter anderem Landesrabbiner Moshe Flomenmann und Landesbischof Dr. Jochen Cornelius-Bundschuh.
Untersuchungsausschuss „Baden-Württemberg-Haus“ hat sich konstituiert
Stuttgart. Der Untersuchungsausschuss „Abläufe in Zusammenhang mit der Beteiligung des Landes an der Weltausstellung 2020“ ist am heutigen Donnerstag, 15. Oktober 2020, zu seiner konstituierenden Sitzung zusammengekommen. Dieser Ausschuss war in der Plenarsitzung am 14. Oktober 2020 auf Antrag der Fraktionen SPD und FDP/DVP eingesetzt, Jürgen Filius (Grüne) zum Vorsitzenden und Rainer Stickelberger (SPD) zum stellvertretenden Vorsitzenden gewählt worden.
Wie Jürgen Filius ausführte, soll das Gremium vor allem untersuchen, wie das Projekt eines Baden-Württemberg-Pavillons auf der Expo 2020 in Dubai angebahnt wurde, wie es zu der Berufung eines Commissioner General für den Baden-Württemberg-Pavillon kam, wie es dazu kam, dass das Land Vertragspartner wurde, welche Maßnahmen ergriffen wurden, um Sponsoren zu finden und wie sich zum Zeitpunkt der Entscheidung der Landesregierung am 22. September 2020, an der Expo Dubai im Herbst 2021 teilzunehmen, die wirtschaftlichen und sonstigen Risiken für das Land dargestellt haben.
Filius zufolge wurden in der konstituierenden Sitzung verschiedene Verfahrensfragen geklärt, sowie die ersten Beweisanträge eingebracht. „Um möglichst wenig Zeit zu verlieren, haben wir die Einholung eines Berichts der Landesregierung beschlossen, außerdem die Beiziehung sämtlicher Akten“, so der Vorsitzende. Die Regierungsvertreter hätten in Aussicht gestellt, den Regierungsbericht bis spätestens 13. November 2020 vorzulegen. „Der Ausschuss hätte den Bericht natürlich gerne schneller, allerdings ist es aufgrund der umfangreichen Fragestellungen auch nachvollziehbar. Wir werden in Kontakt bleiben und nehmen den Regierungsbericht gerne auch früher in Empfang“, so Filius. In einer nichtöffentlichen Zwischensitzung am 4. November 2020 sollen weitere Beweisanträge aufgerufen werden, sowie dann auch die Sitzungstermine festgelegt werden.
Dem Untersuchungsausschuss gehören insgesamt 12 Abgeordnete des baden-württembergischen Landtags an. Neben dem Vorsitzenden Jürgen Filius (Grüne) und dem stellvertretenden Vorsitzenden Rainer Stickelberger (SPD) die Mitglieder Nese Erikli (Grüne), Andrea Lindlohr (Grüne), Thomas Poreski (Grüne), Marion Gentges (CDU), Karl Klein (CDU), Winfried Mack (CDU), Claus Paal (CDU), Daniel Born (SPD), Carola Wolle (AfD) sowie Gabriele Reich-Gutjahr (FDP/DVP).
Minister Hauk weist Verantwortung wegen Vorfällen im Schlachthof zurück
Stuttgart. Der Minister für Landwirtschaft und Verbraucherschutz, Peter Hauk, hat in der öffentlichen und per Livestream übertragenen Sondersitzung des Landwirtschaftsausschusses am Dienstag, 13. Oktober, über Vorkommnisse im Schlachthof Gärtringen berichtet. Der CDU-Politiker wies Vorwürfe zurück, wonach die zuständigen Behörden und auch sein Ministerium früher als bisher bekannt über Verstöße gegen Bestimmungen zu Tierschutz und Hygiene in dem Genossenschaftsbetrieb informiert gewesen seien.
SPD und FDP/DVP hatten die öffentliche Sondersitzung beantragt. Nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Martin Hahn (Grüne) hielten beide Fraktionen dem Minister unter anderem vor, er habe im Frühjahr ein gegen den Schlachthof Gärtringen verhängtes Zwangsgeld gestoppt. Dabei habe es zu diesem Zeitpunkt auch durch einen anonymen Hinweis bereits Anhaltspunkte dafür gegeben, dass in dem Betrieb gegen den Tierschutz verstoßen werde. Das Zwangsgeld war vom zuständigen Landratsamt angeordnet worden, weil der Schlachthof sich zuvor aus Kostengründen geweigert hatte, von der Aufsicht festgestellte Mängel in Ausrüstung und Produktionsablauf zu beheben. Letztlich trage der Minister damit die politische Verantwortung für schwere Verstöße gegen den Tierschutz in dem Schlachthof, die im vergangenen August durch einen Fernsehbeitrag öffentlich wurden.
Minister Hauk hielt dagegen, die zuständigen Mitarbeiter im Landratsamt, im Regierungspräsidium und im Ministerium hätten im Frühjahr keinerlei Kenntnis von Mängeln in dem Schlachthof gehabt, „die zu unmittelbaren Leiden und Qualen“ der Schlachttiere hätten führen müssen. Es habe diesbezüglich „keine besonderen Auffälligkeiten“ gegeben. Er habe das Zwangsgeld ausgesetzt, um dem Schlachthof auf dem Höhepunkt der ersten Welle der Corona-Pandemie das wirtschaftliche Überleben zu ermöglichen. Zudem habe er so die Interessen der regionalen Viehzüchter wahren wollen, die im Fall einer möglichen Schließung des Schlachthofs ihre Tiere nicht mehr hätten vermarkten können. Hauk sagte, für ihn gebe es keinen Grund zu bezweifeln, dass die Aufsichtsbehörden hart durchgegriffen hätten, wenn ihnen Hinweise auf Tierquälerei vorgelegen hätten.
Entschieden wehrte sich Hauk gegen Vorhaltungen der Opposition, er habe das Zwangsgeld nach wiederholten Kontakten mit dem Schlachthofleiter ausgesetzt, dem er politisch verbunden sei. Der Schlachthofleiter hatte sich mehrfach an das Ministerium gewandt, um auf die schwierige wirtschaftliche Lage seines Betriebs hinzuweisen. Hauk sagte, jede Bürgerin und jeder Bürger habe das Recht, sich in Notlagen an den zuständigen Minister zu wenden.
Seitens der Regierungsfraktionen gab es nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Martin Hahn Zuspruch für das von Minister Hauk formulierte übergeordnete Ziel, kleinere Schlachthöfe im Land zu unterstützen. Dies sei richtig, weil dies kurze Transportwege für das Schlachtvieh garantiere und regionale Strukturen in der Fleischwirtschaft erhalten helfe, hieß es. Vertreter der Grünen wiesen laut Hahn jedoch darauf hin, dass es auch für regionale kleinere Anbieter keinen Rabatt in Sachen Tierschutz geben dürfe.
Minister Hauk verwies auf die grundsätzlichen Anstrengungen seines Hauses, den Tierschutz in den Schlachtbetrieben des Landes zu verbessern. Die Aufsichtsbehörden hätten in den vergangenen Jahren 44,5 zusätzliche Stellen besetzen können. Zudem habe das Ministerium nach dem Skandal um den Schlachthof Tauberbischofsheim 2018 eine umfassende Untersuchung von Schlachtbetrieben vorgenommen. In diesem Zusammenhang sei auch für den Schlachthof Gärtringen eine Mängelliste erstellt worden. Diese Mängelliste habe zu den Auflagen geführt, gegen die sich der Schlachthof gewehrt habe, bis schließlich ein Zwangsgeld gegen ihn verhängt wurde.
Eine der Auflagen habe darin bestanden, den Neigungswinkel einer Rampe für den Viehtrieb von elf auf acht Grad zu senken, erklärte Hauk. Die elf Grad seien beim Bau des Schlachthofes genehmigt worden, nach Jahrzehnten gelte dies als zu steil. Das bedeute aber nicht, dass die Rampe dem Tierleid unmittelbar Vorschub leiste. Deshalb sei es vertretbar gewesen, dem Schlachthof bei der Beseitigung des Mangels etwas mehr Zeit zu lassen. Die Behörden hätten aber keinen Zweifel daran gelassen, dass alle Auflagen zu erfüllen seien.
Allgemeine Maskenpflicht im Landtag ab 14. Oktober
Stuttgart. Die Präsidentin des Landtags von Baden-Württemberg, Muhterem Aras (Grüne), ordnet angesichts der Entwicklung der Corona-Pandemie eine Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung in den Gebäuden des Landtags an. Grundlagen der Allgemeinverfügung, die am Mittwoch, 14. Oktober, in Kraft tritt, sind das Hausrecht der Präsidentin nach Paragraph 9 der Geschäftsordnung sowie Paragraph 15 der Hausordnung des Landtags.
Landtagspräsidentin Muhterem Aras begründet ihre Entscheidung mit der steigenden Zahl bestätigter SARS-CoV-2-Infektionen in Baden-Württemberg, darunter auch im Ballungsraum Stuttgart. „Wir nehmen die aktuelle Entwicklung weiterhin sehr ernst“, sagte Aras. Durch das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung könne das Infektionsrisiko nachweislich gesenkt werden, so die Landtagspräsidentin. Das Parlament müsse alles ihm Mögliche tun, damit es seine vielfältigen und wichtigen Aufgaben weiter erfüllen kann.
Die Maskenpflicht gilt für alle Gebäude und Räumlichkeiten des Landtags – also auch für den Plenarsaal, die Sitzungssäle und die Besprechungsräume sowie alle Verkehrsflächen und Aufzugsanlagen.
In allen Sitzungssälen einschließlich des Plenarsaals kann die Mund-Nasen-Bedeckung am Platz abgelegt werden, wenn ein Mindestabstand zu anderen Personen von 1,50 Meter eingehalten werden kann. Rednerinnen und Redner im Plenarsaal können die Mund-Nasen-Bedeckung am Rednerpult und an den Saalmikrophonen ablegen, ebenso die Präsidentin, ihre Stellvertreterin oder deren Vertreterinnen und Vertreter im Sitzungsvorstand.
In Büroräumen und an Arbeitsplätzen des Landtags kann die Mund-Nasen-Bedeckung ebenfalls abgelegt werden, wenn ein Mindestabstand von 1,50 Meter zu anderen Personen eingehalten werden kann, der Raum alleine genutzt wird oder eine Abtrennung zu anderen Plätzen vorhanden ist.
Die Maskenpflicht gilt ab dem 14. Oktober für alle im Landtag anwesenden Personen: Abgeordnete, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Landtags und der Fraktionen sowie für Besucherinnen und Besucher.
Personen, die laut ärztlichem Attest keine Mund-Nasen-Bedeckung tragen können, sind von der Anordnung befreit. Das Attest ist auf Anforderung vorzulegen.
Verstöße gegen die Anordnung der Landtagspräsidentin können mit einem Zwangsgeld in Höhe von mindestens 250 Euro für Abgeordnete geahndet werden. Für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Landtags und der Fraktionen sowie für Besucherinnen und Besucher beträgt das Zwangsgeld mindestens 150 Euro. Darüber hinaus kann auch ein Bußgeld verhängt werden.
Grünes Licht für den Beteiligungsfonds und Finanzhilfe für personalisierte Krebsmedizin
Stuttgart. Das Land Baden-Württemberg soll sich an mittelständischen Unternehmen beteiligen dürfen, die aufgrund der Corona-Pandemie in Not geraten sind. Der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau votierte in seiner Sitzung am Freitag, 2. Oktober, mit den Stimmen der Regierungsfraktionen dafür, dem Plenum den Entwurf der Landesregierung zu einem Beteiligungsfondsgesetz (BetFoG) zur Zustimmung zu empfehlen. Vertreter der Opposition hätten sich in der Sitzung vergeblich dafür ausgesprochen, den Landtag per Gesetz stärker in Entscheidungen des künftigen Beteiligungsfonds einzubinden, berichtete der Ausschussvorsitzende Dr. Erik Schweickert. Grüne und CDU hätten dies „aus formaljuristischen Gründen abgelehnt“.
Die SPD hatte wenige Stunden vor der Sitzung mehrere Anträge mit dem Ziel eingereicht, das Gesetzesvorhaben beispielsweise durch Bestimmungen zur Beschäftigungssicherung, Tarifbindung und Mitbestimmung zu ergänzen. Einzelheiten seien durch eine zwingend zu erlassene Rechtsverordnung zu regeln. Zudem beantragte die SPD, den Beteiligungsrat des Fonds durch Vertreter von Wirtschaft und Gewerkschaften ständig beraten zu lassen. Verlangt wurde außerdem eine monatliche Unterrichtung des Landtags über den Stand der Beteiligungsaktivitäten sowie eine Einbindung des Ausschusses bei Engagements des Landes ab 20 Millionen Euro.
Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) sowie Vertreter der Regierungsfraktionen von Grünen und CDU warnten dagegen nach Angaben von Dr. Schweickert vor dem Ausschuss davor, dem Beteiligungsfonds zu starke Fesseln anzulegen. Der Fonds müsse auf die unterschiedlichsten Problemlagen von Unternehmen flexibel reagieren können, erklärte Dr. Hoffmeister-Kraut. Auch mit Blick auf die Rahmengesetzgebung des Bundes und entsprechende Vorgaben der EU-Kommission mache es keinen Sinn, den Entwurf zum BetFoG aufzublähen. Die Vorgaben aus Berlin und Brüssel zur zeitlichen Befristung der staatlichen Beteiligungen an Unternehmen sowie zum übergeordneten Ziel der Beschäftigungssicherung seien selbstverständlich auch für die Landesregierung bindend. Die Ministerin sicherte zudem eine zeitnahe Information des Landtags über Einzelbeteiligungen des Fonds zu – zusätzlich zu dem im Gesetzesentwurf avisierten quartalsweisen Berichten.
Dr. Schweickert berichtete, die FDP/DVP-Fraktion habe wissen wollen, ob und wie die Landesregierung sicherstelle, dass Unternehmen ihre Schulden beim Staat so schnell wie möglich begleichen und der Staat zurückfließende Mittel unmittelbar zur Tilgung eigener Schulden aus dem Beteiligungsgeschäft einsetzt. Ein Vertreter des Wirtschaftsministeriums habe darauf geantwortet, die Tilgungsfrage liege im politischen Ermessen der Landesregierung, so der Ausschussvorsitzende.
Grüne und CDU hatten ihrerseits ebenfalls kurz vor der Sitzung einen Entschlussantrag eingereicht, wonach die von der Ministerin vor dem Ausschuss formulierten Zusagen zur Beschäftigungssicherung sowie zur Information des Landtags per Rechtsverordnung festgeschrieben werden sollen. In der Verordnung soll auch hinterlegt werden, dass notwendige Maßnahmen der Restrukturierung in Beteiligungsunternehmen „nach Möglichkeit (…) unter Einbindung der Betriebsparteien“ erfolgen sollen. Der Ausschuss votierte nach Angaben von Dr. Schweickert mit den Stimmen der Regierungsfraktionen für diesen Antrag. Die Vertreter von SPD und FDP/DVP hätten sich enthalten, die AfD hätte dagegen gestimmt. Ebenfalls mit den Stimmen von Grünen und CDU habe der Ausschuss dann entschieden, dem Plenum vorzuschlagen, dem Gesetzesentwurf zum BetFoG zuzustimmen.
Neben dem Beteiligungsfondsgesetz beschäftigte sich der Ausschuss anlässlich eines Antrags der FDP/DVP-Fraktion noch mit der Novelle der Feuerverordnung. Das Wirtschaftsministerium sicherte zu, dass es durch die Novelle keine unverhältnismäßige Verschärfung der Regelungen zu Pelletlagerräumen geben werde. Auch zukünftig seien mehrere technische Lösungen möglich. Für den allergrößten Teil der Anwendungsfälle seien die vorgeschriebenen Sicherheitsstandards mit überschaubaren Investitionen unter 100 Euro zu leisten.
Zum Abschluss der Sitzung bewilligte der Ausschuss noch Finanzhilfen für personalisierte Krebsmedizin. Das Unternehmen Optima erhält eine Beihilfe in Höhe von rund einer Million Euro, um die Automatisierung der Produktion für individuell ausgestaltete Krebsmedikamente ausbauen zu können.
Experten sehen großes Potenzial für die Agrophotovoltaik
Stuttgart. Der Ausschuss für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz hat in seiner Sitzung am Mittwoch, 30. September, in einer per Livestream übertragenen öffentlichen Anhörung das Potenzial der sogenannten Agrophotovoltaik (APV) in Baden-Württemberg ausgelotet. Bei dieser Technologie werden Solarzellen auf einer Trägerkonstruktion über landwirtschaftlichen Nutzflächen installiert. Experten erklärten vor dem Ausschuss, wie auf geeigneten Flächen gleichzeitig Nahrungsmittel und umweltfreundlicher Strom erzeugt werden können. Der Ausschussvorsitzende Martin Hahn zeigte sich davon überzeugt: „Wir brauchen dringend solche Hybridformen der Landnutzung für die Energiewende.“
Die Ausschusssitzung war bestens terminiert. Soeben hatten sich das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz und das Umweltministerium darauf verständigt, eine Durchführungsstudie für den Ausbau von Anlagen der Agrophotovoltaik im Südwesten zu fördern. Die vier zur Anhörung geladenen APV-Experten hörten das gern. Bisher habe die Politik im Bund wie auch in den Ländern die APV sträflich vernachlässigt, erklärten sie unisono. Baugenehmigungen für derartige Anlagen seien so gut wie unmöglich, Agrarsubventionen für landwirtschaftliche Nutzflächen mit APV verboten, und auch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) lasse auf landwirtschaftlichen Nutzflächen erzeugten Strom außen vor. Das müsse sich schnell ändern, forderten die Experten.
Max Trommsdorff vom Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE) in München bezeichnete die APV vor dem Ausschuss als „große Chance für die Energiewende“. Strom aus solchen Anlagen sei schon heute nahezu wettbewerbsfähig. Die Anlagen könnten zukünftig wesentlich dazu beitragen, den Ausstoß von Treibhausgasen durch Verzicht insbesondere auf fossile Energieträger zu reduzieren. Um die ehrgeizigen Klimaziele zu erreichen, müsse Deutschland im Vergleich zu heute acht- bis zehnmal mehr Strom durch Photovoltaik erzeugen, sagte Trommsdorff. Baden-Württemberg ist nach seiner Auffassung sehr gut für die Agrophotovoltaik geeignet. Das Land habe die höchsten Bodenpreise, wodurch sich eine Doppelnutzung von Flächen geradezu aufdränge. Zudem sei die Sonneneinstrahlung so hoch wie in keinem anderen Bundesland und zugleich gebe es einen hohen Gartenbau-Anteil in der Landwirtschaft. Kulturen etwa mit Beeren und Kernobst seien besonders gut für APV-Anlagen geeignet.
Auch Florian Reyer von der Hofgemeinschaft Heggelbach am Bodensee zeigte sich in der Anhörung überzeugt vom Potenzial der Agrophotovoltaik. Der Landwirt betreibt seit 2016 in einem Pilotprojekt die erste APV-Anlage in Baden-Württemberg. Unter den auf einer Trägerkonstruktion ruhenden Solarzellen auf seinem Hof wachsen Kartoffeln, Sellerie und Weizen. Reyer berichtete von leichten Mindererträgen bei den Feldfrüchten, mit denen er aber dank der Erzeugung umweltfreundlichen Stroms „gut leben“ könne. Die Anlage der Hofgemeinschaft erzeugt auf 2500 Quadratmetern genug Strom, um bis zu 62 Haushalte zu versorgen. Bisher nutzt die Hofgemeinschaft allerdings 60 Prozent der gewonnenen Energie selbst.
Ungeachtet seiner grundsätzlich positiven Einstellung gegenüber der APV mahnte der Landwirt vor dem Ausschuss, angesichts des Potenzials der Technologie mit Blick auf die Energiewende die Belange der bäuerlichen Erzeuger nicht zu vergessen. Es dürfe nicht sein, dass am Ende vor allem Verpächter von landwirtschaftlichen Flächen zum Zuge kommen, praktizierende Landwirte dagegen kaum.
Stephan Schindele von der BayWa Solar Projects in München kritisierte mit deutlichen Worten die hohen Hürden, denen sich die Agrophotovoltaik in Deutschland gegenübersehe. Japan, Frankreich und die Niederlande dagegen hätten deren Potenzial längst erkannt und unterstützten die Technologie in jeder Hinsicht. Besonders unverständlich sei, dass das EEG eine Förderung bisher nicht vorsehe. Das müsse die Politik rasch abstellen. Schindele, dessen Unternehmen komplette APV-Anlagen liefert, berichtete von hohen Synergieeffekten für Landwirte, deren Kulturen vor Regen, Hagel und Sonneneinstrahlung geschützt werden müssen. Überall dort, wo Folien oder Netze angebracht würden, könnten auch Solarzellen installiert werden, um die Früchte zu schonen. Er berichtete von einer Himbeer-Plantage in den Niederlanden, die den Ertrag durch die Anbringung einer APV-Anlage um zehn Prozent gesteigert habe. Auch durch die staatliche Förderung des auf der Anlage erzeugten Stroms erwirtschafte das Unternehmen ein Plus von 20.000 Euro pro Hektar.
Solarmodule in der APV können nicht nur horizontal, sondern auch vertikal aufgebaut werden. Darauf hat sich das Unternehmen Next2Sun in Merzig spezialisiert, für das Heiko Hildebrandt vor dem Ausschuss sprach. Seine Module arbeiten bifacial, können das Sonnenlicht also beidseitig verwerten. Würden die Module konsequent nach Ost-West errichtet, seien Lastspitzen in den Morgen- und Abendstunden zu erreichen, antizyklisch zu den vorherrschenden Südanlagen. Das könne zur Netzstabilität beitragen. Zudem erlaubten variable Zwischenräume von mindestens acht Metern zahlreiche landwirtschaftliche Nutzungskonzepte, so Hildebrandt.
Peter Hauk, Minister für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, dämpfte vor dem Ausschuss die Hoffnung auf schnelle Verbesserungen für die Agrophotovoltaik. Eine entsprechende Änderung der Ökokonto-Verordnung des Landes, um die Genehmigung solcher Anlagen zu erleichtern, werde es in der laufenden Wahlperiode nicht mehr geben. Auch eine rasche Änderung des EEG sehe er nicht, so Hauk. Der Minister sagte aber zu, die Erprobung der Technologie mit der Durchführungsstudie nach Kräften zu unterstützen. Derzeit suche man Standorte für weitere Pilotprojekte. Er sehe große Potenziale im Sinne der Energiewende. Bei allen Überlegungen müssten aber die Belange der Landwirte stets an erster Stelle stehen.
Der Ausschussvorsitzende Martin Hahn sagte den APV-Experten die Unterstützung des Parlaments zu. „Wir setzen uns dafür ein, dass das Land Baden-Württemberg bei der Agrophotovoltaik ganz vorne mitspielt“, sagte Hahn. Hybride Formen für die Energiewende würden dringend benötigt, um für mehr Akzeptanz im Ausbau der erneuerbaren Energien zu sorgen.
Umweltausschuss empfiehlt, Gesetz zur Weiterentwicklung des Klimaschutzes zuzustimmen
Stuttgart. Der Ausschuss für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft hat in seiner Sitzung am Donnerstag, 1. Oktober 2020, dem Landtag von Baden-Württemberg mehrheitlich empfohlen, dem Gesetzentwurf der Landesregierung zur Weiterentwicklung des Klimaschutzes zuzustimmen. Dies berichtete Dr. Bernd Grimmer (AfD), der Vorsitzende des Gremiums. Dem Beschluss war eine öffentliche Anhörung vorausgegangen. „Zentrales Element des Gesetzentwurfs ist die Festlegung eines Klimaschutzziels für das Jahr 2030 von mindestens 42 Prozent Treibhausgasminderung gegenüber 1990“, erklärte Dr. Grimmer.
In den Gesetzentwurf sei ein Mechanismus eingezogen worden – sollte dieses Ziel verfehlt werden –, dass man analysieren könne, an welcher Ebene (Bund, Land, EU) und an welchem Sektor diese Verfehlung liege, sodass man gegebenenfalls nachsteuern könne.
Eine der größten Änderungen des Gesetzes sei die Photovoltaikpflicht auf Dachflächen beim Neubau von Nichtwohngebäuden. Hiermit soll der Photovoltaikausbau im Gebäudesektor gezielt gestärkt werden. Außerdem sollten, nach dem Gesetzentwurf, Parkplätze künftig ebenfalls mit Photovoltaikanlagen überdacht werden, um offene Stellplatzflächen für den Klimaschutz zu nutzen. Einen Änderungsantrag der SPD-Fraktion, Photovoltaikanlagen auch auf neugebauten Wohngebäuden verpflichtend zu installieren – sofern diese für eine Solarnutzung geeignete Dachflächen hätten –, habe der Ausschuss mehrheitlich abgelehnt. Umweltminister Franz Untersteller zufolge sei es jedoch wahrscheinlich, dass diese schnell nachziehen würden, da eine Photovoltaikanlage mittlerweile wirtschaftlich rentabel sei. Generell soll mit dem neuen Klimaschutzgesetz nachhaltiges Bauen mit einem Förderprogramm des Landes gestärkt werden.
Eine weitere große Änderung stelle die Einführung einer verpflichtenden kommunalen Wärmeplanung für 103 Stadtkreise und Große Kreisstädte dar. So müssten Gemeinden und Gemeindeverbände künftig ihre Energieverbräuche erfassen. Dahinter stehe das Ziel, den kommunalen Energieverbrauch zu senken und die Hauptverbraucher energieeffizienter zu betreiben. Die SPD-Fraktion habe auch hierzu einen Änderungsantrag eingereicht. Dieser sehe vor, die Landkreise zu verpflichten, in Zusammenarbeit mit den übrigen Gemeinden auch für diese bis Ende 2025 eine Wärmeplanung zu erstellen. Dieser Änderungsantrag wurde von den Ausschussmitgliedern ebenfalls mehrheitlich abgelehnt.
Des Weiteren sieht der Gesetzentwurf Änderungen im Landesreisekostengesetz vor. Hiermit soll ein Klimaausgleich für dienstlich veranlasste Flugreisen von Beschäftigten der Landesverwaltung einschließlich der Hochschulen geschaffen werden. Diese Kompensationsabgaben sollen dabei einer Klimaschutzstiftung Baden-Württemberg zugeführt werden, die klimaschutzfördernde Projekte unterstützen soll.
Über den Gesetzentwurf zum Klimaschutz wird die Vollversammlung des Landtags voraussichtlich in der Plenarsitzung am Mittwoch, 14. Oktober 2020, zum zweiten Mal beraten und dann darüber abstimmen.
Petition zur Änderung rechtlicher Grundlagen bei dauerhafter Erkrankung eines Bürgermeisters
Stuttgart. Sollen Bürgermeister unter gewissen Voraussetzungen wie dauerhafte Erkrankung wieder in ein Beamtenverhältnis übernommen werden können, welches vor ihrer Wahl bestanden hat? Mit dieser Frage hat sich der Petitionsausschuss in seiner Sitzung am Donnerstag, 1 Oktober 2020, befasst. Das hat die Vorsitzende des Gremiums, Petra Krebs (Grüne), mitgeteilt. „Grundsätzlich sollte das Bürgermeisteramt attraktiv bleiben. Im Hinblick auf rückläufige Bewerberzahlen scheint eine Erhöhung der Sicherheiten durchaus diskussionswürdig“, erläuterte Krebs.
Der Petent habe Petra Krebs zufolge in seiner Petition Rechtsänderungen angeregt, wonach Bürgermeister unter bestimmten Voraussetzungen bei dauerhafter Erkrankung wieder in ein Beamtenverhältnis übernommen werden können, welches vor ihrer Wahl zum Bürgermeister bestanden hat. Er habe bemängelt, dass es für zum Bürgermeister gewählte Beamte auf Lebenszeit „keinen Weg zurück“ gebe. Das Wiederaufleben eines Beamtenverhältnisses sei nicht möglich, auch wenn der Dienstherr dazu bereit wäre. Könne ein Bürgermeister seinen Dienstgeschäften krankheitshalber nicht nachkommen, müsse er um Entlassung bitten, oftmals drohe ihm der „soziale Ruin“.
Amtsinhaber seien daher gezwungen, entsprechende Situationen bis zur Versetzung in den Ruhestand oder bis zum Ablauf der Amtszeit „auszusitzen“. Dieser Zustand sei sowohl für die Amtsinhaber als auch für die betroffenen Gemeinden unhaltbar. Hierzu habe das zuständige Ministerium für Inneres, Digitalisierung und Migration bemerkt, dass nach Ablauf bestimmter Fristen durchaus dienstrechtliche Maßnahmen ergriffen werden könnten, so dass Amtsverweser nicht die komplette Amtszeit machen müssten.
Überdies habe das Ministerium festgestellt, dass die Schaffung eines Rückkehranspruchs für zum Bürgermeister gewählte Beamte nach Ende der Amtszeit die Attraktivität kommunaler Wahlämter steigern könnte. Die Bereitschaft von Beamten, sich für ein solches zu bewerben, könnte erhöht werden. Auch könnte so dem Fürsorgegedanken Rechnung getragen werden. Allerdings sei darauf hinzuweisen, dass das geltende Bürgermeisterdienstrecht auf einer austarierten Systematik beruht, welche die besondere Stellung des Bürgermeisters als Beamten auf Zeit, der sich nach Ablauf der achtjährigen Amtszeit der Wiederwahl stellen muss, angemessen berücksichtigt.
Ungeachtet dessen gebe es in einigen Bundesländern u. a. in Bayern, Hessen, Thüringen und im Saarland entsprechende Rückkehrregelungen von kommunalen Wahlbeamten in frühere Beamtenverhältnisse. Für die Umsetzung wäre eine entsprechende Änderung der Gesetzeslage erforderlich. Im Ministerium sei das Thema bekannt und solle unter Einbindung der kommunalen Verbände geprüft werden.
„Der Petitionsausschuss hat letztlich einstimmig beschlossen, die Petition der Regierung als Material zu überweisen“, so Petra Krebs abschließend.
Vorsitzender Willi Stächele: „DEHOGA für Beibehaltung des reduzierten Mehrwertsteuersatzes“
Stuttgart. Der Hotel- und Gaststättenverband DEHOGA Baden-Württemberg spricht sich für die Beibehaltung des reduzierten Mehrwertsteuersatzes aus, als wichtige Fördermaßnahme für die Branche. Das ist beim Austausch des Ausschusses für Europa und Internationales mit dem Vorstandsvorsitzenden des Hotel- und Gaststättenverbands DEHOGA Baden-Württemberg e.V. Fritz Engelhardt und dem Hauptgeschäftsführer Jürgen Kirchherr, in der Sitzung am Mittwoch, 30. September 2020, deutlich geworden. „Der Umsatzverlust der Branche lag im Juli bei minus 53 Prozent“, berichtete der Vorsitzende des Gremiums, Willi Stächele (CDU).
Die Hotellerie sei stärker betroffen als die Gastronomie, gab Stächele die Ausführungen Engelhardts wieder. Vor allem der Städtetourismus sowie Messe- und Tagungshotels bekämen die Auswirkungen der Pandemie zu spüren. Aufgrund der Corona-Verordnungen hätte die Gastronomie rund 40 Prozent ihrer Sitzplatzkapazität im Inneren verloren. „Die Sonne würde weiterhelfen, denn keiner möchte drinnen sitzen“, fasste Stächele die Hoffnungen des Vorstandsvorsitzenden auf einen sonnigen Herbst zusammen, der vor allem die Außengastronomie stärken könnte. Der Verband habe an Wirte und Restaurantbetreiber appelliert, die Corona-Besucherlisten korrekt zu erfassen. Die Gäste sollten ihren Namen und die Adresse wahrheitsgemäß angeben. „Wenn die Angaben offenkundig falsch sind, wird darauf hingewiesen, dass das nicht geht“, erläuterte Stächele die Angaben von Fritz Engelhardt, der außerdem betonte: „Wir sind Gastgeber aus Leidenschaft, nicht Handlanger der Ordnungsbehörden.“
Am schwersten seien derzeit jedoch Diskotheken, Caterer und Kulturveranstaltungen betroffen, für die es noch immer keine Perspektive gebe. Hier erhoffe man sich zeitnah Hygienekonzepte, die evtl. in Pilotprojekten getestet werden könnten. Fritz Engelhardt wartete mit besorgniserregenden Zahlen auf: Von den bundesweit 2,4 Millionen Beschäftigten hätten sich im April und Mai 1,1 Millionen in Kurzarbeit befunden. Viele Mitarbeitende und Unternehmen seien in die Grundsicherung gefallen. Teilzeitbeschäftigte und Minijobber seien am meisten betroffen gewesen. „Die Corona-Pandemie hat auch massive Auswirkungen auf die Ausbildung“, so Vorsitzender Stächele. Wie Fritz Engelhardt ausgeführt habe, seien 37 Prozent weniger Ausbildungsverträge abgeschlossen worden. Hier fehle am Ende nahezu ein ganzer Ausbildungsjahrgang, was sich in der Zukunft bemerkbar machen werde. Nach den Rekordzahlen der letzten Jahre habe es einen massiven Einbruch im Tourismus gegeben, dort seien 51,8 Prozent Einbußen zu verzeichnen. „Hier fehlt die Stadthotellerie, die Tagungen und Messen“, so Stächele.
Lobende Worte habe Engelhardt für die Stabilisierungshilfe des Landes gefunden, die deutschlandweit einzigartig sei, so Stächele. Auch die Überbrückungshilfen des Bundes seien gelobt worden. Engelhardt habe auch festgestellt: „Die beste Fördermaßnahme ist, wenn sich der Gast wieder wohl fühlt.“ Dennoch hätten die Darlehen-Programme gutgetan. Eine Verschuldung von bis zu 700 Millionen Euro werde die Branche jedoch nachhaltig belasten, gab Stächele die Ausführungen des DEHOGA-Vorstandsvorsitzenden wieder. Engelhardt führte außerdem aus, dass auch die Zulieferketten unterbrochen worden seien, was etwa regionale Metzgereien oder Getränkehandlungen getroffen habe.
Der Minister der Justiz und für Europa, Guido Wolf (CDU), habe von regelmäßigen sehr konstruktiven Gesprächen und Kontakten mit dem DEHOGA berichtet, so Willi Stächele. Der Minister habe gespürt, dass hier Menschen am Werk seien, die sich um ihre Mitglieder kümmern.
Der Hotel- und Gaststättenverband DEHOGA ist der Berufsverband der Gastronomen und Hoteliers. Über 12.000 Unternehmerinnen und Unternehmer aus Gastronomie und Hotellerie haben sich im DEHOGA Baden-Württemberg zusammengeschlossen. Der DEHOGA vertritt das Gastgewerbe gegenüber der Politik.
Verkehrsausschuss befürwortet Pläne über einen Gäubahn-Tunnel auf den Fildern
Stuttgart. Vor drei Monaten wurde im Bundesverkehrsministerium ein Schienenpakt zur Stärkung des Bahnsektors unterzeichnet und ein „Masterplan Schienenverkehr“ vorgestellt. Demzufolge sei ein neuer Tunnel zur Anbindung der Gäubahn an den Stuttgarter Flughafen angedacht. Auf Antrag der FDP/DVP-Fraktion befasste sich der Ausschuss für Verkehr in seiner Sitzung am Mittwoch, 30. September 2020, mit den Auswirkungen dieser neuen Pläne auf die bisherigen Planungen zur Anbindung des Flughafens im Zuge des Bahnprojekts Stuttgart – Ulm. „Ein solcher Tunnel würde eine erhebliche Verbesserung für die Schieneninfrastruktur in Baden-Württemberg darstellen“, erklärte Karl Rombach (CDU), der Vorsitzende des Gremiums.
Der Vorschlag eines Gäubahn-Tunnels auf den Fildern sei in den dritten Gutachterentwurf des Bundes zum Deutschlandtakt aufgenommen worden, so Rombach. Ein solcher Tunnel biete deutlich mehr Vorteile für den Schienenverkehr als ein drittes Gleis am Flughafen. Unter anderem würden mit einem solchen Tunnel auch Fahrgäste der Zugstrecke zwischen Stuttgart und Zürich – der sogenannten Gäubahn – in Richtung Ulm und München von der neuen Schnellfahrstrecke profitieren. Damit würden sich die Fahrzeiten verkürzen. Zudem würden Regionalverkehr und S-Bahnen nicht mehr auf denselben Gleisen fahren. Dadurch könnten sowohl mehr S-Bahnen als auch mehr Fern- und Regionalverkehrszüge auf die Strecke gebracht werden. Ein Tunnel würde darüber hinaus die Gemeinden Leinfelden und Echterdingen vollständig vom Lärm der Gäubahn entlasten.
Vorteil gegenüber einem dritten Gleis am Flughafen sei außerdem, dass die S-Bahn während des Baus nicht für ein Jahr unterbrochen werden müsse und es keine Baustelle direkt vor den Terminals gebe.
Der Ausschuss sei sich einig gewesen, dass es sich bei diesem Tunnel um einen sehr guten Vorschlag handele, der vom Verkehrsministerium positiv und aktiv begleitet und weiterverfolgt werden solle, erklärte der Vorsitzende des Gremiums. Nun stehe die Wirtschaftlichkeitsuntersuchung des Projekts an. Diese müsse schnellstmöglich umgesetzt werden.
Wirtschaftsausschuss diskutiert über Corona-Prophylaxe in Schlachthöfen
Stuttgart. Auf Antrag der SPD beschäftigte sich der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau des Landtags in seiner Sitzung am Mittwoch, 23. September, mit der Corona-Prophylaxe in baden-württembergischen Schlachthöfen sowie – ebenfalls vor dem Hintergrund der aktuellen Pandemie – mit den Arbeitsbedingungen von Saisonarbeitskräften. Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) habe in der Sitzung erklärt, dass Schlachthöfe inzwischen gezielt kontrolliert werden, berichtete der Ausschussvorsitzende Dr. Erik Schweickert.
Im April hatten sich in einem Schlachthof bei Pforzheim 399 Menschen angesteckt. Die Wirtschaftsministerin erläuterte vor dem Gremium, wie Infektionen mit dem Corona-Virus in Schlachthöfen künftig vermieden werden sollen. In Betrieben mit mehr als 100 Mitarbeitern müssen die Beschäftigten demnach beispielsweise zweimal wöchentlich getestet werden. Zudem gebe es weitere Auflagen für Schlachtbetriebe und Betriebe der Fleischverarbeitung. Ob sie eingehalten werden, sei bereits bei mehreren Besichtigungen überprüft worden, sagte Ministerin Hoffmeister-Kraut.
Die SPD-Fraktion äußerte nach Angaben von Dr. Schweickert ihren Unmut darüber, dass die Ministerin Fragen zum Infektionsgeschehen bei Saisonarbeitskräften unbeantwortet ließ. Die Wirtschaftsministerin selbst verwies in der Ausschusssitzung darauf, dass belastbares Datenmaterial nicht verfügbar sei. Dies liege auch daran, dass die geforderten Daten bisher von den zuständigen Behörden nicht erhoben worden seien. Die Ministerin erklärte, die Daten nach Möglichkeit zu beschaffen und nachzuliefern. Sie werde die offen gebliebenen Fragen schriftlich beantworten – wie zwischenzeitlich bereits von den Fraktionen der Grünen und der CDU beantragt worden sei. Der Ausschuss stimmte diesem Vorgehen zu.
Die Landesregierung setzt angesichts der Corona-Pandemie verstärkt auf eine Digitalisierung des Landesprogramms Kontaktstellen Frau und Beruf. Das wurde bei der Beratung des CDU-Antrags zu diesem Landesprogramm im Ausschuss deutlich. Die Beratungs- und Veranstaltungsangebote der landesweit elf Kontaktstellen Frau und Beruf seien laut Wirtschaftsministerium auf digitale Formate umgestellt worden, berichtete Dr. Schweickert. Man habe verschiedene Online-Formate aufgelegt, um Frauen angesichts der Pandemie in ihrer Berufstätigkeit, im Homeoffice und ganz allgemein in ihren digitalen Kompetenzen zu stärken.
Künftig solle es nach den Plänen des Ministeriums zusätzlich ein landesweites Online-Angebot zum Thema Frau und Beruf geben, so Dr. Schweickert. Dazu laufe an der Hochschule Heilbronn bereits das Projekt „Frau und Beruf digital“. Es solle das Online-Angebot, das schon vor der Pandemie angestoßen wurde, vorbereiten.
Das Landesprogramm Kontaktstellen Frau und Beruf besteht seit 1994 und wird vom Land den Angaben zufolge mit jährlich 2,359 Millionen Euro gefördert.
Ständiger Ausschuss stimmt für Verfahren zur Überprüfung von Corona-Verordnungen
Stuttgart. Der Verfahrensweg zur Überprüfung der Corona-Verordnungen der Landesregierung durch den Landtag steht fest. Der Ständige Ausschuss stimmte in seiner Sitzung am Mittwoch, 30. September 2020, einstimmig für die von den Fraktionen Grüne, CDU, SPD und FDP/DVP vorgeschlagene Verfahrensregelung. „Der Landtag hat ein angemessenes Verfahren zur Beteiligung des Parlaments an infektionsschützenden Maßnahmen entwickelt“, sagte der Vorsitzende des Gremiums, der CDU-Abgeordnete Dr. Stefan Scheffold. Die Beratung und Abstimmung des Plenums über die Beschlussempfehlung des Ausschusses ist für die heutige Plenarsitzung vorgesehen.
Die von der Landesregierung übermittelten Verordnungen werden laut Scheffold durch die Landtagspräsidentin an den Ständigen Ausschuss überwiesen. Der Landtag ermächtigt den Ausschuss gemäß Paragraf 26 Absatz 4 Satz 2 der Geschäftsordnung, abschließend zu entscheiden. Andere Ausschüsse befassen sich vorberatend mit einer Verordnung, wenn zwei Fraktionen oder ein Viertel der Mitglieder das im jeweiligen Ausschuss beantragen.
Die Beratungen in den Ausschüssen finden grundsätzlich öffentlich statt. Die Öffentlichkeit kann im Einzelfall ausgeschlossen werden, wenn der Ausschuss es auf Antrag eines Mitglieds des Ausschusses oder eines Mitglieds der Regierung mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der anwesenden Abgeordneten beschließt. Über den Antrag kann in nicht öffentlicher Sitzung entschieden werden. Die öffentlichen Ausschussberatungen sollen per Livestream auf der Website des Landtags übertragen werden.
Von dieser Regelung unberührt bleibt das Verfahren nach Paragraf 2 Absatz 5 des Gesetzes über den Erlass infektionsschützender Maßnahmen. Darin heißt es: Die Gültigkeit einer Rechtsverordnung ist zeitlich angemessen zu begrenzen und kann jeweils durch die Verordnungsgeberin verlängert werden. Überschreitet die Gültigkeitsdauer einer Verordnung drei Monate, bedarf die Rechtsverordnung für die Fortgeltung der Gültigkeit der Zustimmung des Landtags. Erteilt der Landtag die Zustimmung nicht, tritt die Verordnung nach Ablauf von vier weiteren Wochen außer Kraft.
Bildungsausschuss diskutiert über Nutzung und Datensicherheit des Programms Microsoft Office 365 an Schulen
Stuttgart. Auf Antrag der FDP/DVP-Fraktion befasste sich der Ausschuss für Kultus, Jugend und Sport in seiner öffentlichen und per Livestream übertragenen Sitzung mit der möglichen Verwendung von Office 365 an der Schule. „Die Corona-Pandemie hat noch einmal deutlich gezeigt, wie wichtig eine digitale Bildungsplattform für die Schulen in Baden-Württemberg ist,“ erklärte Brigitte Lösch (Grüne), die Vorsitzende des Gremiums, in der Sitzung am Donnerstag, 24. September 2020. Der Ausschuss beschäftigte sich auch mit den Fragen der Datensicherheit der Bildungsplattform und war sich einig: „Die Akzeptanz der Bildungsplattform muss im Mittelpunkt stehen. Das geht nur, wenn der Datenschutz beachtet wird“, so die Vorsitzende.
Wie das Kultusministerium mitteilte, sei im April 2019 eine Stabsstelle eingerichtet worden, die für den Aufbau der digitalen Bildungsplattform und deren Module zuständig sei. Dabei sei Dr. Stefan Brink, der Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit, unmittelbar nach dem Einrichten der Stabsstelle in das Projekt einbezogen worden.
Im Zuge der Entwicklung der digitalen Bildungsplattform würden verschiedene Anbieter und Produkte geprüft, dazu zähle auch eine mögliche, datenschutzkonforme Nutzung von Microsoft-Office-Werkzeugen für einzelne Bausteine. Kultusministerin Dr. Susanne Eisenmann habe darauf hingewiesen, dass der Ausbau der Bildungsplattform modular erfolgt. Die Bereitstellung von Basiskomponenten wie das Lernmanagementsystem Moodle oder den Messenger-Dienst Threema, genauso wie BigBlueButton, ein Webkonferenzsystem, basieren alle auf Open-Source-Basis.
Die Ausschreibungen für die weiteren Module seien erfolgt, aber, wie die Kultusministerin versicherte, seien noch keine Entscheidungen getroffen worden.
Im Juli 2020 habe der Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit eine Einschätzung bezüglich des datenschutzkonformen Einsatzes von Microsoft Office 365 abgegeben. Lösch zufolge habe er darauf hingewiesen, dass weitere technisch-organisatorische Maßnahmen ergriffen werden müssten, damit eine datenschutzkonforme Datenverarbeitung gewährleistet werden könne. Insbesondere sollten Server im Geltungsbereich der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) betrieben werden; außerdem müssten Datenflüsse eingeschränkt werden.
Dr. Eisenmann habe generell versichert, dass eine Einschätzung des Landesdatenschutzbeauftragten zur Datensicherheit bindend sei. Ohne sein Einverständnis würde Microsoft Office 365 nicht für die Bildungsplattform verwendet. Die Ministerin bekräftigte, dass es zum derzeitigen Stand weder eine Entscheidung für noch gegen Microsoft gegeben habe: „Die Entscheidung ist noch nicht gefallen.“ Dies solle aber in diesem Herbst geschehen.
Dem Ausschuss war es zudem ein großes Anliegen, dass sich das Ministerium bei der Bildungsplattform nicht ausschließlich auf Microsoft Office 365 konzentriere. So gebe es auch europäische Software-Anbieter sowie Open-Source-Programme, die sich ebenfalls anbieten würden.
Sozialausschuss unterstützt neue Wohnformen für pflegebedürftige Menschen
Stuttgart. Auf Antrag der SPD-Fraktion befasste sich der Ausschuss für Soziales und Integration des Landtags in seiner Sitzung am Donnerstag, 24.September 2020, mit der Weiterentwicklung neuer Wohnformen für pflegebedürftige Menschen. Fraktionsübergreifend wurden dabei Modellprojekte begrüßt, die die Grenzen zwischen ambulanter und stationärer Versorgung durchbrechen, berichtete der Ausschussvorsitzende Rainer Hinderer (SPD). Nun komme es darauf an, diese Modellprojekte auch in die Regelversorgung zu überführen, damit möglichst viele Menschen von den neuen Ansätzen profitieren können.
Als besonders gelungenes Beispiel für neues Denken in der Pflege stellte der Antrag das Modellvorhaben Ambulantisierung der Hausgemeinschaften der BeneVit Holding in Wyhl vor. Das dortige Pflegekonzept unterscheidet zwischen stationären Grund- und ambulanten Wahlleistungen. Letztere umfassen überwiegend individuelle und frei wählbare Leistungen für die pflegebedürftigen Menschen wie zum Beispiel Körperpflege und Wäscheversorgung. Diese Leistungen können vom hauseigenen ambulanten Pflegedienst von BeneVit, von einem externen Pflegedienst und von Angehörigen erbracht werden. Die Wahlfreiheit gilt als eine wesentliche Ursache für die nachgewiesen hohe Zufriedenheit der pflegebedürftigen Menschen im Modellprojekt.
Die SPD-Vertreter verwiesen in der Ausschusssitzung nach Angaben des Vorsitzenden Rainer Hinderer darauf, dass das Wyhler Modellprojekt landesweit auf reges Interesse stoße. Mehrere Nachahmer stünden bereits in den Startlöchern. Deshalb komme es nun darauf an, dieses und weitere vergleichbare Modellprojekte möglichst bald im Sozialgesetzbuch XI (Soziale Pflegeversicherung) zu fundieren. Da dies auf sich warten lasse, verweigerten einige Pflegekassen die Kostenübernahme für einen Betrieb in der Regelversorgung. Die SPD-Fraktion habe Sozialminister Manfred Lucha (Grüne) aufgefordert, entsprechend auf die Bundesregierung einzuwirken, damit diese das SGB XI rasch anpasse, sagte Hinderer.
Vertreter der Regierungsfraktionen wie auch der Opposition lobten nach Angaben Hinderers die vorgestellten Modellprojekte mit dem Ziel, die bisher starren Grenzen zwischen ambulanter und stationärer Versorgung aufzubrechen. Minister Lucha stellte in der Sitzung ebenfalls klar, dass er die Modellprojekte wie bisher nach Kräften unterstützen werde. Es brauche eine möglichste „breite Palette“ an Wohnformen in der pflegerischen Versorgung, um den unterschiedlichen Bedürfnissen und Bedarfen der Menschen gerecht zu werden. Von Seiten des Landes seien alle gesetzlichen Vorgaben erfüllt, um Modellprojekte wie in Wyhl in den Regelbetrieb zu überführen. Er werde beim Bund auf eine Änderung des SGB XI drängen und sich auch in der Gesundheitsministerkonferenz für dieses Ziel einsetzen. Zugleich verwies der Minister darauf, dass die soziale Pflegeversicherung auch finanziell neu aufgestellt werden müsse, weil eine bessere Versorgung der Menschen personalintensiver und damit teurer sei.
Ebenfalls auf Antrag der SPD-Fraktion erörterte der Ausschuss für Soziales und Integration den Stand der Umsetzung des Landespflegestrukturgesetzes. Es sieht unter anderem vor, Modellvorhaben zur kommunalen Beratung Pflegebedürftiger und ihrer Angehörigen einzurichten. Das Stichwort lautet: Modellkommunen Pflege. In den betreffenden Kommunen sollen Angebote rund um Themen wie beispielsweise Altenhilfe, Hilfe zur Pflege, Eingliederung, Wohnen und rechtliche Betreuung gebündelt werden. Die SPD-Fraktion habe die Frage aufgeworfen, ob Sozialminister Lucha bei den Kommunen ausreichend für das Vorhaben werbe, berichtete der Ausschussvorsitzende Rainer Hinderer. Diese Frage scheine berechtigt, da sich bisher keine Kommune gemeldet habe, um Modell zu stehen.
Die FDP/DVP-Fraktion habe in diesem Zusammenhang die Vermutung geäußert, dass den Kommunen das Programm schlicht nicht passe und sie folglich eine „Zwangsbeglückung“ ablehnten, so Hinderer. Die AfD habe vermutet, der bürokratische Aufwand für die Kommunen sei womöglich zu hoch.
Seitens der Regierungsfraktionen sei der Hinweis gekommen, dass die Kommunen angesichts der Corona-Pandemie kaum Kapazitäten hätten, das Thema anzugehen. Minister Lucha selbst verwies darauf, dass er mit Städten und Kreisen intensiv über das Thema spreche. Er sei zuversichtlich, dass sich am Ende zwei bis drei Modellkommunen Pflege finden.
Finanzausschuss befasst sich mit Mehrausgaben des Landes durch Corona-Krise
Stuttgart. Das Land Baden-Württemberg will die Kreditermächtigung in Höhe von fünf Milliarden Euro zur Bewältigung der Folgen der Corona-Pandemie in den kommenden Wochen vollständig in Anspruch nehmen. Das wurde in der Sitzung des Finanzausschusses des Landtags am Donnerstag, 24. September 2020, be-kannt, wie der Vorsitzende des Gremiums, der SPD-Abgeordnete Rainer Stickel-berger, mitteilte. Finanzstaatssekretärin Gisela Splett habe den Abgeordneten mitgeteilt, dass die vierte Milliarde am 2. September 2020 aufgenommen worden sei. Es werde damit gerechnet, die fünfte Milliarde im Oktober aufzunehmen. Au-ßerdem habe das Ministerium Zahlen zu erwarteten Verlusten von Unternehmen mit Landesbeteiligung genannt.
Der Finanzausschuss hat in der Sitzung auf Antrag der Fraktionen SPD, AfD und FDP/DVP über Hilfspakete und Mehrausgaben des Landes im Rahmen der Corona-Krise beraten. Das Finanzministerium habe in der Sitzung auf Nachfrage mitgeteilt, dass sich die bewilligten Landesmittel aus der Rücklage für Haushaltsrisiken auf derzeit rund vier Milliarden Euro beliefen. Davon seien bislang rund 1,3 Milliarden Euro abgeflossen. Bei Bundesmitteln sei in rund drei Milliarden Euro eingewilligt worden, wovon bislang etwa 2,3 Milliarden Euro abgeflossen seien, sagte Stickelberger.
Im Bereich der Unternehmen mit Landesbeteiligung seien von der Corona-Pandemie insbesondere die Flughäfen, die Landesmesse sowie die Spielbanken betroffen. Staats-sekretärin Splett habe den Abgeordneten mitgeteilt, dass für die Landesflughäfen im Jahr 2020 Verluste von insgesamt rund 100 Millionen Euro erwartet würden. Anfang Juli sei man noch von rund 45 Millionen Euro ausgegangen. Auch die Landesmesse rechne aufgrund der ausbleibenden Veranstaltungen mit Mindereinnahmen, die sich auf voraus-sichtlich 25 Millionen Euro belaufen. Bei den Spielbanken werde ebenfalls mit einem ne-gativen Ergebnis gerechnet.
Darüber hinaus hat sich das Gremium laut Stickelberger über die Ausgaben bei ver-schiedenen Corona-Hilfspaketen informiert. Nach Angaben des Finanzministeriums setz-ten sich die Ausgaben für das Corona-Hilfspaket II folgendermaßen zusammen: 775 Mil-lionen Euro für branchenunabhängige Corona-II-Hilfen, 330 Millionen Euro für Gastro-nomie und Hotellerie, 200 Millionen Euro für den ÖPNV, 40 Millionen Euro für Busunter-nehmen, 40 Millionen Euro für Kunst und Kultur, 50 Millionen Euro für Vereine sowie 65 Millionen Euro für die Ausstattung der Schulen mit digitalen Endgeräten für bedürftige Schüler.
Für das Soforthilfeprogramm I für Soloselbstständige, Angehörige der freien Berufe und Unternehmen mit bis zu zehn Beschäftigten seien dem Land vom Bund Mittel in Höhe von 1.590 Millionen Euro zugeflossen. Im Zusammenhang mit dem vom Bund aufgesetz-ten Gesundheitsfonds seien dem Land insgesamt Mittel in Höhe von 775 Millionen Euro zugegangen. Die Krankenhäuser hätten bislang Mittel in Höhe von 478 Millionen Euro erhalten, insbesondere als Ausgleich für die Verschiebung von planbaren Operationen und Eingriffen sowie als Zuschuss zu vorgehaltenen Intensivbetten.
Wirtschaftsausschuss erörtert Kosten des Baden-Württemberg-Pavillons auf der Expo in Dubai
Stuttgart. Auf Antrag der SPD-Fraktion befasste sich der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau des Landtags in seiner öffentlichen und per Live-Stream übertragenen Sitzung am Mittwoch, 23. September 2020, mit den Kosten für den Bau und Betrieb des Baden-Württemberg-Pavillons auf der Expo in Dubai. Das Wirtschaftsministerium bezifferte die Kosten in der Sitzung auf insgesamt 15,075 Millionen Euro und bezog Stellung zu den darin enthaltenen Mehrkosten gegenüber den ursprünglichen Planungen.
In der Sitzung seien seitens der SPD schwere Vorwürfe gegen Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) erhoben worden, berichtete der Ausschussvorsitzende Dr. Erik Schweickert (FDP/DVP). So habe die SPD-Fraktion geäußert, das Ministerium habe die Planungen für den Pavillon auf der Expo in Dubai „miserabel“ gemanagt. Deshalb stünden mittlerweile Kosten in Höhe von 15 Millionen Euro im Raum statt der ursprünglich angesetzten 2,8 Millionen Euro.
Die Wirtschaftsministerin sei aufgefordert worden, die Kostenentwicklung umfassend aufzuklären. Sie möge zudem darlegen, wie gut die Chancen dafür sind, weitere Sponsoren für den Pavillon zu gewinnen, um auch auf diesem Wege die Kosten für das Land zu senken. Darüber hinaus habe die SPD Aufklärung bezüglich der im Zusammenhang mit dem Bau und Betrieb des Baden-Württemberg-Pavillons abgeschlossenen Verträge verlangt, die zu den erheblichen Mehrkosten für das Land geführt hätten, sagte Dr. Schweickert. Es müsste klar werden, wieso das Land inzwischen für ein Projekt verantwortlich sei, welches eigentlich durch eine unabhängige Projektgesellschaft durchgeführt werden sollte.
Seitens der Regierungsfraktionen habe Ministerin Hoffmeister-Kraut Unterstützung erhalten, berichtete Dr. Schweickert. Der Antrag sei zu „reißerisch“ formuliert, habe es geheißen. Es bestehe die Gefahr, ein Projekt zu beschädigen, das weiter große Chancen für das Land biete. Regierungsfraktionen und Landesregierung stünden weiter zu dem Projekt. Zugleich sei von der Grünen-Fraktion die Frage an die Ministerin gestellt worden, wie sie das Projekt künftig rechts- und kostensicher umzusetzen gedenke, so Dr. Schweickert.
Wirtschaftsministerin Hoffmeister-Kraut wies den Vorwurf des Missmanagements zurück. Sie habe das Projekt inzwischen neu aufgestellt, sie verspreche ein „transparentes Kostenmanagement“. Die Ministerin erklärte in der Sitzung, die Präsenz auf der Expo in Dubai sei eine „einmalige Chance“ für das Land. Deshalb gebe es in ihrem Haus wie auch in der Landesregierung weiter eine „positive Grundeinschätzung“ zu dem Projekt.
Wegen der Corona-Pandemie sei die Expo auf Oktober 2021 verschoben worden. Es gebe die berechtigte Hoffnung, dass die Pandemie zu diesem Zeitpunkt überwunden sein und das Land dann von einer weltweiten wirtschaftlichen Aufbruchsstimmung profitieren könnte, indem es sich in Dubai mit all seinen Stärken und seiner Innovationskraft zeige.
Innenausschuss stimmt ebenfalls mehrheitlich für neues Polizeigesetz
Stuttgart. Nach dem Ständigen Ausschuss empfiehlt auch der Ausschuss für Inneres, Digitalisierung und Migration dem Landtagsplenum, dem neuen baden-württembergischen Polizeigesetz zuzustimmen. Das Gremium votierte mit den Stimmen von Grünen und CDU für den Gesetzentwurf. Die Fraktionen SPD, AfD und FDP/DVP stimmten dagegen, wie der Ausschussvorsitzende Karl Klein (CDU) nach der Abstimmung am Mittwoch, 23. September 2020, mitteilte. Die Zweite Beratung und Abstimmung über den Gesetzentwurf ist für die Plenarsitzung am 30. September 2020 vorgesehen.
Klein zufolge beschloss der Ausschuss einstimmig einen Änderungsantrag der Fraktionen Grüne und CDU, mit dem der Gesetzentwurf geringfügig geändert werden soll. Hintergrund sei ein erst am 17. Juli 2020 veröffentlichter Beschluss des Bundesverfassungsgerichts, das mehrere bundesrechtliche Regelungen zur Bestandsdatenauskunft für verfassungswidrig erklärt habe. Die vom Gericht festgestellte Pflicht zur Dokumentation der Entscheidungsgrundlage beim Abruf von Bestandsdaten sei in dieser Form nicht im Gesetzentwurf enthalten und solle nun noch ergänzt werden. Wie bereits der Ständige Ausschuss habe auch der Innenausschuss mehrere Anträge der Fraktionen SPD und FDP/DVP, die sich etwa gegen den Einsatz von Bodycams in Wohnungen richten, abgelehnt, berichtete der Ausschussvorsitzende.
Stuttgarter Krawalle, Y. R. in Oppenau und antisemitische Gewalttat in Heidelberg
Stuttgart. Der Innenausschuss des Landtags hat sich in seiner Sitzung am Mittwoch, 23. September 2020, mit drei aktuellen Ermittlungsverfahren in Baden-Württemberg befasst. „Dazu berichtete Innenminister Thomas Strobl (CDU) dem Gremium über den aktuellen Stand der Aufarbeitung der Stuttgarter Krawallnacht, die Ermittlungen gegen Y. R in Oppenau und eine mutmaßliche gefährliche Körperverletzung gegen eine jüdische Person bei einer Feier der Burschenschaft Normannia in Heidelberg“, teilte der Ausschussvorsitzende Karl Klein (CDU) mit.
Im Fall Y. R. in Oppenau ist nach Angaben Kleins eine Anklageerhebung für Oktober 2020 zu erwarten. Der derzeitige Tatvorwurf laute räuberische Erpressung. Außerdem stehe der Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung im Raum, da der Verdächtige bei seiner Festnahme einen SEK-Beamten mit einem Beil verletzt habe. Der Tatverdächtige gelangte am 12. Juli 2020 in den Besitz von vier Polizeidienstwaffen, nachdem er die Beamten mit einer echt wirkenden Handfeuerwaffe bedroht habe. Wie die Ermittlungen ergeben hätten, habe es sich dabei um eine Schreckschusswaffe gehandelt. Eine Unterscheidung zu einer echten Schusswaffe sei den Einsatzkräften in der Situation nicht möglich gewesen. Bis zur Festnahme von Y. R. am 17. Juli seien insgesamt rund 2.650 Polizisten im Einsatz gewesen.
Bislang seien durch das Polizeipräsidium Offenburg und die Staatsanwaltschaft rund 350 Hinweise bearbeitet und 130 Vernehmungen durchgeführt worden. Der Tatverdächtige befinde sich weiterhin in Untersuchungshaft. In Abstimmung mit seinem Anwalt habe er bislang keine Einlassungen zur Tat gemacht, berichtete Karl Klein.
Außerdem befasste sich das Ausschuss mit Ermittlungen wegen einer gefährlichen Körperverletzung, die bei einer Feier der Burschenschaft Normannia in Heidelberg begangen worden sein soll. Nach Angaben Kleins wird derzeit durch das Polizeipräsidium Mannheim und die Staatsanwaltschaft Heidelberg ein Ermittlungsverfahren gegen acht Personen geführt. Diese stünden im Verdacht, einen 25-jährigen Mann körperlich misshandelt und antisemitisch beleidigt zu haben. Der Mann habe am 29. August 2020 eine Verbindungsfeier der Burschenschaft Normannia besucht. Auf eine Frage hin habe er erklärt, dass er jüdische Wurzeln habe. Kurz darauf sei er antisemitisch beleidigt, mit Münzen beworfen und mit Gürteln auf Beine und Rücken geschlagen worden.
Im Zuge der Ermittlungen seien 27 Teilnehmer der Feier bekannt geworden, von denen acht beschuldigt werden, an den Straftaten beteiligt gewesen zu sein. Am 2. September sei ein vom Amtsgericht Heidelberg erlassener Durchsuchungsbeschluss vollstreckt worden. Dabei seien umfassende Beweismittel sichergestellt worden. Im Jahr 2019 seien insgesamt 7.621 Fälle von gefährlicher Körperverletzung erfasst worden. Doch gerade dieser Fall sei aufgrund seines Hintergrundes und seiner Bedeutung für die Polizei Baden-Württemberg alles andere als gewöhnlich. Das Polizeipräsidium Mannheim setze daher über zehn Ermittler ein, sagte Karl Klein.
In diesem Zusammenhang habe Innenminister Strobl darauf hingewiesen, dass gemeinsam mit den Israelitischen Religionsgemeinschaften die Verteilung der vom Landtag zusätzlich bewilligten Mittel in Höhe von einer Million Euro im Jahr 2019 sowie weiterer 500.000 Euro für das Jahr 2020 zum besseren Schutz von jüdischen Einrichtungen geregelt worden sei. „Der Ausschuss war sich einig, dass jeder Form von Antisemitismus entschlossen entgegengetreten werden muss. Es werde alles darangesetzt, um die Sicherheit und das Sicherheitsgefühl der jüdischen Bürgerinnen und Bürger im Land zu stärken“, so Karl Klein.
Zudem befasste sich der Innenausschuss erneut mit den Ausschreitungen in der Stuttgarter Innenstadt. Mittlerweile bestehe gegen 88 Tatverdächtige ein konkreter Verdacht. Gegen fünf weitere Personen werde wegen Folgetaten wie Hehlerei ermittelt. Die Tatverdächtigen seien jung, meist männlich und kämen aus Stuttgart oder dem näheren Umland. 68 Prozent der Tatverdächtigen hätten die deutsche Staatsangehörigkeit, etwa drei Viertel der deutschen Tatverdächtigen hätten einen Migrationshintergrund. 72 Prozent der ermittelten Tatverdächtigen seien bereits in der Vergangenheit durch Straftaten polizeilich in Erscheinung getreten. In über der Hälfte der Fälle habe die Polizei Haftbefehle erwirken können. 40 Prozent der 45 ausgestellten Haftbefehle seien derzeit in Vollzug. Die meisten der Inhaftierten befänden sich in Stuttgart-Stammheim. Die Tatvorwürfe seien Beleidigung, Körperverletzung, besonders schwerer Landfriedensbruch und versuchter Totschlag. Die Ermittler gingen derzeit nicht von geplanten oder organisiert ausgeübten Taten aus, so Klein.
Ständiger Ausschuss stimmt mehrheitlich für neues Polizeigesetz
Stuttgart. Der Ständige Ausschuss empfiehlt dem Landtagsplenum, dem neuen baden-württembergischen Polizeigesetz zuzustimmen. In seiner Sitzung am Dienstag, 22. September 2020, votierte das Gremium mit den Stimmen von Grünen und CDU für den Gesetzentwurf. Die Fraktionen SPD, AfD und FDP/DVP stimmten dagegen, wie der Ausschussvorsitzende Dr. Stefan Scheffold (CDU) mitteilte. Der federführende Innenausschuss, dessen Zustimmung ebenfalls erforderlich ist, will am Mittwoch, 23. September 2020, über den Gesetzentwurf beraten.
„Mit dem Gesetzentwurf verfolgt die Landesregierung das Ziel, neue oder ausdrückliche polizeiliche Rechtsgrundlagen zu schaffen“, sagte Stefan Scheffold. Dazu gehöre unter anderem die Personenfeststellung sowie die Durchsuchung von Personen und Sachen bei Großveranstaltungen, die ein besonderes Gefährdungsrisiko aufweisen. Außerdem solle der Einsatz von Bodycams künftig auch in Wohnungen, Arbeits-, Betriebs- und Geschäftsräumen erlaubt sein.
Darüber hinaus sehe der Gesetzentwurf neue Rechtsgrundlagen für Gefährderansprachen, die Speicherung von Notrufen und polizeiliche Datenabgleiche zum Zwecke der Durchführung von Zuverlässigkeitsüberprüfungen bei Großveranstaltungen oder im Zusammenhang mit öffentlichen Liegenschaften vor. Zudem solle das Polizeigesetz an neue datenschutzrechtliche Vorgaben der EU sowie an die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Bundeskriminalamtsgesetz und zum Einsatz automatischer Kennzeichenlesesysteme angepasst werden, so der Ausschussvorsitzende.
Unterschiedliche Auffassungen vertreten die Fraktionen laut Scheffold vor allem beim geplanten Einsatz von Bodycams in Wohnungen sowie bei der Identitätsfeststellung und Durchsuchung von Personen bei Großveranstaltungen. Die Oppositionsfraktionen hätten in der Ausschusssitzung verfassungsrechtliche Bedenken geäußert und in diesem Zusammenhang auf die öffentliche Anhörung von Rechtsexperten verwiesen, die sich teilweise kritisch zu dem Gesetzesvorhaben geäußert hätten. Die Opposition sehe insbesondere beim geplanten Bodycam-Einsatz in Wohnungen sowie bei den geplanten Befugnissen der Polizei bei Großveranstaltungen starke Grundrechtseingriffe. Mehrere von den Fraktionen SPD und FDP/DVP eingebrachte Änderungsanträge lehnte der Ausschuss mehrheitlich ab. Die Regierungsfraktionen hätten betont, dass der Gesetzentwurf verfassungskonform sei, fasste der Ausschussvorsitzende die Positionen zusammen.
Präsidentin Aras: „Europa verliert seine Glaubwürdigkeit, wenn es jetzt nicht entschlossen handelt und das Elend im Flüchtlingslager Moria beendet.“
Stuttgart/Brüssel. In einem Schreiben an den Präsidenten des Europäischen Ausschusses der Regionen (AdR), Apostolos Tzitzikostas, sprach sich Landtagspräsidentin Muhterem Aras (GRÜNE) als baden-württembergisches Mitglied am Montag, 14. September 2020, für mehr Solidarität mit den geflüchteten Menschen im Lager Moria auf Lesbos aus. „Diese Zustände sind mit unseren europäischen Werten nicht vereinbar. Die Lage macht mir unsere gemeinsame Verantwortung für die geflüchteten Menschen noch deutlicher. Wir müssen das Elend endlich beenden“, so Aras.
Die Situation im Flüchtlingslager Moria nahm Aras zum Anlass, sich bei der Präsidiumssitzung des AdR am 11. September 2020 mit eindringlichen Worten an alle Teilnehmenden zu wenden. „Leider haben uns die letzten Tage gezeigt, dass in der Flüchtlingskrise die Dinge aus dem Ruder laufen. Die schrecklichen Bilder aus dem Lager Moria erschüttern mich sehr“, so Aras. „Die Zustände auf Lesbos sind mit unseren europäischen Werten nicht vereinbar. Europa verliert seine Glaubwürdigkeit, wenn es jetzt nicht entschlossen handelt.“
Anknüpfend an diesen Appell forderte Aras in einem Schreiben an den Präsidenten des AdR, Apostolos Tzitzikostas, ein gemeinsames Bekenntnis der Vertreterinnen und Vertreter der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften im AdR. „Der AdR soll ein Zeichen setzen und sich für die Aufnahme von Flüchtlingen aussprechen“, so Aras. „Deutsche Regionen und Kommunen haben schon ihre Bereitschaft erklärt, Flüchtlinge aufzunehmen. Wir müssen jetzt alle zusammen entschlossener handeln.“
Präsidentin Aras: „Zur Bewältigung der Krise brauchen wir an den richtigen Stellen nicht weniger, sondern mehr Europa.“
Stuttgart/Brüssel. Landtagspräsidentin Muhterem Aras (GRÜNE) hat als baden-württembergisches Mitglied an der Präsidiumssitzung des Europäischen Ausschusses der Regionen (AdR) am 11. September 2020 teilgenommen. Schwerpunkte waren insbesondere die Folgen der COVID-19-Pandemie für die Zukunft Europas und für eine bessere Rechtsetzung auf EU-Ebene. „Die Folgen der Pandemie können wir nur gemeinsam bewältigen. Eine engere europäische Kooperation gehört für mich dazu“, so Aras.
Landtagspräsidentin Aras sprach sich in der Diskussion zur Zukunft Europas nach der COVID-19-Krise und mit Blick auf die aktuellen Ereignisse in Moria für mehr Solidarität, Zusammenarbeit und Rechtsstaatlichkeit aus. „Wir brauchen an den richtigen Stellen nicht weniger, sondern mehr Europa. Das gilt vor allem für die grenzüberschreitende Pandemiebekämpfung, für Versorgungssicherheit von Medikamenten und Schutzausrüstung und für den Katastrophenschutz sowie für die Flüchtlingshilfe“, führte Aras aus. „Die Konferenz zur Zukunft Europas, die derzeit zwischen der Europäischen Kommission, dem Europäischen Parlament und dem Rat vorbereitet wird, muss sich mit diesen Fragen befassen“, forderte die Landtagspräsidentin.
Ein wichtiges Anliegen war Muhterem Aras auch, die Sicht der Regionalparlamente als Mittler zwischen den Bürgerinnen und Bürgern und der EU-Ebene in die Diskussionen zur Zukunft Europas einzubringen.
Bei den Diskussionen über eine bessere Rechtsetzung auf EU-Ebene lobte die Präsidentin die guten Erfahrungen mit dem Projekt der „Regional Hubs“ des AdR. „Mit dem nun fast zweijährigen Pilotbetrieb ist es gelungen, eine tolle europaweite Struktur aufzubauen und die Erfahrungen der Regionen bei der Anwendung des EU-Rechts noch besser einzubeziehen. Das ist in der Corona-Krise noch wichtiger als bisher.“
Hintergrund:
Seit 2015 betreibt die Europäische Kommission einen strukturierten Prozess, in dem sie allen von der EU-Rechtsetzung Betroffenen die Möglichkeit eröffnet, sich zu beteiligen. Unter dem Dach des AdR entstanden in einer ersten zweijährigen Pilotphase (2019 bis 2020) insgesamt 36 solcher „Regional Hubs“ mit Ansprechpartnern in der öffentlichen Verwaltung. Sie sollen durch Rückkoppelung mit ihren Regionen und Kommunen dafür sorgen, dass diese besser auf EU-Ebene einbezogen werden.
Baden-Württemberg ist durch das Staatsministerium als Projektpartner im Rahmen der Internationalen Bodenseekonferenz (IBK) an den „Regional Hubs“ des AdR von Anfang an beteiligt.
Finanzausschuss bewilligt Mehrausgaben zur Bewältigung der Corona-Krise
Stuttgart. Zur Bewältigung der Folgen der Corona-Krise hat der Finanzausschuss des Landtags in der parlamentarischen Sommerpause mehrere pandemie-bedingte Mehrausgaben bewilligt. Die im Zuge des Umlaufverfahrens mehrheitlich beschlossenen Mehrausgaben betreffen Corona-Tests für Reiserückkehrer an Flughäfen, den ÖPNV sowie gemeinnützige Vereine und zivilgesellschaftliche Organisationen. „Der Finanzausschuss ist auch während der parlamentarischen Sommerpause handlungsfähig und hat zügig den dringend benötigten Mehraus-gaben zugestimmt, um die Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen im Land in dieser schweren Zeit zu unterstützen“, sagte der Ausschussvorsitzende Rainer Stickelberger (SPD) am Mittwoch, 19. August 2020.
Das vom Landtag beschlossene Gesetzes über den Erlass infektionsschützender Maß-nahmen, das zum 31. Juli 2020 in Kraft getreten ist, sieht vor, dass eine Entnahme von Mitteln aus der Rücklage für Haushaltsrisiken, die im Einzelfall einen Betrag von 7,5 Mil-lionen Euro überschreitet, die Zustimmung des Finanzausschusses benötigt. In drei Fällen habe die Landesregierung daher den Finanzausschuss um Zustimmung gebeten.
Im Fall der Corona-Teststationen an den Flughäfen Stuttgart, Baden-Airpark und Bodensee-Airport geht die Regierung von zusätzlichen Kosten in Höhe von 12,9 Millionen Euro im Zeitraum von 1. August 2020 bis 31. März 2021 aus. „Dazu zählen etwa Kosten für Reinigung und Desinfektion, Personalkosten für Assistenzkräfte und Sicherheitspersonal, Wegweiser, Schutzausrüstung wie Masken, Handschuhe und Kittel, Material für die Entnahme des Abstrichs sowie die Tests“, sagte Rainer Stickelberger. Die Kosten für Einrichtung und Infrastruktur am Flughafen Stuttgart belaufen sich voraussichtlich auf 6,6 Millionen Euro, am Baden-Airpark und Bodensee-Airport auf 991.323 Euro. Für die Tests werden Kosten in Höhe von 4,9 Millionen Euro veranschlagt sowie 367.500 Euro für Schutzausrüstung und Material für die Abstrichentnahme.
Für Vereine und zivilgesellschaftliche Organisationen, die aufgrund der Corona-Pandemie unverschuldet in Existenznot geraten sind oder zu geraten drohen und bislang keine corona-bedingte finanzielle Unterstützung erfahren haben und nicht durch die Hilfspakete anderer Ressorts aus dem Corona-Soforthilfepaket II unterstützt werden, möchte die Regierung insgesamt 15 Millionen Euro zur Verfügung stellen. „Das Hilfspaket soll die Vereine mit ihren wertvollen Aktivitäten vor einer pandemiebedingten drohenden Zahlungsunfähigkeit oder dem dauerhaften Wegbrechen bewahren“, erklärte der Ausschussvorsitzende. Die Umsetzung des Hilfspakets solle mit Inkrafttreten der Verwaltungsvorschrift am 22. August 2020 beginnen. Jeder Antragsteller solle mit maximal 12.000 Euro unterstützt werden. Unter Berücksichtigung des Aufwandsersatzes des Regierungspräsidiums Tübingen könnten damit mindestens 1.243 Antragsteller unterstützt werden. Die Antragsfrist solle bis 21. Oktober 2020 laufen.
Der Ministerrat hat nach Angaben Stickelbergers in seiner Sitzung am 28. Juli 2020 dem Rettungsschirm ÖPNV zugestimmt. Aktuell gehe es um die Entnahme der für das Land Baden-Württemberg vom Bund für den Rettungsschirm ÖPNV zur Verfügung gestellten zusätzlichen Regionalisierungsmittel in Höhe von rund 278 Millionen Euro. In einem zweiten Schritt werde eine weitere Entnahme über die vorgesehenen Landesmittel in Höhe von bis zu 150 Millionen Euro zu beantragen sein.
Aufgrund der Corona-Pandemie sei seit Mitte März 2020 die Nachfrage im Öffentlichen Personennahverkehr sehr stark zurückgegangen. Es werde davon ausgegangen, dass sich die Nachfrage nur schrittweise erholt und das Nachfrageniveau der Vor-Corona-Zeit erst im Laufe des Jahres 2021 wieder erreicht werden könne. Damit verbunden seien erhebliche Mindereinnahmen der ÖPNV-Unternehmen bei den Fahrgeldeinnahmen. Die bundesweit erstellte Prognose zu diesen Mindereinnahmen im ÖPNV gehe von fehlenden Einnahmen im Jahr 2020 von rund 480 Millionen Euro in Baden-Württemberg aus, rund ein Drittel des regulären Jahresumsatzes im Land. Ohne einen finanziellen Ausgleich der fehlenden Einnahmen durch die öffentliche Hand wären erhebliche Betriebseinschränkungen im Fahrplanangebot, drastische Fahrpreiserhöhungen sowie Betriebsinsolvenzen der ÖPNV-Unternehmen die zwingende Folge, so Stickelberger.
Daher sei ein Rettungsschirm aus Mitteln des Landes und des Bundes vorgesehen. Das Land beteilige sich mit bis zu 200 Millionen Euro an diesem Rettungsschirm. Ergänzend stelle die Bundesregierung 2,5 Milliarden Euro zur Verfügung, die in die ÖPNV-Rettungsschirme der Länder einfließen. Die Höhe der auf Baden-Württemberg entfallenden Mittel lässt sich erst im Jahr 2021 final feststellen. Es ist von 250 bis 300 Millionen Euro für Baden-Württemberg auszugehen. Das Land Baden-Württemberg habe vom Bund am 14. August 2020 zunächst rund 278 Millionen Euro für die Abwicklung des Rettungsschirms erhalten, die der Rücklage für Haushaltsrisiken zugeführt worden seien. Das Verkehrsministerium habe nun die vollständige Entnahme beantragt
Präsidentin Aras: „Beeindruckendes ehrenamtliches Engagement ist Einsatz für unsere Demokratie“
Stuttgart. „Ich bin schwer beeindruckt vom ehrenamtlichen Engagement vieler Menschen, die sich in bemerkenswerter Weise für unsere Demokratie, für unsere Gesellschaft einsetzen. Die Gedenkstättenarbeit ist enorm wichtig, denn Verdrängen ist keine Lösung. Nur wenn wir alle genau hinsehen, wenn wir verstehen, was damals geschah, wie und warum es geschah, nur dann können wir uns wehren gegen Rassismus, gegen Rechtsextremismus und gegen Antisemitismus.“ So lautet das Fazit von Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) nach Abschluss ihrer Gedenkstättenreise 2020. Ihre Tour durch Nordwürttemberg führte sie zum Auftakt am Montag, 27. Juli, in die Zentrale Stelle in Ludwigsburg und in die ehemalige Synagoge in Affaltrach und am 28. Juli 2020 in die KZ-Gedenkstätte Hessental sowie in das Rabbinatsmuseum Braunsbach.
Aras freut sich, dass im Landtag große Einigkeit darüber besteht, wie wichtig Gedenkstättenarbeit ist. Dieser Dank drücke sich nicht nur in Würdigung der Arbeit aus, sondern auch in monetärer Wertschätzung. „Der Landtag hat die Mittel für die Arbeit der rund 70 Gedenkstätten im Land von 220.000 Euro im Jahr 2011 auf 2,2 Millionen Euro im Haushaltsjahr 2021 erhöht“, so die Präsidentin. Gedenkstätten sind Aras zufolge heute wichtiger denn je. „Wer unsere Demokratie, unser Grundgesetz, unsere politische Kultur verstehen will, der muss sich mit der Ideologie des Nationalsozialismus und seinen Folgen beschäftigen. Die Grundwerte unserer Verfassung sind eine Reaktion auf unermessliches Leid, menschenverachtende Gewalt, Unterdrückung und Vertreibung. Eine Reaktion des ‚Nie wieder‘. Daran müssen wir festhalten und dazu brauchen wir Gedenkstätten.“
Ihre Gedenkstättenreise habe ihr wieder einmal vergegenwärtigt, dass die Gedenkstätten oftmals zunächst gegen den Widerstand der Menschen vor Ort zu kämpfen hatten, so etwa in Affaltrach. Auf Initiative von Bürgerinnen und Bürgern, mit Heinz Deininger an der Spitze, ist heute mit dem Museum in der ehemaligen Synagoge ein Ort des Erinnerns, der Begegnung und des Austauschs geschaffen worden. „Mit Konzerten, Filmen und Kinderprogrammen wird ein Stück jüdische Kultur wieder sichtbar gemacht und bereichert so unsere Gesellschaft“, betont Aras.
Folker Förtsch und weitere Mitglieder der Initiative KZ-Gedenkstätte Hessental e.V. begrüßen die Delegation der Landtagspräsidentin in Schwäbisch Hall-Hessental. Regelmäßig werden dort öffentliche Führungen und Informationsveranstaltungen angeboten. Um diese durchzuführen, müssen die Ehrenamtlichen meist Urlaub nehmen. „Das beschäftigt mich schon, dass Engagierte ihren Urlaub einbringen, um Gedenkstättenarbeit zu leisten“, so Landtagspräsidentin Muhterem Aras. „Es ist eine Sache, über das nationalsozialistische Prinzip der Vernichtung durch Arbeit zu lesen. Es ist aber etwas ganz Anderes, an dem Ort zu stehen, an dem das Prinzip verwirklicht wurde, auf den Fotos in die Gesichter zu blicken und die Namen der Opfer zu lesen“, betont sie. Die Arbeit der Engagierten könne nicht hoch genug geschätzt werden. „Sie zeigen, was war, damit es nie wieder geschieht. Sie zeigen Schatten, damit wir das Licht verstehen, das Licht wertschätzen.“
„Die heute noch sichtbaren, zahlreichen Verflechtungen von jüdischer und christlicher Kultur sind ein Symbol für friedliches Zusammenleben, Toleranz und gegenseitige Achtung bevor Rassendenken der NS-Ideologie das Zusammenleben vergiftete“, sagt Landtagspräsidentin Muhterem Aras im Rabbinatsmuseum Braunsbach. Dort stehen Elisabeth M. Quirbach (Erste Vorsitzende von Kultur im Rabbinat Förderverein e.V.), Hans K. Schulz (Schriftführer) sowie Hans Hennerich für anregende Gespräche zur Verfügung und geben Einblicke in ihre ehrenamtliche Tätigkeit. Sie nehmen die Delegation mit auf einen kurzen Spaziergang auf dem Jüdischen Kulturweg Hohenlohe-Tauber. Eine breit verankerte, in die Zukunft weisende Erinnerungskultur ist für die Präsidentin des Landtags von Baden-Württemberg mitentscheidend bei der Gestaltung unserer Gesellschaft. „In Gedenkkultur steckt immer die Herleitung unserer Werte“, zeigt sich Aras überzeugt.
Zum Auftakt ihrer Reise stattete Aras der Zentralen Stelle der Landesjustizverwaltungen zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen in Ludwigsburg einen Besuch ab. „Der Umgang mit Tätern und deren Verfolgung ist ein wesentlicher Teil der Aufarbeitung und Konfrontation mit unserer Geschichte“, sagt Muhterem Aras. Sie berühre vor allem die Frage: „Wie gehen wir mit unserer Geschichte in Zukunft um, wenn nicht nur Zeitzeugen, sondern auch Täter verstorben sind?“ Thomas Will (erster Staatsanwalt) berichtet, dass die Zentrale Stelle zunächst gar nicht gern in Ludwigsburg gesehen wurde, gar als Schandfleck bezeichnet wurde. Die Zentrale Stelle hat die Erinnerungskultur entscheidend geprägt. Sie ist auch ein Beleg für den Reifeprozess unserer Demokratie. Dieses Wissen braucht auch in Zukunft einen Ort, an dem heutige und künftige Generationen sich mit der deutschen Geschichte und ihren Lehren auseinandersetzen können. Davon ist auch Landtagspräsidentin Aras überzeugt.
Vorsitzende Krebs: „Auf Schloss Augustenburg kann gebaut werden“
Stuttgart. Der Petitionsausschuss hat in seiner Sitzung am Donnerstag, 16. Juli 2020, den Weg für das Bauvorhaben Sanierung und Erweiterung Schloss Augustenburg in Karlsruhe-Grötzingen freigemacht. Das hat die Vorsitzende des Gremiums, Petra Krebs (Grüne), mitgeteilt. „Wir sind einstimmig zu der Auffassung gelangt, dass sich die Petition in ihren Kernforderungen erledigt hat. Soweit sie sich gegen den Neubau richtet, kann ihr nicht abgeholfen werden“, erläuterte Krebs.
Zu dieser Erkenntnis sei auch das zuständige Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau in seiner Bewertung gelangt. Bereits im Februar 2019 habe ein Petent um die Überprüfung des Bauvorhabens Sanierung und Erweiterung des Schlosses Augustenburg, einer Senioreneinrichtung, in seiner Nachbarschaft gebeten. Geplant sei dort unter anderem auch ein Neubau auf einer angrenzenden Fläche. Der Petent habe folgende Forderungen erhoben: Die geplanten Anbauten sollten nicht höher als der Bestand sein und die Gesamtanlage solle harmonisch zum Altbestand und zur Umgebung gestaltet sein. Er wandte sich gegen den geplanten Neubau, einen aus seiner Sicht unpassenden Nord-Quader.
Da es sich bei der Augustenburg um ein herausragendes Baudenkmal handelt und es im Spannungsfeld Denkmalschutz, Nachverdichtung, Bedarf an Wohnraum/Pflegeplätzen, Einfügung in die Umgebung unterschiedliche Sichtweisen gibt, hat sich der Petitionsausschuss bei einem Ortstermin Ende Juni 2020 über die Lage informiert. „Die Menschen vor Ort haben erlebt, dass sich der Petitionsausschuss auch nicht von Corona aufhalten lässt und wir uns ernsthaft mit der Thematik auseinandersetzen“, so die Ausschussvorsitzende.
Es sei dargelegt worden, dass im Zuge der Prüfung der Zustimmungsfähigkeit zu dem Bauvorhaben die Denkmalschutzbehörde schon vor längerem mit dem Bauherrn in Abstimmung eingetreten sei. Die zunächst beantragten, zum unmittelbaren Anbau an den historischen Bestand des Kulturdenkmals vorgesehenen Flügelbauten waren in ihrer Höhenentwicklung, Ausdehnung und Gestalt nicht zustimmungsfähig. Hinsichtlich der geplanten Anbauten sei in Nebenbestimmungen zwischen Behörde und Bauherrn festgehalten worden, dass die First- und Traufhöhen der neuen Seitenflügel ebenso wie die Ausbildung des Krüppelwalms mit seiner Traufhöhe von den Bestandsgebäuden zu übernehmen sind. Der Petent habe die von der Denkmalschutzbehörde erreichten Planänderungen gutgeheißen und seine Kernforderung in der Petition hinsichtlich der Anbauten für erledigt erklärt. Seine Bedenken gegenüber einem geplanten Neubau habe er indes aufrechterhalten.
Beim Vororttermin sei deutlich geworden, dass die das Kulturdenkmal umgebende Bebauung nicht im Gestaltungsbereich einer Gesamtanlage im Sinne des Denkmalschutzgesetzes liege. Der geplante Neubau war daher im Hinblick auf den sog. Umgebungsschutz des Schlosses als Kulturdenkmal von besonderer Bedeutung zu beurteilen, wonach mit dem Neubau auch aus verschiedenen Betrachtungswinkeln keine erhebliche Beeinträchtigung des Erscheinungsbildes von Schloss Augustenburg verbunden sein darf. „Hier haben wir erfahren, dass der Umgebungsschutz das Gebäude vor seiner Umgebung schützt, was häufig falsch verstanden wird“, so Petra Krebs.
Vor diesem Hintergrund seien in weiteren Abstimmungsgesprächen der Denkmalschutzbehörde mit dem Bauherrn bauliche Anpassungen für das Neubauvorhaben hinsichtlich seiner äußeren Gestaltung erreicht worden. Von einer erheblichen Beeinträchtigung des Erscheinungsbildes des historischen Baubestandes des Schlosses Augustenburg durch den geplanten Neubau in der Umgebung dieses Kulturdenkmals gehe die Denkmalschutzbehörde der Stadt nach diesen Planänderungen nicht mehr aus. Dies sei beim Vororttermin nochmals erläutert worden.
Umweltausschuss betont: Umwelt und Landwirtschaft stärker zusammenbringen
Stuttgart. Der Ausschuss für Umwelt und Energiewirtschaft hat in seiner Sitzung am Donnerstag, 14. Juli 2020, den Gesetzentwurf der Landesregierung zur Änderung des Naturschutzgesetzes sowie des Landwirtschafts- und Landeskulturgesetzes beraten. „Einige der Änderungen in diesem Gesetzentwurf basieren auf den Forderungen des im März eingereichten Volksantrags“, erklärte Dr. Bernd Grimmer (AfD), der Vorsitzende des Gremiums. Auf Antrag der Fraktionen Grüne und CDU forderte der Ausschuss die Landesregierung mehrheitlich dazu auf, die Schaffung eines Kulturlandschaftsrats zu prüfen sowie in Zusammenarbeit mit dem Handel weitere Maßnahmen zur Vermarktung regionaler Produkte zu ergreifen.
Sowohl die Schaffung des Kulturlandschaftsrats als auch Maßnahmen zur Vermarktung regionaler Produkte, ökologisch sowie konventionell, seien Teil des Volksantrags „Gemeinsam unsere Umwelt schützen“. Weitere Forderungen der Initiatoren dieses Volksantrags seien bereits in den Gesetzesentwurf der Landesregierung eingeflossen. Dasselbe gelte für einzelne Anliegen des Volksbegehrens der Initiative „Rettet die Bienen“, das einen besonderen Fokus auf den Artenschutz in Baden-Württemberg gerichtet habe. Jedoch dürfe der Schutz der Artenvielfalt nicht ausschließlich als Aufgabe der Landwirtschaft angesehen werden.
Der Insektenschutz stehe auch im Gesetzentwurf der Landesregierung im Mittelpunkt, da vom Zustand der Insektenpopulation zahlreiche weitere Arten abhängig seien. So enthalte der Gesetzesentwurf unter anderem ein Verbot von Pestiziden auf naturschutzrechtlich besonders geschützten Flächen. Durch die Umwandlung von konventioneller in biologische Landwirtschaft erhoffe sich das Ministerium einen Beitrag zur generellen Reduktion dieser Mittel. Einen Antrag der SPD-Fraktion, zur Ermittlung dieser Reduktion die Wirkstoffmenge der eingesetzten Pflanzenschutzmittel heranzuziehen, habe das Gremium mehrheitlich abgelehnt.
„Der Ausschuss ist sich darüber einig, dass der flächendeckende Erhalt der heimischen Landwirtschaft von herausragender Bedeutung ist“, so der Vorsitzende des Gremiums. So blicke man mittlerweile anders auf den Mehrwert der regionalen Versorgung, als dies noch vor einem halben Jahr der Fall gewesen sei. So brauche es die Landwirtschaft und die Verbraucher, um den biologischen Anbau auszuweiten. Zudem sei der Erhalt der biologischen Vielfalt im Land nur möglich, wenn zugleich die Rahmenbedingungen für die familiär geführten landwirtschaftlichen Betriebe stimmen würden.
Um die Anliegen der Initiatoren des Volksantrags und des Volksbegehrens umsetzen und unterstützen zu können, stünden im Doppelhaushalt 2020/2021 insgesamt 62 Millionen Euro zur Verfügung.
Landwirtschaftsausschuss beschließt Änderung von Naturschutz- und Landeskulturgesetz
Stuttgart. Der Naturschutz und die Landwirtschaft in Baden-Württemberg werden weiter gestärkt. Der Ausschuss für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz votierte in seiner Sitzung am Mittwoch, 15. Juli 2020, mehrheitlich dafür, dem Plenum zu empfehlen, dem Gesetzentwurf zur Änderung des Naturschutzgesetzes sowie des Landwirtschafts- und Landeskulturgesetzes zuzustimmen, wie der Vorsitzende des Gremiums, der Grünen-Abgeordnete Martin Hahn, mitteilte. In dem Gesetzentwurf sind auch zentrale Elemente des Volksantrags „Gemeinsam unsere Umwelt schützen in Baden-Württemberg“ integriert. Die Zweite Beratung im Plenum ist am Mittwoch, 22. Juli 2020, geplant.
Nach Angaben des Vorsitzenden wurde der Gesetzentwurf von einem intensiven Beteiligungsprozess begleitet. „Insgesamt 81 Verbände und Berufsgruppen haben Stellungnahmen zu dem Gesetzesvorhaben abgegeben“, sagte Martin Hahn. Mit dem Gesetzesvorschlag solle die Stärkung der Biodiversität umgesetzt und zugleich ein Weg geschaffen werden, der die Belange einer zukunftsfähigen Landwirtschaft mit den Ansprüchen eines zeitgemäßen Artenschutzes vereint.
Wie der Vorsitzende weiter ausführte, werden im Naturschutzgesetz Regelungen zur Vermeidung der Lichtverschmutzung, Gestaltung von privaten Gärten, Ausbau des Biotopverbunds auf 15 Prozent der Landesfläche bis 2030, Erhaltung von Streuobstbeständen, Pestizidverbot und -einsatz auf naturschutzrechtlich geschützten Flächen (inkl. private Gärten) neu aufgenommen oder angepasst. Darüber hinaus erfolgen umfangreiche Anpassungen des Landwirtschafts- und Landeskulturgesetzes. Dort werden insbesondere Definitionen für Streuobstbestände, Refugialflächen und den Integrierten Pflanzenschutz aufgenommen sowie die Anforderungen für die Umsetzung der Bestimmungen präzisiert. So sei etwa vorgesehen, den Einsatz von chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln bis 2030 um 40 bis 50 Prozent zu reduzieren und den Ökolandbau bis 2030 auf 30 bis 40 Prozent zu erhöhen.
In den Bereichen Bildung und Forschung werden Grundlagen für die besondere Berücksichtigung der Biodiversität, vor allem in der praxisorientierten angewandten Forschung, geschaffen, ebenso wie in den Bereichen Vermarktung und Ernährung. Des Weiteren wird der Schutz landwirtschaftlicher Flächen konkretisiert.
Verkehrsausschuss begrüßt Pläne, Gäubahn besser in Deutschlandtakt einzubinden
Stuttgart. Der Ausschuss für Verkehr begrüßte das neue Konzept für die Gäubahn, mit dem diese Verbindung besser in den Deutschlandtakt eingebunden werden soll. Dies berichtete der Vorsitzende des Gremiums, Karl Rombach (CDU). Auf Antrag der Fraktionen SPD und FDP/DVP befasste sich der Ausschuss in seiner Sitzung am Mittwoch, 15. Juli 2020, neben dem neuen Konzept für die Gäubahn zudem mit der Konzeption, den Fernverkehr an den Flughafenbahnhof Stuttgart anzubinden. „Damit könnte unter anderem die Fahrzeit im Fernverkehr verkürzt werden“, erklärte Rombach.
Auch die Reisezeit auf der Gäubahn zwischen Stuttgart und Zürich könnte verkürzt werden – insbesondere durch den Bau mehrerer Tunnel. „Dadurch würde die Gäubahn deutlich besser in den Deutschlandtakt eingebunden“, so der Vorsitzende. Neben einem Tunnel südlich von Böblingen befürworte das Verkehrsministerium eine unterirdische Trassenführung, die zum Flughafenbahnhof unter dem Messegelände führe. Damit würden Fernverkehr und S-Bahn nicht auf einem Gleis unterwegs sein und sich somit nicht gegenseitig behindern. Das Verkehrsministerium habe zudem mitgeteilt, dass der Bund derzeit eine solche Tunnelanlage volkswirtschaftlich bewerten lasse. Erste Ergebnisse dieser Prüfung würden in der zweiten Hälfte des Jahres erwartet.
Eine unterirdische Trasse könne, nach Angaben des Ministeriums, jedoch die Fertigstellung der Streckenführung über den Flughafen zum Hauptbahnhof noch weiter verzögern, möglicherweise bis 2030. Daraus ergebe sich für Fahrgäste der Gäubahn jedoch das Problem, dass sie mindestens fünf Jahre lang nicht direkt an den Stuttgarter Hauptbahnhof angebunden wären. Eine derzeitig angedachte Alternative wäre der Umstieg in Stuttgart-Vaihingen.
Darüber hinaus habe sich der Ausschuss erfreut gezeigt, dass ein fünftes und ein sechstes Gleis für den Nordzulauf des Hauptbahnhofs bei Zuffenhausen nun in den vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans aufgenommen worden seien und somit gesichert gebaut würden. „Diese beiden Gleise hat der Ausschuss lange gefordert“, so Rombach. „Gut, dass sie endlich umgesetzt werden.“ Damit würde der Engpass an dieser Stelle korrigiert.
Vorsitzender Willi Stächele appelliert: „Es darf nie wieder Grenzschließungen geben“
Stuttgart. Der Ausschuss für Europa und Internationales hat sich in seiner Sitzung am Mittwoch, 15. Juli 2020, mit Gunther Krichbaum MdB, dem Vorsitzenden des Ausschusses für die Angelegenheiten der Europäischen Union im Bundestag, zu aktuellen europapolitischen Themen und den Herausforderungen für die deutsche EU-Ratspräsidentschaft ausgetauscht. Das hat der Vorsitzende des Gremiums, Willi Stächele (CDU), mitgeteilt. „Deutschland muss während der Ratspräsidentschaft eine ganze Reihe schwieriger Themen abräumen“, berichtete Stächele.
Krichbaum hatte das Programm der deutschen EU-Ratspräsidentschaft dargelegt. Das Ziel lautet: Gemeinsam. Europa wieder stark machen. Leitgedanken der deutschen Ratspräsidentschaft sind: die dauerhafte Überwindung der COVID-19-Pandemie und die wirtschaftliche Erholung, ein stärkeres und innovativeres Europa, ein gerechtes Europa, ein nachhaltiges Europa, ein Europa der Sicherheit und der gemeinsamen Werte und ein starkes Europa in der Welt.
Während der Krise, so Gunther Krichbaum, habe der Zusammenhalt der Europäischen Union gelitten. Eine Krise können man auch alleine lösen - dieses Denken habe Europa nicht gutgetan. Derzeit werde daran gearbeitet, das Europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (EC/DC) zu einer veritablen Behörde auszubauen. Vorsitzender Willi Stächele wies in diesem Zusammenhang auf die Situation am Oberrhein hin. Hier müsse künftig vor allem in Gesundheitsfragen eine gemeinsame Lösung gefunden werden. „Wir sollten hier sofort beginnen, einen Masterplan für Gesundheits- und Katastrophenfragen zu erstellen. Es darf nie wieder Grenzschließungen geben“, davon zeigte er sich überzeugt.
Die Pandemie, sagte Krichbaum, habe neben der gesundheitlichen auch eine wirtschaftliche Ebene. Die Wirtschaft in Europa müsse vitalisiert werden. „Uns in Baden-Württemberg kann es nur gutgehen, wenn es Europa gut geht“, betonte er. Mit hoher Priorität will sich Deutschland für einen raschen Abschluss der Verhandlungen zum Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) für die Jahre 2021 bis 2017 einsetzen, führte der Vorsitzende des Europaausschusses des Bundestags aus. Der EU-Haushalt muss sich einerseits an den aktuellen Herausforderungen im Zusammenhang mit der COVID-19-Krise, andererseits an den langfristigen strategischen Zielen der Europäischen Union in einer sich verändernden Welt ausrichten.
Bis zum Jahresende muss überdies das zukünftige Verhältnis der EU mit dem Vereinigten Königreich ausverhandelt sein. Weitere Prioritäten sind Fortschritte beim Migrations- und Asylpaket sowie die Weiterentwicklung der Diskussionsformate zur Rechtsstaatlichkeit. „Es gibt dicke Brocken, die hier aus dem Weg geräumt werden müssen“, fasste Gunther Krichbaum zusammen. „Wir hoffen, dass die Perspektive für die Wirtschaft wieder ansteigt. Europa ist existenziell für uns“, brachte Willi Stächele die Hoffnung des Europaausschusses zum Ausdruck.
Seit 1. Juli 2020 hat Deutschland nach 2007 turnusmäßig wieder den Vorsitz. Deutschland folgt auf Kroatien, dessen EU-Ratspräsidentschaft durch die Corona-Pandemie bestimmt wurde.
Zahl der automatisiert bearbeiteten Steuererklärungen ist stark gestiegen
Stuttgart. Der Finanzausschuss des Landtags hat sich in seiner Sitzung am Donnerstag, 9. Juli 2020, mit der erleichterten Bearbeitung von Steuererklärungen befasst. „Der Anteil sogenannter Automatikfälle, also der automatisierten Bearbeitung der Steuererklärungen, stieg von 2014 bis 2019 stark an“, sagte der Vorsitzende des Gremiums, der SPD-Abgeordnete Rainer Stickelberger. Im Jahr 2014 wurden von rund 2,64 Millionen Steuerfällen 98.340 Fälle (3,72 Prozent) automatisiert erledigt. Im Jahr 2019 betrug der Anteil bei insgesamt 2,85 Millionen Steuerfällen 13,22 Prozent, was 377.403 automatisiert bearbeiteten Fällen entspricht.
Nach Angaben Stickelbergers ist der starke Anstieg seit 2014 auf verbesserte IT-Verfahren zurückzuführen. „Diese ermöglichen den Finanzämtern beispielsweise, zum Steuerfall gehörende Daten mit Dauerwirkung maschinell abzuspeichern“, führte der Vorsitzende aus. Dadurch könnten dann in der Steuererklärung angegebene Daten maschinell mit den gespeicherten Daten abgeglichen werden, beispielsweise die jährliche Abschreibung eines vermieteten Gebäudes. Da der Datenbestand mit Dauerwirkung jedoch weitestgehend aufgebaut sei, seien hier zukünftig keine so hohen Zuwachsraten mehr zu erwarten.
Eine positive Auswirkung auf den Anteil der automatisiert bearbeiteten Fälle hat allerdings die elektronische Abgabe der Steuererklärung. „In Baden-Württemberg wurden für das Jahr 2018 rund 70 Prozent der Steuererklärungen elektronisch eingereicht“, sagte Stickelberger. Bei Bürgerinnen und Bürgern, die ihre Steuererklärung ohne Steuerberater erstellt haben, lag der Anteil jedoch nur bei 58 Prozent. Finanzministerin Edith Sitzmann (Grüne) habe erklärt, Ziel sei, Steuererklärungen in Papierform so weit wie möglich zu reduzieren und die Quote der Automatikfälle Schritt für Schritt zu erhöhen. Dafür werde in den Finanzämtern im Südwesten der Bürgerservice ausgebaut, neue Kommunikationsmittel eingeführt und interne Arbeitsabläufe verbessert. Dazu zählten etwa ein neues Rückruf- und Terminvereinbarungssystem, Videokonferenzsysteme und ein Steuerchatbot.
Ob die Corona-Krise zu einem zeitweise erhöhten Aufkommen von Steuererklärungen führt, blieb in der Ausschusssitzung offen. Denn einerseits seien auch die Steuerberater von der Krise betroffen und könnten weniger Steuererklärungen bearbeiten als sonst. Andererseits könne es sein, dass Personen, die ihre Steuererklärung ohne Unterstützung eines Steuerberaters erstellen, die Corona-Zeit zur Erstellung ihrer Erklärung genutzt haben.
Auffällig sei, dass bis Ende März dieses Jahres mehr Steuererklärungen eingereicht wurden als in den gleichen Zeiträumen der Vorjahre. Dieses Jahr seien bereits 1,08 Millionen Erklärungen eingereicht worden, das entspreche einem Anteil von 26,44 Prozent bei 4,1 Millionen steuerpflichtigen Personen. In den Vorjahren habe sich der Anteil zwischen 24,5 und 25,6 Prozent bewegt. Ob dies mit der Corona-Krise zusammenhänge oder nur eine normale Schwankung sei, könne nicht gesagt werden, so Stickelberger.
Sozialausschuss stimmt Gesetzentwurf zur Änderung des Privatschulgesetzes mehrheitlich zu
Stuttgart. Der Ausschuss für Soziales und Integration hat in seiner Sitzung am Donnerstag, 9. Juli 2020, dem Gesetzesentwurf der Landesregierung zur Änderung des Privatschulgesetzes nach kontroverser Debatte mehrheitlich zugestimmt. Das hat der Vorsitzende des Gremiums, Rainer Hinderer (SPD), mitgeteilt. „Grundsätzlich sind alle Fraktionen nicht zuletzt wegen des Fachkräftemangels für die Schulgeldfreiheit, das kann mit der vorliegenden Gesetzesänderung jedoch nicht erreicht werden. Es ist jedoch ein Fortschritt, dass es jetzt für einen Übergang und bis zu einer Bundesregelung Kopfsätze gibt“, so Hinderer. Bereits am Vormittag hatte der Sozialausschuss in einer öffentlichen Anhörung Expertinnen und Experten der Verbände und Ministerien angehört.
Wie Rainer Hinderer ausführte, hätten die Regierungsfraktionen einen Entschließungsantrag eingebracht, der unter anderem darauf abzielte, die Landesregierung zu ersuchen, zur Vermeidung einer kurzfristigen finanziellen Überforderung der Physiotherapieschulen eine zeitlich befristete freiwillige Auffanglösung zu prüfen und umzusetzen, die sich in ihrer Höhe an den Förderbeträgen des Jahres 2018 orientiert (Kopfsatz Berufskolleg übrige und freiwillige Übergangsregelung). Ferner solle sich die Landesregierung bei den weiteren Verhandlungen mit dem Bund zur Reform der Gesundheitsfachberufe mit Nachdruck dafür einsetzen, dass der Zugang zu diesen Ausbildungen ohne finanzielle Lasten erfolgt und das Schulgeld – wie bereits bei anderen Gesundheitsberufen – abgeschafft werde. „Diesem Erschließungsantrag wurde mehrheitlich zugestimmt“, berichtete Rainer Hinderer. Der Entschließungsantrag von SPD und FDP/DVP, der unter anderem ein Modell für die Herstellung der Schulgeldfreiheit in den Gesundheitsfachberufen Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie und Podologie einforderte, fand indes keine Mehrheit.
Die Diskussion im Gremium verlief kontrovers, SPD, AfD und FDP/DVP wollten die Abstimmung über den Gesetzentwurf sogar vertagen. Kritik habe es vor allem auch an der Interpretation eines Gutachtens zur Bruttokostenermittlung an öffentlichen Logopädie- und Physiotherapieschulen in Baden-Württemberg der Universität Potsdam gegeben. „Die Landesregierung hat das Gesetzgebungsverfahren in den Sand gesetzt“, gab Hinderer die Auffassung einer Oppositionsfraktion wieder. Die Regierung habe jedoch betont, sie reagiere auf den Schultyp angemessen und hätte mit der Gesetzesänderung eine gute Zwischenetappe erreicht. „Die Regierung möchte den Bund nicht aus der Verantwortung nehmen“, legte der Ausschussvorsitzende dar. Das Ziel müsse eine weitere, bessere finanzielle Ausstattung sein. Eine bundeseinheitliche Regelung zur Schulgeldfreiheit werde angestrebt.
Mit der Gesetzesänderung solle eine Anpassung der Förderung der Physiotherapie- und Logopädieschulen in freier Trägerschaft erfolgen, um das für Ersatzschulen normierte Förderniveau in Höhe von 80 Prozent der bei einer entsprechenden Schule im öffentlichen Schulwesen entstehenden Kosten zu gewähren. Die Zuschusshöhe, so Hinderer, werde durch die Schaffung eigener Kopfsätze ausgestaltet. Derzeit erhielten die Physiotherapie- und Logopädieschulen in freier Trägerschaft nach dem Privatschulgesetz die für den Schultyp „übrige Berufskollegs“ geltende Kopfsatzförderung. Daneben wird ihnen seit dem Schuljahr 2018/2019 aufgrund eines Ministerratsbeschlusses im Rahmen einer Übergangsregelung, ohne gesetzliche Verankerung im Privatschulgesetz, ein freiwilliger Zuschuss gewährt. Die Gesetzesvorlage passe den Zuschuss an die vom Privatschulgesetz für Ersatzschulen vorgesehene Förderung an. Um dies zu erreichen, ist für Physiotherapie- und Logopädieschulen jeweils ein eigener Kopfsatz notwendig.
Wirtschaftsausschuss: Ministerium soll Voraussetzungen für verkaufsoffene Sonntage prüfen
Stuttgart. Der stationäre Einzelhandel ist besonders stark von der Corona-Pandemie betroffen. Auch nach der Wiederöffnung laufe das Geschäft nur schleppend an. Dies erklärte Dr. Erik Schweickert (FDP/DVP), der Vorsitzende des Ausschusses für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau, in der Sitzung am Mittwoch, 8. Juli 2020. Auf Basis mehrerer Anträge der FDP/DVP-Fraktion sowie der Fraktion der AfD beriet das Gremium daher über die wirtschaftlichen Konsequenzen für die Einzelhändler im Land. Nach kontroverser Diskussion stimmte der Ausschuss am Ende einem Antrag der Fraktionen Grüne und CDU einmütig bei Enthaltung der SPD-Fraktion zu. Der Antrag fordert die Landesregierung dazu auf, zu prüfen, inwieweit die Voraussetzungen für verkaufsoffene Sonntage zeitlich begrenzt angepasst werden können. Wirtschaftsministerin Dr. Hoffmeister-Kraut habe sich bereiterklärt, eine solche Prüfung innerhalb der nächsten beiden Wochen durchzuführen.
Hintergrund der Diskussion sei der derzeitige Wegfall von Großveranstaltungen aufgrund der Corona-Einschränkungen. Ohne solche Veranstaltungen wie Feste oder Messen seien auch keine verkaufsoffenen Sonntage möglich, erläuterte Dr. Schweickert. Diese bedürfen nach geltendem Recht nämlich zwingend einem Anlassbezug oder einem besonderen öffentlichen Interesse. Eine Verkaufsöffnung rein um einen Einkauf zu ermöglichen sei nicht möglich. Dieser Sachverhalt wurde auf Initiative der FDP/DVP Fraktion aufgegriffen und insgesamt wurden dazu drei Anträge gestellt.
Der erste Antrag der FDP/DVP Fraktion, welcher die Regierung zur Vorlage eines Gesetzesentwurfs aufforderte, der bis zu je drei verkaufsoffene Sonntage ohne Anlassbezug in den Jahren 2020 und 2021 ermöglicht, wurde durch Grüne, CDU und SPD gegen die Stimmen von FDP/DVP und AfD abgelehnt. Ein noch weitergehender Antrag der AfD-Fraktion forderte die Regierung zur Einbringung eines Gesetzesentwurfs in der nächsten Plenarsitzung auf, welcher den Anlassbezug generell aussetzt. Diesem Antrag stimmte nur die AfD zu, die anderen Fraktionen lehnten ihn ab.
Am Ende verständigte sich der Ausschuss darauf, als gemeinsamen Konsens einen Antrag von Grünen und CDU ohne Gegenstimme bei Enthaltung der SPD-Fraktion anzunehmen. Er verpflichtet die Landesregierung dazu, die Möglichkeit von verkaufsoffenen Sonntagen auch ohne Anlassbezug zu prüfen. Ministerin Hoffmeister-Kraut sicherte hier zu, diesem innerhalb von etwa zwei Wochen nachzukommen. Der Ausschussvorsitzende Dr. Schweickert regte im Anschluss an den Beschluss an, in dieser besonderen Situation im Rahmen des Prüfauftrags sich auch mit den relevanten Interessenverbände wie Gewerkschaften, Kirchen, Stadt- und Gemeinden sowie Verbänden des Handels auszutauschen, um möglichst konsensual eine Möglichkeit für verkaufsoffene Sonntage in dieser besonderen Situation zu ermöglichen und Gerichtsverfahren zu vermeiden. Er kommentiert: „Der Wirtschaftsausschuss hat in seiner Aussprache trotz teils weitergehender Positionen zumindest einmütig festgestellt, dass wenigstens für die durch Corona ausgefallenen verkaufsoffenen Sonntage eine klare Perspektive eröffnet werden muss, wie diese nachgeholt werden können.“
Bereits zuvor beschäftigte sich der Wirtschaftsausschuss auf Antrag der Fraktion der SPD mit den Arbeitsbedingungen und den Hygienestandards für die Beschäftigten in der fleischverarbeitenden Wirtschaft. Anlass war die hohe Zahl der an Covid-19 erkrankten Beschäftigten in einem solchem Betrieb in Birkenfeld. Wie Dr. Schweickert mitteilte, führe das Wirtschaftsministerium diese hohe Zahl Infizierter auch auf das beengte Wohnen und die gemeinsame Nutzung von Sanitärräumen in Sammelunterkünften zurück. So sei es in solchen meist sehr beengten Unterkünften nicht möglich, die nötigen Abstandsregelungen einzuhalten.
Dem Ausschussvorsitzenden zufolge habe das Wirtschaftsministerium als Reaktion auf diese Erkenntnisse Ende Mai dieses Jahres eine Regelung erlassen, die eine Lücke bei den Anforderungen an Unterkünfte für Beschäftigte schließe. So habe die Arbeitsstättenverordnung nicht alle Unterkünfte abgedeckt. Mittlerweile gelte, dass in als Sonderbauten deklarierten Unterkünften maximal acht Bewohner in einem Schlafraum untergebracht sein dürften und für jeden Bewohner mindestens eine Fläche von acht Quadratmetern zur Verfügung stehen müsse. Wie Dr. Schweickert erklärte, habe der Ausschuss daraufhin auch erörtert, inwieweit eine generelle Mindestquadratmeterzahl pro Person in Unterkünften wie z.B. in sogenannten Boarding-Häusern sinnvoll sei. Dem Ministerium zufolge sei eine solche Regelung jedoch nur für Sonderbauten und nicht für normale Wohnungen oder umgenutzte Hotels oder Altenheime möglich. Ebenso gelte sie nur für neue Wohnmöglichkeiten und nicht rückwirkend.
Zudem habe die Pandemie gezeigt, dass es von zentraler Bedeutung sei, dass die Beschäftigten im Krankheitsfall und bei einer angeordneten Quarantäne weiterhin ihr Gehalt beziehen würden. Nach Informationen des Ministeriums habe die Bundesregierung Ende Mai diesbezüglich beschlossen, dass ab dem kommenden Jahr größere Betriebe nur noch eigene Arbeitnehmer für das Schlachten und die Fleischverarbeitung einsetzen dürften und auf Werksverträge verzichtet werden müsse. Somit würde sichergestellt, dass die eingesetzten Arbeiternehmer grundsätzlich unter das deutsche Arbeitsrecht fallen würden, sie also sozialversichert wären und Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall hätten.
Bereits vor der Sitzung des Ausschusses sei darüber hinaus eine Verordnung des Wirtschafts- und des Sozialministeriums zu Hygiene- und Arbeitsbedingungen in Schlachtbetrieben erlassen worden. Diese Verordnung regele beispielsweise, dass in Betrieben mit mehr als 100 Beschäftigten die Mitarbeiter mindestens zweimal pro Woche auf eine Infektion mit dem Corona-Virus getestet werden müssen. Die Verordnung werde kommende Woche in Kraft treten, so die Wirtschaftsministerin.
Zur Unterstützung der Wirtschaft wurden außerdem weitere Finanzhilfen beraten. So hat der Wirtschaftsausschuss nach Angaben des Vorsitzenden Dr. Schweickert einstimmig beschlossen, ein Programm für Sofortbürgschaften für kleine Unternehmen bis 10 Beschäftigte zu ermöglichen. Hier werden Soloselbstständige, Freiberufler und Betriebe ab dem 15. Juli 2020 Anträge an die Bürgschaftsbank stellen könne. Dr. Schweickert erklärte: „Der Ausschuss hat hier wieder einmal schnelle und passgenaue Hilfen für unsere Wirtschaft möglich gemacht und das neue Angebot von Wirtschaftsministerium und Bürgschaftsbank einstimmig unterstützt“.
Darüber hinaus beschloss der Wirtschaftsausschuss nach ausführlicher Diskussion und ohne Gegenstimmen im Rahmen einer Bund-Länder-Bürgschaft im Verhältnis des baden-württembergischen Landesanteils eine Finanzhilfe in Höhe von 41,3 Mio. Euro an ein arbeitsplatzintensives Industrieunternehmen mit einem Standort in Baden-Württemberg.
Polizei setzt Bodycams innerhalb eines Jahres 19.937 Mal ein
Stuttgart. Der Einsatz von Bodycams hat sich aus Sicht der Polizei in Baden-Württemberg bewährt. Im Zeitraum von Februar 2019 bis Ende April 2020 setzten Polizistinnen und Polizisten im Südwesten ihre Bodycams 19.937 Mal ein. Das gab Innenminister Thomas Strobl (CDU) am Mittwoch, 8. Juli 2020, in einer Sitzung des Ausschusses für Inneres, Digitalisierung und Migration bekannt. „Insbesondere bei der Kontrolle von Personengruppen kann die Bodycam stark deeskalierend wirken und damit einen wichtigen Beitrag zum Schutz von Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten leisten“, sagte der Ausschussvorsitzende Karl Klein (CDU). Aufgrund der guten Erfahrungen habe Strobl angekündigt, den Einsatz der Körperkameras auf weitere Dienststellen auszuweiten.
Nach Angaben des Vorsitzenden hatte der Landtag im Oktober 2016 die gesetzlichen Grundlagen für den Einsatz von Bodycams geschaffen. Nach einer Probephase erteilte der Innenausschuss im Juni 2017 sein Einverständnis zur landesweiten Einführung von Bodycams. Seit Juni 2019 seien alle Dienstgruppen der 146 Polizeireviere im Land mit den Kameras ausgerüstet, das entspreche etwa 9.000 Polizisten. Um die Wirksamkeit von Bodycams zu überprüfen, sei von Februar 2019 bis April 2020 eine Evaluation in Form von Feldbeobachtungen, Einzelinterviews und Fragebögen durchgeführt worden, sagte der Ausschussvorsitzende.
Innenminister Strobl habe dem Ausschuss auf Grundlage der Auswertung berichtet, dass sich die flächendeckende Einführung bewährt habe. Im Evaluationszeitraum wurden Bodycams 19.937 Mal eingesetzt, entweder als dauerhafte Aufzeichnung oder als Pre-Recording. In der Mehrzahl der Fälle habe zur Beruhigung der Situation bereits die Aktivierung des Pre-Recording (84 Prozent) oder die Androhung des Bodycameinsatzes ausgereicht. Zum 30. April 2020 seien noch 2.181 Aufnahmen gespeichert gewesen. Rund 89 Prozent der Aufnahmen seien bereits gelöscht worden. Die Polizei habe bestätigt, dass es anfangs datenschutzrechtliche Probleme gegeben habe, etwa weil Polizisten länger gefilmt hätten als dies erlaubt gewesen sei.
Im Zusammenhang mit Bodycams befasste sich der Ausschuss auch mit der Entwicklung von Gewalttaten gegen Polizisten. Klein zufolge ist im Jahr 2019 zwar die Zahl der Gewalttaten gegen Polizeibeamte um 4,7 Prozent auf 4.993 Fälle (2018: 4.767 Fälle) gestiegen. Allerdings habe sich im Gegenzug die Anzahl der verletzten Polizisten um 6,2 Prozent auf 2.242 (2018: 2.390) Beamte verringert. Stark zugenommen hätten Bedrohungen (plus 38,4 Prozent) und Nötigungen (plus 23,8 Prozent). Gleichzeitig seien vorsätzliche und leichte Körperverletzungen um 20,1 Prozent (313 Fälle), gefährliche und schwere Körperverletzungen sogar um 38,5 Prozent (110 Fälle) gesunken.
Für eine abschließende Bewertung dieser Entwicklung sei es noch zu früh, jedoch deute Vieles darauf hin, dass die Bodycam dazu beitrage, direkte körperliche Angriffe und damit die Verletzungsgefahren für Polizisten zu verringern. Die präventive Wirkung der Kameras könne jedoch vor allem bei betrunkenen oder unter Drogeneinfluss stehenden Personen eingeschränkt sein, ebenso bei psychisch auffälligen Personen. Strobl habe mitgeteilt, dass er das Landespolizeipräsidium beauftragt habe, den Bodycam-Einsatz auf weitere Bereiche der Polizei, die ebenfalls Gewalt ausgesetzt seien, auszuweiten. Dies betreffe beispielsweise die stehenden geschlossenen Einsatzeinheiten, die 24/7-Dienststellen und die Verkehrspolizeiinspektionen.
Strobl habe dem Gremium ebenfalls mitgeteilt, dass er die geplante Ausweitung des Anwendungsbereichs auf Wohnungen sowie Betriebs- und Geschäftsräume für dringend erforderlich halte. Gewaltdelikte gegen Polizisten in Wohnungen sowie Betriebs- und Geschäftsräumen seien im Fünfjahresvergleich von 1.062 Fällen im Jahr 2015 auf insgesamt 1.320 Fälle im Jahr 2019 gestiegen. Dort hätten sich rund 27 Prozent aller Fälle von Gewalt gegen die Polizei ereigneten bzw. dort seien rund 31 Prozent aller Polizeibeamten verletzt werden, sagte der Ausschussvorsitzende Karl Klein.
Mehr Transparenz in Gesetzgebungsverfahren
Stuttgart. Die Parlamentsdokumentation PARLIS des Landtags von Baden-Württemberg bietet Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit, sich über beschlossene Gesetze zu informieren sowie über Gesetzentwürfe, die derzeit im Parlament beraten werden. Diese Informationen werden nun auch auf dem Beteiligungsportal der Landesregierung zur Verfügung gestellt. „Die Bürgerinnen und Bürger können damit den Weg eines Gesetzes vom ersten Entwurf bis zur finalen Fassung zur Abstimmung im Parlament nachverfolgen. Gerade jetzt, wo kontrovers über Lobbyismus debattiert wird, setzen Landtag und Landesregierung auf volle Transparenz", so Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne).
Das Beteiligungsportal der Landesregierung (https://beteiligungsportal.baden-wuerttemberg.de) stellt unter anderem Gesetzesentwürfe der Landesregierung dar. Bürgerinnen und Bürger können diese kommentieren, bevor sie in den Ausschüssen des Landtags und in Expertengremien beraten werden. Auf Anregung des Landtags wurden auch die Gesetzesinitiativen der Parlamentsfraktionen – Koalition und Opposition – aufgenommen. Die Landesregierung greift bei den Gesetzeskommentierungen auf die vom Landtag bereitgestellte Parlamentsdokumentation PARLIS (https://parlis.landtag-bw.de/parlis/) zurück. Bürgerinnen und Bürger können auf einen Blick sehen, an welchem Punkt des Gesetzgebungsverfahrens sich ein für sie interessanter Gesetzentwurf befindet. Dokumente und Plenarprotokolle würden damit für noch mehr Menschen noch schneller zugänglich. „Mit diesem Schritt möchten Landesparlament und Landesregierung den Weg vom Entwurf zum Gesetz noch anschaulicher gestalten“, erklärte Landtagspräsidentin Aras.
„Dass wir PARLIS auf dem Beteiligungsportal einbinden können, freut mich ganz besonders: So wird der Dienst einer staatlichen Stelle auch für eine andere zugänglich gemacht – mit unmittelbarem Nutzen für die Bürgerinnen und Bürger. Das Beteiligungsportal kommt damit einmal mehr einer seiner wichtigsten Aufgaben nach: Transparenz über das Handeln der Politik herzustellen,“ sagte Gisela Erler, Staatsrätin für Zivilgesellschaft und Bürgerbeteiligung, die das Beteiligungsportal des Landes entwickelt hat.
Präsidentin Aras: „Wir brauchen eine EU-weite Solidarität mit den besonders schwer getroffenen Ländern und Regionen“
Stuttgart/Brüssel. Zum ersten Mal nach dem pandemiebedingten Lockdown richtet der Europäische Ausschuss der Regionen (AdR) vom 30. Juni bis 2. Juli 2020 eine Plenarsitzung aus. Landtagspräsidentin Muhterem Aras (GRÜNE) nimmt als baden-württembergisches Mitglied per Video teil. „Die Regionen und ihre Parlamente sind wichtig für die Bewältigung der Corona-Krise in der Europäischen Union. Über den Austausch bewährter Praktiken können wir die Bekämpfung der Pandemie verbessern. Auch deshalb müssen sie an der Konferenz zur Zukunft Europas beteiligt werden“, betonte Aras.
Landtagspräsidentin Aras bringt sich mit mehreren Wortbeiträgen im Plenum ein. „Die COVID-19-Krise hat uns gezeigt, dass abgestimmtes Handeln besser funktioniert als Alleingänge und Egoismen. Dazu bedarf es der EU-weiten Solidarität, gerade mit den besonders schwer getroffenen Ländern und Regionen“, so Aras.
Die erste Plenarsitzung des AdR nach Ausbruch der Corona-Krise steht im Zeichen der Pandemie und der Bekämpfung der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen in den Regionen und Kommunen der Europäischen Union. Schwerpunkte der Debatten sinddas COVID-19-Krisenmanagement und der Aufbauplan der EU nach der Pandemie, die Finanzierung dieser Maßnahmen, auch im Rahmen des künftigen Mehrjährigen Finanzrahmens der EU für den Zeitraum 2021 bis 2027, sowie der Europäische „Grüne Deal“ als Dreh- und Angelpunkt des Aufbaus nach der Krise.
Grenzregionen wie Baden-Württemberg mit Grenzen am Oberrhein und am Bodensee sieht Aras dabei in einer besonderen Rolle. „Die gelebte Solidarität während der COVID-19-Krise über die nationalen Grenzen hinweg, beispielsweise bei der Aufnahme schwer kranker Patientinnen und Patienten auch in Baden-Württemberg, hat mich tief beeindruckt. Für die Zukunft sehe ich im Gesundheitsbereich aber auch die EU stärker gefordert, beispielsweise um sicherzustellen, dass Apps zur Nachverfolgung COVID-19-Infizierter EU-weit funktionieren.“
Alle Fragen, die sich in der aktuellen Pandemie als besonders dringlich gezeigt haben, müssen laut Aras auch Eingang in die Diskussionen im Rahmen der „Konferenz zur Zukunft Europas“ finden. Diese gemeinsame Konferenz von Europäischer Kommission, Europäischem Parlament und Rat unter Beteiligung weiterer Akteure wie dem AdR geht auf einen Vorschlag von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zurück. Der Starttermin am 9. Mai 2020 musste coronabedingt verschoben werden.
„Die Konferenz zur Zukunft Europas sollte zentrale Impulse zur Neugestaltung der Europäischen Union nach der COVID-19-Pandemie geben“, forderte Aras vor Beginn des AdR-Plenums. „Wir müssen die Krise als Chance sehen, um die Wirtschaft gemäß den Zielen des Europäischen Grünen Deals und der UN-Nachhaltigkeitsziele wieder aufzubauen. Auf der Plenartagung wird daher auch über einen Antrag von mir abgestimmt werden, wonach die regionalen Parlamente in die Arbeiten der Konferenz zur Zukunft Europas eingebunden werden sollten“, so Aras.
Hintergrundinformation:
- Der Ausschuss der Regionen (AdR) ist ein beratendes Gremium der Europäischen Union, das sich aus lokal und regional gewählten Vertretern oder Regierungsmitgliedern der EU-Mitgliedsländer zusammensetzt.
- Das Land Baden-Württemberg verfügt über zwei Sitze. Landtagspräsidentin Aras wurde als Mitglied des Landtags für den AdR benannt, als stellvertretendes Mitglied der Grünen-Abgeordnete Josef Frey. Aras ist die einzige Landtagspräsidentin in der deutschen Delegation.
- Für die Landesregierung ist der Minister der Justiz und für Europa, Guido Wolf, benannt, als stellvertretendes Mitglied der CDU-Fraktionsvorsitzende Dr. Wolfgang Reinhart.
Willi Reiners wird neuer Pressesprecher des Landtags
Stuttgart. Neuer Pressesprecher des Landtags von Baden-Württemberg wird der Journalist Willi Reiners. Er tritt die Nachfolge von Gabriele Renz an, die zum 1. April 2020 die Position der Pressesprecherin und Leiterin Kommunikation bei der Architektenkammer Baden-Württemberg übernommen hat.
Willi Reiners hat in Münster Publizistik und Kommunikationswissenschaften, Neuere Geschichte und Politikwissenschaften studiert.
Als Redakteur war er u.a. für die Heilbronner Stimme tätig, bevor er 2001 zu den Stuttgarter Nachrichten wechselte. Dort war er ab 2010 stellvertretender Leiter des Ressorts Politik. Seit 2016 berichtet er für die Gemeinschaftsredaktion von Stuttgarter Zeitung und Stuttgarter Nachrichten über Bundes- und Landespolitik.
Der 56-Jährige ist verheiratet und hat zwei Kinder.
Willi Reiners tritt seinen Dienst im Landtag von Baden-Württemberg am 16. September 2020 an.
Diätenanpassung 2020 wird ausgesetzt – Präsidentin Aras: „Wir setzen ein positives Zeichen“
Stuttgart. Die jährliche Anpassung der Entschädigung der Abgeordneten auf der Grundlage des Nominallohnindex für Baden-Württemberg wird für 2020 ausgesetzt. Der Landtag von Baden-Württemberg hat heute einem interfraktionellen Gesetzentwurf von Grünen, CDU, SPD und FDP/DVP zur entsprechenden Änderung des Abgeordnetengesetzes einstimmig zugestimmt. „Viele Bürgerinnen und Bürger müssen erhebliche finanzielle Einschränkungen in der Corona-Krise hinnehmen. Wir Abgeordnete setzen mit unserem Verzicht ein positives Zeichen“, so Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne).
Zumal davon auszugehen sei, dass auch im Jahr 2021 keine Erhöhung zu erwarten sei. Denn das Indexierungsverfahren, nach dem die Entwicklung der Diäten bestimmt werde, basiere auf der Grundlage statistischer Maßzahlen des Vorjahres. Durch die Gesetzesänderung können im Haushalt 365.508 Euro eingespart werden. Die steuerpflichtige Grundentschädigung für die Parlamentarierinnen und Parlamentarier beläuft sich auch nach dem 1. Juli 2020 weiterhin auf 8.210 Euro. Erhöht werden indes die Kostenpauschale um 1,5 Prozent auf 2.286 Euro (bislang 2.252 Euro) und der Vorsorgebeitrag für die eigenständige Altersvorsorge um 2,99 Prozent auf 1.859 Euro (bislang 1.805 Euro).
Für die Grundentschädigung teilt das Statistische Landesamt jedes Jahr im Mai der Präsidentin die Veränderung des Nominallohnindex für Baden-Württemberg mit, der die allgemeine Einkommensentwicklung des vergangenen Jahres in Baden-Württemberg abbildet. Für die Kostenpauschale ermittelt das Statistische Landesamt den Wert anhand der Entwicklung des Verbraucherpreisindex für Baden-Württemberg, während sich der Vorsorgebeitrag an der Entwicklung des Höchstbeitrags zur allgemeinen Rentenversicherung ausrichtet. Auf der Grundlage dieser Werte werden die neuen Entschädigungsleistungen errechnet und von der Landtagspräsidentin im Gesetzblatt für Baden-Württemberg veröffentlicht.
Präsidium schließt Abgeordneten Dr. Fiechtner einvernehmlich für fünf Plenarsitzungen aus
Stuttgart. Das Präsidium des Landtags von Baden-Württemberg beschloss am Mittwoch, 24. Juni 2020, einvernehmlich, den fraktionslosen Abgeordneten Dr. Heinrich Fiechtner für insgesamt fünf Plenarsitzungen auszuschließen und berief sich dabei auf Paragraf 92, Absatz 2 der Geschäftsordnung. Zuvor hatte Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) dem Abgeordneten in der Plenarsitzung mehrere Ordnungsrufe erteilt und ihn schließlich des Saales verwiesen. Da Dr. Fiechtner dem Ausschluss zunächst nicht Folge leistete, musste er von hinzugezogenen Polizeibeamten aus dem Saal getragen werden.
Ermittlungsgruppe „Eckensee“ auf 70 Beamte aufgestockt – Eine weitere Festnahme
Stuttgart. Nach den schweren Ausschreitungen am vergangenen Wochenende in Stuttgart wurde die Ermittlungsgruppe „Eckensee“ von 40 auf 70 Personen aufgestockt. Das sagte Innenminister Thomas Strobl (CDU) am Mittwochvormittag, 24. Juni 2020, in einer Sondersitzung des Ausschusses für Inneres, Digitalisierung und Migration, wie der Vorsitzende des Gremiums, der CDU-Abgeordnete Karl Klein, mitteilte. Zudem wurde bekannt, dass eine weitere männliche Person festgenommen wurde und dass an den kommenden Wochenenden mehrere Hundert Polizisten in Stuttgart im Einsatz sein werden.
„Stuttgart erlebte am vergangenen Wochenende einen Gewaltexzess in noch nie dagewesener Form. Wir verurteilen diese Gewalttaten aufs Schärfste“, sagte Karl Klein. Solchen Angriffen müsse mit allen rechtsstaatlichen Mitteln begegnet werden. „Polizei und Rettungskräfte haben unsere volle Rückendeckung verdient“, betonte Klein. Alle Mitglieder des Ausschusses seien sich einig gewesen, dass sich solche Szenen nicht wiederholen dürften.
Nach Angaben des Vorsitzenden sind die zusätzlichen Ermittler der Gruppe „Eckensee“ unter anderem nötig, um die Vielzahl an Fotos und Videos von den Ausschreitungen auszuwerten. Die Menge des zu sichtenden Materials bewege sich inzwischen im Gigabyte-Bereich. Ziel sei, weitere Tatverdächtige zu ermitteln und festzunehmen. Insgesamt seien bislang 25 Personen festgenommen worden, darunter zwei Frauen. Die Festgenommenen seien zwischen 14 und 33 Jahre alt. Sieben Personen seien Jugendliche, acht weitere Heranwachsende. 15 Personen hätten ihren Wohnsitz in Stuttgart, fünf weitere in Baden-Württemberg. Je eine Person komme aus Bayern und Niedersachsen, drei Personen hätten keinen festen Wohnsitz.
Neun der Festgenommen im Alter von 16 bis 22 Jahren wiesen einen Flüchtlingsbezug auf. Die Staatsangehörigkeit der Beschuldigten sei: 12 Mal deutsch, vier Mal afghanisch, zwei Mal irakisch, zwei Mal somalisch, einmal polnisch, einmal kroatisch, einmal portugiesisch, einmal vermutlich lettisch und einmal bosnisch-herzegowinisch. Die Strafvorwürfe lauten unter anderem Landfriedensbruch im besonders schweren Fall, Angriff auf Vollstreckungsbeamte, gefährliche Körperverletzung, versuchter Totschlag. 15 Tatverdächtige seien polizeilich bekannt und bereits vor den Vorfällen zwischen ein und 24 Mal zur Anzeige gebracht worden.
Nach derzeitigem Stand seien 37 Ladengeschäfte beschädigt worden, mindestens neun seien geplündert worden. Passanten, die sich den Randalierern in den Weg stellten, seien angegriffen und teilweise verletzt worden. 23 Polizisten seien verletzt worden, zwei hätten stationär behandelt werden müssen. 18 Polizeifahrzeuge seien beschädigt worden, bilanzierte der Ausschussvorsitzende.
Klein zufolge kündigte der Innenminister eine deutlich höhere Polizeipräsenz an. Bis zur vollständigen Umsetzung eines Konzepts für mehr Sicherheit in der Stuttgart Innenstadt werde das Polizeipräsidium Stuttgart mit Unterstützung des Präsidiums Einsatz in den Nächten der kommenden Wochenenden mit „einer guten dreistelligen Anzahl“ an Beamten im Einsatz sein. Dazu gehörten mehrere Einsatzhundertschaften, Polizeireiter, Polizeihundeführer und Ermittlungsbeamte. Mehr Polizei alleine reiche jedoch nicht aus. Es werde ein ganzes Bündel an Maßnahmen unter Beteiligung der Stadt und des Landes benötigt, etwa Aufenthaltsverbote, Videoüberwachung oder Alkoholverbote.
Wie Karl Klein ausführte, konnten in der Sitzung am Mittwoch, an der auch Landespolizeipräsidentin Dr. Stefanie Hinz und der Stuttgarter Polizeivizepräsident sowie Einsatzleiter Thomas Berger teilnahmen, nicht alle Fragen beantwortet werden. Aus diesem Grund will sich der Innenausschuss in seiner nächsten Sitzung am 8. Juli 2020 erneut mit den Ausschreitungen befassen. Dann solle dem Gremium auch der aktuelle Ermittlungsstand mitgeteilt werden.
Innenausschuss befasst sich mit Ausschreitungen in der Stuttgarter Innenstadt
Stuttgart. Der Ausschuss für Inneres, Digitalisierung und Migration wird sich am Mittwoch, 24. Juni 2020, in einer nicht öffentlichen Sondersitzung mit den gewalttätigen Vorfällen und den großen Sachbeschädigungen in der Stuttgarter Innenstadt befassen. Innenminister Thomas Strobl (CDU) wird dem Gremium mündlich über die Ausschreitungen und den aktuellen Ermittlungsstand berichten. „Die schweren Gewalttaten gegen Polizistinnen und Polizisten sowie gegen Ladengeschäfte müssen lückenlos aufgeklärt werden. Es ist daher wichtig, dass sich der Innenausschuss diese Woche mit den Vorfällen befasst“, sagte der Vorsitzende des Gremiums, der CDU-Abgeordnete Karl Klein, am Montag, 22. Juni 2020. Die Sitzung beginnt um 9.00 Uhr und findet im Anna-Blos-Saal und im Elly-Heuss-Knapp-Saal im Bürger- und Medienzentrum statt.
Umweltausschuss debattiert über Stromimporte zur Netzstabilität und Versorgungssicherheit
Stuttgart. Baden-Württemberg ist Stromimportland und wird dies künftig wohl auch verstärkt sein. Das geht aus einer Antwort des Umweltministeriums auf einen Antrag der SPD-Fraktion hervor. In seiner Sitzung am Donnerstag,
18. Juni 2020, beschäftigte sich der Ausschuss für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft mit den Fragen, die sich aus der Abhängigkeit von Stromimporten zur Netzstabilität und Versorgungssicherheit ergeben. Dies teilte der Vorsitzende des Gremiums, Dr. Bernd Grimmer (AfD), mit.
Der Energiesektor würde derzeit stark umstrukturiert, um die Klimaschutzziele erreichen zu können. Als Maßnahmen ragten dabei insbesondere der Atomausstieg bis 2022 und den Kohleausstieg bis spätestens 2038 heraus. Studien würden davon ausgehen, dass in Baden-Württemberg bis mindestens 2025 die Stromversorgung gesichert sei, jedoch hierzu auch Strom in erheblichem Umfang importiert werden müsse. Dies hänge, so Dr. Grimmer, unter anderem damit zusammen, dass der Rückgang der konventionellen Stromerzeugung in Baden-Württemberg nicht hinreichend über gasbetriebene Kraftwerke und nicht zuverlässig aus erneuerbaren Energien kompensiert werden könne.
In den Jahren 2010 bis 2018 habe Baden-Württemberg durchschnittlich jeweils etwa 14.000 Gigawattstunden Strom importiert. Dem Umweltministerium zufolge liege das jedoch auch daran, dass Baden-Württemberg Transitland für Strom sei. Das bedeute, dass in diesen Zahlen auch der Strom aufgeführt werde, der über baden-württembergische Kuppelstellen ins benachbarte Ausland fließe, vom Land jedoch bereits genau für diesen Zweck aus anderen Bundesländern importiert worden sei und somit nicht im Land selbst verbraucht werde.
Baden-Württemberg importiere Strom aus Frankreich, Österreich und der Schweiz – neben jenem aus anderen Bundesländern, welcher den Hauptanteil darstellen würde. Die Stromtrassen durch Deutschland, die 2024 und 2026 fertiggestellt würden, sollen, so Dr. Grimmer, Strom aus Windenergieanlagen im Norden in den Süden Deutschlands transportieren. Dem Umweltministerium zufolge solle dies nach der Abschaltung der baden-württembergischen Atom- und Steinkohlekraftwerke zur Netzstabilität und Versorgungssicherheit in Baden-Württemberg beitragen und gleichzeitig dazu führen, dass sich der Anteil von erneuerbarem Strom am gesamten Stromimport ins Land erhöhe.
Ausschüsse hören Experten zum Volksantrag „Gemeinsam unsere Umwelt schützen“ an
Stuttgart. Der Ausschuss für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz und der Ausschuss um Umwelt, Klima und Energiewirtschaft haben am Mittwoch, 17. Juni 2020, eine öffentliche Anhörung zum Volksantrag „Gemeinsam unsere Umwelt schützen in Baden-Württemberg“ durchgeführt. „Heute ist ein besonderer Tag. Der erste Volksantrag in der Geschichte des Landes Baden-Württemberg wurde im Landtag behandelt“, sagte der Vorsitzende des Ausschusses für Ländlichen Raum, Martin Hahn (Grüne). Er dankte allen Referenten für die wertvollen Beiträge, aus denen die Parlamentarier nun die richtigen Schlüsse im Interesse des Arten- und Naturschutzes ziehen müssten.
Zu der Anhörung hatten die Ausschüsse sieben Wissenschaftler und andere Experten eingeladen. Dies waren Werner Räpple (Präsident des Badischen Landwirtschaftlichen Hauptverbands), Prof. Dr. Willfried Noll (Landesnaturschutzverband, Flächen- und Bodenschutz), Dr. Christian Scheer (Kompetenzzentrum Obstbau-Bodensee Bavendorf, Leiter des Fachbereichs Pflanzenschutz) und Prof. Dr. Martin Hasselmann (Universität Hohenheim, Professur Populationsgenomik bei Nutztieren).
Außerdem hörten die Abgeordneten Prof. Dr. Jan Nissen (Technische Hochschule Nürnberg, Professur für Strategische Marktbearbeitung in der Biobranche und Allgemeine Betriebswirtschaftslehre), Prof. Dr. Alois Heißenhuber (TU München-Weihenstephan, Professur für Wirtschaftslehre des Landbaus) und Joachim Rukwied (Präsident des Landesbauernverbands in Baden-Württemberg) an. Zwei weitere Wissenschaftler, Prof. Dr. Alexandra Klein (Universität Freiburg, Professur für Naturschutz und Landschaftsökologie) und Dr. Rainer Oppermann (Leiter des Instituts für Agrarökologie und Biodiversität), legten schriftliche Ausführungen vor.
Nach Angaben Hahns ist Baden-Württemberg Lebensraum für rund 50.000 Tier- und Pflanzenarten, rund 40 Prozent davon sind mittlerweile gefährdet. Die Ursachen für den Rückgang der Artenvielfalt seien vielfältig. Dies sei auch bei der Anhörung der Experten deutlich geworden. Der Vorsitzende wies darauf hin, dass es starke inhaltliche Überschneidungen zwischen dem Volksantrag und dem geplanten Biodiversitätsstärkungsgesetz gebe. Das Gesetz habe das Ziel, durch verschiedene Maßnahmen die Biodiversität zu stärken. Es ändere das Naturschutzgesetz (NatSchG) und das Landwirtschafts- und Landeskulturgesetz (LLG).
So sei etwa im Entwurf des NatSchG vorgesehen, die Lichtverschmutzung zur Erhöhung des Insektenschutzes einzudämmen. Außerdem sollen Gartenanlagen insektenfreundlicher gestaltet werden. Der Entwurf verbiete darüber hinaus den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln in Privatgärten, soweit eine solche Regelung im Zuständigkeitsbereich des Landes möglich sei. Die öffentliche Hand solle darüber hinaus verpflichtet werden, öffentliche, parkartige oder gärtnerisch gestaltete Grünflächen sowie das Umfeld öffentlicher Einrichtungen insektenfreundlich zu gestalten und zu pflegen. Die Kommunen würden zudem aufgefordert, Biotopverbundpläne zu erstellen und die Landschafts- und Grünordnungspläne anzupassen, führte der Ausschussvorsitzende aus.
Nach Angaben Hahns geht es im Volksantrag insbesondere um ein Bekenntnis zum flächendeckenden Erhalt der Landwirtschaft sowie die Weiterentwicklung bestehender Förderprogramme hierzu, den Artenrückgang und die Befassung der Forschungseinrichtungen des Landes damit sowie den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln und die damit zusammenhängende Forschung im Bereich des Pflanzenschutzes. Zudem befasst sich der Volksantrag mit dem Biotopschutz für Streuobstwiesen, dem Flächenverbrauch im Rahmen der Nachhaltigkeitsstrategie, der Förderung des Ökolandbaus, der Aufnahme der Biodiversität in Lehrplänen der Bildungseinrichtungen, der Einrichtung eines Kulturlandschaftsrats im Land und einen Lebensmittelhandel im Sinne des Artenschutzes und der heimischen Landwirtschaft.
Präsidentin Klinkert: „Grenzüberschreitende Zusammenarbeit ist die Lösung des Problems“
Stuttgart. Der Ausschuss für Europa und Internationales hat sich in seiner Sitzung am Mittwoch, 17. Juni 2020, mit der Präsidentin des Rats des Departements Haut-Rhin, Brigitte Klinkert, zu den Themen „Corona-Krise – neue Herausforderungen für die Zusammenarbeit am Oberrhein?“ und „Chancen des Aachener Vertrages – Anspruch und Wirklichkeit?“ ausgetauscht. Das hat der Vorsitzende des Gremiums, Willi Stächele (CDU), mitgeteilt. „Krisen haben es oft an sich, dass man nicht auf sie vorbereitet ist. Die Erfahrungen mit der Corona-Krise können dazu beitragen, den Aachener Vertrag mit Leben zu erfüllen“, so Stächele.
Das Departement Haut-Rhin mit seinen rund 770.000 Einwohnern hatte eine hohe Anzahl an Infektionen mit Covid 19, 1.500 Menschen sind verstorben. „Corona hat gezeigt, dass die grenzüberschreitende Zusammenarbeit lebenswichtig ist“, betonte die Präsidentin des Rats des Departements Haut-Rhin Brigitte Klinkert. Durch solidarische Luftbrücken, auch nach Baden-Württemberg, konnte Leben gerettet werden. „Das ist ein Symbol für europäische Solidarität“, hob Brigitte Klinkert hervor, die allen dankte, die dieses ermöglicht haben. Die Rettung von Menschenleben sei ein höchstes Anliegen. Die Präsidentin berichtete dem Gremium ausführlich von ihren Erfahrungen mit der „schwierigsten Krise der letzten Jahre.“ Von einem Tag auf den anderen seien die Grenzen geschlossen worden. „Das solidarische Leben unserer Grenzregion wurde abgeschaltet“, so Klinkert. Die unkoordinierte Grenzschließung habe zu zahlreichen Problemen geführt. „Der einzige effiziente Weg ist die Koordination“, stellte die Präsidentin fest. Für die Zukunft sei eine noch engere Zusammenarbeit, vor allem auch im Gesundheitsbereich, wichtig. „Wir müssen auf künftige Krisen besser vorbereitet sein“, sagte sie.
Ab dem 1. Januar 2021 wird es die Euro-Region Elsaß geben, durch die das Elsaß wieder mehr Autonomie erhalten wird. Es sollte daran gearbeitet werden, so Klinkert, einen einheitlichen Pflegeraum zu schaffen, ebenso müsse das Grenzmanagement neu überdacht werden. „So eine Situation an den Grenzen, wie wir sie jetzt hatten, darf nicht nochmal passieren“, betonte Brigitte Klinkert. „Wir brauchen ein zweites Schengen-Abkommen der Nähe, damit die Regionen am Oberrhein besser geschützt werden.“ Die EU müsse, so Klinkert, die beste Verbündete der Grenzregionen werden. Ein Hebel dafür könne der Aachener Vertrag werden. „Wir müssen einen Mehrwert schaffen, der für die Bürger sichtbar wird.“ Präsidentin Klinkert ist sich sicher, dass die Europa-Region Elsaß Gelegenheit und Chance ist, die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zu festigen.
„In unseren Räumen hat die Zusammenarbeit funktioniert“, so Vorsitzender Willi Stächele. Er äußerte sein Bedauern darüber, dass keine Parlamentarier der Landesparlamente im grenzüberschreitenden Ausschuss für die deutsche-französische Zusammenarbeit (GrüZ) vertreten seien. Er forderte das Staatsministerium auf, regelmäßig im Ausschuss von den Sitzungen zu berichten. „Wir wollen uns aktiv einschalten“, so Stächele abschließend.
Verkehrsausschuss diskutiert Ergebnisse einer Studie zu CO2 als Rohstoff für Refuels
Stuttgart. Mitte Januar dieses Jahres präsentierte das Verkehrsministerium die Ergebnisse einer Machbarkeitsstudie zur Erzeugung von synthetischem Kerosin aus Zementwerk-Abgasen. Auf Antrag der FDP/DVP-Fraktion diskutierte der Ausschuss für Verkehr in seiner Sitzung am Mittwoch, 17. Juni 2020, die Ergebnisse dieser Studie und die weiteren Herausforderungen bei der Herstellung sogenannter Refuels. „Wenn es gelingt, Kohlenstoffdioxid als Quelle für synthetischen Kraftstoff zu nutzen, wäre das ein wichtiger Beitrag für den Umweltschutz“, erklärte Karl Rombach (CDU), der Vorsitzende des Gremiums.
Wie Rombach mitteilte, habe die Studie des Karlsruher Unternehmens Ineratec belegt, dass CO2-Emissionen grundsätzlich für die Herstellung von synthetischem Kerosin geeignet seien. Dieses synthetische Kerosin gehöre zu den sogenannten „Renewable Energy Fuels“, kurz Refuels, die auf Grundlage Erneuerbarer Energien hergestellt würden. Als Refuels gälten neben synthetisch hergestellten Kohlenwasserstoffen beispielsweise auch Wasserstoff und nachhaltige Biokraftstoffe. Die Studie aus Karlsruhe sei speziell auf Emissionen von Zementwerken ausgerichtet worden. Gemeinsam mit Ineratec plane das Unternehmen Schwenk Zement KG derzeit eine Pilotanlage in Allmendingen für die Umwandlung von CO2-Emissionen in synthetisches Kerosin. „Die vollständige Abgasnutzung eines Zementwerks ist der nächst größere Schritt“, so der Ausschussvorsitzende.
Im Mobilitätssektor könnte synthetisches Kerosin insbesondere im Luftverkehr eingesetzt werden, da dort der Bedarf an nachhaltigem Kerosin steige. „Grundsätzlich sollte eine mögliche Förderung von Unternehmen im Luftverkehr mit mehr Klimafreundlichkeit verknüpft werden“, sagte Rombach. Dies könne dazu beitragen, den notwendigen Transformationsprozess im Luftverkehr einzuleiten. So setze sich die Landesregierung auf Bundesebene unter anderem für eine verbindliche und sukzessive ansteigende Beimischungsquote für synthetisches Kerosin sowie für die Förderung von Anlagen im industriellen Maßstab ein.
Auch im Straßenverkehr könnten Refuels einen Beitrag zur Klimafreundlichkeit leisten. So sei grundsätzlich davon auszugehen, dass die Emissionen synthetischer Kraftstoffe, die zu 100 Prozent mit erneuerbaren Energien erzeugt werden, weniger luft- und umweltschädliche Stoffe enthalten. Das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) untersuche dies derzeit mit Unternehmen der Automobilwirtschaft in Labor- und Praxistests. „Die Untersuchungsergebnisse sollen bis zum Ende des Jahres vorliegen“, so Rombach.
Bildungsausschuss begrüßt den Weg der Öffnung von Kitas und Grundschulen
Stuttgart. Ende Juni sollen die Kindertagesstätten und Grundschulen wieder in den Normalbetrieb zurückkehren. Kultusministerin Dr. Susanne Eisenmann informierte das Gremium im öffentlichen Teil der Ausschusssitzung am Donnerstag, 28. Mai 2020, über die Ausgestaltung dieser Wiederöffnung. „Es ist ein wichtiges Signal für die Kinder und auch für die Eltern, dass Kitas und Grundschulen wieder öffnen dürfen“, so die Vorsitzende Gremiums, Brigitte Lösch (Grüne). Es zeige sich immer wieder, dass der Weg der umsichtigen Öffnung der richtige sei.
Die Entscheidung, die Kindertagesstätten Ende Juni wieder regulär zu öffnen, habe das Ministerium aufgrund des Zwischenergebnisses der Kinder-Studie über das Infektionsgeschehen bei Kindern bis zehn Jahren getroffen, so Lösch. In der Studie vom Zentrum für Infektionskrankheiten und Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin des Universitätsklinikums Heidelberg seien 2.500 Kinder aus Notbetreuungen und jeweils ein Elternteil dieser Kinder auf das Corona-Virus und auf Antikörper getestet worden. Ersten Erkenntnissen dieser Studie zufolge seien die untersuchten Kinder nicht nur seltener infiziert gewesen als Erwachsene, sondern auch das Verbreitungsrisiko sei geringer als angenommen. „Für die Verbreitung des Infektionsgeschehens spielt es somit keine Rolle, ob Kinder zu Hause betreut werden oder in die Kita gehen“, so Lösch. Die Kindertagesstätten und die Grundschulen wieder für alle Kinder zu öffnen, sei daher der richtige Schritt.
Aufgrund der Erkenntnisse der Studie würden für Grundschulen und Kitas die Abstandsregeln aufgehoben. Jedoch sei darauf zu achten, dass es keine gemeinsamen Pausen gebe, damit sich die einzelnen Klassen und Gruppen nicht durchmischten. Eine Schwierigkeit im Bereich der Kindertageseinrichtungen sei die Frage, wie viel Personal zur Verfügung stehe, da dies von Träger zu Träger zwischen 30 und 45 Prozent variiere. Wünschenswert sei daher eine eindeutige Definition, wer zur Risikogruppe gehöre.
Für die weiterführenden Schulen gelte ab den Pfingstferien ein rollierendes System mit einer Mischung aus Präsenz- und Fernunterricht. Hier gelte die Regel, dass jedes Kind in der Woche mindestens zehn Schulstunden in der Schule verbringen müsse. Dieses System solle nach Angaben der Kultusministerin bis zu den Sommerferien gelten. „Homeschooling wird daher weiterhin eine Rolle spielen“, so Lösch. Kinder, die per Fernunterricht jedoch nicht erreicht würden, könnten Lehrkräfte bereits jetzt in die Schule beordern, um mit ihnen in Kleingruppen zu arbeiten. Dies gelte unabhängig von Schulart und Klassenstufe der Kinder.
Land muss Ausgleichsabgabe wegen nicht erreichter Beschäftigungsquote zahlen
Stuttgart. Der Finanzausschuss des Landtags hat sich in seiner Sitzung am Donnerstag, 28. Mai 2020, mit der Beschäftigung schwerbehinderter Menschen in der Landesverwaltung befasst. Wie in der Sitzung deutlich wurde, musste das Land Baden-Württemberg in den Jahren 2017 und 2018 eine Ausgleichsabgabe zahlen, weil die Pflichtbeschäftigungsquote schwer behinderter Menschen nicht erreicht wurde, teilte der Ausschussvorsitzende Rainer Stickelberger (SPD) mit.
Im Jahr 2017 lag laut Stickelberger die Beschäftigungsquote schwerbehinderter Menschen in der Landesverwaltung im Jahresdurchschnitt bei 4,6 Prozent. Das Land Baden-Württemberg habe als Arbeitgeber damit die Pflichtbeschäftigungsquote in Höhe von fünf Prozent nicht erreicht und eine Ausgleichsabgabe in Höhe von insgesamt rund 1,3 Millionen Euro an das Integrationsamt beim Kommunalverband für Jugend und Soziales entrichten müssen.
Im Jahr 2018 habe die Beschäftigungsquote schwerbehinderter Menschen im Jahresdurchschnitt 4,54 Prozent betragen. Die höchste Quote weise das Sozialministerium mit 10,5 Prozent auf, gefolgt vom Finanzministerium mit 7,9 Prozent. Obwohl bis auf zwei Ministerien (Kultus, Wissenschaft) alle Ressorts die Quote erfüllen bzw. überschreiten, sei es auch im Jahr 2018 nicht gelungen, die Verpflichtung zur Zahlung einer Ausgleichsabgabe zu verhindern. Die erbrachten Werkstattaufträge hätten die Verfehlung der Pflichtquote nicht ausgleichen können. Das Land habe damit auch im Jahr 2018 eine Ausgleichsabgabe in Höhe von insgesamt rund 1,4 Millionen Euro entrichten müssen, sagte Rainer Stickelberger. Bei den Neueinstellungen schwer behinderter Menschen seien im Jahr 2018 in der Landesverwaltung 331 Beamte und Beschäftigte, 30 Auszubildende, 10 Beamtenanwärter und 28 Referendare gezählt worden.
Im Ausschuss wurde deutlich, dass die Zahl der Schwerbehinderten mit zunehmendem Alter steigt, jüngere Menschen sind eher seltener betroffen. Dies wirke sich daher auch erheblich auf die Zahl der beschäftigten Schwerbehinderten aus. Das Kultusministerium habe mitgeteilt, der derzeitige Rückgang der Schwerbehindertenquote sei insbesondere darauf zurückzuführen, dass sehr viele schwerbehinderte Menschen aus den geburtsstarken Jahrgängen nun vermehrt in den Ruhestand treten. Jüngere oder neu eingestellte Lehrkräfte und Bewerber wiesen seltener eine Behinderung auf oder gäben diese an. Vor diesem Hintergrund sei es nicht einfach, trotz vielfältiger Maßnahmen den Anteil der schwerbehinderten Beschäftigten im Kultusbereich zu erhöhen. Um die Quote zu erfüllen, müssten allein unter den 120.000 Lehrkräften 6.000 Personen mit schwerer Behinderung sein.
Das Wissenschaftsministerium nenne als einen wesentlichen Grund die Personalstruktur an den Hochschulen, bei der eine Vielzahl an Stellen befristet sei. Aufgrund der Bewerberlage würden dort freiwerdende Stellen häufig mit jüngeren Personen besetzt. Bei dieser Bewerber- und Beschäftigungsgruppe sei der Anteil der Schwerbehinderten jedoch geringer als in anderen Bereichen. Dies habe zur Folge, dass das Bewerberreservoir klein sei und nur eine unterdurchschnittliche Zahl von Schwerbehinderten aufweise. Zudem seien die Universitätsklinika und die Studierendenwerke rechtlich selbstständig geworden und würden bei der Berechnung der Schwerbehindertenquote nicht mehr berücksichtigt. Würden diese jedoch mit einbezogen, läge die Quote bei knapp fünf Prozent.
Die Summe der vergebenen Aufträge an Werkstätten für Menschen mit Behinderungen und Blindenwerkstätten ist im Jahr 2018 Stickelberger zufolge wieder gestiegen. Im Jahr 2016 wurden noch Aufträge im Wert von 183.677 Euro vergeben, im Jahr 2017 erfolgte ein Rückgang auf 179.937 Euro. Im Jahr 2018 stieg das Auftragsvolumen wieder auf 207.575 Euro, führte der Vorsitzende aus.
Sozialausschuss befasst sich mit Praxisstart der generalisierten Ausbildung in den Pflegeberufen
Stuttgart. Die Corona-Pandemie hat die Pflegeschulen, die Einrichtungsträger und die Landesverwaltung hinsichtlich der angelaufenen Umsetzung der Pflegeberufereform vor eine zusätzliche Herausforderung gestellt. Das wurde bei Beratungen des Antrags der FDP/DVP-Fraktion „Praxisstart der generalisierten Ausbildung in den Pflegeberufen“ in der Sitzung des Ausschusses für Soziales und Integration am Donnerstag, 28. Mai 2020, deutlich. Wie der Vorsitzende des Gremiums, Rainer Hinderer (SPD), mitteilte, konnten einige Schulen am geplanten Schuljahresbeginn zum 1. April festhalten. „Mit Blick auf den dringenden Bedarf an Pflegekräftenachwuchs wurde das vom Ausschuss begrüßt“, so Hinderer.
Ziel der generalisierten Ausbildung sei es vor allem, dass Pflegende – egal, in welchem speziellen Bereich sie arbeiten – dieselbe Ausbildung erhalten haben und somit auch Anspruch auf eine anständige Entlohnung. Im Jahr 2020 stünden Hinderer zufolge voraussichtlich rund 7.500 Ausbildungsplätze der Pflegeschulen in der neuen generalistischen Pflegeausbildung für Schülerinnen und Schüler im ersten Ausbildungsjahr zur Verfügung. „Es wird also voraussichtlich keinen Einbruch der Ausbildungsplätze geben. Das zeigt, dass die Attraktivität der Pflegeberufe gesteigert werden konnte“, legte Hinderer dar. Die teilweise erst spät in Kraft getretenen Vorschriften des Bundes hätten die Akteure der Pflegeausbildung im Land vor große Herausforderungen gestellt. Besonders erwähnenswert sei, dass das Ausführungsgesetz zum Pflegeberufegesetz fristgerecht zum 1. Januar 2020 in Kraft gesetzt worden sei. Die Pauschalbudgets für die Pflegeschulen und die Träger der praktischen Ausbildung hätten in Baden-Württemberg ohne Anrufung der Schiedsstelle geeint werden können. Die Höhe der Vergütungen liege bundesweit mit an der Spitze. „Damit haben die Kostenträger, zu denen auch das Land gehört, finanziell unter Beweis gestellt, dass für sie die Pflegeausbildung ein sehr wichtiges Anliegen ist“, betonte der Vorsitzende und bilanzierte: „Das neue Ausbildungsmodell kommt an.“
Regional gebe es allerdings große Unterschiede hinsichtlich der Praxisstellen für den Einsatz in der pädiatrischen Versorgung. Einzelne Landkreise hätten dem Sozialministerium entsprechende Problemanzeigen zukommen lassen. Teilweise sei ein zumindest vorübergehender Verzicht auf den Pädiatrieeinsatz gefordert worden. Dies sei jedoch nicht möglich, da dieser bundesrechtlich zwingend vorgeschrieben sei. Es seien aber bereits alle landesrechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft worden, indem der Umfang des Einsatzes von 120 auf 60 Stunden gesenkt worden sei.
Im Ausschuss seien auch die Kriterien angesprochen worden, die erfüllt werden müssten, um als pädiatrische Einrichtung im Sinne der Erfüllung der Ausbildungserfordernisse anerkannt werden zu können. Zwischenzeitlich erfüllten auch Kinderarztpraxen diese Kriterien. Sie seien nachträglich aufgenommen worden, ebenso wie Kinderkrippen. „Dies dürfte zu einer erheblichen Entspannung der Situation beitragen“, bemerkte Hinderer. Jedoch könne eine Pflegeausbildung in der Kleinkindbetreuung nur als Notlösung gesehen werden, da die Kinder dort gesund seien.
Auf Bitte des Vorsitzenden informierte Minister Manfred Lucha den Ausschuss darüber hinaus auch über bisher bekannt gewordene Tatsachen zum tragischen Tod eines acht Monate alten Säuglings in Wiesloch. Der Vater des Kindes stehe im Verdacht, das Baby massiver Gewalteinwirkung ausgesetzt zu haben. Die Mitglieder des Ausschusses zeigten sich sehr betroffen. „Sobald der Fall genauer aufgeklärt ist, wird uns das mit Sicherheit noch beschäftigen“, so Rainer Hinderer.
Innenausschuss informiert sich über aktuelle Lage in Corona-Pandemie
Stuttgart. Der Ausschuss für Inneres, Digitalisierung und Migration hat sich in seiner Sitzung am Mittwoch, 27. Mai 2020, mit der aktuellen Situation in der Corona-Pandemie und den Demonstrationen gegen die Einschränkungen befasst. Innenminister Thomas Strobl (CDU) habe den Ausschussmitgliedern berichtet, dass sich die Infektionszahlen auch mit den erfolgten Lockerungen positiv entwickelten, sagte der Vorsitzende des Gremiums, der CDU-Abgeordnete, Karl Klein (CDU). Der Ausschuss sei mehrheitlich der Auffassung gewesen, es liege jetzt an jeder und jedem Einzelnen, verantwortungsvoll mit den Lockerungen umzugehen, den Infektionsschutz weiterhin sicherzustellen und das Erreichte nicht aufs Spiel zu setzen. Thematisiert wurden auch Gewalttaten am Rande von Demonstrationen. „Gewalt bei Versammlungen darf nicht geduldet werden. Der Innenausschuss wünscht dem schwer verletzten Demonstrationsteilnehmer eine baldige und vollständige Genesung“, betonte Karl Klein.
Wie der Vorsitzende ausführte, hätten die Einschränkungen Wirkung gezeigt. Die Zahl der Neuinfektionen und Erkrankten habe stark abgenommen. Auch die Zahl der stationär behandelten Coronavirus-Patienten sei deutlich zurückgegangen. Nach dem Höchststand Anfang April mit knapp 2.500 Patienten liege der Wert nun bei unter 1.000. Die Anzahl der beatmeten Patienten sei von über 500 auf unter 150 gefallen. Trotzdem beherrsche das Virus weiterhin den Alltag. Strobl habe daher an alle Bürgerinnen und Bürger appelliert, in besonderem Maße verantwortungsvoll zu handeln. Dies gelte auch im Kontext von Versammlungen und Demonstrationen. Versammlungen seien legitim und die Versammlungsfreiheit sei ein hohes, grundgesetzlich geschütztes Gut. Gleichwohl müsse auch hier eine Abwägung mit dem Gesundheitsschutz der Bürgerinnen und Bürger erfolgen, fasste Karl Klein die Ausführungen zusammen.
Das Innenministerium habe die Versammlungsbehörden durch zwei Hinweisschreiben dafür sensibilisiert, dass Versammlungen nicht per se verboten werden können, sondern unter Auflagen zum Infektionsschutz zugelassen werden sollen. Es sei ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass es sich bei jeder Versammlung um eine Einzelfallentscheidung handele, bei der nach pflichtgemäßem Ermessen der Infektionsschutz und der Schutz von Leib und Leben gegen die Versammlungsfreiheit abzuwägen seien. Um den Infektionsschutz sicherzustellen, seien die Versammlungsbehörden angehalten, für jede Versammlung gemeinsam mit dem Veranstalter ein Sicherheitskonzept zu erstellen. Auch die An- und Abfahrt im ÖPNV müsse dabei mitbetrachtet werden.
Bei den bisherigen Versammlungen hielten sich laut Klein die meisten Teilnehmerinnen und Teilnehmer weitestgehend an die Auflagen. Vereinzelt seien jedoch Verstöße festgestellt worden. Teilweise sei sogar deutlich geworden, dass einige Teilnehmerinnen und Teilnehmer ganz bewusst gegen die notwendigen Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie verstoßen hätten. Das sei nicht Ausdruck einer freien Meinungsäußerung, sondern in der jetzigen Situation gefährlich und unverantwortlich.
Am vergangenen Wochenende habe es zwar eine rückläufige Tendenz bei den Teilnehmerzahlen gegeben, dennoch bereiteten Versammlungen mit vielen Teilnehmern und großem Störpotenzial Sorgen. Der überwiegende Teil der bisherigen Demonstrationen und Kundgebungen werde nach derzeitigem Stand zwar nicht maßgeblich durch extremistische Akteure beeinflusst. Gleichwohl sei zu beobachten, dass diverse extremistische Gruppierungen versuchten, auf das Demonstrationsgeschehen Einfluss zu nehmen. Zudem seien unter den Teilnehmern der Demonstrationen neben Vertretern des „Flügel“ auch Mitglieder der Partei „Die RECHTE“ festgestellt worden. Das Landesamt für Verfassungsschutz analysiere laufend das Demonstrationsgeschehen.
Der Ausschuss habe gewalttätige Aktionen am Rande oder im Vorfeld von Versammlungen wie am vorletzten Wochenende in Stuttgart verurteilt. Dabei seien mehrere Personen zusammengeschlagen worden, eine Person schwebe weiterhin in Lebensgefahr. Die Ermittlungen wegen versuchten Totschlags liefen auf Hochtouren. Beim Polizeipräsidium Stuttgart sei eine Ermittlungsgruppe eingesetzt worden.
Nach Angaben Kleins sind von der Versammlungsfreiheit nach Artikel 8 des Grundgesetzes auch die Mitglieder- oder Vertreterversammlungen der Parteien umfasst, in denen sie ihre Bewerber und Ersatzbewerber für die Landtagswahl 2021 wählen. Nach der Corona-Verordnung seien daher inzwischen auch Aufstellungsversammlungen – und damit einer der wichtigsten Schritte für die Wahlvorbereitung der Parteien für die Landtagswahl 2021 – wieder möglich. Da auch die Parteien bei diesen Versammlungen Maßnahmen zum Infektionsschutz zu beachten hätten, habe das Innenministerium in Zusammenarbeit mit dem Sozialministerium und der Landeswahlleiterin Empfehlungen zu Infektionsschutzmaßnahmen bei der Durchführung von Aufstellungsversammlungen erstellt und den Parteien übersandt. Zu empfehlen sei insbesondere, rechtzeitig vor der jeweiligen Versammlung Kontakt mit der für den Versammlungsort zuständigen Gemeinde und dem Gesundheitsamt aufzunehmen.
Landwirtschaftsausschuss beschließt Änderung des Jagdgesetzes
Stuttgart. Der Ausschuss für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz empfiehlt dem Landtagsplenum, dem Gesetz zur Änderung des Jagd- und Wildtiermanagementgesetzes zuzustimmen. Einen entsprechenden Beschluss fasste das Gremium mit den Stimmen von Grünen, CDU und SPD in seiner Sitzung am Dienstag, 26. Mai 2020. „Mit den Änderungen wird das Ziel verfolgt, das Jagd- und Wildtiermanagement zukunftsfähiger und effizienter zu gestalten“, sagte der Ausschussvorsitzende Martin Hahn (Grüne).
Mit dem Gesetzentwurf wird laut Hahn das Wildschadensersatzrecht dahingehend geändert, dass die Wildschadensverhütung sowie eine bessere Kommunikation und Zusammenarbeit aller Beteiligten gefördert werden. Das Verfahren zur Geltendmachung des Wildschadens und die Ersatzpflicht der Verfahrenskosten würden neu geregelt. Außerdem werde das Institut der Stadtjägerin und des Stadtjägers geschaffen, die oder der konzeptbasiert in Fragen des Wildtiermanagements berät und nach festgelegten Maßgaben die Jagd in befriedeten Bezirken ausüben darf.
Weiterhin würden die Handlungsmöglichkeiten für eine Verringerung der Störung und Beunruhigung von Wildtieren geschaffen. Die Handlungsmöglichkeiten zur Tierseuchenprävention und Tierseuchenbekämpfung werden erweitert sowie die allgemeine Schonzeit um zwei Wochen vorverlegt. Die untere Jagdbehörde könne anordnen, dass die jagdausübungsberechtigte Person, unabhängig von den Vorschriften zu Jagd- und Schonzeiten, innerhalb einer bestimmten Frist in bestimmtem Umfang den Wildtierbestand zu verringern oder einzelne Wildtiere zu erlegen hat, wenn dies mit Rücksicht auf überwiegende Gründe des öffentlichen Interesses, insbesondere auf die Interessen der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft und die Belange des Naturschutzes, der Landschaftspflege, zur Bekämpfung von Tierseuchen oder zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit notwendig ist. Die jagdausübungsberechtigte Person hat eine unverzügliche Bejagung der betroffenen Wildtierarten durch Dritte gemäß den Vorgaben der unteren Jagdbehörde zu dulden, wenn dies zur Bekämpfung von Tierseuchen geboten ist.
Wie Hahn weiter ausführte, trat das Jagd- und Wildtiermanagementgesetz am 1. April 2015 in Kraft. Es regelt die Ziele der Jagd, bringt die gesellschaftlichen, ökologischen und ökonomischen Belange mit den heimischen Wildtierpopulationen in Einklang und dient dem Tierschutz. Mit dem Gesetz hat das Land von seiner Kompetenz Gebrauch gemacht, für das Jagdwesen ein eigenes Landesgesetz zu schaffen.
Landtagspräsidentin Aras: Arbeiten inspirieren uns, Sichtweisen von Jugendlichen in konkrete politische Arbeit einzubeziehen
Stuttgart. Ihre Arbeiten stechen aus den Einsendungen zum 62. Schülerwettbewerb des Landtags von Baden-Württemberg heraus: David Schellenbach, Tosca Blum, Melissa Schaible und Helen Felbek erhalten in diesem Jahr die Auszeichnung mit einem Förderpreis. Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne), die Schirmherrin des Wettbewerbs, gratuliert: „Ich bin beeindruckt, mit wie viel Engagement und Ernsthaftigkeit die vier Preisträgerinnen und Preisträger über unsere Demokratie und ihre Grundlagen nachgedacht haben. Ihre Arbeiten inspirieren uns, immer wieder darüber nachzudenken, wie wir Jugendliche beteiligen und ihre Ideen und Sichtweisen in konkrete politische Arbeit einbeziehen.“
Der Förderpreis des Schülerwettbewerbs wird seit mittlerweile 33 Jahren an Schülerinnen und Schüler vergeben, deren Arbeiten noch aus den Ersten Preisen herausragen. Die Kriterien dafür: Sie sollen vor allem originell und authentisch sein. In diesem Jahr erfüllt David Schellenbach, der das Peutinger-Gymnasium in Ellwangen besucht, diese Kriterien mit seiner Facharbeit zur Frage „Welchen Einfluss haben Protestbewegungen auf unsere Demokratie?“ Auch Helen Felbek vom United World College in Freiburg im Breisgau schrieb eine Facharbeit; sie wählte das Thema „Demokratiesicherung – Wie kann sich die deutsche Demokratie vor Demokratiefeindlichkeit schützen, ohne selbst gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung zu verstoßen?“ Für einen anderen Ansatz entschied sich Tosca Blum vom St.-Jakobus-Gymnasium in Abtsgmünd; sie wertete eine Karikatur über Greta Thunberg und die Bewegung Fridays for Future aus. Melissa Schaible vom Calwer Maria-von-Linden-Gymnasium schließlich führte eine Umfrage dazu durch, wie sich Jugendliche für ihre Meinung einsetzen.
Generell erfreute sich der 62. Schülerwettbewerb auch in diesem Jahr großer Beliebtheit. 3.064 Schülerinnen und Schüler aus 145 Schulen haben insgesamt 2.221 Arbeiten eingereicht.
Gemeinderats- und Kreistagssitzungen sollen als Videokonferenzen ermöglicht werden
Stuttgart. Auch in Ausnahmesituationen wie der derzeitigen Corona-Krise müssen Gemeinderats- und Kreistagssitzungen möglich sein. Dies betonten die Mitglieder des Ausschusses für Inneres, Digitalisierung und Migration in der Sitzung des Gremiums am Mittwoch, 6. Mai 2020. „Der Ausschuss rät daher dem Landtagsplenum, dem Gesetzesentwurf der Fraktionen Grüne und CDU, der diese Sitzungen in Ausnahmefällen als Videokonferenzen erlaubt, zuzustimmen“, sagte der Vorsitzende des Gremiums, Karl Klein (CDU). Dies sei im Anschluss an die Anhörung Sachverständiger aus dem betroffenen Bereich beschlossen worden.
Wie Klein mitteilte, sehen die Vorschriften der Gemeindeordnung und der Landkreisordnung bislang zwingend die persönliche Anwesenheit der Mitglieder des Gremiums bei einer Sitzung vor. Das geplante Gesetz biete nun Alternativen für Situationen wie die derzeitige Corona-Pandemie. „Wenn man eine Gemeinderats- oder Kreistagssitzung per Videokonferenz abhalten kann, dient das auch dem Schutz der Mitglieder“, so Klein. Hierbei sei wichtig, dass die Mitglieder per Bildübertragung an der Sitzung teilnähmen, um die Identifikation der Beteiligten zweifelsfrei zu ermöglichen. Telefonkonferenzen seien daher nicht zulässig. Auch die Öffentlichkeit der Sitzungen müsse weiterhin gewährleistet sein. So könne man zum Beispiel die Videokonferenz in einen für die Öffentlichkeit zugänglichen Raum übertragen.
Der Ausschussvorsitzende betonte außerdem, dass solche Videokonferenzen keiner Kommune vorgeschrieben würden, sondern lediglich eine Hilfestellung darstellten. Der Gesetzentwurf sehe zudem vor, Videokonferenzen derzeit nur in Ausnahmefällen durchzuführen; solche Ausnahmefälle stellten insbesondere Naturkatastrophen, Gründe des Infektionsschutzes oder sonstige außergewöhnliche Notsituationen dar.
Umweltausschuss bespricht neuen Aktionsplan der EU für die Kreislaufwirtschaft
Stuttgart. Im Dezember vergangenen Jahres verkündete die EU-Kommission ihren Plan eines „Green Deal“ für die Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Der neue Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft, den der Ausschuss für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft in seiner Sitzung am Donnerstag, 30. April 2020, diskutierte, schließt daran an und konkretisiert die europäischen Vorhaben im Teilbereich Kreislaufwirtschaft. Dies teilte der Vorsitzende des Umweltausschusses, Dr. Bernd Grimmer (AfD), mit. Der Umweltausschuss tagte aufgrund der Corona-Krise virtuell als Videokonferenz.
Dem Aktionsplan zufolge soll das Thema Kreislaufwirtschaft von der bisher überwiegend abfallbezogenen Betrachtung ausgeweitet werden auf die gesamte Produktionskette. Die EU strebe einen Übergang zu einem Modell des „regenerativen“ Wachstums mit einer nachhaltigen Produktpolitik an anstelle einer Wegwerfgesellschaft. So solle der Ressourcenverbrauch bei der Produktion vermindert werden und die Nutzungsdauer der Produkte verlängert werden, beispielsweise indem technische Geräte länger funktionstauglich sein sollten oder man sie reparieren könne, anstatt sie wegwerfen zu müssen.
Wie Dr. Grimmer mitteilte, sehe der Aktionsplan verschiedene Initiativen in diesem und im kommenden Jahr vor. Vorgesehen seien beispielsweise welche für elektronische Geräte mit einem Recht auf Reparatur und der Schaffung einheitlicher Ladegeräte oder eine Regelung bezüglich Verpackungsmüll sowie eine Regulierung des Einsatzes von Mikroplastik.
Im Ausschuss sei man sich einig gewesen, dass es zu begrüßen sei, wenn künftig mehr recycelt und wiederverwendet werde. Als wichtig betrachte man außerdem, dass die Position der Verbraucher gestärkt werde; diese hätten einen Anspruch auf Information, zum Beispiel ob ein Produkt nachhaltig produziert worden sei oder nicht. Hierzu wolle die EU-Kommission noch in diesem Jahr ein Konzept vorlegen.
Vorsitzende Krebs: Faire und angemessene Bedingungen fürs Abitur 2020
Stuttgart. Mit drei Eingaben zum Abitur 2020 hat sich der Petitionsausschuss in seiner Sitzung am Donnerstag, 30. April 2020, befasst. Das hat die Vorsitzende des Petitionsausschusses, Petra Krebs (Grüne), mitgeteilt. „Das Kultusministerium hat ausführlich sein Vorgehen erläutert und der Ausschuss hat mehrheitlich grünes Licht gegeben, so weiter zu verfahren. Wir hoffen, dass es einen guten Abiturjahrgang 2020 gibt“, berichtete Petra Krebs.
Die Petitionen seien kurzfristig auf die Tagesordnung gesetzt worden, so die Vorsitzende, da die nächste Sitzung des Gremiums erst am 18. Juni stattfindet – also dann, wenn das schriftliche Abitur bereits vorbei ist. Das Ministerium habe dem Ausschuss deshalb mündlich dargelegt, dass es größtes Verständnis für die Sorgen der Petenten habe, die Umstände seien in der Tat belastend. „Das Ministerium weiß, dass die Bedingungen 2020 belastend sind für alle am Schulleben Beteiligten: Schüler, Lehrer, Eltern und Schulleitungen“, fasste Krebs zusammen. Die Kultusministerkonferenz habe entschieden, dass die schriftlichen Abiturprüfungen stattfinden werden. In anderen Ländern seien sie bereits angelaufen. Das Kultusministerium, so Petra Krebs, garantiere faire und angemessene Bedingungen für alle Abiturientinnen und Abiturienten, es sollten keine Nachteile entstehen.
Deshalb seien sieben Maßnahmen getroffen worden: Der Beginn der schriftlichen Abiturprüfungen sei auf den 18. Mai 2020 verschoben worden. Bis zu den Sommerferien würden zwei Nachholtermine angeboten. Abiturienten könnten entscheiden, welchen Termin sie wahrnehmen. Es sei nicht erforderlich ein Attest vorzulegen, wenn jemand erst am Nachholtermin im Juni oder Juli schreiben möchte. Die Vorbereitungszeit sei letztlich um eine Woche verlängert worden. Im Präsenzunterricht ab dem 4. Mai konzentrierten sich die Abiturienten auf ihre Prüfungsfächer, es gebe keine Klausuren mehr vor dem schriftlichen Abi. Überdies seien die Hygienemaßnahmen vom Kultusministerium gewissenhaft umgesetzt und an die Schulen kommuniziert worden. Schülerinnen und Schüler mit Vorerkrankungen würden vom
Präsenzunterricht freigestellt. Und letztlich sei das Korrekturverfahren für die Abiturprüfungen verschlankt worden, indem Erst- und Zweitkorrektur an derselben Schule stattfinden würden. „Das Ministerium ist sich sicher, dass die Abiturientinnen und Abiturienten die Abiprüfung meistern können“, so die Vorsitzende.
Ein Petent hatte sich generell gegen eine Verschiebung der Abiturprüfungen ausgesprochen. Das Lehren des abiturrelevanten Stoffs sei bereits einige Zeit vor der Schulschließung abgeschlossen gewesen, so dass die Abiturienten die Voraussetzungen für die Prüfung bereits besäßen. Er forderte deshalb, das Abitur zum ursprünglichen Termin, der nach den Osterferien gewesen wäre, zu schreiben.
Zwei weitere Petenten forderten eine komplette Absage der Abiturprüfungen und stattdessen die Errechnung eines Durchschnittsabiturs. Das Stattfinden der Prüfungen sollte nicht über die Gesundheit vieler Menschen gestellt werden. Sie verwiesen auf die enorme Belastung der Schülerinnen und Schüler in Zeiten von Corona. Gesundheit habe oberste Priorität, so die Petenten.
Ständiger Ausschuss wählt zehn neue Mitglieder für SWR-Rundfunkrat
Stuttgart. Für die 6. Amtsperiode des Rundfunkrats des Südwestrundfunks (SWR) hat der Ständige Ausschuss des Landtags in seiner Sitzung am Donnerstag, 30. April 2020, zehn neue Mitglieder gewählt. Wie der Ausschussvorsitzende Dr. Stefan Scheffold (CDU) mitteilte, werden die Gewählten von Wirtschaftsverbänden, Hochschulen und Universitäten sowie Bildungsverbänden in das Gremium entsandt.
Nach Angaben Dr. Scheffolds standen für die zehn zu besetzenden Mitgliederplätze insgesamt 18 Kandidatinnen und Kandidaten zur Wahl. Den Wirtschaftsverbänden stehen vier Plätze für Verfügung, den Universitäten und Hochschulen zwei Plätze und den Bildungsverbänden vier Plätze. Die Abstimmung erfolgte in geheimer Wahl. Für die Wirtschaftsverbände wählte der Ständige Ausschuss Claudia Gläser (für den Baden-Württembergischen Industrie- und Handelskammertag), Günther Hieber (für den Bund der Selbständigen Baden-Württemberg), Rainer Reichhold (für den Baden-Württembergischen Handwerkstag) und Dr. med. Anne Gräfin Vitzthum von Eckstädt (für den Landesverband der Freien Berufe Baden-Württemberg).
Für die Universitäten und Hochschulen wurden Prof. Dr. Dr. h.c. Bastian Kaiser (für die Hochschulen für Angewandte Wissenschaften Baden-Württemberg) und Dr. Regula Rapp (für die Hochschulen für Musik Baden-Württemberg) gewählt. Für die Bildungsverbände votierte der Ständige Ausschuss für Leandro Cerqueira Kast (für die Arbeitsgemeinschaft Freier Schulen Baden-Württemberg und den Landesschülerbeirat), Barbara Fröhlich (für den Landeselternbeirat Baden-Württemberg), Doro Moritz (für die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Baden-Württemberg) und Erol Alexander Weiß (für den Volkshochschulverband Baden-Württemberg).
Wie Scheffold erläuterte, wurden im Rahmen des Entsendeverfahrens für die sechste Amtszeit des Rundfunkrats des Südwestrundfunks (2020 bis 2025) von den entsendeberechtigten Organisationen jeweils mehr Kandidatinnen und Kandidaten vorgeschlagen als Plätze zur Verfügung standen. In diesen Fällen könne der Ständige Ausschuss nach den Bestimmungen des Staatsvertrags über den Südwestrundfunk eine Auswahlentscheidung treffen. Vor der geheimen Abstimmung haben sich alle 18 Kandidatinnen und Kandidaten in einer Vorstellungsrunde (16 persönlich, 2 per Videobotschaft) vorgestellt. Der Rundfunkrat setzt sich aus 74 Mitgliedern zusammen. 51 Mitglieder sind aus Baden-Württemberg und 23 Mitglieder aus Rheinland-Pfalz.
Europaausschuss erörtert grenzüberschreitende Zusammenarbeit mit Frankreich
Stuttgart. Der Ausschuss für Europa und Internationales hat sich in seiner Sitzung am Mittwoch, 29. April 2020, über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit mit Frankreich ausgetauscht. Das hat die stellvertretende Vorsitzende des Gremiums, Dorothea Wehinger (GRÜNE), mitgeteilt. „Ziel der Landesregierung muss sein, dass Miteinander weiterhin zu vereinfachen. Es sollte weiterhin eine enge Zusammenarbeit zwischen Frankreich und Baden-Württemberg geben,“ so Wehinger. „Die aufgebauten Strukturen haben in der Krise gut funktioniert“.
Aufgrund der Corona-Pandemie sei die Zusammenarbeit zwischen beiden Staaten und auch zwischen den Regionen an der Grenze vor ganz neue Herausforderungen gestellt worden, für die geeignete Lösungen gefunden werden müssten. Die Schließung einiger Grenzübergänge und die Beschränkungen und Kontrollen beim Grenzübertritt stellten insbesondere für Berufspendler ein tägliches Hindernis dar. Auch im Bereich des Gesundheitswesens habe die Pandemie offengelegt, wie wichtig eine enge Vernetzung und Zusammenarbeit zwischen den Staaten und Regionen sei. Die Aufnahme französischer Patienten in baden-württembergischen Kliniken sei bei unseren französischen Nachbarn als freundschaftliche Geste wahrgenommen worden.
„Die jahrzehntelange enge Kooperation zwischen Deutschland und Frankreich hat dafür gesorgt, dass der enge Kontakt auch während der Pandemie nicht abgerissen ist. Insbesondere die regionalen Gremien der Zusammenarbeit, wie zum Beispiel der Oberrheinrat, waren eine wertvolle Plattform der Kommunikation und haben eine wichtige Arbeit geleistet. Es darf aber nicht verschwiegen werden, dass es auch Misstöne gab, wegen der erwähnten Schließung von Grenzübergängen und dem stark eingeschränkten Grenzverkehr, der insbesondere für die sogenannten Grenzgänger das Leben erschwert. Aus dieser Erfahrung müssen wir lernen, dass ein ständiger Austausch und eine enge Kooperation auf allen Ebenen der Verwaltung und der Politik ganz essentiell sind für ein künftiges freundschaftliches Miteinander in der deutsch-französischen Grenzregion,“ legte Wehinger dar. Man müsse planvoller aus der Krise herauskommen, gab die stellvertretende Vorsitzende die Auffassung des Ministeriums wieder. Dies betreffe etwa den Ausstieg bei den Grenzkontrollen und den Öffnungen der Grenzen.
Die Aussprache zur grenzüberschreitenden Zusammenarbeit mit Frankreich habe auf Grundlage eines Antrags der Fraktion GRÜNE stattgefunden. Zur Umsetzung der Frankreich-Konzeption des Landes seien im Doppelhaushalt 2020/2021 5,6 Millionen Euro für verschiedene Projekte zur Verfügung gestellt worden. Erörtert worden sei auch, wie sich Baden-Württemberg und insbesondere der Landtag in die Umsetzung des Aachener Vertrages zwischen Frankreich und Deutschland einbringen und inwieweit man an den zur Umsetzung des Aachener Vertrages geschaffenen Gremien mitwirken könne.
Verkehrsausschuss diskutiert über synthetische Kraftstoffe aus organischen Reststoffen
Stuttgart. Auf Antrag des Abgeordneten Dr. Albrecht Schütte und anderen Mitgliedern der CDU-Fraktion befasste sich der Ausschuss für Verkehr in seiner Sitzung am Mittwoch, 29. April 2020, mit synthetischen Kraftstoffen aus organischen Reststoffen. „Gerade im Verkehrssektor ist in den letzten Jahrzehnten der CO2-Ausstoß nicht zurückgegangen“, erklärte der Vorsitzende des Gremiums, Karl Rombach (CDU). Synthetischer Kraftstoff, produziert aus lokalen organischen Roh- und Reststoffen, könnte Abhilfe schaffen. Der Klimaschutz bleibe nach wie vor ein zentrales Anliegen gerade im Verkehrsbereich, so der Vorsitzende.
Dabei gebe es nicht den einen Königsweg, vielmehr arbeitet der Verkehrsausschuss des Landtages an ganz verschiedenen Ansätzen, um den CO2-Ausstoß zu reduzieren. Eine Möglichkeit sei dabei, unter Nutzung von Reststoffen aus der Landwirtschaft, aus den Haushalten sowie zum Beispiel aus der Gastronomie klimaneutral Kraftstoffe herzustellen oder Energie zu erzeugen. In Deutschland gebe es mehrere Verfahren, wie aus diesem organischen Stoffen synthetische Kraftstoffe erzeugt würden. Eines dieser Verfahren würde am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) erforscht; dabei gehe es in Schnellpyrolyse und Pyrolyse zur Vorverarbeitung von Biomasse. Klimafreundlich seien diese Kraftstoffe jedoch nur, wenn sie mit erneuerbar hergestelltem Strom erzeugt werden. „Klar ist für den Ausschuss und mich“, so Rombach, „dass diese Stoffe nicht auf Kosten der Nahrungsmittelproduktion entstehen dürfen.“
Dem Ausschussvorsitzenden zufolge würde das derzeit produzierte Biogas überwiegend zur Energieerzeugung, also für Strom und Wärme, genutzt. Vermehrt würde jedoch auch auf Bio-Methan auf Erdgasqualität gesetzt, das als nachhaltiger Biotreibstoff genutzt werden könne. So gebe es zum Beispiel in Berlin und in weiteren Städten Müllfahrzeuge, die mit Bio-Methan angetrieben würden, das aus den eingesammelten Bioanfällen gewonnen würde. „Das wäre auch für Städte in Baden-Württemberg eine Möglichkeit“, so Rombach. Ziel der Landesregierung sei es zudem, dass auch Kohlendioxid als Kohlenstoffquelle für die Erzeugung von synthetischen Kraftstoffen genutzt werden könne.
In Zusammenfassung mit über erneuerbare Energien erzeugte synthetische Kraftstoffe biete eine Beimischungsquote eine große Chance. Investments in die neuen Technologien werden ermöglicht und mit geringen Kosten der Kohlendioxidausstoß reduziert. Spannend an den Antworten zum Antrag seien auch die verschiedenen Verfahren zur Nutzung von organischen Reststoffen. „Für die ausführliche Beantwortung des Antrages danke ich dem Umwelt-, Wirtschafts- und Verkehrsministerium herzlich“, so Rombach abschließend.
Landwirtschaftsausschuss erklärt Volksantrag „Gemeinsam Umwelt schützen“ für zulässig
Stuttgart. Der Ausschuss für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz hat den Volksantrag „Gemeinsam unsere Umwelt schützen in Baden-Württemberg“ für zulässig erklärt. Eine entsprechende Beschlussempfehlung für den morgen tagenden, federführenden Ausschuss für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft fasste das Gremium in seiner Sitzung am Mittwoch, 29. April 2020, einstimmig. „Die erforderliche Anzahl an Unterschriften für einen Volksantrag wurde erreicht und die Unterschriften sind formal korrekt“, sagte der Ausschussvorsitzende Martin Hahn (Grüne).
„Der Volksantrag war Anfang März beim Landtag eingereicht worden. Das Parlament ist verpflichtet, innerhalb von drei Monaten über die Zulässigkeit des Volksantrags zu entscheiden“, so Martin Hahn. Zuständig dafür sind sowohl der Ausschuss für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz wie auch der federführende Ausschuss für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft. Die Beschlussempfehlungen beider Ausschüsse werden dann in der kommenden Woche dem Plenum zur Entscheidung vorgelegt. Entscheidet das Parlament, dass der Antrag zulässig ist, muss sich der Landtag innerhalb drei weiterer Monate inhaltlich mit dem Antrag befassen und entscheiden. Dieser Entscheidung geht dann erneut eine Ausschussberatung voraus.
Zeitgleich zur Überweisung an den Ausschuss hatte die Landtagspräsidentin den Volksantrag der Regierung zugleitet, die Stellung nehmen musste, ob der Antrag dem Grundgesetz und der Landesverfassung nicht widerspricht. Bei der Prüfung sei die Regierung zu dem Ergebnis gekommen, dass der Antrag in keinem Widerspruch zum Grundgesetz und der Landesverfassung stehe. Die im Volksantrag benannten Themenfelder fielen grundsätzlich in die Gesetzgebungskompetenz und folglich in die Entscheidungszuständigkeit des Landtags, so der Ausschussvorsitzende.
Wirtschaftsausschuss erteilt Zustimmung: Zuständigkeitsgrenze der L-Bank für Bürgschaften wird in der Corona-Krise auf bis zu 20 Millionen Euro ausgeweitet
Stuttgart. Der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau des Landtags hat in seiner Sitzung am Montag, 27. April 2020, einstimmig zugestimmt, die Zu-ständigkeitsgrenze der L-Bank für Bürgschaften von fünf auf 20 Millionen Euro auszuweiten. „Damit sind in der Corona-Krise schnellere Bürgschaftsentschei-dungen möglich“, so der Vorsitzende des Gremiums, Dr. Erik Schweickert (FDP/DVP). „Es ist wichtig, dass wir die Verfahrensabläufe für die Gewährung von Bürgschaften jetzt beschleunigen und Unternehmen somit schnell unter die Arme greifen können. Ich freue mich, dass wir uns mit dem Wirtschaftsausschuss auf dieses Vorgehen verständigen konnten“, ergänzte Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut. Die Ausweitung erfolge befristet bis zum 31. Dezember 2020.
„Ich begrüße den gefundenen Kompromiss, der die Gratwanderung zwischen der Wahrung von Parlamentsrechten und einer Verfahrensbeschleunigung meistert. Die Absen-kung der ursprünglich vorgesehenen Höchstgrenze von 30 Millionen auf 20 Millionen schafft einen gesunden Rahmen für schnelle und treffsichere Hilfen unter Wahrung der demokratischen Legitimation. Das einstimmige Votum des Wirtschaftsausschusses zeigt, dass das Parlament in Krisenzeiten in der Lage ist, schnell auf die aktuellen Herausforderungen zu reagieren. Wir haben erreicht, dass nun binnen einer Woche durch die L-Bank entschieden werden kann. Durch die ausgehandelte Berichtszusage des Ministeriums ist zusätzlich sichergestellt, dass der Landtag zeitnah über die Gewährungen informiert wird. Darüber hinaus hat der Wirtschaftsausschuss die Voraussetzungen geschaffen und gezeigt, bei Bürgschaften über 20 Millionen Euro selbst schnell zu handeln. Wir nehmen hier unsere Verantwortung für die Wirtschaft mit Augenmaß war“, erklärte Prof. Dr. Erik Schweickert MdL, Vorsitzender des Ausschusses für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau.
„Damit haben wir einen wohlausgewogenen Kompromiss zwischen dem Erfordernis schnellen und pragmatischen Handelns einerseits und der Wahrung parlamentarischer Rechte andererseits erzielt. Ein breiter Schulterschluss zwischen Parlament und Regierung ist für mich gerade in Krisenzeiten ein wesentliches Element einer vertrauensbildenden Politik“, so Ministerin Dr. Hoffmeister-Kraut. Das Wirtschaftsministerium sicherte dem Ausschuss volle Information über die von der L-Bank eingegangenen Bürgschaften zu.
Bisher erforderte die Gewährung von Landesbürgschaften über fünf Millionen Euro auch die Zustimmung durch den Wirtschaftsausschuss des Landtags. Mit seinem heutigen Beschluss kann die L-Bank bis 20 Millionen Euro vorübergehend direkt entscheiden. „Die wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie treffen aktuell nahezu alle Branchen und Sektoren. Dies gilt besonders für Baden-Württemberg als Land des Mittelstandes und der Industrie mit einer traditionell intensiven Einbindung in internationale Wertschöpfungs- und Handelssysteme“, so die Ministerin. „In der aktuellen Krisensituation rechnen wir daher mit einer deutlich spürbaren Zunahme an Bürgschaftsfällen. Gerade jetzt sind die betroffenen Unternehmen auf die rasche Bereitstellung von Finanzhilfen angewiesen.“
Um mit der Erweiterung der Bürgschaften auf 20 Millionen Euro das Ausfallrisiko für die L-Bank nicht zu erhöhen, wurde zudem eine Rückbürgschaftserklärung in Höhe von 200 Millionen Euro im Wirtschaftsausschuss beschlossen, mit der das Land weiterhin für das Bürgschaftsrisiko einsteht.
Präsidentin Aras: „Es gibt weitaus erfolgreichere Möglichkeiten, sich mit Politikerinnen und Politikern auszutauschen“
Stuttgart. Der Eingangsbereich des Bürger- und Medienzentrums des Landtags von Baden-Württemberg ist in der Nacht auf Freitag, 24. April 2020, großflächig mit Farbe beschmiert worden. Unbekannte haben den Schriftzug „Eure Politik ist Heuchelei!“ sowie ein Zeichen mit Hammer und Sichel in leuchtendem Rot auf die Fensterfront angebracht. Die Polizei hat Ermittlungen aufgenommen. Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) verurteilt die Tat.
„Freie Meinungsäußerung ist ein hohes Gut – allerdings sehe ich hier einzig und allein den Tatbestand der Sachbeschädigung. Eine Beschädigung des Landtagsgebäudes ist eine Herabwürdigung der vom Volk gewählten Vertretung“, so Landtagspräsidentin Muhterem Aras. Noch am Freitagvormittag hat eine Firma mit der Entfernung der Buchstaben begonnen.
Vorsitzender Rainer Hinderer: „Sozialminister warnt eindringlich davor, vorzeitige Öffnungsdebatten zu führen“
Stuttgart. Die Corona-Pandemie war auch Thema in der Sitzung des Ausschusses für Soziales und Integration am Donnerstag, 23. April 2020. So befasste sich das Gremium mit einem AfD-Antrag zur schnellen Beschaffung von Material wegen der Corona-Pandemie und einem Antrag der FDP/DVP-Fraktion, der das Coronavirus SARS-CoV2 und Aktivitäten des Landes in den Mittelpunkt stellte. Überdies informierte Sozialminister Manfred Lucha (Grüne) über die aktuelle Lage in Baden-Württemberg. Das hat der Ausschussvorsitzende, Rainer Hinderer (SPD), mitgeteilt. „Wir haben den eindringlichen Appell des Sozialministers gehört, keine Öffnungsdebatten zu führen“, berichtete Hinderer.
Baden-Württemberg befinde sich auf einem stabilen Weg, jedoch seien Social Distancing, die Beachtung der Hygienevorschriften sowie der Schutz vulnerabler Gruppe noch für längere Zeit unsere Begleiter, gab Hinderer die Ausführungen Luchas wieder. Lucha habe gesagt, dass er die verbalen Öffnungsorgien mit ziemlichem Unwohlsein beobachte. Folgende Informationen habe Lucha dem Gremium gegeben: Am Mittwoch, 22. April, sei die Zahl der Infizierten in Baden-Württemberg auf mindestens 29.350 angestiegen. 557 Neuinfektionen seien gemeldet worden. Ungefähr 17.807 Personen seien bereits wieder genesen. Damit gebe es weit mehr Genesene als Erkrankte. Die Zahl der Covid-19-Todesfälle sei auf 1.103 angestiegen. Die Reproduktionszahl der Infizierten werde vom Robert-Koch-Institut mit R 0,8 angegeben. Das bedeute, dass durchschnittlich fest jeder Infizierte eine weitere Person anstecke. Die Verdopplungszahl betrage momentan 41 Tage. Das Durchschnittsalter der Infizierten liege bei 51 Jahren, bei einer Spannweite von 0 bis 102 Jahren.
Zur Lage bei der Beschaffung von Schutzmaterialen habe sich der Minister wie folgt geäußert: Wirtschaft und Politik arbeiteten eng zusammen: Porsche, DB Schenker sowie Lufthansa Cargo unterstützten das Land Baden-Württemberg und den Freistaat Sachsen, um die Corona-Krise zu bewältigen. Der Sportwagenhersteller habe dafür eigens eine Task-Force mit sechs Mitarbeitern des Beschaffungs-Ressorts zusammengestellt und organisiert für die Landesregierungen die Lieferketten von dringend benötigter Schutzausrüstung in China. Die Beschaffung einer ausreichenden Menge Schutzausrüstung sei nach wie vor ein entscheidender Faktor, um das Coronavirus wirksam einzudämmen und die Menschen im Land ausreichend zu schützen, insbesondere in Krankenhäusern, Alten- und Pflegeheimen. Ab Montag, 27. April, gebe es eine Maskenpflicht für den ÖPNV und beim Einkaufen. Lucha rate auch dazu, die Bürgermasken auf dem Schulhof anzulegen, so Hinderer. Denn beim Lachen, Sprechen und Singen würden viele Tröpfchen fliegen und ein das Bedecken von Mund und Nase könne helfen, die Verbreitung des Virus zu bremsen. Die Bürgermaske reiche für Menschen, die keine Symptome hätten. „Die medizinisch zertifizierten Masken sollen den Mitarbeitenden in den Gesundheitsdiensten vorbehalten bleiben“, betonte Rainer Hinderer.
Das Sozialministerium habe eine Beratungshotline für Menschen mit psychischen Belastungen eingerichtet, denn die Pandemie stelle auch unsere psychische Gesundheit auf die Probe. Betroffene Menschen könnten hier professionelle Hilfe und Unterstützung finden.
Die Ministerpräsidentenkonferenz werde kommende Woche bewerten, was die letzten 14 Tage gebracht hätten. „Wir befinden uns auf einem stabilen Weg, müssen unsere Kontakte aber weiterhin beschränken und die Hygienevorschriften beachten“, so Rainer Hinderer. An ein „normales“ Leben sei erst zu denken, wenn es einen Impfstoff gebe. Der Ausschuss habe einen weiteren Austausch mit dem Minister für die übernächste Woche vereinbart.
Land will auf eigenen Gebäuden Fläche für Photovoltaikanlagen auf 175.000 m² erhöhen
Stuttgart. Das Land Baden-Württemberg will deutlich mehr Photovoltaikanlagen auf landeseigenen Gebäuden installieren. Das wurde in einer Sitzung des Finanzausschusses des Landtags am Donnerstag, 23. April 2020, bekannt. Es sei geplant, die Fläche von derzeit 104.000 m² bis zum Jahr 2025 auf 130.000 m² und bis zum Jahr 2030 auf 175.000 m² zu erhöhen. „Der Ausschuss zeigte sich sehr erfreut darüber, dass der Ausbau von Photovoltaikanlagen auf landeseigenen Gebäuden weiter vorangeht und wichtige Empfehlungen umgesetzt wurden“, sagte der Vorsitzende des Gremiums, der SPD-Abgeordnete Rainer Stickelberger. Der Finanzausschuss informierte sich in seiner Sitzung über den Stand bei der Umsetzung von Umstrukturierungen im Bereich von Photovoltaikanlagen und der Pflege von Grünflächen des Landes.
„In beiden Bereichen sind nach Empfehlungen des Rechnungshofs und Beschlüssen des Landtags Umstrukturierungen erfolgt, etwa um Kompetenzen und Zuständigkeiten zu bündeln“, sagte Stickelberger. Im Fall der Photovoltaikanlagen hatte der Landtag unter anderem beschlossen, die Kompetenzen für Wirtschaftlichkeitsberechnungen zentral an einer Stelle zu bündeln und ein Konzept zu entwickeln, auf welchen Gebäuden des Landes eigene Photovoltaikanlagen errichtet werden sollen. Die Landesregierung habe mitgeteilt, dass die Empfehlungen des Rechnungshofs weitgehend der strategischen Ausrichtung der Staatlichen Vermögens- und Hochbauverwaltung entsprechen. Das im Energie- und Klimaschutzkonzept für Landesliegenschaften enthaltene Verdopplungsziel bis 2020 für Photovoltaikanlagen sei mit einer Fläche von 104.000 m² bereits im Jahr 2019 erreicht worden, so Stickelberger.
Der Landesbetrieb Vermögen und Bau habe bereits im September 2018 bei der Betriebsleitung die Kompetenzen zum Thema Photovoltaik gebündelt, sodass nun eine interdisziplinäre Bearbeitung durch Expertinnen und Experten unterschiedlicher Fachbereiche erfolge. Zusätzlich sei pro Amt jeweils ein zentraler Ansprechpartner benannt worden. Die Wirtschaftlichkeit solcher Anlagen werde künftig über ein zentral entwickeltes Excel-Tool landesweit einheitlich durch die Ämter von Vermögen und Bau ermittelt. Weiterhin sei ein Leitfaden entwickelt worden und landeseigene Anlagen würden nun durch ein zentrales Monitoring überwacht. Bei größeren Anlagen würden Unregelmäßigkeiten so umgehend an das Gebäudemanagement des zuständigen Amtes gemeldet. Der Schwerpunkt des Ausbaus liege auch in den nächsten Jahren bei der Nutzung von Dachflächen. Zunehmend spielten jedoch auch Anlagen an weiteren Gebäudebauteilen wie Fassaden eine Rolle.
Im Fall der Pflege von Außenanlagen des Landes hatte der Landtag laut Stickelberger beschlossen, die Zuständigkeiten innerhalb des Landesbetriebs Vermögen und Bau neu zu regeln und bei den Ämtern jeweils an einer Stelle zu konzentrieren. Bereits im Juli 2018 seien die Zuständigkeit für die Außenanlagen in den Ämtern des Landesbetriebs neu geregelt worden. Dabei sei in den Abteilungen Gebäudemanagement je ein Referat für das Grünflächenmanagement neu eingerichtet worden. Dort seien die Zuständigkeiten für die Planung, die Pflege und die Verkehrssicherung der Außenanlagen gebündelt worden. Mit dieser Neustrukturierung seien die Voraussetzungen geschaffen worden, eine kontinuierliche und fachgerechte Betreuung der Außenanlagen zu gewährleisten. Die bisherigen Grünpools in den Schwerpunktämtern seien aufgelöst worden. Grundsätzlich verfüge nun jedes Amt über mindestens eine Stelle für Planung, Pflege und Verkehrssicherung der Außenanlagen.
Da die bisher nicht optimale Aufgabenwahrnehmung im Bereich der Außenanlagen auch mit Personaldefiziten zusammenhing, sei das Personal im Grünflächenmanagement um rund 40 Prozent aufgestockt worden. Die Nutzer von Außenanlagen als wichtige Ansprechpartner vor Ort sollen auch künftig in die Überwachung der Unternehmerleistung zur Sicherstellung einer angemessenen Pflege der Außenanlagen eingebunden werden, sagte der Ausschussvorsitzende.
Wirtschaftsausschuss bewilligt Finanzhilfen in Höhe von 155 Millionen Euro für Batteriezellfertigung und diskutiert Lockerungen der 800 qm Regelung, die ab dem morgigen Tag gelten
Stuttgart. In einer vertraulichen Sitzung per Videokonferenz hat der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau am Mittwoch, 22. April 2020, Finanzhilfen für den Aufbau einer Batteriezellfertigung in Baden-Württemberg bereitgestellt. „Trotz der Corona-Krise ist der Ausschuss handlungsfähig. Heute haben wir den Weg für Zukunftstechnologien freigemacht“, betonte der Vorsitzende des Gremiums, Dr. Erik Schweickert (FDP/DVP). Die Entscheidung, die Finanzhilfen in Höhe von ca. 155 Millionen Euro zu bewilligen, sei einstimmig getroffen worden.
Bei dem nun geförderten Projekt handle es sich um eine Co-Finanzierung einer Fördermaßnahme des Bundes im Bereich der Batteriezellentwicklung und -fertigung. Insgesamt fließen etwa 1,7 Milliarden Euro in das Programm, davon gehen ca. 500 Millionen Euro nach Baden-Württemberg. Der Wirtschaftsausschuss hat dafür Landesmittel in Höhe von 155 Millionen Euro bewilligt. Ziel der Förderung sind die Umsetzung von Innovationen entlang der gesamten Batterie-Wertschöpfungskette und der Aufbau einer Batteriefertigung in Europa. Dr. Schweickert erklärt die Entscheidung des Ausschusses: „Mit der heute bewilligten millionenstarken Finanzhilfe unterstützen wir fünf Unternehmen aus Baden-Württemberg substantiell und stärken eine Zukunftsbranche in unserem Land.“
Thema der Sitzung war auf Antrag der FDP/DVP-Fraktion außerdem die Auswirkungen des Corona-Virus auf die Unternehmen in Baden-Württemberg. Einige Mitglieder des Ausschusses hätten sich sehr kritisch zu der Regelung positioniert, dass in Baden-Württemberg derzeit nur Geschäfte mit einer Fläche von bis zu 800 Quadratmetern öffnen dürften. Die Ministerin gab dazu im Ausschuss bekannt, dass die Landesregierung nun - auch im Angesicht des Gerichtsurteils in Sigmaringen - beschlossen habe, die Vorschriften zu ändern und ab morgen auch Abtrennungen innerhalb von Geschäften mit mehr als 800qm Verkaufsfläche zuzulassen. Damit werden beispielsweise Teilöffnungen von größeren Möbelhäusern ermöglicht. Ebenso wurden Unterstützungsmaßnahmen für die Gastronomie gefordert. Diese sei, so erklärte Dr. Schweickert, besonders schwer von der Krise betroffen. „Für diese Branche muss es eine klare Zukunftsperspektive geben. Ansonsten riskieren wir die Insolvenz unzähliger Restaurants und Gasthöfe“, so der Vorsitzende.
Beim Tagesordnungspunkt Baden-Württemberg-Pavillon auf der EXPO in Dubai erklärte Ministerin Hoffmeister-Kraut, dass die EXPO 2020 aller Voraussicht nach aufgrund des Corona-Virus auf das Jahr 2021 verschoben werden. Dies werde wohl auch höhere Kosten für das Land Baden-Württemberg und seine Messepräsenz dort verursachen. Dr. Schweickert erklärte dazu: „Es muss nun sichergestellt werden, dass die Präsenz unseres Landes auf der EXPO in 2021 ein Erfolg wird. In einer Nach-Corona-Zeit kann diese eine große Chance sein, die Stärken unserer Wirtschaft gegenüber der ganzen Welt zu kommunizieren. Hier kommt eine wichtige Aufgabe auf das Ministerium zu und der Ausschuss wird das Thema eng begleiten“.
Darüber hinaus beschäftigte sich der Wirtschaftsausschuss mit dem Gesetzentwurf der Landesregierung zur Änderung des Landeswohnraumförderungsgesetzes. Die vorliegende Änderung ziele darauf ab, die soziale Wohnraumförderung zu stärken sowie den Gesamtbestand an gefördertem Wohnraum dauerhaft zu sichern. Damit solle bezahlbarer Wohnraum geschaffen und erhalten werden. „Wir brauchen aber auch geeignete Rahmenbedingungen zur Schaffung von zusätzlichem Wohnraum, vor allem genügend baureife Flächen, um den noch immer erheblichen Bedarf an Wohnraum stillen zu können“, so Dr. Schweickert. Der Ausschuss habe dem Landtagsplenum geraten, dem Gesetzesentwurf trotz kritischer Anmerkungen des Rechnungshofes zuzustimmen.
Informationen über die Auswirkungen der Corona-Pandemie per Videokonferenz
Stuttgart. Per Videokonferenz hat sich der Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kunst in seiner Sitzung am Mittwoch, 22. April 2020, über die Auswirkungen der Corona-Pandemie informiert. „Ministerin Bauer hat uns ausführlich berichtet, wie die Bereiche Wissenschaft und Forschung betroffen sind. Staatssekretärin Olschowski hat den Bereich Kunst dargelegt“, so Ausschussvorsitzender Andreas Deuschle (CDU). „Wir haben einen sehr guten Einblick in die Aktivitäten des Ministeriums bekommen“, sagte Deuschle, der sich insgesamt mit der ersten Videokonferenz des Wissenschaftsausschusses zufrieden zeigte. „Es ist sehr gut, dass wir diese Informations-Möglichkeit haben.“
Ministerin Teresia Bauer hatte in ihrem Bericht dargelegt, dass es derzeit m Bereich Hochschulen, Studienbetrieb und Zulassungsverfahren große Einschnitte gebe. Aufgrund des Beschlusses der Bundeskanzlerin und der Ministerpräsidentinnen und –präsidenten bleibt der Studienbetrieb in den Hochschulen und Akademien des Landes bis zum 3. Mai 2020 ausgesetzt. Jedoch startete der digitale Studienbetrieb am 20. April. Das Ministerium begleitet die Hochschulen bei Fragen zur bestmöglichen Umsetzung des Studienbetriebs, insbesondere bei rechtlichen Klärungen und Organisation der Durchführung von Hochschulprüfungen. Es unterstützt die Hochschulen beim Ausbau digitaler Lern- und Lehrformate und begleitet die Regelung der Zulassungsverfahren, um verfassungsrechtliche Vorgaben einhalten zu können. Dafür sind auch bundesweite Abstimmungen erforderlich. Überdies mussten Rechtsgrundlagen bzgl. Bewerbungsfristen, Auswahlverfahren und Auswahlkriterien angepasst werden, eine Folge der verspäteten Abiturprüfungen. Das Ministerium hat sich gegenüber dem Bund frühzeitig für Verbesserungen bei dem angepassten BAföG sowie für eine Nothilfe für Studierende eingesetzt. Hier befände sich das Ministerium in Gesprächen mit der Bundesbildungsministerin, es habe aber noch keine Verständigung gegeben.
Die Hochschulmedizin hat eine Priorisierung ihrer Krankenversorgung auf Corona vorgenommen, Intensivbetten und Quarantänestationen ausgebaut, Forschungsaktivitäten aufgesetzt und eine führende Rolle bei der Koordination vor Ort und Mitarbeit in landesweiten Krisenstäben übernommen. Es sind bereits jetzt massive wirtschaftliche Schwierigkeiten aufgrund von Absagen elektiver Operationen absehbar. Bei allen Universitätsklinika sind negative Jahresergebnisse zu erwarten. Das Ministerium hatte Studierende aufgerufen, sich bei der Bewältigung der Corona-Krise zu engagieren. Über 5.000 Studierende sind dem Aufruf gefolgt, ein Fünftel davon ist bereits im Einsatz. Überdies fungiert das Ministerium als Schnittstelle zwischen Politik, Universitätskliniken und medizinischen Fakultäten. Hierbei geht es vor allem um die Sondierung von förderfähigen Forschungsprojekten in der COVID-Forschung, um den Aufbau von tagesaktuellem Reporting oder um die Sondierung von Hilfsangeboten durch Firmen bei Beschaffung, Testung oder Räumlichkeiten.
Auch im Bereich Kunst- und Kultureinrichtungen ist das MWK tätig. Kulturstaatsrätin Petra Olschowski betonte, dass das Kulturleben weitgehend zum Erliegen gekommen sei. Das hat weitgehende Konsequenzen für die Künstlerinnen und Künstler, die Kulturschaffenden und Vereine, für kleine und große Kulturinstitutionen, die Kreativwirtschaft, für Veranstaltungen und Festivals. Insbesondere bei privatrechtlich organisierten Kultureinrichtungen mit einer hohen Eigenfinanzierungsquote führt dies zu erheblichen finanziellen Schwierigkeiten. Das MWK hat darauf mit der „Soforthilfe Corona“ reagiert, die so ausgestaltet wurde, dass sie auch auf die Bedürfnisse der Künstlerinnen und Künstler zugeschnitten ist. So können sich etwa Solo-Selbständige und Kleinunternehmer eine Art eigenen Unternehmerlohn (1.180 Euro) ausbezahlen lassen, um den Lebensunterhalt zu bestreiten. Der Ausschuss lobte diese Entscheidung ausdrücklich. Baden-Württemberg sei hier Vorreiter.
Das Ministerium befindet sich im intensiven Gesprächen mit Museen und Kunstvereinen, in der Hoffnung, diese könnten von weiteren Öffnungen profitieren. Zeitnah geklärt werden müsse die Definition von Großveranstaltungen.
Polizei registriert am Wochenende rund 1.800 Verstöße gegen Corona-Beschränkungen
Stuttgart. Die Polizei in Baden-Württemberg hat in den vergangenen Tagen vermehrt Verstöße gegen die Ausgangsbeschränkungen durch die aktuelle Corona-Pandemie festgestellt. Dies wurde in einer Sitzung des Ausschusses für Inneres, Digitalisierung und Migration am Mittwoch, 22. April 2020, deutlich. „Von Freitag bis Montag stellten die Beamten bei der Kontrolle von 22.300 Personen rund 1.800 Verstöße fest“, teilte der Vorsitzende des Gremiums, der CDU-Abgeordnete Karl Klein, mit. Der Schwerpunkt habe mit rund 1.300 Fällen auf Verstößen von Gruppen mit mehr als drei Personen gelegen. Die Zahlen seien zwar zufriedenstellend, dennoch stellten die Behörden seit einigen Tagen wieder ein verstärktes Mobilitätsverhalten der Menschen fest. Der Ausschuss befasste sich mit einer ganzen Reihe an Themen im Zusammenhang mit der Pandemie und den damit verbundenen Beschränkungen. Die Opposition kritisierte unter anderem, dass das Parlament in der aktuellen Situation nicht ausreichend eingebunden sei.
Nach Angaben Kleins hat das Land ein Covid-19-Resource-Board ins Leben gerufen und in den Integrierten Leitstellen bzw. der Oberleitstelle des Landes angesiedelt. Damit ließen sich seit Anfang April die Kapazitäten der Akutkliniken abrufen. Seitdem könne konsequent die Belegung mit intensiv- und beatmungspflichtigen Patienten in den Kliniken verfolgt werden, so der Vorsitzende. 97 Prozent aller Kliniken im Land haben ihre Kapazitäten an Behandlungsplätzen gemeldet. Demnach seien derzeit landesweit 813 von 1.960 Intensivbetten mit Beatmung (42 Prozent) und 304 von 1.096 Intensivbetten ohne Beatmung (28 Prozent) frei. „Aktuell werden in Baden-Württemberg 1.952 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern behandelt, davon müssen 386 Patienten (20 Prozent) beatmet werden“, sagte Karl Klein.
Auch die Situation in der Landeserstaufnahmeeinrichtung in Ellwangen sei diskutiert worden. Innenminister Thomas Strobl habe mitgeteilt, dass dort derzeit 338 der 593 Bewohner mit dem Coronavirus infiziert seien, ebenso 30 der rund 200 Beschäftigten. Die Quarantäne für die LEA sei daher bis zum 3. Mai verlängert worden. Das Virus habe sich in der LEA Ellwangen besonders schnell verbreitet. Von insgesamt 363 positiv Getesteten in allen Unterkünften in Baden-Württemberg befänden sich 338 in Ellwangen. Strobl habe auch darauf hingewiesen, dass fast alle Infizierten symptomfrei seien und nur eine Person im Krankenhaus behandelt werden müsse.
Um das Personal in den Flüchtlingsunterkünften zu entlasten, helfe die Bundeswehr derzeit in mehreren Flüchtlingsunterkünften in Baden-Württemberg aus. So seien Kräfte der Bundeswehr seit 16. April bei der Essens- und Materialausgabe sowie beim täglichen Betrieb der Isolierunterkunft für Geflüchtete in Althütte-Sechselberg im Rems-Murr-Kreis im Einsatz. Seit Montag stelle die Bundeswehr auch und in Giengen an der Brenz und in Ellwangen Kräfte zur Verfügung.
Mit Blick auf Demonstrationen und andere Kundgebungen – wie zuletzt in Stuttgart mit 150 Personen – habe Strobl mitgeteilt, dass das Innenministerium derzeit in Abstimmung mit den kommunalen Landesverbänden ein Informationsschreiben an die Kreispolizeibehörden zum künftigen Umgang mit Versammlungen erarbeite, um hier den Kommunen ein stringentes Handeln zu ermöglichen.
Auch der Grenzschutz sei Thema im Innenausschuss gewesen. Alle Fragen im Zusammenhang mit Grenzübertritten würden derzeit von der Bundespolizei entschieden, die Corona-Verordnung des Landes sei hier nicht maßgeblich. Um einreisen zu können, müsse ein „triftiger Grund“ nachgewiesen werden, etwa bei Grenzpendlern. Eine Einreise, um Ehe- und Lebenspartner oder das sorgeberechtigte Kind zu besuchen, werde seitens des Bundes nicht als Grund anerkannt, weshalb diesen Personen die Einreise verwehrt werde. Strobl habe erklärt, er setze sich beim Bundesinnenministerium dafür ein, dass Einreisen auch für solche Besuche erlaubt werden sollen. Das Bundesinnenministerium habe eine zeitnahe Prüfung zugesagt.
Mehrere Abgeordneten hätten sich beim Innenminister nach dem aktuellen Stand bezüglich des Verbots von Großveranstaltungen bis Ende August erkundigt. Strobl habe erklärt, was unter einer Großveranstaltung zu verstehen sei, könne derzeit noch nicht vollständig beantwortet werden. Es sei geplant, dass die Ministerpräsidenten mit der Bundesregierung beim nächsten Gespräch Ende April darüber beraten wollen. Die Abgeordneten hätten auf eine schnelle Entscheidung gedrängt, um Vereinen, Organisationen und Institutionen Planungssicherheit zu geben. Gleiches gelte für den Betrieb von Sportanlagen. „Hier wäre eine einheitliche Regelung gut, damit nicht jede Kommune eine eigene Entscheidung trifft“, betonte Karl Klein.
Intensiv diskutiert worden sei im Ausschuss die Frage, ob das Parlament ausreichend in die Handlungen der Regierung eingebunden sei. Die Opposition habe kritisiert, dass zwar in Ausschüssen über die ergriffenen Maßnahmen und deren Auswirkungen gesprochen werde, das Parlament aber darüber hinaus nicht eingebunden sei. So erlasse die Regierung mit Verweis auf das Infektionsschutzgesetz strenge Beschränkungen für die Bürgerinnen und Bürger, ohne dass das Parlament hier ein Mitspracherecht habe. Strobl habe entgegnet, dass das Parlament sehr wohl eingebunden sei, dies zeige sich etwa an Plenar- und Ausschusssitzungen. Die Abgeordneten hätten außerdem wissen wollen, wie lange das Regierung mit den erlassenen Verordnungen Rechte einschränken könne. Strobl habe erklärt, dies geschehe so lang wie es der Infektionsschutz notwendig mache, jedoch keinen Tag länger. Der Minister habe zudem angekündigt, dass Ministerpräsident Winfried Kretschmann beabsichtige, voraussichtlich in der nächsten Plenarsitzung eine Regierungserklärung zu halten.
Wirtschaftsausschuss bewilligt Finanzhilfen für die Entwicklung eines Corona-Schnelltests
Stuttgart. Bei einer kurzfristig angesetzten Sondersitzung des Ausschusses für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau am Dienstag, 7. April 2020, haben die Mitglieder des Gremiums Finanzhilfen in Höhe von sechs Mio. Euro für die Entwicklung eines flächendeckenden Corona-Schnelltests bereitgestellt. Dies teilte der Vorsitzende, Dr. Erik Schweickert (FDP/DVP), mit. Die Entscheidung sei einstimmig getroffen worden.
Seit 2016 entwickelt die Freiburger Firma Spindiag GmbH in Zusammenarbeit mit der Hahn-Schickard-Gesellschaft Geräte, mit denen multiresistente Keime nachgewiesen werden können. Nun möchte das Medtech Start-up, das vor vier Jahren aus der renommierten Hahn Schickard Gesellschaft ausgegründet wurde, mit denselben Geräten das neuartige Coronavirus (SARS-CoV-2) nachweisen. Der Test, der zwei Proben gleichzeitig prüfen kann, braucht nur etwa 35 Minuten, bis das Ergebnis feststeht. „Mit der Reverse-Transkriptase-Polymerase-Kettenreaktion (RT-PCR) setzt der Schnelltest auf die gleiche Nachweismethode wie derzeit angewandte, aufwändige Labortests, ist aber sehr einfach und schnell durchführbar. Dadurch werden die Viren direkt und nicht erst die Antikörper nachgewiesen.“, so Dr. Schweickert, der den aktuellen Entwicklungsstand am heutigen Morgen selbst in Freiburg in Augenschein genommen hatte. Mit geschätzten Kosten von etwa 40 Euro pro Test seien diese wettbewerbsfähig.
Bisher hatte die Spindiag GmbH geplant mit den Testgeräten für multiresistente Keime im August 2020 auf den Markt zu gehen, jetzt wolle man jedoch das gesamte Team für die Entwicklung eines Corona-Schnelltests einsetzen. „Mit den nun bewilligten Finanzhilfen ermöglichen wir dem Unternehmen diese Umstellung und durch die kurzfristig einberufene Sitzung gewinnen wir zusätzlich mindestens wertvolle drei Wochen an Zeit“, erklärte der Ausschussvorsitzende und bedankt sich in diesem Zusammenhang für die Flexibilität seiner Abgeordnetenkollegen und die der Mitarbeiter der Landtagsverwaltung. Das Testgerät, das sich derzeit in der analytischen Bewertung befindet, soll voraussichtlich im zweiten Quartal 2020 für Krankenhäuser, Ärzte, Altenheime und sonstige sogenannte ‚Points of care‘ landesweit zur Verfügung stehen. Ziel müsse es sein, dass diese Geräte in Baden-Württemberg spätestens Anfang Juli zur Verfügung gestellt werden können. „Mit diesen Geräten wird es dann dank Vollautomatisierung keine Transportwege mehr zum Labor geben und es gäbe die Chance die Pandemie weiter einzudämmen“, so Dr. Schweickert. So könnten beispielsweise Mitarbeiter von Krankenhäusern und Altenheimen regelmäßig getestet werden, ebenso wie Angehörige und Besucher vor dem Einlass.
Außerdem befasste sich der Ausschuss mit Bürokratieerleichterungen bei Bürgschaften durch die Bürgschaftsbank Baden-Württemberg. Hier wurde einstimmig die Eigenkompetenz der Bürgschaftsbank bei der Bürgschaftsvergabe ausgeweitet, eine erhöhte maximale Bürgschaftsverpflichtung genehmigt sowie die Rückbürgschaftsquote erhöht. „Dadurch kann die Bürgschaftsbank schneller und unkomplizierter die notwendigen Bürgschaften bei der Kreditvergabe geben und somit die Liquiditätsprobleme der Unternehmen überbrücken“, erläutert Dr. Schweickert die beschlossenen Maßnahmen.
Finanzausschuss informiert sich, wie Gelder zur Pandemie-Bekämpfung verwendet werden
Stuttgart. Am 19. März 2020 machte der Landtag in einer Sondersitzung den Weg frei für Hilfsgelder in Milliardenhöhe zur Bekämpfung der Auswirkungen der Corona-Pandemie. In der von den Fraktionen SPD und FDP/DVP beantragten Sondersitzung des Ausschusses für Finanzen am Montag, 6. April 2020, informierten sich die Mitglieder des Gremiums, wofür und in welchem Umfang diese Hilfsgelder derzeit eingesetzt werden. Dies teilte der Ausschussvorsitzende, Rainer Stickelberger (SPD), mit. Erstmalig nahmen die Mitglieder des Finanzausschusses per Video- und Telefonschalte an einer Sitzung teil.
Insgesamt 6,2 Milliarden Euro stehen Baden-Württemberg zur Verfügung, um die Auswirkungen der Corona-Pandemie einzudämmen: 1,2 Milliarden Euro kommen aus der Rücklage für Haushaltsrisiken, weitere fünf Milliarden Euro kann das Land an neuen Krediten aufnehmen. „Das Geld fließt einerseits in Maßnahmen zur gesundheitlichen Bekämpfung der Pandemie und wird andererseits dazu verwendet, Soloselbstständigen und Kleinunternehmen über finanzielle Schwierigkeiten aufgrund der Pandemie hinwegzuhelfen“, erklärte Stickelberger. Nach Informationen des Wirtschaftsministeriums hätten bis vergangenen Freitagnachmittag 225.834 kleine Betriebe Anträge auf Soforthilfe gestellt, von denen etwa rund 104.000 an die für die Auszahlung zuständige L-Bank weitergeleitet wurden. Etwa 10.000 Anträge mit einer Gesamthöhe von ca. 104 Millionen Euro seien inzwischen bewilligt worden.
Neben den Betrieben der freien Wirtschaft könnten nun auch Organisationen des Bevölkerungsschutzes wie das Deutsche Rote Kreuz, die Johanniter oder der Arbeiter-Samariter-Bund Hilfsgelder vom Land beantragen. Hierfür stünden 15,3 Millionen Euro zur Verfügung, so das Finanzministerium. Dieses Geld sei dazu gedacht, Ehrenamtliche zu entschädigen, denen aufgrund ihres Einsatzes im Rettungswesen der Arbeitslohn oder Einnahmen aus ihrer selbstständigen Tätigkeit fehlen würden. Außerdem zahle das Land für Dienstkleidung und Schutzausrüstung wie Masken und Schutzanzüge. Wie der Ausschussvorsitzende mitteilte, würden rund 200 Millionen Euro in die Beschaffung von Schutzkleidung sowie in den Kauf von Beatmungsgeräten fließen.
Darüber hinaus genehmigte der Finanzausschuss jeweils einstimmig Mittel zur Förderung von Forschungs- und Fertigungsprojekten. So willigten die Mitglieder laut Stickelberger ein, Gelder im Umfang von 35,5 Millionen Euro zur Förderung der Batteriezellfertigung zu verwenden; konkret sollen damit die Projekte „summer IPCEI“ und „autumn IPCEI“ kofinanziert werden. Außerdem erhält das „Kompetenzzentrum Quantencomputing“ Finanzmittel in Höhe von bis zu 40 Millionen Euro.
Innenausschuss lehnt derzeit Diskussion über Ausstiegszeitpunkt ab
Stuttgart. Der Ausschuss für Inneres, Digitalisierung und Migration hat in einer Sondersitzung am Freitag, 3. April 2020, über die Auswirkungen der Coronakrise und den damit verbundenen Einschränkungen beraten. „Der Ausbruch des Coronavirus stellt uns alle in der Gesellschaft vor sehr große Herausforderungen“, sagte der Vorsitzende des Gremiums, Karl Klein (CDU). Der Ausschuss sei sich einig gewesen, dass angesichts der weiter steigenden Infektions- und Totenzahlen derzeit eine Debatte über mögliche Zeitpunkte zur Lockerung der Beschränkungen verfrüht und unseriös sei. Der Ausschuss beriet unter anderem über die Themen Kontaktsperren, Schutzausrüstung, Einsatz der Bundeswehr und Datenschutz.
Nach Angaben des Vorsitzenden gab es in Baden-Württemberg mit Stand von Freitagvormittag über 16.000 Infizierte und 281 Tote. Angesichts dieser vor wenigen Wochen noch nicht absehbaren dramatischen Entwicklung sagte Klein: „Mein Dank und meine Anerkennung gilt auch den Oppositionsparteien, dass sie die Landesregierung in der Krise unterstützen und die Beschlüsse mittragen. Das Parlament bleibt handlungsfähig. Es stimmt mich zuversichtlich, dass wir als Parlament gestärkt aus der Situation hervorgehen. Wir zeigen, dass wir als Parlament zusammenrücken und zusammenhalten.“ Klein dankte auch allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen, der Polizei, der Feuerwehr und allen, die die Versorgung der Bevölkerung aufrechterhalten, ganz herzlich.
In der Ausschusssitzung, zu der viele Abgeordnete per Videokonferenz zugeschaltet waren, berichtete Innenminister Thomas Strobl (CDU) den Abgeordneten mündlich über die aktuelle Corona-Situation im Land. Laut Klein sagte der Innenminister, dass es derzeit überhaupt keine Veranlassung zur Entwarnung oder für Spekulation über Ausstiegsszenarien und -zeitpunkte gebe. Denn der Sturm stehe uns hierzulande erst noch bevor. Erst bei einem merklichen Rückgang der Infektionszahlen könnten erste Signale der Entspannung gesendet werden.
Wie in der Ausschusssitzung deutlich wurde, habe der Großteil der Bevölkerung Verständnis für die derzeitigen Maßnahmen und halte sich daran. Dennoch gebe es weiterhin viele Unbelehrbare. Allein am vergangenen Wochenende seien rund 3.000 Straftaten bzw. Ordnungswidrigkeiten angezeigt worden, rund 2.000 davon wegen Zusammentreffens von drei oder mehr Personen. An den Werktagen in dieser Woche seien es rund 500 Anzeigen täglich gewesen. Seit Inkrafttreten der Corona-Verordnung habe es allein 60 Einsätze der Polizei im Zusammenhang mit Shisha-Bars gegeben. In 46 Fällen habe ein Verstoß festgestellt werden können. 29 Einsätze seien auf Eigeninitiative der Polizei erfolgt, 31 aufgrund von Hinweisen aus der Bevölkerung. Wie Klein betonte, seien sich die Abgeordneten einig gewesen, dass die derzeit geltenden Beschränkungen strikt beachtet werden sollten. Verstöße gefährdeten Menschenleben und würden von der Polizei sanktioniert.
Nach Angaben des Vorsitzenden habe der Minister weiter berichtet, dass angesichts der zunehmenden Belastung der Polizei und des Gesundheitssystems durch das Coronavirus bereits die Bundeswehr im Wege der Amtshilfe in Baden-Württemberg im Einsatz sei. Derzeit seien rund 2.000 Polizisten unter Quarantäne. 160 Polizisten seien an Corona erkrankt, rund zwei Dutzend aber bereits wieder genesen. Derzeit seien bereits 19 Angehörige der Bundeswehr im Südwesten im Einsatz. Dies umfasse je 7 Personen in einem Krankenhaus in Freiburg und im Kreis Breisgau-Hochschwarzwald, logistische Unterstützung sowie 5 Personen, die das Sozialministeriums unterstützen.
Das Landeskommando sei seit vergangener Woche im Verwaltungsstab des Innenministeriums eingebunden, was die Zusammenarbeit sehr erleichtere. Auch jetzt würde die Bundeswehr wieder im Bereich der Flüchtlingsunterbringung benötigt, da die Einrichtungen aufgrund von zunehmenden personellen Ausfällen an ihre Leistungsgrenzen stoßen. Die gewünschte Unterstützung umfasse etwa die Ausgabe von Essen und Medikamenten, die Materialbestellung oder Ausgangskontrollen. Darüber hinaus habe Strobl angekündigt, dass über weitere Einsätze der Bundeswehr in Baden-Württemberg nachgedacht werde, vor allem im Bereich des Objektschutzes, beispielsweise für Liegenschaften der amerikanischen Streitkräfte in Stuttgart. Der Zeitpunkt dafür sei derzeit aber noch nicht erreicht.
Für Diskussionen im Ausschuss sorgte die Frage der Zulässigkeit des Datenaustauschs zwischen Gesundheitsämtern, Kommunen, Polizeibehörden und dem Polizeivollzugsdienst. Die Opposition habe die Position vertreten, dass die Weitergabe von sensiblen Daten in der derzeitigen Form rechtswidrig sei. Strobl habe das Vorgehen dagegen verteidigt und auf konstruktive Gespräche mit dem Landesdatenschutzbeauftragten verwiesen. Demnach sei mit diesem eine gute und datenschutzkonforme Lösung gefunden worden. Die getroffene Vereinbarung solle den Abgeordneten baldmöglichst übermittelt werden, sagte Klein.
Um die Polizei im Land noch besser zu schützen, würden die Polizeibeamten mit weiteren Schutzmaterialien ausgestattet. Landespolizeipräsidentin Hinz habe berichtet, dass rund 16.000 zertifizierte Schutzmasken, 5.000 Liter Händedesinfektion, 1.000 Liter Flächendesinfektion sowie 200.000 Einmalhandschuhe an die Polizeidienststellen ausgeliefert würden. Darüber hinaus sei ein Vertrag über 30.000 Schutz-Overalls abgeschlossen worden.
Wirtschaftsausschuss debattiert Ausgestaltung der Corona-Hilfsmaßnahmen für Betriebe
Stuttgart. Im Rahmen der öffentlichen Sondersitzung des Ausschusses für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau am Donnerstag, 2. April 2020, haben die Ausschussmitglieder beim Wirtschaftsministerium Nachsteuerungen bei den Corona-Hilfsmaßnahmen angeregt. Dies teilte der Vorsitzende des Gremiums, Dr. Erik Schweickert (FDP/DVP), mit. Die Sondersitzung zu Maßnahmen und deren Ausgestaltung für Unternehmen und Beschäftigte in Baden-Württemberg anlässlich der Corona-Krise war auf Antrag der Fraktionen SPD und FDP/DVP einberufen worden. „Auch in der derzeitigen Krisensituation ist es nötig, dass das Parlament in die Entscheidungen eingebunden wird und seine Kontrollplicht der Regierung gegenüber wahrnehmen kann“, begründete Dr. Schweickert die Ansetzung. Bereits zum zweiten Mal hatten die Ausschussmitglieder des Wirtschaftsausschusses die Möglichkeit, per Videoschaltung an einer Sitzung teilzunehmen.
Seit Mittwochabend, 25. März 2020, können Soloselbstständige und Betriebe mit bis zu 50 Beschäftigten einen Antrag auf Wirtschaftshilfe stellen, wenn sie aufgrund der Corona-Pandemie in Existenznöte geraten. Dr. Schweickert zufolge seien in der seither vergangenen Woche über 200.000 Anträge bei den Kammern im Land eingereicht worden. Nach Informationen des Wirtschaftsministeriums hätte die L-Bank, die Förderbank des Landes, bereits Zuschüsse im zweistelligen Millionenbereich ausbezahlt.
Die Ausschussmitglieder hätten es begrüßt, dass seit dem vergangenen Wochenende die Privatvermögen der Antragsteller der Landeshilfen nicht mehr geprüft würden und es nun möglich sei, Hilfsgelder zu erhalten, ohne im Vorfeld private Rücklagen aufbrauchen zu müssen. Der Ausschussvorsitzende erklärte zudem, dass das Wirtschaftsministerium damit rechne, dass in den nächsten Tagen das Bundesprogramm zu den Wirtschaftshilfen anlaufe. Ab dann würden Betriebe mit bis zu zehn Beschäftigten ihre Hilfen aus Bundesmitteln bekommen, die gleichermaßen nach dem vom Land bewährten Verfahren über die Kammern und die L-Bank abgewickelt werden. „Einer Kumulation der Hilfen von Land und Bund wurde von der Landesregierung leider eine Absage erteilt. Die freiwerdenden Mittel des Landes sollten dann aber zumindest für die Unterstützung von Betrieben ab 50 Beschäftigten verwendet werden“, so Dr. Schweickert. „Damit könnten wir die Förderlücke für etwa 9.000 mittelständische Unternehmen schließen“.
Ein weiteres wichtiges Mittel für Betriebe derzeit sei das Kurzarbeitergeld; in Baden-Württemberg hätten bereits 73.000 Betriebe Kurzarbeit angemeldet. Der Wirtschaftsausschuss und das Wirtschaftsministerium waren sich einig, dass der Bund die Bezugsdauer des Kurzarbeitergelds auf bis zu 24 Monate verlängern sollte. „Damit entlasten wir Unternehmen, die bereits vor der Corona-Krise konjunkturelle Probleme hatten. In Baden-Württemberg betrifft dies Schlüsselbranchen wie den Automobil- und Maschinenbau“, erklärte der Ausschussvorsitzende. Hier müsse jedoch der Bund eine endgültige Regelung treffen.
Dr. Schweickert regte an, dass die Mitglieder des Wirtschaftsausschusses auch weiterhin konstruktiv die ihnen in den Wahlkreisen zugetragenen Probleme der Wirtschaft und der Beschäftigten aufgreifen und sich für Anpassungen des Soforthilfeprogramms einsetzen. Denn bei allem engagierten Einsatz des Wirtschaftsministeriums zur schnellen Ausgestaltung der Soforthilfen, ist es bei dem in der Geschichte des Landes Baden-Württemberg größten Hilfsprojekt nicht zu vermeiden, dass den vielfältigen ökonomischen Situationen nicht von vorneherein Rechnung getragen werden kann.
Auch nach der zweiten digitalen Sitzung des Wirtschaftsausschusses innerhalb von drei Wochen zog der Vorsitzende Dr. Schweickert ein positives Resümee: „Die virtuelle Zusammenarbeit klappt immer besser. Hoffentlich sind das nächste Mal die Wirtschaftsministerin sowie die weiteren Vertreter des Ministeriums ebenfalls per Video und nicht nur per Telefon mit dabei.“ Die Sitzung endete mit einer Dankesbotschaft aller Teilnehmer an die in Baden-Württemberg tätigen Unternehmen und Beschäftigte.
Zum ersten Mal überhaupt waren bei einer regulären Sitzung eines Landtagsausschusses nur der Ausschussvorsitzende sowie die engen Mitarbeiter des Landtags vor Ort in Stuttgart anwesend. Alle anderen rund 40 Teilnehmer wurden zugeschaltet, dabei konnte die Sitzung von der interessierten Öffentlichkeit im Live-Stream des Landtags direkt verfolgt werden, was auf reges Interesse gestoßen sei.
Ausschüsse tagen öffentlich per Videokonferenz zu Corona
Stuttgart. Der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau, der Sozialausschuss und der Innenausschuss kommen auf Antrag der Fraktionen SPD und FDP/DVP zu öffentlichen Sitzungen per Videokonferenz zusammen. Auf Antrag der Fraktionen Grüne und CDU wird der Landwirtschaftsausschuss ebenfalls tagen. Die interessierte Öffentlichkeit kann die öffentlichen Beratungen per Livestream auf der Homepage des Landtags verfolgen (www.landtag-bw.de).
Am Donnerstag, 2. April 2020, um 10 Uhr, startet der Wirtschaftsausschuss mit seiner öffentlichen Sitzung. Auf der Tagesordnung stehen Maßnahmen und deren Ausgestaltung für Unternehmen und Beschäftige in Baden-Württemberg anlässlich der Corona-Krise. Um 14 Uhr kommt der Sozialausschuss - ebenfalls per Videokonferenz – zusammen. Es werden Informationen zur Corona-Krise ausgetauscht (aktuelle Maßnahmen der Landesregierung, Probleme, Fragen). Am Freitag, 3. April, um 10 Uhr, wird sich der Innenausschuss mit Fragen und Antworten zu den Auswirkungen des Coronavirus SARS-COV-2 auseinandersetzen. Um 14 Uhr folgt der Landwirtschaftsausschuss. Der Finanzausschuss kommt per Videoschalte am Montag, 6. April, zusammen, die Beratungen erfolgen allerdings in nichtöffentlicher Sitzung.
Die ausführlichen Tagesordnungen der Sitzungen finden Interessierte ebenfalls auf der Homepage des Landtags.
https://www.landtag-bw.de/home/aktuelles/tagesordnungen.html(externer Link)
Wirtschaftsausschuss berät über die Leitlinien zum Wohnungsbau in Baden-Württemberg in Hybridsitzung
Stuttgart. Im Rahmen einer außergewöhnlichen Anhörung, bei der nahezu alle Teilnehmer per Videokonferenz zugeschaltet waren, hat sich der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau am Mittwoch, 18. März 2020, mit dem Programm „Wohnungsbau BW 2020/2021“ im Umfang von 250 Mio. Euro pro Jahr befasst. Dies teilte der Vorsitzende des Gremiums, Dr. Erik Schweickert (FDP/DVP) mit. „Wir brauchen geeignete Rahmenbedingungen zur Schaffung von zusätzlichem Wohnraum, vor allem genügend baureife Flächen, um die noch immer erheblichen Wohnraumbedarfe stillen zu können“, so Schweickert. Deshalb sei es wichtig gewesen, dass sich der Ausschuss auch in der aktuellen Corona-Krise mit den Herausforderungen des Wohnungsbaus im Austausch mit den Experten beschäftigt hat. „Gerade in Krisenzeiten kommt der Versorgung mit bezahlbarem Wohnraum eine Schlüsselrolle zu. Der intensive Austausch im Ausschuss ist deshalb auch am heutigen Tag richtig und wichtig gewesen.“, so Dr. Schweickert.
Wie der Ausschussvorsitzende mitteilte, basiere das nun vorgestellte Programm auf den Beratungen in der Wohnraum-Allianz Baden-Württemberg, die aus ca. 50 Vertreterinnern und Vertretern der Wohnungs- und Kreditwirtschaft, der kommunalen Spitzenverbände, des Natur- und Umweltschutzes sowie der im Landtag vertretenen Fraktionen bestehe. Das Wirtschaftsministerium wolle mit diesem Programm, bekannt als „Blaue Broschüre“, unter anderem die Attraktivität der Förderangebote für den sozialen Wohnungsbau steigern. Ziel sei, es, besonders für die sozial Schwächeren der Gesellschaft Wohnraum zur Verfügung zu stellen.
Dr. Schweickert zufolge seien laut einer Studie der Prognos AG zum Wohnraumbedarf in Baden-Württemberg aus dem Jahr 2017 in den Jahren 2011 bis 2015 insgesamt 88.000 Wohnungen zu wenig gebaut worden. Zusätzlich zu diesen fehlenden Wohnungen müssten bis 2020 jährlich 54.000 sowie von 2021 bis 2025 jährlich 43.000 neue Wohnungen gebaut werden, um den Bedarf zu decken. Ein zentrales Problem des Wohnungsbaus sei jedoch der Mangel an verfügbaren Flächen, sodass die Grundstückskosten stark gestiegen seien. Hier seien die Städte und Kommunen in der Pflicht, mehr Flächen für den Wohnungsbau auszuweisen.
Der Ausschuss sei sich darüber einig gewesen, dass bezahlbarer Wohnraum wichtig sei, um Fachkräfte anzuwerben und diese auch zu halten. Hierbei solle die neue Förderlinie Mitarbeiterwohnen die Unternehmen unterstützen. Baden-Württemberg sei hier das erste Bundesland, das diese Unterstützung einführe. Die Regelungen des neuen Programms „Wohnungsbau BW 2020/2021“ sollen zum 1. April 2020 in Kraft treten.
Abschließend zeigte sich der Ausschussvorsitzende Dr. Schweickert erleichtert über die gelungene Umsetzung des neuen Formats, das überhaupt zum ersten Mal in der Geschichte des baden-württembergischen Landtags eingesetzt wurde. In dieser Hybridsitzung wurden die Experten und Ministeriumsvertreter bewusst per Videokonferenz zugeschaltet und auch den Ausschussmitgliedern stand es frei, ob Sie vor Ort oder per Videostream teilnehmen wollten. Der Dank gelte dabei auch den Mitarbeitern des Landtags, die sehr kurzfristig die technische Umsetzung der Digitalisierung ermöglicht hatten. Den kritischen Stimmen im Vorfeld der Anhörung, die Sitzung des Wirtschaftsausschusses überhaupt stattfinden zu lassen, begegnete der Vorsitzende mit dem innovativen Sitzungsformat der Hybridsitzung, welches auf die physische Präsenz der Ausschussmitglieder, Experten und Mitarbeiter nahezu vollständig verzichtet. Gleichzeitig wurde dadurch aber die Arbeits- und Beschlussfähigkeit des Wirtschaftsausschusses sicherstellt. Auch für die wenigen anwesenden Mitglieder des Ausschusses fand die Sitzung unter den Vorgaben des Landtagspräsidiums sowie den Empfehlungen des Robert Koch Instituts statt. Beispielsweise waren im Anna-Blos-Saal ein Abstand von über zwei Metern gewährleistet sowie präventive Hygienemaßnahmen parat.
Die in dieser Sitzung gemachten Erfahrungen und die daraus resultierenden Verbesserungsvorschläge werden nach Angaben des Vorsitzenden nun besprochen und bilden die Grundlage für die weitere digitale Zukunft der Arbeit des Landtags und seiner Ausschüsse.
Präsidentin Aras: Sondersitzung des Landtags soll Nachtragshaushalt beschließen
Stuttgart. Das Präsidium des Landtags von Baden-Württemberg hat in einer Sondersitzung am Dienstag, 17. März 2020, Entscheidungen getroffen, wie das Parlament auf die Herausforderung der Corona-Pandemie reagiert. Das Präsidium beruft für Donnerstag, 19. März, 10:30 Uhr, eine Sondersitzung des Landtags ein, um einen Nachtrag zum Staatshaushaltsplan zu verabschieden. „Dieser Beschluss eilt. Das Land braucht jetzt finanzielle Handlungsspielräume, um flexibel reagieren zu können. Dieser Verantwortung wollen wir als Gesetzgeber nachkommen“, erklärte Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne).
Bei allen Überlegungen zum Parlamentsbetrieb stand zudem im Mittelpunkt, wie auch der Landtag von Baden-Württemberg dazu beitragen kann, persönliche Kontakte und damit Ansteckungsrisiken zu minimieren. Die reguläre Plenarsitzung am 25. März entfällt. Tagesordnungspunkte dieser Sitzung werden auf die Sondersitzung am Donnerstag vorgezogen. Das Präsidium beschränkt die Tagesordnungen auf dringende Gesetzesberatungen. Aktuelle Debatten oder vorgezogene Initiativen sowie die Beratung von Anträgen und weniger dringlichen Gesetzen entfallen vorerst. Um den vom Robert-Koch-Institut empfohlenen Sicherheitsabstand von 1,5 bis zwei Meter einzuhalten, wird die Sitzordnung dahingehend geändert, dass Abgeordnete auch auf der Besuchertribüne Platz nehmen werden.
Die geplante Sitzung des Präsidiums am Dienstag, 24. März 2020, wird stattfinden, ob als reguläre Sitzung oder als Videokonferenz ist noch offen. Dieses Präsidium wird darüber entscheiden, in welcher Form und mit welcher Tagesordnung die Sitzung am 1. April stattfindet. Präsidentin Aras: „In der aktuellen Situation müssen wir umfassende Entscheidungen kurzfristig treffen. Das ist uns heute gemeinsam gelungen. Jenseits aller politischen Meinungsverschiedenheiten muss es unser gemeinsames Anliegen sein, parlamentarische Prozesse verantwortungsvoll fortzuführen. Das erfordert jetzt viel Abstimmung, Kreativität und Pragmatismus.“
Da auch in den Ministerien derzeit ein reduzierter Arbeitsbetrieb herrscht, entsprach das Präsidium einer Bitte der Regierung, die Fristen für die Beantwortung der Parlamentarischen Initiativen zu verdoppeln: Also sechs Wochen für Kleine Anfragen und Anträge und zwölf Wochen für Große Anfragen. Diese Fristverlängerungen sollen vorerst bis längstens 15. Juni 2020 gewährt werden.
Aus dem Präsidium wird empfohlen, Ausschusssitzungen per Videokonferenzen abzuhalten und Beschlüsse gegebenenfalls im Umlaufverfahren herbeizuführen. „Die Entscheidungen hierüber treffen jedoch letztlich die Ausschussvorsitzenden“, betonte die Landtagspräsidentin.
Das Präsidium hat überdies seine Genehmigung für die Ausschussreisen vom Ständigen Ausschuss nach Rumänien und Bulgarien, vom Bildungsausschuss nach Vorarlberg und Südtirol sowie vom Petitionsausschuss nach Georgien und Armenien widerrufen.
Späterer Sitzungsbeginn - Verdacht auf Infektion nicht bestätigt
Stuttgart. „Das Präsidium hat beschlossen, die für heute, 9:30 Uhr, angesetzte Plenarsitzung auf 11 Uhr zu verschieben und die Tagesordnung zu kürzen.“ Das hat Landtagsvizepräsidentin Sabine Kurtz (CDU) nach einer kurzfristig anberaumten Sondersitzung des Präsidiums am Donnerstagmorgen, 12. März 2020, mitgeteilt.
Am späten Mittwochabend hatte der Fraktionsgeschäftsführer der Grünen, Thorsten Arzbach, Präsidentin Muhterem Aras mitgeteilt, dass ein Abgeordneter Kontakt zu einer Person hatte, die ein positives Ergebnis auf den Coronavirus Sars-CoV-2 erhalten hatte. Das Testergebnis des betroffenen Abgeordneten soll heute im Laufe des Tages vorliegen. An der gestrigen Plenarsitzung hatte der Abgeordnete nicht teilgenommen.
Nachdem der Abgeordnete jedoch am Dienstag bei der Fraktionssitzung der Grünen anwesend war, kann nicht ausgeschlossen werden, dass weitere Abgeordnete einschließlich Landtagspräsidentin Muhterem Aras bzw. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter betroffen sein könnten. „Es ist ein wichtiges Zeichen, auch ins Land, dass das Parlament arbeitsfähig bleibt. Dennoch sind wir kollegial, haben die Tagesordnungspunkte 1 und 2 abgesetzt und so kann die Grünen-Fraktion den Anweisungen des Gesundheitsamtes Folge leisten“, so Sabine Kurtz.
HINWEIS: Am späten Nachmittag hat die Fraktion Grüne darüber informiert, dass sich der Verdacht auf eine Infektion NICHT bestätigt hat.
Landtag sagt Besuchergruppen und Veranstaltungen ab
Stuttgart. Von Donnerstag, 12. März 2020, bis einschließlich Freitag, 17. April 2020, sagt der Landtag von Baden-Württemberg alle Einladungen für Besuchergruppen und Veranstaltungen im Haus des Landtags und im Bürger- und Medienzentrum ab. Dies erklärte Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) am Mittwoch, 11. März 2020. „In Abstimmung mit den Fraktionen habe ich mich zu diesen Maßnahmen entschlossen, um den aktuellen Entwicklungen bezüglich der Ausbreitung des Coronavirus Rechnung zu tragen“, so die Landtagspräsidentin. „Gesundheit hat oberste Priorität.“
Der Landtag folge mit dieser Entscheidung den Empfehlungen des Robert-Koch-Institutes, Verbreitungswege soweit wie möglich zu minimieren. „Wir möchten als Gastgeber für Gäste aus dem ganzen Land keine Risiken eingehen“, betonte Aras. „Wir bedauern diese Absagen und werden die Situation regelmäßig neu bewerten, um Maßnahmen zu verlängern oder bestenfalls auch, um Einschränkungen wieder aufzuheben.“
Die Handlungsfähigkeit des Landtags von Baden-Württemberg ist in keiner Weise eingeschränkt: Der parlamentarische Betrieb mit seinen Sitzungen ist von den Maßnahmen nicht berührt, das bedeutet Plenar- und Ausschusssitzungen finden statt. Allerdings eben ohne Besucherinnen und Besucher.
Landwirtschaftsausschuss fordert bessere Nutzung von Kälbern im Südwesten
Stuttgart. Der Ausschuss für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz fordert die Landesregierung auf, gemeinsam mit Vertretern des Tierschutzes und den Wirtschaftsbeteiligten dauerhaft für alle Seiten tragfähige Lösungen für den Umgang und für den Transport von jungen Kälbern zu entwickeln. Diesen Beschluss fasste das Gremium in seiner Sitzung am Mittwoch, 4. März 2020, auf Antrag der Fraktionen Grüne und CDU einstimmig, teilte der Ausschussvorsitzende Martin Hahn (Grüne) mit.
Darüber hinaus solle der Bund angehalten werden, Kriterien für geeignete Tränkesysteme für junge Kälber festzulegen, anhand derer Transportfahrzeuge für lange Beförderungen der Tiere zugelassen werden können. Zudem solle auf Landesebene geprüft werden, welche Möglichkeiten bestehen, um eine regionale Vermarktung zu verbessern und somit lange Transporte von jungen Kälbern innerhalb Deutschlands und ins Ausland zu reduzieren.
Nach Angaben Martin Hahns hat Landwirtschaftsminister Peter Hauk in der Sitzung über die Situation von sogenannten „nicht abgesetzten Kälbern“, also jungen Tieren, die noch auf Kuhmilch angewiesen sind, informiert. Demnach würden die in Baden-Württemberg geborenen Tiere vor allem nach Norddeutschland und nach Spanien transportiert, da dort eine sehr viel höhere Nachfrage nach Kälbern bestehe. Die aktuellen Transportvorschriften sehen vor, dass die jungen Kälber nach einer neunstündigen Fahrt mindestens eine Stunde Ruhepause erhalten, bevor sie erneut neun Stunden transportiert werden dürften. Danach sei eine mindestens 24-stündige Ruhepause vorgeschrieben. Die Fahrten nach Spanien würden die erlaubten 19 Stunden jedoch teilweise überschreiten, weil die Kälber zum Füttern und Tränken erst aus- und dann wieder eingeladen werden. Dies dauere meist zwischen zwei und drei Stunden, wodurch die erlaubten 19 Stunden Transportzeit überschritten würden. „Die Mitglieder des Ausschusses und der Landwirtschaftsminister waren sind einig, dass dieses Verfahren zur artgerechten Fütterung im Sinne des Tierschutzes angebracht und gerechtfertigt ist“, sagte Martin Hahn.
Da die Transporte aufgrund der Fütterung häufig zwischen 60 und 90 Minuten länger als die 19 Stunden betragen, hätten die zuständigen Veterinärämter keine Transportgenehmigungen mehr ausgestellt. Das Verwaltungsgericht Sigmaringen habe jedoch in einem Urteil entschieden, dass die Transporte weiterhin genehmigt werden müssten.
Die Ausschussmitglieder waren sich aus diesen Gründen einig, dass in Baden-Württemberg geborene Kälber am besten hier genutzt werden sollten, um Transporte zu vermeiden. Dafür müssten jedoch im Land bessere Strukturen und bessere Möglichkeiten zur Nutzung geschaffen werden. Um Transporte tierschutzgerecht durchführen zu können und um die Zeit zum Füttern und Tränken zu verringern, sollten Tiertransporter mit Einrichtungen, die für junge Kälber geeignet sind, ausgestattet werden. Damit könnten die Tiere dann im Fahrzeug versorgt werden und müssten dann nicht aus- und wieder eingeladen werden, so Hahn.
Europaausschuss informiert sich über die Frankreich-Konzeption des Landes
Stuttgart. Der Ausschuss für Europa und Internationales hat sich in seiner Sitzung am Mittwoch, 4. März 2020, über die Frankreich-Konzeption des Landes informiert. Staatssekretär und Bevollmächtigter beim Bund, Dr. Andre Baumann, gab dem Gremium einen mündlichen Bericht. Das hat der Vorsitzende des Europaausschusses, Willi Stächele (CDU), mitgeteilt. „Es darf nicht mit wenig Geld viel Bürokratie aufgebaut werden. Menschen müssen zusammengebracht werden“, so Stächele bezugnehmend auf die kleineren Maßnahmen wie den Strategiedialog Städtepartnerschaften, für den insgesamt 100.000 Euro vorgesehen sind.
5,6 Millionen Euro stehen im Doppelhaushalt 2020/2021 insgesamt für die Umsetzung verschiedener Projekte zur Frankreich-Konzeption zur Verfügung. Der Ausschuss begrüßte grundsätzlich die finanzielle Ausstattung.
In einem ersten Schritt soll Dr. Baumann zufolge die Mobilität in den Grenzregionen gefördert werden. 820.000 Euro sind etwa für den grenzüberschreitenden Datenaustausch und die Abstimmung zum Aufbau eines gemeinsamen Datenmanagements für grenzüberschreitendes multimodales Routing, Echtzeitreise- und Fahrplaninformation vorgesehen. Die Zuständigkeit liegt beim Verkehrsministerium. 523.000 Euro sind für die Stärkung des Gemeinsamen Zentrums der deutsch-französischen Polizei- und Zollzusammenarbeit in Kehl vorgesehen (zuständig das Innenministerium). 470.000 Euro sollen für die Stärkung der Netzwerkarbeit und Kooperationen in den Bereichen Industrie 4.0, Robotik und Künstlicher Intelligenz eingesetzt werden.
Der Ausbau und die Stärkung des European Campus zu einer Europäischen Universität soll mit insgesamt einer Million Euro gefördert werden. Um die Anzahl wie auch die Teilnehmerzahlen erhöhen zu können wurde der Fördertopf „Förderung des Austausches von Schülern des beruflichen Schulwesens“ auf 98.000 Euro erhöht. Im Ausschuss sei es auch als sehr wichtig erachtet worden, das Interesse der Schülerinnen und Schüler an der französischen Sprache wieder zu steigern, so Vorsitzender Willi Stächele.
Mit der Frankreich-Konzeption beabsichtigt die Landesregierung, die bereits bestehende, erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen Deutschland, Frankreich bzw. Baden-Württemberg und Grand Est sowie Auvergne-Rhône-Alpes (Partner im Netzwerk der Vier Motoren für Europa) besonders in drei Handlungsbereichen weiter zu vertiefen: 1. Qualitative Verbesserung und Ausbau bestehender Projekte, 2. Institutionelle Verbesserung der Kooperationsmöglichkeiten und Ausbau des projektorientierten und politischen Austausches sowie 3. Ausbau frankreichbezogener Aktivitäten und verbesserter Kommunikation. „Mit unseren geplanten Maßnahmen hauchen wir dem Vertrag von Aachen Leben ein“, so Staatssekretär Baumann.
Willi Stächele äußerte abschließend den Wunsch, dass bis zur nächsten Sitzung die Umsetzungen konkreter werden sollten.
Verkehrsausschuss diskutiert über das Potenzial synthetisch hergestellter Kraftstoffe
Stuttgart. Mit zwei Anträgen der Fraktionen Grüne und FDP/DVP zur Frage, wie man den Verkehr in Baden-Württemberg klimafreundlicher gestalten kann, beschäftigte sich der Ausschuss für Verkehr in seiner Sitzung am Mittwoch, 4. März 2020. Dies teilte der Vorsitzende des Gremiums, Karl Rombach (CDU), mit. Die Ausschussmitglieder würden dabei großes Potenzial in synthetisch hergestellten Kraftstoffen aus Erneuerbaren Energien, den sogenannten Refuels, sehen.
Der Ausschussvorsitzende erklärte, dass man sich im Gremium einig gewesen sei, dass es bei den aktuellen Veränderungen in der Verkehrsindustrie – insbesondere in der Automobilindustrie, aber beispielsweise auch in der Luftfahrt – wichtig sei, technologieoffen nach den besten Lösungen für die jeweilige Anwendung zu suchen. Bei den Antriebsmöglichkeiten könnten dies neben der Batterie auch die Brennstoffzelle oder synthetische Kraftstoffe auf Basis regenerativer Energien sein. Diese Refuels, kurz für „renewable energy fuels“, könnten dabei insbesondere für den Lkw-, den Schiffs- und den Flugverkehr eine wichtige Rolle spielen. „Entscheidend hierfür ist allerdings eine ausreichende Menge an erneuerbar erzeugter elektrischer Energie. Diese muss daher ausgebaut werden“, betonte Rombach.
Dem Vorsitzenden zufolge hat die Forschung zur Herstellung regenerativer Kraftstoffe in ganz Deutschland schon zu relevanten Ergebnissen und hohen Technologiereifegraden geführt. In Baden-Württemberg forsche unter anderem das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) im Bereich Refuels. „Jedoch besteht beispielsweise in den Bereichen Elektrolyse, Kraftstoffsynthese, chemische Technologie und Kraftstoffumsetzung noch weiterer Forschungsbedarf“, erklärte Rombach.
Darüber hinaus beschäftigte sich der Verkehrsausschuss mit einem Antrag der CDU-Fraktion zur Qualität des Fernverkehrs auf der Gäubahn. Thema war insbesondere die geringe Pünktlichkeit der Züge und die daraus folgende Problematik, dass Anschlusszüge nicht erreicht würden. So habe die Pünktlichkeit im Jahr 2019 bei 83 Prozent gelegen, wobei auch Züge mit einer Verspätung von weniger als sechs Minuten als pünktlich gewertet würden. Zudem seien zwischen Juni und November vergangen Jahres zwischen 13 und 28 Züge pro Monat ersatzlos ausgefallen. Ursache seien hauptsächlich funktionale Mängel in der Steuerungssoftware. „Hier muss die Bahn nacharbeiten“, forderte Rombach. Es gebe derzeit einen Zulassungsprozess, doch dieser sei sehr aufwendig. „Eine Installation des Software-Updates wird nach derzeitigem Stand erst ab Mitte des Jahres erfolgen“, so der Ausschussvorsitzende.
Präsidentin Aras: EU-Freihandelsabkommen müssen Arbeits- und Sozialschutzrechte sowie Klimaschutz gewährleisten
Stuttgart/Brüssel. Nach der konstituierenden Sitzung des Europäischen Ausschusses der Regionen (AdR) zu Beginn der neuen fünfjährigen Mandatsperiode vom 11. bis 13. Februar 2020 hat das Gremium jetzt in Brüssel seine fachliche Arbeit aufgenommen. Landtagspräsidentin Muhterem Aras (GRÜNE) ist als baden-württembergisches Mitglied in zwei Fachausschüssen vertreten: Im Ausschuss für Umwelt, Klimawandel und Energie (ENVE) und im Ausschuss für Wirtschaftspolitik (ECON).
Nach der Teilnahme an den beiden Sitzungen am 27. Februar 2020 (ENVE) und am 2. März 2020 (ECON) zog Präsidentin Aras ein positives Fazit: „Die Vielfalt an spannenden Dossiers, an denen wir im AdR arbeiten und zu denen wir unsere Auffassung direkt den EU-Institutionen vorlegen, begeistert mich“, erklärte die Landtagspräsidentin. „Neben dem „Europäischen Grünen Deal“ als dem derzeit alles beherrschenden Thema beschäftige ich mich künftig auch verstärkt mit wirtschafts- und finanzpolitischen Themen, die vor allem für die kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) in unserem Land von immenser Bedeutung sind“.
Als besonders interessant wertete Aras die Aussprache auf der gestrigen Sitzung (2. März 2020) der Fachkommission ECON mit dem Handelskommissar der EU-Kommission Phil Hogan zu Freihandelsabkommen der EU und zu deren Umsetzung auf lokaler und regionaler Ebene. „Ich halte Freihandelsabkommen für wichtig, es darf sie aber nicht um jeden Preis geben. Arbeits- und Sozialschutzrechte sowie der Klimaschutz müssen zwingend gewährleistet sein“, so Aras in der Debatte mit dem Kommissar. „Auch muss die EU Wege finden, wie Verletzungen von Standards sanktioniert werden können“, betonte die Landtagspräsidentin weiter.
Kommissar Hogan wies in seinen Ausführungen darauf hin, dass die EU ihre Handelsabkommen auch als Hebel gegenüber den Vertragsstaaten nutze, um Standards wie Arbeitsschutzbedingungen und die Einhaltung sozialer Rechte durchzusetzen. Er pflichtete Aras bei, dass es überaus wichtig sei, darauf zu achten, dass rechtsverbindliche Verpflichtungen auch durchgesetzt werden könnten. Als Testfall in Sachen Streitschlichtung nannte er Südkorea.
Den Hinweis von Landtagspräsidentin Aras auf dringend benötigte Transparenz bei den Verhandlungen von Freihandelsabkommen nahm Kommissar Hogan auf und sagte zu, die Transparenz in Handelsfragen vergrößern zu wollen. „Ich halte eine bessere Zusammenarbeit der EU-Ebene mit dem AdR in Handelsfragen für sehr wichtig. So könnte die Kompetenz von Vertreterinnen und Vertretern der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften bei der Umsetzung von Handelsabkommen vor Ort effektiver genutzt werden. Das bringt Vorteile für alle Seiten“, zeigte sich Aras überzeugt.
Hintergrundinformation:
- Der Ausschuss der Regionen (AdR) ist ein beratendes Gremium der Europäischen Union, das sich aus lokal und regional gewählten Vertretern oder Regierungsmitgliedern der EU-Mitgliedsländer zusammensetzt.
- Das Land Baden-Württemberg verfügt über zwei Sitze. Landtagspräsidentin Aras wurde als Mitglied des Landtags für den AdR benannt, als stellvertretendes Mitglied der Grünen-Abgeordnete Josef Frey. Aras ist die einzige Landtagspräsidentin in der deutschen Delegation.
- Für die Landesregierung ist der Minister der Justiz und für Europa, Guido Wolf, benannt, als stellvertretendes Mitglied der CDU-Fraktionsvorsitzende Dr. Wolfgang Reinhart
Wirtschaftsausschuss diskutiert über das Zukunftspotenzial der Wasserstofftechnologie, Bürokratieabbau und die IAA
Stuttgart. Mehrere Automobilzulieferer setzen mit Blick auf die Energiewende in der Mobilität verstärkt auf die Wasserstofftechnologie. Auf Antrag der Fraktion der FDP/DVP beschäftigte sich der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Woh-nungsbau mit dieser Technologie. Dies teilte der Vorsitzende des Gremiums, Dr. Erik Schweickert (FDP/DVP), mit. „Neben der Brennstoffzelle im PKW-Bereich hat der Wasserstoff auch in der Schifffahrt, für Flugzeuge und LKW ein großes Zu-kunftspotenzial“, erklärte der Vorsitzende.
Für die Landesregierung sei es laut Dr. Schweickert besonders wichtig, dass man tech-nologieoffen an die Frage herangehen müsse, wie die definierten Klima- und Luftreinhal-tungsziele eingehalten werden sollen. Wasserstoff durch Elektrolyse aus erneuerbaren Energien, die „Power-to-Gas“-Technologie oder auch synthetische Kraftstoffe könnten dabei hilfreich sein. Wie der Ausschussvorsitzende erklärte, beabsichtige die Landesre-gierung, die Entwicklung einer Modellregion für Wasserstoff in Baden-Württemberg zu unterstützen. Beispielsweise fördere man das Leuchtturmprojekt „Power-to-Gas“ beim Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) mit einem Betrag von 4,5 Millionen Euro.
Ein weiteres Thema war die Frage, wie sich die Bürokratiebelastung für mittelständische Unternehmen reduzieren lasse. Auch dies wurde von der FDP/DVP-Fraktion beantragt. Wie Dr. Schweickert erklärte, sei das Wirtschaftsministerium der Ansicht, dass die Kritik an Bürokratie als Wachstumshemmnis überwiegend Bundesrecht und europäisches Recht betreffe. Der Ausschuss sei sich darin einig gewesen, wie wichtig die Arbeit des Normenkontrollrats sei. Dieses unabhängige Expertengremium beschäftigt sich mit der Frage, wie Ehrenamtliche und Unternehmer von unnötiger Bürokratie befreit werden können. Der Vorsitzende des Gremiums mahnte an, dass dessen Empfehlungen in der Arbeit der Landesregierung Berücksichtigung finden sollten.
Bereits zuvor befasste sich der Ausschuss auf Antrag der SPD-Fraktion mit der Interna-tionalen Automobilausstellung (IAA) und der Entscheidung des Verbands der Automobil-industrie Ende Januar, die Bewerbung der Stadt Stuttgart als Ausrichtungsort abzu-lehnen. Der Ausschuss sei einmütig enttäuscht über diese Entscheidung, erklärte Dr. Schweickert. „Es wäre eine große Chance für die Region Stuttgart und Baden-Württemberg als Automobilland Nummer 1 gewesen, die IAA auf der Landesmesse prä-sentieren zu können. Das frühe Aus schon in der ersten Bewerberrunde hat natürlich Irritation hervorgerufen und zu kritischen Nachfragen geführt“. Offizielle Gründe, warum die Bewerbung abgelehnt worden sei, habe das Staatsministerium nicht genannt be-kommen. Es habe jedoch danach geklungen, dass sich die Terminkollision zwischen dem Cannstatter Wasen und dem traditionellen Herbsttermin der IAA sowie die Anbin-dung dieser benötigten großen Freifläche negativ auf die Entscheidung ausgewirkt haben könnten. Jedoch sei man von Seiten der Landesregierung der Ansicht, dass die Ent-scheidung, wer die IAA ausrichten wird, nicht für alle Zeit gefallen sei. Das Ministerium habe versichert, dass man die Stadt Stuttgart darin unterstützen würde, sich auch in Zu-kunft wieder um die Ausrichtung der IAA zu bewerben.
Bildungsausschuss diskutiert über die Arbeit des Zentrums für Schulqualität und Lehrerbildung (ZSL)
Stuttgart. Das Qualitätskonzept für das Bildungssystem Baden-Württemberg setzt auf eine stärkere Verzahnung der Lehrkräfteaus- und -fortbildung. „Die bisherigen Seminare für Didaktik und Lehrerbildung sind daher von großer Bedeutung“, erklärte die Vorsitzende des Ausschusses für Kultus, Jugend und Sport, Brigitte Lösch (Grüne). Die Arbeit der Seminare sei Grundlage einer qualitativ hochwertigen Lehrkräfteausbildung und somit auch für einen qualitativ hochwertigen Schulunterricht. Um dies zu gewährleisten, habe vor knapp einem Jahr, im März 2019, das „Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung“ (ZSL) mit seinen sechs Regionalstellen seine Arbeit aufgenommen. Mit dessen Arbeit befasste sich nun der Bildungsausschuss im öffentlichen Teil seiner Sitzung am Donnerstag, 13. Februar 2020, auf Anträge der Fraktionen SPD und FDP/DVP.
Wie die Vorsitzende erklärte, sei der Grund für das neue Qualitätskonzept für das Bildungssystem des Landes, dass die Gruppe der Schüler, die nicht die bundesweiten Mindeststandards bei der Bildung erreichen, gestiegen sei. Als eine bedeutende Schwachstelle bei der Qualitätsentwicklung des Schulunterrichts sei die bislang starke Zersplitterung der Verantwortlichkeit im Bereich der Lehrerbildung ausgemacht worden und deren heterogene Qualität. Deshalb sollen zukünftig Fort- und Ausbildungen professionalisiert und Theorie und Praxis der Seminare enger miteinander verzahnt werden. So sei im vergangenen Jahr jede fünfte Fortbildung ausgefallen. „Das muss noch verbessert werden“, appellierte Lösch.
Das Ministerium habe betont, dass die dezentralen Seminareinrichtungen vor Ort nicht aufgelöst würden. Die 34 Standorte würden weiterhin bestehen bleiben. „Diese kennen die regionalen Besonderheiten und können sie in ihr Programm vor Ort einbauen“, so Lösch. Es werde daher auch weiterhin schulortnahe Fortbildungen für Lehrkräfte geben. ZSL-Leiter Thomas Riecke-Baulecke habe jedoch einräumen müssen, dass von 190 Stellen derzeit nur etwa 110 besetzt seien. „Zu Beginn des kommenden Schuljahres wird es laut Riecke-Baulecke aber für alle Seminare wieder einen Leiter geben“, sagte Lösch.
Zukünftig sollen sich Fortbildungen mehr an den Bedürfnissen des Lehrerpersonals orientieren, weg von den Veranstaltungen für die Entwicklung einer Person hin zu Veranstaltungen, von denen das gesamte Kollegium profitieren könne.
Hinderer: Apotheken sind auf die Einführung elektronischer Rezepte gut vorbereitet
Stuttgart. Spätestens im kommenden Herbst sollen als Folge des geplanten „Digitale-Versorgung-Gesetz“ (DVG) die Apotheken an die sogenannte Telematikinfrastruktur angeschlossen werden. Diese Infrastruktur soll alle Beteiligten im Gesundheitswesen wie Ärzte, Krankenhäuser, Krankenkassen und eben die Apotheken miteinander vernetzen. Medizinische Informationen, die für die Behandlung der Patienten benötigt werden, sollen damit schneller und einfacher verfügbar sein. Auf Antrag der AfD-Fraktion befasste sich der Ausschuss für Soziales und Integration in seiner Sitzung am Donnerstag, 13. Februar 2020, mit der Frage, wie sich insbesondere die Einführung der elektronischen Rezepte auf die Apotheken auswirken wird. Dies teilte der Vorsitzende des Gremiums, Rainer Hinderer (SPD), mit.
Damit Kunden elektronische Rezepte einlösen könnten, sei es zwingend notwendig, dass Apotheken an die Telematikinfrastruktur angeschlossen seien. Dies solle bis zum 31. September dieses Jahres geschehen. Im Herbst vergangenen Jahres seien bereits etwa 80 Prozent der Arztpraxen und der psychotherapeutischen Praxen an die Telematikinfrastruktur angebunden gewesen. Nun sollen die Apotheken folgen.
Hinderer zufolge seien die Apotheken im Land dafür auch gut gerüstet, da sie bereits heute durchgängig ans Internet angeschlossen und mit modernster IT-Technologie ausgerüstet seien. „Elektronische Rezepte können heute allerdings noch nicht in Apotheken eingelöst werden“, erklärte Hinderer. Dafür müsse erst ein sogenannter Konnektor zugelassen werden. Solch ein Konnektor sei vergleichbar mit einem DSL-Router, allerdings auf einem deutlich höheren Sicherheitsniveau. „Schließlich geht es hier um sehr sensible Daten“, betonte der Ausschussvorsitzende. Derzeit gebe es auf dem Markt lediglich einen Konnektor, der für einen Feldtest zugelassen sei; die abschließende Prüfung, ob er endgültig zugelassen werden kann, stehe aber noch aus. Laut Hinderer werde damit erst im Juni gerechnet. Die Landesregierung sei jedoch zuversichtlich, dass die Apotheken bis zum im Gesetz angepeilten Stichtag, dem 30. September 2020, mit der erforderlichen Hard- und Software ausgestattet sein werden.
Darüber hinaus sei sich der Ausschuss darüber einig gewesen, dass es Regelungen geben müsse, die sicherstellen, dass die stationären Apotheken gegenüber den ausländischen Versandapotheken nicht benachteiligt werden. „Wir wollen, dass unsere Apotheken die Primärversorger vor Ort bleiben“, so Hinderer.
„Panama Papers“ führen zu Steuernachzahlungen in Millionenhöhe in Baden-Württemberg
Stuttgart. Ermittlungen im Zuge der Enthüllungen der „Panama Papers“ und „Paradise Papers“ haben dem Land Baden-Württemberg Steuernachzahlungen in Millionenhöhe beschert. Das wurde am Donnerstag, 13. Februar 2020, bei Beratungen im Finanzausschuss auf Antrag der SPD-Fraktion deutlich, wie der Vorsitzende des Gremiums, der SPD-Abgeordnete Rainer Stickelberger, mitteilte. Die Tätigkeit von Steuerfahndern und Betriebsprüfern zahlt sich für das Land insgesamt sehr aus. So wurden etwa im Jahr 2018 mehrere Milliarden Euro zusätzlich in die Kassen des Landes gespült. „Die Höhe der Steuernachzahlungen zeigt: Steuerfahnder und Betriebsprüfer sind ein unverzichtbarer Teil der Steuerverwaltung in Baden-Württemberg“, sagte Stickelberger.
Nach Angaben Stickelbergers erhielten die baden-württembergischen Steuerfahndungsstellen von der gemeinsamen Ermittlungsgruppe des Bundeskriminalamts und der hessischen Finanzverwaltung Kontrollmaterial zu insgesamt 35 Steuerpflichtigen, die ihren Sitz in Baden-Württemberg haben. 16 der 35 Fälle wurden bislang abgeschlossen. Die Nachzahlungen an die Finanzämter belaufen sich auf 595.381 Euro, so der Vorsitzende.
Im Fall der „Paradise Papers“ hat die Sondereinheit Steueraufsicht beim Finanzamt Karlsruhe-Durlach nach der Auswertung der online gestellten Datenbank des Internationalen Konsortiums investigativer Journalisten insgesamt 173 Prüfungen zu Personen und Unternehmen in Baden-Württemberg eingeleitet. Bislang seien 30 der 173 Fälle abschließend ausgewertet und Steuernachzahlungen in Höhe von 994.891 Euro festgesetzt worden, sagte Stickelberger.
Der Einsatz von Steuerfahndern und Betriebsprüfern lohnt sich für das Land Baden-Württemberg allgemein sehr. Im Jahr 2018 beliefen sich die Nachzahlungen durch Ermittlungen von Steuerfahndern auf rund 329 Millionen Euro. Die Höhe der Steuernachzahlungen schwanken von Jahr zu Jahr abhängig von der Zahl der Selbstanzeigen, der Komplexität von Steuerverfahren und der Zahl der Prüfungen. So bewege sich die Höhe der Nachzahlungen in den Jahren 2006 bis 2018 zwischen 218 und 560 Millionen Euro.
„Durch Betriebsprüfungen erhielt das Land im Jahr 2018 Nachzahlungen in Höhe von 2,15 Milliarden Euro“, erklärte Rainer Stickelberger. Auch hier seien die Zahlen nicht jedes Jahr gleich. Diese bewegten sich in den Jahren von 2006 bis 2018 zwischen 1,8 Milliarden Euro und 3,1 Milliarden Euro, so Stickelberger.
Fraktionen wollen über mögliche Alternativen zum derzeitigen Zuteilungsverfahren sprechen
Stuttgart. Mehrere Fraktionen im Landtag wollen über eine mögliche Änderung des Berechnungsverfahrens bei Kommunalwahlen sprechen. Das wurde am Mittwoch, 12. Februar 2020, im Innenausschuss deutlich, der auf Antrag der Fraktionen CDU und SPD über Auswirkungen des aktuellen Verfahrens auf die Sitzverteilung bei Wahlen auf kommunaler Ebene beraten hatte. Wie der Vorsitzende des Gremiums, der CDU-Abgeordnete Karl Klein, mitteilte, war sich die Mehrheit im Ausschuss einig, dass das derzeit genutzte Verfahren nach Sainte-Laguë/Schepers tendenziell eher kleinere Parteien und Gruppen bevorzuge und somit zu einer Zersplitterung der Gemeinderäte führe.
Seit dem Beschluss des Landtags vom 11. April 2013 erfolgt die Sitzzuteilung nach dem Verfahren nach Sainte-Laguë/Schepers. Davor wurde mit dem Verfahren nach d’Hondt zugeteilt. Dies führe im Ergebnis dazu, dass kleine Gruppen mit vergleichsweise wenigen Stimmen einfacher in kommunale Gremien gewählt werden können und dort im Vergleich zu stimmenstarken Parteien viel Raum einnehmen. „Die Fraktionen waren sich einig, dass Wahlen ein hohes Gut sind und Wahlverfahren nicht regelmäßig geändert werden sollten. Trotzdem waren die Fraktionen auch der Auffassung, dass angesichts der aktuellen Situation in kommunalen Gremien über Alternativen diskutiert werden sollte“, sagte der Ausschussvorsitzende Karl Klein. Mehrere Fraktionen hätten daher angekündigt, das Gespräch mit anderen Fraktionen zu suchen.
Präsidentin Aras vertritt den Landtag in Brüssel
Stuttgart – Der Ausschuss der Regionen in Europa tritt am heutigen Mittwoch, 12. Februar 2020, zu seiner Sitzung anlässlich des Beginns der fünfjährigen Mandatsperiode zusammen. Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) hat die ordentliche Mitgliedschaft im AdR übernommen. Sie wird in den zwei Fachkommissionen für Wirtschaftspolitik (ECON) und Umwelt, Klimawandel und Energie (ENVE) mitarbeiten. „Die Vielfalt zu einer gemeinsamen Haltung zu verbinden, liegt mir nicht nur in Baden-Württemberg am Herzen. Auch auf europäischer Ebene ist das Austarieren politischer Orientierungen, Interessen und nationaler Eigenheiten auf Basis demokratischer Werte wichtiger denn je“, so Präsidentin Aras zum Auftakt. „Ich freue mich darauf, daran mitzuarbeiten, die wichtigen Themen Wirtschaft und Klimawandel auf dem Weg zur Klimaneutralität zu verbinden. Damit möchte ich dazu beitragen, eines der herausragenden Themen unserer Zeit, den ‚Grünen Deal‘, mitgestalten zu können.“ Der Landtagsabgeordnete Josef Frey (Grüne) ist stellvertretendes Mitglied in dem Gremium.
„Ich will als überzeugte Europäerin meinen Beitrag dazu leisten, den Regionen zu Gewicht im Europäischen Kontext zu verhelfen“, so Landtagspräsidentin Aras. „Dies ergänzt die gesetzlich vorgesehene Beteiligung des Landtags in EU-Angelegenheiten. Ich bin überzeugt, dass Baden-Württemberg mit dann vier Repräsentanten aus Legislative und Exekutive ein starkes Gewicht haben wird.“
Die Präsidentin wird sich innerhalb des AdR in den Fachkommissionen ENVE (Umwelt, Klimawandel und Energie) sowie ECON (Wirtschaft) engagieren. „Die zentrale Herausforderung der EU wird sein, unsere starke Wirtschaft CO2-neutral zu machen. Ich unterstütze die Priorität der neuen Kommission, den ‚Grünen Deal‘, und erwarte greifbare Ergebnisse“, so die Landtagspräsidentin.
Für den Südwesten ebenfalls zentral sei der Erhalt und die Wiederherstellung der Biodiversität in Anlehnung an die „Sustainable Development Goals“ der Vereinten Nationen. „Ich bin zuversichtlich, zusammen mit Europaminister Wolf, Professor Reinhart sowie meinem Kollegen Josha Frey die baden-württembergische Stimme in diesen zentralen Zukunftsfeldern Europas hörbar einbringen zu können“, sagt die Landtagspräsidentin.
Die Landtagspräsidentin will zudem – mit Blick auf die von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen für den 9. Mai 2020 angekündigte „Konferenz zur Zukunft der Europäischen Union“ – die Erfahrungen des Landes mit Bürgerbeteiligung einbringen. In Baden-Württemberg hat sowohl der Landtag wie auch die Landesregierung positive Erfahrungen mit Bürgerbeteiligung gemacht. Die Formate in Baden-Württemberg, die stark auf zufällig ausgewählte Bürgerinnen und Bürger setzen, haben sich laut Aras zu einem Muster für Bürgerbeteiligung entwickelt und könnten der Europäischen Kommission als Vorbild dienen.
Hintergrundinformation:
- Der Ausschuss der Regionen (AdR) ist ein beratendes Gremium der Europäischen Union, das sich aus lokal und regional gewählten Vertretern oder Regierungsmitgliedern der EU-Mitgliedsländer zusammensetzt.
- Das Land Baden-Württemberg verfügt über zwei Sitze. Landtagspräsidentin Aras wurde als Mitglied des Landtags für den AdR benannt, als stellvertretendes Mitglied der Grünen-Abgeordnete Josef Frey. Aras ist die einzige Landtagspräsidentin in der deutschen Delegation.
- Für die Landesregierung ist der Minister der Justiz und für Europa, Guido Wolf, benannt, als stellvertretendes Mitglied der CDU-Fraktionsvorsitzende Professor Dr. Wolfgang Reinhart.
Ausschuss kann nicht abhelfen, überweist Material aber an die Regierung
Stuttgart – Der Petition einer heute 28-jährigen Petentin, die 22 Stunden in Polizeigewahrsam unter Betrugsverdacht verbrachte, ohne dem Haftrichter vorgeführt worden zu sein, konnte der Petitionsausschuss nicht abhelfen. „Weil sich durch die vom Ausschuss eingeholten Stellungnahmen neue Erkenntnisse ergaben, entschied der Petitionsausschuss mehrheitlich, diese zweite Petition als Material an die Landesregierung zurück zu überweisen“, berichtete die Vorsitzende des Petitionsausschusses, Petra Krebs (Grüne) aus der nicht öffentlichen Sitzung. Damit gebe der Ausschuss diese Petition erneut zur allfälligen Einbeziehung in künftiges Regierungshandeln zurück an die Regierung.
Der von der Petentin beanstandete Vorgang ereignete sich 2016 in Stuttgart. In der bereits zweiten Petition waren neue Ansatzpunkte angeführt, weshalb diese überhaupt zugelassen wurde. Das Ministerium für Inneres, Digitalisierung und Migration sowie das Ministerium der Justiz und für Europa hätten Fehler in der Einstellungsverfügung sowie in der Darstellung der Kausalität von Abläufen eingeräumt, berichtete Krebs nach nicht öffentlicher Sitzung. Das Ministerium verneine jedoch die Missachtung des Richtervorbehalts, weil es sich um eine vorläufige Festnahme gehandelt habe, wie auch eine Unverhältnismäßigkeit der Dauer des Gewahrsams auf Grundlage einer gesicherten Tatsachengrundlage. Zudem habe das Ministerium angeführt, es habe im konkreten Fall – an einem ein Sonntag - nicht auf notwendige Experten zurückgreifen können. Der Petition konnte laut Krebs deshalb nicht abgeholfen werden.
Energiestrategische Bedeutung der Wasserstofftechnologie
Stuttgart. Die Landesregierung unterstützt den Transformationsprozess im Mobilitätssektor technologieoffen. Das wurde bei Beratungen des AfD-Antrags „Welche energiestrategische Bedeutung könnte der Wasserstofftechnologie zukommen?“ im Ausschuss für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft am Donnerstag, 30. Januar 2020, deutlich. „Neben dem batterieelektrischen Antrieb werden auch Konzepte wie die Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie wichtig für die Zukunft der Automobilwirtschaft“, sagte der stellvertretende Vorsitzende des Gremiums, August Schuler (CDU). Von 62 Wasserstofftankstellen bundesweit gebe es bald 14 in Baden-Württemberg. „Wir haben den höchsten Anteil“, betonte Schuler.
Schuler zufolge biete der Energieträger Wasserstoff große Chancen. Als Speichermedium für erneuerbare Energie, als Kraftstoff für emissionsfreie Brennstoffzellenfahrzeuge sowie als Grundstoff für die chemische Industrie sei er ein wichtiger Schlüssel, um die Umsetzung der Energiewende zu unterstützen und erneuerbare Energien in die verschiedenen Energieverbrauchsbereiche zu integrieren. Auch böten die noch jungen und zum Teil noch im fortgeschrittenen Forschungsstadium befindlichen Wasserstofftechnologien erhebliche Exportchancen für heimische Technologieunternehmen. Es gelte daher, den Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft voranzutreiben, auch wenn der Einsatz von „grünem Wasserstoff“ als Sektorkopplungstechnologie kurz- und mittelfristig noch keine entscheidende Rolle spielen werde.
Der Einsatz von Wasserstoff in der Wärmeversorgung, etwa durch stationäre Brennstoffzellenheizungen in den privaten Haushalten, sei grundsätzlich möglich. Ebenso werde eine lokale Beimischung des Wasserstoffs in die Gasnetze bereits heute an vielen Stellen erfolgreich erprobt. Die Kapazitäten zum Aufbau von Elektrolyseeinheiten befänden sich derzeit in Deutschland noch im Aufbau. Der Versorgung durch importierten „grünen Wasserstoff“ werde daher ebenfalls große Bedeutung zukommen müssen. „Das Ministerium arbeitet derzeit an einer Wasserstoffstrategie für Baden-Württemberg“, gab Schuler die Ausführungen des Ministers wieder. Es werde geprüft, was wo möglich sei und Sinn mache.
Der Energieträger Wasserstoff werde neben dem batterieelektrischen Antrieb einen wesentlichen Beitrag zur Umsetzung der Verkehrswende liefern, so der stellvertretende Ausschussvorsitzende. Die Vorteile für den Einsatz von Brennstoffzellenfahrzeugen lägen vor allem in den Punkten Reichweite und Gewicht, was besonders für Busse und im Lastverkehr geeignet sei sowie im Schiffs- und Flugzeugverkehr. Der Ausbau der Wasserstoff-Infrastruktur durch „H2 Mobility“ sei ein sehr positives Zeichen und für die Einführung einer wasserstoffbasierten Mobilität unerlässlich. Das Ministerium habe dargelegt, so Schuler, weshalb derzeit davon abgesehen werde, e-Fuels besonders zu fördern: Es gebe im Augenblick und auf absehbare Zeit schlichtweg keine Herstellungskapazitäten, die auch nur annähernd einen großflächigen Einsatz dieses mit Ökostrom hergestellten synthetischen Kraftstoffs ermöglichen würden.
Mehr Schutz für Lebensräume des Auerhuhns
Stuttgart – Auf einen besseren Schutz der Lebensräume des Auerwilds in Baden-Württemberg zielte eine Petition aus dem Schwarzwald. Dieser konnte teilweise abgeholfen werden, zudem überwies der Petitionsausschuss die Petition als Material an die Regierung. „Wir sehen die vom Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz (MLR) in Aussicht gestellten, zusätzlichen Maßnahmen als hinreichende Grundlage, den Schutz des Auerhuhns ganz konkret voranzutreiben“, so die Vorsitzende des Petitionsausschusses, Petra Krebs (Grüne), nach nicht öffentlicher Sitzung. Der Ausschuss habe gleichzeitig beschlossen, dass das Ministerium über die Umsetzung der Maßnahmen berichten muss.
Das Auerhuhn gelte als „Leit- und Schirmart für ein reichhaltiges Ökosystem“, argumentierten die Petenten. Unter dem Verschwinden des Auerhuhns würde die Artenvielfalt leiden, was wiederum den politischen Zielvorgaben des Landes widerspreche. Zwischen 1971 und 2018 sei der Bestand an Auerhähnen von 570 auf 167 zurückgegangen, aktuell gebe es bei einem Geschlechterverhältnis von 1:1 gerade 334 Auerhühner. Das Haselhuhn sei bereits ausgestorben. Gefordert wurden deshalb weitreichende Schutzmaßnahmen, vor allem aber störungsfreie Lebensräume.
Das MLR teile die Grundthese der Petenten, dass unzureichende Lebensraumbedingungen im Zusammenhang mit dem Rückgang der Auerhuhnpopulation stünden, berichtete Krebs. Sie sei auch Grundlage des 2008 ins Leben gerufene „Aktionsplans Auerhuhn“ (APA), der derzeit evaluiert werde. „Der Petitionsausschuss nahm positiv zur Kenntnis, dass beim Ministerium sowohl das Problembewusstsein vorhanden ist als auch bereits konkrete Handlungsoptionen benannt wurden“, so die Vorsitzende Krebs.
So werde eine konsequentere Habitatpflege als bisher für erforderlich angesehen. Dazu gehöre, die bereits bestehende Freiflächenkampagne in den Kernlebensräumen (Balz-, Brut- und Aufzuchtbereiche) zu überarbeiten und sicherzustellen, dass diese auch in der zu gründenden Anstalt des öffentlichen Rechts (AöR ForstBW) fortgeführt werde. Auch werde vorgeschlagen, bei dieser neuen Anstalt die Budgetierung des Auerhahnschutzes festzuschreiben. Zudem müsse das Programm „Lücken für Küken“ verstetigt und ergänzt werden um einen Ausgleich finanzieller Einbußen durch Habitatpflege oder beim Wertzuwachs der Flächen.
Empfohlen werde auch eine Gesetzesnovelle zur Ausweisung von Wildruhegebieten, nachdem sich das Instrument einer Rechtsverordnung als zu schwerfällig erwiesen habe. Schließlich sei die dauerhafte Grundfinanzierung des Vereins „Auerhuhn im Schwarzwald“ sinnvoll, der wichtige Koordinationsaufgaben, etwa die Identifizierung von Finanzierungsquellen, Ökokonto-Maßnahmen, Projekten, Förderprogrammen, übernehme und gezielt die Habitatgestaltung auf den relevanten Flächen steuern könne.
„Der Ausschuss sendet das Signal: Es wird von den staatlichen Stellen gesehen, dass etwas getan werden muss zum Schutz des Auerwilds. Und es wird etwas getan.“
Vielfalt an Rebsorten wird sich durch Temperaturanstieg langfristig verändern
Stuttgart. Durch den Klimawandel verursachte Temperaturanstiege und extreme Wetterereignisse wirken sich auch auf den Weinanbau in Baden-Württemberg aus. Dies wurde bei der Beratung eines Antrags der SPD-Fraktion am Mittwoch, 29. Ja-nuar 2020, im Ausschuss für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz deutlich. „Steigende Temperaturen, extremes Wetter und neue Schädlinge stellen den Weinanbau vor Herausforderungen. Auch wird sich die Vielfalt an Rebsorten im Südwesten langfristig verändern“, sagte der Ausschussvorsitzende Martin Hahn (Grüne).
Nach Angaben Hahns wird der Anbau von wärmebedürftigen Rotweinsorten wie Cabernet Sauvignon oder Syrah wird in Baden-Württemberg künftig eher möglich. Auch pilzwiderstandsfähige Rebsorten werden wegen des Klimawandels und des Zie-les, weniger Pflanzenschutzmittel zu nutzen, an Bedeutung gewinnen. Traditionelle Weißweine der Badischen Bergstraße drohten dagegen ihre geschätzten Eigenschaf-ten wie Spritzigkeit und geringen Alkoholgehalt zu verlieren.
Durch den Temperaturanstieg verlängert sich die Vegetationsperiode der Pflanzen, was zu einer schnelleren Entwicklung führe und einen Vorteil bei Neupflanzungen bedeute. Austrieb und Rebblüte verlagerten sich tendenziell früher ins Jahr. Damit steige jedoch die Gefahr für die Pflanzen, durch Spätfröste geschädigt zu werden. Spä-ter im Jahr bedrohten lang andauernde Hitzeperioden und extreme Trockenphasen die Reben. Außerdem stellten Starkwetterereignisse mit Hagel und erhöhten Nieder-schlagsmengen eine Gefahr dar. Langanhaltender Sommerregen begünstige zudem das Auftreten von Pilzkrankheiten an den Reben und kann zu möglichen Ernteausfäl-len führen. Darüber hinaus senke ein Pilzbefall der Trauben auch die spätere Wein-qualität.
Um die Rebanlagen besser gegen Regen, Hagel und Frost zu schützen, könnten auf die Winzer teilweise hohe Kosten zukommen. So schlage etwa ein Rebsortenwechsel mit Investitionskosten von rund 30.000 Euro pro Hektar zu Buche. Die Installation einer Tröpfchenbewässerungsanlage koste etwa 5.000 Euro pro Hektar. Für die Wasserbe-reitstellung müsse darüber hinaus eine Infrastruktur vorhanden sein. Ist nicht genü-gend Wasser in der Nähe vorhanden, müsse dieses für die Bewässerung in Behältern in den Weinberg transportiert werden. Gegen Frost kämen Maßnahmen wie das Auf-stellen von Heizkerzen aus Paraffin (4.000 Euro Verbrauchskosten pro Hektar und Frostnacht) oder Frostschutz-Beregnung der Blüten (ca. 15.000 Euro Investitionskos-ten pro Hektar). Ein neueres Verfahren zur Bekämpfung von Spätfrost seien elektri-sche Heizdrähte in Rebanlagen (ca. 12.000 Euro Investitionskosten pro Hektar). Die Installation von Hagelschutznetzen kostet rund 15.000 Euro pro Hektar.
Nach Angaben Hahns ist seit Beginn regelmäßiger Wetteraufzeichnungen im Jahre 1881 die mittlere Jahrestemperatur in Baden-Württemberg bereits um 1,4 Grad Celsius gestiegen. Die künftige Temperaturentwicklung bis 2050 bzw. 2100 hänge maßgeblich davon ab, wie sich die Konzentration an Treibhausgasen in der Atmosphäre entwi-ckeln werde. „Entwickeln sich die Treibhausgas-Emissionen so weiter wie bisher, muss in Baden-Württemberg bis zum Jahr 2050 im Jahreslauf mit etwa 1,5 Grad und bis 2100 mit bis zu 4 Grad Erderwärmung gerechnet werden“, sagte Martin Hahn.
Europaausschuss informiert sich über kroatische EU-Ratspräsidentschaft
Stuttgart. Der Ausschuss für Europa und Internationales hat in seiner Sitzung am Mittwoch, 29. Januar 2020, zwei Gäste zu Gesprächen empfangen: Zunächst den Botschafter der Republik Kroatien, Gordan Bakota, und anschließend den Leiter der Vertretung der Europäischen Kommission in Berlin, Dr. Jörg Wojahn. Das hat der Vorsitzende des Gremiums, Willi Stächele (CDU), mitgeteilt. „Es ist ein schönes Zeichen für den Föderalismus, wenn Botschafter die Länder besuchen. Wir be-kommen Einblicke aus erster Hand, was Kroatien während seiner EU-Ratspräsidentschaft vorhat“, so Willi Stächele.
Der Botschafter der Republik Kroatien, Gordan Bakota, stellte dem Ausschuss die Schwerpunkte der kroatischen EU-Ratspräsidentschaft vor. Kroatien habe seit 1. Januar 2020 zum ersten Mal seit seinem EU-Beitritt 2013 dort den Vorsitz. Kroatien habe seine EU-Ratspräsidentschaft unter das Motto „Ein starkes Europa in einer Welt voller Herausforderungen“ gestellt. Vier Schwerpunkte unter folgenden Überschriften seien ausgewählt worden: 1. Ein Europa, das sich entwickelt, 2. Ein Europa, das ver-bindet, 3. Ein Europa, das schützt und 4. Ein Europa, das einflussreich ist. Ein weiterer Schwerpunkt sollen etwa die Bemühungen um eine Beitrittsperspektive für Staaten des Westbalkans sein. So kündigte Gordan Bakota einen Westbalkangipfel im Mai 2020 in Zagreb an. Weitere Themenfelder sind Tourismus, Kohäsion und Demografie.
Anschließend hatte sich der neue EU-Kommissionsvertreter Dr. Jörg Wojahn dem Eu-ropaausschuss vorgestellt. Der Jurist und Diplomat leitet die Vertretung der Kommissi-on in Berlin, die als Bindeglied zwischen der Kommission in Brüssel und den Men-schen, der Politik, der Wirtschaft und Zivilgesellschaft in Deutschland wirkt. „Unser gemeinsames Europa funktioniert nur, wenn wir nicht nur auf uns selbst schauen, sondern die Interessen und Sorgen Aller im Blick behalten. Für dieses Verständnis möchte ich werben“, sagte er. Er wolle hineinhören, in die Wirtschaft aber auch in die Politik. „Wir wollen politische Entscheidungsträger einbinden“, bekräftigte Dr. Wojahn. Die Europäische Kommission habe heute ihr Arbeitspapier vorgestellt, unter anderem werde der Grüne Deal ein großes Thema sein, aber auch die Verhandlungen mit Großbritannien nach dem EU-Austritt und die künftige Finanzierung.
Der europäischen Grüne Deal werde erhebliche politische Bedeutung für Baden-Württemberg haben, führte Vorsitzender Willi Stächele aus. Die Kommission verstehe unter dem europäischen Grünen Deal eine neue Wachstumsstrategie, die der EU zu einer modernen, ressourceneffizienten und wettbewerbsfähigen Wirtschaft verhelfen solle. Er sei als horizontale Strategie ausgestaltet und erstrecke sich auf für das Land relevante Wirtschaftszweige sowie auf Verkehr, Energie, Landwirtschaft und den Ge-bäudesektor. „Die Landesregierung begrüßt und unterstützt die Ziele des europäi-schen ‚Grüne Deal‘“, gab Stächele die Auffassung des Ministeriums wieder. Das Ple-num werde sich in seiner Sitzung am 6. Februar mit dem Thema befassen.
Landtag erinnert an die Menschen in den grauen Bussen nach Grafeneck
Stuttgart/Grafeneck – Der Landtag von Baden-Württemberg erinnerte mit einer zentralen Gedenkfeier in der Gedenkstätte Grafeneck an die Opfer des Nationalsozialismus. 10.654 Menschen fanden dort im Jahr 1940 den Tod. Die Geheim-Aktion T4 markierte den Beginn der systematischen Ermordung von Menschen durch das NS-Regime. Rund 300 Gäste, darunter Abgeordnete aller Fraktionen, Vertreter von Regierung und Opfergruppen sowie Repräsentanten der Region gedachten in diesem Jahr vor allem der Menschen mit geistigen oder körperlichen Handicaps, die Opfer der so genannten „Euthanasie“-Programme wurden. „Die Geschichte Grafenecks lehrt uns zweierlei. Zum einen, dass Widerstand möglich war, und zweitens: Die Euthanasie-Morde stehen nicht eingekapselt als Phase, in der Nationalsozialisten die Macht hatten, sondern sie haben eine Vorgeschichte und Nachwirkungen bis ins Heute“, sagte Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne). Erinnerung sei mehr als GE-Denken an die Vergangenheit. Erinnerung sei aktuell, so Aras. „Kein Mensch darf Nützlichkeitserwägungen unterworfen werden – niemals mehr.“
Die Landtagspräsidentin dankte dem Landtag für die Erhöhung der Förderung von Gedenkstättenarbeit auf 220 000 Euro, zudem investiere das Land 1,4 Millionen Euro, um Schloss Grafeneck für Seminarnutzung zu ertüchtigen. In ihrer Rede lobte sie Grafeneck als Ort, der Gedenken und Leben vereine, auch weil dort eine inklusive Wohngruppe des Samariterstifts untergebracht sei und Besuchern die Gedenkstätte zugänglich mache. Dies sei ein „starkes Zeichen“, sagte sie an die Adresse der anwesenden Bewohnerinnen und Bewohner. Die Landtagspräsidentin erinnerte daran, dass „rechtsextreme Dynamiken“ bei der Frage nach wertem und unwertem Leben laut Universität Leipzig auch aktuell bis in die Mitte der Gesellschaft auszumachen seien. Dagegen stehe der erste Artikel der Verfassung: „Die Würde des Menschen ist unantastbar“. Aras appellierte, diesen zum Leitsatz in allen gesellschaftlichen Diskussionen zu machen und zu fragen, wo Gesellschaft selbst das Handicap sei. „Gedenken wie heute soll uns anregen, Ideen für die Zukunft zu entwickeln“, sagte Aras. Mit Bezug auf eine Gedenktafel der Landesärztekammer, die seit 2018 am Eingang des Dokumentarzentrums Grafeneck angebracht ist, regte die Landtagspräsidentin ein historisches Modul in der Medizinerausbildung an.
Der Leiter der Gedenkstätte, Dr. Thomas Stöckle, erinnerte: „Im Schloss Grafeneck – saßen die Täter dieses Verbrechens – wenn sie so möchten als letztes Glied einer langen Kette ‚arbeitsteiliger Täterschaft‘. Diese knapp hundert Männer und Frauen organisierten die Deportation der Opfer hierher und deren Ermordung, Verbrennung, Täuschung der Angehörigen, Vertuschung.“ Befehle seien aus Berlin oder Stuttgart gekommen. Dennoch stehe das Schloss Grafeneck „als Ort der Täter von historischer und von symbolischer Bedeutung.“ Es werde intensiv für Bildungszwecke genutzt. Dr. Stöckle dankte deshalb für den Landeszuschuss. Erinnerung als politische, kulturelle Bildungsaufgabe habe sich erst in den letzten Jahren als Überzeugung durchgesetzt. Doch handele es sich um einen trügerischen Konsens, der heute wieder versucht werde aufzukündigen. Die Gedenkstätten erinnerten mit klarer, positiver Aussage an Verbrechen der Deutschen: „Demokratie und Frieden sind bleibende Werte und Errungenschaften.“
An der Gedenkstunde nahmen Vertreterinnen und Vertreter aller Opfergruppen teil. Der Vorstandsvorsitzende der Samariterstiftung, Pfarrer Frank Wößner, hielt ein Grußwort. Professor Dr. Hans-Walter Schmuhl von der Universität Bielefeld hielt den Fachvortrag über „Von der NS-Euthanasie zum Holocaust“.
Schülerinnen und Schüler der Münsinger Schulen (Gustav-Mesmer-Schule, Schiller-Schule, Gymnasium Münsingen) trugen Briefe von Verwandten vor, die vom Tod ihrer Angehörigen, Kinder oder Geschwister erfahren haben und an die Einrichtungen schreiben, in denen ihre Verwandten bis zur Deportation nach Grafeneck lebten.
Ergänzt wurde die Gedenkstunde durch die szenische Sequenz „Komm, schöner Tod“, in der die Schauspieler Julianna Herzberg und Jan Uplegger das Schicksal der dreijährigen Gerda aufleben lassen – eines Mädchens, das Opfer der so genannten Euthanasie in Grafeneck war.
Die Brenz-Band begleitete die Gedenkstunde musikalisch.
Sozialausschuss befasst sich mit der Situation der Physiotherapie in Baden-Württemberg
Stuttgart. Der Ausschuss für Soziales und Integration hat sich in seiner Sitzung am Donnerstag, 23. Januar 2020, mit der Situation der Physiotherapie in Baden-Württemberg befasst, einem Antrag der FDP/DVP. Das hat der Vorsitzende des Gremiums, Rainer Hinderer (SPD), mitgeteilt. „Die Notwendigkeit, den akademischen Teil der Ausbildung auszubauen, ist vom Sozialministerium erkannt worden“, so Hinderer. „Der Sozialausschuss fordert das Ministerium auf, sich auch beim Wissenschaftsministerium dafür einzusetzen, dass der Ausbau der Studienplätze ausgebaut und nicht nur verstetigt wird.“
Die Physiotherapie sei ein wichtiger Baustein der gesundheitlichen Versorgung. Bislang erfolge die Ausbildung nahezu ausschließlich dual. „Nach Aussage der Bundes-agentur für Arbeit liegt im Bereich der Physiotherapie ein Fachkräftemangel vor“, berichtete der Ausschussvorsitzende. Die Anzahl der Ausbildungsplätze habe sich in den letzten zwei Jahren in allen Regierungsbezirken verringert. Die Anzahl der Studienanfänger in den Studiengängen Physiotherapie an den Hochschulen in Baden-Württemberg habe sich in den letzten fünf Jahren mehr als verdoppelt. „Aufgrund der noch recht neuen Möglichkeit der wissenschaftlichen Arbeit in diesem Bereich befinden sich die Studiengänge überwiegend in der Aufbauphase“, erläuterte Rainer Hinderer. Die bislang eingerichteten Studienplätze könnten den Rückgang der Ausbildungsplätze noch nicht ausgleichen.
Die Tätigkeiten der Therapeutinnen und Therapeuten würden komplexer und anspruchsvoller, neue Handlungsfelder seien dazugekommen. „Zur Abdeckung des Fachkräftebedarfs ist eine maßvolle Akademisierung zur Differenzierung der Qualifikationsstruktur in der therapeutischen Ausbildung notwendig“, bekräftigte der Vorsitzende. Mit dem Programm „Akademisierung der Gesundheitsfachberufe“ sei es gelungen, hochwertige Konzepte im Bereich der Physiotherapie zu fördern. Die Vorteile einer hochschulischen Ausbildung lägen im Aufbau einer Forschungslandschaft sowie in einer Attraktivitätssteigerung des Berufes.
Zusammenlegung von Polizeireiterstaffeln Ostfildern und Mannheim wird geprüft
Stuttgart. Die beiden Polizeireiterstaffeln in Baden-Württemberg bleiben vorerst mit ihren getrennten Standorten in Ostfildern und Mannheim erhalten. Allerdings soll auf Anregung des Rechnungshofs geprüft werden, ob eine Zusammenlegung zu einer Staffel und eine Unterbringung an einem einsatztaktisch günstigen Ort sinnvoll ist. Diesen Beschluss fasste der Finanzausschuss des Landtags am Donnerstag, 23. Januar 2020, einstimmig, wie der Vorsitzende des Gremiums, der SPD-Abgeordnete Rainer Stickelberger, mitteilte.
Die in Ostfildern angesiedelte Reiterstaffel verfügt über 33,5 Personalstellen und 26 Pferde, die Reiterstaffel Mannheim über 22,5 Stellen und 15 Pferde. Zum Einsatz kommen die Reiterstaffeln zu besonderen Anlässen wie Demonstrationen und Fußballspielen oder Unterstützungseinsätzen wie Streifendienste.
Nach Angaben des Vorsitzenden empfiehlt der Rechnungshof, die beiden Reiterstaffeln räumlich und organisatorisch zu einer Staffel zusammenzulegen und an einem einsatztaktisch günstigen Ort unterzubringen. Der Standort Mannheim sollte nach Ansicht des Rechnungshofs ersatzlos aufgegeben werden. Außerdem sollte sich der Pferdebestand an der realen Einsatzplanung orientieren. Er könnte damit auf 25 einsatzfähige Pferde reduziert werden. 22 Personalstellen könnten für andere Aufgaben innerhalb der Polizei frei werden. Das Innenministerium wolle aus einsatztaktischen Gründen an zwei Standorten festhalten. Allerdings bestehe die Überlegung, dass durch eine Verlagerung der Reiterstaffel Mannheim an den Standort der Bereitschaftspolizei Bruchsal landesweite Einsatzschwerpunkte besser abgedeckt sowie Synergieeffekte erzielt werden können, sagte Stickelberger.
Bei der Debatte im Finanzausschuss wurde laut Stickelberger deutlich, dass es sowohl Befürworter wie auch Gegner einer räumlichen Zusammenlegung der Reiterstaffeln gibt. Einig seien sich alle Fraktionen gewesen, dass diese Möglichkeit nun mit Blick auf einen eventuellen geeigneten gemeinsamen Standort, Einsatzorganisation, Kosten sowie Pferde- und Stellenanzahl geprüft werden solle. „Auf Grundlage der Prüfergebnisse will das Gremium dann erneut über die Polizeireiterstaffeln und eine mögliche Zusammenlegung beraten“, so der Ausschussvorsitzende.
Bildungsausschuss begrüßt die Stärkung der Schulkindergärten
Stuttgart. In seiner Sitzung am Donnerstag, 23. Januar 2020, hat sich der Ausschuss für Kultus, Jugend und Sport mit einem Teil des frühkindlichen Bildungsbereichs beschäftigt: mit den Schulkindergärten. „Diese leisten eine wichtige pädagogische Aufgabe“, betonte die Vorsitzende des Gremiums, Brigitte Lösch (Grüne). „In Schulkindergärten werden Kinder mit besonderem Förderbedarf in ihrer Persönlichkeitsentwicklung unterstützt und auf ihre spätere Schullaufbahn vorbereitet.“ So gebe es zum Beispiel Schulkindergärten, in denen speziell Kinder mit körperlicher oder geistiger Einschränkung gefördert würden. Anlass der Beratung waren zwei Anträge der SPD-Fraktion, die den Blick auf die Entlastung und die Bezahlung der Leitungen richten.
Lösch zufolge gab es im Schuljahr 2018/19 insgesamt 189 Schulkindergärten, von denen 97 entweder vom Land oder von kommunalen Trägern betrieben werden. Bei diesen Schulkindergärten handle es sich um freiwillige Einrichtungen, da dort nicht schulpflichtige Kinder speziell gefördert würden. Die Größe der einzelnen Gruppen orientiere sich dabei am Bedarf der jeweiligen Kinder. Im Durchschnitt bestünde eine Gruppe aus etwa vier bis zehn Kindern.
Der Ausschuss habe es sehr begrüßt, dass im neuen Doppelhaushalt für die Jahre 2020 und 2021 mehr Geld und zeitliche Entlastung für die Leiter von Schulkindergärten vorgesehen sei. „Dies war über Jahre überfällig“, betonte die Vorsitzende. Eine Verbesserung gebe es dabei für alle Leitungen, unabhängig von der Größe ihrer Einrichtung. Bei Schulkindergärten mit ein oder zwei Gruppen könnten Leiter vier Wochenstunden für Leitungsaufgaben anrechnen und Leiter von Einrichtungen mit drei und mehr Gruppen acht Wochenstunden. Die Anzahl der Anrechnungsstunden von Einrichtungen mit drei oder mehr Gruppen würde um eine Wochenstunde erhöht. Dies ergebe sich daraus, dass man ab dieser Größe der Schulindergärten von einem Arbeitsteam von durchschnittlich sieben Personen ausgehe, wodurch der Leitungsaufwand zum Beispiel für den Einsatz des Personals und für Abstimmungen im Team steige. Leiter von Einrichtungen mit mehreren Förderschwerpunkten, Außenstellen oder Intensivkooperationen mit Kindertagesstätten sollen sogar zwei zusätzliche Anrechnungsstunden pro Woche erhalten. Kultusministerin Dr. Susanne Eisenmann habe erklärt, man sei gerade dabei, die rechtlichen Grundlagen für diese Verbesserungen zu schaffen, zum Beispiel würde gerade das Landesbesoldungsgesetz angepasst. Ziel sei, dass die neuen Regelungen zum nächsten Schuljahr in Kraft treten.
Wirtschaftsausschuss zeigt sich erfreut über Einführung des Meisterbonus
Stuttgart. Im vergangenen Jahr hatte der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau das Wirtschaftsministerium aufgefordert, verschiedene Möglichkeiten zu prüfen, die Meisterausbildung attraktiver zu gestalten. Im nichtöffentlichen Teil der Sitzung am Mittwoch, den 22. Januar 2020, informierte nun Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut über das Ergebnis dieser Prüfung. Dies teilte Dr. Erik Schweickert (FDP/DVP), der Vorsitzende des Gremiums, mit.
Dem Ausschussvorsitzenden zufolge sei die Landesregierung der Auffassung, eine Würdigung der bestandenen Meisterprüfung ließe sich am deutlichsten mit dem Meisterbonus ausdrücken, da dieser allen erfolgreichen Teilnehmern einer Prüfung zugutekomme. „Im neuen Doppelhaushalt gibt es nun einen Meisterbonus im Handwerk“, so der Ausschussvorsitzende, „kombiniert als Bestehens- und Gründungsprämie mit verfügbaren Mitteln von insgesamt 6,5 Millionen Euro.“ Zudem würde zum 1. August 2020 das Gesetz über das sogenannte Aufstiegs-Bafög verbessert, wodurch der individuell zu erbringende Eigenanteil der Prüflinge für Meisterprüfungen reduziert werde.
Ebenfalls auf der Tagesordnung stand ein Antrag der FDP/DVP-Fraktion mit der Frage, inwieweit das Land Baden-Württemberg den Sender in Mühlacker als ein Denkmal von landesweiter Bedeutung sieht. Dieser Sender sei das landesweit höchstes Bauwerk und das letzte verbleibende technische Kulturdenkmal seiner Art, das als Nachfolgemast für den ersten Großrundfunksender in Deutschland stehe. Die Antragssteller begehrten eine Prüfung, wie sich das Land beim Erhalt dieses besonderen Bauwerks einbringen könnte, bis zu deren Abschluss der Sender durch den SWR nicht vorzeitig abgerissen werden dürfe. Das Wirtschaftsministerium führte dazu aus, dass die Kulturdenkmaleigenschaften des Senders Mühlacker für die Eintragung in die Kategorie ‚Kulturdenkmal von besonderer Bedeutung‘ nicht ausreichen würden. Wie der Ausschussvorsitzende Dr. Erik Schweickert (FDP/DVP) mitteilte, liegt die Entscheidung über die Zukunft des Senders nun in den Händen der Stadt Mühlacker. Der Antrag fand allein die Zustimmung der Antragssteller und wurde mit großer Mehrheit vom Ausschuss abgelehnt. Das Wirtschaftsministerium habe jedoch zugesichert, dass der Stadt Mühlacker Mittel des Landes zur Denkmalförderung offenstehen stehen würden. „Die Sanierungskosten des Senders wären zu einem großen Teil über die Fördergelder finanziert“, betonte die Ministerin.
Im Anschluss befasste sich der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau auf Antrag der SPD-Fraktion mit der Entwicklung in Sachen Mietpreisbremse in Ba-den-Württemberg. Wie Dr. Schweickert mitteilte, habe das F+B-Institut bereits im Oktober 2019 ein Gutachten vorgestellt, das vorschlage, die Mietpreisbremse in Baden-Württemberg auf 89 Gemeinden auszuweiten. Dem Ausschussvorsitzenden zufolge arbeite das Ministerium derzeit daran, eine Verordnung zu entwerfen. Es sei geplant, die Neufassung der Mietpreisbremse noch vor der Sommerpause umzusetzen.
Ein weiteres Thema war die derzeitige Lage der Frisörbetriebe in Baden-Württemberg. Der Antrag der FDP/DVP-Fraktion galt der wachsenden Konkurrenz für das Friseurhandwerk durch die zunehmende Zahl der Barbershops, die Rasur und Bartpflege anbieten, aber öfter eben auch Friseurdienstleistungen. In solchen Betrieben müsse es grundsätzlich keinen Handwerksmeister geben. Das ändere sich jedoch, sobald dort die Haare oberhalb des Brillenbügels geschnitten würden. „Dann muss entweder der Betriebsinhaber oder der handwerkliche Betriebsleiter eine Meisterprüfung abgelegt haben und eine Eintragung in die Handwerksrolle geschehen“, so der Ausschussvorsitzende. Ansonsten liege Schwarzarbeit vor. Der Ausschuss sei sich einig gewesen, dass die Gewerbeaufsicht in diesem Bereich gestärkt werden müsse. Dies wäre ein Instrument, um den Wettbewerb in dieser Branche fairer zu gestalten.
Wirtschaftsausschuss beschäftigt sich mit Konsequenzen der Kassenbon-Pflicht
Stuttgart. Seit dem 1. Januar dieses Jahres sind Betriebe dazu verpflichtet, bei jedem Kaufvorgang einen Kassenbon auszudrucken und diesen Beleg ihren Kunden auszugeben. Damit soll sichergestellt werden, dass keine Steuerhinterziehung stattfindet. Nach der neuen Regelung ist es damit auch nicht mehr zulässig, die Kunden zu fragen, ob sie einen Beleg ausgedruckt haben wollen. „Für Betriebe, die innerhalb kurzer Zeit viele Verkaufsvorgänge mit geringem Warenwert tätigen, entsteht dadurch jedoch ein größerer Aufwand. Auch ist gerade bei den Kleinbeträgen das Interesse der Kunden eher gering, den Kassenbon tatsächlich mitzunehmen“, erklärte Dr. Erik Schweickert (FDP/DVP), Vorsitzender des Ausschusses für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau. Dieser beschäftigte sich daher im öffentlichen Teil der Sitzung am Mittwoch, 22. Januar 2020, mit den Konsequenzen dieser Kassenbon-Pflicht. Grundlage war ein Antrag der FDP/DVP-Fraktion, eine Bundesratsinitiative anzustreben, die für diese Pflicht zum Bondruck eine Bagatellgrenze für Verkaufsvorgänge bis zu einem Betrag von zehn Euro vorsieht, sofern der Verkaufsvorgang in einer elektronischen Kasse unveränderbar gebucht wird. Der Antrag wurde mehrheitlich mit den Gegenstimmen der Regierungsfraktionen Grüne und CDU sowie der SPD abgelehnt.
„Eine Bagatellgrenze würde die Betriebe von Bürokratie und zusätzlichen Kosten entlasten, denen durch die Kassenbon-Pflicht ein höherer Aufwand entsteht“, erklärte Dr. Schweickert. Beispiele hierfür seien Bäckereien, Eisdielen oder Kioske. Bezüglich der im Gesetz vorgesehenen grundsätzlichen Befreiungsmöglichkeit habe das Ministerium darauf verwiesen, dass diese Regelungen bundesweit einheitlich seien und nicht im Ermessen der Länder gestaltet werden könnten. Somit könnten diese Ausnahmen nur sehr restriktiv gehandhabt werden, beispielsweise wenn Waren an eine Vielzahl von unbekannten Personen verkauft würden, beispielsweise in Fussballstadien oder auf dem Volksfest. Hierzu könne beim zuständigen Finanzamt ein Antrag mit detaillierter Begründung, wieso die Belegausgabepflicht für den Antragsteller im konkreten Fall zu einer unzumutbaren Härte führt, im Rahmen einer Einzelfallprüfung gestellt werden. Der Vertreter des Finanzministeriums untermalte seine Ausführungen mit Beispielen von besonders krimineller Energie zur Steuervermeidung gerade bei Bargeldgeschäften, die eine Belegausgabepflicht aus Sicht der Finanzbehörden unbedingt erforderlich machen würden.
Im Ausschuss sei man sich darüber vollkommen einig gewesen, dass denjenigen Unternehmern, die ehrlich abrechnen, im Wettbewerb keine Nachteile entstehen dürften. „Der Ehrliche darf nicht der Dumme sein. Es müssen praktikable Lösungen gefunden werden, um den schwarzen Schafen Herr zu werden und überall faire Wettbewerbsbedingungen herzustellen, ohne alle Unternehmer pauschal unter Generalverdacht zu stellen“ so Dr. Schweickert. Die Digitalisierung könne hierbei Möglichkeiten bieten. So wurden während der öffentlichen Ausschusssitzung insbesondere elektronische Lösungen debattiert, da man alternativ zum Kassenbon in Papierform den Beleg beispielsweise auch über die sogenannte „Near Field Communication“ (NFC) auf das Mobiltelefon des Kunden übertragen könne.
Des Weiteren gebe es neben dem höheren bürokratischen Aufwand und den zusätzlichen Kosten noch weitere Konsequenzen. So blicke das Umweltministerium aus ökologischer Sicht mit Sorge auf die zu erwartenden zusätzlichen Abfälle. Die Kassenbonpflicht liefe dem Prinzip der Abfallvermeidung zuwider und die Konzentration von Schadstoffen im Thermopapier mache die Abfälle teilweise nicht recycelbar.
Darüber hinaus diskutierten die Mitglieder des Wirtschaftsausschusses auf Antrag der SPD-Fraktion erneut über den Baden-Württemberg-Pavillon auf der Weltausstellung in Dubai in diesem Jahr und den damit verbundenen Kosten. In der Sondersitzung des Ausschusses am 11. Dezember 2019 hatten die Mitglieder gegen die Stimmen der SPD beschlossen, dass das Land Baden-Württemberg den Bau und Betrieb des Baden-Württemberg-Hauses mit Finanzhilfen in Höhe von bis zu 8,446 Millionen Euro unterstützen beziehungsweise absichern solle. Bis zu diesem Zeitpunkt waren nämlich weit weniger Sponsorenmittel eingegangen als erwartet. Vonseiten des Ministeriums habe man zwischenzeitlich ein Konzept entwickelt, dass speziell für kleine und mittlere Unternehmen zugeschnitten sei, damit sich auch diese am Projekt beteiligen könnten. Dr. Schweickert zufolge setze das Ministerium „alles daran, das Projekt zu einem Erfolgsprojekt zu machen“.
Wissenschaftsausschuss stellt Digitalisierung in den Fokus seiner Beratungen
Stuttgart. Das Thema Digitalisierung hat den Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kunst in seiner Sitzung am Mittwoch, 22. Januar 2020, beschäftigt. Der Beauftragte der Landesregierung für Informationstechnologie, Ministerialdirektor Stefan Krebs, informierte über die Digitalisierungsstrategie des Landes, Ministerialdirektor Ulrich Steinbach über die Digitalisierung an den Hochschulen. Außerdem wurde der Antrag von FDP/DVP zur Digitalisierung an den Hochschulen in Baden-Württemberg beraten. Das hat der Vorsitzende des Gremiums, Andreas Deuschle (CDU), mitgeteilt. „Digitalisierung ist ein wichtiges Thema und gerade auch der Wissenschaftsausschuss hat sehr großes Interesse daran zu erfahren, wo wir stehen“, so Deuschle.
Wie Stefan Krebs erläuterte, habe die Digitalisierungsstrategie der Landesregierung, DIGITAL@BW, bis 2021 ein Fördervolumen von 1,5 Milliarden Euro und verfolge sechs Schwerpunkte: 1. Die Zukunft von Kommunen und Verwaltung ist digital, 2. Digitale Gesundheitsanwendungen, 3. Intelligente Mobilität der Zukunft, 4. Bildung und Weiterbildung in Zeiten der Digitalisierung (lernen@bw), 5. Digitale Start-Ups sowie 6. Initiative Wirtschaft 4.0. Spotlight-Maßnahmen des Landes seien etwa die E-Government-Vereinbarung von Land und Kommunen und die ressortübergreifende Homepage www.digital-bw.de als Schaufenster zur Digitalisierung in Baden-Württemberg. Außerdem das digitale Rathaus mit dem Förderprogramm Digitale Zukunftskommune@bw und Future Communities 4.0., die Verbesserung der Rahmenbedingungen etwa bei der Ausweitung des Studienangebots von Verwaltungsinformatikern sowie Doc direct, der telemedizinische Zugang zu ärztlicher Versorgung in Baden-Württemberg. Weitere Maßnahmen des Landes sind die intelligente Mobilität der Zukunft und die digitale Infrastruktur. So sollen 2020 und 2021 649 Millionen Euro in die Breitbandförderung fließen. Bei all dem werde der Cybersicherheit der höchste Stellenwert eingeräumt.
Digitalisierung eröffne große Potenziale an den Hochschulen in den Bereichen Forschung, Lehre und Administration habe anschließend Ulrich Steinbach erläutert, so Andreas Deuschle. Insgesamt seien in elf Projekten über 30 Maßnahmen mit einem Gesamtvolumen von 64 Millionen Euro an den Start gebracht worden. Als Beispiel aus der Forschung habe Steinbach das Cyber Valley Baden-Württemberg genannt, als europaweit einmaliges Forschungszentrum für intelligente Systeme und künstliche Intelligenz. Es werde das Ziel verfolgt, Baden-Württemberg zum Zentrum für wissenschaftliche Exzellenz für die weltweit besten Köpfe von morgen auf diesen Gebieten zu machen. Aus dem Bereich der Lehre habe Steinbach das Projekt „Teaching4Future with virtual elements digital@bw“ vorgestellt. Gefördert würde unter anderem das Vorhaben virtuelle Kollaborationslabore. Steinbach habe aus dem Bereich der Administration die Campus-Management-Systeme erläutert. Sein Fazit lautete: Die digitale Öffnung der Hochschulen sei in vollem Gange. Sie sei ein Erfolgsfaktor für die Position der Hochschulen in Baden-Württemberg. Durch eine dauerhafte finanzielle Förderung werde die digitale Öffnung langfristig und koordiniert auf breiter Ebene vorangebracht.
Vor der Ausschusssitzung haben sich Mitglieder von Wissenschafts- und Wirtschaftsausschuss mit dem Fachverband micro TEC Südwest e.V. zu einem Informationsgespräch über die Bedeutung der Mikrosystemtechnik für die Digitalisierung in Baden-Württemberg getroffen. Der Fachverband, der 2005 gegründet worden ist, wurde 2009 als Spitzencluster der Bundesregierung ausgezeichnet. Er vertritt mehr als 100 Unternehmen, Hochschulen, Universitäten und Forschungseinrichtungen, die als Technologie- und Innovationsträger wesentlich zum Erfolg des Standorts Baden-Württemberg beitragen. „Unter anderem haben wir erörtert, welche Rolle die Mikrosystemtechnik bei der Digitalisierung des Landes spielt“, so Andreas Deuschle. „Wir haben gesehen, dass sehr gute Innovation aus Baden-Württemberg kommen.“
Innenausschuss stimmt für Ende der Schriftformpflicht in 112 Rechtsvorschriften
Stuttgart. Das Land Baden-Württemberg schreitet mit dem Abbau bürokratischer Hürden weiter voran und baut zugleich die Digitalisierung in der Verwaltung weiter aus. Der Innenausschuss des Landtags stimmte in seiner Sitzung am Mittwoch, 22. Januar 2020, einstimmig für den Gesetzentwurf zum Abbau verzichtbarer Formerfordernisse. „Das Gesetz sieht vor, dass in 112 landesrechtlichen Regelungen die Pflicht zur Schriftform ersatzlos gestrichen wird oder neben der Papierform auch die elektronische Alternativen möglich sind“, sagte der Vorsitzende des Gremiums Karl Klein (CDU). „Damit werden für Bürgerinnen und Bürger, Unternehmen sowie Behörden nicht nur Verwaltungsverfahren erleichtert, sondern es werden zugleich Kosten und Arbeitsaufwand reduziert.“
Der Gesetzgeber hatte die Landesregierung damit beauftragt, dem Landtag unter anderem zu berichten, in welchen Anordnungen des Landes auf die Schriftform verzichtet werden kann. Daraufhin seien 1.405 Normen mit Schriftformerfordernis überprüft worden. Die Überprüfung habe ergeben, dass in 449 Fällen schriftliche Ausfertigungen mit händischer Unterschrift nicht notwendig seien. Bei 420 weiteren Regelungen könnten nach Auffassung der Landesregierung neben der schriftlichen Form auch elektronische Alternativen zugelassen werden. Der Gesetzentwurf sei der erste Schritt, weitere Änderungen wolle die Landesregierung in mehreren Schritten umsetzen, so der Ausschussvorsitzende.
Mit dem Gesetz solle die bisherige Pflicht zur Schriftform in 17 Rechtsvorschriften des Landes ersatzlos gestrichen werden. Dadurch sei die Einhaltung einer bestimmten Form nicht mehr erforderlich. Bürgerinnen und Bürger, Unternehmen und Behörden könnten Verfahren künftig mündlich, telefonisch, schriftlich oder elektronisch abwickeln. Bei 89 weiteren Rechtsvorschriften solle künftig neben der Briefform auch die digitale Kommunikation möglich sein. Die Verfahrensabwicklung müsse jedoch schriftlich oder elektronisch erfolgen, eine mündliche oder telefonische Form sei ausgeschlossen. „Die Regelung schriftlich oder elektronisch ist technikoffen. Sie schließt sowohl die derzeit bekannten und praktikablen elektronischen Verfahren als auch künftige, derzeit noch unbekannte Verfahren mit ein“, sagte Karl Klein.
Mit dem Gesetz sollen nach Angaben des Vorsitzenden insgesamt 112 Rechtsvorschriften in 56 Gesetzen und Rechtsverordnungen geändert werden. Dies betrifft unter anderem Artikel im Landeseisenbahngesetz, im Bestattungsgesetz, im Landesmediengesetz, im Landesglücksspielgesetz, in der allgemeinen Bergpolizeiverordnung, im Straßengesetz, im Bildungszeitgesetz und in der Akkordeonlehrkräfteverordnung.
Die Zweite Beratung des Gesetzentwurfs ist in der Plenarsitzung am 5. Februar 2020 vorgesehen.
Josef Frey übernimmt 2020 Präsidentschaft im Oberrheinrat
Stuttgart/Straßburg. „Es ist mir eine große Freude, das Präsidenten-Amt des Oberrheinrats nach dem Jahr 2017 erneut ausüben zu dürfen“, sagte Josef Frey (Grüne) nach seiner Wahl. Im Rahmen der letzten Plenarsitzung des Oberrheinrats am 20. Dezember 2019 in Straßburg ging die Präsidentschaft in diesem Gremium von der Region Grand Est in Frankreich für die kommenden zwölf Monate auf Baden-Württemberg über. „Der trinationale Oberrheinraum ist eine dynamische Region, zu deren Entwicklung die Gewählten aus der Region einen gemeinsamen Beitrag leisten möchten“, so Frey. Der thematische Schwerpunkt der baden-württembergischen Präsidentschaft werde auf der Nachhaltigkeit liegen, betonte der neue Präsident Frey.
Unter diesem Oberbegriff werde sich das Gremium insbesondere mit der Anpassung an den Klimawandel befassen, etwa über die Intermodalität der Verkehrsträger oder die Förderung des grenzüberschreitenden öffentlichen Verkehrs, der sozialen Dimension einer nachhaltigen Entwicklung und der Schutz der Biodiversität im Oberrheingebiet. Auch den Dauerthemen der beruflichen Bildung und der Governance der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit werde sich der Oberrheinrat annehmen. „Der Oberrheingraben ist aufgrund seiner klimatischen Bedingungen vom Klimawandel in besonderem Maße betroffen. Die Anpassung an das sich ändernde Klima und der Kampf gegen den Klimawandel ist daher für diese Region von besonderer Bedeutung“, begründete Frey die thematische Schwerpunktsetzung unter seiner Präsidentschaft.
Frey zeigte sich davon überzeugt, dass die Zusammenarbeit über Grenzen hinweg mit Blick auf unsere gemeinsame Geschichte einerseits ein wahrer Erfolg und andererseits auch der einzig richtige Weg sei, weiter an einer friedvollen und gerechten Gesellschaft in Europa zu arbeiten. Der Oberrheinrat sei ein Gremium, welches genau dies tue und so ermögliche, über nationale Grenzen hinweg noch stärker zusammenzuwachsen und ist damit auch Vorbild für andere Grenzregionen in Europa. „Ich freue mich, in den nächsten zwölf Monaten mit Ihnen zusammen vertieft an wichtigen Zukunftsfragen in unserer Region zu arbeiten und lade die Kommissionspräsidenten und alle Mitglieder des Oberrheinrats dazu herzlich ein“, so Frey abschließend.
Innenausschuss verurteilt Gewalt gegen Polizei und steht hinter Einsatzmaßnahmen
Stuttgart. Der Innenausschuss des Landtags steht mehrheitlich entschlossen hinter den Einsatzmaßnahmen der Polizei beim Fußballspiel zwischen dem VfB Stuttgart und dem Karlsruher SC. „Die Mitglieder des Innenausschusses verurteilen das gewalttätige Verhalten von Fußballanhängern gegen Polizeibeamte sowie Drohungen und Beleidigungen gegen die Einsatzführung scharf. Die Polizeikräfte haben auf das Verhalten einiger KSC-Anhänger richtig und angemessen reagiert“, sagte der Vorsitzende des Gremiums, der CDU-Abgeordnete Karl Klein, nach der Sitzung am Donnerstag, 12. Dezember 2019. „Der Ausschuss begrüßt auch, dass bei gewaltbereiten Fans Personenidentifizierungen durchgeführt wurden und diese Personen zeitweise festgehalten wurden. Es werden keine rechtsfreien Räume vor und in den Stadien geduldet“, so der Vorsitzende. Der Innenausschuss dankte den eingesetzten Beamtinnen und Beamten für das umsichtige und deeskalierende Einsatzverhalten.
Zudem zeigte sich der Ausschuss überzeugt, dass der eingeschlagene Weg der Stadionallianzen die richtige Antwort auf Gewalt im Zusammenhang mit Fußballspielen in Baden-Württemberg ist. „Die bisherige landesweite Entwicklung spricht eine eindeutige Sprache: Weniger Verletzte, weniger Einsatzstunden und mehr Polizei für die Sicherheit auf Baden-Württembergs Straßen – die Richtung stimmt“, so Karl Klein.
Bereits im Vorfeld des Spiels VfB Stuttgart gegen den Karlsruher SC habe die Polizei Stuttgart deutlich gemacht, dass die Ausübung von Gewalt gegen Personen und Sachen sowie die Verwendung von Pyrotechnik nicht toleriert werde. Diese „rote Linie“, ein wesentliches Element der Stadionallianzen, werde im Vorfeld in den Sicherheitsgesprächen deutlich gemacht und auch öffentlich kommuniziert. Die ursprünglichen Planungen hätten am Spieltag vor allem durch das Verhalten einiger der anreisenden Karlsruher Fans lageorientiert angepasst werden müssen. Zum einen hätten Störer bereits während der Anfahrt auf einem Autobahnparkplatz Pyrotechnik gezündet und sich dort und bei der weiteren Anfahrt nach Stuttgart vermummt. Des Weiteren habe sich unter den anreisenden KSC-Fans ein Bus mit Hooligans aus Straßburg befunden, was den vorherigen Absprachen – keine Karten für Nicht-Mitglieder – widersprochen habe. Aufgrund dieser Situation habe die Einsatzleitung entschieden, die Gästefans aus Sicherheitsgründen nicht direkt vor den Gästeeingang fahren zu lassen, sondern alle Gästefans am Bahnhof Untertürkheim zu sammeln und sie gemeinsam und zu Fuß zum Stadion zu bringen. Ziel sei es gewesen, mehrere Brennpunkte rund ums Stadion zu verhindern.
Die Polizei habe den Mitgliedern des Innenausschusses Videosequenzen vorgespielt, die zeigen, wie auf dem Weg zum Stadion Pyrotechnik abgebrannt wird und die Einsatzkräfte unter anderem mit bis zu 1,5 Kilogramm schweren Baustellenleuchten beworfen werden. Konsequenterweise seien die Beteiligten, die sich ganz überwiegend an der Spitze der Fangruppe befunden hätten, kurz vor dem Gästeeingang separiert und vorübergehend festgehalten worden. Letztlich seien 589 Personen, darunter auch 19 Frauen und 41 Jugendliche, kontrolliert worden, so Karl Klein. Es seien unter anderem 84 Sturmhauben, ein Messer und eine Abschussvorrichtung für Raketen gefunden worden. Die Polizei habe an dem Tag insgesamt 718 Beamte eingesetzt.
Die Mitglieder des Ausschusses verurteilten ebenfalls Drohungen und Beleidigungen gegen die Einsatzleitung. „Alle Angriffe und Beleidigungen gegen die Einsatzleitung, die sich im Internet wiederfinden, sind absolut inakzeptabel und werden dort, wo diese strafrechtlich relevant seien, auch entsprechend verfolgt“, so Klein. Gleiches gelte ebenso für Vertreter der Vereine, die sich Drohungen ausgesetzt sehen.
In der Sitzung sei deutlich geworden, dass vergleichbare Exzesse wie beim letzten Aufeinandertreffen der beiden Vereine im April 2017 dank der Vorgespräche aller Beteiligten und des Handelns der Polizei ausgeblieben seien. Damals sei im Karlsruher Fanblock massiv Pyrotechnik abgebrannt und auch eine Rakete auf das Spielfeld geschossen worden. „Die Stadionallianzen in Baden-Württemberg werden von allen beteiligten Akteuren, ob Polizei, Kommunen, Vereinen und Fanbeauftragten, begrüßt und die vertrauensvolle Zusammenarbeit wird gefördert. Der Erfolg dieses Konzeptes kann schon daran abgelesen werden, dass seit Einführung der Stadionallianzen in den letzten beiden Spielzeiten 4.800 Einsatzkräfte eingespart wurden. Darüber hinaus konnten, ausgehend von der Saison 2016/2017, in der Saison 2017/2018 die Anzahl von Verletzten um 41 und die Anzahl der Strafanzeigen um 77 reduziert werden. In der Saison 2018/2019 konnte die Anzahl der Verletzten um 18 Personen und die Anzahl an Strafanzeigen um 125 Fälle gesenkt werden“, fasste Klein die Ausführungen des Innenministers zusammen.
„Es ist uns wichtig, dass der eingeschlagene Weg der Stadionallianzen weiterverfolgt wird. Es wird deutlich, dass die bisher getroffenen Maßnahmen maßgeblich dazu beigetragen haben, das Vertrauen und die Zusammenarbeit zwischen den beteiligten Sicherheitsakteuren sowie das Sicherheitsniveau bei Fußballspielen in Baden-Württemberg zu verbessern“, verdeutlichte der Vorsitzende.
Wirtschaftsausschuss beschließt Finanzhilfen zur Realisierung der Vertretung des Landes bei der Expo 2020 in Dubai
Stuttgart. Baden-Württemberg wird auf der kommenden Weltausstellung, kurz Expo, in Dubai als einziges Bundesland mit einem eigenen Pavillon vertreten sein. „Die kalkulierten Gesamtkosten für das Projekt liegen bei rund 13,33 Millionen Euro“, erklärte Dr. Erik Schweickert (FDP/DVP), der Vorsitzende des Ausschusses für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau. Die Mitglieder des Ausschusses beschlossen in der Sondersitzung am Mittwoch, 11. Dezember 2019, mehrheitlich bei Gegenstimmen der SPD, dass das Land Baden-Württemberg den Bau und Betrieb des Baden-Württemberg Hauses mit Finanzhilfen in Höhe von bis zu 8,446 Millionen Euro unterstützen soll. Weitere 2,8 Millionen Euro, die die Landesausstellung kosten soll, wird das Land in jedem Fall tragen; diesem Antrag stimmte der Ausschuss einstimmig zu. Der Ausschussvorsitzende Dr. Schweickert hätte sich jedoch eine frühere Beteiligung des Wirtschaftsausschusses an den Diskussionen über die Finanzierung der Expo gewünscht.
Wie Dr. Schweickert erklärte, hätten die Ingenieurskammer Baden-Württemberg, das Fraunhofer IAO und die FWTM Freiburg (Freiburg Wirtschaft, Tourismus, Messe) bereits im November 2018 den Zuschlag erhalten, sich an der Weltausstellung in Dubai zu beteiligen. Dem Ausschussvorsitzenden zufolge handle es sich bei dieser Initiative um eine große Chance für baden-württembergische Unternehmen, ihre internationalen Wirtschaftsbeziehungen zu fördern. Es sei daher geplant gewesen, dass die Projektgesellschaft Sponsoren für die Finanzierung gewinnen solle. Diese Unterstützung sei bisher jedoch nur sehr schleppend angelaufen, weswegen der Ausschuss intensiv und kritisch diskutiert habe. Dr. Schweickert fasste die Kritikpunkte der Ausschussdiskussion dahingehend zusammen, dass von der Regierungsspitze in Person von Herrn Ministerpräsident Kretschmann das Projekt hatte früher und intensiver unterstützt werden müssen. „Nun sind alle, die Parlamentarier im Landtag, aber insbesondere auch die Landesregierung und der Ministerpräsident aufgefordert für eine weitere Beteiligung der Wirtschaft zu werben, das Projekt tatkräftig zu unterstützen und somit dafür zu sorgen, dass damit dieses Projekt noch zu einem Erfolg aus der Wirtschaft für die Wirtschaft wird.“, betont Dr. Schweickert mit Blick auf die wenigen verbleibenden Monate, bis im Oktober 2020 die Expo ihre Tore öffnen wird.
Im Rahmen der Beratungen über den Doppelhaushalt 2020/21 hatten die Regierungsfraktionen Grüne und CDU im Finanzausschuss beantragt, die Fehlbetragsfinanzierung des Landes für das „Baden-Württemberg-Haus“ auf der Expo 2020 in Dubai aufzustocken. Anstelle von ursprünglich vorgesehenen 5,8 Millionen solle sich das Land nun mit maximal 11,246 Millionen Euro beteiligen. Die zuständige Ministerin für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau, Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut, habe aber betont, es handle sich dabei um eine Art Zwischenfinanzierung. Man halte auch weiterhin an dem Plan fest, dass die hiesige Wirtschaft mit Spendengeldern den Bau und den Betrieb des Baden-Württemberg-Hauses finanziert. Mit dieser Absicherung wolle man lediglich mehr Zeit verschaffen, um weitere Sponsoren zu gewinnen. Das Ministerium habe sich optimistisch gezeigt, dass dies möglich sei.
Der Entscheidung des Finanzausschusses, mehr Geld bereitzustellen, schloss sich der Wirtschaftsausschuss mit seinem Beschluss, die Finanzhilfen zu bewilligen, nun an. „Die Erhöhung des Betrags erschien der Mehrheit des Ausschusses wichtig, um die Gesamtfinanzierung des Projekts so abzusichern“, begründete Dr. Schweickert die Entscheidung des Wirtschaftsausschusses.
Präsidentin Aras: Erinnerungsarbeit muss auch Trauma-Folgen der Kriegskinder betrachten
Stuttgart – Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) fordert, in der Gedenkarbeit auch die psychischen Langzeitfolgen von Kriegen in den Blick zu nehmen. „Die Wissenschaft gibt uns eindeutige Hinweise: Traumata werden vererbt, auch die Enkel-Generation ist mittelbar geprägt durch die Kriegs- und Folgeerlebnisse ihrer Eltern und Großeltern“, sagte sie in ihrem Grußwort aus Anlass des 100. Jahrestages des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V. Die zentrale Festveranstaltung mit rund 400 Gästen, mitgestaltet von Schülerinnen und Schülern, fand im Landtag von Baden-Württemberg statt. Als Vorsitzender des Volksbund-Landesverbandes sprach Justizminister Guido Wolf (CDU), den Festvortrag hielt der Historiker Gerd Krumeich über „Das Trauma der Niederlage und die Schwierigkeit des Gedenkens“.
Landtagspräsidentin Aras dankte dem Volksbund für seine „unermüdliche Recherchearbeit“ sowie den 300 000 aktiven Förderern und mehr als einer Million Spendern für ihre Unterstützung. Der Dokumentarfilmer Sebastian Heinzel, Jahrgang 1979, habe im Film („Der Krieg in mir“) eindrücklich herausgearbeitet, wie das Schweigen über das Erlebte nachwirke. Aktuelle Forschung belege, wie die Kriegskindergeneration nicht aufgearbeitete Traumata, etwa durch auseinandergerissene Familien, Vertreibung oder Bombardement, häufig weitergegeben habe. Die Generation der so genannten Kriegsenkel sei indirekt, aber manchmal folgenschwer geprägt durch die Erlebnisse der Eltern und Großeltern. Die Präsidentin plädierte deshalb dafür, sich im Rahmen künftiger Gedenkarbeit auch verstärkt mit dem seelischen Erbe aus zwei Weltkriegen zu befassen. „Die Forschung über die Vererbung von Traumata kann uns helfen, unsere Gesellschaft besser zu verstehen“, so Aras‘ Schlussfolgerung. Die Beschäftigung damit könne zudem ein Türöffner sein zu Menschen, die nach dem Krieg nach Deutschland gekommen seien: „In den Lebensgeschichten von Menschen mit Migrationserfahrung gibt es viele Berührungspunkte zu dem, was auch Kinder von Kriegsteilnehmern und deren Enkel erlebt haben.“
Schülerinnen und Schüler des Strombergs-Gymnasiums Vaihingen/Enz präsentierten im Rahmen der Feststunde ihr Projekt „Friedensreise ins Elsass“.
Landtagsvizepräsidentin Sabine Kurtz: „Unsere Zukunft schreiben wir selbst“
Stuttgart. „Unsere Zukunft muss nicht so düster werden wie in den Dystopien der Weltliteratur. Unsere Zukunft schreiben wir selbst.“ Davon zeigte sich Landtagsvizepräsidentin Sabine Kurtz (CDU) am Montagabend, 9. Dezember 2019, bei der Veranstaltung „Hat Alexa Menschenrechte“ überzeugt. Am Vorabend des Tags der Menschenrechte gingen Impulsgeber aus Wirtschaft, Kultur und Rechtswissenschaft auf Einladung des Landtags von Baden-Württemberg sowie des Instituts für Auslandsbeziehungen (ifa) und des Institut franҫais Stuttgart im ifa dieser Frage auf den Grund.
Inwieweit berührt die Entwicklung der künstlichen Intelligenz unser Menschenbild und die Wahrung der Grundrechte? Wenn die Trennung zwischen Mensch und Maschine unscharf wird: Welche Fragen stellen sich dann hinsichtlich Freiheit und Verantwortung? Welche Chancen und Risiken ergeben sich für den künstlerischen Schaffensprozess?
„Wir müssen uns nicht von den technologischen Innovationen überrollen lassen, sondern können aktiv überlegen, wie wir diese neuen Entwicklungen mit unserem bestehenden Wertekanon verbinden können und wollen“, so Sabine Kurtz in ihrem Grußwort. Der Titel der Veranstaltung spiegle das Aufeinanderprallen von fundamentalen Grundwerten sowie neuen Technologien. Es reihe sich ein in einen gesamtgesellschaftlichen Diskurs aus Politik, Wissenschaft und Gesellschaft über unsere Zukunft. „Menschen machen sich Gedanken, wie das Zusammenspiel zwischen unseren alten Grundwerten und unseren zukünftigen Technologien gelingen könnte. Unsere Zukunft schreiben eben nicht Orwell und Huxley“, hob Kurtz hervor. Mit dieser Kooperation des Landtags mit dem Institut franҫais Stuttgart und dem ifa erhalte die heutige Debatte passend zu den universal gültigen Menschenrechten eine länderübergreifende Perspektive.
„Digitalisierung und soziale Netzwerke bieten zwar neue Kommunikationswege, dienen mittlerweile vielmehr der Anstiftung zu Hass und Gewalt als einer Plattform für Reflexion und Gedankenaustausch“, betonte Catherine Veber, Generalkonsulin Frankreichs und Leiterin des Instituts franҫais Stuttgart anschließend in ihrem Grußwort. Kleine intelligente Geräte wie Alexa erleichterten zwar unseren Alltag, aber sie spionierten unser Leben aus, ohne dass wir wirklich wüssten, wie unsere persönlichen Daten verwendet würden. „Es ist wichtig, zwischen Fantasie und Wirklichkeit das Richtige vom Falschen auseinanderzuhalten, die entscheidenden Fragen zu stellen und sich der Verantwortung, die der Wirtschaft, der Wissenschaft, der Rechtsprechung und auch der Kunst zufällt, bewusst zu werden.“
Der Abend begann mit der Begrüßung von Gastgeber Ronald Grätz, Generalsekretär des ifa. Den ersten Impuls des Abends, „Ethics by Design“, gab Futurist Alexander Mankowsky, Daimler AG. Weitere Impulse „Künstliches Recht, intelligentes Recht und das Recht der künstlichen Intelligenz“ und „Art, Algorithm and Artificial Intelligence“ kommen von Prof. Dr. Malte Graßhof (Präsident des Verfassungsgerichtshofs für das Land Baden-Württemberg) und Prof. Christiane Riedel, Geschäftsführender Vorstand des ZKM (Zentrum für Kunst und Medien Karlsruhe). Dr. Susanne Kaufmann (SWR2 Landeskulturredaktion Baden-Württemberg) moderierte im Anschluss die Podiumsdiskussion und das Gespräch mit dem Publikum.
Großer Zuspruch auf erste Bürgerinnen- und Bürgersprechstunde der neuen Beauftragten
Stuttgart – Die neue Bürgerbeauftragte des Landes Baden-Württemberg, Beate Böhlen, hielt am 27. November 2019 ihre erste Bürgersprechstunde ab. Zahlreiche Bürgerinnen und Bürger nutzten die Gelegenheit, ihre Anliegen vorzubringen. Die Termine waren nach Bekanntgabe rasch ausgebucht, weshalb einige auf die nächste Sprechstunde vertröstet werden mussten. „Mein Team und ich sehen dies als großen Erfolg und werden dieses Format einer Sprechstunde in unseren Räumen beibehalten“, so Böhlen. Das Thementableau, das in den jeweils ein- bis eineinhalbstündigen Gesprächen behandelt wurde, reichte von Baurecht und Soziales über Jugendhilfe, Schule bis zu Verkehrsrecht.
Beate Böhlen bekleidet das Amt der Bürgerbeauftragten seit 1. November 2019. Ihre Aufgabe besteht laut Einsetzungsauftrag darin, die Stellung der Bürgerinnen und Bürger im Verkehr mit den Behörden des Landes zu stärken. Im Bereich der Landespolizei erstreckt sich ihre Aufgabe zudem darauf, das partnerschaftliche Verhältnis zwischen Bürgerschaft und Polizei auszubauen sowie Anlaufstelle für polizeiinterne Anliegen zu sein. Sowohl die Landesregierung als auch alle Behörden des Landes, Körperschaften, Anstalten sowie die Stiftungen öffentlichen Rechts, die der Aufsicht des Landes unterstehen, müssen der Bürgerbeauftragten und ihrem Team Amtshilfe leisten.
„Ab 2020 wird das Büro der Bürgerbeauftragten auch Sprechstunden im ganzen Land wahrnehmen, um noch näher bei den Menschen zu sein“, so Beate Böhlen. Die nächste Bürgerinnen- und Bürgersprechstunde findet am 10. Dezember 2019 in Stuttgart statt. Anmeldungen sind telefonisch unter 0711-13776530 oder über www.Buergerbeauftragte-bw.de möglich.
Volumen für Doppelhaushalt erhöht: Etats umfassen jetzt 51,7 und 52,9 Milliarden Euro
Stuttgart. Der Ausschuss für Finanzen des Landtags hat seine Beratungen zum Entwurf des Staatshaushaltsplans 2020/2021 am heutigen Freitag, 29. November 2019, nach insgesamt sechs arbeitsintensiven Sitzungen beendet. „Aufgrund der vom Ausschuss beschlossenen Änderungsanträge hat sich das Gesamtvolumen des Haushalts erhöht“, sagte der Ausschussvorsitzende Rainer Stickelberger (SPD). Für das Jahr 2020 beläuft sich das Volumen nun auf 51,7 Milliarden Euro, das entspricht einem Plus von 1,4 Milliarden Euro (2,84 Prozent). Das Volumen für das Jahr 2021 beträgt 52,9 Milliarden Euro. Das sind rund 680 Millionen Euro (1,3 Prozent) mehr als im ursprünglichen Haushaltsentwurf.
„Die Tagesordnung der sechs Sitzungen war erneut sehr umfangreich. Der Haushaltsentwurf umfasst 15 Einzelpläne auf rund 4.440 Seiten. Hinzu kam eine Rekordzahl von insgesamt 540 Änderungsanträgen, über die der Ausschuss beraten und entscheiden musste“, sagte Stickelberger. Das waren 156 Anträge mehr als bei den Beratungen zum Doppelhaushalt 2018/2019 (384 Anträge) und 212 Anträge mehr als beim Landeshaushalt 2017 (328 Anträge). Von den 540 Anträgen wurden 273 angenommen.
Stickelberger betonte nach Abschluss der Beratungen die konstruktive und kollegiale Zusammenarbeit in dem Gremium. „Bei so einem wichtigen Thema wie dem Landeshaushalt sind die Positionen der Fraktionen häufig unterschiedlich. Doch trotz der Meinungsunterschiede bei einigen Punkten wurde im Ausschuss sehr sach- und zielorientiert diskutiert.“ Die gute Arbeitsatmosphäre und die sehr gute Vorarbeit zu den Beratungen hätten dazu beigetragen, die Tagesordnung im vorgesehenen Zeitplan abzuarbeiten. „Ich danke allen Beteiligten der Fraktionen, der Ministerien, des Rechnungshofs sowie der zuständigen Ausschussreferentin für ihr großes Engagement im Zuge der Haushaltsberatungen“, sagte Rainer Stickelberger.
Die Zweite Beratung des Doppelhaushalts 2020/2021 findet in den Plenarsitzungen am 11., 12. und 13. Dezember 2019 statt. Die abschließende Dritte Beratung ist für den Plenartag am 18. Dezember 2019 vorgesehen.
Landtagspräsidentin Aras: Wir müssen neue Formen der Bürgerbeteiligung ausprobieren
Stuttgart. Auf der Demokratiekonferenz 2019 im Neuen Schloss fordert Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne), Demokratie als etwas Dynamisches zu betrachten. „Demokratie ist etwas, das wir pflegen, erhalten und verteidigen müssen. Aber auch etwas, das wir weiterentwickeln, anpassen und verbessern müssen“. Sie ruft die Teilnehmerinnen und Teilnehmer dazu auf, auch einmal Neuland zu betreten und Experimente zu wagen, wie dies der Landtag von Baden-Württemberg mit dem bundesweit ersten Bürgerforum getan habe.
Baden-Württemberg habe die repräsentative Demokratie mit einem Beteiligungsprozess ergänzt, so Aras mit Blick auf das parallel zu einer Expertenkommission eingerichtete Bürgerforum, bei dem sich 25 zufällig ausgewählte Bürgerinnen und Bürger mit der angemessenen Altersversorgung der Abgeordneten beschäftigten. Die Initiative ging auf Landtagspräsidentin Aras zurück, nachdem es zuvor viel Kritik für einen Beschluss des Landtags gegeben hatte, zur Staatspension zurückzukehren. „Ich wollte die Kritik – und damit das Engagement, die Stimmen der Bürgerinnen und Bürger – nicht einfach verhallen lassen. Ich wollte die Bürgerinnen und Bürger in den Meinungsbildungsprozess stärker mit einbeziehen“, begründet Aras ihre Entscheidung. Der Landtag stellt den Prozess im Rahmen eines Workshops auf der Konferenz vor.
Zum fünften Mal haben die Landesregierung Baden-Württembergs und der Regierungsrat des schweizerischen Kantons Aargau für Donnerstag und Freitag, 28. und 29. November 2019, zu einer Demokratiekonferenz eingeladen. In diesem Jahr lautet das Thema „Zukunftsfähigkeit der Demokratie“. Zwei Tage lang befassen sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in Vorträgen und Workshops mit Aspekten der Demokratie; Themen sind zum Beispiel die sozialen Medien und der politische Diskurs im Internet, die junge Generation und – anhand des Beispiels Fridays for Future ganz aktuell – deren Einmischung in den politischen Prozess, sowie generell politische Bewegungen und die Parteienlandschaft im Wandel. „Es ist sehr wichtig, über das Grundsätzliche in unserer Demokratie zu sprechen“, zeigt sich Landtagspräsidentin Aras in ihrem Grußwort überzeugt, „und zwar mit so vielen und so unterschiedlichen Menschen wie möglich. Das bringt Schwung in die Demokratie.“
Landtagspräsidentin Aras: Vertragsunterzeichnung ist das Ergebnis einer guten Beteiligung
Stuttgart. In der Plenarsitzung vor zwei Wochen beschloss der Landtag von Baden-Württemberg mit großer Mehrheit von 122 der insgesamt 143 Abgeordneten, dem Versorgungswerk der Mitglieder der Landtage von Nordrhein-Westfalen und Brandenburg beizutreten. Diesen Beschluss besiegelten die Landtagspräsidenten der drei Parlamente am heutigen Donnerstag, 21. November 2019, mit ihren Unterschriften. „Die heutige Vertragsunterzeichnung ist das Ergebnis intensiver Beratungen und einer guten Beteiligung“, zeigte sich Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) überzeugt.
Bisher regelt das Versorgungswerk die Altersvorsorge der Abgeordneten von Brandenburg und Nordrhein-Westfalen. Dr. Ulrike Liedtke (SPD), die Präsidentin des Landtags von Brandenburg, versicherte den neu hinzukommenden Abgeordneten aus Baden-Württemberg: „Wir nehmen Sie mit offenen Armen auf.“ Landtagspräsident André Kuper (CDU) aus Nordrhein-Westfalen berichtete von der Entstehung des Versorgungswerks im Jahr 2005: „Unser Beschluss, ein Versorgungswerk zu gründen, fiel damals einstimmig.“ Im Jahr 2014 sei dann Brandenburg hinzugekommen – und als drittes Bundesland ist nun Baden-Württemberg beteiligt: „Wir freuen uns, dass wir nun gemeinsam diesen Weg gehen: Aller guten Dinge sind drei.“
Dem Beschluss des Landtags, dem Versorgungswerk beizutreten, waren intensive Beratungen einer unabhängigen Expertenkommission vorausgegangen, die sich mit der Frage nach einer angemessenen Altersversorgung der Abgeordneten beschäftigte. Auf Initiative von Landtagspräsidentin Aras war zudem ein Bürgerforum eingerichtet worden, in dem sich 25 zufällig ausgewählte Bürger in drei Dialogveranstaltungen Anfang 2018 ebenfalls eine Position erarbeiteten. „Wir konnten mit diesem Verfahren Vertrauen zurückgewinnen“, so Aras. Die Mitglieder des Bürgerforums hätten ihre Beteiligung als Wertschätzung empfunden und weitere Beteiligungsmöglichkeiten dieser Art angeregt.
Der heute unterzeichnete Vertrag tritt am 1. Dezember 2019 in Kraft. 1246,20 Euro (entspricht dem Höchstbeitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung) von 1805 Euro Vorsorgebeitrag müssen an das Versorgungswerk abgeführt werden. Dies gilt für die derzeitigen und die künftigen Abgeordneten des Landtags von Baden-Württemberg. Die aktuellen Mitglieder des Landtags haben die Möglichkeit, sich bis zum Jahr 2031 von der grundsätzlichen Pflichteinzahlung in das Versorgungswerk befreien zu lassen.
Vorsitzende Krebs: „Ausschuss ermöglicht Kompromisssuche im Fall der Panoramahütte in Bernau“
Stuttgart – Gleich zwei Petitionen mit gegensätzlichen Zielsetzungen erledigte der Petitionsausschuss des Landtags in seiner Sitzung vom 7. November 2019. Sie richten sich für und gegen den Bau einer in Bernau im Schwarzwald geplanten „Panoramahütte Kaiserberg“. Neben einer Gastronomie sollen auch Übernachtungsmöglichkeiten geschaffen werden. Das Gremium beschloss einstimmig eine Materialüberweisung an die Landesverwaltung. „Die Verwaltung ist hier nun gefragt, eine abschließende und einheitliche Bewertung vorzulegen“, so die frisch gewählte Ausschussvorsitzende Petra Krebs (Grüne). „Auch nach einem Vor-Ort-Termin konnte die Verwaltung dem Ausschuss keine einheitliche Bewertung bzgl. der Rechtmäßigkeit des Bauvorhabens vorliegen. Mit dieser Materialüberweisung erhält sie nun den Arbeitsauftrag hier zu einem klaren Ergebnis zu kommen“.
Geplant ist die Errichtung einer bewirtschafteten Berghütte am Kaiserberg, der im Biosphären-, Landschaftsschutz-, FFH- und Vogelschutzgebiet liegt. Während eine Interessengemeinschaft (IG) – wie der Gemeinderat - für eine aus touristischer Sicht wünschenswerte Berghütte mit einigen Übernachtungsmöglichkeiten ausspricht, wandte sich eine Bürgerinitiative (BI) aus Natur- und Artenschutzgründen dagegen. Der Gemeinderat hatte sich für eine neue Berggaststätte ausgesprochen, um ein attraktives Angebot im Bereich des „sanften Tourismus‘“ mit etwas mehr Komfort und Wellnessangeboten zu schaffen. Der jetzt beantragte Standort liege, wie sich der Petitionsausschuss beim zweiten Ortstermin überzeugen konnte, an einem zertifizierten Wanderweg rund 400 Meter vom Ortsrand entfernt in exponierter Hanglage. Dagegen wandten sich Bürgerinnen und Bürger sowie gegen ein weiteres touristisches Angebot in ihrer Gemeinde.
Laut der Vorsitzenden Krebs habe das Regierungspräsidium Zweifel geäußert, ob diese Planung unter Abwägung aller öffentlichen und privaten Belange weiterverfolgt werden könne. Die höhere Naturschutzbehörde sei nicht eingebunden gewesen in die Planung. Ein Bau in gewünschter Größe und Nutzung greife gravierend in Natura 2000, Landschaftsbild und Artenschutz ein. „Wir haben die Materialüberweisung beschlossen, damit die verschiedenen Behörden nun zu einem Einvernehmen finden“, so die Vorsitzende Krebs. Mit dieser Entscheidung des Petitionsausschusses sei die Chance auf eine Kompromissfindung gegeben.
Zunahme von Schotterflächen bereitet Landwirtschaftsausschuss Sorge
Stuttgart. Mit den Auswirkungen von Steinwüsten auf Artenvielfalt, Temperatur und Wasserhaushalt hat sich der Ausschuss für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz in seiner Sitzung am Mittwoch, 6. November 2019, auf Antrag der Grünen befasst. „In den Gemeinden des Landes nimmt die Anlage von Steinschüttungen und Schotterflächen in privaten Gärten und auf kommunalen sowie von Firmen genutzten Freiflächen immer mehr zu. Diese teilversiegelten, unbegrünten Flächen wirken sich jedoch negativ auf den Lebensraum von Menschen und Tieren aus“, sagte der Vorsitzende des Gremiums, der Grünen-Abgeordnete Martin Hahn. Ziel müsse es in Zukunft sein, Kommunen, Firmen und Bürger auf diese Auswirkungen hinzuweisen und für den Nutzen von Grünflächen zu sensibilisieren.
Nach Angaben des Vorsitzenden heizen sich Steinschüttungen im Sommer viel stärker auf als naturnahe Gärten oder unversiegelte, begrünte Flächen und wirken der nächtlichen Abkühlung entgegen. In Städten und Gemeinden seien die Temperaturen aufgrund der dichten Bebauung und des hohen Versiegelungsgrades bis zu sechs Grad höher als im Umland. Mit der fortschreitenden Klimaerwärmung würden Wärmebelastungen zukünftig sehr wahrscheinlich deutlich häufiger und stärker auftreten. Es sei davon auszugehen, dass solche teilversiegelten Flächen die Wärmebelastung durch ihre Aufheizung noch verstärkten. Außerdem falle mit der Entstehung von Schotterflächen Lebensraum für Pflanzen und Tiere weg, was unter anderem das Insektensterben begünstige. Darüber hinaus gingen wichtige Bodenbestandteile verloren, was Auswirkungen auf die Wasserspeicherkapazitäten habe. So verringere sich in der Folge etwa die Grundwasserneubildung, erklärte Martin Hahn.
Eine Gesetzesänderung, um die Entstehung von Schotterflächen zu stoppen, werde nicht als notwendig angesehen, sagte Hahn. Denn in der Landesbauordnung seien bereits ausreichend Regelungen enthalten, die die Entstehung von Grünflächen vorschreiben und gleichzeitig Schotterflächen verhindern. „Das Problem liegt vielmehr darin, dass Kommunen, Betriebe und Gartenbesitzer oft gegen dieses Begrünungsgebot verstoßen“, sagte der Ausschussvorsitzende. Viel wichtiger und zielführender als eine Verschärfung des Gesetzes sei es, die Menschen für die Bedeutung von Grünflächen zu sensibilisieren und Bewusstsein etwa für den Artenschutz zu wecken.
Landwirtschaftsminister Peter Hauk kündigte laut Hahn in der Ausschusssitzung unterdessen an, dass die Landesbauordnung mit einem anderen Ziel geändert werden solle. Es solle eine „Blühverpflichtung“ eingeführt werden, so dass nicht nur Grünflächen geschaffen werden müssten, sondern zu einem bestimmten Prozentsatz darüber hinaus sogenannte Blühflächen.
Petra Krebs ist die neue Vorsitzende des Petitionsausschusses
Stuttgart. Der Petitionsausschuss hat in seiner Sitzung am Donnerstag, 7. November 2019, die Grünen-Abgeordnete Petra Krebs mehrheitlich zur neuen Vorsitzenden gewählt. Dies teilte der stellvertretende Vorsitzende des Gremiums, Norbert Beck (CDU), mit. „Ich freue mich sehr über das Vertrauen – und auf die Arbeit in diesem wichtigen Gremium“, so Petra Krebs. „Als Vorsitzende des Petitionsausschusses kann ich mich noch mehr für die Anliegen der Bürgerinnen und Bürger in Baden-Württemberg einsetzen.“
Weiter betonte die 50-Jährige den aus ihrer Sicht hohen Stellenwert des Petitionsrechts als ein zentrales Grundrecht. „Es verschafft unseren Bürgerinnen und Bürger eine zusätzliche Instanz, an die sie sich mit ihren Sorgen und Nöten wenden können.“ Sie werde sich bemühen, deren Anliegen – in bewährter Tradition – im Geist konstruktiver und überparteilicher Verständigung zu behandeln.
Petra Krebs gehört dem Landtag von Baden-Württemberg seit 2016 an. Sie ist von Beruf staatlich geprüfte Vermessungstechnikerin, Krankenschwester und Praxisanleiterin in der Pflege. Krebs ist verheiratet und hat zwei Kinder. Sie übernimmt den Vorsitz im Petitionsausschuss von Beate Böhlen, die seit 1. November 2019 Bürgerbeauftragte des Landes ist und deshalb ihr Mandat niedergelegt hat. Die Wahl fand auf Antrag in geheimer Abstimmung statt. Das Vorschlagsrecht lag bei der Grünen-Fraktion. Petra Krebs war der einzige Wahlvorschlag. Von 21 Stimmen entfielen 14 auf Krebs.
Europaausschuss im Gespräch mit Staatsrätin Erler zum Thema „Zukunft der Europäischen Territorialen Zusammenarbeit“
Stuttgart. Der Ausschuss für Europa und Internationales hat sich in seiner Sitzung am Mittwoch, 6. November 2019, mit Staatsrätin Gisela Erler zum Thema „Zukunft der Europäischen Territorialen Zusammenarbeit (INTERREG) in der Förderperiode 2021 bis 2027“ ausgetauscht. „Die Staatsrätin hat uns Einblicke in den Stand der Planungen für die kommende Förderperiode gegeben“, so der Vorsitzende des Gremiums, Willi Stächele (CDU).
Stächele betonte, dass von Baden-Württemberg und seinen Nachbarn Europa gelebt werde. Das wurde beim Austausch im Gremium deutlich. Über elf Millionen Menschen sind durch Rhein und Bodensee verbunden. „Globale Herausforderungen machen nicht an Grenzen halt“, unterstrich Willi Stächele.
Staatsrätin Erler hob die ungeheure Wirtschaftskraft der Grenzregionen hervor. Es gebe 100.000 Menschen, die täglich die Grenzen überquerten. Gerade auch zum Abbau der Grenzhindernisse gebe es diese Programme. Die neue Förderperiode betreffend sagte Erler, dass es bislang noch keine Gewissheit über die Mittelausstattung gebe, da die EU ihrem Zeitplan hinterherhinge. Dies sei dem Brexit und allem was dazu gehört geschuldet. So werde der Haushalt wohl erst in der zweiten Hälfte 2020 verabschiedet. Es könne aber davon ausgegangen werden, dass sich die Höhe der Fördersumme nicht wesentlich verändern werde. Derzeit liege sie bei 250 Millionen Euro für alle Programme.
Die neuen strategischen Leitlinien des Förderprogramms INTERREG Oberrhein 2021-2027 seien nun vorgelegt worden und es bestünde die Möglichkeit zur Stellungnahme. Die strategischen Leitlinien für das Programm verfolgen fünf definierte politische Ziele. An erster Stelle steht ein intelligenteres Europa durch die Förderung eines innovativen und intelligenten wirtschaftlichen Wandels. Es folgt das Ziel eines grüneren, CO2-armen Europas durch die Förderung von sauberen Energien und einer fairen Energiewende, von grünen und blauen Investitionen, der Kreislaufwirtschaft, der Anpassung an den Klimawandel, der Risikoprävention und des Risikomanagements. Drittens wird ein stärker vernetztes Europa gefordert und auf Platz vier folgt ein sozialeres Europa. Das fünftwichtigste Ziel lautet „bürgernahes Europa“.
Die Politikziele gelten für alle Projektziele. Bei den Beratungen im Ausschuss sei indes hervorgehoben worden, dass Kleinprojekte nicht auf die großen Ziele definiert werden müssten, so Willi Stächele. Beim Thema Entbürokratisierung habe sich leider weniger getan als gewünscht. Stächele: „Man braucht Beratung, wenn man gefördert werden will.“
Vorsitzender Stächele richtete anschließend kurz den Blick auf die Entsenderichtlinie: „Es muss ein grenznaher Bereich definiert werden, in dem man Erleichterungen hinbekommt. Wir machen den Europa-Gedanken kaputt, wenn es im Kleinen nicht funktioniert“, gab Stächele zu Bedenken. Es gab aus seiner Sicht aber auch einen Grund zur Freude: „Ab 1. Januar 2021 kann das Elsass wieder eigene Identität zeigen.“ Mit der Gründung einer ‚Europäischen Gebietskörperschaft Elsass‘ werde ab diesem Datum eine faktische Fusion zwischen den Départements Haut-Rhin und Bas-Rhin vollzogen. Die Gebietskörperschaft werde über erweiterte Kompetenzen verfügen. „Dadurch kann das Elsass auch innerhalb der neuen Region Grand Est seine kulturelle Besonderheit bewahren und pflegen“, so der Ausschussvorsitzende.
Verkehrsausschuss befürchtet: Zuganschlüsse könnten bald noch schlechter erreicht werden
Stuttgart. Für Dezember dieses Jahres hat die DB Netze AG angekündigt, das bisherige Verfahren der Anschlusssicherung im Zugverkehr auf Basis eines sogenannten „Wartezeitenverzeichnisses“ einzustellen. Ab 15.12.2019 sollen ausschließlich die Betreiber der jeweiligen Strecken verantwortlich sicherstellen, dass Fahrgäste ihre Anschlusszüge erreichen können – auch an Knotenbahnhöfen, die von mehreren Betreibern angesteuert werden. „Bei der Bewertung von Pünktlichkeit ist das Erreichen von Anschlüssen ein wichtiges Kriterium“, erklärte Karl Rombach (CDU), der Vorsitzende des Ausschusses für Verkehr. In seiner Sitzung am Mittwoch, 6. November 2019, beschäftigte sich der Verkehrsausschuss deshalb auf Antrag der CDU-Fraktion mit Möglichkeiten, wie das Landesverkehrsministerium auch unter veränderter Zuständigkeit Nutzerinformationen und Anschlusssicherung im Zugverkehr sicherstellen will.
Der Ausschussvorsitzende teilte mit, dass die DB Netz AG das Land und die Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg (NVBW) über die Änderung in Kenntnis gesetzt habe. „Diese Änderung stieß auf einhellige Ablehnung“, so Rombach. Der Ausschuss befürchte, dass auf die betroffenen Leitstellen erheblicher Mehraufwand zukomme und sich die Sicherheit der Reisenden, ihren Anschlusszug zu bekommen, dennoch spürbar verschlechtern könnte. Die Mitglieder des Verkehrsausschusses äußerten Bedenken, dass es insbesondere bei der Vielzahl gering verspäteter Züge mit planmäßigen Anschlüssen, für die es nur eine kurze Umsteigezeit gebe, schwierig werden könnte, den jeweiligen Anschluss sicher zu erreichen. Laut Rombach teilt das Verkehrsministerium diese Befürchtung, habe aber in der Sitzung es auch als Chance bezeichnet, sich mit der NVBW auf ein neues Verfahren zu verständigen. In allen anderen Bundesländern habe sich die DB Netze bereits aus dieser Aufgabe zurückgezogen.
Der Ausschuss habe die Landesregierung aufgefordert, hierbei eine starke Rolle zu übernehmen, so Rombach. Durch die Tatsache, dass seit Juni 2019 noch mehr Zugbetreiber auf den Strecken in Baden-Württemberg unterwegs seien, habe sich die Anschlusssicherung schon verkompliziert. Der Ausschuss habe große Befürchtungen geäußert, dass ein Betreiber nicht auf die verspäteten Züge anderer Betreiber warten könne. „Diese Gefahr sieht das Ministerium jedoch nicht“, erklärte der Ausschussvorsitzende. Schließlich liefe dieser Anbieter dadurch Gefahr, dass die anderen Betreiber auch nicht auf seine Züge warten würden. „Ein konsequentes Nicht-Abwarten von Anschlüssen könnte sich negativ auf die Kundenzufriedenheit auswirken“, so Rombach weiter. Der Verkehrsausschuss sehe die Landesregierung nicht nur in der Pflicht, er traue es ihr auch zu, für die Zugreisenden in Baden-Württemberg eine Anschlussregelung mit funktionierender Meldekette auf die Beine zu stellen.
In Sachen Pünktlichkeit gebe es darüber hinaus noch eine weitere Änderung. Künftig würden Züge bereits als verspätet gelten, wenn sie vier Minuten nach ihrer planmäßigen Ankunft am Zielbahnhof eintreffen. Bisher galt ein Zug als pünktlich, wenn er weniger als sechs Minuten verspätet war. Dabei sei jedoch häufig das kuriose Problem aufgetreten, dass ein Zug per Definition zwar als pünktlich gegolten habe, die Reisenden ihre Anschlusszüge aber trotzdem verpasst hätten. „Die Chance, Anschlüsse zu bekommen, ist mit dieser Neuregelung gestiegen“, so der Vorsitzende Rombach.
Außerdem befasste sich der Verkehrsausschuss, ebenfalls auf Antrag der CDU, mit Lang-Lkw und der Frage, ob diese ein Modell zur CO2-Reduktion sein könnten. Wie der Ausschussvorsitzende mitteilte, sei zum 1. Oktober dieses Jahres eine neue Regelung in Kraft getreten, die Lang-Lkw mit einer Gesamtlänge von bis zu 17,80 Metern erlaube, das gesamte Streckennetz in Baden-Württemberg zu benutzen. Für Lkw, die länger seien, werde derzeit eine Zulassung für alle Straßen geprüft. Aufgrund ihrer Länge und ihres Gewichts befürchteten Kommunen allerdings höhere Sanierungskosten und Ausbaumaßnahmen in der Verkehrsinfrastruktur. Eine Studie habe gleichzeitig ergeben, so Rombach, dass Fahrten mit Lang-Lkw im Vergleich zu kürzeren Lkws zu einem Rückgang von CO2-Emissionen führen würden, dieser Rückgang jedoch relativ gering sei. Ziel der Landesregierung sei es daher, mehr Güter auf die Schiene und das Binnenschiff zu verlagern.
Wirtschaftsausschuss berät Gesetzesentwürfe zum Bürokratieabbau für Unternehmen
Stuttgart. Nach der ersten Beratung im Plenum in der vergangenen Woche beschäftigte sich der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau in seiner Sitzung am 23. Oktober 2019 mit gleich zwei Gesetzesentwürfen. Dies teilte der Ausschussvorsitzende Dr. Erik Schweickert (FDP/DVP) mit. Sowohl der Gesetzesentwurf der FDP/DVP-Fraktion als auch jener der Fraktion der AfD zielen dabei auf eine Abschaffung des Landestariftreue- und Mindestlohngesetzes; die FDP/DVP-Fraktion fordert darüber hinaus zum Bürokratieabbau für Unternehmen in ihrem Gesetzesentwurf noch die Abschaffung des Bildungszeitgesetzes in Baden-Württemberg.
„Bürokratie bietet der öffentlichen Verwaltung Struktur und verschafft Unternehmen sowie Bürgerinnen und Bürgern Planungssicherheit, doch ein Übermaß an Bürokratie kostet alle Betroffenen Zeit und Ressourcen“, erklärte Dr. Schweickert. Die Landesregierung habe einen Normenkontrollrat eingesetzt, der 51 Vorschläge vorgelegt habe, wie man Bürokratie im Land abbauen könne.
Die Fraktionen FDP/DVP und AfD schlagen in ihren Gesetzesentwürfen nun vor, das Landestariftreue- und Mindestlohngesetz (LTMG) abzuschaffen, mit dem Wettbewerbsverzerrungen bei der Vergabe öffentlicher Aufträge unterbunden werden sollen. Auch der Normenkontrollrat habe darauf hingewiesen, dass es die Unternehmen entlasten würde, wenn sie keine Verpflichtungserklärungen von Nachauftragsnehmern mehr erbringen müssten. Ziel des Landestariftreue- und Mindestlohngesetzes sei es gewesen, die Wettbewerbsintensität zu verbessern. Der Evaluation zufolge habe das Gesetz hierauf jedoch keinen direkten kausalen Effekt gehabt.
Die FDP/DVP fordert neben der Abschaffung des LTMG in ihrem Gesetzesentwurf noch die Abschaffung des Bildungszeitgesetzes für Baden-Württemberg, das nach der Evaluation durch das Forschungsinstitut Betriebliche Bildung ebenfalls deutliche Defizite aufweise. Dr. Schweickert zufolge sei es Ziel dieses Gesetzes gewesen, dass sich Mitarbeiter verstärkt weiterbilden, jedoch sei das Bildungszeitgesetz kaum bekannt. Nach einer Expertenanhörung plant das Wirtschaftsministerium nun, den Vorschlägen aus der Evaluation nachzugehen und Gespräche mit den Verbänden führen zu wollen.
Der Wirtschaftsausschuss beschloss mehrheitlich, sowohl den Gesetzesentwurf der AfD-Fraktion als auch den der FDP-DVP-Fraktion abzulehnen. Über beide Gesetzesentwürfe soll voraussichtlich im November dieses Jahres im Plenum beraten und final abgestimmt werden.
Des Weiteren debattierte der Wirtschaftsausschuss unter anderem auf Antrag der FDP/DVP-Fraktion über Erschließungsbeiträge, die etwa für den Bau von Straßen in einem neu ausgewiesenen Baugebiet entstehen und die von den Gemeinden größtenteils umgelegt werden. Es sollte geklärt werden, ob die Ausweisung neuer Baugebiete möglicherweise ausblieb und Flächenreserven ungenutzt bleiben. Dem Wirtschaftsministerium seien jedoch keine Fälle bekannt, in denen Kommunen aufgrund der Höhe der Erschließungsbeiträge von der Ausweisung eines neuen Baugebiets abgesehen hätten. Wie Dr. Schweickert mitteilte, würden Kommunen die Baulanderschließung oft nicht mehr selbst durchführen, sondern mithilfe eines Erschließungsträgers, wodurch für die Gemeinde auch der Eigenanteil an den Erschließungskosten entfällt.
Bildungsausschuss beschäftigt sich mit sogenannten Sekten und Psychogruppen
Stuttgart. „Die Zahl der Einzelpersonen und Organisationen mit religiös-weltanschaulichen Angeboten, von denen Gefahren auf die persönliche Freiheit, auf die Gesundheit oder auf die freiheitlich demokratische Grundordnung ausgehen können, ist in den letzten Jahren deutlich gestiegen.“ Dies erklärte Brigitte Lösch (Grüne), die Vorsitzende des Ausschusses für Kultus, Jugend und Sport, mit Blick auf den zehnten Bericht der Interministeriellen Arbeitsgruppe für Fragen sogenannter Sekten und Psychogruppen. In seiner Sitzung am Donnerstag, 24. Oktober 2019, beschäftigte sich der Ausschuss mit dem Auftreten und der Verbrei-tung religiöser und weltanschaulicher Angebote mit Gefährdungspotential in Baden-Württemberg.
Vor mittlerweile mehr als 26 Jahren hat die Interministerielle Arbeitsgruppe für Fragen sogenannter Sekten und Psychogruppen in Baden-Württemberg ihre Arbeit aufgenommen. Der jetzt im Ausschuss behandelte Bericht umfasst den Zeitraum von Januar 2013 bis Oktober 2018. Lösch zufolge würde heutzutage jedoch eher von gefährlichen religiös-weltanschaulichen Angeboten statt von Sekten gesprochen. Dieser Begriff beschreibe treffender, dass es sich um rechtlich verfasste Gruppen mit konkreten In-halten handle, die wesentlich schnelllebige Strukturen, Formen und Inhalte hätten. Dies hänge unter anderem damit zusammen, dass solche Akteure verstärkt die Möglichkeiten des Internets und der sozialen Netzwerke nutzen würden, um sich zu ver-netzen und für sich zu werben. „Daher ist es wichtig, auch in Zukunft vor allem mit Jugendlichen verstärkt an Medienkritik und Medienreflexion zu arbeiten“, so Lösch. Jedoch seien Jugendliche nicht mehr die vordergründige Zielgruppe, stattdessen wür-den religiös-weltanschauliche Akteure alle Altersgruppen ansprechen.
Die Ausschussvorsitzende berichtete, dass sich derzeit diese Akteure zunehmend radikalisierten. Im religiös-fundamentalen Bereich erlange dabei der Glaube einen Abso-lutheitsanspruch. Weltanschauliche Akteure bedienten sich dagegen der Ideologie politisch problematischer Gruppen, wie beispielweise Verschwörungstheorien sowie antidemokratischen oder antisemitischen Ansichten. Beide Fälle seien gekennzeich-net von einem deutlichen Schwarz-Weiß-Denken.
„Die Menschen sind sensibilisiert für die gefährlichen Wirkungen solcher Sekten und Psychogruppen, wie etwa die Entfremdung von der Familie, das Abbrechen jeglicher Beziehungen oder das Aufgeben einer bürgerlichen Existenz“, erklärte Lösch. Allerdings versuchten religiös-weltanschauliche Akteure zunehmend, ihre Strukturen durch wechselnde Namen und mit unverfänglichen Angeboten zu verschleiern. So unterhielten beispielsweise die Scientologen mehrere Organisationen, die ihnen nahestehen würden, jedoch nicht auf den ersten Blick als zu Scientology gehörig erkennbar seien. Insbesondere Scientology habe in jüngster Zeit zum Beispiel Kinder in den Fokus genommen, deren Eltern sich eine Steigerung der Schulleistung, eine positive Persönlichkeitsentwicklung und somit bessere Karrierechancen für die Zukunft versprechen. „Es ist daher notwendig, Eltern und Lehrkräften Kriterien an die Hand zu geben, wie sie seriöse Angebote von unseriösen unterscheiden können“, betonte Lösch. Solche Kriterien könnten zum Beispiel die Überprüfbarkeit der Wissenschaftlichkeit, Fragen der beruflichen Qualifikation oder die Kritikfähigkeit der Anbieter sein. Es sei vorgesehen, die Vermittlung entsprechender Kompetenzen in der Lehrerbildung weiter zu intensivieren.
Sozialausschuss befasst sich mit dem Öffentlichen Gesundheitsdienst in Baden-Württemberg
Stuttgart. Ärztinnen und Ärzte haben derzeit hervorragende Arbeitsmarktchancen, sodass die bisherigen Vorzüge einer Tätigkeit im öffentlichen Gesundheitsdienst wie regelmäßige und flexible Arbeitszeiten, Telearbeit oder frei gestaltbarer Teil-zeitumfang auch in Kliniken oder anderen medizinischen Arbeitsplätzen angebo-ten werden. Bei Nachbesetzungen entstehen dadurch gelegentlich Vakanzen von bis zu einem Jahr. Dies wurde bei Beratungen eines SPD-Antrags zum Thema „Den Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD) in Baden-Württemberg weiterentwi-ckeln und ausreichend Fachpersonal gewinnen“ im Ausschuss für Soziales und Integration am Donnerstag, 24. Oktober 2019, deutlich, wie die stellvertretende Vorsitzende des Gremiums, Christine Neumann-Martin (CDU) darlegte. „Das Land befindet sich in einem enormen Wettbewerb“, stellte Neumann-Martin fest.
Wie Neumann-Martin ausführte, habe der durch das Land und die Kommunen finan-zierte ÖGD die Aufgabe, die Gesundheit der Bevölkerung in Baden-Württemberg zu fördern und zu schützen. Das Aufgabenfeld umfasse u. a. die Gesundheitsförderung und Prävention, aber auch die Gesundheitsberichterstattung und Gesundheitspla-nung sowie die Medizinalaufsicht und Begutachtung. 118 Ärztinnen und Ärzte bei den Gesundheitsämtern (24 Prozent) seien derzeit 60 Jahre und älter. Davon würden 100 voraussichtlich in den kommenden fünf Jahren in den Ruhestand gehen. 45 Prozent seien zwischen 50 und 59 Jahre alt.
„Nicht nur die Ärztevergütung muss attraktiver werden, es muss sich auch einer Auf-gabenkritik gestellt werden“, gab die stellvertretende Vorsitzende die Auffassung des Gremiums wieder. Das Ministerium habe mit verschiedenen Partnern einen Katalog von Maßnahmen und Vorschlägen erarbeitet, der u.a. auch zu einer Verbesserung der Personalsituation führen solle. So würde derzeit geprüft, welche nicht zwingend Ärz-ten vorbehaltenen Aufgaben verstärkt durch andere Berufsgruppen wahrgenommen werden könnten. Mögliche Tätigkeitsfelder würden sich insbesondere in den Berei-chen der Kinder- und Jugendgesundheit, der Gesundheitsplanung sowie des Ge-sundheitsschutzes ergeben. Ferner stünde im Raum, den Facharztqualifikationen für das Öffentliche Gesundheitswesen, für Psychiatrie sowie für Kinder- und Jugendme-dizin andere fachärztliche Qualifikationen gleichzusetzen. Dies führe zu mehr Spiel-räumen bei der Besetzung von Funktionsstellen und zu einer Steigerung der Attraktivi-tät des ÖGD für weitere Facharztgruppen.
Auch der von der Sozial- und Arbeitsmedizinischen Akademie Baden-Württemberg durchgeführte Kurs für öffentliches Gesundheitswesen (Amtsarztkurs) sei so ange-passt worden, dass er wissenschaftlichen Ansprüchen gerecht werde. Mit dieser An-passung sei zugleich die Grundlage für die Etablierung eines Masterstudiengangs „Öffentliche Gesundheit“ geschaffen worden. Weiter müsse der ÖGD aus Sicht des Ministeriums stärker mit der Medizinerausbildung an allen medizinischen Fakultäten in Baden-Württemberg verzahnt werden. Ein Kompetenzzentrum für Öffentliches Ge-sundheitswesen sei im Oktober an der Universität Tübingen eröffnet worden. Minister Lucha habe zugesagt, so Neumann-Martin, im Ausschuss über die Weiterentwicklun-gen zu berichten.
Ausschuss beleuchtet Nationalpark als Kostenfaktor
Stuttgart – Der Finanzausschuss betrachtete auf Antrag der FDP/DVP die Kosten-steigerungen beim Nationalpark Schwarzwald: Aus im Jahr 2013 prognostizierten 23 Millionen Euro wurden bis heute 44,7 Millionen Euro tatsächliche Kosten für Bau, Erschließung und Ausstellung des Infozentrums. „Naturschutz ist ein hohes Gut und der Finanzausschuss unterstützt den Nationalpark Schwarzwald, aber auch für wichtige staatspolitische Ziele sollte das Prinzip realistischer Kostenkal-kulation gelten“, so der Vorsitzende des Finanzausschusses Rainer Stickelberger (SPD). Gegenüber dem Ausschuss habe das Finanzministerium die Verdopplung der Ausgaben auf die zur Zeit der Beschlussfassung zu geringe Planungstiefe zu-rückgeführt.
„Wir sind dem Ministerium dankbar für die Zusicherung, Bauten bis zur Leistungspha-se drei durchzuplanen und eine entsprechend realistische Kostenkalkulation zu be-treiben“, so der Vorsitzende Stickelberger. Am Nationalpark selbst habe sich keine Kri-tik entzündet. „Die Einnahmenseite ist noch unbefriedigend, zumal durch das Ent-nahmeverbot rund 23 000 Festmeter Holz faktisch aus der Vermarktung fallen“, so Sti-ckelberger. Dem Land sei nach Auskunft der zuständigen Ministerien bislang ein Min-dererlös Holz von jährlich 850 000 Euro entstanden. Gleichzeitig seien im aktuellen Haushalt 95 Planstellen und andere Stellen für den Nationalpark ausgewiesen, davon 83 im Entgeltbereich bis A13. Kosten für gutachterliche Beratung im Bereich Barriere-freiheit und Inklusion sowie Rechts- und didaktische Fragen beliefen sich auf rund 30 000 Euro. Das Informationszentrum für Besucherinnen und Besucher befindet sich noch im Bau, weshalb hierüber ebenfalls keine Einnahmen erzielt werden konnten bislang. Der Ausschuss sei sich aber einig gewesen, dass der derzeit niedrige Holz-preis von etwa 22 Euro pro Festmeter die Verluste durch ausbleibenden Holzvermark-tung minimiere.
Laut Stickelberger habe das Ministerium in nicht öffentlicher Sitzung darüber infor-miert, dass das Verwaltungsgebäude des Nationalparks Schwarzwald am 17. Oktober 2019 bereits seiner Bestimmung übergeben worden sei. Auch der Gebäuderiegel des Besucher- und Informationszentrums stehe bereits, es fehlten noch Turm und Skywalk als bauliche Attraktionen am Eingang zum Nationalpark.
Innenausschuss spricht sich für Zentralstelle im Vollzug gegen illegales Online-Glückspiel aus
Stuttgart – Der Innenausschuss des Landtags von Baden-Württemberg unterstützt die Pläne zur Einrichtung einer zentralen Stelle mit Zuständigkeit für Glücksspiele in Deutschland. „Die bisherige Struktur erschwert ein einheitliches Vorgehen mit Blick auf illegale Glücksspielanbieter in Segmenten wie Sport- und Pferdewetten, Online-Casino, Online-Poker oder Online-Zweitlotterien“, so der Ausschussvorsitzende Karl Klein (CDU). „Gerade im Online-Bereich, wo der Schwarzmarkt im Jahr 2017 um 24 Prozent auf 626 Millionen Euro gewachsen ist, muss Deutschland schlagkräftiger werden.“ Der Innenausschuss habe sich deshalb mit großer Mehrheit dafür ausgesprochen, den Vollzug bundesweit einheitlich zu regeln.
In Baden-Württemberg ist für die Bekämpfung illegalen Glücksspiels das Regierungspräsidium Karlsruhe zuständig. Nach deren Kenntnis sind im Südwesten 854 so genannte Wettvermittlungsstellen ansässig. Pro Jahr bearbeitet das zuständige Referat rund 100 Verfahren, aktuell sind 72 Verfahren anhängig. Wie der Ausschussvorsitzende Klein mitteilte, sei es schwer gegen illegale Anbieter vorzugehen, wenn keine materiellen Verstöße vorlägen. Zwar stimme sich Baden-Württemberg mit anderen Bundesländern in der „AG Aufsicht“ ab, um arbeitsteilig, aber abgestimmt gegen illegale Anbieter vorgehen zu können. Konzertierte Aktionen der Landesmedienanstalten gegen illegale Werbeaktivitäten etwa des Anbieters „Lottoland“ seien erfolgreich gewesen, ebenso Maßnahmen zur Unterbrechung von Zahlungsströmen zur Abwicklung nicht erlaubnisfähiger Glücksspiele (Payment Blocking). Trotzdem sei der bundeseinheitliche Vollzug gegen illegale Anbieter wünschenswert, um auch Maßnahmen gegen Provider durchsetzen und damit die Schlagkraft erhöhen zu können, so der Vorsitzende Klein. Im Ausschuss sei die Meinung von Innenminister Thomas Strobl (CDU) geteilt worden, dass Zersplitterung im Föderalismus die Aufsicht in der virtuellen Welt schwäche und, umgekehrt, ein Zusammenschluss der Länder zu einer Zentralstelle den Föderalismus stärke.
Laut Jahresreport 2017 hatte der deutsche Glücksspielmarkt ein Gesamtvolumen von mehr als 14 Milliarden Euro, wobei auf den regulären Markt etwa 10,1 Millionen Euro, auf den Schwarzmarkt 3,1 Milliarden Euro entfielen. Die Steigerung gegenüber dem Vorjahr lag bei 6 Prozent, wobei vor allem das illegale Glücksspiel eine steile Steigerungsrate (+26 Prozent) aufwies. Die höchsten Marktanteile und gleichzeitig die höchsten Zuwächse weisen derzeit die Segmente Online-Casino (1,7 Milliarden Euro/55 Prozent) und private Sport- und Pferdewetten (1,03 Milliarden Euro/32 Prozent) auf.
Baden-Württemberg hat den Vorsitz des Glücksspielkollegiums inne, der AG Aufsicht sowie der AG Regulierung, wo mit Blick auf einen zukünftigen Staatsvertrag Vorschläge zum verbesserten Vollzug erarbeitet werden. In einer Anschlussregelung zum neuen, bis Juli 2021 gültigen, Glücksspieländerungsstaatsvertrag könnte eine Aufgabenzuschreibung für den Vollzug im Onlinebereich bei einer Zentralstelle für Deutschland stattfinden. „Wichtig ist uns als Innenausschuss, dass der Einfluss der Länder stark und das Glücksspielrecht als originäres Sonderpolizeirecht der Länder unangetastet bleibt“, berichtete der Vorsitzende Klein aus nicht öffentlicher Sitzung. Dennoch habe im Ausschuss die Meinung vorgeherrscht, dass bei diesem Deliktfeld föderalistische Konkurrenz und Differenz kontraproduktiv sei, lägen die Sitze der illegalen Anbieter doch häufig im Ausland oder seien in komplizierte Firmen-Konstrukte eingeflochten.
Landtagspräsidentin Aras: „Deutschland verliert einen engagierten, mutigen und weitsichtigen Politiker“
Stuttgart. Mit tiefer Trauer hat der Landtag von Baden-Württemberg auf den Tod des früheren Landtagsabgeordneten und Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit, Erhard Eppler, reagiert. „Mit Erhard Eppler verliert Deutschland einen engagierten, mutigen und weitsichtigen Politiker, der sich über Jahrzehnte einem demokratischen Gemeinwesen verschrieben hat“, sagte Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) am Samstag, 19. Oktober 2019, in Stuttgart. „Der Landtag wird die herausragenden Leistungen Epplers für die Bürgerinnen und Bürger mit Hochachtung in Erinnerung behalten. Unsere Gedanken sind in diesen schweren Stunden bei seiner Familie, der ich mein tief empfundenes Beileid ausspreche“, so die Landtagspräsidentin.
Eppler war von 1976 bis 1982 für die SPD Mitglied des Landtags von Baden-Württemberg (Wahlkreis Rottweil). Von 1976 bis 1980 hatte er den Vorsitz der SPD-Landtagsfraktion inne. Zuvor gehörte Eppler von 1961 bis 1976 dem Bundestag an. Im Oktober 1968 wurde er Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit. Dieses Amt behielt er bis Juli 1974. Von 1981 bis 1983 und von 1989 bis 1991 war er Präsident des Deutschen Evangelischen Kirchentags.
Aras wies darauf hin, dass sich Eppler stets mutig, engagiert und mit hohem moralischem Anspruch für die Belange Baden-Württembergs und der Bundesrepublik eingesetzt habe. „Erhard Eppler hat sich nicht gescheut, auch schwierige, ja manchmal sogar unliebsame Entscheidungen zu treffen“, betonte Aras. „Sein langes Wirken auf Landes- und Bundesebene, aber auch seine Verdienste um die Evangelische Kirche bleiben unvergessen.“ Bei all seinen politischen und beruflichen Stationen sei der SPD-Politiker stets mit Baden-Württemberg verbunden geblieben.
Umweltausschuss debattiert über eine stärkere Windkraftnutzung im Land
Stuttgart. In den vergangenen eineinhalb Jahren ist der Ausbau von Windenergieanlagen in Baden-Württemberg stark zurückgegangen. Das geht aus einer Antwort des Umweltministeriums auf einen Antrag der SPD-Fraktion hervor. Der Ausschuss für Umwelt und Energiewirtschaft beschäftigte sich nun in seiner Sitzung am Donnerstag, 10. Oktober 2019, mit den Windkraftanlagen in Baden-Württemberg. Dies teilte der Ausschussvorsitzende Dr. Bernd Grimmer (AfD) mit.
Windenergieanlagen seien ohne planerische Steuerung im gesamten Außenbereich bauplanerisch privilegiert. Gemeinden in Baden-Württemberg haben, wenn sie einen Flächennutzungsplan aufstellen, die Möglichkeit, darin Zonen darzustellen, auf die Windenergievorhaben konzentriert werden sollen. In der Regel bedeute das, so der Ausschussvorsitzende, dass dann einem Windenergievorhaben außerhalb dieser Zonen öffentliche Belange entgegenstünden und somit Windkraftanlagen außerhalb dieser Zonen auch nicht errichtet werden dürften. Die Träger der Flächennutzungsplanung seien jedoch rechtlich nicht dazu verpflichtet, einen Windsteuerungsplan aufzustellen.
Wie Dr. Grimmer erklärte, würden, wenn man ganz Deutschland betrachte, wenige Windenergieanlagen in Baden-Württemberg gebaut. So seien zwischen Mai 2017 und Februar 2019 etwa 89 Prozent aller Bauvorhaben in der Mitte oder im Norden Deutschlands umgesetzt worden und nur etwa 11 Prozent in Süddeutschland. Nach Informationen des Umweltministeriums betrug am Ende des ersten Quartals des Jahres 2019 die Anzahl der Windenergieanlagen in Baden-Württemberg 719; es wurden in diesem Quartal keine neuen Anlagen in Betrieb genommen. Allerdings würden sich aktuell fünf Windparks mit insgesamt 20 Anlagen im Bau befinden, die nach Auskunft des Ministeriums entweder noch im laufenden oder im kommenden Jahr in Betrieb genommen werden sollen. Vonseiten des Ministeriums hieß es ebenfalls, dass man daran arbeiten werde, den Ausbau der Windkraft im Land wieder zu verstärken. Dies hätten im Ausschuss insbesondere die Regierungsfraktionen und die SPD begrüßt, während die AfD und die FDP/DVP hier Bedenken geäußert hätten.
Um die Genehmigungsbehörden, die dafür zuständig sind, die Errichtung neuer Windkraftanlagen zu prüfen, in ihrer Arbeit zu unterstützen, habe die Landesregierung verschiedene Handreichungen erstellt. Ziel dabei sei es auch, die Dauer dieser Genehmigungsverfahren zu verkürzen, wodurch allerdings die Rechte der Betroffenen beschnitten werden könnten. Zudem gebe es seit diesem Jahr eine Internetplattform, auf der sich neben den Behörden auch die Bürger über gesetzliche Regelungen und Erlasse informieren könnten.
Nicht alle zunächst geplanten Windkraftanlagen würden auch tatsächlich gebaut. Zwischen Januar 2015 und September 2017 seien das nach Informationen des Umweltministeriums etwa 300 Anlagen gewesen. Bei rund einem Drittel war Artenschutz der Grund dafür, dass das Bauvorhaben nicht umgesetzt wurde, und bei etwa fünf Prozent der Denkmalschutz. Zwar hätte in Baden-Württemberg noch keine Windkraftanlage zurückgebaut werden müssen, so Dr. Grimmer, es gebe jedoch viele Auflagen, die den Betrieb einer solchen Anlage zeitweise einschränken würden. Dies sei beispielsweise ein eingeschränkter, schallreduzierter Betrieb in der Nacht, um die für diese Stunden geltenden strengeren Lärmschutz-Richtwerte einzuhalten. Außerdem würden Anlagen bei bestimmten Witterungen mit Fledermausflug abgeschaltet, damit die Tiere nicht mit den Rotorblättern kollidieren. Dasselbe gelte für die Erntezeit, wenn die Flächen rund um die Windkraftanlagen attraktiv seien für Greifvögel auf Nahrungssuche.
Befürchtungen bezüglich des Artenschutzes und wegen eventueller Lärmbelastung seien auch Gründe, aufgrund derer sich vor Ort Widerstand gegen neue Windkraftanlagen formiere. „Solche Bedenken müssen ernst genommen werden“, betonte der Ausschussvorsitzende abschließend.
Ausschuss sieht keine Staatshaftung gegenüber geschädigten Anlegern der Wohnungsbaugenossenschaft Eventus eG
Stuttgart – Mit einer Eingabe der Interessengemeinschaft der Anleger der insolventen Wohnungsbaugenossenschaft Eventus eG befasste sich der Petitionsausschuss des Landtags am Donnerstag, 10. Oktober. Die Petenten machten Versäumnisse in der Rechtsprüfung und, daraus ableitend, eine Staatshaftung geltend. „Wir konnten der Petition nicht abhelfen, da ein Verschulden des Wirtschaftsministeriums nicht festgestellt wurde und daher kein Staatshaftungsanspruch besteht“, so der stellvertretende Vorsitzende des Petitionsausschusses, Norbert Beck (CDU). Zwar habe ein Gutachten, beauftragt vom Wirtschaftsministerium, Prüfungsdefizite festgestellt, doch hätten diese nicht zwischen Ministerium und Genossenschaft, sondern zwischen dem zuständigen Prüfungsverband und der Eventus eG bestanden.
Die 2012 gegründete Wohnungsgenossenschaft Eventus eG meldete 2017 Insolvenz an. Der inzwischen vom Landgericht Stuttgart zu sieben Jahren Haft wegen Betrugs und Untreue verurteilte Gründer und Geschäftsführer hatte 9,6 Millionen Euro von mehreren hundert Anlegerinnen und Anlegern veruntreut. Genossenschaften unterliegen laut Genossenschaftsgesetz (GenG) Pflichtprüfungen durch einen genossenschaftlichen Prüfungsverband. Im Falle der Eventus eG war dies der Verband baden-württembergischer Wohnungs- und Immobilienunternehmen (VBW). Das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau wiederum nimmt die Funktion einer Aufsichtsbehörde über die Prüfungsverbände wahr. Als solche prüft das Ministerium die formale Ordnungsmäßigkeit, nicht aber Umfang oder Zweckmäßigkeit des Prüfumfangs, wie der Petitionsausschuss feststellte. „Es gibt keine Kontrollbeziehung zwischen dem Ministerium und der Genossenschaft selbst, weshalb eine Amtshaftung rechtlich nicht gegeben sein kann“, erläuterte Beck nach nicht öffentlicher Sitzung. Deshalb habe das Gremium dieser Petition der Anleger nicht abhelfen können.
Die Interessengemeinschaft der geschädigten Anleger macht derzeit zivilrechtliche Ansprüche auf Schadenersatz vom Ex-Geschäftsführer, aber auch vom Prüfungsverband VBW geltend. Auch der Wirtschaftsausschuss des Landtags hatte sich bereits wiederholt mit dem Fall beschäftigt. Ein vom Wirtschaftsministerium beauftragtes Gutachten hat festgestellt, dass der Prüfungsverband entsprechenden Hinweisen spät und unzureichend nachgegangen sei. Derzeit wird geprüft, ob das Genossenschaftsrecht um eine Zweckbindungsvorschrift ergänzt werden soll. „Der Petitionsausschuss musste bei allem Bedauern bestehende Rechtsbeziehungen zur Kenntnis nehmen.“
Im Zuge des geplanten Deutschlandtakts: Schieneninfrastruktur soll verbessert werden
Stuttgart. Der vom Bund geplante Deutschlandtakt sieht vor, dass sich die Fahrzeiten bestimmter Zugverbindungen verkürzen, darunter in Baden-Württemberg zum Beispiel die Strecke Stuttgart–Mannheim. Auf Grundlage mehrerer Anträge der Fraktionen FDP/DVP und der SPD beschäftigte sich der Verkehrsausschuss in seiner Sitzung am Mittwoch, 9. Oktober 2019, mit den Fragen zum Ausbau der Schieneninfrastruktur und dem Einfluss des Deutschlandtakts auf Stuttgart 21. Dies teilte der Vorsitzende Karl Rombach (CDU) mit. Darüber hinaus beschäftigte sich der Verkehrsausschuss mit einer möglichen Einführung der Halterhaftung, um die Sicherheit im Straßenverkehr zu steigern.
In Baden-Württemberg seien, Rombach zufolge, im Rahmen des Deutschlandtakts unter anderem Beschleunigungen der Strecken Stuttgart–Singen–Zürich, Stuttgart–Mannheim und Stuttgart–Nürnberg geplant. Da solche Verringerungen der Reisezeit bestimmter Strecken aber immer auch Auswirkungen auf das Gesamtnetz hätten, müsse noch geprüft werden, inwiefern dies auch zu einer Verbesserung des gesamten Angebots führe.
Wie der Ausschussvorsitzende berichtete, teilt die Landesregierung die Auffassung der Deutschen Bahn, dass die Planungen des Deutschlandtakts und des Bahnprojekts Stuttgart 21 aufeinander abgestimmt seien. Da es darüber hinaus noch das Ziel gebe, die Anzahl der Fahrgäste im öffentlichen Verkehr bis 2030 zu verdoppeln, prüfe das Verkehrsministerium eventuelle Ausbauoptionen nach der Fertigstellung des neuen Stuttgarter Bahnhofs. Auf den Zeitpunkt der Fertigstellung von Stuttgart 21 selbst würde sich dies allerdings nicht auswirken. „Eine solche Ausbauoption könnte beispielsweise die Schaffung eines fünften und sechsten Gleises beim Nordzulauf in Stuttgart-Zuffenhausen sein“, erklärte Rombach. Der Verkehrsausschuss beschloss auf Antrag der Fraktionen Grüne, CDU, SPD und FDP/DVP einstimmig, beim Fachgespräch auf Bundesebene Mitte November 2019 über ebendiese Kapazitätserweiterung des Nordzulaufs Feuerbach/Zuffenhausen zu sprechen, und die Gespräche mit der Bundesregierung mit dem Ziel, die Zahl der Fahrgäste bis 2030 zu verdoppeln, fortzuführen.
Bereits zuvor beschäftigte sich der Verkehrsausschuss auf Antrag der CDU-Fraktion mit der Frage nach einer Halterhaftung oder einer Halterkostenhaftung. „Um die Sicherheit im Straßenverkehr zu verbessern, ist es dringend notwendig, dass die Einhaltung der Verkehrsregeln überwacht wird und rechtswidriges Verhalten sanktioniert wird“, so der Ausschussvorsitzende. „Jedoch können zahlreiche Verkehrsverstöße nicht geahndet werden, weil der Fahrer nicht identifiziert werden kann.“ Eine Halterhaftung oder eine Halterkostenhaftung könne nun ein Instrument sei, um solche Fälle zu vermeiden. Es müsse jedoch erst verfassungsrechtlich beurteilt werden, inwiefern solche Haftungen nach deutschem Recht zulässig seien. Auf der einen Seite müsse man dem verfassungsrechtlichen Grundsatz „Keine Strafe ohne Schuld“, Rechnung tragen, auf der anderen Seite jedoch dem im Grundgesetz festgeschriebenen Recht auf körperliche Unversehrtheit der Verkehrsteilnehmer. Ob einer Halterkostenhaftung mit geltendem Recht vereinbar sei, hänge unter anderem davon ab, welche Verstöße unter diese Haftung fallen würden und wie diese rechtlich ausgestaltet würde.
Wie diese Halterhaftungen oder Halterkostenhaftungen aussehen könnten, dazu gebe es, dem Ausschussvorsitzenden zufolge, bereits mehrere Vorbilder in anderen Staaten der Europäischen Union. In Frankreich beispielsweise würden Halter für alle Verstöße haften, die mit ihrem Fahrzeug begangen worden sind, unabhängig von der Schuldfrage. In Österreich hingegen müssten Fahrzeughalter Auskunft über den Fahrer geben; tun sie es nicht, müssen sie ein Bußgeld bezahlen. Konkrete Vorschläge, wie eine Halterkostenhaftung in Deutschland aussehen könne, gebe es aber noch nicht, hieß es aus dem Verkehrsministerium; es seien aber sowohl der Ansatz aus Frankreich als auch aus Österreich in der Diskussion. Darüber hinaus setze sich das Land gemeinsam mit Niedersachsen in der Verkehrsministerkonferenz für eine Bußgelderhöhung bei besonders gefährlichen Vergehen ein.
Europaausschuss informiert sich über finnische EU-Ratspräsidentschaft und die Arbeit des ifa
Stuttgart. Der Ausschuss für Europa und Internationales hat in seiner Sitzung am Mittwoch, 9. Oktober 2019, Gäste empfangen. Zunächst haben sich die Mitglieder des Gremiums mit der Botschafterin der Republik Finnland, Anne Sipiläinen, über die finnische EU-Ratspräsidentschaft ausgetauscht. „Es ist für den Ausschuss wichtig, sich in dieser besonderen Zeit über die Ratspräsidentschaft zu informieren“, so der Ausschussvorsitzende Willi Stächele. „Finnland hat ein sehr ambitioniertes Programm vorgelegt.“ Anschließend hat Ronald Grätz, Generalsekretär des Instituts für Auslandsbeziehungen (ifa), über seine Arbeit berichtet.
Stächeles Angaben zufolge übe Finnland seit dem 1. Juli 2019 die Präsidentschaft im Rat der Europäischen Union aus. Das Motto der finnischen Ratspräsidentschaft lautet „Ein nachhaltiges Europa – eine nachhaltige Zukunft“, erläuterte Botschafterin Anne Sipiläinen. Die Prioritäten des finnischen Vorsitzes seien die Stärkung der gemeinsamen Werte und des Rechtsstaatsprinzips, eine wettbewerbsfähige und sozial inklusive Union, die Stärkung der EU als Vorkämpfer für den Klimaschutz sowie die Gewährleistung umfassender Sicherheit für alle Europäerinnen und Europäer.
Wie Sipiläinen darlegte, wolle der finnische Vorsitz die Instrumente für die Einhaltung der Rechtsstaatlichkeit stärken und weiterentwickeln, etwa durch Umstrukturierung des Rechtsstaatsdialogs des Rats. Daneben ist der Kampf gegen die Korruption ein weiterer Schwerpunkt. „Finnland will außerdem dem Themenbereich Gleichstellung und Inklusion einen Schwerpunkt einräumen und die Erarbeitung einer EU-Strategie für die Gleichstellung der Geschlechter vorantreiben“, erläuterte die Botschafterin.
Überdies wolle Finnland im Rahmen seiner Ratspräsidentschaft erreichen, die zentralen Elemente einer langfristigen Strategie für eine klimaneutrale EU bis Jahresende 2019 zu definieren. Weiterhin solle die Umsetzung der aktualisierten Bioökonomie-Strategie der Kommission fortgesetzt und die Kreislaufwirtschaft auf neue Sektoren ausgeweitet werden. Angesichts eines herausfordernden internationalen Umfelds sehe die finnische Regierung die Stärkung einer einheitlicheren, konsequenteren und effizienteren EU-Außenpolitik als wichtiges Ziel an. Sipiläinen merkte durchaus kritisch an, dass die verbleibenden sechs Monate wohl kaum für die Umsetzung aller Ziele reichen würden. „Zumal auch der Brexit wohl bevorsteht“, ergänzte Willi Stächele. „Der Ausschuss war sich einig darin, dass Finnland die richtigen Schwerpunkte setzt.“ Besonders seien die Bekenntnisse zu den Klimazielen begrüßt worden.
Ronald Grätz, Generalsekretär des ifa, gab anschließend Einblicke in die Tätigkeitsfelder des Instituts. Das ifa sei Deutschlands älteste Mittlerorganisation und bestehe seit über 100 Jahren. ifa engagiere sich weltweit für ein friedliches und bereicherndes Zusammenleben von Menschen und Kulturen. Seine Programme verfolgten fünf Kernthemen: Kunst- und Kulturaustausch, Dialog der Zivilgesellschaften, Flucht und Migration, Kultur und Konflikt sowie Europa. Das ifa fördere den Kunst- und Kulturaustausch in Ausstellungs-, Dialog- und Konferenzprogrammen und agiere als Kompetenzzentrum der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik. „Der beste Kulturaustausch ist, Menschen zusammen zu bringen“, bekräftigte Ronald Grätz. Das ifa sei weltweit vernetzt und setze auf langfristige, partnerschaftliche Zusammenarbeit. Es werde gefördert vom Auswärtigen Amt, dem Land Baden-Württemberg und der Landeshauptstadt Stuttgart. Grätz wünschte sich vom Land Baden-Württemberg: „Denken Sie Kultur immer mit, integrieren Sie uns und nutzen Sie unsere Kompetenzen.“ Ausschussvorsitzender Willi Stächele nahm die Wünsche auf und stellte einen intensiveren Austausch in nächster Zukunft in Aussicht.
Zahl der Honigbienen in den letzten 50 Jahren um rund die Hälfte gesunken
Stuttgart. Die Zahl der Bienen in Baden-Württemberg ist in den vergangenen Jahrzehnten erheblich gesunken. Dies wurde am Mittwoch, 9. Oktober 2019, im Ausschuss für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz anlässlich der Beratung eines Antrags der CDU-Fraktion deutlich, wie der Vorsitzende Martin Hahn (Grüne) mitteilte. Bei den Honigbienen etwa habe der Bestand in den vergangenen zehn Jahren zwar wieder leicht zugenommen, im Vergleich zu vor 50 Jahren sei der Bestand jedoch um 50 Prozent gesunken, habe Landwirtschaftsminister Peter Hauk im Ausschuss berichtet.
Hahn zufolge war sich der Ausschuss einig, dass Bienen ein unverzichtbarer Bestandteil unseres Ökosystems seien und einen großen Beitrag zur Sicherung und Steigerung pflanzlicher Erträge in der Landwirtschaft leisteten. Aus diesem Grund unterstütze die Landesregierung mit verschiedenen Förderprogrammen und Projekten einerseits die Imkerei und andererseits den Erhalt von Kulturen und Flächen, die für Wildbienen attraktiv seien. Ziel sei es, das Artensterben zu stoppen und die Artenvielfalt im Südwesten zu schützen und zu erhalten, so Martin Hahn.
Auch bei den Wildbienen gibt es rückläufige Entwicklungen. „Die Einschätzungen der Wildbienen-Experten sind seit Jahren besorgniserregend“, sagte der Ausschussvorsitzende. Mit 208 Arten wurden 45,3 Prozent der in Baden-Württemberg vorkommenden Wildbienenarten auf der Roten Liste geführt, bundesweit sind es etwa 53 Prozent. In das Artenschutzprogramm Wildbienen der Landesanstalt Umwelt Baden-Württemberg wurden von 1993 bis 2018 insgesamt 837 Bienenpopulationen aufgenommen. Diese verteilen sich auf 155 Arten, die im Land als gefährdet gelten. Mindestens 56 Vorkommen werden dabei inzwischen als verschollen oder ausgestorben eingestuft.
Bei den von Imkern gehaltenen Bienen nahm die Zahl der Völker in den vergangenen zehn Jahren wieder etwas zu. Der Landesverband Badischer Imker zählt derzeit rund 10.200 Mitglieder, die ca. 76.000 Bienenvölker halten. Vor zehn Jahren lag die Zahl der Bienenvölker noch bei rund 62.000. Der württembergische Imkerverband hat im Moment rund 15.200 Mitglieder, die ca. 103.200 Völker halten. Auch in Baden-Württemberg nahm der Bestand an Honigbienen wieder zu. Vor zehn Jahren wurden lediglich rund 80.000 Bienenvölker gezählt.
Beate Böhlen ist neue Bürgerbeauftragte des Landes
Stuttgart. Der Landtag von Baden-Württemberg hat in seiner heutigen Sitzung Beate Böhlen (Grüne) zur neuen Bürgerbeauftragten des Landes gewählt. In geheimer Wahl entfielen auf die 52-jährige Abgeordnete 84 Ja-Stimmen, bei 47 Nein-Stimmen und 4 Enthaltungen. 135 Abgeordnete hatten sich an der Wahl beteiligt. Böhlen, die angekündigt hatte, sowohl ihr Landtags- wie auch ihr Mandat im Gemeinderat von Baden-Baden niederlegen zu wollen, wird das Amt der Bürgerbeauftragten ab dem 1. November 2019 ausfüllen. Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) verpflichtete Böhlen nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses auf ihr Amt. „Ich wünsche Ihnen eine glückliche Hand bei der Erfüllung Ihrer Aufgaben“, so Aras. Beate Böhlen, die seit 2011 Vorsitzende des Petitionsausschusses des Landtags ist, tritt die Nachfolge von Volker Schindler an. Er hatte sein Amt Ende August aus persönlichen Gründen aufgegeben. Bürgerinnen und Bürger können sich an die Bürgerbeauftragte wenden, wenn sie Probleme mit den Behörden des Landes haben. Die Amtszeit der Bürgerbeauftragten Böhlen dauert acht Jahre.
Abgeordnete nutzen bei namentlichen Abstimmungen künftig Stimmkarten
Stuttgart. Die Abgeordneten des Landtags von Baden-Württemberg nutzen bei namentlichen Abstimmungen im Plenum künftig personalisierte Stimmkarten. „Die Einführung der Stimmkarten ist ein weiterer wichtiger Schritt zur Modernisierung des Plenarbetriebs“, sagte Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) am Mittwoch, 9. Oktober 2019, in Stuttgart. Die Karten im Scheckkartenformat wurden während der Sommerpause hergestellt und stehen den Abgeordneten ab der heutigen Plenarsitzung zur Verfügung. Sie sollen Abstimmungsverfahren erleichtern und beschleunigen.
Jeder Abgeordneten und jedem Abgeordneten stehen jeweils acht personalisierte Karten für „Ja“, „Nein“ und „Enthaltung“ zur Verfügung. Die Karten inklusive Ersatzkarten sind jeweils mit Name, Fraktion und einem Foto der oder des Abgeordneten versehen und werden in einer personalisierten schwarzen Klappdeckelkartonage mit Magnetverschluss, die das Logo des Landtags von Baden-Württemberg trägt, aufbewahrt.
Vorerst werden die Karten bei namentlichen Abstimmungen von den Abgeordneten in eine Box geworfen und anschließend von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Landtagsverwaltung ausgezählt. In einem zweiten Schritt soll eine elektronische Zählmaschine die händische Auszählung ersetzen. Bislang werden die 143 Mitglieder des Landtags bei namentlichen Abstimmungen einzeln zur Stimmabgabe aufgerufen und deren Votum schriftlich festgehalten. Die Kosten für Design und Produktion der Karten und der Kartonage belaufen sind auf insgesamt rund 15.000 Euro.
Der Landtag hatte am 18. Juli 2019 im Zuge der Änderung der Geschäftsordnung den Beschluss gefasst, das Verfahren bei namentlichen Abstimmungen neu zu regeln und künftig mittels personalisierter Stimmkarten abzustimmen.
Oppenheimer-Auszeichnung für Journalistin Diekmann und Geschichtsforscher Ritter
Stuttgart. Die Israelitische Religionsgemeinschaft Württemberg (IRGW) und der Landtag von Baden-Württemberg haben die ZDF-Journalistin Nicole Diekmann und den Geschichtsforscher Martin Ritter mit der Joseph-Ben-Issachar-Süßkind-Oppenheimer-Auszeichnung geehrt. Die Preisverleihung und ein Empfang anlässlich des Jüdischen Neujahrsfestes fand am Montagabend, 7. Oktober 2019, im Neuen Schloss in Stuttgart statt. Mit der Auszeichnung wird herausragendes Engagement in Wissenschaft und Publizistik gegen Minderheitenfeindlichkeit und Vorurteile gewürdigt. Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) sagte, die Arbeit der beiden Preisträger „ermutigt uns alle, für eine Kultur der Solidarität, der Zuwanderung und des Zusammenhaltens zu streiten“.
An der Veranstaltung nahmen rund 380 Gäste aus Politik, Wirtschaft, Kultur sowie von Glaubens- und Religionsgemeinschaften teil. Grußworte sprachen neben Landtagspräsidentin Aras auch die IRGW-Vorstandssprecherin Prof. Barbara Traub und der Vizepräsident des Zentralrats der Juden, Mark Dainow. Die Laudatoren an dem Abend waren Prof. Dr. Ulrich Eith (Studienhaus Wiesneck) und Prof. Dr. Paula Lutum-Lenger (Uni Tübingen). Kinder der Kindertagesstätte der IRGW und Kinder der Jüdischen Grundschule in Stuttgart unterhielten die Gäste unter anderem mit Gesang. Prof. Barbara Traub sagte, „als jüdischer Gemeinde ist es uns ein besonderes Anliegen, Menschen auszuzeichnen, die Herausragendes zum Verständnis des Judentums und dessen Wahrnehmung in Wissenschaft und Publizistik geleistet haben. Gerade in einer Zeit zunehmenden Antisemitismus und Minderheitenfeindlichkeit hat es die besondere Bedeutung, Mut zu machen und im Bestreben, sich dagegen einzusetzen, nicht nachzulassen.“
Die Preisträger wurden von einer Jury ausgewählt, der die Landtagspräsidentin, die IRGW, die fünf Landtagsfraktionen, eine Vertreterin der Landesregierung, ein Vertreter der Hochschulen und ein Vertreter der Medien angehören. Nicole Diekmann wurde für ihr entschlossenes Eintreten gegen Fremdenfeindlichkeit und Ausgrenzung geehrt. Nachdem sie über Twitter eine Nachricht mit den Worten „Nazis raus“ veröffentlicht hatte, schlug ihr eine Welle des Hasses entgegen und sie sah sich mit Anfeindungen bis hin zu Morddrohungen konfrontiert. Prof. Ulrich Eith sagt in seiner Laudatio, gerade in „unserer heutigen Zeit steht die Demokratie vor existenzbedrohenden Herausforderungen“. Dem rechtspopulistischen Identitätsdenken als zentralem Maßstab für Demokratie und damit auch als Rechtfertigung für Ausgrenzung und Rassismus müsse aus demokratischer Sicht öffentlich und deutlich widersprochen werden. Haltung, Zivilcourage, ein gutes Maß an Unerschrockenheit gegenüber persönlichen Beleidigungen und teils auch massiven Drohungen seien hierbei gefragt. „Nicole Diekmann hat all dies unter Beweis gestellt und wird völlig zurecht mit der Oppenheimer-Medaille geehrt“, so Prof. Eith.
Der zweite Preisträger Martin Ritter, konnte aufgrund einer Erkrankung bei der Verleihung nicht anwesend sein. Stellvertretend für ihn nahm dessen Wahlkreis-Abgeordneter Reinhold Gall (SPD) die Medaille entgegen und wird sie Ritter zu einem späteren Zeitpunkt im Rahmen einer eigenen Veranstaltung überreichen. „Martin Ritter erforscht seit einem Vierteljahrhundert die Geschichte jüdischen Lebens in seiner Heimatgemeinde Obersulm“, sagte Lutum-Lenger in ihrer Würdigung. Darüber hinaus untersuchte er das Schicksal der jüdischen Gemeinde Affaltrach während der NS-Zeit, verfasste mehrere Publikationen über seine Forschungsergebnisse und führte mehr als 30 Jahre Schülergruppen und weitere Besucherinnen und Besucher durch das Museum in der ehemaligen Synagoge von Affaltrach. „Erinnern und Gedenken können nur gelingen, wenn Sie auf einer soliden Wissensgrundlage stehen, aus der Respekt erwächst“, sagte Lutum-Lenger. Martin Ritter habe sich um „solche Verdienste wie kein Zweiter verdient gemacht“.
Die Verleihung des Preises wurde 2015 ins Leben berufen und findet seitdem alle zwei Jahre statt. Vorherige Preisträgerinnen und Preisträger sind die Amadeu Antonio Stiftung, der Rabbiner Dr. Tovia Ben-Chorin und der Psychologe Ahmad Mansour. Die nicht dotierte Auszeichnung besteht aus einer Medaille und einer Urkunde. Entworfen wurde die Medaille von dem jüdischen Künstler Jacob Abitbol aus Schwäbisch Hall. Zentrale Elemente auf der Vorderseite bilden der Davidstern und ein Bildnis Oppenheimers. Die Rückseite zeigt die beiden Logos von Landtag und IRGW.
Vorsitzende Sabine Kurtz: „Zulagenvergabe war rechtswidrig – MWK sah keinen eigenen Handlungsbedarf“
Stuttgart. Der Untersuchungsausschuss Zulagen Ludwigsburg hat am heutigen Montag, 7. Oktober 2019, nach zweieinhalbjähriger Beratung seinen rund 1.300 Seiten umfassenden Abschlussbericht vorgestellt. „Die Zulagenvergabe durch das Altrektorat im Jahr 2011 war rechtswidrig. Das Ministerium für Wissenschaft und Kunst (MWK) wurde auf die Problematik allerdings erst 2012 aufmerksam, nachdem das neue Rektorat die Rechtswidrigkeit erkannt hatte. Einen Bedarf für aufsichtsrechtliche oder disziplinarrechtliche Maßnahmen oder für die Einschaltung der Strafverfolgungsbehörden sah das MWK damals jedoch nicht“, bilanzierte die Ausschussvorsitzende Sabine Kurtz (CDU).
Auch der Ausschuss sei nach 23 Sitzungen zu der Erkenntnis gelangt, dass die Leistungsbezügeproblematik ursprünglich ein Verwaltungsproblem gewesen sei, für das die HVF Ludwigsburg selbst zuständig war. Nach Ansicht der Mehrheit der Ausschussmitglieder habe das Ministerium die ordnungsgemäße Erledigung des Problems dem Rektorat überlassen dürfen. In der darauffolgenden Führungs- und Vertrauenskrise innerhalb der Hochschule, welche im Frühjahr 2014 durch eine Resolution öffentlich sichtbar wurde, habe das MWK rechtskonform agiert und schließlich mit der Einsetzung einer unabhängigen Kommission ein angemessenes Mittel gewählt.
„Unsere Arbeit hat dazu beigetragen, das Wissenschaftsministerium wie auch die Öffentlichkeit und die Hochschulen für Chancen und Risiken der Hochschulautonomie auch jenseits juristischer Fragestellungen zu sensibilisieren“, betonte Sabine Kurtz. Für den Ausschuss sei dabei klargeworden, dass auch unter Wahrung der Hochschulautonomie eine strengere ministerielle Aufsicht und noch mehr fürsorgliche Beratung möglich gewesen wäre. Einen Beweis dafür sah der Ausschuss in der Handhabung der Vorgänge rund um die HTWG Konstanz.
Mit dem Aufbau eines neuen Referats zur Unterstützung der Hochschulen bei der Vergabe von Zulagen habe das Ministerium mittlerweile reagiert. „Darüber hinaus empfiehlt der Ausschuss die Einrichtung eines zentralen Justiziariats, an das sich die Hochschulen für angewandte Wissenschaften wenden können“, erläuterte die Vorsitzende eine der Handlungsempfehlungen des Untersuchungsausschusses. Außerdem solle die Landesregierung prüfen, ob den Hochschulen eine Musterrichtlinie für die Vergabe von Leistungsbezügen zur Verfügung gestellt werden könne.
Sabine Kurtz lobte die kooperative Arbeit der Ausschussmitglieder und bedankte sich bei allen Beteiligten, bei den Ministerien und nachgeordneten Behörden des Landes sowie auch bei der Landtagsverwaltung.
Der Landtag hatte den Ausschuss im Februar 2017 eingesetzt, nachdem die Staatsanwaltschaft zu der Erkenntnis gelangt war, dass bei der Zulagenvergabe strafrechtlich relevantes Handeln vorgelegen haben musste und eine Anklageerhebung beim Landgericht Stuttgart erfolgt war. „Strafverfahren und Untersuchungsausschussverfahren liefen somit parallel“, berichtete Kurtz. „Deshalb konnte der Untersuchungsausschuss die betroffenen 13 Professoren nicht anhören, da sie sich auf ihr Auskunftsverweigerungsrecht berufen haben. Der Ausschuss hatte aber auch nicht die Aufgabe, die Zulagenvergabe zu prüfen, sondern das anschließende Regierungshandeln.“
Der Untersuchungsausschuss hat verschiedene Instrumente, die das Untersuchungsausschussgesetzes zur Verfügung stellt, genutzt. Zum Beispiel machte er von der Möglichkeit Gebrauch, eine Ermittlungsbeauftragte einzusetzen. Heike Haseloff-Grupp führte zahlreiche Gespräche mit Funktionsträgern, Mitarbeitern und Studierenden, was die Arbeit des UA erleichterte. Die Mitwirkung des MWK im Untersuchungsausschussverfahren sei nicht immer optimal gewesen, so die Ausschussvorsitzende. Akten hätten in zwei Fällen nachgefordert werden müssen, außerdem hätten verschiedene Treffen von Zeugen im MWK für Irritationen gesorgt.
„Wir haben den Untersuchungsausschuss, der gemeinhin als das schärfste Schwert des Parlaments zur Kontrolle der Regierung gilt, so verantwortungsbewusst wie konstruktiv genutzt, um dem Ruf der Hochschule nicht weiter zu schaden“, befand die Ausschussvorsitzende abschließend. „Wir sind davon überzeugt, dass sich die Hochschule heute wieder auf einem guten Weg befindet“, betonte Kurtz. Am 16. Oktober 2019 wird sich das Plenum mit dem Bericht befassen.
Wissenswertes rund um den UA Zulagen
- Der Landtag hat am 8. Februar 2017 den Untersuchungsausschuss „Aufklärung der Vorgänge an der Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen Ludwigsburg (HVF) und der Rolle des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg (MWK), insbesondere des möglichen pflichtwidrigen Verhaltens von Theresia Bauer eingesetzt (UA Zulagen Ludwigsburg)
- Die Konstituierende Sitzung fand statt am 22. Februar 2017
- Es fanden 23 Sitzungen statt; rund 110 Sitzungsstunden
- Es wurden 50 Beweisschlüsse gefasst
- Es wurden 39 Zeugen vernommen und drei Sachverständige gehört
- Der Aktenumfang beträgt rund 200 Aktenordner, was zirka 25 Regalmetern entspricht
- Der Abschlussbericht umfasst rund 1.300 Seiten
- Insgesamt wurden rund 10 Empfehlungen ausgesprochen
- Die Kosten für den UA belaufen sich nach derzeitigen Prognosen auf rund 1,5 Millionen Euro.
Bildungsausschuss begrüßt modulweise Entwicklung von Digitaler Bildungsplattform
Stuttgart. Nach dem Entwicklungsstopp für die elektronische Lehr- und Lernplattform („ella“) hat sich der Ausschuss für Kultus, Jugend und Sport in seiner Sitzung am Donnerstag, 26. September 2019, mit dem Stand bei der Entwicklung einer neuen Digitalen Bildungsplattform (DBP) befasst. Das Gremium sprach sowohl über das Gutachten des Rechnungshofs, in welchem die Beauftragung, Steuerung und Umsetzung von „ella“ überprüft und bewertet wurde, wie auch über künftige Schritte bei der Neukonzeption der Bildungsplattform. Dazu stellte Kultusministerin Dr. Susanne Eisenmann dem Gremium den aktuellen Zeitplan, das Projektmanagement, die vorgesehenen Inhalte sowie die einzelnen Schritte bis zur Fertigstellung vor. „Der Bildungsausschuss begrüßt, dass viele Teile des Gutachtens des Rechnungshofs in die Umsetzungsschritte der neuen Bildungsplattform eingeflossen sind“, sagte die Ausschussvorsitzende Brigitte Lösch (Grüne). Neu sei unter anderem, dass die Entwicklung der Plattform in Modulen erfolge. „Aus den Problemen bei ‚ella‘ hat man gelernt und geht das neue Projekt nun anders an“, so Lösch.
Ziel des Projekts Digitale Bildungsplattform ist laut Lösch die Bündelung und Bereitstellung von digitalen Anwendungen, Lösungen und Werkzeugen für Lehrkräfte sowie Schülerinnen und Schüler. Das Projekt DBP sei auf insgesamt vier Jahre angelegt und in drei Projektphase unterteilt. In Phase 1 (April 2019 - Herbst 2020) sollen die wichtigsten Werkzeuge der zukünftigen Bildungsplattform zur Verfügung gestellt werden. Dazu zähle ein Identitätsmanagement (IdM), ein Lernmanagement (LMS) ergänzenden zum vorhanden System Moodle, dienstliche Email-Adressen für Lehrkräfte und ein sicherer Instant Messanger als Alternative zu derzeit in Schulen eingesetzten Messengern. „Diese Phase wird darüber hinaus als Pilotprojekt mit 12 beteiligten Schulen im ganzen Land aufgesetzt, um wichtige praktische Erfahrungswerte für die weitere Entwicklung zu sammeln“, sagte die Ausschussvorsitzende.
In Phase 2 (Herbst 2020 – ca. Herbst 2021) sei die Zusammenführung der einzelnen Komponenten zu einer Plattform geplant. In dieser Phase sei auch der Übergang in den Regelbetrieb vorgesehen. Phase 3 (Herbst 2021 – Frühjahr 2023) habe den weiteren Ausbau und die Konsolidierung vorhandener Lösungen zum Schwerpunkt. Dazu gehörten unter anderem Projekte für die Teilhabe von Schülerinnen und Schülern mit Behinderungen.
Versorgungssituation in der Geburtshilfe
Stuttgart. Mit der Versorgungssituation in der Geburtshilfe in Baden-Württemberg, einem Antrag der CDU-Fraktion, hat sich der Ausschuss für Soziales und Integration in seiner Sitzung am Donnerstag, 26. September 2019, befasst. „Die flächendeckende Versorgung mit geburtshilflichen Abteilungen in Baden-Württemberg ist statistisch gesichert“, fasste der Vorsitzende des Gremiums, Rainer Hinderer (SPD), zusammen. Insgesamt gebe es ein flächendeckendes Angebot, das die Wahlfreiheit des Entbindungsortes ermögliche. „Dennoch gibt es Gebiete, da haben die Frauen große Probleme eine Hebamme für die Nachsorge zu finden“, so Hinderer.
Seit dem Jahr 2011 sei die Geburtenzahl in Baden-Württemberg fortlaufend angestiegen. 2016 seien 107.479 Kinder lebend geboren worden, das sind 18.656 Kinder mehr als im Jahr 2011, in dem die niedrigste Geburtenzahl seit Jahrzehnten verzeichnet wurde. Es sei ein großes Anliegen der Landesregierung, die flächendeckende Versorgung mit allen Angeboten der Geburtshilfe in Baden-Württemberg auf Dauer sicherzustellen, sagte der Vorsitzende. Da es regionale Engpässe bei einzelnen Leistungen der Geburtshilfe gebe, habe das Ministerium für Soziales und Integration Anfang 2017 den Runden Tisch Geburtshilfe ins Leben gerufen. In bislang acht Sitzungen hätten Vertreterinnen und Vertreter des Hebammenverbands Baden-Württemberg, der Krankenkassen, der kommunalen Landesverbände, der Frauen-, Kinder- und Jugendärzte aufbauend auf der zunächst in den Fokus genommenen Analyse der aktuellen Versorgungssituation der Geburtshilfe im Land Modelle zur Weiterentwicklung der Geburtshilfe vorgestellt und diskutiert. Aktuell werde eine Konzeption und Erstellung eines Maßnahmenplans mit Empfehlungen zur Verbesserung der Situation der Geburtshilfe in Baden-Württemberg erarbeitet. Es solle mehr Gesundheitszentren geben, um die Zusammenarbeit vor Ort zu verbessern. Außerdem müssten gute Rahmenbedingungen geschaffen werden, damit sich die Arbeitsbedingungen der Hebammen verbessern. Überdies dürfe nicht außer Acht gelassen werden, dass sich auch die Altersstruktur der rund 1.405 niedergelassenen Gynäkologen verändere: „Das mittlere Alter der niedergelassenen Frauenärzte steigt. Schon heute sind 67 Prozent 50 Jahre oder älter, 13 Prozent sind sogar 65 Jahre oder älter“, gab Rainer Hinderer Angaben der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg wieder.
Ein im Auftrag des Sozialministeriums vom Heidelberger Institut für Global Health erstellter Bericht „Entwicklung und aktuelle Versorgung in der Geburtshilfe in Baden-Württemberg“ von 2018 führt zur zukünftigen Versorgung aus, dass aufgrund des schrittweisen Kapazitätsausbaus und der Ausbildungsdauer von momentan drei auf zukünftig vier Jahre, zusätzliche Hebammenschülerinnen und Entbindungspflegeschüler ihre Ausbildung in den Jahren 2020 bis 2024 abschließen werden. Die Akademisierung der Ausbildung solle zur Attraktivität des Hebammenberufs beitragen. Der Bund berate derzeit die Umsetzung einer EU-Richtlinie zur Akademisierung der Hebammenausbildung. „Der Ausschuss steht der Akademisierung positiv gegenüber“, fasste Hinderer zusammen. Die Finanzierung sei Ländersache, das Ministerium setze dabei auf Übergangsfristen. Die Bedarfe seien ermittelt und angemeldet worden, man befinde sich in laufenden Verhandlungen, habe der Minister Hinderer zufolge berichtet.
Für den bei der Medizinischen Fakultät der Eberhard-Karls-Universität Tübingen angebotenen Modellstudiengang Hebammenwissenschaft seien zum Wintersemester 2018/2019 insgesamt 128 Bewerbungen eingegangen, Plätze gebe es 30. In Baden-Württemberg stünden insgesamt 105 grundständige Studienplätze für Hebammen zur Verfügung, davon sind 75 Studienplätze an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) ausbildungsintegrierend. Im Land fehlten demnach rund 145 Studienplätze. „Die Suche nach akademischen Lehrkräften ist ebenfalls eine große Herausforderung“, legte der Vorsitzende dar. Es würden jedoch schon Weiterbildungen für ausgebildete Hebammen angeboten.
Finanzausschuss empfiehlt Anpassung der Dienst- und Versorgungsbezüge
Stuttgart. Der Finanzausschuss des Landtags empfiehlt dem Landtagsplenum, dem Gesetzentwurf über die Anpassung von Dienst- und Versorgungsbezügen in den Jahren 2019, 2020 und 2021 zuzustimmen. Einen entsprechenden Beschluss fasste der Finanzausschuss in seiner Sitzung am Donnerstag, 26. September 2019, einstimmig, wie Winfried Mack (CDU) mitteilte, der als dienstältester Abgeordneter in Vertretung des Vorsitzenden die Sitzung leitete. „Damit werden die Tarifergebnisse für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes von März 2019 wirkungsgleich und in vollem Umfang auf die Beamten, Richter und Versorgungsempfänger in Baden-Württemberg übertragen“, sagte Mack. Die Anpassung gilt auch für den kommunalen Bereich.
Die Erhöhung erfolgt in drei Schritten: Rückwirkend zum 1. Januar 2019 erhalten die Beamten 3,2 Prozent mehr Geld, zum 1. Januar 2020 weitere 3,2 Prozent und zum 1. Januar 2021 weitere 1,4 Prozent. Die Anwärtergrundbeträge sollen zum 1. Januar 2019 um 50 Euro und zum 1. Januar 2020 um weitere 50 Euro steigen. „Dies zeigt einmal mehr: Der öffentliche Dienst in Baden-Württemberg ist attraktiv“, betonte Winfried Mack.
Die Mehrausgaben für Besoldung und Versorgung betragen beim Land gegenüber dem Vorjahr 2018 rund 444,8 Millionen Euro, im Jahr 2020 rund 903,8 Millionen Euro und im Jahr 2021 rund 1.111 Millionen Euro. Die Mehrkosten im kommunalen Bereich belaufen sich auf rund 68,9 Millionen Euro im Jahr 2019, auf rund 140,1 Millionen Euro im Jahr 2020 und auf 172,2 Millionen Euro im Jahr 2021.
Die Zweite Beratung des Gesetzentwurfs ist in der Plenarsitzung am 9. Oktober 2019 vorgesehen.
Schausteller wünschen Bürokratieabbau und modernes Arbeitszeitgesetz
Stuttgart. Der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau hat sich in seiner Sitzung am Mittwoch, 25. September 2019, mit der Situation des Schaustellergewerbes in Baden-Württemberg befasst, einem Antrag der FDP/DVP. „Nicht nur das Cannstatter Volksfest steht vor der Tür. Das Schaustellergewerbe muss sich besonderen Fragestellungen und Herausforderungen stellen, wie etwa dem Transport schwerer Gerätschaften oder auch den gesetzlich geltenden Regelungen der Arbeitszeiten“, berichtete der Vorsitzende Dr. Erik Schweickert (FDP/DVP). „Der Ausschuss hat die aktuellen Entwicklungen beleuchtet.“
Zur Schaustellerbranche zählten 5.300 Schaustellerunternehmen, die mit rund 31.800 Beschäftigten und insgesamt 12.300 Geschäften vom Imbiss bis zur Achterbahn zirka 9.750 deutsche Volksfeste sowie zirka 3.000 Weihnachtsmärkte beschicken. „Die Zahlen belegen, welche Wirtschaftskraft hinter dem Gewerbe steht“, betonte Dr. Schweickert. „Schausteller und Marktkaufleute tragen mit ihrer Beschickung von großen und überregional bekannten Festen einen guten Teil zur Bekanntheit und dem positiven Image ihrer Städte und Regionen, aber auch des Landes Baden-Württemberg bei.“
Die Schausteller und Marktkaufleute in Baden-Württemberg nennen als Bürokratieaufwand bei Reisegewerbe gegenüber stationären Betrieben u. a. Transportprobleme, Streckengenehmigungen und Dieselfahrverbote. In einer Online-Umfrage des baden-württembergischen Industrie- und Handelskammertags bei Unternehmen des Schaustellergewerbes seien von den Befragten die Themen Dokumentationspflichten, Arbeitszeitgesetz, Datenschutzgrundverordnung und Hygienevorschriften als Hemmnisse genannt worden. Die Schausteller forderten ebenso wie das Gaststättengewerbe ein modernes Arbeitszeitgesetz, das sich nicht mehr an einer Tages- sondern einer Wochenarbeitszeit orientiert, die mindestens zwei 12-Stunden-Schichten pro Woche ermögliche. Mit dem Mindestlohngesetz gingen für das Schaustellergewerbe Dokumentationspflichten einher, die das Gewerbe in der erforderlichen Trennschärfe kaum erfüllen könne.
Im Ausschuss, so der Vorsitzende Dr. Schweickert, seien Möglichkeiten vorgestellt worden, die Bürokratielasten für das Schaustellergewerbe abzubauen. Demnach erarbeite die Bundesregierung derzeit in Zusammenarbeit mit den Ländern ein drittes Bürokratieentlastungsgesetz. Die Vorschläge, rund 26 Maßnahmen, konzentrierten sich auf das Steuer- und Sozialrecht. So sollen beispielsweise die Aufbewahrungsfristen für Unterlagen im Handels- und Steuerrecht verringert werden, die Grenzen für die Sofortabschreibung geringwertiger Wirtschaftsgüter sowie die Kleinunternehmergrenze angehoben werden. Im Zuständigkeitsbereich des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales sollten die Aufzeichnungs- und Berichtspflichten beim Mindestlohn vereinfacht, die Auftraggeberhaftung beim Mindestlohngesetz begrenzt sowie Erleichterungen bei der Dokumentationspflicht der Arbeitszeiten eingeführt werden. Auf Landesebene habe der neu eingeführte Normenkontrollrat Empfehlungen zum Bürokratieabbau erarbeitet und vorgelegt, die nach der derzeit laufenden Bewertung und Abstimmung innerhalb der Landesregierung und mit den betroffenen Verbänden in ein Bürokratieentlastungsgesetz sowie weiteren Maßnahmen auf Landesebene münden sollen. Auch das Schaustellergewerbe werde dadurch entlastet.
Überdies hat sich der Ausschuss mit möglichen Gesundheitsrisiken durch die 5G-Technologie (Antrag der AfD) und mit dem Ausbau des 5G-Netzes (Antrag der SPD) befasst. Dazu sei festzuhalten, dass das Bundesamt für Strahlenschutz nach derzeitigen wissenschaftlichen Erkenntnissen nicht von negativen gesundheitlichen Auswirkungen durch den Ausbau von 5G ausgehe. „Wenn gesundheitliche Bedenken ausgeräumt sind, dann muss mit diesen Erkenntnissen Öffentlichkeitsarbeit gemacht werden“, fasste Dr. Schweickert die Überlegungen im Ausschuss zusammen. „Unsere Wirtschaft braucht den Ausbau der Netze.“ Für den Ausbau der Mobilfunknetze in Baden-Württemberg würden die Mobilfunknetzbetreiber sowohl bestehende Standorte erweitern als auch zusätzliche Standorte bauen.
Einen aktuellen Sachstand des Ministeriums zu Erleichterungen der Mitarbeiterentsendung nach Frankreich im Rahmen der Entsenderichtlinie (96/71/EG) hat der Ausschuss ebenfalls zur Kenntnis genommen. Diese Richtlinie sei mit dem Ziel verabschiedet worden, für eine zeitweise grenzüberschreitende Dienstleistung arbeitsrechtliche Mindeststandards zu institutionalisieren. Jedoch seien im Zuge der jüngsten Gesetzgebung auf französischer Seite erhebliche bürokratische Belastungen für deutsche Betriebe entstanden. „Erste Unternehmen steigen schon wieder aus, weil die Frustration zu groß ist. Der Zustand ist nicht vereinbar mit der Idee, die wir von Europa haben“, so der Ausschussvorsitzende. Die betroffenen Fachressorts aus Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und dem Saarland stünden in engem Austausch und hätten ihre gemeinsamen Interessen gegenüber dem Bund eingebracht. Die Vertretung des Landes Baden-Württemberg bei der Europäischen Union beobachte aktuelle europapolitische Entwicklungen auf diesem Gebiet genau, insbesondere was mögliche, europaweit einheitliche Regelungen bei Verfahrens- und Kontrollregelungen betrifft. „Das ist eine große Aufgabe, die wir da vor uns haben und der wir uns stellen müssen“, bekräftigte Dr. Schweickert abschließend.
Verfassungsschutz hält Verein „AHA!“ für Unterorganisation der „Identitären Bewegung“
Stuttgart. Mit den Strukturen und Aktivitäten des in Rottweil eingetragenen Vereins „Alternative Help Association e.V. (AHA!)“ hat sich der Ausschuss für Inneres, Digitalisierung und Migration in seiner Sitzung am Mittwoch, 25. September 2019, auf Antrag der Grünen-Fraktion befasst. „Nach Einschätzung des Landesamts für Verfassungsschutz (LfV) handelt es sich bei AHA! um eine Hilfs- bzw. Unterorganisation der Identitären Bewegung Deutschlands (IBD)“, sagte der Vorsitzende des Gremiums, der CDU-Abgeordnete Karl Klein.
Für diese Einschätzung sprächen unter anderem personelle und inhaltliche Überschneidungen sowie Verbindungen bei der Öffentlichkeitsarbeit. So handele es sich bei den ersten beiden Vorsitzenden von AHA! um Aktivisten der Identitären Bewegung Schwaben (IB Schwaben). Darüber hinaus werde als Ziel der Vereinsgründung „die konkrete und praktische Umsetzung der identitären Forderung nach Hilfe vor Ort“ genannt, was einer zentralen Forderung der Identitären Bewegung Deutschlands entspreche.
Wie Klein weiter ausführte, sollten mit dem Antrag die Strukturen des Vereins und der IB in Baden-Württemberg näher beleuchtet werden. Nach Informationen der Antragsteller bestünden diverse persönliche Überschneidungen zwischen der IB und der „Jungen Alternative“, welche beide ein Beobachtungsobjekt des Landesamts für Verfassungsschutz seien. Zahlenmäßig strahle die IB offenbar keine große Gefahr aus, dennoch hielten es die Antragsteller für wichtig, die sehr aktive Gruppierung mit ihren modernen Aktionsplattformen im Auge zu behalten.
Das Innenministerium erklärte dem Vorsitzenden zufolge, dem LfV liegen derzeit keine Erkenntnisse vor, die auf Verbindungen zwischen AHA! und den Parteien Die Rechte, Der III. Weg, NPD und AfD inklusiver Junger Alternative schließen lassen. Auf die Frage der Antragsteller nach Erkenntnissen des LfV über aktive oder ehemalige Mitglieder der IB oder vergleichbarer Gruppen, die im Landtag bei der Fraktion der AfD oder den AfD-Landtagsabgeordneten angestellt sind, habe das LfV aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes keine Auskünfte erteilt, da das schutzwürdige Interesse des Betroffenen das Frage- und Informationsrecht des Parlaments überwiege.
Die Eigendarstellung von AHA! lege nahe, dass sich Ziele überwiegend auf das Ausland beziehen, in Baden-Württemberg gebe es nur wenige Aktivitäten, so Karl Klein. So seien Aktivisten von AHA! mehrfach in den Libanon und nach Syrien gereist, um die von AHA! finanzierten und unterstützen Projekte vor Ort zu begleiten und darüber zu berichten. Beispielsweise sei in Syrien die Renovierung einer Arztpraxis, der Wiederaufbau der Bienenzucht eines Imkers oder der Ankauf von Bussen finanziell unterstützt worden. Außerdem werde mehreren syrischen Flüchtlingsfamilien im Libanon geholfen, denen man eine Rückkehr nach Syrien ermöglichen wolle. Nach Erkenntnissen von LfV und Polizei beteiligten sich Mitglieder der IB in Baden-Württemberg an überregionalen und internationalen Aktivitäten der IB. Dazu zählten etwa eine Großdemonstration der IBD in Berlin, die „identitäre Sommeruniversität“ in Frankfurt am Main sowie Kundgebungen in Kandel in Rheinland-Pfalz. Aufgrund der gemeinsamen Aktivitäten auf überregionaler und internationaler Ebene gehe das LfV davon aus, dass Verbindungen zwischen den einzelnen IB-Ablegern bestünden.
Erinnern an Widerstandskämpfer Ludwig Marum und Führungen in den Plenarsaal
Stuttgart. Mit einem Thementag unter dem Motto „Erinnern für Morgen“ findet am Samstag, 21. September 2019, wieder eine Öffnung des Bürger- und Medienzent-rums des Landtags von Baden-Württemberg statt. Im Fokus der Sonderöffnung von 11.00 bis 17.00 Uhr stehen das Gedenken und Erinnern an den Widerstandskämpfer Ludwig Marum und andere Abgeordnete, die politisch verfolgt wurden. Darüber hinaus werden etwa halbstündige Führungen in den Plenarsaal und ein Podiumsgespräch zum Thementag angeboten.
Im Bürger- und Medienzentrum wird eine Wanderausstellung der Gedenkstätte Deutscher Widerstand (Berlin), des Landesarchivs Baden-Württemberg sowie des Forums Ludwig Marum e.V. gezeigt, die erstmals in Baden-Württemberg zu sehen ist. Sie ist dem badischen SPD-Politiker Ludwig Marum (1882-1934) gewidmet, der gemeinsam mit anderen die Demokratie im Land mitbegründete und verteidigte. „Mit der Sonder-schau will der Landtag den jüdischen Demokraten als Identifikationsfigur und Vorbild würdigen“, so Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne). 1933 wurde der Politiker von den Nationalsozialisten im Konzentrationslager Kislau inhaftiert und später ermordet.
Zum Thema der Ausstellung findet um 14.30 Uhr ein Podiumsgespräch über das Wirken Ludwig Marums statt. Daran nehmen Alexander Marum, ein Urenkel Ludwig und Johanna Marums, die Marumskennerin Dr. Monika Pohl sowie der Antisemitismusbeauftragte der Landesregierung, Dr. Michael Blume, teil. Ein Grußwort werden Landtagsvizepräsidentin Sabine Kurtz (CDU) und der Präsident des Landesarchivs, Prof. Dr. Gerald Maier, sprechen. „Im Landesarchiv liegen die Unterlagen des badischen Landtags, in dem Ludwig Marum politisch wirkte“, sagt Prof. Dr. Gerald Maier. „Mit den Unterlagen können wir Ludwig Marums Überzeugungen und seinen Kampf für die gefährdete Weimarer Republik dokumentieren. Da erweist sich das Archiv als Ort der Demokratiegeschichte.“
Der Leiter der Abteilung Archivischer Grundsatz im Landesarchiv, Dr. Clemens Rehm, ergänzt: „Ludwig Marum war ein Mensch, der für Recht und Republik sein Leben gab. Mit der Ausstellung wollen wir sein Leben und Wirken, sein Eintreten für Toleranz und Rechtsstaatlichkeit in schwierigen Zeiten bekannt machen. An ihn zu erinnern bedeutet, den Werten Gerechtigkeit und Demokratie, für die er damals einstand, eine Stimme für das Heute zu verleihen.“ Vervollständigt wird der Thementag durch die Möglichkeit für Besucherinnen und Besucher, das neue Gedenkbuch des Landtags anzusehen und darin zu recherchieren. In diesem werden die Biografien von 329 politisch verfolgten Abgeordneten aus dem Gebiet des heutigen Baden-Württemberg dargestellt.
Präsidentin Aras: „Es ist der Mut der Damaligen, der uns heute Mut macht.“
Stuttgart/Grafeneck – Die Gedenkstättenreise 2019 führte Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) am 22. und 23. Juli 19 auf die Schwäbische Alb. Sie würdigt damit ehrenamtliche Gedenkarbeit, die die Willkürherrschaft, den Terror und, vor allem, die Opfer des NS-Regimes in Baden-Württemberg sichtbar macht. Fünf Erinnerungsorte standen bei dieser zweiten, in Kooperation mit der Landeszentrale für politische Bildung (LpB) veranstalteten Gedenkstättenreise auf dem Programm: Grafeneck, Münsingen-Buttenhausen, Albstadt-Lautlingen, Wilflingen und Bisingen. „Die Gedenkstättenreise hat mir wieder sehr deutlich vor Augen geführt: Es gibt es viele kleine Helden des Widerstands, die Großes geleistet haben und uns zum Vorbild gereichen“, so Landtagspräsidentin Aras. „Es ist der Mut der Damaligen, der uns heute Mut macht.“
An dieses dunkle Kapitel der Geschichte könne man sich nur annähern - über Gedenkorte, über Ausstellungen, Photographien, Briefe, Tagebücher, Gegenstände aus der damaligen Zeit und natürlich über persönliche Biographien. „Die Gedenkstättenvereine mit ihren zahlreichen Ehrenamtlichen leisten großartige Arbeit im Sinne der Demokratiebildung. Dafür brauchen sie eine adäquate Ausstattung und Unterstützung“, so Aras resümierend.
Die erste Station führte nach Grafeneck, wo laut dem Leiter der Gedenkstätte, Dr. Thomas Stöckle, mit der „Aktion-T4“ das erste „staatliche arbeitsteilige Gewaltverbrechen“ stattfand – die Blaupause für den Holocaust. 10 654 körperlich behinderte und psychisch kranke Menschen wurden dort durch Täter, die aus Stuttgart und Berlin freiwillig auf die Alb kamen oder abgeordnet wurden, systematisch ermordet. „Die Gedenkstätte bringt seit 2005 durch Nennung der Namen und Lebensdaten diese Menschen ins kollektive Gedächtnis“, so Aras. Sie halte damit auch „kleine Helden“ wie Heinrich Hermann, den Leiter der Taubstummenanstalt Wilhelmsdorf hoch, die sich dem System widersetzten. „In Grafeneck spüren wir geradezu die Warnung als Handlungsaufforderung: Ohne die Beseitigung der Demokratie und den Organisationsgrad der staatlichen Behörden hätte solch arbeitsteilige Massentötung nicht stattfinden können.“
Die zweite Station war ein Personenerinnerungsort: das Matthias-Erzberger-Haus in Buttenhausen (seit 2004). Die Vita des 1921 ermordeten Zentrumspolitikers zeige, wie vielfältig die Möglichkeiten sein können, für Demokratie einzustehen, aber auch, dass Demokratie immer aufs Neue verteidigt werden müsse, so die Landtagspräsidentin.
Station 3: Gut 100 Interessierte kamen auf Einladung der Landtagpräsidentin zur Vortragsveranstaltung „Mut bewiesen. Widerstand gegen den Nationalsozialismus und Zivilcourage heute“, darunter auch zwei Familienangehörige von Claus Schenk Graf von Stauffenberg, Franz und Berthold. Den Festvortrag hielt die Mannheimer Historikerin Prof. Dr. Angela Borgstedt, die für eine Erweiterung des Widerstandsbegriffs plädierte und das „Widerstehen auf Alltagsebene“ in den Fokus nahm: Zivilcourage und ein aufrechter Gang müsse so selbstverständlich werden wie tägliches Zähneputzen, so Dr. Borgstedt. „Widerstand beginnt auch für mich nicht erst beim aktiven Dagegenhalten, sondern immer dann, wenn Haltung zu zeigen Mut erfordert“, so Aras.
Das Ernst-Jünger-Haus in Wilflingen (Kreis Biberach) war die vierte Station, bewusst als Ort des kulturellen Gedächtnisses gewählt. 47 Jahre lang lebte der Philosoph, Autor und Ex-Soldat („In Stahlgewittern“) dort, der zunächst den Parlamentarismus anging, später allerdings eindeutig Haltung gegen den Holocaust und gegen das Naziregime einnahm. „In diesem Lebensort-Museum kommt man Jünger als ambivalenter Persönlichkeit näher“, so die Landtagspräsidentin.
Die fünfte und letzte Station war die Gedenkstätte KZ Bisingen, eine Außenstelle des KZ Natzweiler zum Zweck des Ölschiefer-Abbaus. Von insgesamt 4163 Häftlingen starben 1200 und wurden in einem Massengrad verscharrt. Seit 2003 setzte sich ein Gedenkstättenverein für einen Ort der Erinnerung ein. Aktuell wurde eine moderne, digital gestützte Ausstellung gestaltet. Die Gemeinde ist Träger und neben dem Kreis Finanzier; Verein und Jugendguides arbeiten ehrenamtlich. „Das KZ Museum Bisingen liegt mitten im Ortskern neben der Katholischen Kirche. Das ist eine starke Botschaft“, sagte Präsidentin Aras.
Gericht bestätigt Ordnungsrufe und Sitzungsausschlüsse durch Landtagspräsidentin
Stuttgart. Der Verfassungsgerichtshof des Landes hat mit seinem Urteil vom 22. Juli 2019 die Anträge der Abgeordneten Dr. Wolfgang Gedeon (AfD) und Stefan Räpple (AfD) als unbegründet zurückgewiesen. Alle Ordnungsmaßnahmen, so die Richter, hätten sich im Rahmen des Ermessens und des Beurteilungsspielraums der Präsidentin bewegt und seien damit nicht zu beanstanden. Auch die Sitzungsausschlüsse für drei Tage seien rechtens gewesen. Damit bestätigten die Richter auch die Verfassungsmäßigkeit der Geschäftsordnung des Landtags. „Ich bin froh, dass der Verfassungsgerichtshof mein Vorgehen bestätigt hat. Das bestärkt mich in meiner Sitzungsleitung. Ich hoffe, dass die Entscheidung dazu beiträgt, dass künftig die Spielregeln im Hohen Haus geachtet werden“, sagte Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne).
Die Richter bestätigten nicht nur die jeweiligen Gründe für die erteilten Ordnungsrufe gegen die Abgeordneten Dr. Gedeon und Räpple, sondern ebenfalls die in der Sitzung vom 12. Dezember 2018 vorgenommene Wertung als fortgesetzte Ordnungsverletzung.
Der Verfassungsgerichtshof führte unter anderem aus, dass es zur Sicherstellung der Abgeordnetenrechte, der Ordnung der Debatte und der Funktionsfähigkeit des Landtags sowie auch der Wahrung des Ansehens und der Würde des Parlaments der Ordnungsgewalt bedürfe, die die Präsidentin des Landtags ausübe. „Die Richter gaben über den konkreten Fall hinaus Auslegungshinweise zu Rechten und Pflichten der Sitzungsleitung sowie zum Ermessensspielraum, der der Sitzungsleitung in solchen Fällen zusteht“, resümierte Präsidentin Aras. „Insofern sind wir als Landtag dankbar für die juristische Präzisierung, was mit Ordnung im Plenarsaal gemeint ist und für die klare Aussage, dass für Kritik, die während einer Sitzung des Landtags an der Sitzungsleitung der Landtagspräsidentin geübt wird, besondere Maßstäbe gelten.“ Zulässig sei eine in sachlicher Weise und in angemessenem Umfang vorgetragene Kritik, welche die parlamentarische Arbeit nicht stört. „Die Grenzen dieser zulässigen Kritik haben die Antragsteller deutlich überschritten“, so Aras.
Vier Exzellenzuniversitäten aus Baden-Württemberg
"Als Wissenschaftsausschuss freuen wir uns, dass vier von insgesamt elf Exzellenzuniversitäten aus Baden-Württemberg kommen. Das ist ein großer Erfolg und unterstreicht die Stellung unseres Landes als anerkannter Hochschulstandort", so der Vorsitzende des Ausschusses für Wissenschaft, Forschung und Kunst, Andreas Deuschle (CDU).
"Dabei dürfen wir allerdings nicht vergessen, dass diesen vor allem auch seine einmalige Vielfalt auszeichnet: von den Universitäten über die Pädagogischen Hochschulen und Fachhochschulen bis hin zu unseren Kunst- und Musikhochschulen." Weiter sagte Deuschle: "Als Ausschussmitglieder werden wir uns daher in den anstehenden Haushaltsberatungen dafür einsetzen, dass alle Hochschulen vom Land finanziell gut ausgestattet werden. Die stark machen, die uns stark machen: Das macht exzellente Hochschul- und Forschungspolitik aus!"
Neuer „Raum der Stille“ im Haus des Landtags ist Ort für Gebet, Meditation und Andacht
Stuttgart. Nach zweieinhalbjähriger Planungs- und Bauphase war es am Dienstag, 16. Juli 2019, soweit: Im Landtag von Baden-Württemberg wurde der neu geschaffene „Raum der Stille“ seiner Bestimmung übergeben. „Im Parlament, in dem es oft turbulent und auch hitzig zugeht, soll der Ort, der Abgeordneten, Besuchern und Mitarbeitern zur Verfügung steht, Rückzugsraum sein für ein Gebet oder eine Meditation und auch für ökumenische Andachten“, sagte Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) bei der Eröffnung.
Der „Raum der Stille“ befindet sich im Untergeschoss des Landtagsgebäudes direkt am Tunnel zum Haus der Abgeordneten. Künstlerisch gestaltet wurde er von dem Esslinger Raumkonzept-Künstler Bernhard Huber. Der entsprechende Präsidiumsbeschluss erfolgte im Dezember 2016, die Kosten belaufen sich auf insgesamt 215.000 Euro. Der Landtag von Baden-Württemberg steht damit in einer Reihe von Landesparlamenten, die über einen solchen Rückzugsort verfügen. Von den anderen 15 Landtagen gibt es in sieben ebenfalls einen „Raum der Stille“.
An der Eröffnung nahmen neben Landtagspräsidentin Aras und Vizepräsidentin Sabine Kurtz (CDU) auch Vertreterinnen und Vertreter der Fraktionen sowie von Kirchen und Religionsgemeinschaften teil. „Ich wünsche mir, dass dieser Raum eine wohltuende Wirkung auf jeden hat, der ihn betritt“, sagte die Landtagspräsidentin vor den Gästen.
Für die Ausgestaltung des etwa 40 Quadratmeter großen „Raumes der Stille“ wurde ein Künstlerwettbewerb veranstaltet. Die Fachjury setzte sich aus Vertretern des Landtags und der Fraktionen, des Landesbetriebs Vermögen und Bau, von Kirchen und Religionsgemeinschaften sowie Architekten zusammen. Den Zuschlag zur Gestaltung erhielt schließlich Bernhard Huber. Sein Entwurf setzt aus Sicht der Jury die Vorstellung von Ruhe, Schönheit und Würde sehr gut um.
Anlagen
Das ZIP-Archiv enthält 11 druckfähige Bilder der Eröffnungsveranstaltung.
Bildquelle: LTBW
Verkehrsausschuss dringt auf zusätzliche Bahnwaggons und Züge bei VfB-Heimspielen
Stuttgart. Die Landesregierung soll alle vertraglichen Möglichkeiten ausschöpfen, damit künftig noch öfter zusätzliche Bahnwaggons oder bei Bedarf zusätzliche Zugverbindungen bei Fußballspielen des VfB Stuttgart und weiteren Großveranstaltungen bereitgestellt werden. Diesen Beschluss fasste der Verkehrsausschuss auf Antrag der Fraktionen Grüne und CDU in seiner Sitzung am Mittwoch, 10. Juli 2019, einstimmig, wie der Vorsitzende des Gremiums, der CDU-Abgeordnete Karl Rombach, mitteilte. Des Weiteren befasste sich der Ausschuss mit der Reaktivierung von stillgelegten Bahnstrecken und der Luftqualität in Reutlingen.
Nach Angaben Rombachs soll mit der geforderten Bereitstellung zusätzlicher Waggons und Verbindungen der Überfüllung der Bahnen vor und nach Heimspielen des VfB entgegengewirkt werden. „Es ist ein wichtiges Signal des Verkehrsausschusses, dass der Antrag einstimmig unterstützt wird“, so der Vorsitzende. Wie aus einer Übersicht des Verkehrsministeriums hervorgehe, seien einzelne Züge insbesondere nach den Spielen überfüllt. So liege die Auslastung der Bahnen teilweise bei 120 Prozent. Von Seiten der Regierung sei darauf hingewiesen worden, dass bereits jetzt auf die vertraglichen Verpflichtungen der Bahnunternehmen gepocht werde, um volle Züge bei Großveranstaltungen zu vermeiden. Dennoch sei es den Unternehmen nicht immer möglich, an Wochenenden zusätzliche Züge zur Verfügung zu stellen, da sich diese zu diesen Zeiten häufig für Wartungsarbeiten in Werkstätten befänden.
Wie Rombach weiter ausführte, beriet der Ausschuss auch über die Reaktivierung stillgelegter Bahnstrecken. „Der Ausschuss war sich fraktionsübergreifend einig, dass die Reaktivierung von stillgelegten Bahnstrecken sehr sinnvoll ist, um den öffentlichen Nahverkehr insbesondere in ländlichen Regionen zu verbessern“, sagte der Ausschussvorsitzende. „Die Wiederaufnahme des Betriebs auf stillgelegten Bahnstrecken hat sich in der Vergangenheit überwiegend als Erfolgsmodell erwiesen.“ Denn in vielen Fällen seien die prognostizierten Fahrgastzahlen deutlich übertroffen worden. Auch die Akzeptanz der Bevölkerung sei bei der Mehrzahl der wieder genutzten Strecken positiv. Jedoch gebe es auch immer wieder eine strikte Ablehnung durch einen Teil der Bewohner, unter anderem weil Anwohner der Strecken persönlich betroffen seien.
Im Rahmen eines Beteiligungsverfahrens zu Streckenreaktivierungen seien 63 Bahnstrecken in Baden-Württemberg für eine Reaktivierung vorgeschlagen worden. Die Prüfung der Vorschläge habe ergeben, dass 22 dieser Strecken nicht mehr genutzt werden könnten, da die Trassen teilweise überbaut seien. Die verbleibenden 41 Strecken würden nun genauer geprüft. Die Ergebnisse der Untersuchung sollen im vierten Quartal 2020 vorliegen.
Außerdem debattierte der Ausschuss über Maßnahmen zur Luftreinhaltung in Reutlingen. „Reutlingen ist eine der Städte in Baden-Württemberg, in denen die Grenzwerte für Stickoxid noch überschritten werden“, sagte Rombach. Die NO2-Jahresmittelwerte an der verkehrsnahen Messstation Reutlingen Lederstraße-Ost seien seit 2011 zwar stetig gesunken, von 84 µg/m³ im Jahr 2011 auf 53 µg/m³ im Jahr 2018. Jedoch lägen sie weiterhin oberhalb der zulässigen Belastung.
Einen wesentlichen Beitrag zur Minderung der Luftbelastung habe man sich von der Eröffnung des Scheibengipfeltunnels im Herbst 2017 erhofft. Jedoch habe sich die Erwartung nur zum Teil erfüllt, da die Zahl der Fahrzeuge in der Lederstraße zunächst nur in geringem Maße abgenommen habe. Daher sollen weitere Maßnahmen umgesetzt werden. Das Verkehrsministerium habe unter anderem mitgeteilt, dass es in der Lederstraße künftig eine Busspur geben solle, führte Karl Rombach aus.
Altersversorgung: Präsidium des Landtags folgt Kommission und Bürgerforum
Stuttgart – Das Präsidium des Landtags hat in seiner Sitzung vom 9. Juli 2019 mit Mehrheit entschieden, den Beitritt der Mitglieder des Landtags von Baden-Württemberg zum Versorgungswerk Nordrhein-Westfalen und Brandenburg weiter zu verfolgen. Dem Beschluss lag ein gemeinsamer Antrag der Fraktionen Grüne, CDU und SPD zugrunde, der mit deren Stimmen eine Mehrheit erhielt. AfD und FDP/DVP lehnten den Antrag ab.
„Ich bin dem Präsidium des Landtags dankbar, dass es bei der Reform der Altersversorgung einen wesentlichen Schritt vorangeht“, so Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) nach nicht öffentlicher Sitzung. Bei allem Respekt vor anderen Haltungen, sei sie doch zufrieden, dass mit dieser Lösung auch die Vorschläge des Bürgerforums und der Expertenkommission aufgenommen wurden. Insbesondere die Einsetzung eines Bürgerforums auf landespolitischer Ebene sei bundesweit ein Novum gewesen und habe sich offenkundig bewährt. Aras dankte zudem der Landtagsverwaltung für die ausgehandelten Bedingungen eines Beitritts. Sie hofft, dass diese Lösung auch außerhalb des Parlaments auf breite Akzeptanz stoße.
Voraussetzung für eine verpflichtende Regelung zur Altersvorsorge für alle Mitglieder des Landtags ist die Änderung des Abgeordnetengesetzes in diesem Bereich. Die Präsidentin des Landtags ist per Beschluss vom Präsidium gebeten worden, den Fraktionen entsprechende Gesetzentwürfe vorzulegen und weitere Abstimmungen mit den Landtagen NRW/Brandenburg sowie dem Versorgungswerk vorzunehmen. Die Gremien des Versorgungswerks haben sich bereits für einen Beitritt Baden-Württembergs ausgesprochen. Der Beitritt soll, entsprechende Plenarbeschlüsse vorausgesetzt, zum 1. Dezember 2019 erfolgen.
Europaausschuss diskutiert Zukunft der Vier Motoren für Europa
Stuttgart. Der Ausschuss für Europa und Internationales hat sich in seiner Sitzung am Mittwoch, 10. Juli 2019, mit den Vier Motoren für Europa befasst. Wie der Vorsitzende des Gremiums, Willi Stächele (CDU), mitteilte, hat Staatsministerin Theresa Schopper einen Bericht zur „Bilanz zur baden-württembergischen Präsidentschaft der Vier Motoren für Europa“ vorgetragen. „Der Europaausschuss möchte an dem Thema dranbleiben und wissen, wie es in den nächsten Monaten unter der Präsidentschaft der Lombardei weitergeht“, so Willi Stächele.
Der Ausschuss habe deshalb der Landesregierung den Prüfauftrag erteilt, spätestens bis Ende November 2019 zu berichten, welche Projekte von den Vier Motoren für Europa aktuell bearbeitet werden. „Außerdem hat der Ausschuss noch die Bitte geäußert, die Landesregierung möge prüfen, ob es nicht sinnvoll wäre ‚weitere Motoren‘ aus dem osteuropäischen Raum zu generieren“, berichtete Stächele. Der parlamentarische Austausch sei das eine, aber auch exekutive Projekte müssten vorangebracht werden.
Wie Theresa Schopper ausführte, habe Baden-Württemberg im Rahmen seiner Präsidentschaft vom 5. Oktober 2017 bis 11. April 2019, das Netzwerk thematisch weiterentwickelt und die Kooperation insgesamt vertieft. Die baden-württembergische Präsidentschaft habe inhaltlich die bestehende Kooperation in vielen Zukunftsfragen, wie dem Klimaschutz oder der Stärkung des Europäischen Wissenschaftsraums fortgesetzt und intensiviert. Anlässlich des 30-jährigen Bestehens haben die Vier Motoren für Europa mit der Übergabe der Präsidentschaft an die Lombardei einen strategischen Handlungsrahmen zur künftigen Zusammenarbeit verabschiedet. Wie Schopper erläuterte, erneuerten die vier Regionen darin ihr Engagement, zum Wohle ihrer Bürgerinnen und Bürger zusammenzuarbeiten, um Herausforderungen der Zukunft, wie etwa der Mobilitätswende, den Bedürfnissen der alternden Gesellschaft oder dem Klimaschutz proaktiv zu begegnen.
Erfreut habe der Ausschuss zur Kenntnis genommen, dass das Netzwerk mit Hilfe einer neuen Website (http://www.4motors.eu) und anderer Kommunikationsmittel die Sichtbarkeit seiner Aktivitäten erhöhe. Wie Willi Stächele erläuterte, trete das Netzwerk für ein Europa der Regionen ein, indem es den Subsidiaritätsgedanken und auch eine regionale Europapolitik betone. Die Vier Motoren seien eine der ältesten Partnerschaften zwischen Regionen auf europäischer Ebene. Die Regionen Auvergne-Rhône-Alpes, Baden-Württemberg, Katalonien und Lombardei gründeten das Netzwerk am 9. September 1988.
Überdies habe sich der Europaausschuss mit der Umsetzung der EU-Donauraumstrategie, einem Antrag der CDU, befasst. „Die EU-Donauraumstrategie zählt zu den zentralen Elementen der Europapolitik Baden-Württembergs“, erläuterte Willi Stächele. Die Anrainerstaaten eine das gemeinsame Interesse, ihre Zusammenarbeit zur Schaffung von Wohlstand und nachhaltiger Entwicklung zu verstärken. „Baden-Württemberg, als wirtschaftlich starkes und exportorientiertes Land, profitiert von der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit“, zeigte sich Stächele überzeugt. Dr. Petra Püchner, Europabeauftragte der Ministerin für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau und Leiterin des Steinbeis-Europa-Zentrums, hatte dem Gremium einige Projekte vorgestellt.
Ausschuss beschließt Änderungen an der LBO-Novelle der Landesregierung sowie weitere 1,23 Millionen Euro für eine Tourismusmaßnahme
Stuttgart – Der Wirtschaftsausschuss des Landtags von Baden-Württemberg hat dem Gesetzentwurf der Landesregierung zur Novellierung der Landesbauordnung mit den Stimmen der Regierungsfraktionen Grüne und CDU zugestimmt. Vorangegangen war in der Sondersitzung die Behandlung von insgesamt 15 Änderungsanträgen und zwei Entschließungsanträgen. Angenommen wurden davon jedoch lediglich die drei Änderungsanträge der Regierungsfraktionen. Diese hatten zum Inhalt, dass Bauvorlagen auch weiterhin bei den Gemeinden eingereicht werden sollen, die Verpflichtung zur Herstellung der Barrierefreiheit von Wohngebäuden auf Gebäude generell ausgeweitet wird und die Frist zur Umsetzung der digitalen Antragsbearbeitung für die Baurechtsbehörden um ein Jahr verlängert wurde.
Wichtige Punkte der vom Ausschuss selbst durchgeführten Expertenanhörung seien auf diesem Weg umgesetzt worden, so der Vorsitzende des Wirtschaftsausschusses, Dr. Erik Schweickert (FDP/DVP). Der Ausschuss habe deshalb auch einstimmig beschlossen, die im Entwurf eigentlich vorgesehene Einreichung der Bauvorlagen direkt bei der Baurechtsbehörde nicht umsetzen zu wollen. „Eine Beschleunigung der Verfahren ist wünschenswert, aber aus Sicht des Ausschusses untergräbt der jetzige Vorschlag die kommunale Selbstverwaltung: Gemeinden müssen frühzeitig Kenntnis von Baumaßnahmen auf ihrer Gemarkung bekommen.“, so Dr. Schweickert. In dieser Frage habe die starke gemeinderätliche Verwurzelung und kommunalpolitischen Erfahrungen vieler Ausschussmitglieder dazu geführt, dass an dem seit vielen Jahren bewährten Verfahren doch festgehalten wird.
Von den in der Anhörung von allen Experten unisono kritisierten Punkten wurden damit von der Ausschussmehrheit – bis auf einen Punkt – alle aufgenommen und verändert. Mit den Stimmen der Regierungsfraktionen sei jedoch ein Antrag abgelehnt worden, der das Festhalten an der Wahlfreiheit für Bauherrn vorsah, sich auch weiterhin zwischen den einzelnen baurechtlichen Verfahren entscheiden zu können. Das vereinfachte Verfahren solle für kleinere Gebäude nach den Plänen der Landesregierung künftig das einzige Verfahren sein. „Das schafft mehr Rechtsunsicherheiten, die zu Lasten der Bauherren gehen. Wer baut, sollte die Wahlfreiheit haben, welches Verfahren er oder sie wählt“, fasst Dr. Schweickert den Tenor der Anhörung nochmal zusammen.
In der Sondersitzung am 10. Juli 2019 gab der Wirtschaftsausschuss des Landtags auch mehrheitlich die Finanzhilfe des Landes für den Bau eines Holz-Aussichtsturms in der Schwarzwaldgemeinde Schömberg mit 1,234 Millionen Euro frei. „Wir halten die Investition für eine touristisch-infrastrukturell ausgesprochen sinnvolle Maßnahme“, so der Ausschussvorsitzende Dr. Erik Schweickert.
Beim barrierefrei geplanten Aussichtsturm „Zollernblick“ (Gesamtkosten: Rund 2,5 Millionen Euro) handelt es sich laut dem Ausschussvorsitzenden Dr. Schweickert um eine touristisch-infrastrukturelle Aufwertungsmaßnahme des heilklimatischen Kurort- und Klinikstandortes Schömberg, gelegen an der Pforte zum Naturpark Schwarzwald Mitte/Nord. Zusammen mit einer zusätzlich geplanten 300 Meter langen Fly-Linie (schienengeführte Seilbahn) sowie einer 600 m langen Flying-Fox (Seilrutsche), beides nicht Teil der Landesförderung, sei der aus Holz mit Stahlskelett geplante Aussichtsturm „Zollernblick“ geeignet, ein Alleinstellungsmerkmal für die Region zu werden – für Patienten und deren Besucher.
Millionen für Tourismusförderung – Vorsitzender: Bereichernde Anhörung zu LBO-Novelle
Stuttgart – Mit rund 1,24 Millionen Euro Finanzhilfen des Landes soll das Höhenfreibad im Schramberger Stadtteil Tennenbronn modernisiert werden. Der Wirtschaftsausschuss gab mit großer Mehrheit grünes Licht für die Bezuschussung dieses touristischen Infrastrukturprojektes. Bislang nur eine grundsätzliche Information gab es zu der Realisierung des deutschlandweit höchsten Holzbau-Aussichtsturms auf der Gemarkung Schömberg. Eine Entscheidung dazu wurde auf die nächste Sitzung des Wirtschaftsausschusses vertagt, da der für das Thema zuständige Berichterstatter noch Gespräche zur Klärung offener Fragen führen möchte. Nach Paragraf 5 des Haushaltsgesetzes ist eine Beratung und Abstimmung im Wirtschaftsausschuss bei Tourismusinfrastrukturprojekten über 500.000 Euro zwingend vorgegeben. „Bei beiden Projekten steht eine nachhaltige Tourismusentwicklung für die Gemeinden im Vordergrund, bei der neben einer barrierefreien Schwerpunktsetzung für Mobilitätseingeschränkte auch der Wunsch nach ‚Action‘ für die Besucher berücksichtigt werden“, so der Ausschussvorsitzende Dr. Erik Schweickert (FDP/DVP). In der Sitzung vom 3. Juli 2019 befasste sich der Ausschuss zudem mit dem Gesetzentwurf der Landesregierung zur Änderung der Landesbauordnung (LBO).
Insgesamt elf Experten trugen dem Gremium vorab ihre Bewertungen im Rahmen einer öffentlichen Anhörung vor. Während die Novelle grundsätzlich befürwortet wurde, galten kritische Anmerkungen etwa den geplanten Verfahrensänderungen bei Bauanträgen, die zu Rechtsunsicherheit führen könnten. Daneben äußerten sich die Experten kritisch zu den Themen Fahrradstellplätze, Brandschutz und generell dem Mangel an baureifen Flächen. „Unsere Anhörung zum Thema LBO war sehr beeindruckend. Sie wird uns sicherlich weiterbringen und führt möglicherweise sogar dazu, dass die Landesregierung den Entwurf im einen oder anderen Punkt noch einmal kritisch reflektiert“, so Dr. Schweickert. Ziel sei gleichwohl, die Gesetzesnovelle noch vor der Sommerpause parlamentarisch abzuschließen.
Zu den touristischen Infrastrukturförderungen im Volumen von 2,5 Millionen Euro: Beim barrierefrei geplanten „Aussichtsturm Zollernblick“ (Gesamtkosten: Rund 2,5 Millionen Euro) handelt es sich laut dem Ausschussvorsitzenden Dr. Schweickert um eine touristisch-infrastrukturelle Aufwertungsmaßnahme des heilklimatischen Kurort- und Klinikstandortes Schömberg, gelegen an der Pforte zum Naturpark Schwarzwald Mitte/Nord. Zusammen mit einer zusätzlich geplanten 300 Meter langen Fly-Linie (schienengeführte Seilbahn) sowie einer 600 m langen Flying-Fox (Seilrutsche), beides jedoch nicht Teil der Landesförderung, sei der aus Holz mit Stahlskelett geplante Aussichtsturm „Zollernblick“ geeignet, ein Alleinstellungsmerkmal für die Region zu werden – für Patienten und deren Besucher.
„Der Ausschuss schließt sich grundsätzlich der Einschätzung der Landesregierung an und betrachtet Tourismusförderung als Wirtschaftsförderung“, so Dr. Schweickert. Das gelte auch für die barrierefreie und umweltgerechte Modernisierung des 1974 erbauten Höhenfreibades in Schramberg-Tennenbronn (Gesamtkosten 5,4 Millionen Euro), das derzeit geschlossen ist. Der spektakuläre Ausblick von dort auf den Schwarzwald sei in der Region einzigartig, weshalb eine Stärkung des Tourismus absolut angezeigt sei, so der Vorsitzende.
Ausschuss beschließt Vorziehen des Stichtags für die Einschulung auf 30. Juni
Stuttgart – Der Bildungsausschuss des Landtags spricht sich dafür aus, den Stichtag für die Einschulung vom 30. September auf den 30. Juni vorzuziehen. Ein entsprechender gemeinsamer Beschlussantrag von Grünen, CDU, SPD und FDP wurde mit einer Enthaltung angenommen. Das Kultusministerium wird eine hierfür notwendige Änderung des Schulgesetzes ausarbeiten und dem Landtag vorlegen. „Der Ausschuss teilt die Überzeugung der Eltern und wissenschaftlicher Studien, dass zu frühe Einschulung erhebliche negative Folgen für den späteren Lernweg dieser Kinder haben kann“, so die Vorsitzende des Bildungsausschusses, Brigitte Lösch (Grüne). Diese Gesetzesänderung erspare manchem Kind einigen Stress zu Beginn seines Bildungsweges. Kultusministerin Dr. Susanne Eisenmann (CDU) habe im Ausschuss das klare Signal zur Umsetzung ausgesandt. Zum Schuljahr 2020/2021 könne die neue Stichtagsregelung in Kraft treten.
Laut Kultusministerium ist die Zahl der zurückgestellten Kinder im Schuljahr 2007/2008, also im Jahr der Einführung der Verschiebung des Stichtags, erheblich angestiegen. Die Rückstellquote unterscheidet sich auch extrem zwischen Jungen und Mädchen, so waren 12,9 Prozent Jungen, 7,9 Prozent Mädchen.
Noch keine Entscheidung über Kostenbeteiligung von Veranstaltern für Polizeieinsätze
Stuttgart. Mit der möglichen Erhebung von Gebühren für Polizeieinsätze bei kommerziellen Hochrisikoveranstaltungen hat sich der Finanzausschuss in seiner Sitzung am 4. Juli 2019 befasst. Die Landesregierung habe dem Gremium mitgeteilt, sobald das schriftliche Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vorliege, erfolge eine genaue Auswertung und im Anschluss eine grundlegende Prüfung unter Abwägung aller Belange, teilte der Ausschussvorsitzende Rainer Stickelberger nach der Sitzung (SPD) mit. Bis September 2020 solle die Regierung dem Ausschuss erneut Bericht erstatten und zudem die Entwicklung von Einsatzstunden und -kosten bei Fußballspielen der ersten fünf Ligen in Baden-Württemberg ab der Saison 2013/2014 bis 2019/2020 mitteilen.
Das Bundesverwaltungsgericht hatte mit Urteil vom 29. März 2019 entschieden, dass für einen besonderen Polizeiaufwand bei kommerziellen Hochrisikoveranstaltungen grundsätzlich eine Gebühr erhoben werden darf. Die Landesregierung habe erklärt, dass eine rechtliche Pflicht zur Einführung einer Regelung zum Polizeikostenersatz nicht bestehe, auch wenn das Gericht eine Gebührenerhebung grundsätzlich für möglich halte. Es liege in der politischen Entscheidungsbefugnis des Landesgesetzgebers, ob und in welcher Form er eine Gebührenregelung einführen wolle. Zudem habe die Regierung verdeutlicht, dass in Baden-Württemberg für Polizeimaßnahmen der Grundsatz der Kostenfreiheit gelte. Die Entscheidung über polizeilich erforderliche Sicherheitsmaßnahmen habe unabhängig von möglichen finanziellen Erwägungen zu erfolgen, fasste der Vorsitzende die Ausführungen zusammen.
Derzeitiges Ziel des Innenministeriums sei vor allem, die Ursachen von Gewalt rund um Hochrisiko-Spiele zu bekämpfen und dadurch auch die Einsatzstunden der Polizei weiter zu reduzieren. So sollen etwa die Stadionallianzen im Südwesten zur Entlastung der Polizei beitragen. Bereits in der Saison 2017/2018 hätten rund 30.000 Einsatzstunden eingespart werden können. Auch wolle sich das Ministerium weiterhin dafür einsetzen, auf Bundesebene gemeinsam mit allen Beteiligten nach Lösungen zu suchen, um Gewalt im Umfeld von Fußballspielen zu bekämpfen. Bei der nächsten Innenministerkonferenz solle über die Möglichkeit eines Solidarfonds, in den die DFL einzahlen soll, diskutiert werden.
Die Regierung wies zudem darauf hin, dass eine Gebührenerhebung keinerlei direkten Beitrag zur Verbesserung der Sicherheit von Großveranstaltungen darstelle. Es könnte jedoch den Veranstaltern einen Anreiz bieten, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um die Sicherheitslage zu verbessern. Sollten Veranstaltern von kommerziellen Hochrisiko-Fußballspielen Kosten für Polizeieinsätze in Rechnung gestellt werden, müsse – insbesondere aufgrund des Gleichbehandlungsgrundsatzes – auch eine Kostenbeteiligung von anderen Veranstaltern kommerzieller Hochrisiko-Großveranstaltungen mit entsprechender Gewaltprognose wie etwa Konzerte oder Volksfeste in Betracht gezogen werden.
Außerdem sei es wichtig, eine mögliche Kostenbeteiligung mit den anderen Ländern abzustimmen. Denn ein Vorgehen, das nicht mit anderen Ländern abgestimmt sei, könnte einen Standortnachteil für die örtlichen Veranstalter bedeuten. Unter anderem deshalb sei im Jahr 1991 eine Rechtsgrundlage aus dem Polizeigesetz Baden-Württemberg gestrichen worden, welche es ermöglichte, Veranstaltern von kommerziellen Großereignissen Kosten für Polizeieinsätze in Rechnung zu stellen, so Rainer Stickelberger.
Im Sozialausschuss: „50 Jahre Stonewall-Aufstand“
Stuttgart. Das Ministerium für Soziales und Integration Baden-Württemberg sowie weitere Ressorts setzen im Sinne der Ziele des Aktionsplans für Akzeptanz und gleiche Rechte verschiedenste Aktionen und Maßnahmen um. Das wurde bei der Beratung des SPD-Antrags „Baden-Württemberg feiert 50 Jahre Stonewall-Aufstand (50 Jahre Christopher Street Day) – ein Jubiläum als Chance für ein klares Zeichen gegen Diskriminierung und für gleiche Rechte“ am Donnerstag, 4. Juli 2019, im Ausschuss für Soziales und Integration deutlich. „Es wird tatsächlich viel gemacht. Baden-Württemberg ist kein weißer Fleck beim Jubiläum“, so der Vorsitzende des Gremiums, Rainer Hinderer (SPD).
2019 jährt sich der Stonewall-Aufstand zum 50. Mal, führte Hinderer aus. Aus dem Gedenken an diesen Aufstand im Jahre 1969 sei im Folgejahr der erste Christopher Street Day (CSD) hervorgegangen. Dieses Jubiläum stelle auch für Baden-Württemberg einen Anlass dar, auf das Erreichte zu blicken und zukünftige Herausforderungen zu diskutieren. „Vor allem aber ist es für Baden-Württemberg eine wichtige Chance, ein eindeutiges und vernehmbares Zeichen gegen jede Art der Diskriminierung von lesbischen, schwulen, bisexuellen, transsexuellen, transgender, intersexuellen und queeren Menschen (LSBTTIQ) zu setzen.“
Mit dem Aktionsjahr 2019 „Für Akzeptanz & gleiche Rechte“ wolle das Sozialministerium gemeinsam mit anderen Ressorts, Kommunen, Verbänden, Institutionen und der Community die Sichtbarkeit von Vielfalt fördern, Präsenz zeigen, Vorbild sein und das Thema in die Öffentlichkeit tragen. Dazu sei ein eigenes Logo entwickelt worden, das als Dachmarke und Plattform für landesweit geplante ebenso wie regional und lokal verankerte Aktivitäten diene. Die Dachmarke sei sowohl beim Landesbeirat für „Akzeptanz und gleiche Rechte“, wie auch bei den verschiedenen Partnerorganisationen vorgestellt worden.
Durch das Ministerium werde das Logo und weitere Werbematerialien zum „Aktionsjahr 2019“ zur Verfügung gestellt. Veranstaltungen, Aktionen und Maßnahmen aus ganz Baden-Württemberg seien gesammelt und etwa unter dem Link : https://sozialministerium.baden-wuerttemberg.de/de/soziales/offenheit-und-akzeptanz/aktionsplan-fuer-akzeptanz-und-gleiche-rechte/aktionsjahr-2019-fuer-akzeptanz-gleiche-rechte/
veröffentlicht worden. Gefördert würden u.a. Veranstaltungen in Ravensburg, Heidelberg und Freiburg sowie eine ganze Reihe regionaler, kleinteiliger Projekte.
Obwohl nochmals betont worden sei, dass man sich nicht dafür feiern lassen dürfe, was sich die Community hart erkämpft habe, sei der Beschlussantrag, der darauf abgezielt habe, zur Stärkung der Erinnerungsarbeit an den Stonewall-Aufstand in allen Ministerien Aktionen und Maßnahmen zur Würdigung des Jubiläums anzubieten, mehrheitlich abgelehnt worden.
481 Beamte wechselten in Laufbahngruppen des mittleren Dienstes
Stuttgart. Mit den Auswirkungen auf die von der Abschaffung des einfachen Dienstes durch die große Dienstrechtsreform betroffenen Beamtinnen und Beamte hat sich der Ausschuss für Inneres, Digitalisierung und Migration in seiner Sitzung am 3. Juli 2019 befasst. „Aufgrund der Reform wechselten 481 Beamte vom einfachen Dienst in eine vergleichbare Laufbahngruppe des mittleren Dienstes“, teilte der Ausschussvorsitzende Karl Klein (CDU) mit. Viele der übergeleiteten Beamten wurden inzwischen in höhere Besoldungsgruppen befördert. Der Ausschussvorsitzende erinnerte in diesem Zusammenhang daran, fraktionsübergreifend werde die Meinung vertreten, dass man sich stärker mit der Bezahlung und Besoldung im öffentlichen Dienst beschäftigten sollte. „Es ist in unser aller Interesse, dass wir eine starke, attraktive und leistungsfähige Verwaltung haben“, betonte Karl Klein.
Mit der im Januar 2011 in Kraft getretenen großen Dienstrechtsreform wurde der einfache Dienst abgeschafft. Beamte des einfachen Dienstes wurden im Zuge der Reform in ein Amt mit gleichem Grundgehalt einer entsprechenden Laufbahn in der Laufbahngruppe des mittleren Dienstes übergeleitet. Betroffen waren damals 481 Beamtinnen und Beamte des Landes Baden-Württemberg.
Klein zufolge wurden die betroffenen Beamten nach der Überleitung in den Besoldungsgruppen A5 (144 Personen), A5 mit Zulage (200 Personen), A6 (59 Personen), A6 mit Zulage (71 Personen) und A7 (7 Personen) eingruppiert. Von diesen Beamten standen Anfang 2019 noch 368 im Dienst des Landes. Deren Besoldung verteilt sich inzwischen auf A5 (5 Personen), A5 mit Zulage (4 Personen), A6 (93 Personen), A6 mit Zulage (183 Personen), A7 (74 Personen) und A8 (9 Personen).
Die Möglichkeit der Beförderung stehe grundsätzlich allen übergeleiteten Beamten offen, sofern die Voraussetzungen für eine Beförderung vorhanden seien, sagte der Ausschussvorsitzende. Den übergeleiteten Beamten in den Laufbahnen der Amtsmeister und des Justizwachtmeisterdienstes der ehemaligen Besoldungsgruppen A3, A4 und A5 stehe zunächst eine Beförderung bis zu A6 offen. Durch Fortbildungen und Nachqualifizierungen sei eine Beförderung sogar bis A8 möglich. Bei den Laufbahnen des mittleren nichttechnischen und mittleren technischen Dienstes sei eine Beförderung bis A9 (ggf. mit Zulage) zulässig.
Abgeordnete erhalten prall gefüllte Hausaufgabenhefte von den Jugendlichen
Stuttgart. Eineinhalb Tage intensiver Austausch liegen hinter den Teilnehmerinnen und Teilnehmern des Jugendlandtags 2019. Zum insgesamt sechsten Mal debattierten sie untereinander und mit Abgeordneten über politische Fragestellungen. Den Abschluss des Jugendlandtags bildete die Überreichung prall gefüllter Hausaufgabenhefte an Landtagsvizepräsidentin Sabine Kurtz (CDU) am Donnerstagmittag, 27. Juni 2019. Darin haben die Jugendlichen handschriftlich ihre Forderungen an die Politikerinnen und Politiker notiert. „Wir werden diese Themen mitnehmen“, versicherte die Landtagsvizepräsidentin und lobte die Jugendlichen für ihre Professionalität, mit der sie den Jugendlandtag angegangen seien: „Ihr seid erstklassige Botschafter der Demokratie.“
Für den Jugendlandtag am Mittwoch, 26. Juni, und Donnerstag, 27. Juni, sind 175 Jugendliche aus ganz Baden-Württemberg nach Stuttgart gereist – so viele wie noch nie bei einem Jugendlandtag. Einige von ihnen haben, wie insgesamt 1.500, an den 22 Regionalkonferenzen teilgenommen. „Ihr repräsentiert die Stimme der Jugend im Austausch mit den Abgeordneten und den Mitgliedern der Regierung“, sagte Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) in ihrer Begrüßungsrede am Mittwoch. Sie betonte: „Junge Menschen besitzen eine große Kraftquelle: Ideen und die Unerschrockenheit, das Unmögliche zu verlangen.“
In insgesamt neun verschiedenen Workshops beschäftigten sich die Jugendlichen interessiert und engagiert mit Themen wie Klimaschutz, Digitalisierung und Mobilität, andere Gruppen debattierten zu Bildung, Jugendbeteiligung und Ehrenamt oder zur Zukunft Europas und dem gesellschaftlichen Zusammenhalt. Am Mittwochspätnachmittag stießen dann die Abgeordneten dazu. Die Jugendlichen erarbeiteten in engagierten Diskussionen ihre Kernforderungen. Die wichtigste war dabei die Absenkung des Wahlalters auf Landesebene. Der Workshop Mobilität war sich einig, dass die Politik ein Landesticket für Baden-Württemberg einführen solle, das nicht mehr als einen oder zwei Euro am Tag kostet. Die Jugendlichen, die sich mit Klimaschutz befassten, fordern eine Verschärfung der Regelungen für Massentierhaltung, sowie ein Verbot der Fleischwerbung und Schockbilder vergleichbar mit denen auf Zigarettenpackungen.
Bereits am Mittwochabend fand das sogenannte „Spitzen-Vesper“ statt, an dem sich Abgeordnete aller Fraktionen und Mitglieder der Regierung beteiligten. Höhepunkt des zweiten Tages war die jugendpolitische Debatte, die die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Jugendlandtags live verfolgen durften.
„Wir haben einen tollen Jugendlandtag mit intensiven Diskussionen zwischen Jugendlichen und Landtagsabgeordneten erlebt“, fasste Reiner Baur, Vorsitzender des Landesjugendrings, seine Eindrücke zusammen. „Durch den Jugendlandtag wurde klar, dass die Jugendbeteiligung auf Landesebene konsequent ausgebaut werden muss. Das bedeutet zunächst, das Wahlalter auf allen Ebenen abzusenken. Das heißt für uns aber auch, dass Jugendliche durch den Jugendlandtag aktiv die Landespolitik mitgestalten können müssen. Daran werden wir mit dem Landtag weiter arbeiten.“
Der Landesjugendring Baden-Württemberg e.V. organisiert den Jugendlandtag gemeinsam mit dem Landtag von Baden-Württemberg, der Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg und dem Ring politscher Jugend Baden-Württemberg.
60.300 Gäste kamen 2018 in den Landtag – 7.000 mehr als im Jahr zuvor
Stuttgart. Rund 60.300 Gäste haben im Jahr 2018 den Landtag von Baden-Württemberg besucht. Das sind rund 7.000 Personen mehr als im Jahr zuvor. „Ich freue mich sehr, dass so viele Menschen zu uns in den Landtag gekommen sind. Das zeigt das breite Interesse an politischen Prozessen und ist eine schöne Bestätigung unserer Arbeit und unserer Angebote“, sagte Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) am Dienstag, 11. Juni 2019.
Den größten Anteil an den Landtagsgästen bilden Schüler- und Erwachsenengruppen, die vom Besucherdienst des Landtags oder von Abgeordneten durch das Landtagsgebäude sowie in den Plenarsaal geführt werden und besondere Einblicke in das parlamentarische Geschehen erhalten. „Hier konnte die Besucherzahl im Vergleich zum Vorjahr von 36.309 auf 43.613 Personen erheblich gesteigert werden“, sagte Aras. „Das war unser Ziel und es wurde erreicht.“ Etwa 15.000 weitere Besucherinnen und Besucher kamen zu den zahlreichen Veranstaltungen im Landtag wie der „stuttgartnacht“ oder der Veranstaltung „Zukunft der EU-Finanzen“ mit EU-Haushaltskommissar Günther H. Oettinger.
Besonders freut sich Aras, dass die zahlreichen Kinder- und Jugendveranstaltungen, die der Landtag anbietet, stark nachgefragt sind. „Ob Kindergipfel, Planspiel Junges Europäisches Parlament, Schülerwettbewerb oder Kinderferienprogramm – der Landtag unternimmt fraktionsübergreifend sehr viel, um Kinder und Jugendliche so früh wie möglich an die parlamentarische Demokratie heranzuführen“, so die Präsidentin.
Außerdem zählte der Landtag im vergangenen Jahr 863 Personen bei den Samstagsöffnungen, 270 Gäste, die zu Ausschüssen und Anhörungen kamen, sowie 470 Gäste, die protokollarisch empfangen wurden wie Botschafter, Konsuln oder ausländische Abgeordnete, aber auch Gäste aus anderen Parlamenten sowie zivilgesellschaftliche „Hoheiten“ wie Weinköniginnen.
Landtagspräsidentin Aras ist optimistisch, dass das Interesse am Landtag auch in Zukunft hoch bleibt: „Die vielfältigen Angebote des Landtags, seine Arbeit nach außen hin verständlich und transparent zu kommunizieren, werden sicherlich dazu beitragen“, so Aras. Dazu zählten etwa das Bürger- und Medienzentrum mit seiner interaktiven Dauerausstellung, die Social-Media-Aktivitäten, die Veranstaltungsreihe „Wertsachen“, die vielen Kinder- und Jugendveranstaltungen sowie zahlreiche weitere Aktivitäten des Parlaments.
Kein Wassermengenproblem in Baden-Württemberg
Stuttgart. Für das Land Baden-Württemberg existiert auch zukünftig in der Summe kein Wassermengenproblem. Das wurde bei entsprechenden Beratungen eines CDU-Antrags zur Zukunftssicherung der Wasserversorgung für Baden-Württemberg – Herausforderungen und Perspektiven bis 2050 deutlich. Der Ausschuss für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft hat sich in seiner Sitzung am Donnerstag, 6. Juni 2019, damit befasst, wie der Vorsitzende des Gremiums, Dr. Bernd Grimmer (AfD), mitgeteilt hat.
Die Herausforderung bestünde vielmehr darin, diejenigen Regionen zu versorgen, die aufgrund des nicht ausreichenden Dargebots oder starker Verdichtung, wie z.B. im nördlichen Oberrhein oder im Mittleren Neckarraum über geringere Ressourcen verfügen.
Sauberes Wasser ist Dr. Grimmer zufolge ein für die Menschen existenziell wichtiges Stück Lebensqualität. Viele Gemeinden hätten sich zur Erfüllung der Wasservorsorge in Zweckverbänden zusammengeschlossen, darunter die Bodensee-Wasserversorgung, die Landeswasserversorgung und die Wasserversorgung Nordostwürttemberg. Angesichts der zunehmenden Extremwetterlagen und deren Auswirkungen auf den Wasserhaushalt und damit die Versorgung mit Trinkwasser stehe Baden-Württemberg vor der herausfordernden Aufgabe, die Wasserversorgung zukunftssicher zu machen. Ziel der Landesregierung sei, ortsnahe Wasservorkommen vorrangig zu erhalten und die Versorgungssicherheit durch interkommunale Kooperationen zu erhöhen. In Baden-Württemberg habe sich ein Verbundsystem aus den drei Säulen der ortsnahen, lokalen Gewinnungsanlagen, den Gruppenwasserversorgern und den Fernwasserversorgern etabliert und bewährt. Nach Angaben des Statistischen Landesamts habe sich zwischen 2007 und 2016 die Zahl der öffentlichen Wasserversorgungsunternehmen (WVU) von 1.345 auf 1.320 unwesentlich verringert. Rund 80 Prozent davon seien Gemeindeunternehmen, rund 13 Prozent Gruppenwasserversorger. Dazu kämen vier Fernwasserversorger und 88 privatrechtlich organisierte Versorgungsunternehmen.
Die Landesregierung verfolge die Idee eines „Masterplans Wasserversorgung“ mit dem Ziel einer langfristigen zukunftssicheren Perspektive, so der Ausschussvorsitzende. Dabei sollten nicht nur die Belange der Fern- und Gruppenwasserversorger, sondern insbesondere die der kommunalen Wasserversorger mit ortsnahen Wasservorkommen betrachtet werden. In diesen Prozess würden alle relevanten Akteure eingebunden. So könnten die Kommunen die notwendigen Entscheidungen für eine zukunftssichere Wasserversorgung fällen. Der Ausschuss habe diesen Masterplan begrüßt und werde ihn weiterhin mit Interesse verfolgen.
Landtag gibt keine Stellungnahme zu Klage für Kita-Volksbegehren ab
Stuttgart. Der Landtag von Baden-Württemberg wird in dem Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof wegen eines vom Innenministerium abgelehnten Antrags auf Zulassung eines Volksbegehrens für gebührenfreie Kitas keine Stellungnahme abgeben. Diesen Beschluss fasste der Ständige Ausschuss am Donnerstag, 6. Juni 2019, mit großer Mehrheit, wie der Vorsitzende des Gremiums, der Abgeordnete Dr. Stefan Scheffold (CDU), mitteilte. Die Mehrheit im Ausschuss habe die Entscheidung damit begründet, dass es bei dem Thema keinen Konsens unter den Fraktionen gebe. Eine Stellungnahme des Landtags würde nur Sinn ergeben, wenn sich die Fraktionen einig sind, dass zumindest die Mehrheit eine Stellungnahme befürwortet.
„Nach der bisherigen Praxis äußert sich der Landtag in einem verfassungsgerichtlichen Verfahren vor allem dann, wenn durch den Ausgang des Verfahrens aus Sicht des Landtags parlamentsspezifische Belange berührt sein könnten“, führte Dr. Scheffold aus. In der Regel sei dies bei Rechtsstreitigkeiten der Fall, in denen es um parlamentsrechtliche Fragen gehe oder Gesetzesbestimmungen angegriffen würden, die der Landtag maßgeblich mitgestaltet habe, oder deren Ausgang auch für den Landtag grundsätzliche Bedeutung besitze. Außerdem könne Anlass für eine Stellungnahme sein, wenn die Gesetzgebungskompetenz des Landes berührt sei. In diesem Fall bestehe die Besonderheit, dass keine Rechtsvorschrift angegriffen werde, sondern ein bestehendes Gesetz geändert werden solle.
Nach Angaben des Vorsitzenden hatte der SPD-Landesverband beim Innenministerium ein Volksbegehren für eine kostenfreie Betreuung in Kitas beantragt. Das Ministerium habe den Antrag jedoch aus rechtlichen Gründen abgelehnt. Die SPD vertrete eine andere Rechtsauffassung und habe daher Klage vor dem Verfassungsgerichtshof gegen die Ablehnung des Antrags eingereicht, so Scheffold.
Erfolg des Petitionsausschusses: Äffle und Pferdle als Ampelsymbole in Stuttgart
Stuttgart – Der Petitionsausschuss des Landtags hat der Petition abgeholfen, die die Aufstellung von Lichtsignalanlagen mit „Äffle und Pferdle“ für die Landeshauptstadt Stuttgart verfolgt. Einstimmig votierten die Mitglieder des Gremiums für den in der Sitzung vorgebrachten Vorschlag von Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne), an einer prominenten Stelle in Stuttgart neben die reguläre Fußgängerampel eine zweite Lichtanlage mit den Symbolen „Äffle und Pferdle“ zu koppeln. „Nie war es ein größeres Vergnügen, Volkes Wille zur Durchsetzung zu verhelfen“, so die Vorsitzende des Ausschusses, Beate Böhlen (Grüne), nach der Sitzung. Sie dankte Minister Hermann ausdrücklich für seinen pragmatischen Vorschlag einer Doppelampel, der von den Petenten umgehend akzeptiert worden sei.
Seit zweieinhalb Jahren engagieren sich die Mitglieder des „Äffle und Pferdle“-Fanclubs für die Installierung der tierischen Ampelsymbole. Die zwei Comicfiguren des früheren Süddeutschen Rundfunks haben im schwäbischen Sprachraum Kultstatus erlangt. Im Verfahren hätten die Vertreter der Initiative laut Böhlen auf zahlreiche bundesweit installierte „sympathischen Motivampeln“ verwiesen wie Marx in Trier, Rattenfänger in Hameln oder neuerdings auch eine „Ottifanten-Autoampeln“ zu Ehren von Otto Waalkes in der Stadt Emden. Seit 2018 ist die „Äffle und Pferdle“-Petition beim Landtag anhängig und wurde mehrfach behandelt. Nun führte der Petitionsausschuss die Entscheidung herbei. „Regionale Symbole auf Ampeln erhöhen die Identifizierung der Bürgerinnen und Bürger mit der Region“, so die Ausschussvorsitzende Böhlen. Der Vorschlag des Ministers sei unter diesem Aspekt salomonisch zu nennen.
Verkehrsminister Hermann habe in der Sitzung noch einmal die Rechtslage referiert. In Deutschland regelt die Straßenverkehrsordnung (§ 37 Absatz 2 Nummer 5) die Verhaltenspflicht der Fußgänger an Lichtzeichenanlagen. In einer Verwaltungsvorschrift ist explizit die Gestaltung der Sinnbilder bei Ampeln bezeichnet: „Im Lichtzeichen für Fußgänger muss das rote Sinnbild einen stehenden, das grüne einen schreitenden Fußgänger zeigen.“ Bundesweit gibt es inzwischen eine größere Zahl an Ausnahmen, allerdings sind nur die Ampelmännchen in Ostdeutschland offiziell erlaubt. Alle anderen rechtlich gesehen keine Verkehrszeichen. Die Länder seien hier grundsätzlich wegen Haftungsfragen, aber auch wegen der Einheitlichkeit an Bundesrecht gebunden, habe Hermann ausgeführt. „Der Verkehrsminister hat einen Weg gefunden, die bundesrechtliche Seite zu berücksichtigen und trotzdem der Idee zur Realisierung zu verhelfen“, so Böhlen.
Die Finanzierung der Anschaffung und Realisierung einer solchen „Äffle und Pferdle“-Symbolampel obliege dem Fanclub, betonte die Vorsitzende Böhlen mit Blick auf mögliche Nachahmer. „Es wird gewiss hinreichend viele Fans geben, die dies unterstützen.“
Präsidentin Aras: Junge Menschen denken intensiv darüber nach, was wir als Gesellschaft besser machen sollten
Stuttgart. Etwas mehr als jede zweite Arbeit, die beim 61. Schülerwettbewerb des Landtags eingereicht wurde, ist preiswürdig; 49 Arbeiten werden mit dem Ersten Preis ausgezeichnet. Die ausgezeichneten Schülerinnen und Schüler haben am Donnerstag, 6. Juni 2019, im Landtag von Baden-Württemberg aus den Händen von Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) ihre Urkunden überreicht bekommen. „Das Klischee von der unpolitischen, desinteressierten Jugend ist Unsinn“, zeigte sich die Landtagspräsidentin bei der Preisverleihung erfreut. „Junge Menschen machen sich Gedanken um gesellschaftliche Themen und sie denken auch intensiv darüber nach, was wir als Gesellschaft besser machen sollten.“ Die prämierten Arbeiten seien dafür der beste Beweis.
Die Arbeiten zeigten auch die Vielfalt der Themen, mit denen sich junge Menschen beschäftigen würden. Jedoch hätten diese häufig das Gefühl, die Politik nehme ihre Themen nicht ausreichend wahr. Daran müsse die Politik arbeiten, so Aras, und die Inhalte der Politik stärker an den Zukunftswünschen und Vorstellungen junger Menschen orientieren. „Um in einen Austausch auf Augenhöhe zu kommen, ist der Schülerwettbewerb ein guter Ausgangspunkt“, erklärte die Landtagspräsidentin.
Generell erfreute sich der Schülerwettbewerb auch in diesem Jahr wieder großer Beliebtheit. 3.420 Schülerinnen und Schüler aus 160 Schulen haben insgesamt 2.498 Arbeiten eingereicht. Eine dieser Arbeiten war dabei der magische 111.111 Beitrag. Jedoch konnten nicht alle Arbeiten in die Bewertungen aufgenommen werden, wenn beispielsweise Unterschriften von Eltern fehlten, die erlaubten, dass die Daten gespeichert werden dürfen. 50 Arbeiten konnten somit nicht bewertet werden – aus Datenschutzgründen.
Wie jedes Jahr konnten die Schülerinnen und Schüler zwischen mehreren Aufgabenstellungen für ihre Arbeiten wählen. Am beliebtesten waren dabei die Themen „Kinder in der Welt“, das als Plakat gestaltet werden sollte, und „Digitale Überwachung“, das neben Erörterungen, Facharbeiten oder Reportagen auch als Website ausgearbeitet werden konnte. Von den Beiträgen, die zur digitalen Überwachung eingereicht wurden, wurden sechs von zehn mit Preisen ausgezeichnet. Das Onlineformat, wie eben ein Beitrag als Website, das im vergangenen Jahr zum ersten Mal zur Verfügung stand, wurde in diesem Jahr 68 Mal genutzt – dreimal so häufig wie noch im vergangenen Jahr.
Gartenschau leistet wichtigen Beitrag für Infrastruktur und Nachhaltigkeit
Stuttgart/Schorndorf. Bei einem Besuch der diesjährigen Landesgartenschau im Remstal hat sich der Ausschuss für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz über die Bedeutung der Ausstellung für die 16 beteiligten Kommunen und die gesamte Region informiert. „Die interkommunale Gartenschau leistet einen wichtigen Beitrag bei der Schaffung von Infrastruktur, bei der städtebaulichen Entwicklung und im Bereich der Nachhaltigkeit“, sagte der Ausschussvorsitzende Martin Hahn (Grüne) am Mittwoch, 5. Juni 2019, in Schorndorf. Der Ausschuss sei überzeugt, dass die Menschen vor Ort durch die im Zuge der Gartenschau geschaffenen Projekte langfristig profitierten.
Traditionell besucht der Landwirtschaftsausschuss jedes Jahr die im Südwesten stattfindenden Gartenschauen. Die diesjährige Ausstellung ist jedoch besonders, da sie sich über 80 Kilometer erstreckt und 16 Kommunen sowie drei Landkreise verbindet. „Hier wurde die Chance geschaffen, die Politik stärker zu vernetzen und die ganze Region gemeinsam voranzubringen“, betonte Hahn. Auch Landwirtschaftsminister Peter Hauk zeigte sich von dem Konzept überzeugt: „Die Remstal-Gartenschau ist ein Gewinn für die ganze Region.“
Begonnen hatte der Besuchstermin mit einer Ausschusssitzung in der Barbara-Künkelin-Halle, in der über mehrere parlamentarische Anträge beraten wurde. Im Anschluss folgte ein Rundgang über das Gartenschaugelände. Dabei besichtigten die Abgeordneten unter anderem die Erlebnisgärten im Schlosspark und die Blumenschau „Rosen-Geschichten“ im Schlosskeller. An der Sitzung und dem Rundgang nahm auch Landwirtschaftsminister Peter Hauk teil. Empfangen und begleitet wurde der Ausschuss vom Schorndorfer Oberbürgermeister und Aufsichtsratsvorsitzenden der Gartenschau-GmbH, Matthias Klopfer, sowie von Bürgermeister und Geschäftsführer Thorsten Englert. Ebenfalls dabei waren der Vorsitzende der Förderungsgesellschaft für die Baden-Württembergischen Gartenschauen, Gerhard Hugenschmidt, und Geschäftsführer Tobias de Haen.
Vorsitzender Rombach: Bäume und Hecken an Straßen liefern Beitrag zur Artenvielfalt
Stuttgart. Der Ausschuss für Verkehr war Ende Mai 2019 auf Informationsfahrt in Merklingen und Münsingen. In seiner Sitzung am Dienstag, 28. Mai, beschäftigten sich die Mitglieder des Ausschusses auf Antrag der CDU-Fraktion mit der Bedeutung von Bäumen und Hecken, die entlang von Straßen gepflanzt sind. „Bäume, Sträucher und Gebüsche an Straßen und anderen Verkehrswegen bieten einer Vielzahl an Vögeln, Insekten, Kleinsäugern, Reptilien und Pflanzenarten einen Lebensraum“, erklärte der Ausschussvorsitzende Karl Rombach (CDU). Dabei müssten die Belange des Betriebs und der Verkehrssicherheit aber selbstverständlich berücksichtigt werden.
Wenn Straßen neu- oder ausgebaut werden, würden Hecken und Bäume am Straßenrand in der Regel neu gepflanzt, wie Rombach berichtete. Um die Verkehrssicherheit zu gewährleisten, müsse dabei auf einen ausreichend großen Abstand zur Fahrbahn geachtet werden. Insbesondere Gehölze mit Stammumfängen von mehr als 25 Zentimetern könnten nämlich Hindernisse darstellen, da nicht selten zu schwersten oder gar tödlichen Verletzungen führten. Die Abstände zum Fahrbahnrand liegen dabei zwischen 4,5 und 12 Metern, abhängig von der Höchstgeschwindigkeit auf der Strecke.
Wie der Ausschussvorsitzende mitteilte, sei es Ziel der Bepflanzungen an den Verkehrswegen, die Gras- und Grünholzflächen so zu gestalten und zu pflegen, dass sie zugleich Lebensraum für vielfältige Tier- und Pflanzenarten seien. Damit leiste man einen Beitrag zur Artenvielfalt. Gleichzeitig müssten auch die Belange der Verkehrssicherheit berücksichtigen werden. So müssten Verkehrsknotenpunkte zwingend erkennbar sein und Verkehrszeichen und Sichtmöglichkeiten an Kreuzungen freigehalten werden. Eine weitere Pflegemaßnahme sei es, den Straßenraum von überhängenden Ästen zu befreien und Totholz zu entfernen. Diese Pflege naturverträglich zu gestalten, sei ein Ziel der „Naturschutzstrategie Baden-Württemberg“, so der Ausschussvorsitzende abschließend.
Beweisaufnahme formell beendet
Stuttgart. Der Untersuchungsausschuss Zulagen Ludwigsburg hat in seiner Sitzung am Mittwoch, 5. Juni 2019, die Beweisaufnahme formell beendet. Das hat die Vorsitzende des Gremiums, Sabine Kurtz (CDU) mitgeteilt: „Der Beschluss wurde einstimmig gefasst.“
Zuvor habe der Ausschuss den rund 800 Seiten starken Sachbericht beschlossen. „Auch einstimmig“, freute sich Kurtz, die ihren Kolleginnen und Kollegen für die gute Zusammenarbeit in den letzten zwei Jahren dankte. Die Fraktionen haben nun Gelegenheit, ihre Bewertungen schriftlich zu formulieren. Es ist vorgesehen, den Gesamtbericht am 16. oder 17. Oktober 2019 ins Plenum einzubringen. Die noch vorgehaltenen Sitzungstermine am 24. Juni und 15. Juli werden nicht mehr benötigt und sind deshalb vom Gremium aufgehoben worden.
Diätenanpassung zum 1. Juli 2019
Stuttgart. Orientiert an den vom Statistischen Landesamt festgestellten Daten zur allgemeinen Einkommens- und Kostenentwicklung werden die Diäten der Abgeordneten des Landtags von Baden-Württemberg zum 1. Juli 2019 angepasst. Grundlage hierfür ist das sogenannte Indexierungsverfahren, das vom Landtag im Jahr 2005 eingeführt und im Juni 2016 für die 16. Wahlperiode bestätigt wurde. Nach Angaben der Landtagspressestelle erhöht sich entsprechend dieser Bemessungsmethode die steuerpflichtige Grundentschädigung für die Parlamentarierinnen und Parlamentarier um 3,1 Prozent auf 8.210 Euro.
Wie die Landtagspressestelle weiter bekannt gibt, werden zudem die Kostenpauschale um 2,0 Prozent auf 2.252 Euro und der Vorsorgebeitrag für die eigenständige Altersvorsorge um 3,08 Prozent auf 1.805 Euro erhöht. Bemessungszeitraum für die aktuelle Anpassung ist das Jahr 2018.
Indexierungsverfahren bedeutet, dass die Entschädigung auf der Grundlage von statistischen Maßzahlen angepasst wird. Für die Grundentschädigung teilt das Statistische Landesamt die Veränderung des Nominallohnindex für Baden-Württemberg mit, der die allgemeine Einkommensentwicklung in Baden-Württemberg abbildet. Für die Kostenpauschale ermittelt das Statistische Landesamt den Wert anhand der Entwicklung des Verbraucherpreisindexes für Baden-Württemberg, während sich der Vorsorgebeitrag an der Entwicklung des Höchstbeitrags zur allgemeinen Rentenversicherung ausrichtet.
Auf der Grundlage dieser Werte werden die neuen Entschädigungsleistungen errechnet und von der Landtagspräsidentin im Gesetzblatt für Baden-Württemberg veröffentlicht.
Anlage: Bekanntmachung der Landtagspräsidentin vom 4. Juni 2019(externer Link)
Landtagspräsidentin Aras: "Wunderbarer Tag für die Demokratie"
Stuttgart - Der Landtag öffnete seine Pforten am Europawahltag 2019 für die Abschlussveranstaltung der Europawahlkampagne des Landesjugendrings. Rund 100 junge Europäer, die in den vergangenen Monaten für Europa und seine Werte in Kampagnen geworben hatten, verfolgten auf Einladung von Landtagspräsidentin Muhterem Aras (GRÜNE) mit Gästen auch aus den Fraktionen die Hochrechnungen. "Ich bin froh über die höhere Wahlbeteiligung und stolz auf die Baden-Württembergerinnen und Baden-Württemberger", kommentierte Präsidentin Aras die 62 Prozent Wahlbeteiligung im Südwesten – etwa drei Prozentpunkte mehr als auf Bundesebene. Dies sei ein „wunderbarer Tag für die Demokratie“, so Aras. An die Adresse der jungen Erwachsenen sagte sie: „Ihr habt dazu beigetragen, Europa mit einem Ausrufezeichen und nicht mit einem Fragezeichen zu versehen!“
Mitglieder des Landtags diskutierten vor den ersten Hochrechnungen mit Vertreterinnen und Vertretern der Mitgliedsverbände wie Landjugend oder Stadtjugendring. Die deutsch-französische HipHop-Band Zweierpasch reimte für Europa.
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Statistischen Landesamtes mit Präsidentin Dr. Carmina Brenner an der Spitze hatten im Landesparlament ihren Interimsarbeitsplatz bezogen, ebenso Landeswahlleiterin Cornelia Nesch mit ihrem Team. Die ersten ausgezählten Stimmen aus den Wahlkreisen, die in die Landeshauptstadt an die Landeswahlleitung übermittelt wurden, waren der Ostalbkreis sowie der Stadtkreis Pforzheim, vor Heidenheim und Heilbronn. Um 23 Uhr verkündete Landeswahlleiterin Nesch im Landtag das vorläufige amtliche Endergebnis der Wahl zum Europäischen Parlament für Baden-Württemberg.
Prof. Sandra Richter: Grundgesetz als „weltliche Neufassung der Zehn Gebote“ ernst nehmen
Stuttgart – Der Landtag von Baden-Württemberg feierte den 70. Geburtstag des Grundgesetzes mit seiner Würdigung als Kulturgut. Zu Veranstaltung im Rahmen der Reihe „WERTSACHEN – Was uns zusammenhält.“ kamen mehr als 700 Gäste ins Parlament. Das „Grundgesetz als Text“ erlaube aufgrund seiner asketischen, einfachen Form die Auslegung seiner Normen und eine Anpassung an den politischen Zeitgeist, so die Direktorin des Deutschen Literaturarchivs Marbach, Prof. Dr. Sandra Richter in ihrem Festvortrag. Sie warnte gleichzeitig davor, das Grundgesetz immer weiter mit konkreten Vorgaben aufzuladen. „Wir müssen das Grundgesetz tatsächlich als weltliche Neufassung der zehn Gebote für die bundesrepublikanische Gesellschaft ernst nehmen“, so Prof. Richter.
Trotz sprachlicher Schlichtheit wirke der Grundgesetz-Text, zumal in seinen Grundrechtsartikeln, pathetisch, führte Prof. Sandra Richter aus. Den „Sound des Grundgesetzes“ gebe Artikel 1 („Würde des Menschen“) vor. Die Begeisterung für das Grundgesetz führte sie auf eine „geglückte Einheit von Form und Norm“ zurück, auf dessen Flexibilität, aber auch auf einen intensiven Diskurs auch und gerade in der deutschsprachigen Literatur. Richter präsentierte erstmals vor den rund 700 Gästen im Landtag von Baden-Württemberg eine umfangreiche literarische Spurensuche - von Max Frischs „Stiller“ über Theo Lutz („Man muss das Grundgesetz ändern!“) bis zu Günter Grass („Ein Schnäppchen namens DDR“).
Die Zeit nach der deutschen Wiedervereinigung markiert für Prof. Richter innerhalb der Autoren eine „intellektuelle Experimentierphase“ – der Widerstreit, ob Artikel 146 GG missachtet werde oder ein „Beitritt“ nach Artikel 23 ausreiche. „Wir leben, wie Jürgen Habermas ahnte, mit der Hypothek, mit den damals neuen Bürgern der Bundesrepublik nicht ausreichend über unsere nun gemeinsamen Normen und Werte gesprochen zu haben.“ Die Konsequenz laut Professor Richter: „Wir müssen uns immer wieder neu über unseren Wertekanon verständigen und uns darauf einschwören, wenn wir ihn ernst nehmen wollen.“
Landtagspräsidentin Muhterem Aras zeigte sich in ihrem Grußwort ebenfalls angetan davon, dass das Grundgesetz in der Bevölkerung derzeit hoch im Kurs steht. „Den Blick auf das Grundgesetz zu richten kommt einer Selbstvergewisserung gleich - gerade in Zeiten großer Veränderung und Unruhe wie wir sie momentan erleben.“ Es sei der „Kompass für eine freie und friedliche Zukunft“.
Die musikalische Hommage zum 70. Geburtstag des Grundgesetzes bot die Sängerin Susanne Heydenreich mit Hildegard-Knef-Liedern („Für mich soll‘s rote Rosen regnen“), eine satirische Betrachtung des Grundgesetzes nahm der Kabarettist Matthias Deutschmann vor. Im Foyer des Landtags konnten sich die Gäste mit ihrem „Lieblings-Grundrechtsartikel“ in bundesrepublikanisch-historischer Kulisse ablichten lassen. Der Öffentlichkeit vorgestellt wurde ebenfalls eine Dokumentation der bisherigen Veranstaltungen aus der Landtags-Gesprächsreihe „WERTSACHEN – Was uns zusammenhält.“
Hinweis: Ein Exemplar des Dokumentationsbandes „WERTSACHEN – Was uns zusammenhält.“ kann gern bestellt werden unter. landtagspressestelle@landtag-bw.de
Bildungsausschuss befasst sich mit Empfehlungen zur Schulverwaltungssoftware
Stuttgart. Im Juli vergangenen Jahres beschloss der Landtag, dass der Rech-nungshof die Vorgänge rund um das Schulverwaltungsprogramm Amtliche Schulverwaltung Baden-Württemberg (ASV-BW) prüfen solle. Der Ausschuss für Kultus, Jugend und Sport hat sich in seiner Sitzung am Donnerstag, 23. Mai 2019, mit dem nun vorliegenden Bericht des Landesrechnungshofes befasst. Dies teilte die Vorsitzende des Gremiums, Brigitte Lösch (Grüne) mit: „Unsere Schulen brauchen eine funktionsfähige amtliche Schulverwaltung, die sie bei der Bewerkstelligung von administrativen Aufgaben unterstützt“, erklärte Lösch. „Es war gut und richtig, den Rechnungshof mit der Aufarbeitung der Vorgänge zu beauftragen.“
Begonnen wurde mit dem Projekt der Amtlichen Schulverwaltungssoftware im Jahr 2006. Nach den ursprünglichen Plänen des Kultusministeriums Baden-Württemberg sollte diese ab dem Schuljahr 2008/09 eingesetzt werden und die Schulen bei der Bewältigung von Verwaltungsaufgaben elektronisch unterstützen. „Jedoch wird die Software bis heute leider nicht flächendeckend genutzt“, bedauerte Lösch. Wie der Rechnungshof mitteilte, würden etwa 410 Schulen im Land das Programm nutzen; das seien neun Prozent aller Schulen. Die elektronische Übertragung von Daten der amtlichen Schulstatistik, die eigentliche Kernfunktion des Programms, nutzten sogar nur zwei Prozent der Schulen. Die Softwarelandschaft an den baden-württembergischen Schulen sei daher noch sehr heterogen. Die Kernfunktion, die amtliche Schulstatistik, funktioniere nach Informationen des Ministeriums mittlerweile bei allen Schularten. Man sei daher auf einem guten Weg.
Nach Informationen des Rechnungshofs habe das Projekt seine Zielvorgaben deut-lich verfehlt. Das hänge zwar auch damit zusammen, dass bildungspolitisch in den vergangenen Jahren einiges geändert habe, wie die Umstellung des neunjährigen auf das achtjährige Gymnasium. Allerdings würden auch die Daten zur Unterrichtssituation bisher nicht wie vorgesehen von der Software geliefert, sondern würden von jeder Schule direkt ins System Verfahren Amtliche Schuldaten eingespeist. Die Da-tenübernahme aus den operativen Verfahren der Kultusverwaltung hingegen funkti-oniere grundsätzlich. „Trotz der zahlreichen Kritikpunkte bewerten die teilnehmenden Schulen die Software tendenziell positiv“, berichtete die Ausschussvorsitzende.
Die Untersuchung des Rechnungshofs zeige, dass die Amtliche Schulverwaltungs-software grundsätzlich geeignet sei, die täglichen Verwaltungsaufgaben der Schulen elektronisch zu unterstützen. Mittlerweile sei die amtliche Schulstatistik für alle Schularten programmiert und werde aktuell auch pilotiert. Im Herbst dieses Jahres plane das Ministerium, dem Landtag einen Gesetzesentwurf bezüglich der ver-pflichtenden Nutzung für Schulen vorzulegen. Lösch schloss sich der Einschätzung des Rechnungshofs an: „Eine verpflichtende Nutzung der Software ist nur dann sinnvoll, wenn ihre Kernfunktionen flächendeckend zur Verfügung stehen und die angekündigten Entlastungen auch im Arbeitsalltag der Schulen spürbar sind.“
Medizinische Betreuung älterer Menschen erfordert umfassenden Ansatz
Stuttgart. Mit der geriatrischen medizinischen Versorgung im ambulanten Setting sowie im stationären Bereich – Anträge der Fraktion Grüne - hat sich der Ausschuss für Soziales und Integration in seiner Sitzung am Donnerstag, 23. Mai 2019, befasst. Das hat der Vorsitzende des Gremiums, Rainer Hinderer (SPD), mitgeteilt. „Die geriatrische Versorgung ist ein wichtiges Thema, das uns alle angeht“, so Hinderer.
Der gesellschaftliche und demografische Wandel stelle das Gesundheitssystem vor wachsende und stetig neue Herausforderungen, führte der Ausschussvorsitzende aus. „Im Jahr 2030 werden gemäß Prognosen rund 30 Prozent der Bevölkerung über 65 Jahre alt sein“, legte Hinderer dar. Die medizinische Betreuung älterer Menschen erfordere einen umfassenden Ansatz mit individuellen, medizinischen, präventiven, rehabilitativen und pflegerischen Aspekten. Hierbei zeige das Geriatriekonzept Baden-Württemberg Lösungsansätze auf.
Wie Rainer Hinderer darlegte, solle mit dem Geriatriekonzept eine wohnortnah orga-nisierte, ambulant vor stationär ausgerichtete, eng miteinander vernetzte und durch-gängig gestaltete geriatrische Versorgung für die älteren Menschen geschaffen wer-den. Zentrale Elemente seien die Geriatrischen Schwerpunkte und Zentren (GSGZ). Ihre besonderen Aufgaben bestünden in Fortbildung und Fallkonferenzen, Schaffung sektorenübergreifender Netzwerke wie auch der Verankerung von Prozessen der Identifikation. „Die Arbeit der GSGZ hat in den letzten Jahren nach Einschätzung der Landesarbeitsgemeinschaft Geriatrie eine Verbesserung der Versorgungskette für geriatrische Patienten ermöglicht“, sagte Hinderer. „Die Vernetzung und Kooperation der beteiligten Institutionen wurde eindeutig verbessert.“ Überdies seien die geriatri-schen Behandlungseinheiten in Akutkrankenhäusern als ein wichtiger Baustein der geriatrischen Versorgung verankert worden. Auch habe sich die Situation der Geriat-rischen Rehabilitation mit der Etablierung des Geriatriekonzeptes strukturell deutlich stabilisiert. In Ergänzung zur stationären geriatrischen Rehabilitation sollte aus Sicht der Landesregierung das Angebot ambulanter und vor allem mobiler geriatrischer Rehabilitation ausgebaut werden.
Altersmedizin ist Hinderer zufolge in hohem Maße personalabhängig und personalin-tensiv. Die Versorgung von Menschen insbesondere mit Demenz im Krankenhaus bleibe in der Praxis eine Herausforderung. Die Zahl der geriatrischen Krankenhaus-betten in Baden-Württemberg sei erstmals 2016 vom Sozialministerium ermittelt worden und werde mit 1.144 Betten bei 40 Behandlungseinheiten angegeben. In Baden-Württemberg würden weiterhin in großem Umfang geriatrische Behandlungs-kapazitäten im Rehabilitationssektor vorgehalten. Laut Statistischem Bundesamt 2018 betrage die Versorgungsquote auf je 10.000 Einwohner von 65 Jahren und älter in Baden-Württemberg 11,7 Behandlungsplätze. Aktuell seien laut Ärztekammer Baden-Württemberg 222 Ärztinnen und Ärzte mit der Zusatzweiterbildung „Geriatrie“ tätig.
Landesverwaltung vergibt im Jahr 2018 Gutachten im Umfang von 14,2 Millionen Euro
Stuttgart. Die Ministerien des Landes Baden-Württemberg haben im Jahr 2018 externe Gutachten und Beratungsleistungen mit einem Volumen von 14,2 Millionen Euro vergeben. Im Jahr 2017 lag das Volumen bei rund 28,2 Millionen Euro. Das geht aus einem Bericht der Landesregierung über die Vergabe von externen Gutachten und Beratungsleistungen hervor, der am Donnerstag, 23. Mai 2019, im Finanzausschuss des Landtags beraten wurde, wie der Vorsitzende des Gremiums, der SPD-Abgeordnete Rainer Stickelberger, mitteilte. Das Gremium beschloss zudem einstimmig, dass die Regierung dem Landtag alle zwei Jahre über die Entwicklung bei der Vergabe externer Beratungen berichten muss.
„Der Landtag hatte die Landesregierung im Jahr 2018 aufgefordert, die Anzahl und das finanzielle Volumen externer Beratungsleistungen zu reduzieren“, sagte Stickelberger. Insbesondere in den Bereichen, in denen es durch die Haushaltspläne 2017, 2018 und 2019 Stellenzuwächse gegeben habe oder noch geben werde, solle die Eigenleistung deutlich ausgeweitet werden. Außerdem solle innerhalb der Landesverwaltung vorhandenes spezifisches Fachwissen ressortübergreifend stärker genutzt werden.
Dem Vorsitzenden zufolge hat das Staatsministerium ausgeführt, die Landesregierung sei bestrebt, Anzahl und Kosten externer Beratungsleistungen auf das unbedingt notwendige Maß zu reduzieren. Grundsätzlich solle darauf geachtet werden, dass die Beratung vorrangig von eigenem Personal erledigt werde. Dennoch könne es in bestimmten Fällen geboten sein, Beratungsleistungen an Externe zu vergeben. Das sei insbesondere der Fall, wenn nicht ausreichend Personal mit dem erforderlichen Wissen zur Verfügung stehe oder zwingender Handlungsbedarf gegeben sei. Außerdem werde in manchen Fällen Spezialwissen benötigt, welches nur selten gebraucht werde und daher in der Landesverwaltung nicht vorhanden sei.
Die Entwicklung der Ausgaben in den vergangenen Jahren lässt laut Stickelberger keinen eindeutigen Trend erkennen, da die Kosten von Jahr zu Jahr sehr stark schwankten. Wie aus dem etwa 100 Seiten umfassenden Bericht hervorgehe, betrugen die Beratungsleistungen im Jahr 2010 rund 9,7 Millionen Euro. Der höchste Stand sei im Jahr 2017 mit etwa 28,2 Millionen Euro erreicht worden. Das Staatsministerium habe erklärt, die starken Schwankungen zeigten, dass bei der Vergabe von Leistungen viele Unwägbarkeiten eine Rolle spielten. Hinzu komme, dass externe Berater vor allem bei komplexen Problemfällen in Anspruch genommen werden müssten, was zu hohen Ausgaben für einzelne Projekte führe. So sei beispielsweise die deutliche Erhöhung im Jahr 2017 auf die Weiterführung eines mehrjährigen Projekts des Verkehrsministeriums für den Schienenpersonennahverkehr zurückzuführen.
Laut Stickelberger sind in der Auflistung für die Bereiche der Ministerien folgende Gesamtauftragssummen für das Jahr 2018 erfasst: Staatsministerium: 76.519 Euro (2017: 42.998 Euro, 2010: 450.249 Euro), Innenministerium 4,8 Millionen Euro (2017: 3,3 Millionen Euro, 2010: 1,8 Millionen Euro), Kultusministerium 155.569 Euro (2017: 168.951 Euro, 2010: 374.304 Euro), Justizministerium 205.148 (2017: 337.138 Euro, 2010: 0,00 Euro), Finanzministerium 2,2 Millionen Euro (2017: 751.845 Euro, 2010: 2,1 Millionen Euro), Wirtschaftsministerium 668.785 Euro (2017: 991.523 Euro, 2010: 271.869 Euro), Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz 24.367 Euro (2017: 250.728 Euro, 2010: 161.209 Euro), Sozialministerium 362.698 Euro (2017: 24.258 Euro, 2010: 73.727 Euro), Umweltministerium 978.183 Euro (2017: 1,6 Millionen Euro, 2010: 991.493 Euro), Verkehrsministerium 2,1 Millionen Euro (2017: 18,3 Millionen Euro, 2010: 891.180 Euro), Wissenschaftsministerium 2,6 Millionen Euro (2017: 2,5 Millionen Euro, 2010: 2,5 Millionen Euro).
925 Handy-Ortungen und 21 TKÜ-Maßnahmen im Jahr 2018 in Baden-Württemberg
Stuttgart. Bei der Suche nach vermissten, hilflosen oder suizidgefährdeten Personen hat die Polizei in Baden-Württemberg im Jahr 2018 in 925 Fällen Kommunikationsdaten von Personen erhoben. Das sind 67 Fälle weniger als im Jahr zuvor. Zudem nutzte die Polizei in 21 Fällen präventiv-polizeiliche Maßnahmen der Telekommunikationsüberwachung (TKÜ), etwa bei der Terrorabwehr oder bei Sexualdelikten. Das geht aus dem jährlichen Bericht der Landesregierung an den Landtag zum Einsatz technischer Mittel mit Bezug zur Telekommunikation sowie TKÜ-Maßnahmen hervor, der am Mittwoch, 22. Mai 2019, im Ausschuss für Inneres, Digitalisierung und Migration beraten wurde. Dies teilte der Vorsitzende des Gremiums, der CDU-Abgeordnete Karl Klein, mit.
„Für die Polizei ist die Ortung von Mobiltelefonen ein wichtiges Instrument bei der Suche nach Personen, die sich in einer hilflosen oder lebensbedrohlichen Lage befinden. Durch die Feststellung der Funkzelle des gesuchten Handys kann der Aufenthaltsbereich häufig eingegrenzt werden, wodurch Such- und Rettungsmaßnahmen zielgerichteter und schneller durchgeführt werden können“, so Karl Klein. In 923 der insgesamt 925 Fälle wurde ausschließlich das Mobiltelefon von Personen geortet, die sich akut in Lebensgefahr befanden. Lediglich in zwei Fällen (2018: drei Fälle) erfolgte eine über die reine Ortung hinausgehende Erhebung von Verbindungsdaten zur Gefahrenabwehr.
In nahezu allen Fällen wurde aufgrund der eiligen Handlungsbedürftigkeit die Ortung durch die jeweiligen Dienststellenleiter regionaler Polizeipräsidien oder besonders beauftragte Beamte des höheren Dienstes angeordnet. „Dieses Verfahren hat sich in vielen Fällen als lebensrettend für die Betroffenen erwiesen“, so Karl Klein. Die Landesregierung berichtete dem Landtagsausschuss zum ersten Mal seit der Änderung des Polizeigesetzes im Dezember 2017 und der Schaffung einer Rechtsgrundlage für die Durchführung präventiv-polizeilicher Maßnahmen der Telekommunikationsüberwachung (TKÜ), inklusive Quellen-TKÜ, über den Einsatz dieses Verfahrens. Demnach nutzte die Polizei im Jahr 2018 in 21 Fällen TKÜ-Maßnahmen. Die Quellen-TKÜ, also der Einsatz einer Software zum Ausspähen von verschlüsselter Online-Kommunikation etwa bei Messengerdiensten, kam nicht zum Einsatz.
Die 21 TKÜ-Maßnahmen wurden in allen Fällen vom zuständigen Amtsgericht geprüft und genehmigt. „17 Maßnahmen wurden aufgrund eines staatsschutzrelevanten Hintergrunds angeordnet, drei Maßnahmen aufgrund einer dringenden und erheblichen Gefahr im Bereich der Sexualdelikte und eine Maßnahme aufgrund eines Vermisstenfalls“, sagte der Ausschussvorsitzende. Nach Angaben von Innenminister Thomas Strobl habe sich die TKÜ insbesondere bei der Gefahrenabwehr im Bereich des Staatsschutzes und bei der Terrorabwehr als wertvoll erwiesen. Die TKÜ könne in erheblichem Maße dazu beitragen, Anschlagsvorbereitungen frühzeitig zu erkennen. Auch bei der Lokalisierung eines rückfallgefährdeten Sexualstraftäters habe sich die TKÜ als äußerst erfolgreich erwiesen, fasste Karl Klein das Fazit des Ministers zusammen.
100 Millionen Euro für die Sanierungsoffensive der Universitätsklinika des Landes
Stuttgart. Mit dem Investitionsstau in der Hochschulmedizin Baden-Württemberg hat sich der Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kunst am Mittwoch, 22. Mai 2019, auf Antrag der Fraktionen FDP/DVP und SPD befasst. „Ganz aktuell wird über die Verteilung von 100 Millionen Euro aus dem Nachtrag für die Uniklinika entschieden. Vorbehaltlich der Zustimmung des Finanzausschusses am morgigen Donnerstag, kann das Geld für die Sanierungsoffensive der Universitätsklinika des Landes eingesetzt werden“, gab der Ausschussvorsitzende Andreas Deuschle (CDU) bekannt.
In den Haushaltsjahren 2018 und 2019 stünden aus der Rücklage für die Universitätsklinika bereits 400 Millionen Euro für Sanierungsmaßnahmen zur Verfügung. „Jetzt kommen nochmal 100 Millionen Euro oben drauf“, so Deuschle. „Ich freue mich, dass auch ein zwischen Wissenschaftsministerium, Finanzministerium und Uniklinika abgestimmter Maßnahmenplan vorliegt.“ Damit könnten für Baumaßnahmen im Bereich des Einzelplans 12 (Staatlicher Hochbau) insgesamt weitere 34 Millionen Euro und im Bereich des Einzelplans 14 (Bauunterhalt, Sanierungs- und Instandhaltungsmaßnahmen in Zuständigkeit der Universitätsklinika) weitere 66 Millionen Euro eingesetzt werden. „Die Verteilung sieht für die Uniklinik Freiburg 27,3 Millionen Euro vor, für Heidelberg 23 Millionen, für Tübingen 27,7 Millionen und für Ulm 22 Millionen Euro“, sagte der Ausschussvorsitzende.
„Mit der Sanierungsinitiative können nun wichtige Vorhaben an den Unikliniken angegangen werden. Die Investitionen bringen wesentliche Verbesserungen für Patienten und Mitarbeiter“, betonte Andreas Deuschle abschließend.
Landtagspräsidentin Aras: „Schülerinnen und Schüler zeigen großes Interesse an Politik“
Stuttgart. Vier junge Frauen werden in diesem Jahr für ihre herausragenden Arbeiten mit dem Förderpreis des Schülerwettbewerbs des Landtags ausgezeichnet. Am heutigen Mittwoch, 22. Mai 2019, überreichte Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne), die Schirmherrin des Wettbewerbs, ihnen ihre Preise. „Der Schülerwettbewerb ist auch in seinem 61. Jahr nicht aus der Mode gekommen. Mehr als 3.000 Schülerinnen und Schüler haben sich mit aktuellen politischen Themen auseinandergesetzt. Das ist der beste Beweis dafür, dass junge Menschen politisch interessiert sind“, freute sich die Landtagspräsidentin. Indra Brocke und Leonie Hanna Härtig erhalten für ihre Arbeiten jede 1.250 Euro und Luca-Cara Spang und Inga Axelsson erhalten für ihren gemeinschaftlich gedrehten Film jede 1.000 Euro.
„Schülerinnen und Schüler machen sich Gedanken um gesellschaftliche Themen. Sie sind motiviert, sich Gehör zu verschaffen“, so Aras. Mit der Institution Politik seien junge Menschen jedoch nicht immer zufrieden. „Jugendliche organisieren sich anders, sie debattieren anders und geben uns als Politik damit zu denken.“ Dabei würden Fragen aufgeworfen: „Wie müssen wir uns ändern, dass wie die Themen der Jungen früher und besser wahrnehmen? Was müssen wir an unseren Strukturen ändern? Wie werden sie für junge Menschen so attraktiv, dass sie sich auch in der Politik engagieren, wenn sie sich politisch engagieren?“ Die Förderpreisverleihung sei ein geeigneter Anlass, sich darüber gemeinsam auszutauschen.
Den Förderpreis gibt es noch nicht ganz so lange wie den Schülerwettbewerb an sich, doch auch diese Preise werden seit mittlerweile 32 Jahren an Schülerinnen und Schüler vergeben, deren Arbeiten noch aus den Ersten Preisen herausragen. Die Kriterien dafür: Sie sollen vor allem originell und authentisch sein. Diese Kriterien erfüllte Indra Brocke vom Markgraf-Ludwig-Gymnasium Baden-Baden in den Augen der Jury mit ihrer Erörterung über die Frage: „Macht eine soziale Dienstpflicht für Jugendliche Sinn?“ Auch Leonie Hanna Härtig, die das Heisenberg-Gymnasium in Bruchsal besucht, wählte für ihre herausragende Arbeit eine Textform; sie schrieb einen fiktiven Brief an Hubertus Heil, den Bundesminister für Arbeit und Soziales, und formulierte darin Modelle, wie die Altersvorsorge zukunftssicher und generationengerecht ausgestaltet werden kann. Einen anderen Ansatz wählten hingegen Luca-Cara Spang und Inga Axelsson von der Wilhelm-Röpke-Schule in Ettlingen, die gemeinsam einen Filmclip darüber drehten, ab wann Rassismus beginnt.
Im Anschluss an die Preisverleihung besuchten die Ausgezeichneten ein Stuttgarter Museum und trafen sich zum Gespräch mit dem Minister für Soziales und Integration Manfred Lucha (Grüne). Abends besuchten alle gemeinsam die Komödie Marquardt „Wir sind die Neuen“.
Generell erfreute sich der Schülerwettbewerb auch in diesem Jahr großer Beliebtheit. 3.420 Schülerinnen und Schüler aus 160 Schulen haben insgesamt 2.498 Arbeiten eingereicht. Eine dieser Arbeiten war dabei der magische 111.111 Beitrag. In allen Schülerwettbewerben seit 1957 gingen mittlerweile 112.001 Wettbewerbsbeiträge ein.
Festveranstaltung zum 70. Geburtstag: Landtag blickt auf das Grundgesetz als Kulturgut
Stuttgart – Der Landtag von Baden-Württemberg würdigt das Grundgesetz zu seinem 70. Geburtstag unter einem außergewöhnlichen Blickwinkel – als Kulturgut. Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) lädt am 23. Mai 2019 im Rahmen der Reihe „WERTSACHEN – Was uns zusammenhält.“ ins Landtagsgebäude. Prof. Dr. Sandra Richter, seit Januar Direktorin des Deutschen Literaturarchivs Marbach, hält den Festvortrag „Das Grundgesetz als Text“. Präsidentin Aras dazu: „Das Grundgesetz als Text entfaltet eine symbolische Kraft, die unsere Kultur und unser Selbstverständnis prägt“.
Prof. Dr. Richter wird am Jahrestag der Verkündung das Grundgesetz einerseits als Text analysieren. Andererseits betrachtet sie dessen Wahrnehmungsgeschichte in der Literatur wie auch in der intellektuellen Öffentlichkeit. Zudem auf dem Programm: Der Kabarettist Matthias Deutschmann nimmt Formulierungen aus der Verfassung in einem satirischen Beitrag unter die Lupe; die Sängerin Susanne Heydenreich stimmt mit Knef-Liedern auf die Entstehungszeit des Grundgesetzes ein.
Die Landtags-Gesprächsreihe „WERTSACHEN – Was uns zusammenhält.“, die landesweit Station macht, beleuchtet Grundrechtsartikel sowie weitere Staatszielbestimmungen. Der Abend zum 70. Geburtstag der deutschen Verfassung ist die achte “WERTSACHEN“-Veranstaltung. Der Landtag veröffentlicht zu diesem Anlass eine Buch-Dokumentation der Gesprächsreihe, die gerne angefordert werden kann.
Entscheidung über Abgabe von Stellungnahme zu Klage für Kita-Volksbegehren verschoben
Stuttgart. Mit dem Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof wegen eines vom Innenministerium abgelehnten Antrags auf Zulassung eines Volksbegehrens für gebührenfreie Kitas hat sich der Ständige Ausschuss am Donnerstag, 9. Mai 2019, befasst. „Das Gremium votierte mehrheitlich dafür, die Entscheidung, ob der Landtag in diesem Fall eine Stellungnahme abgeben soll, auf die nächste Sitzung zu verschieben“, sagte der Ausschussvorsitzende Dr. Stefan Scheffold (CDU). Auf Antrag der SPD-Fraktion hatte der Ausschuss mehrheitlich beschlossen, das Thema öffentlich zu beraten.
„Nach der bisherigen Praxis äußert sich der Landtag in einem verfassungsgerichtlichen Verfahren vor allem dann, wenn durch den Ausgang des Verfahrens aus Sicht des Landtags parlamentsspezifische Belange berührt sein könnten“, führte Dr. Scheffold aus. In der Regel sei dies bei Rechtsstreitigkeiten der Fall, in denen es um parlamentsrechtliche Fragen gehe oder Gesetzesbestimmungen angegriffen würden, die der Landtag maßgeblich mitgestaltet habe, oder deren Ausgang auch für den Landtag grundsätzliche Bedeutung besitze. Außerdem könne Anlass für eine Stellungnahme sein, wenn die Gesetzgebungskompetenz des Landes berührt sei. In diesem Fall bestehe die Besonderheit, dass keine Rechtsvorschrift angegriffen werde, sondern ein bestehendes Gesetz geändert werden solle.
Nach Angaben des Vorsitzenden hatte der SPD-Landesverband beim Innenministerium ein Volksbegehren für eine kostenfreie Betreuung in Kitas beantragt. Die dafür notwendigen 10.000 Unterschriften habe die SPD vorgelegt. Das Ministerium habe den Antrag jedoch aus rechtlichen Gründen abgelehnt. Unter anderem habe das Ministerium die Ablehnung damit begründet, dass die Landesverfassung keine Volksbegehren und keine Volksabstimmungen über das Staatshaushaltsgesetz und Abgabengesetze vorsehe. Darüber hinaus würde eine solche Gesetzesänderung in Baden-Württemberg einen Verstoß gegen das Grundgesetz bedeuten.
Aus Sicht des Ministeriums würden die Kosten das Haushaltsgleichgewicht und die Budgethoheit des Parlaments wesentlich beeinflussen. Sie beliefen sich nach Angaben der SPD auf 529 Millionen Euro jährlich, nach Einschätzung des Städtetags könnten sie sogar 730 Millionen Euro jährlich betragen. Die Mittel, die im kommenden Haushalt noch nicht rechtlich gebunden seien, beliefen sich auf rund eine Milliarde Euro. Dadurch wären diese Mittel alleine durch dieses Gesetzesvorhaben nahezu vollständig gebunden und es bliebe kaum noch Raum für sonstige freiwillige Leistungen des Landes. Aus Sicht des Ministeriums sei der Antrag der SPD daher unzulässig, fasste Dr. Scheffold die Rechtsauffassung des Ministeriums zusammen.
Die SPD vertrete eine andere Rechtsauffassung und habe daher Klage vor dem Verfassungsgerichtshof gegen die Ablehnung des Antrags eingereicht. „Der Verfassungsgerichtshof hat dem Landtag Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben, weshalb sich der Ständige Ausschuss nun mit dem Thema befasste“, so Dr. Scheffold.
Umweltausschuss diskutiert Forderung nach Erdverkabelung statt Freilandstromtrassen
Stuttgart. Der Ausschuss für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft hat sich in seiner Sitzung am Donnerstag, 9. Mai 2019, mit einer Großen Anfrage der AfD-Fraktion beschäftigt, die im Interesse des Natur- und Landschaftsschutzes Erdverkabelung anstelle von Freilandstromtrassen fordert. Dies teilte der Vorsitzende des Gremiums, Dr. Bernd Grimmer (AfD), mit. Diskutiert wurde am Beispiel des Protests von Bürgern und Kommunalverwaltung in Hohenlohe gegen die Errichtung ebensolcher Freilandstromtrassen.
Dem Ausschussvorsitzenden zufolge hängt es von rechtlichen Rahmenbedingungen ab, ob eine Hochspannungsleitung als Erdkabel oder Freileitung ausgeführt wird. So seien Hochspannungsleitungen auf neuen Trassen mit einer Spannung von 110 Kilovolt oder weniger als Erdkabel auszuführen, wenn die Errichtung und der Betrieb des Erdkabels maximal 2,75 mal so viel kosten wie eine technisch vergleichbare Freileitung. Auch gebe es naturschutzfachliche Belange, aus denen Erdkabel nicht möglich seien. Das Umweltministerium habe jedoch eingeräumt, dass sich eine Freileitung grundsätzlich auf das Landschaftsbild und somit auch auf die Erholungseignung des Gebietes auswirke.
Nach Einschätzung des Ministeriums würden Infrastrukturprojekte gleich welcher Art Betroffenheit bei den Kommunen und in der Öffentlichkeit hervorrufen; Hohenlohe bilde da keine Ausnahme. Es sei jedoch Aufgabe der am Verfahren beteiligten Behörden, die teils gegensätzlichen Interessen in einen angemessenen Ausgleich zu bringen.
In Hohenlohe führe das Regierungspräsidium Stuttgart derzeit ein sogenanntes Raumordnungsverfahren durch; hierbei würde unter anderem die Umweltverträglichkeit der Korridore, die zwischen 300 und 600 Meter breit seien, geprüft. Wie genau die Leitungen verlaufen sollen, würde allerdings erst im anschließenden Planfeststellungsverfahren festgelegt. Dies gelte auch für die Frage, ob die Leitungen als Freileitung, als Erdkabel oder als eine Kombination beider Varianten verlegt werden. Auch in diesem Teil der Planung sei die Öffentlichkeit wieder anzuhören. Wie das Ministerium mitteilte, sei ein weiterer Zubau von EEG-Anlagen im Raum Hohenlohe auch in Zukunft zu erwarten.
Europaausschuss informiert sich über die Europäische Datenschutz-Grundverordnung
Stuttgart. In der Sitzung des Ausschusses für Europa und Internationales am Mittwoch, 8. Mai 2019, hat Dr. Julia Victoria Pörschke, Leiterin der Stabsstelle Europa beim Landesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Baden-Württemberg (LfDI BW), zum Thema „Europäische Datenschutz-Grundverordnung – verbindliche europäische Rechtsetzung, europäische Zusammenarbeit und Weiterentwicklung in der Praxis“ informiert. „Es geht um eine europäische Regelung, die bald ein Jahr in Kraft ist. Da ist es für uns wichtig, einmal hineinzusehen und eine Rückkopplung zu bekommen“, betonte der Vorsitzende des Gremiums, Willi Stächele (CDU).
Die Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) sei mit dem Ziel erlassen worden, ein einheitliches Recht zu schaffen. „Mit einer Grundverordnung wird ein Mindestkonsens geregelt, da die Präferenzen und Schutzwünsche der Mitgliedstaaten doch unterschiedlich waren“, so Dr. Pörschke. Bislang hätten 23 EU-Mitgliedstaaten ihre nationalen Gesetze an die Vorgaben der DS-GVO angepasst. Insgesamt habe die Grundverordnung etwa 69 Öffnungsklauseln – darunter pflichtige, in deren Rahmen die Mitgliedstaaten ergänzende Regelungen erlassen müssen, und freiwillige, die von den Mitgliedstaaten optional geregelt werden können. Im Anpassungs- und Umsetzungsprozess habe es überdies Nachbesserungswünsche der nationalen Gesetzgeber gegeben, etwa beim Presserecht, bei der Freistellung der „freien Berufe“ oder bei dem Schriftformerfordernis. Auch gebe es einige Fehlleistungen des Bundesgesetzgebers z.B. beim § 4 BDSG (neu) zur Videoüberwachung, denn hier sei keine Öffnungsklausel ersichtlich.
Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) und Vereine haben, so die Stabsstellenleiterin, besonders große Probleme in der praktischen Anwendung. Insbesondere die Informationspflichten würden von KMUs als Belastung empfunden. Ziel der Auf-sichtsbehörde sei es, „alle fit zu bekommen und praktikable Lösungen zu finden“, so Dr. Pörschke. Rund 10.000 Personen haben im Jahr 2018 an Schulungen des LfDI teilgenommen. Die Anzahl der Beratungsanfragen und Beschwerden wegen Datenschutzverstößen hatte sich von April bis Juli 2018 verdreifacht. Insgesamt gab es 2018 rund 5.000 Anfragen. 774 Meldungen über Datenpannen seien 2018 verzeichnet worden, das entspreche einer Verzehnfachung der Zahlen.
Abschließend machte Dr. Pörschke auf eine breit angelegte Evaluation des LfDI aufmerksam, die am 28. Juni 2019 in Kooperation mit der IHK der Region Stuttgart durchgeführt werden soll. „Wir wollen mit Vereinen, KMUs und Wirtschaftsunternehmen in den aktiven Dialog treten, praxisgerechte und handhabbare Lösungen diskutieren“, so Dr. Pörschke. Willi Stächele bedankte sich für die Ausführungen: „Wir werden an dem Thema dranbleiben.“
Agrarausschuss stimmt für Gesetzentwurf zur Neuorganisation der Forstverwaltung
Stuttgart. Der Ausschuss für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz hat be-schlossen, dem Landtagsplenum zu empfehlen, dem Gesetzentwurf zur Reform der Forstverwaltung in Baden-Württemberg zuzustimmen. In der Sitzung am Mittwoch, 8. Mai 2019, votierte das Gremium mehrheitlich für diese Empfehlung. „Die Mehrheit im Ausschuss war sich einig, dass durch die Reform die Wälder im Südwesten zukunftsfähig gemacht werden und die hohen Standards in der Waldbewirtschaftung erhalten bleiben“, sagte der Ausschussvorsitzende Martin Hahn (Grüne). Die Opposition habe unter anderem kritisiert, dass private Waldbesitzer einseitig belastet würden.
Hahn zufolge hatte das Bundeskartellamt wegen der Praxis der gemeinsamen Holz-vermarktung in einer Einheitsforstverwaltung jahrelang gegen Baden-Württemberg geklagt - aus wettbewerbsrechtlichen Gründen. Zwar habe das Land in letzter Instanz vor dem Bundesgerichtshof gewonnen, trotzdem müsse die Einheitsforstverwaltung beendet werden. Insbesondere das mittlerweile geänderte Bundeswaldgesetz, das EU-Beihilferecht und auch das Wettbewerbsrecht machten eine Reform der Forstverwaltung unumgänglich, so der Vorsitzende.
„Mit dem neuen Gesetz soll nun die Einheitsforstverwaltung beendet und die Bewirt-schaftung des Staatswaldes komplett vom Privatwaldbesitz getrennt werden“, sagte Hahn. Das Land gliedere den Staatswald und seine Bewirtschaftung aus der Forst-verwaltung aus und organisiere diese in einer Anstalt des öffentlichen Rechts neu. Beratung und Betreuung wolle das Land den privaten Waldbesitzern aber auch künf-tig anbieten. Damit solle eine landesweit flächendeckende Waldbetreuung sicherge-stellt werden.
Umstritten war bei den Beratungen im Ausschuss, wie lange und in welcher Form auch nach der Neuorganisation Ausbildungsplätze für Dritte angeboten werden sol-len. Das Gremium stimmte schließlich auf Antrag der Fraktionen Grüne und CDU mehrheitlich dafür, bis Ende des Jahres 2021 die Fortführung der bestehenden Aus-bildungsplätze für Dritte sicherzustellen.
Baden-Württemberg zählt mit rund 14.000 km² Wald zu den waldreichsten Bundes-ländern. Etwa 80 Prozent der Waldfläche befinden sich in privater oder kommunaler Hand. 24 Prozent sind Staatswald und rund 0,5 Prozent gehören dem Bund. Nach Angaben des Vorsitzenden gibt es in Baden-Württemberg über 240.000 private Waldbesitzer sowie waldbesitzende Städte und Gemeinden.
Die Zweite Beratung des Gesetzentwurfs ist für den 15. Mai 2019 vorgesehen. Das Gesetz soll im Januar 2020 in Kraft treten.
Verkehrsausschuss plädiert für Qualität statt reinem Preiswettbewerb im Busverkehr
Stuttgart. Der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) in Baden-Württemberg wird zu einem hohen Anteil von kleineren und mittleren Busunternehmen gestemmt. Diese geraten durch neue Vergabeverfahren jedoch zunehmend unter Druck. Dies teilte der Karl Rombach (CDU), der Vorsitzende des Ausschusses für Verkehr, mit. Das Gremium hat sich daher auf Antrag der CDU-Fraktion in seiner Sitzung am Mittwoch, 8. Mai 2019, damit befasst, wie man auch in Zukunft die Wettbewerbschancen solcher kleinen und mittelständischen Busunternehmen sichern kann.
Das Parlament hat die Landesregierung dazu aufgefordert, ein „Bündnis für den Mittelstand im öffentlichen Personennahverkehr“ zu initiieren. Ziel dieses Bündnisses sei es, so Verkehrsminister Winfried Hermann im Ausschuss, dass „wir keinen Wettbewerb bekommen, bei dem Unternehmen mit Billiglöhnen die Unternehmen vor Ort verdrängen“. Rombach zufolge haben sich Vertreter des Verkehrsministeriums mit Geschäftsführern und stellvertretenden Hauptgeschäftsführern getroffen. In manchen Punkten hätten sich die Seiten angenähert, jedoch sei auch ein Rechtsgutachten durch eine neutrale Instanz nötig gewesen, mit dem strittige Rechtsfragen geklärt wurden, damit der Prozess inhaltlich fortgesetzt werden konnte.
Bei der Arbeit im Bündnis für den Mittelstand bildeten, wie Rombach erklärte, sechs Ansatzpunkte die Grundorientierung. Dazu zählten beispielsweise eine mittelstandsfreundliche Gestaltung der Linienbündel, also der von jeweils einem Unternehmen bedienten Strecken, sowie mehr Spielräume bei der Verkehrsgestaltung. Hierbei könne durch die Festschreibung qualitativer Kriterien im Nahverkehrsplan und in den Vorabbekanntmachungen ein reiner Preiswettbewerb erschwert werden. „Dies stärkt die Chancen mittelständischer Busunternehmen“, so der Ausschussvorsitzende. Um andere Punkte, wie die Einhaltung der Tariftreue, werde noch gerungen. Vonseiten des Ministeriums hoffe man jedoch, dass man bis zur Sommerpause zu einer Einigung komme.
Bereits zuvor beschäftigte sich der Verkehrsausschuss, ebenfalls auf Antrag der CDU-Fraktion, mit der Situation der Ausbildung von Fachkräften in der Straßenbauverwaltung. So gebe es, wie der Ausschussvorsitzende mitteilte, alle zwei Jahre einen Ausbildungsgang für Straßenmeisteranwärter. Seit 2005 würden die Straßenmeisteranwärter vom Land eingestellt. Dafür würden den Regierungspräsidien und Landkreisen so viele Ausbildungsplätze zugewiesen, um Straßenmeister zu ersetzen, die durch Pensionierung oder Aufstieg wegfallen würden. Wie Rombach erklärte, würden seit 2013 jährlich auch fünf Straßenmeisteranwärter aus der Straßenbauverwaltung Sachsens mitausgebildet; mit Sachsen habe Baden-Württemberg eine Kooperation.
Für die Ausbildung künftiger Straßenwärter stehen 150 Beschäftigte zur Verfügung. Jedoch sei es in den vergangenen Jahren immer schwieriger geworden, Lehrkräfte zu gewinnen. Dies liege daran, dass es sich dabei um eine ehrenamtliche Tätigkeit handle, die in der Regel innerhalb der Dienstzeit ausgeübt wird. Eine Anpassung der Unterrichts- und Prüfungsvergütung könne die Situation verbessern.
Knapp 1.000 Gäste kommen zum Familientag in den Landtag
Stuttgart. Der Familientag des Landtags von Baden-Württemberg und des Inter-nationalen Trickfilmfestivals war ein voller Erfolg. Knapp 1.000 Gäste kamen am Sonntag, 5. Mai 2019, in das Landesparlament. Die Sonntagsöffnung war dieses Mal ganz besonders: Denn der Landtag beteiligte sich mit einem abwechslungs-reichen Programm am Internationalen Trickfilmfestival und bot neben Führungen in den Plenarsaal auch spannende Einblicke in die Welt der Animationsfilme an.
Los ging es um 11.00 Uhr im Bürger- und Medienzentrum: Vor allem Kinder und Ju-gendliche lernten beim „Markt der Möglichkeiten“ unterschiedliche Macharten für Trick-filme kennen oder konnten sich bei Mal- und Bastelaktionen austoben. Ein Höhepunkt des Tages war der Besuch von Shadi Adib, der Gewinnerin des Wettbewerbs „Trickfilm für Europa“. Gemeinsam mit Landtagsvizepräsidentin Sabine Kurtz sprach sie über ih-ren Europafilm „Ode“. Am Nachmittag erinnerte das Bürgerzentrum dann an einen Ki-nosaal, denn der Film „Shaun das Schaf“ zog zahlreiche Gäste aller Altersgruppen an.
Für alle Gäste, die mehr über das Parlament erfahren wollten, boten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Landtagsverwaltung Führungen in den Plenarsaal, dem Herzstück des Parlamentsgebäudes, an. Dabei erfuhren die Gäste allerlei Wissenswertes über das Parlamentsgebäude und die Arbeit der Abgeordneten und Fraktionen. Und viele Besucher nutzen die Gelegenheit, um sich einmal auf den Platz der Landtagspräsiden-tin oder des Ministerpräsidenten zu setzen und Erinnerungsfotos zu machen.
Vizepräsidentin Kurtz: Erinnerungsorte bieten gerade für junge Menschen eine große Chance
Stuttgart. Landtagsvizepräsidentin Sabine Kurtz (CDU) besuchte am Montag und Dienstag, 29. und 30. April 2019, zwei NS-Gedenkstätten in Baden-Württemberg. „Dass Baden-Württemberg über mehr als 70 Orte der Erinnerung verfügt, ist von großem Vorteil“, sagte Kurtz während ihres Besuchs der Georg-Elser-Gedenkstätte in Königsbronn und der Gedenkstätte in Grafeneck. „So schaffen wir im ganzen Land Möglichkeiten, sich mit der NS-Geschichte direkt vor der eigenen Haustür zu befassen. Gerade für junge Menschen ist es eine große Chance, diese charakteristische und heimatnahe Vielfalt an Themen und Zugängen zu haben."
Auf der ersten Station führte Joachim Ziller, Hauptamtsleiter der Gemeinde Königs-bronn, durch die Dauerausstellung der kommunal getragenen Georg-Elser-Gedenkstätte. Im Mittelpunkt standen Elsers Beweggründe für das Attentat auf Adolf Hitler am 8. November 1938 sowie die mühsame Aufarbeitung und späte Anerkennung seiner Tat nach der NS-Diktatur. In Grafeneck, der zweiten Station, führte Gedenkstättenleiter Thomas Stöckle über das Gelände und erläuterte die bedrückende Dokumentation der Geschichte des Ortes, wo an über 10.000 Menschen mit geistigen Behinderungen im Jahr 1940 entsetzliche Verbrechen begangen wurden.
„Unsere Gedenkstätten bieten mannigfaltige Möglichkeiten, sich mit der deutschen und baden-württembergischen Geschichte zu befassen und daraus Schlüsse für die Gegenwart zu ziehen“, so die Vizepräsidentin. „Wichtig ist mir, dass das Gedenken auch damit einhergeht, sich für unsere heutige Demokratie zu begeistern und die Würde jedes einzelnen Menschen zu achten und zu verteidigen.“ Sabine Kurtz dankte allen, die diesen Auftrag der politischen Bildung umsetzten. Kurtz wird 2019 noch weitere Erinnerungsorte besuchen, darunter das ehemalige KZ-Außenlager von Natzweiler in Bisingen, das Dokuzentrum Deutscher Sinti und Roma in Heidelberg und das Jüdische Museum in Gailingen.
Präsidentin Muhterem Aras: „Deine Stimme zählt“
Stuttgart – Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) übernimmt die Schirmherrschaft für die Erstwählerkampagne der Landeszentrale für politische Bildung (LpB) Baden-Württemberg in Zusammenarbeit mit dem Landesjugendring. „Meine Botschaft an alle jungen Frauen und Männer, die zum ersten Mal ihre Stimme abgeben dürfen, lautet: Wenn Du nicht willst, dass über Dich Politik hinweg gemacht wird, musst Du wählen gehen“, so Präsidentin Aras bei der Vorstellung im Rahmen einer Landespressekonferenz am 2. Mai 2019. „Wir alle sind aufgefordert, Jugendlichen frühzeitig zu vermitteln: Deine Stimme zählt!“ LpB-Vizedirektor Karl-Ulrich Templ hofft, dass über die Kampagne möglichst viele animiert werden zur Wahl zu gehen. „Wir müssen den Erstwählerinnen und Erstwählern zeigen, dass wir Wahlen und demokratische Beteiligung ernst nehmen, weil wir nur so eine starke Demokratie erhalten.“
Mehr als 500 000 Erst- und Jungwähler ab 16 Jahren können an der Kommunalwahl 2019 teilnehmen. Das Bündnis „Wählen ab 16“ mit mehr als 80 Partnern hat eine Erstwählerkampagne auf den Weg gebracht: Neben Plakaten, Faltblättern und Post-karten in markantem Design umfasst die Kampagne auch eine Reihe Veranstaltungen wie zum Beispiel einen „Influencer*innen Event“ am 7. Mai im Hospitalhof in Stuttgart. Aktionen sind für alle Landesteile geplant. Über Social-Media-Kanäle wie YouTube, Instagram und Facebook werden entsprechende Inhalte unter #meinestimmezählt oder #machdeinkreuz online gestellt. „In diesem Jahr habe ich doppelt gern die Schirmherrschaft übernommen: Kommunalwahl und Europawahl sind auf unterschiedlichen Ebenen gleichermaßen wichtige Weichenstellungen für jeden von uns“, so Landtagspräsidentin Aras. Sie werbe bei den Jugendlichen intensiv dafür, mit 16 schon zur Wahl zu gehen. Studien seien hierin eindeutig: Wer in jungen Jahren zur Wahl gehe, bleibe eher dabei. Deshalb plädiere sie für eine generelle Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre, nicht nur bei den Kommunalwahlen. Landtagspräsidentin Aras wirbt darüber hinaus für die nächste Stufe der politischen Mitwirkung - in Jugendgemeinderäten oder in regionalen Jugendkonferenzen. Der Landtag wird einen Wahlaufruf von Landtagspräsidentin Aras zum speziellen Wahl-Modus bei Kommunalwahlen (Kumulieren/Panaschieren) über seine verschiedenen Kommunikationskanäle verbreiten, ebenso Videos mit Testimonials („Was ist Ihre Botschaft zur Kommunalwahl?“) von jungen Abgeordneten aller fünf im Landtag vertretenen Fraktionen.
„Von der angeblichen Politikverdrossenheit bei Jugendlichen spüren wir zurzeit nichts“, so Kerstin Sommer vom Kooperationspartner Landesjugendring. „Am 26. Mai wird sich zeigen, wie viele Jugendliche zur Wahl gehen. Und im Wahlkampf davor muss sich zeigen, ob die Themen, die junge Menschen beschäftigen, auch von den Parteien aufgegriffen werden – denn Demokratie ist ja keine Einbahnstraße.“
An der Pressekonferenz nahmen für die Zielgruppe teil: Erstwählerin Gönul Ulas, Göppingen, Schülerin der Klasse 10 der Uhland-Realschule, sowie Erstwähler Björn Hintzen (18) aus Baden-Baden, der für die Jugendfeuerwehr eine eigene Kampagne vorstellte.
Terminvorschau: Am 26. Mai 2019, dem Tag der Kommunalwahlen sowie der Europawahl, wird im Haus des Landtags nicht nur das Wahlergebnis für Baden-Württemberg durch Landeswahlleiterin Cornelia Nesch verkündet, auch werden Landtagspräsidentin Aras und weitere Mitglieder des Landtags gemeinsam mit Erstwählerinnen und -wählern die Hochrechnungen und das Eintreffen der Wahlergebnisse verfolgen.
Weitere Informationen
Bildungsausschuss begrüßt Neustart bei Bildungscloud BW sowie Verzicht auf „Superlösung“
Stuttgart – Der Ausschuss für Kultus, Jugend und Sport befasste sich in seiner Sitzung vom 11. April 2019 erneut mit der inzwischen gestoppten Entwicklung der Bildungsplattform „ella“ und dem weiteren Vorgehen der Landesregierung. Nach einem Bericht von Kultusministerin Dr. Susanne Eisenmann wird ihr Ministerium die Projektverantwortung für eine zu entwickelnde Bildungscloud Baden-Württemberg übernehmen. „Der Ausschuss begrüßte mehrheitlich das Vorgehen nach dem Modularsystem, weil so eine Kommunikationsplattform im Bildungsbereich Schritt für Schritt eingeführt werden kann“, so die Ausschussvorsitzende Brigitte Lösch (Grüne). „Weiterhin auf die Realisierung einer Superlösung zu setzen, hieße, die Fehler der Vergangenheit zu wiederholen.“
Ministerin Dr. Eisenmann berichtete dem Ausschuss, sie habe im Kultusministerium eine Stabstelle eingerichtet. Auch die IT-Tochter des Landes, BitBW, habe das Projekt organisatorisch neu aufgesetzt durch eine externe Betreuungsfirma und zwei neue Stellen im Haus. Dr. Eisenmann kündigte einen umfassenden Neustart an. Man habe eine ausgiebige Marktbetrachtung vorgenommen, andere Bundesländer und einschlägige Anbieter von Bildungsclouds geprüft. Von 30 Firmen seien unter Einbeziehung des Landesdatenschutzbeauftragten 13 zur Produktvorstellung eingeladen worden. In Workshops mit Lehrkräften sowie Schülerinnen und Schülern habe man den Anspruch an eine Cloud einem „Update“ unterworfen. Seit Erstbefassung mit dem Thema seien fünf Jahre vergangen, so dass, manche Anforderungen nicht mehr zeitgemäß seien, habe die Ministerin berichtet.
Nach der intensiven Markterkundung und dem Blick in die anderen Bundesländer sei schnell klar geworden, dass es die „Superlösung“ nicht gebe. Man wolle nicht über einen langen Zeitraum das „optimale Instrument“ entwickeln, sondern alle auf dem Markt gängigen Module einer Cloud schrittweise einbeziehen und auf diese Weise schneller zur Realisierung kommen.
Laut Lösch steht der Ausschuss der von Ministerin Dr. Eisenmann angekündigten Fahrplan positiv gegenüber: Nach der Devise „Gründlichkeit geht vor Schnelligkeit“ sollen nach der Sommerpause Pläne für die ersten Cloud-Bausteine sowie einen Zeit- und Finanzplan vorgestellt werden. Die Ankündigung der Kultusministerin, nach den Sommerferien „Meilensteine“ zu benennen, sowie das Versprechen auf ein transparentes Vorgehen mit Lastenheft, Projekthandbuch, mittelfristiger Umsetzungsplanung und Risikomanagement seien geeignet, Vertrauen wiederherzustellen, so die Vorsitzende Lösch.
Sozialausschuss bespricht sich zur Situation von Gebärdensprachdolmetschern
Stuttgart. Barrierefreiheit schließt auch Kommunikation mit ein. So sind Menschen mit Sprach- oder Hörbehinderungen auf Gebärdensprachdolmetscher angewiesen. Der Ausschuss für Soziales und Integration befasste sich in seiner Sitzung am Donnerstag, 11. April 2019, auf Antrag der FDP/DVP-Fraktion mit der aktuellen Situation der Gebärdensprachdolmetscher. Wie der Ausschussvorsitzende Rainer Hinderer (SPD) mitteilte, würde in Fachkreisen eine erhebliche Unterversorgung mit solchen Dolmetschern bemängelt.
Hinderer zufolge gibt es in Baden-Württemberg bislang keine Studiengänge für Gebärdendolmetscher, jedoch erwäge derzeit die Pädagogische Hochschule Heidelberg, einen entsprechenden Studiengang einzurichten. Bis 2015 habe es außerdem entsprechende Qualifikationsmöglichkeiten beim Institut für Gebärdensprache Baden-Württemberg bei der Paulinenpflege in Winnenden gegeben; diese seien aufgrund zu geringer Nachfrage eingestellt worden. Jedoch gebe es dort weiterhin das Angebot eines Berufskollegs Gebärdensprache, an dem neben den allgemeinbildenden Fächern Deutsche Gebärdensprache und Einführung zum Dolmetschen unterrichtet würde.
Der Ausschussvorsitzende erklärte zudem, dass Menschen, die einen solchen Dolmetscher für eine Veranstaltung buchen möchten, eine Vorlaufzeit von acht bis zehn Wochen einplanen sollten. Dies sei beispielsweise bei Elternabenden an Schulen für gehörlose Eltern der Fall, allerdings würden solche Elternabende von den Schulen oftmals zu kurzfristig angekündigt. In Einzelfällen, beispielsweise bei Arztterminen, könnte auch eine Vorlaufzeit von vier bis sechs Wochen ausreichen. Grund dafür sei nicht nur ein Mangel an Gebärdensprachdolmetschern, sondern auch die zunehmende Teilhabe und Beteiligung von Menschen, die Leistungen solcher Dolmetscher benötigen, wie Hinderer erklärte. Dieser Mangel führe auch dazu, dass die Zuschüsse des Landesverbands der Gehörlosen Baden-Württemberg nicht voll ausgeschöpft würden, obwohl die Nachfrage vorhanden wäre.
„Dass Menschen mit Hör- oder Sprachbehinderung immer stärker beteiligt werden, ist eine sehr positive Entwicklung“, betonte Hinderer. Diese solle daher nicht durch zu wenige Dolmetscher ausgebremst werden. Die Überlegungen der Pädagogischen Hochschule Heidelberg, einen Studiengang für Gebärdensprachdolmetscher zu schaffen, würden daher nicht nur von der Landeskommission für Menschen mit Hörbehinderung ausdrücklich unterstützt.
Vorsitzender Schweickert: Ausschuss stellte Maximum an Transparenz zu Eventus eG her
Stuttgart –Mit der Insolvenz der Wohnungsbaugenossenschaft Eventus eG befasste sich der Wirtschaftsausschuss des Landtags erneut in öffentlicher Sitzung. „Die Deutlichkeit des Urteils der Gutachter macht mich ob der hier im Raum stehen eklatanten Versäumnisse ziemlich betroffen“, so der Ausschussvorsitzende Dr. Erik Schweickert (FDP/DVP). Das vom Wirtschaftsministerium in Auftrag gegebene externe Gutachten, das den Ausschussmitgliedern ohne Schwärzungen vertraulich zur Einsicht vorlag, stelle dem für die Rechtsprüfung zuständigen Verband baden-württembergischer Wohnungs- und Immobilienunternehmen e.V. (vbw) ein verheerendes Zeugnis aus und moniere teils gravierende Prüfungsdefizite. „Unser Ausschuss hat mit seinen Mitteln das Maximum an Transparenz hergestellt, die Vorgänge rund um die Insolvenz, die Rolle der Rechtsaufsicht und die Schädigung vieler hundert Anleger zu betrachten“, so Dr. Schweickert.
Bereits zum wiederholten Mal beschäftigte sich der Wirtschaftsausschuss des Landtags mit dem Fall der seit 2017 insolventen Baugenossenschaft Eventus eG, deren Gründer und Geschäftsführer im März 2019 zu einer langjährigen Haftstrafe verurteilt wurde. Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut gab einen Bericht zum Aufsichtsverfahren ihres Ministeriums gegen den Verband baden-württembergischer Wohnungs- und Immobilienunternehmen vbw e.V. ab. Die Sitzung in diesem Teil war auf Antrag der Fraktionen SPD und FDP/DVP öffentlich. „Die Insolvenz der Eventus eG hat den investierenden Mitgliedern schweren Schaden zugefügt. Der vbw hat nach unserer Überzeugung bei der Prüfung der Wohnungsgenossenschaft Eventus eG gegen seine Pflichten nach dem Genossenschaftsgesetz verstoßen“, so die Ministerin. Hinweisen sei der Prüfverband spät und unzureichend nachgegangen.
Die Ministerin wandte sich an die anwesenden Geschädigten mit der Beteuerung, dem Fall höchste Priorität einzuräumen. Dem Ministerium liegen zahlreiche Anträge auf Herausgabe des Gutachtens nach dem Landesinformationsfreiheitsgesetz vor. Auch der Wirtschaftsausschuss drängt, zeitnah das Gutachten für alle Geschädigten öffentlich und damit verwertbar zu machen. Die Ministerin berichtete, der vbw habe Einspruch geltend gemacht u.a. wegen des Schutzes personenbezogener Daten und Betriebsgeheimnissen. Erste Anträge habe man gleichwohl positiv beschieden, so Ministerin Hoffmeister-Kraut. Bis zur Herausgabe müsse aber Rechtsklarheit bestehen. An dem Ziel völliger Transparenz halte man fest. Aufgrund „teils gravierender Prüfungsdefizite“ habe das Ministerium bereits eine aufsichtsrechtliche Verfügung gegenüber dem vbw erlassen und begonnen, bei der Praxis genossenschaftsrechtlicher Überprüfungen Nachbesserungen zu veranlassen.
Ministerin Hoffmeister-Kraut kündigte an, beim nächsten fachbezogenen Bund-Länder-Ausschuss Vorschläge für Gesetzesanpassungen zu machen, wie etwa die Ausweitung von genossenschaftsrechtlichen Kontrollen auch bei Genossenschaften mit einer Bilanzsumme von weniger als 1,5 Millionen Euro.
„Der Ausschuss ist der Überzeugung, dass – ausgelöst durch diesen für zahlreiche Geschädigte verheerenden Betrugsfall – das Genossenschaftsrecht zum Schutz der Rechtsform Genossenschaft kritisch beleuchtet werden muss“, resümierte Dr. Schweickert. Insbesondere sei im Ausschuss die operative Zweckbindung von Genossenschaften gefordert worden, die reines „Einsammeln von Geld“ verhindere. „Die Eventus eG hätte aus Sicht des Ausschusses nie als Genossenschaft eingetragen werden dürfen.“
Innenausschuss befasst sich mit Katastrophenschutzverfahren der Union
Stuttgart. Im Rahmen der Unterrichtung des Landtags in EU-Angelegenheiten hat sich der Ausschuss für Inneres, Digitalisierung und Migration am Mittwoch, 10. April 2019, mit dem Katastrophenschutzverfahren der Union befasst. Dies hat der Vorsitzende des Gremiums, Karl Klein (CDU), mitgeteilt. „Die Mittel für den Katastrophenschutz konnten deutlich aufgestockt werden“, so Klein.
Der Beschlussvorschlag passe die Haushaltsbestimmungen des bisherigen Katastrophenschutzverfahrens der EU an den am 2. Mai 2018 angenommenen Kommissionsvorschlag zum mehrjährigen Finanzrahmen 2021 bis 2027 an. Er sehe für das Katastrophenschutzverfahren eine Mittelfestsetzung von insgesamt 1,4 Milliarden Euro vor.
Wie der Ausschussvorsitzende ausführte, sei es aus Sicht des Innenministeriums ein großes Anliegen gewesen, dass das unterstützenswerte Anliegen der Stärkung des Europäischen Katastrophenschutzes Rücksicht auf die Belange des hervorragend funktionierenden, ganz überwiegend durch ehrenamtliches Engagement getragenen Bevölkerungsschutzes in Baden-Württemberg nimmt. Das Innenministerium habe bereits frühzeitig einen konstruktiven Dialog mit dem zuständigen EU-Kommissar Christos Stylianides aufgenommen und eine ganze Reihe von Bedenken ausräumen können. „Das zeigt, dass wir europäische Politik maßgeblich mitgestalten können“, hob Karl Klein hervor.
Die zu kritisierenden Punkte betrafen, so Klein, eine mögliche Verlagerung der Verantwortung für den Katastrophenschutz weg von den Mitgliedstaaten hin zur Europäischen Union mit dem Risiko der Aushöhlung staatlicher Souveränität und nachlassender Vorsorgebemühungen in den Mitgliedstaaten. Ein weiterer Kritikpunk sei der Aufbau eigener EU-Kapazitäten unter „Kommando und Kontrolle“ der EU mit der Befürchtung der Schaffung von ineffizienten und unverknüpften Parallelstrukturen gewesen sowie die Gefahr übermäßiger Bürokratie durch vermehrte Berichtspflichten.
Der Kompromissvorschlag beachte die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten und beschränke sich auf eine koordinierende und unterstützende Funktion der EU. Zukünftig solle es eine spezielle Reserve von Bewältigungskapazitäten („rescEU“) geben, die mit Kofinanzierung der EU von den Mitgliedstaaten in deren Verantwortung betrieben werde solle und subsidiär zum Einsatz komme, wenn andere Mitgliedstaaten Hilfe anforderten. Als Beispiel sei der Einsatz von Löschflugzeugen bei Waldbränden genannt worden, so Klein. Überdies solle der bereits bestehende Europäische Katastrophenschutz-Pool gestärkt werden.
Verkehrsausschuss diskutiert über den WLAN-Ausbau im öffentlichen Nahverkehr
Stuttgart. Der Ausschuss für Verkehr hat sich in seiner Sitzung am Mittwoch, 20. März 2019, mit der Verfügbarkeit von WLAN im öffentlichen Personennahverkehr sowie der Mobilfunknetzabdeckung entlang der Schienenwege befasst. Anlass war ein Antrag der FDP/DVP-Fraktion. Dies teilte der Ausschussvorsitzende Karl Rombach (CDU) mit. „Kostenfreies WLAN zu nutzen ist in vielen Bereichen bereits Standard. Im öffentlichen Nahverkehr ist dies allerdings oft noch nicht der Fall“, erklärte Rombach. Dabei geben besonders jüngere Menschen an, dass es ihnen wichtig ist, dass der öffentliche Nahverkehr ans WLAN-Netz angeschlossen ist.
Wie das Verkehrsministerium mitteilte, sei es seit 2014 in allen Ausschreibungen für den Personennahverkehr auf der Schiene gefordert, dass in den Fahrzeugen WLAN bereitgestellt werde. Derzeit sei das auf 30 Prozent der Strecken der Fall. Bis Ende 2020 soll der Anteil auf zwei Drittel ausgebaut sein. Übrig blieben nur Fahrzeuge, die nur noch kurz an Strecken in Baden-Württemberg vertraglich gebunden sind oder Nachrüstung technisch nicht möglich sei. Rombach zufolge sei es Ziel, dass bis 2024 auch alle Regionalzüge mit WLAN ausgestattet sind; dies hänge jedoch vom Zeitpunkt ab, zu dem die jeweiligen Züge in Betrieb genommen würden.
Bisher würde bereits auf mehreren Bahnhöfen WLAN-Zugang angeboten. Im Nah- und Fernverkehr seien dies die Bahnhöfe in Baden-Baden, Freiburg, Heidelberg, Horb, Karlsruhe, Lahr, Ludwigsburg, Mannheim, Offenburg, Rastatt, Reutlingen und Stuttgart. An den Bahnhöfen in Biberach, Echterdingen, Ehningen (BB), Hockenheim, Metzingen, Schorndorf, Stuttgart Bad Cannstatt, Villingen, Waiblingen und Weinheim gebe es ebenfalls Zugang zu WLAN. Soweit WLAN in den Fahrzeugen eingerichtet sei, so der Ausschussvorsitzende, stehe dieses kostenlos und unabhängig von Verbundgrenzen zur Verfügung.
Laut Rombach sollen bezüglich der Mobilfunknetze bis Ende 2022 neben den Bundesautobahnen die wichtigsten Bundesstraßen und die wichtigsten Schienenwege mit mindestens 100 Mbit pro Sekunde versorgt sein; bis Ende 2024 sollen auch die übrigen Bundesstraßen mit 100 Mbit pro Sekunde und die übrigen Schienenwege mit mindestens 50 Mbit pro Sekunde ausgestattet sein. „Mit diesen Auflagen wird die Flächenversorgung mit Mobilfunk noch einmal deutlich erhöht, da bisher neben den Haushalten nur die Autobahnen und die ICE-Strecken versorgt wurden“, erklärte der Ausschussvorsitzende. Vom nun anstehenden Ausbau werde auch der ländliche Raum profitieren, so Rombach abschließend.
Landwirtschaftsausschuss informiert sich über die Naturparke in Baden-Württemberg
Stuttgart. Die Naturparke AG Baden-Württemberg hat dem Ausschuss für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz in dessen Sitzung am Mittwoch, 20. März 2019, ihre Arbeit Land präsentiert. „Zentrale Herausforderung der Naturparke ist es, den Naturschutz in den ihnen anvertrauten Gebieten in Einklang zu bringen mit der lokalen Land- und Forstwirtschaft sowie der Nutzung als Erholungsgebiete“, erklärte der Ausschussvorsitzende Martin Hahn (Grüne).
Sieben Naturparke gibt es in Baden-Württemberg. Wie der Ausschussvorsitzende mitteilte, umfassen sie naturnahe Landschaften sowie Naturschutz- und Landschaftsschutzgebiete auf rund 12.300 Quadratkilometern – rund einem Drittel der Landesfläche Baden-Württembergs. Über 400 Kommen in 34 Landkreisen sowie zahlreiche Vereine und Verbände mit mehr als 1.000 Ehrenamtlichen engagierten sich in den Naturparken und wirkten in den Entscheidungsgremien mit. Baden-Württemberg kann stolz sein: „Der Naturpark Südschwarzwald ist seit seiner Erweiterung im Jahr 2014 der größte Naturpark innerhalb ganz Deutschlands.“ Dazu komme noch das deutsche Teilgebiet des schweizerischen Regionalen Naturparks Schaffhausen, dem ersten grenzüberschreitenden Naturpark im Südwesten.
„Die Schönheit der Landschaft soll für alle Menschen ganzjährig zum Anfassen und Erleben da sein“, so Hahn. Aus diesem Grund seien die Naturparke Modellregionen unter anderem für nachhaltige Regionalentwicklung sowie für naturverträglichen Tourismus und Naherholungsangebote. Die Naturparke entwickelten immer neue Konzepte, um den ländlichen Raum voranzubringen. Im vergangenen Jahr sei beispielsweise das Projekt „Blühender Naturpark“ ein Kampagnenschwerpunkt gewesen. Dabei seien unter anderem Blumenwiesen für Bienen und andere Insekten angelegt worden, um dem Insektensterben entgegenzuwirken, so der Ausschussvorsitzende. Weitere Projekten hätten sich zum Beispiel mit gesunder und regionaler Ernährung befasst.
Damit diese Projekte auch umgesetzt werden könnten, würden die Naturparke unter anderem vom Land gefördert, in diesem Jahr mit 1,15 Millionen Euro. Wie der Ausschussvorsitzende mitteilte, stammten weitere Fördermittel aus der Lotterie „Glücksspirale“. Im laufenden Jahr erhielt die AG 0,75 Millionen Euro aus diesem Topf. Dazu seien noch 1,1 Millionen Euro aus Mitteln der Europäischen Union gekommen. Bei den geförderten Projekten handele es sich beispielsweise um solche zur Entwicklung eines Biotop-Verbundes aus beweideten Obstbaumwiesen auf der Gemarkung Hemsbach im Naturpark Neckartal-Odenwald, um einen Wildbienengarten am Naturparkzentrum Stromberg-Heuchelberg oder um die Konzeption und Umsetzung der Auerwildhabitatpflege im Naturpark Südschwarzwald.
„Die Naturparke leisten bedeutsame Arbeit für die nachhaltige Entwicklung Baden-Württembergs“, betonte der Ausschussvorsitzende abschließend. „Sie tragen dazu bei, das kulturelle Erbe des ländlichen Raums zu schützen, und der Naturentfremdung der Bevölkerung entgegenzuwirken.“
Innenausschuss hört Behindertenverbände an und stimmt Gesetzentwurf zu
Stuttgart. Der Ausschuss für Inneres, Digitalisierung und Migration hat am Mittwoch, 20. März 2019, Behindertenverbände zum Gesetzentwurf der Fraktionen Grüne und CDU zum Gesetz über das Wahl- und Stimmrecht von Personen, für die zur Besorgung aller ihrer Angelegenheiten ein Betreuer bestellt ist, öffentlich angehört. „In der anschließenden nicht öffentlichen Sitzung ist dieser Gesetzentwurf einstimmig angenommen worden“, berichtete der Vorsitzende des Gremiums, Karl Klein (CDU). „Für die Kommunalwahlen am 26. Mai 2019 werden alle Menschen mit Behinderung wahlberechtigt sein.“
Der Gesetzentwurf zielt darauf ab, eine Übergangsregelung für die identischen Wahlrechtsausschlüsse im Landtags- und Kommunalwahlrecht von Baden-Württemberg zu treffen, bis die vom Bundesverfassungsgericht verlangte Neuregelung im Bundestagswahlrecht erfolgt ist. Das Bundesverfassungsgericht hatte mit Beschluss vom 29. Januar 2019 festgestellt, dass die bisherige Vorschrift des § 13 Nummer 2 des Bundeswahlgesetzes verfassungswidrig ist.
Für die Kommunalwahlen und die Wahl der Regionalversammlung des Verbands Region Stuttgart am 26. Mai 2019 sollen die Wahlrechtsausschlüsse von Personen, für die zur Besorgung aller ihrer Angelegenheiten ein Betreuer bestellt ist, keine Anwendung finden. Auch für Bürgermeisterwahlen und Abstimmungen auf Gemeindeebene sollen die Wahl- und Stimmrechtsausschlüsse bis zur Neuregelung im Bundestagswahlrecht ausgesetzt werden. Diese muss bis spätestens Herbst 2021 erfolgt sein.
In der Anhörung zeigte sich die Landes-Behindertenbeauftragte Stephanie Aeffner sehr erfreut darüber, dass sich in Deutschland endlich auch etwas getan habe. Österreich hätte einen entsprechenden Wahlausschluss bereits 1987 beseitigt. „Die Feststellung einer Betreuung ist kein hinreichendes Kriterium für einen Wahlausschluss“, so Aeffner. Sie betonte, dass es sich um ein Wahlrecht und keine Wahlpflicht handle. „Es wird auch Menschen mit Behinderung geben, die nicht von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen. Es ist jedoch wichtig, dass keine Gruppen ausgeschlossen werden.“
Für den Städtetag äußerte sich der Leiter des Dezernats II, Norbert Brugger. Der Städtetag begrüße den Gesetzentwurf, lehne allerdings die Übertragung auf das passive Wahlrecht ab. Diese Haltung vertrat auch Irmtraud Bock, Referentin für Kommunalrecht, Wahlen, Zweckverbände, Schulen und Sport vom Gemeindetag Baden-Württemberg. Der Gemeindetag sei für eine rechtssichere Regelung nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts. Auch werde eine Einheitlichkeit von Kommunal-, Landes- und Bundeswahlrecht angestrebt. Auch Stefan Pfeil, Abteilungsleiter Sozialpolitik und Sozialrecht beim Sozialverband VdK Baden-Württemberg e.V. hob hervor, dass es seinem Verband ein großes Anliegen sei, die Positionen der behinderten Menschen zu verbessern und der Gesetzentwurf deshalb begrüßt werde. „Allerdings hoffen wir, dass es am Ende des Übergangs 2021 kein Zurückfallen hinter die alte Regelung geben wird“, so Pfeil.
Im Anschluss an die Anhörung hat sich der Innenausschuss in nicht öffentlicher Sitzung einstimmig für den Gesetzentwurf von Grünen und CDU ausgesprochen. Der Gesetzentwurf der SPD zur Einführung des inklusiven Wahlrechts in Baden-Württemberg habe indes keine Mehrheit gefunden.
Gedenkbuch für im Nationalsozialismus verfolgte Abgeordnete vorgestellt
Stuttgart. Der Landtag von Baden-Württemberg hat am Mittwoch, 20. März 2019, ein neues, umfassendes Gedenkbuch für die in der NS-Zeit aus politischen oder rassistischen Gründen verfolgten Abgeordneten vorgestellt. 308 Männer und 19 Frauen aus dem Gebiet des heutigen Baden-Württemberg sind darin mit ihrer Verfolgungsbiografie dokumentiert. „Dieses Gedenkbuch ist mehr als eine formale Würdigung. Es ist eine Mahnung und das Signal, dass die Aufarbeitung der NS-Geschichte nicht abgeschlossen ist“, so Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) bei der Präsentation. Ein leinengebundenes Exemplar ist im Übergang zwischen Landtagsgebäude und Bürgerzentrum auf einem Pult ausgestellt, darüber der Schriftzug „Die Würde des Menschen ist unantastbar“ (Art.1 GG). Alle Inhalte sind auch an einem barrierefreien Touchscreen-Tisch sowie auf der Landtags-Homepage abrufbar.
„In diesem Gedenkbuch sind Abgeordnete gewürdigt, die für ihre Überzeugung, ihren freien Geist und ihren aufrechten Gang gelitten oder gar ihr Leben gelassen haben. Ihre Biografien rufen uns den unschätzbar hohen Wert von freien Wahlen und Rechtstaatlichkeit, von Demokratie und Freiheit ins Gedächtnis“, so Landtagspräsidentin Aras am Mittwoch. Die Leidensgeschichten dieser Menschen öffentlich zu machen, sei eine enorm wichtige Arbeit – auch, weil sie geeignet sei, uns nachfolgenden Generationen „einen klaren Kompass für Gegenwart und Zukunft zu geben“, betonte die Präsidentin.
Die Direktorin des Hauses der Geschichte Baden-Württemberg, Paula Lutum-Lenger, führte bei der Präsentation aus: „Das Gedenkbuch macht deutlich, wie unterschiedlich die Schicksale der Verfolgten waren – von Einschüchterung und Überwachung über juristische Schikanen und Entlassung bis hin zu Haft in Konzentrationslagern und Ermordung. Letztlich ist aber die Arbeit mit dem Gedenkbuch nie abgeschlossen. Es soll als Beitrag und Aufforderung verstanden werden, sich weiter mit der NS-Diktatur und der Demokratiegeschichte zu befassen.“
Der Landtag von Baden-Württemberg hatte, angestoßen u.a. durch den früheren Landtagsvizepräsidenten Dr. Alfred Geisel (SPD), 2012 eine umfassende Aufarbeitung der Verfolgung südwestdeutscher Parlamentarier beauftragt. Veröffentlichungen zum Schicksal von Reichstags- und Landtagsabgeordneten, etwa aus Hessen, Hamburg oder Bayern, gibt es bereits. Diese konzentrieren sich jedoch auf Abgeordnete, die bis 1933 in Parlamenten saßen. Der Landtag von Baden-Württemberg geht mit seinem „Gedenkbuch“ darüber hinaus, indem er auch wegen ihrer politischen Aktivitäten verfolgte Parlamentarierinnen und Parlamentarier einbezieht, die erst nach 1945 in eine Volksvertretung eingezogen sind.
Eine Arbeitsgruppe u.a. aus Landeskundlern, Historikern verschiedener Archive, des Hauses der Geschichte, von Vermögen und Bau sowie aus der Landtagsverwaltung begleiteten das groß angelegte Projekt. Fast sechs Jahre recherchierten Mitarbeiter des Hauses der Geschichte, dessen früherer Leiter Thomas Schnabel die thematische Einführung für das Buch verfasste, Verfolgungsbiografien in den Staatsarchiven. Berücksichtigt wurden Repressionen aller Art, um das breit angelegte Denunziations- und Verfolgungssystem in der NS-Diktatur sichtbar zu machen. Das bisherige Gedenkbuch des baden-württembergischen Landtags aus dem Jahr 2004 würdigte 18 in der NS-Zeit zu Tode gekommene Abgeordnete aus dem südwestdeutschen Raum. Es wird dem Hauptstaatsarchiv des Landes übergeben. Das bronzefarbene Gedenkbuch-Pult sowie der Touchscreen-Tisch ergänzen baulich und von der Designsprache die Dauerausstellung im Übergang von Haus des Landtags zum Bürger- und Medienzentrum. Die Entwürfe stammen von Staab Architekten Berlin in Zusammenarbeit mit Vermögen und Bau, Amt Stuttgart.
Hinweise: Das „Gedenkbuch“ eignet sich für die Erarbeitung regionaler Aspekte der NS-Herrschaft insbesondere durch Schulklassen.
Der Link www.ltbw.de/gedenkbuch führt zum Online-Gedenkbuch auf der landtags-Webseite, wo Biografien der Verfolgten über Namen, Partei, Orte bzw. Regionen recherchiert werden können. Druckfähige Bilder sind über die Landtagspressestelle@landtag-bw.de zu erhalten.
Der Landtag von Baden-Württemberg und das Haus der Geschichte sind dankbar für Hinweise oder Korrekturen aller Art, aber auch für Dokumente oder Bilder, die die Biografien der verfolgten Frauen und Männer komplettieren könnten.
Wirtschaftsausschuss befasst sich mit kommunalem Bauen und sozialem Wohnungsbau
Stuttgart. Unter anderem mit zwei Anträgen der FDP/DVP-Fraktion zum Thema kommunales Bauen befasste sich der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau in seiner Sitzung am Mittwoch, 13. März. Dies teilte der Ausschussvorsitzende Dr. Erik Schweickert (FDP/DVP) mit. In einem Antrag ging es um die Fristwahrung bei der behördlichen Erteilung von Baugenehmigungen; der zweite beschäftigte sich mit dem Landeswohnraumförderungsprogramm und der Frage, ob die darin zur Verfügung gestellten Mittel zugunsten eines Kommunalfonds nicht ausgeschöpft werden.
Wie der Ausschussvorsitzende mitteilte, seien in den beiden vergangenen Jahren die Mittel aus dem Landeswohnungsbauprogramm nicht vollständig abgerufen worden. So seien im Jahr 2018 von den zur Verfügung stehenden 250 Millionen Euro rund 106 Millionen Euro übriggeblieben. Wie viele dieser Gelder am Ende auch gebilligt würden, sei indes noch offen. Dass das Förderprogramm 2018 nicht vollständig ausgeschöpft worden sei, habe, so Dr. Schweickert, auch daran gelegen, dass das Programm erst zum 1. April gestartet sei und daher nur neun Monate gedauert habe. Ein weiteres Problem seien die nicht vorhandenen Flächen und dass Unternehmen durch den Bauboom stark ausgelastet seien.
„Wir haben alle Maßnahmen ergriffen, um möglichst schnell bezahlbaren Wohnraum zu schaffen“, erklärte Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU). Der neu geplante Kommunalfonds solle die bisherige Wohnraumförderung dabei ergänzen. So sei angedacht, dass nicht genutztes Zuschussgeld aus dem Landeswohnraumförderprogramm an die Kommunen geht, um diese finanziell zu unterstützen, wenn sie beispielsweise selber bauen möchten.
Ebenfalls mit dem Thema kommunales Wohnen beschäftigt sich ein zweiter Antrag bezüglich der Frage, ob die Behörden ihre Fristen bei der Erteilung von Baugenehmigungen einhalten. Die Bearbeitungsdauer von Bauvoranfragen und Bauanträgen bestimmt wesentlich, wann mit einem Bauvorhaben begonnen werden kann. „Der Verfahrensgang an den Regierungspräsidien nimmt mittlerweile zeitliche Dimensionen an, die privaten Bauherren, aber auch gewerblichen Bauträgern nicht mehr zumutbar erscheinen“, erklärte Dr. Schweickert. Welche Fristen es für Baugenehmigungsverfahren gebe, sei in der Landesbauordnung geregelt. Wie lange die Verfahren bis zum Vorliegen einer Baugenehmigung jedoch de facto dauerten, werde landesweit statistisch nicht erfasst. Widerspruchsverfahren, wenn also Nachbarn gegen ein Bauvorhaben Einspruch eingelegt haben, dauerten ab Eingang der Unterlagen beim Regierungspräsidium im Durchschnitt sechs bis zwölf Monate.
Noch im Frühjahr 2019 beabsichtige die Landesregierung, die Landesbauordnung zu überarbeiten, wie der Ausschussvorsitzende mitteilte. Dabei seien auch verschiedene Änderungen geplant, die das Verfahren zur Erteilung einer Baugenehmigung in der Praxis beschleunigen sollen. Darüber hinaus solle die Voraussetzung für eine weitere Digitalisierung der baurechtlichen Verfahren geschaffen werden, so seien digitale Baugenehmigungen bisher gar nicht möglich.
Bereits zuvor diskutierte der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau einen Antrag der SPD-Fraktion über Maßnahmen der Landesregierung zu geduldeten Personen und Ausbildung und Beschäftigung, bis diesbezüglich Bundesregelungen in Kraft treten. Hierbei zeigte sich der Ausschussvorsitzende massiv verärgert über die aus seiner Sicht absolut unzureichende Antwort des Innenministeriums. So habe das Innenministerium in der Stellungnahme auf den Antrag 5585 mehrere Fragen zusammenfassend beantwortet, sei dabei auf einzelne konkrete Fragen aber gar nicht eingegangen. Diese Art der Beantwortung stellt für den Ausschussvorsitzenden Dr. Schweickert eine verfassungswidrige Nichtbeantwortung dar. Verfassungswidrig sei sie, weil die verfassungsrechtlich hohen Ansprüche an die Verweigerung der Beantwortung einzelner Fragen nicht beachtet worden seien. Weder habe das Innenministerium dargelegt, dass die Antwortpflicht durch die Betroffenheit des Kernbereichs exekutiver Eigenverantwortung entfallen sei, noch seien überhaupt Gründe für die Nichtbeantwortung dargelegt worden.
Der Ausschussvorsitzende ermahnte den Vertreter des Innenministeriums, in Zukunft bei einer Nichtbeantwortung klar darzulegen, auf welchen Ablehnungsgrund sich jeweils gestützt wird, woraus sich dieser Ablehnungsgrund ergibt und warum dies im konkreten Fall unter Darstellung des Abwägungsprozesses bei der Abwägung mit dem verfassungsrechtlich gesicherten Fragerecht der Abgeordneten zu einer Ablehnung der Beantwortung der jeweiligen Frage führte.
Ferner befasste sich der Ausschuss mit zwei Anträgen der Grünen, einmal zur Gründung und zum Erhalt von Dorfläden und zum anderen zur Bilanz der Kooperationsvereinbarung zur Zusammenarbeit bei Ausbildung und Arbeitsmobilität sowie der Dualen Ausbildung zwischen Baden-Württemberg und Katalonien. Darüber hinaus standen vier weitere Anträge der FDP/DVP-Fraktion auf der Tagesordnung, namentlich zur Meisterpflicht, zu Auswirkungen der möglichen Fusion von Vodafone und Unitymedia, zu geschäftlichen Beziehungen von Baden-Württemberg nach Großbritannien und den Auswirkungen eines „No-Deal“-Brexit für die öffentliche Hand, sowie zur Umsetzung von Infrastrukturprojekten in Form von ÖPP-Projekten in Baden-Württemberg.
Bildungsausschuss sieht noch Luft bei Umsetzung der Suchtprävention an Schulen
Stuttgart. 2011 beschloss die Landesregierung das Rahmenkonzept zur Suchtprävention „stark.stärker.WIR“ (SSW) mit dem Ziel, eine grundlegende Festschreibung der Präventionsarbeit an Schulen zu erreichen. In seiner Sitzung vom 14. März diskutierte der Bildungsausschuss einen Grünen-Antrag zum aktuellen Stand der Präventionsarbeit an Schulen, insbesondere im Bereich Sucht, der darauf zielte, gegebenenfalls Möglichkeiten der Weiterentwicklung schulischer Präventionsarbeit anzustoßen. Aufgrund von Zahlen der Regierungspräsidien ließ sich feststellen, dass von 3940 öffentlichen Schulen in Baden-Württemberg erst 251 Schulen ein schuleigenes Konzept erarbeitet haben und etwa 1000 Schulen eine Fortbildung oder Beratung zu den Themen Gesundheitsförderung und Prävention aufweisen könnten.
„Es war gut, das Rahmenkonzept zu beschließen und es war gut, Prävention und Gesundheitsförderung als Leitperspektive im Bildungsplan festzuschreiben“, so die Vorsitzende des Bildungsausschusses, Brigitte Lösch (Grüne). „Die Zwischenbilanz zeigt acht Jahre nach dem Beschluss aber auch: Wir sind auf einem guten Weg, aber noch lange nicht am Ziel.“ Effektive Präventionsarbeit brauche Zeit, ausreichend Ressourcen, Kooperationen und Netzwerke.
Die etwas zeitversetzt eingeführte Leitperspektive „Prävention und Gesundheitsförderung“ im Bildungsplan stelle zusätzlich einen wertvollen Paradigmenwechsel innerhalb des Präventionsansatzes dar, weil das Thema nun in den gesamten Unterricht integriert sei statt in einzelne Programmen gepackt. Als entscheidend sei in der wissenschaftlichen Evaluation, die das Kultusministerium beauftragt habe, die schulspezifische Beratung durch einen Präventionsbeauftragten eingestuft worden. „Unterstützung für die Schulen gelingt nur im Team und in Kooperation mit regionalen kompetenten Netzwerkpartnern wie den psychosozialen Beratungsstellen, den regionalen Suchtbeauftragten und den Gesundheitsämtern, ist Lösch überzeugt. Auch eine vernetzte Vorgehensweise über die Ministerien hinweg, vor allem mit dem Ministerium für Soziales und Integration wie auch mit dem Ministerium für Inneres, Digitalisierung und Migration sei unerlässlich.
Wertvolle Anregung ist laut Lösch auch der Hinweis auf mehr Orientierung und Verbindlichkeit im Umsetzungsprozess durch detaillierteres Projektmanagement. Unerlässlich sei eine aktivere Einbindung von Schulleitung, Eltern sowie Schülerinnen und Schülern sowohl eine breit angelegte Öffentlichkeitsarbeit, um die Akzeptanz von Präventionsmaßnahmen zu fördern. Qualitätskriterien wie auch die Wirksamkeit von Maßnahmen müssten regelmäßig überprüfbar sein.
„Der 2011 eingeschlagene Weg ist richtig, aber die Umsetzung muss mehr Fahrt aufnehmen“, fasste die Vorsitzende Lösch die Diskussion im Ausschuss zusammen. Es reiche nicht, nur auf die Holschuld zu setzen, die Schulen müssten bei diesem schwierigen Thema auch mehr Unterstützung erfahren. „Es geht darum, Kindern und Jugendlichen Lebenskompetenzen mit auf den Weg zu geben und ihre persönlichen Schutzfaktoren zu stärken“, so die Ausschussvorsitzende Lösch.
Erfahrungen mit dem beleglosen Einreichen elektronischer Steuererklärungen
Stuttgart. Der Finanzausschuss hat sich in seiner Sitzung am Donnerstag, 14. März 2019, mit den Erfahrungen mit dem beleglosen Einreichen elektronischer Steuererklärungen, einem Antrag der Fraktion FDP/DVP, befasst. Das hat der Vorsitzende des Gremiums, Rainer Stickelberger (SPD), mitgeteilt.
Wie Stickelberger erläuterte, habe im Steuerjahr 2018 erstmals die sogenannte „Belegvorhaltepflicht“ Anwendung gefunden. Steuerbürger müssten demnach für elektronische Steuererklärungen nicht mehr jeden einzelnen Beleg an die Finanzämter übersenden, sondern stattdessen für eine bestimmte Zeit diese Belege aufbewahren, falls es hierzu Rückfragen vonseiten der Finanzverwaltung gebe. Allerdings hätten einige Steuerberater und deren Mandanten in der Praxis einen erheblich höheren Verwaltungsaufwand festgestellt, da sehr häufig selbst kleinere Beträge nochmals mit einem entsprechenden Beleg unterfüttert werden müssten. „Das Ministerium hat dargelegt, dass dies ein Effekt der Übergangzeit ist. In den kommenden Jahren wird sich der Prozess einspielen“, so Stickelberger.
Stickelberger zufolge habe das Ministerium ausgeführt, dass für den Veranlagungszeitraum 2017 im Jahr 2018 1.778.494 Einkommensteuererklärungen und somit 63,14 Prozent aller veranlagten Einkommensteuererklärungen elektronisch eingereicht worden seien. Üblicherweise würde diese Quote im zweiten Jahr der Veranlagungskampagne um zirka fünf Prozentpunkte ansteigen, so dass für den gesamten Veranlagungszeitraum 2017 bis zum Ende des Jahres 2019 eine Quote von zirka 68 Prozent oder zirka 2,7 Millionen elektronisch abgegebener Einkommensteuerfälle zu erwarten sind.
Finanzämter in Baden-Württemberg sind gehalten, Belege im Rahmen der Bearbeitung von Einkommensteuerfällen nur im Einzelfall und nur bezogen auf punktuelle Sachverhalte nachzufordern, so Stickelberger. Ob in einem Einzelfall eine Beleganforderung ergeht, werde nicht statistisch erfasst. Das Finanzamt fordere die Vorlage von Belegen an, soweit ein Risiko bestehe, dass ihm nicht alle erforderlichen Informationen bereits vorliegen. Je risikobehafteter ein Steuerfall sei, desto wahrscheinlicher werde es, dass ein Beleg angefordert werde. Auch bei Sachverhalten mit Auslandsbezug sei die Wahrscheinlichkeit hoch, dass Belege angefordert werden. Eine pauschale Bagatellgrenze für die Vorlage von speziellen Belegen könne aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht eingeführt werden.
Die Finanzverwaltung bediene sich automationsgestützter Risikomanagementsysteme (RMS). Erkenne das RMS einen erhöhten Risikogehalt, steuere es den Fall zur personellen Bearbeitung des risikobehafteten Sachverhaltskomplexes aus. Die Bearbeitenden entschieden dann über Art und Umfang der Ermittlungen. Die Landesregierung habe überdies mitgeteilt, dass ihr keine Fälle bekannt seien, in denen die Finanzämter digitale oder digitalisierte (gescannte) Belege nicht akzeptiert und die Vorlage eines Papierausdrucks verlangt hätten. Für die technische Abwicklung der nachträglichen Belegeanforderung werde derzeit ein bundesweit einsetzbares Produkt entwickelt und voraussichtlich ab 2020 im ELSTER-Portal „Mein ELSTER“ bereitgestellt.
Kommunale Behindertenbeauftragte sind Thema im Sozialausschuss
Stuttgart. Der Ausschuss für Soziales und Integration beschäftigte sich in seiner Sitzung am Donnerstag, 14. März, auf Antrag der Fraktion der Grünen mit der Situation der kommunalen Behindertenbeauftragten und inwieweit diese weiter unterstützt werden können. Das teilte der Ausschussvorsitzende Rainer Hinderer (SPD) mit. „Die kommunalen Behindertenbeauftragten leisten einen wichtigen Beitrag zur Gewährleistung gleichwertiger Lebensbedingungen und Teilhabechancen für Menschen mit Behinderung im Land“, so Hinderer.
Im Dezember 2014 beschloss der Landtag von Baden-Württemberg die Novellierung des Landes-Behindertengleichstellungsgesetzes. Dieses gelte mittlerweile bundesweit als bestes Landesgesetz seiner Art. Das Gesetz schreibt unter anderem fest, dass alle Stadt- und Landkreise kommunale Behindertenbeauftragte einzusetzen haben, damit die Interessen der Menschen mit Behinderung stärker vertreten werden. Wie Hinderer erklärte, hätten seit 2016 alle Stadt- und Landkreise auch einen kommunalen Behindertenbeauftragten bestellt. Ende 2018 seien 33 Beauftragte haupt- und 11 weitere ehrenamtlich tätig gewesen. Sie würden beispielsweise als Berater an Planungsvorhaben von Bauprozessen beteiligt, wobei sie vor allem auf das Thema Barrierefreiheit achten würden.
Zuständig für die Belange von Menschen mit Behinderung seien jedoch nicht ausschließlich die hauptamtlichen oder ehrenamtlichen kommunalen Behindertenbeauftragten. Oftmals seien die Verwaltungsspitze oder ein Amt hauptverantwortlich, zum Beispiel das Hauptamt oder das Sozialamt. Wie genau die Behindertenbeauftragten eingebunden seien, sei dabei jedoch von Kreis zu Kreis unterschiedlich. Hinderer zufolge lege die Fachstelle Inklusion des Gemeindetags Baden-Württemberg besonderen Wert auf die Feststellung, dass die persönliche Sensibilität und die Multiplikatoren-Eigenschaft der zuständigen Personen der Gradmesser für die tatsächliche Berücksichtigung der Belange von Menschen mit Behinderung vor Ort sei und weniger deren organisatorische Einbindung.
Es habe sich gezeigt, so Hinderer, dass sich die Zusammenarbeit mit den hauptamtlichen Beauftragten der Stadt- und Landkreise insgesamt noch umfassender und nachhaltiger gestalten lasse. Das liege jedoch nicht am persönlichen Engagement der Beauftragten. „Es müssen auch die notwendigen Ressourcen bereitgestellt werden, damit die Behindertenbeauftragten ihre Aufgabe professionell wahrnehmen können“, betonte der Ausschussvorsitzende abschließend.
Minister Strobl unterrichtet Ausschuss über die Nichtzulassung des Volksbegehrens für gebührenfreie Kindergärten
Stuttgart. Minister Thomas Strobl (CDU) hat am Mittwoch, 13. März 2019, im Ausschuss für Inneres, Digitalisierung und Migration einen mündlichen Bericht zur verfassungsrechtlichen Bewertung über die Nichtzulassung eines Volksbegehrens für gebührenfreie Kindergärten abgegeben. Das hat der Vorsitzende des Gremiums, Karl Klein (CDU), mitgeteilt. „Es war mit wichtig, dass wir aus erster Hand die rein sachlichen, rechtlichen Gründe erfahren.“
Wie Klein ausführte, habe die SPD Baden-Württemberg am 12. Februar 2019 beim Innenministerium einen Antrag auf Zulassung eines Volksbegehrens für gebührenfreie Kitas eingereicht. „Das Innenministerium hatte zu prüfen, ob der Antrag, zu diesem Thema ein Volksbegehren durchzuführen, rechtlich zulässig ist“, berichtete der Ausschussvorsitzende. Die Juristen, die sich mit dem Thema befasst hätten, seien zu dem Ergebnis gekommen, dass der Antrag nicht zulässig ist. „Der Innenminister hat dem Gremium ausführlichst erläutert, auf was die Begründung fußt“, gab Klein bekannt.
Folgende Gründe habe der Minister benannt, die zur Ablehnung führten: Nach der Landesverfassung könnten keine Volksbegehren und Volksabstimmungen über das Staatshaushaltsgesetz stattfinden. Auch fänden nach der Landesverfassung keine Volksbegehren und Volksabstimmungen über Abgabengesetze statt. Überdies bestünden Zweifel, ob das Land Baden-Württemberg ein solches Abgabengesetz überhaupt noch erlassen dürfe, da der Bund durch das sogenannte „Gute-KiTa-Gesetz“ das Sozialgesetzbuch dahingehend geändert habe, dass öffentliche Träger verpflichtet seien, Kostenbeiträge zu staffeln und dafür auch Kriterien vorzugeben.
Minister Strobl habe mehrfach betont, dass es sich um eine rein rechtsförmliche Entscheidung des Innenministeriums handelt, die nach einer vollumfänglichen Prüfung getroffen worden sei. „Die Bürgerinnen und Bürger haben Anspruch darauf, dass nach Recht, Gesetz und der Verfassung entschieden wird. Es ist das gute Recht jedes Antragstellers, die Entscheidung, in diesem Fall also die Ablehnung, vom Verfassungsgerichtshof überprüfen zu lassen“, so Karl Klein abschließend.
Präsidentin Aras: „Vielfalt und Offenheit sind der Wesenskern unserer Demokratie“
Stuttgart/München. „Bei den Internationalen Wochen gegen Rassismus geht es um mehr als nur um das Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher Herkunft. Es geht immer auch um unser demokratisches Gemeinwesen als Ganzes“, betonte Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) anlässlich der Eröffnung der bundesweiten Internationalen Wochen gegen Rassismus 2019 am Montagabend, 11. März 2019, in München.
„Ich nehme die Rolle als Botschafterin sehr gerne an. Denn insbesondere die Themen Umgang mit Minderheiten und Menschenrechte waren es auch, die mich ursprünglich in die Politik gebracht haben“, sagte Muhterem Aras. Im Alter von zwölf Jahren sei sie mit ihren Geschwistern nach Deutschland gekommen, ohne ein Wort Deutsch zu sprechen. „Aber wir waren neugierig und die anderen waren es auch. Wir haben uns schnell angenommen gefühlt.“
„Ich engagiere mich als Botschafterin gegen Rassismus, weil es um mehr geht, als ‚nur das Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher Herkunft‘“, ist es der Präsidentin wichtig hervorzuheben. Es gehe um die Grundwerte, die Deutschland ausmachten und Grundlage für unser Zusammenleben seien. „Das sind für mich Offenheit, Gleichberechtigung, aber auch Gemeinsinn, Solidarität, soziale Verantwortung und streitbare Demokratie.“ Diese Werte ließen sich aus dem Grundgesetz ableiten. Und: „Vielfalt und Offenheit sind der Wesenskern unserer Demokratie“, so Aras.
„Das Grundgesetz schafft einen gemeinsamen, vertrauten, weithin akzeptierten Werterahmen. Gleichzeitig ist es auf Vielfalt angelegt. Innerhalb dieses Werterahmens sind die unterschiedlichsten Lebensmodelle möglich“, so die Präsidentin. Das Grundgesetz atme den Geist, dass eine Gemeinschaft lebendige Untergemeinschaften erträgt, solange sich die Vielfalt in der Einheit gemeinsamer Grundwerte bewähre. „Darum geht es meiner Meinung nach auch beim Kampf gegen Rassismus. Wir müssen Ausgrenzung zurückweisen und die populistische Strategie des ‚wir gegen die‘ durchkreuzen. Das schaffen wir am besten durch ein Bekenntnis zu einem umfassenden, offenen ‚wir‘“. Dafür brauche es starke Symbole. Symbole, an denen sich Menschen in einer schnelllebigen Zeit orientieren könnten. Dies könne ein Verfassungspatriotismus leisten. „Ein Patriotismus der gemeinsamen Werte“, so Landtagspräsidentin Aras.
In Stuttgart findet am morgigen Dienstag die Eröffnungsveranstaltung zur Internationalen Woche gegen Rassismus Stuttgart statt, bei der Landtagspräsidentin Aras auch sprechen wird. Insgesamt beteiligen sich in der Landeshauptstadt ein breites Bündnis von über 50 Organisationen und Veranstalterinnen und Veranstaltern mit über 80 Angeboten für Schulklassen, Fortbildungen und öffentliche Veranstaltungen. Ausführlichere Infos gibt es hier: http://heimat-wochen.de.
Präsidentin Aras in Yad Vashem: „Erinnerung aus Verantwortung“
Stuttgart/Jerusalem. Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) auf Informationsreise in Israel. Begleitet wird sie von Vizepräsidentin Sabine Kurtz (CDU), den Fraktionsvorsitzenden Andreas Schwarz (Grüne), Andreas Stoch (SPD) sowie Hans-Ulrich Rülke (FDP/DVP), einigen Mitgliedern des Landtagspräsidiums sowie Vertretern der Landeszentrale für politische Bildung. Der Schwerpunkt des Besuchs liegt auf der Erinnerungskultur; die Teilnehmer der Reise sprechen u.a. mit Zeitzeugen, aber auch mit Schülern einer interkulturellen „Yad-be-Yad“-Schule. In der Halle der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem legte die Landtagspräsidentin einen Kranz nieder. Ihr Eintrag ins Gästebuch lautet: „An diesem Ort spricht die Erinnerung mit klarer Stimme: Niemals wieder! Wir tragen die Verantwortung dafür, dass diese Stimme nie verstummt.“
Der fünftägige Informationsbesuch in Israel reiht sich als Höhepunkt ein in zahlreiche Aktivitäten der Landtagspräsidentin zur Erinnerungsarbeit, wie die Gedenkstättenreise. „Es braucht das Bewusstsein, dass unsere Gesellschaft nicht losgelöst von ihrer Geschichte denkbar ist“, begründet Aras. Es sei wichtig, sich zu erinnern und vor dem Hintergrund einer schrecklichen Vergangenheit nach vorne zu blicken, etwa durch Kooperationen wie dem deutsch-israelischen Stipendienprogramm des Landtags. Diesem Zweck diene auch der Besuch in Israel. Gespräche der Delegation thematisieren zudem aufkeimenden Antisemitismus in Deutschland und Europa und die diesbezügliche Erwartungshaltung der Gastgeber an die baden-württembergischen Parlamentarier. Die von Montag, 25. Februar, bis Freitag, 1. März, dauernde Informationsreise endet mit dem Besuch der von Juden aus Baden-Württemberg gegründeten Siedlung Shavei Zion, die heute noch engen Kontakt mit dem Rexinger Synagogenverein hält.
Die Informationsreise führt die Delegation nach Tel Aviv, Jerusalem, Bethlehem und Ramallah im Westjordanland. Auf dem Programm stehen u.a. Treffen mit der deutschen Botschafterin Dr. Susanne Wasum-Rainer, dem Vorsitzenden der deutsch-israelischen Freundschaftsgruppe der Knesset Nachman Shai, mit Ministerinnen und Wirtschaftsvertretern sowie Zeitzeugen des Holocaust, Bewohnern von Flüchtlingslagern oder Vertretern von NGOs.
Anlagen
1. Bild vom Gästebucheintrag in der Gedenkstätte von Yad Vashem in Jerusalem durch Landtagspräsidentin Aras im Beisein von Vizepräsidentin Kurtz, den Fraktionschefs Schwarz, Stoch, Rülke.
2. Bild der Kranzniederlegung in der Gedenkstätte von Yad Vashem.
3. Bild Präsidentin Aras, Vizepräsidentin Kurtz und die Fraktionsvorsitzenden Schwarz, Stoch und Rülke vor dem Holocaustmuseum.
Bildquelle: LTBW
Jean-Claude Juncker: „Baden-Württemberg kann Europa und sollte Verantwortung übernehmen“
Stuttgart. Der Präsident der Europäischen Kommission, Jean-Claude Juncker, war am Dienstag, 19. Februar 2019, zu Gast im Landtag von Baden-Württemberg – als erster Kommissionspräsident überhaupt. „Das verstehe ich als ein besonderes Zeichen der Wertschätzung des europapolitischen Engagements der Landesparlamente“, sagte Landtagspräsidentin Muhterem Aras in ihrer Begrüßung. Präsident Juncker gab das Kompliment zurück: „Der Landtag in Stuttgart ist ein besonderer Ort für mich. Denn hier in Baden-Württemberg ist Europa eine Selbstverständlichkeit. Eins weiß ich ganz sicher: Baden-Württemberg kann Europa.“ Vor seiner „Rede zur Zukunft Europas“ vor gut 600 Gästen trug sich Präsident Juncker ins Gästebuch des Landtags ein und traf Journalistinnen und Journalisten zum Mediengespräch.
Junckers Besuch fällt in eine maßgebliche Phase der Brexitgespräche mit dem Vereinigten Königreich. Es sei die „tragischste Nachkriegsentscheidung“ europaweit. Kommissionspräsident Juncker nutzte die Gelegenheit seines Besuchs zudem für einem Appell an die Gastgeber: „Das Gewicht Baden-Württembergs in Europa zählt im Europawahljahr 2019 ganz besonders, in einem Jahr der Umbrüche und des Neuanfangs für Europa. Mit ihrer Stimme können die Baden-Württemberger Europa in Bewegung bringen. Sie müssen es sogar. Ich möchte sie dazu ermutigen, Verantwortung für Europa zu übernehmen - Verantwortung für den Europawahlkampf 2019; Verantwortung für Europas Fortschritte; Verantwortung für Europas Zukunft.“
Die Europawahlen mit dem Ziel einer hohen Wahlbeteiligung müssten in den Regionen bestritten werden. Es sei nötig, massiv gegen die gezielten und gesteuerten Cyberattacken im Internet vorgehen. „Es kann nicht sein, dass Phrasendresch-Roboter und Trolle über soziale Medien unsere demokratischen Debatten manipulieren“, mahnte der EU-Kommissionspräsident. Ein wirtschaftlich starkes Europa werde die Menschen aber nur überzeugen, wenn es auch sozial und fair sei. „Die Wirtschaft muss den Menschen dienen, nicht umgekehrt.“ Eine solche Wechselbeziehung habe Baden-Württemberg zu einer der wettbewerbsfähigsten und zukunftsorientiertesten Regionen Europas gemacht – wirtschaftlich stärker als manch ein Mitgliedstaat, lobte Juncker in Stuttgart.
Landtagspräsidentin Aras bekräftigte in ihrem Grußwort die von Juncker zugewiesene Mittlerrolle der Länder zwischen der europäischen Ebene und den Bürgerinnen und Bürgern. Sie dankte Kommissionspräsident Juncker für sein unermüdliches Engagement etwa bei EU-Bürgerdialogen, dessen tausendste Auflage 2018 in Freiburg stattfand. „Sie schärfen damit das demokratische Verständnis und die Partizipationsmöglichkeiten der Bürgerinnen und Bürger“, so Aras in ihrem Grußwort. Junckers Besuch im Landtag von Baden-Württemberg diene ebenfalls dem Ziel, „die europäische Idee erfolgreich in die Zukunft zu tragen“. Die Landtagspräsidentin zitierte den Schriftsteller Stendhal: „Man beginnt in Europa einzusehen, dass die Nationen immer nur den Grad an Freiheit innehaben, den ihr Mut ihrer Angst abringt.“ Aktuell beweise die EU Mut in einem EU-Wahlkampf, bei dem sich pro-europäische Kräfte stärker als früher hinter den Spitzenkandidaten versammelten, durch vergleichsweise große Geschlossenheit in schwierigen Brexit-Verhandlungen sowie durch unzählige Gespräche, die helfen würden, der Angst im Sinne Stendhals zu begegnen.
Eine von Ute Brucker (SWR) moderierte Diskussion von Präsident Juncker und dem EU-Kommissar für Haushalt und Personal, Günther Oettinger, mit den rund 600 Gästen des Abends, insbesondere mit Jugendlichen, schloss sich an. Den musikalischen Part der mit der Europahymne beginnenden Veranstaltung übernahm die „City Brass Stuttgart“ (Staatliche Hochschule für Musik und Darstellende Kunst).
Umweltausschuss debattiert Auswirkungen der Windkraft auf das Auerhuhn
Stuttgart. „Das Auerhuhn ist das Wappentier des Schwarzwaldes und neben Kuckucksuhr, Tanne und Bollenhut ein Markenzeichen dieser Region, mit dem sich die Bürger identifizieren“, erklärte Dr. Bernd Grimmer (AfD), Vorsitzender des Ausschusses für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft. Dieser beschäftigte sich in seiner Sitzung am Donnerstag, 14. Februar, mit einer Großen Anfrage der AfD-Fraktion, die danach fragte, ob das vom Aussterben bedrohte Auerhuhn bei einer weiteren Verbreitung der Windkraft im Schwarzwald noch stärker zurückgedrängt wird.
Wie der Ausschussvorsitzende mitteilte, sei die Zahl der Auerhühner im Schwarzwald seit 2013 stark zurückgegangen und 2018 mit 167 Auerhähnen ein neuer Tiefstand erreicht worden. Das Verhältnis von Hähnen und Hühnern werde dabei auf ein Verhältnis von Eins zu Eins geschätzt. Nach Informationen des Landwirtschaftsministeriums stehe, nach derzeitigem Wissensstand, der Rückgang der Auerhahnpopulation in den vergangenen fünf Jahren nicht im Zusammenhang mit dem Bau von Windenergieanlagen.
Das Auerhuhn sei eine empfindliche Art, die Rotoranlagen meide. Daher würden alle Beurteilungen von Windenergieanlagen im Hinblick auf den Auerhuhnschutz nach einheitlichen und veröffentlichten Standards durchgeführt; in allen Balz-, Brut- und Aufzuchtgebieten sei deren Bau ausgeschlossen. Bisher sei auch keine Windenergieanlage genehmigt worden, die in einem solchen Gebiet angedacht war. Laut Landwirtschaftsministerium bestehe für Auerhühner, anders als für den Rotmilan, darüber hinaus auch nicht das Risiko, durch eine Kollision mit Windenergieanlagen getötet zu werden.
Nach Einschätzungen von Experten habe das Auerhuhn eine realistische Chance, im Schwarzwald zu überleben. Dabei könne davon ausgegangen werden, dass sich die Einrichtung des Nationalparks positiv auf die Auerhuhnbestände auswirkte, so Dr. Grimmer. Dortige Freiflächen würden bereits von Auerhühnern aufgesucht. Durch Schneebruch, Borkenkäfer und Sturmflächen, die nicht aufgeräumt würden, entstünden dem Landwirtschaftsministerium zufolge zusätzliche Lebensräume im Hochwald für das Auerhuhn.
Daneben war der Lärm von Windindustrieanlagen ebenfalls Thema in der Ausschusssitzung. Die AfD-Fraktion stellte hierzu wiederum eine Große Anfrage, die sich nach verschärften Regelungen für den Lärmschutz bei Windindustrieanlagen erkundigte. Dr. Grimmer erklärte hierzu, Lärm habe grundsätzlich negative Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit. Eine Windenergieanlage sei in den meisten Fällen am Tag genauso laut wie in der Nacht. Daher müsse sie die strengeren Nachtrichtwerte von 45 Dezibel einhalten. Die Windkraftanlagen in Baden-Württemberg hielten Umweltminister Franz Untersteller zufolge diese Werte jedoch nicht nur ein, man könne sie sogar näher als bisher an die Wohnbebauung in reinen und allgemeinen Wohngebieten heranrücken.
Ausschuss erfolgreich: Flugplatz Konstanz bleibt nach Kompromiss in Betrieb
Stuttgart. Der Verkehrslandeplatz Konstanz, parallel zur Bundesstraße 33 gelegen, wird in abgespeckter Variante weiter bestehen können. Eine Petition hatte sich gegen Pläne der Stadt gewandt, die gesamte Start- und Landesbahn in Gewerbefläche umzuwandeln. Nach einem Vorort-Termin und intensiver Befassung hatte der Petitionsausschuss einen Runden Tisch angestoßen, der den Kompromiss erarbeitete, Flugpiste und Rollbahn Richtung Süden zu verschieben und die restliche Fläche zu einem Gewerbegebiet umzuwidmen. Der Petitionsausschuss des Landtags beschloss deshalb in seiner Sitzung am 14. Februar 2019 einstimmig, die Petition für erledigt zu erklären. „Aufgrund des Petitionsverfahrens haben sich alle Beteiligten an einen Tisch gesetzt und eine gute Lösung für alle gefunden“, so die Ausschussvorsitzende Beate Böhlen (Grüne). „Der Fall des Konstanzer Flugplatzes ist das Paradebeispiel einer erfolgreich erledigten Petition.“
Ausgangspunkt des Falles waren die Pläne der Stadt Konstanz, auf Basis einer Hochrechnung die Gewerbeflächen der Stadt auf 31 Hektar auszudehnen. Durch die topografische Begrenzung Richtung Schweiz, Bodensee und Rhein stehen wenige Flächen für solche Umwandlungen zur Verfügung. Die Stadt sah deshalb vor, den1055 Meter mal 60 Meter messenden Grasstreifen des Verkehrslandesplatzes umzuwidmen. Dagegen hatte sich die Petition vom Juli 2015 gewandt u.a. mit dem Verweis auf die Nutzung für wissenschaftlichen Drohnenflug.
Das Regierungspräsidium Stuttgart als koordinierende Mittelbehörde des Landesverkehrsministeriums, die Stadt Konstanz und Vertreter des Landeplatzes einigten sich auf den Kompromiss, Flugpiste und Rollbahn auf 995 Meter Länge und 40 Meter Breite zu verschmälern und den frei werdenden Geländestreifen nach Süden Richtung Bahnhaltepunkt Konstanz-Wollmatingen für gewerbliche Nutzung vorzusehen. Der Gemeinderat hat dem Vorschlag zugestimmt, das Änderungsverfahren läuft. Flugsicherung und Flugplatzbetreiber bereits gaben grünes Licht. „Der Petitionsausschuss begrüßt diesen Kompromiss, der die maximal mögliche Gewerbeflächenentwicklung bei gleichzeitigem Erhalt der Flugbetriebs vorsieht“, so die Vorsitzende Böhlen.
Landwirtschaftsausschuss berät über tiergerechte Alternativen zu Lebendtiertransporten
Stuttgart. Der Ausschuss für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz hat sich in seiner Sitzung am Mittwoch, 13. Februar 2019, auf Antrag der SPD-Fraktion mit hofnaher Schlachtung als tiergerechte Alternative zu Lebendtiertransporten befasst. „Hofnahe Schlachtungen bieten insbesondere kleinen Betrieben und Betrieben mit Nischenprodukten die Möglichkeit, tiergerechte und damit auch verbraucherfreundliche Lösungen für ihre Schlachtungen nutzen zu können“, erklärte der Ausschussvorsitzende Martin Hahn (Grüne). Modelle mobiler Schlachteinheiten sind im Landkreis Lörrach bereits im Piloteinsatz.
Dem Ausschussvorsitzenden zufolge wurden im Jahr 2017 in Baden-Württemberg 521.609 Rinder, etwa 4,8 Millionen Schweine, 163.125 Lämmer, 5.516 Ziegen und 509 Pferde geschlachtet. Wie in der Tierschutztransportverordnung geregelt sei, dürften Nutztiere zu einem Schlachtbetrieb grundsätzlich nicht länger als acht Stunden befördert werden, es sei denn, sie würden in speziellen für lange Beförderungen zugelassenen Transportmitteln gefahren. „Auf Landesebene besteht im Rahmen des Qualitätszeichens Baden-Württemberg die Vorgabe, dass Schlachttiere nicht länger als vier Stunden zur Schlachtung transportiert werden dürfen“, so Hahn.
Unter der Federführung von Baden-Württemberg sei ein abgestimmtes Konzept für eine teilmobile und EU-rechtskonforme Schlachtung von Rindern erarbeitet worden. Besonders für diese Tierart seien teilmobile Schlachtungen gefragt, da dadurch unter anderem Stress bei den Tieren vermieden werde. Eckpunkte des Konzepts seien, dass Rinder mittels der in Schlachthöfen üblichen Bolzenschussgeräte betäubt und auf Feuerwaffen und den Kugelschuss verzichtet würde; dazu käme, dass die Fristen beim Entbluten einzuhalten seien, dieser Vorgang dürfe maximal 60 Sekunden dauern. „Wir sind überzeugt, dass das Modell der mobilen Schlachteinheit EU-Recht einhält“, erklärte Landwirtschaftsminister Peter Hauk. Sonst hätte man es in Baden-Württemberg auch nicht zugelassen. Für den Ausschussvorsitzenden Martin Hahn ist das Modell der mobilen Schlachteinheit ein Schritt in die richtige Richtung zu einem Höchstmaß an Tierschonung und Transparenz bei der Fleischgewinnung.
Wie der Ausschussvorsitzende erklärte, habe in Baden-Württemberg das Metzgerhandwerk noch eine große Bedeutung. Eine hofnahe Schlachtung könne für Metzger durch Kooperationen mit Tierhaltern, insbesondere mit Biobetrieben oder Betrieben mit Mutterkuhhaltung, zur eigenen Existenzsicherung und der der Tierhalter beitragen. „Dies setzt aber voraus, dass nicht nur der einzelne Verbraucher Fleisch aus hofnaher Schlachtung nachfragt, sondern dass er auch bereit ist, dafür einen gegebenenfalls deutlich erhöhten Preis zu zahlen“, so Hahn abschließend.
Deutschland-Takt auf der langen Schiene
Stuttgart. Der „Deutschland-Takt“ ist das Leitziel des Schienenausbaus im Bundesverkehrswegeplan bis 2030. Umso wichtiger sei für Baden-Württemberg, jede Planung frühzeitig darauf abzustimmen. Die Mitglieder des Verkehrsausschusses hätten in nicht öffentlicher Sitzung vom 13. Februar 2019 deshalb die bislang unzureichende Informationspolitik des Bundes moniert, berichtete der Vorsitzende Karl Rombach (CDU). „Deutschland-Takt klingt nach integriertem Taktfahrplan wie er im Nachbarland Schweiz erfolgreich praktiziert wird. Soll es nicht nur ein Schlagwort bleiben, sondern Umsetzung erfahren, sollte Berlin zeitnah einen exakten Zielfahrplan benennen“, so Rombach.
Der Verkehrsausschuss befasste sich auf Antrag der Grünen-Fraktion mit den Auswirkungen des „Deutschland-Taktes“ auf die Schieneninfrastruktur und den Schienenverkehr im Südwesten. Der Amtschef im Verkehrsministerium berichtete laut Rombach von Gesprächen mit dem Bundesverkehrsministerium. Derzeit werde ein Gutachten erstellt. Die Bahn, auch der Bund legten bislang zu wenige Informationen vor, um eine Planungsbasis zu haben, referierte Rombach die Aussagen der Ministeriumsvertreter. Nach dem für 2019 in Aussicht gestellten „Fahrplan“ richte sich jedoch, welche Strecken und Maßnahmen ins Bundesschienenwegeausbaugesetz als „gesamtgesellschaftlich vorteilhaft“ aufgenommen und damit in den „vordringlichen Bedarf“ aufrückten. Für betroffene Kommunen (Landkreise) und deren Etat-Planung sei es wesentlich, dies möglichst frühzeitig zu erfahren. Während etwa die Rheintalstrecke im Gesetz stehe, sei dies für den Bahnknoten Mannheim nicht sicher. Für potenziell mitfinanzierungsfähige, große und wichtige Schienenvorhaben wie die „Wendlinger Kurve“ sei es sogar schon zu spät. „Der Ausschuss unterstützt das Ziel Deutschland-Takt sehr, wünscht sich jedoch eine bessere Informationspolitik“, so der Vorsitzende Rombach.
Europaausschuss informiert sich über die geplante Kampagne zur Europawahl
Stuttgart. In der Sitzung des Ausschusses für Europa und Internationales am Mittwoch, 13. Februar 2019, hat der Minister der Justiz und für Europa, Guido Wolf (CDU), das Gremium über die geplante umfangreiche landesweite Kampagne zur Europawahl informiert. „Wir wollen in Baden-Württemberg eine hohe Wahlbeteiligung. Der Ausschuss begrüßt deshalb die geplante Kampagne und fordert alle Abgeordneten auf, sich daran zu beteiligen“, so der Vorsitzende Willi Stächele (CDU).
Die Kampagne werde auf parteineutrale Weise zur Wahlteilnahme aufrufen. Mehr denn je gehe es bei der Europawahl am 26. Mai 2019 darum, mit einer hohen Wahlbeteiligung ein Zeichen für Europa zu setzen, führte Minister Wolf aus. Das Ministerium habe eine große Europawahlkampagne konzipiert, die intensiv in die Fläche gehen und viele Kooperationspartner einbinden werde. Höhepunkt der Kampagne sei eine Bustour durch alle zwölf Regionen Baden-Württembergs, die in den drei Wochen vor dem Wahltermin stattfinden werde. Der Bus fahre insgesamt 14 Städte an und werde unter anderem am Europa-Aktionstag in Stuttgart am 17. Mai, beim Verfassungsfest in Karlsruhe am 24. Mai und bei der Bundesgartenschau in Heilbronn am 25. Mai vor Ort sein. Ergänzt werde die Bustour durch Kooperationsveranstaltungen der örtlichen Volkshochschulen.
Auch auf Wochenmärkten oder bei verkaufsoffenen Sonntagen solle mit Outdoor-Aktionsveranstaltungen für die Europawahl geworben werden. Junge Leute sollten etwa über einen Kinowerbespot erreicht werden. Der „Trickfilm für Europa“ werde im Rahmen des Internationalen Trickfilmfestivals in Stuttgart Premiere feiern. Überdies werde an bis zu 250 Schulen die Juniorwahl unterstützt, ein Projekt zur Wahlsimulation.
Für das Gelingen der Europawahlkampagne warb der Minister um die Unterstützung der Abgeordneten. „Es muss unser Ziel sein, die Wahlbeteiligung im Land zu erhöhen“, bekräftigte Willi Stächele. Insgesamt werde es nach dem Ausscheiden Großbritanniens aus der EU nach der Wahl 2019 noch 705 Europaabgeordnete (statt bisher 751) geben. Auf Deutschland entfallen 96 Sitze. In Deutschland betrug die Wahlbeteiligung 2014 knapp 48 Prozent. Baden-Württemberg lag mit rund 52 Prozent Wahlbeteiligung mit an der Spitze der deutschen Länder und somit auch über dem EU-weiten Durchschnitt.
2,84 Millionen Euro für Projekte im Bereich Natur- und Umweltschutz
Stuttgart. Aus Erträgen der Glücksspirale können im Jahr 2019 Natur- und Umweltschutzprojekte im Gesamtumfang von 2.842.000 Euro gefördert werden. Die hierfür erforderliche Freigabe der Mittel hat der Finanzausschuss nach Angaben seines Vorsitzenden Rainer Stickelberger (SPD), am Donnerstag, 7. Februar 2019, einstimmig erteilt.
Mit rund 1,1 Millionen Euro entfalle der größte Anteil an Projekte der Stiftung Naturschutzfonds und betreffe die Förderbereiche Artenschutz und genetische Vielfalt, die umsetzungsorientierte Forschung sowie den Bereich Natur- und Umweltbildung. Die Projekte „Wildbienen als Kulturpflanzenbestäuber identifizieren und schützen“, „Win-win im Weinberg. Innovatives, ökologisches und ökonomisches Weinbergmanagement mit Schafbeweidung“ oder „Mobile Biber-Boxen für die Umweltbildung im Rahmen des Bibermanagements“ sollten etwa bedacht werden, führte Rainer Stickelberger aus.
„Für die Förderung der Naturparke sollen in diesem Jahr 0,75 Millionen Euro eingesetzt werden“, berichtete der Ausschussvorsitzende. Dabei handle es sich beispielsweise um Projekte der Entwicklung eines Biotop-Verbundes aus beweideten Obstbaumwiesen auf der Gemarkung Hemsbach im Naturpark Neckartal-Odenwald, um einen Wildbienengarten am Naturparkzentrum Stromberg-Heuchelberg oder um die Konzeption und Umsetzung der Auerwildhabitatpflege im Naturpark Südschwarzwald. Die Lotteriemittel würden im Übrigen durch 1,15 Millionen Euro Landesmittel ergänzt und mit 1,1 Millionen Euro aus dem Europäischen Landwirtschaftsfonds kofinanziert, so Stickelberger.
Zu den Maßnahmen zur Bildung nachhaltiger Entwicklung, die mit 742.000 Euro finanziert werden sollen, zählen Stickelberger zufolge neben zahlreichen Einzelprojekten unter anderem die Ausbildung von Schülermentoren für den Natur- und Umweltschutz an Schulen, der Wettbewerb „Kleine Helden“ sowie die „Vermittlung von Wildbienenwissen als Basis für Handlungskompetenz zum Schutz dieser gefährdeten Insekten“.
160.000 Euro stünden für Maßnahmen zur Bewusstseinsbildung im Bereich der Abfall- und Kreislaufwirtschaft zur Verfügung, etwa für einen Schülerwettbewerb, für Umweltbildungsmaßnahmen und für ein Projekt zur Steigerung der Sammelmengen von Elektro- und Elektronik-Altgeräten. Maßnahmen auf der Bundesgartenschau Heilbronn sollten mit 60.000 Euro gefördert werden. Schließlich sollen im Rahmen des Aktionsprogramms „Nachhaltigkeit im Sport“ 30.000 Euro eingesetzt werden für Projekte der Öffentlichkeitsarbeit und Workshops, gab Rainer Stickelberger bekannt.
Lösch: Bildungsausschuss unterstützt Stiftungslösung für Islamischen Religionsunterricht
Stuttgart – Der Bildungsausschuss stützt einvernehmlich die Landesregierung darin, den islamischen Religionsunterricht zum Schuljahr 2019/20 über eine neu zu gründende Stiftung unter dem Dach des Landes zu organisieren. „Das Ziel muss sein, den Unterricht aus den Moscheen an die Schulen zu holen, deshalb ist aus Sicht des Ausschusses eine Lösung mit nur zwei Verbänden besser als keinen islamischen Religionsunterricht“, fasste die Vorsitzende Brigitte Lösch (Grüne) die Diskussion zusammen. Ministerin Susanne Eisenmann hatte zuvor betont, die Tür bleibe auch für den Verband Ditib weiterhin offen für eine Mitarbeit. Das Fundament bleibe jedoch zwingend die Verfassungstreue der teilnehmenden Verbände auf Basis der Freiheitlich Demokratischen Grundordnung. Das Ministerium sicherte zu, dem Ausschuss weitere Informationen über die Stiftung öffentlichen Rechts wie Satzung und Besetzung der Gremien nachzureichen.
Grundlage der Behandlung war ein Antrag der FDP/DVP-Fraktion, der durch die Beschlusslage der Landesregierung etwas überholt war, andererseits aber den Fachpolitikern der Fraktionen Gelegenheit bot, sich aktuell mit der noch in der Umsetzung befindlichen Stiftungslösung zu befassen. Ministerin Eisenmann referierte im Ausschuss die Fakten: Die Stiftung öffentlichen Rechts werde beim Kultusministerium angesiedelt und mit 300 000 Euro pro Jahr auf fünf Jahre finanziert.
Das Ziel: Alle muslimischen Kinder ab Klasse 1 flächendeckend ein Angebot zu machen, kann nur stufenweise erfolgen. „Wir wollen in die Fläche kommen, was zurzeit wegen des Lehrkräftemangels nicht möglich ist“, so die Vorsitzende Lösch. Die Bewerberzahlen für ein entsprechendes Studium der islamischen Religion seien zu niedrig. Laut Ministerium wollten 50 weitere Schulen islamischen Religionsunterricht einführen, könnten aber nicht mit einer Lehrkraft versorgt werden. Durch die Einrichtung einer Stiftung wird das Studienfach attraktiver gemacht, weil hierdurch die bisher fehlende Verlässlichkeit gegeben sein wird. „Die zur Verfügung stehenden Lehrkräfte stellen das Nadelöhr dar.“ Die Ministerin nahm die Anregung auf, mehr für das Studienfach zu werben und sich dabei verstärkt an Lehramtsstudierende mit multinationalem Hintergrund zu wenden.
Derzeit nehmen laut Kultusministerium rund 6.000 Schülerinnen und Schüler an 86 Schulen an einem Islamischen Religionsunterricht sunnitischer Prägung teil. Die derzeit 110 Lehrkräfte sind Beschäftigte des Landes Baden-Württemberg, die ihre Lehrbefähigung an den Hochschulen des Landes erworben haben. Seit 2005 wird der islamische Religionsunterricht im Südwesten im Rahmen eines Modellprojekts erteilt. dieser darf rechtlich aber nicht dauerhaft laufen, deshalb die Suche nach einer Anschlusslösung. Zwar sieht Artikel 7, Absatz 3 Landesverfassung eine Vereinbarung nur mit einem von der Religionsgemeinschaft anerkannten Träger vor. Dies sei im Bereich des Islams, der keine Zählung oder Mitgliedschaft wie die christlichen Kirchen kenne, nicht absehbar.
Sozialausschuss fordert Landesregierung auf, Beschäftigungsquote schwerbehinderter Menschen zu erfüllen
Stuttgart. In seiner Sitzung am Donnerstag, 7. Februar, hat der Ausschuss für Soziales und Integration die Landesregierung aufgefordert, ihre Anstrengungen zur Beschäftigung schwerbehinderter Menschen in der Landesverwaltung zu verstärken und künftig die Quoten zu erfüllen. Dies teilte der Ausschussvorsitzende Rainer Hinderer (SPD) mit. Anlass war eine Mitteilung der Landesregierung zur Beschäftigung schwerbehinderter Menschen in der Landesverwaltung in den Jahren 2015 bis 2017.
Der Ausschussvorsitzende erläuterte, dass die Beschäftigungsquote schwerbehinderter Menschen in der Landesverwaltung in den Jahren 2015 bis 2017 stetig gesunken sei. So hätten 2015 noch 4,98 Prozent der Beschäftigten einen Schwerbehindertenausweis gehabt, 2017 seien es im Jahresdurchschnitt nur noch 4,62 Prozent gewesen. Die Pflichtbeschäftigungsquote läge jedoch bei fünf Prozent. Das Ministerium für Kultus, Jugend und Sport, sowie das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst hätten im Jahr 2017 die Quote deutlich nicht erfüllt. Auch die Beträge der Aufträge, die an Werkstätten für Menschen mit Behinderung vergeben wurden, seien von 2015 bis 2017 rückläufig gewesen.
Hinderer zufolge wurde eine ministeriumsübergreifende Arbeitsgruppe eingesetzt, die sich mit den Ursachen und möglichen Maßnahmen, die durchschnittliche Beschäftigungsquote zu erhöhen, beschäftigt. Ein erster Bericht sei derzeit in Arbeit. „Die Berufsperspektiven junger Menschen mit Behinderung müssen generell verbessert werden, nicht nur in der Landesverwaltung“, erklärte der Ausschussvorsitzende. Die Landesverwaltung habe jedoch gegenüber anderen Arbeitgebern eine Vorbildfunktion. Der Ausschuss für Soziales und Integration forderte die Landesregierung daher dazu auf, ihre Anstrengungen zur Beschäftigung schwerbehinderter Menschen in der Landesverwaltung zu verstärken und die Quote künftig zu erfüllen.
Die Fraktionen von Grünen und CDU stellten den Antrag, bis zum 31. Mai 2019 über die Ergebnisse der Arbeitsgruppe zu berichten und geeignete Maßnahmen zur Erhöhung der Beschäftigungsquote vorzustellen und künftig Stellungnahmen der Ministerien einzufordern, sollten die Pflichtbeschäftigungsquoten nicht erfüllt werden. Der Antrag wurde einstimmig angenommen. Ein weiterer Antrag der SPD-Fraktion, der darüber hinaus unter anderem vorsah, an Schulen und Ausbildungsstätten für Jugendliche mit Behinderung für Beschäftigungsmöglichkeiten in der Landesverwaltung zu werben, wurde mehrheitlich abgelehnt.
Innenausschuss setzt sich für zusätzliche Stellen beim Landespolizeiorchester ein
Stuttgart. Der Ausschuss für Inneres, Digitalisierung und Migration setzt sich einstimmig dafür ein, die Einbringung erforderlicher zusätzlicher Stellen für das Landespolizeiorchester (LPO) im Aufstellungsverfahren für den Doppelhaushalt 2020/2021 zu prüfen. Das war das Ergebnis entsprechender Beratungen in der Sitzung am Mittwoch, 6. Februar 2019, zur Zukunft des LPO, einem Antrag von Grünen und CDU. „Das LPO fördert das Ansehen der Polizei in der Öffentlichkeit und entfaltet eine besondere Werbewirksamkeit für den Polizeiberuf“, sagte der Vorsitzende des Gremiums, Karl Klein (CDU).
Als einziges Berufsblasorchester in der Trägerschaft des Landes genieße das LPO einen hervorragenden Ruf. Wie Karl Klein ausführte, seien aufgrund von Empfehlungen des Rechnungshofs aus dem Jahr 2013, die Wirtschaftlichkeit zu verbessern, Einsparungen im Personalbereich des LPO angedacht und umgesetzt worden. Der Landtag habe letztlich entschieden, den Klangkörper auf 26 Musikerinnen und Musiker zu reduzieren. Dies sei sukzessive erfolgt durch die Streichung bereits unbesetzter Stellen sowie durch Nicht-Besetzungen von Stellen, die durch die Pensionierung von Polizeibeamten freigeworden sind. Im Haushalt 2018/2019 seien für das LPO insgesamt noch 30 Stellen ausgewiesen.
Bei den Beratungen im Ausschuss sei deutlich geworden, so Klein, dass die Umsetzung der beschlossenen Reduzierung des Klangkörpers die Gestaltung eines attraktiven musikalischen Programms erschwere. „Das Programm hat seine musikalische Vielseitigkeit eingebüßt und die verbliebenen Musiker werden mehr belastet“, hob der Vorsitzende hervor. Mit zahlreichen polizeiinternen Auftritten pro Jahr wie Vereidigungen, Amtseinführungen und Verabschiedungen sowie externen Auftritten wie Benefizkonzerten oder Staatsempfängen trage das LPO als der „gute Ton der Polizei“ maßgeblich zu einem erfolgreichen Verlauf und einem besonderen und feierlichen Rahmen der Veranstaltungen bei.
Im Übrigen habe das LPO in seinem Wirkungskreis weitere Arbeitsfelder erschlossen. So sei es Kooperationen mit der Staatlichen Hochschule für Musik Trossingen und dem Blasmusikverband Baden-Württemberg eingegangen. Auch das Angebot von Kinder- und Schülerkonzerten an und mit Kindertagesstätten, Schulen und Musikschulen sei ausgeweitet worden. „Diese innovativen und zukunftsweisenden Arbeitsfelder sind nur durch ein hohes, zusätzliches Engagement der Orchestermusiker und des musikalischen Leiters möglich“, gab Klein die Einschätzung des Ministeriums wieder. Ohne zusätzliche personelle Unterstützung sei langfristig diese Arbeit nicht weiter leistbar.
Um den Anspruch einer attraktiven musikalischen Vielseitigkeit und hohen Qualität des LPO für eine hochwertige Öffentlichkeitsarbeit für die Polizei und das Land gerecht zu werden, halte das Ministerium einen Klangkörper mit mindestens 32 Stellen, besser 38,5 Stellen, für erstrebenswert. „Dieser Auffassung hat sich der Ausschuss einstimmig angeschlossen“, berichtete Karl Klein.
Wirtschaftsausschuss debattiert über Arbeitszeiten von Beschäftigten und den Meisterbonus
Stuttgart. Plant die Landesregierung, dass Beschäftigte in Baden-Württemberg generell länger arbeiten sollen? Auf diese These stützte sich ein Antrag der SPD-Fraktion, den der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau in seiner Sitzung am Mittwoch, 6. Februar 2019, diskutiert hat. Dies teilte der Ausschussvorsitzende Dr. Erik Schweickert (FDP/DVP) mit.
Dem Antrag der SPD-Fraktion zufolge gebe es die Überlegung der Landesregierung, über eine Bundesratsinitiative auf eine Verlängerung der Tageshöchstarbeitszeit auf bis zu zwölf Stunden für alle Beschäftigten zu drängen. Wie der Ausschussvorsitzende erklärte, habe das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau Vorschläge erarbeitet, wie das Arbeitszeitgesetz modernisiert und mehr Flexibilität für Beschäftigte und Betriebe ermöglicht werden könne. Laut Dr. Schweickert hat das Ministerium dabei betont, dass es eben nur um diese Flexibilisierung der Arbeitszeit gehe und nicht um eine Erhöhung der Wochenarbeitszeit. Eine Abstimmung innerhalb der Landesregierung und der grün-schwarzen Koalitionsfraktionen über diese Vorschläge sei jedoch noch nicht abgeschlossen. Die Auffassungen und die zu ihrer Begründung angeführten Argumente der Gewerkschaften habe das Ministerium in seine Erwägungen miteinbezogen und berücksichtigt.
Der Antrag der SPD-Fraktion, der die Landesregierung aufforderte, diese Pläne zur Arbeitshöchstzeit nicht weiter zu verfolgen, wurde mit großer Mehrheit gegen die Stimmen der Antragsteller abgelehnt. Dabei wurde von den ablehnenden Fraktionen bei der Begründung betont, dass die Formulierung des Beschlussteils eine generelle Verlängerung der Regelarbeitszeit impliziert, die jedoch in keiner Diskussion, weder auf Bundes- noch auf Landesebene, in Rede steht.
Darüber hinaus beriet der Ausschuss über einen Antrag der FDP/DVP-Fraktion zur möglichen Förderung des Meisterabschlusses in Baden-Württemberg mit einer Prämie von 1.000 Euro. Wie der Ausschussvorsitzende mitteilte, bestehe in vielen Bundesländern die Möglichkeit, bis zu 4.000 Euro als Bonus für die Erlangung des Meistergrades zu erhalten. „Ein solcher Meisterbonus kann zur Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Ausbildung beitragen und somit dem zunehmenden Fachkräftemangel in vielen Bereichen entgegenwirken“, so Dr. Schweickert. Jedoch hänge nach Einschätzung der Landesregierung die Frage, ob ein junger Mensch eine Meister-Fortbildung absolviere, nicht entscheidend davon ab, ob er nach bestandener Abschlussprüfung eine Prämie erhalte oder nicht. So sei für gut ausgebildete Handwerker der Weg in eine Meister-Fortbildung bereits mit der jetzigen Förderung durch das Aufstiegs-Bafög attraktiv.
Laut Dr. Schweickert hat sich im baden-württembergischen Handwerk die Zahl der bestandenen Meisterprüfungen geändert; klar rückläufig sei sie insbesondere im Bereich „Gesundheit und Körperpflege“ beispielsweise im Frisörhandwerk. Andere Bereiche wie Elektro und Metall verzeichneten leichte Zuwächse. Im Hinblick auf die gute Ertragslage schätze das Ministerium die Gefahr, dass Fachkräfte wegen einer fehlenden Prämie für bestandene Meisterprüfungen in andere Bundesländer abwanderten, als nur gering ein. Um Fachkräfteengpässen entgegenzuwirken, halte es die Landesregierung jedoch für sinnvoll, die Zahl der Meister-Fortbildungen zu steigern.
Die Fraktionen Grüne und CDU stellten dazu einen Änderungsantrag, generell zu prüfen, wie man die Meisterausbildung noch attraktiver gestalten kann. Dieser Antrag wurde mit den Stimmen der Regierungsfraktionen angenommen. Der ursprüngliche Antrag der FDP/DVP-Fraktion sowie ein weiterer Änderungsantrag der SPD-Fraktion, der den Prüfauftrag der Regierungsfraktionen um ein Datum ergänzt, dem Ausschuss bis zum 30. April 2019 einen konkreten Vorschlag zu unterbreiten, wurde jedoch ebenfalls von den Regierungsfraktionen gegen die Stimmen der Oppositionsfraktionen abgelehnt.
Rombach: Geändertes Straßengesetz gibt Gemeinden Gestaltungshoheit zurück
Stuttgart – Städte und Gemeinden in Baden-Württemberg können Verkehrsschilder, etwa um Straßen für ein Festgelände oder einen Umzug zu sperren, bald in eigener Zuständigkeit aufstellen. Zudem soll Carsharing-Anbietern Sondernutzungsrechte eingeräumt und künftige Radschnellwege als Landes-, Kreis- oder Gemeindestraßen eingestuft werden können. Ein entsprechender Gesetzentwurf der Landesregierung fand im Ausschuss für Verkehr mehrheitlich große Zustimmung. „Ob Carsharing oder neue Radschnellverbindungen: Baden-Württemberg beweist mit dieser bundesweit fortschrittlichen Gesetzesänderung sein Selbstverständnis als Wegbereiter moderner und nachhaltiger Mobilität“, so der Vorsitzende des Verkehrsausschusses, Karl Rombach (CDU). Der Ausschuss habe gleichzeitig vom Verkehrsministerium gefordert, den Ausbau „normaler Radwege“ und die notwendigen „Lückenschlüsse“ nicht aus dem Blick zu verlieren.
Baden-Württemberg ist das zweite Bundesland, das in Umsetzung der bundesge-setzlichen Spielräume die Baulastträger beim Radwegebau künftig unterscheidet in Land, Kreis oder Gemeinde. „Diese Unterscheidung ist wichtig und richtig“, so Rom-bach. Ebenso positiv habe der Ausschuss die Rückkehr zur früheren Regelung auf-genommen, die den Gemeinden ihre Gestaltungshoheit beim Aufstellen von Ver-kehrsschildern etwa für Umzüge zurückgibt. „Dafür extra das OK vom Landratsamt zu holen, war umständlich und sinnfrei“, so der Vorsitzende Rombach.
In nicht öffentlicher Sitzung habe sich Verkehrsminister Winfried Hermann gegen Bedenken gewehrt, der ländliche Raum werde nicht ausreichend berücksichtigt, mit dem Hinweis auf vorgeschaltete Zählungen. Nur ab einer bestimmten Frequenz an Radlern sei eine derart üppige Baumaßnahme lohnend. Mit großer Mehrheit habe der Ausschuss der vorgeschlagenen Änderung des Straßengesetzes zugestimmt, so Rombach. Der Entwurf wird an diesem Mittwoch im Plenum zur Abstimmung kommen.
Auf Antrag der CDU befasste sich der Ausschuss zudem mit der Optimierung der intermodalen Mobilität, also mit digitalen Möglichkeiten, mobilitätsbezogene Daten im Land zu erheben und daraus den Verkehrsfluss zu optimieren. Ob Parkplatzre-servierung per App auf dem Smartphone, Kontaktaufnahme zum Autofahrer über die Anzahl freier Plätze in Park&Ride-Parkhäusern oder intelligente Verkehrslenkungen – manche Innovation sei bereits eingeführt, anderes habe Potenzial, müsse aber den Praxistest noch bestehen. Minister Hermann habe gegenüber dem Ausschuss angekündigt, mehr „Temposteuerungsanlagen“ vor allem auf Autobahnen zur Ver-kehrsregulierung einführen zu wollen. Diese Anlagen reagierten mit der Display-Einblendung „Tempo120/100/80“ auf jeweils steigendes Verkehrsaufkommen. Auf dem Autobahnabschnitt Leonberg-Stuttgart würden nach neuesten Messungen täglich 150 000 Fahrzeuge fahren. Dies habe der Minister als „Infrastruktur am Anschlag“ bezeichnet, moderne Verkehrssteuerung sei an solchen Stellen hilfreich. „Das Ministerium lieferte eine Vielzahl wertvoller Informationen, auf die eine konstruktive Diskussion über Verbesserungen der Mobilität im Land aufbauen kann“, so der Vorsitzende Rombach.
Initiative Baden-Württembergs erfolgreich mit gemeinsamem Wahlaufruf zur Europawahl
Stuttgart. Die Europakonferenz der Präsidentinnen und Präsidenten deutschsprachiger Landesparlamente hat am 29. Januar 2019 in Brüssel einen gemeinsamen Wahlaufruf zur Europawahl verabschiedet. „Ich freue mich, dass auf Initiative Baden-Württembergs dieser Wahl-Appell der Parlamente zustande kam“, betonte Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne). „Dieser gemeinsame Aufruf zur Wahlteilnahme ist nicht nur eine Premiere, es ist auch ein starkes Signal in einer für das Friedensprojekt Europa entscheidenden Phase“, so Aras.
Die Bürgerinnen und Bürger würden dazu aufgerufen, mit ihrer Stimme direkt Einfluss zu nehmen auf die Zusammensetzung des Europäischen Parlaments, das den Präsidenten der Europäischen Kommission wähle, über wichtige Gesetze und nicht zuletzt über den Haushalt mitentscheide. Nur ein starkes Europa könne zentrale Zukunftsfragen wie die Wahrung europäischer Sicherheits- und Handelsinteressen, den Klimawandel, die Migration nach Europa, Digitalisierung, die Zukunft des Euro oder den gemeinsamen Kampf gegen Terrorismus erfolgreich meistern, kommentierte Aras. „Eine Stimme für Europa ist heute wichtiger als jemals zuvor in der Geschichte der Union.“ Der Landtag von Baden-Württemberg hatte diese konzertierte Aktion vor der Europawahl angestoßen. „Der gemeinsame Wahlaufruf wird von allen Landesparlamenten in Deutschland und Österreich veröffentlicht. Ich danke der in diesem Jahr federführend tätigen bayerischen Landtagspräsidentin Ilse Aigner für ihren koordinierenden Einsatz“, so Aras. Der Wahlaufruf adressiert in Baden-Württemberg doppelt: Am 26. Mai 2019 finden im Südwesten zeitgleich Kommunalwahlen statt.
Die deutschsprachigen Parlamente verabschiedeten auf ihrer zweitägigen Sitzung ebenfalls die „Brüsseler Erklärung 2019“ als Reaktion auf den Abschlussbericht der „Task Force“ Subsidiarität, Proportionalität und ‚Weniger, aber effizienteres Handeln‘“. „Aus Sicht der europäischen Regionen liegt uns natürlich die Rechtssetzung auf dieser Ebene besonders am Herzen“, so Landtagspräsidentin Aras. „Wir begrüßen die Absicht, den bürgernahen Regionalparlamenten im Sinne einer ‚aktiven Subsidiarität‘ mehr Mitverantwortung einzuräumen.“ Das bedeute auch einen direkten Zugang zur Kommission bei Themen, die in eigener Gesetzgebungskompetenz lägen. Die Präsidentinnen und Präsidenten pochten auf weniger, aber effizienteres Handeln durch die EU. Dieser Forderung solle durch die gemeinsame Erklärung Nachdruck verliehen werden.
Die Präsidentinnen und Präsidenten der deutschen und österreichischen Landesparlamente und des Südtiroler Landtages sowie des Deutschen Bundestages und des deutschen und österreichischen Bundesrates unter Beteiligung des Parlaments der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens treffen sich regelmäßig zum Austausch. Der Bayerische Landtag hat 2019 gemeinsam mit dem Wiener Landtag die Federführung.
Hinweis: Die „Brüsseler Erklärung 2019“ sowie den gemeinsamen Wahlaufruf zur Europawahl finden Sie im Anhang.
Brüssler Erklärung(externer Link)
Landtagspräsidentin Aras: „Gedenken motiviert uns, Angriffen gegen Menschenwürde und Menschenrechte mutig entgegenzutreten“
Stuttgart. Der Landtag von Baden-Württemberg hat am Freitag, 25. Januar 2019, mit einer zentralen Gedenkfeier im Haus des Landtags an die Opfer des Nationalsozialismus erinnert. In diesem Jahr lag der Fokus auf den wegen ihrer sexuellen Orientierung Verfolgten. „Gedenken hilft uns, Zusammenhänge zwischen unserer Vergangenheit und gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit heute zu erkennen. Es motiviert uns, Angriffen gegen Menschenwürde und Menschenrechte mutig entgegenzutreten“, sagte Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne). „Das ist der zeitlose Auftrag und Sinn für Gedenkarbeit.“
In ihrer Rede vor mehr als 300 Gästen stellte die Landtagspräsidentin die Gedenkstätte „Hotel Silber“ vor, die wenige hundert Meter vom Landtag entfernt, aus der ehemaligen Gestapo-Zentrale hervorgegangen ist. „Dort ist ein hervorragend gestalteter Geschichtsort entstanden“, so Aras. Das Hotel Silber sei ein Ort, der die NS-Verbrechen zeigt, aber auch die Vor- und Nachgeschichte des Holocaust erzähle. „Er zeigt uns, wie die Gesellschaft von der Weimarer Demokratie in die Diktatur abglitt. Er erzählt uns, wie Täter in der neuen Demokratie der Bundesrepublik ihre Laufbahn teilweise nahtlos fortsetzten“, berichtete die Präsidentin. Der Ort erzähle dies auch am Beispiel verfolgter Homosexueller. Der Ort berichte uns von vielen Schicksalen deportierter und ermordeter Jüdinnen und Juden, politischer Gefangener, von Zwangsarbeiterinnen und -arbeitern, von Sinti, Roma und weiterer Verfolgten.
Homosexuelle Opfer der NS-Diktatur hätten lange Zeit keine Stimme gehabt: „Das Unrecht, das Ihnen geschah, hat lange überdauert“, so Muhterem Aras. Die Bundesrepublik habe das Verbot sexueller Handlungen unter Männern in der verschärften Version des NS-Regimes unverändert übernommen. „Gerade das Beispiel des Paragrafen 175 Strafgesetzbuch zeigt, dass wir beim Gedenken an die NS-Opfer unseren Blick nicht auf die Jahre 1933 bis 1945 verengen dürfen. Wir reden über einen absoluten Kulturbruch, der eine Vorgeschichte hat und Nachwirkungen, die wir teilweise bis heute spüren“, betonte Aras.
Die Verbrechen des Nationalsozialismus und ihre Nachwirkung seien nach wie vor unvollständig aufgearbeitet. Es gebe blinde Flecken und damit Bedarf für weitere Forschung. „Unsere Erinnerungsarbeit muss breit gefasst sein“, führte Aras aus. Das dahinter stehende Denken – wer nicht heterosexuell liebt, gilt als minderwertig – hatte und habe Einfluss auf das Handeln von Behörden und Justiz. Es hatte und hat auch Einfluss auf die Atmosphäre an Arbeitsplätzen und in Schulen. „Das Gedenken regt an, dass wir uns hier und heute mit den Mechanismen auseinandersetzen, die den Terror der Nazi-Zeit und die Verfolgung in der Bundesrepublik befeuert haben. Mit den Mechanismen, die nach wie vor Nährboden für Diskriminierung sind.“
Der Rede der Landtagspräsidentin folgten ein Grußwort von Joachim Stein, Vorstandsmitglied Weissenburg e. V. Zentrum LSBTTIQ. Den Fachvortrag hielt Professor Dr. Wolfram Pyta, Historisches Institut der Universität Stuttgart, Abteilung Neuere Geschichte, zum Thema „Rosa Winkel und Weiße Rose – Freiheitsstreben in der NS-Diktatur“. Musikstücke und eine Performance mit Drag-Queens und Drag-Kings umrahmten das Gedenken.
An der Gedenkstunde des Landtags nahmen neben Repräsentanten des Landesparlaments - Landtagspräsidentin Aras, Vizepräsidentin Sabine Kurtz und Vertretern aller Fraktionen – auch die der christlichen Kirchen sowie zahlreicher Glaubensgemeinschaften und Verbände teil: die Israelitischen Religionsgemeingemeinschaften Württemberg und Baden, der Rabbiner Yehuda Puschkin, Vertreter des Landesverbandes der Sinti und Roma, der Glaubensgemeinschaft der Zeugen Jehovas, des Vereins der Verfolgten des Naziregimes, der Gruppe der wegen ihrer sexuellen Orientierung Verfolgten sowie vom Bund der Jenischen in Deutschland.
Anschließend waren alle Besucherinnen und Besucher zu Gesprächen und Begegnungen ins Foyer im Haus des Landtags eingeladen. Des Weiteren bestand die Möglichkeit, an Führungen in der neu eröffneten Gedenkstätte „Hotel Silber“ teilzunehmen.
Der Feier ging ein stilles Gedenken am Mahnmal für die Opfer nationalsozialistischer Gewaltherrschaft (zwischen dem Alten Schloss und dem Karlsplatz in Stuttgart) voraus.
Hinweis: Der eigentliche Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus ist der 27. Januar. Das Datum erinnert an die Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz am 27. Januar 1945. 1996 wurde das Datum vom damaligen Bundespräsidenten Roman Herzog zum Tag des Gedenkens erklärt.
Umweltausschuss diskutiert Überlegung von Windkraftanlagen im Nordschwarzwald
Stuttgart. Der Ausschuss für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft hat in seiner Sitzung am Donnerstag, 24. Januar, über die Überlegung des Planungsausschusses des Regionalverbands Nordschwarzwald diskutiert, Vorranggebiete für die Windenergienutzung auszuweisen, auf denen möglicherweise Windkraftanlagen errichtet werden können. Die AfD-Fraktion hat dazu eine Große Anfrage gestellt, wie der Ausschussvorsitzende Dr. Bernd Grimmer (AfD) mitteilte, da die Bürger und Kommunalverwaltungen an den betroffenen Standorten diese Pläne kategorisch ablehnen.
Gegenargumente seien hauptsächlich befürchtete Einbrüche beim Tourismus, ein zu geringer Abstand der Windanlagen zur Wohnbevölkerung sowie Bedenken bezüglich der Auswirkungen auf den Natur- und Landschaftsschutz, wie Dr. Grimmer erklärte. Jedoch sei weder ein unmittelbarer Zusammenhang noch ein grundsätzlicher Widerspruch zwischen der Ausweisung von Vorranggebieten für die Energienutzung und der regionalen Tourismusentwicklung festzustellen. So würden nach Aussage des Ministeriums Erfahrungen aus unterschiedlichen Regionen zeigen, dass sich die große Mehrheit der Besucher durch Windanlagen in ihren Urlaubsregionen nicht gestört fühle. Aufgrund der Anforderungen an den Schutz der Gäste vor gesundheitsstörenden Immissionen durch Lärm, Verkehr oder Gewerbeansiedlung sei die Entscheidung für oder gegen die Errichtung von Windkraftanlagen daher immer eine Einzelfallentscheidung.
Dem Ausschussvorsitzenden zufolge handele es sich bei der diskutierten Entscheidung des Regionalverbandes um einen Entwurf, der erst das gesetzlich vorgeschriebene Verfahren zur Anhörung der Träger öffentlicher Belange und der Öffentlichkeit durchlaufen müsse. Das Ministerium habe betont, dass eine verbindliche Ausweisung von Windvorranggebieten durch diesen Beschluss nicht erfolgt sei. Der Regionalverband habe beschlossen, mit weiteren Schritten abzuwarten, bis das Umweltministerium seinen Windenergieatlas überarbeitet und neugefasst habe, um auf Grundlage einer besseren Datenlage entscheiden zu können. Dieser überarbeitete Windenergieatlas solle noch in diesem Frühjahr vorgelegt werden.
Ständiger Ausschuss lehnt AfD-Gesetzesentwurf zur Änderung der Wahlrechtsvorschriften ab
Stuttgart. Der Ständige Ausschuss hat sich in seiner Sitzung am Donnerstag, 24. Januar 2019, mit dem Gesetzentwurf der AfD zur Änderung der Vorschriften über das Wahlrecht der Deutschen befasst. Mit großer Mehrheit ist der Gesetzentwurf abgelehnt worden. Das hat der Vorsitzende des Gremiums, der CDU-Abgeordnete Dr. Stefan Scheffold, mitgeteilt. „Im Ausschuss war man sich einig, dass sich die bisherigen Regelungen bewährt haben.“
Eine zu diesem Gesetzentwurf schriftlich durchgeführte Anhörung der kommunalen Landesverbände sei ebenfalls zu dem Ergebnis gekommen, dass keine Änderungen der bestehenden Wahlvorschriften vonnöten seien.
Mit dem Gesetz sollte dem grundgesetzlichen Postulat Rechnung getragen werden, dass lediglich im Besitz der deutschen Staatsangehörigkeit befindliche Einwohner Baden-Württembergs bei Wahlen und Abstimmungen auf Landes-, Kreis- und Gemeindeebene als Deutsche wahlberechtigt seien. Konkret solle das Wahlrecht der Deutschen im Sinne von Artikel 116 Grundgesetz (GG) von dem Nachweis der deutschen Staatsangehörigkeit in Form des Staatsangehörigkeitsausweises abhängig gemacht werden.
Verfassungsgerichtshof bestätigt Rechtsauffassung des Landtags
Stuttgart – Der Verfassungsgerichtshof hat mit seiner Eilentscheidung vom 21. Januar 2019 die Rechtsauffassung des Landtags geteilt, indem er die Anträge der Abgeordneten Dr. Wolfgang Gedeon (AfD) und Stefan Räpple (AfD) ablehnte. Der Sitzungsausschuss für drei Sitzungstage stellte auch nach Überzeugung der Richter eine Konsequenz aus der Geschäftsordnung des Landtags dar, für die kein Ermessen bestand. Die Richter des Verfassungsgerichtshofes teilten ebenfalls die Einschätzung, dass der Ausschluss für die nächsten drei Sitzungstage das Abgeordnetenrecht aus Artikel 27 Absatz 3 Landesverfassung nicht verletzt und ein Verlassen des Plenarsaals zumutbar gewesen wäre. Positiv nimmt die Landtagsverwaltung zudem zur Kenntnis, dass die dem Ausschluss zugrunde liegende Regelung in der Geschäftsordnung als verfassungskonform bewertet wird. Die Landtagsverwaltung sieht dem Hauptsacheverfahren mit Interesse entgegen.
Hintergrundinformation/Sachverhalt: In der Plenarsitzung vom 12. Dezember 2018 schloss Landtagspräsidentin Aras die Abgeordneten Dr. Wolfgang Gedeon und Stefan Räpple von der Sitzung aus. Vorangegangen waren Ordnungsrufe sowie die Aufforderung, den Sitzungssaal zu verlassen. Nachdem die Abgeordneten sich geweigert hatten, setzte die Präsidentin die Abgeordneten über die daraus resultierende Rechtsfolge - drei Tage Sitzungsausschluss – in Kenntnis. Die Präsidentin stützte sich auf Paragraf 92, Absatz 1 der Geschäftsordnung (GO) des Landtags von Baden-Württemberg.
Wortlaut: „Die Präsidentin kann einen Abgeordneten von der Sitzung ausschließen, wenn eine Ordnungsmaßnahme nach § 91 oder § 91a wegen der Schwere der Ordnungsverletzung nicht ausreicht. Die Präsidentin fordert den Abgeordneten/die Abgeordnete auf, den Sitzungssaal unverzüglich zu verlassen. Leistet der Abgeordnete nicht Folge, so wird die Sitzung unterbrochen. Der Abgeordnete ist damit ohne weiteres für die nächsten drei Sitzungstage von der Sitzung ausgeschlossen.“
Das Parlament bestätigte den Sitzungsausschluss am 19. Dezember mit breiter Mehrheit. An den Sitzungen am 19. Dezember und 20. Dezember nahmen Dr. Gedeon und Räpple nicht teil. Die Abgeordneten Dr. Gedeon und Räpple beantragten daraufhin beim Verfassungsgerichtshof Baden-Württemberg den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel, zur nächsten Plenarsitzung am Mittwoch, 23. Januar 2019, zugelassen zu werden. Sie stützen sich dabei auf Artikel 27 Absatz 3 Landesverfassung (freies Mandat).
Wirtschaftsausschuss berät Förderung der Unternehmensnachfolge
Stuttgart. Der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau hat sich in seiner Sitzung am Mittwoch, 16. Januar 2019, auf Antrag der CDU-Fraktion intensiv mit der Frage beschäftigt, wie die Unternehmensnachfolge gefördert werden kann. „Kleine und mittlere Unternehmen sind das Rückgrat der baden-württembergischen Wirtschaft und letztlich die Basis für den Wohlstand“, erklärte der Ausschussvorsitzende Dr. Erik Schweickert (FDP/DVP). Die Zukunft einer weiter prosperierenden Wirtschaft hänge auch davon ab, dass die Übergabe von Unternehmen an einen Nachfolger möglichst reibungslos gelinge.
Wie der Ausschussvorsitzende mitteilte, stünde in den nächsten fünf Jahren bei rund 21.700 Betrieben ein Generationenwechsel an, wobei eine Schließung nur bei sehr kleinen Betrieben von vornherein in Betracht gezogen würde. Bis zu 14.000 Betriebe in Baden-Württemberg könnten übergeben werden. „Insbesondere Klein- und Kleinstunternehmen benötigen dabei Unterstützung“, so Dr. Schweickert.
Seit dem Jahr 2002 gebe es so genannte Nachfolgemoderatoren, die aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF) gefördert würden. Diese sensibilisierten Unternehmer für eine frühzeitige Nachfolgeplanung und unterstützten die Suche nach einem geeigneten Nachfolger. Dieses Konzept gilt dem Vorsitzenden zufolge bei der EU als Best-Practice und wird mittlerweile in mehreren Bundesländern angeboten. In Baden-Württemberg werde die Förderung der Nachfolgemoderatoren bis Ende September 2021 fortgesetzt. Daneben koordiniere und fördere das Wirtschaftsministerium seit mehr als zehn Jahren die landesweite Veranstaltungsreihe „Unternehmensnachfolge im Ländlichen Raum“, über die bereits mehr als 7000 interessierte Übergeber und Übernehmer erreicht worden seien. Auch diese Veranstaltungsreihe wird 2019 fortgesetzt, wie der Ausschussvorsitzende bekanntgab.
Generell würden mehrere Hindernisse die Unternehmensfortführung erschweren, so Dr. Schweickert. Thematisiert worden seien in der Ausschussberatung die zu rigiden Vorgaben aus dem Bereich des baulichen Brandschutzes beispielsweise bei einer Weiterentwicklung von Gastronomiekonzeptionen. Das derzeitige Haupthindernis für die Unternehmensfortführung sei jedoch, überhaupt eine geeignete Nachfolgerin oder einen geeigneten Nachfolger zu finden, die neben der fachlichen Befähigung auch betriebswirtschaftliche und strategische Kenntnisse mitbrächten. Sei ein Nachfolger gefunden, ist Schweickert zufolge die Kaufpreisfindung oder deren Finanzierung das weitaus größte Hemmnis. So stelle für den Übergeber der Verkauf einen Großteil der Altersvorsorge und Honorierung des Lebenswerks dar, während es umgekehrt den Nachfolgeanwärtern häufig an Sicherheiten fehle, um bei Banken Kredite für die Finanzierung zu bekommen. „Hier kann eine neutrale Moderation helfen, wie die die Nachfolgemoderatoren gewährleisten können“, so der Vorsitzende Dr. Schweickert.
Als Unterstützung für Unternehmensnachfolger biete die L-Bank zinsverbilligte Darlehen mit Bürgschaften und Eigenkapitalhilfen an. Mit diesen Darlehensprogrammen seien zwischen Januar 2015 und Juni 2018 insgesamt 4530 Unternehmensübernahmen mit einem Kreditvolumen von 1,1 Milliarden Euro gefördert worden. Förderprogramme wie auch die zur Verfügung stehenden Eigenkapitalhilfen seien jedoch zwingend an eine Vollerwerbs-Selbstständigkeit gebunden. Dies wiederum hemme die Übergabe an Mitarbeiter, so die Bedenken im Ausschuss. Alternative Übergabemodelle, beispielsweise in Form von Mitarbeiter-Genossenschaften, könnten durchaus stärker in den Blick rücken, so Dr. Schweickert.
Ferner befasste sich der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau nach einer Unterrichtung zum Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission für 2019 unter anderem mit dem Antrag der SPD-Fraktion zu Arbeitnehmerschutz und Mitbestimmungsrechten bei plattformbasierten Lieferdiensten sowie dem Antrag der FDP/DVP-Fraktion zu den Auswirkungen des Bestellerprinzips in Baden-Württemberg.
Lösch: Daten zur Grundschulempfehlung interessante Diskussionsgrundlage- Teils extreme Spannbreite zwischen Stadt- und Landkreisen
Stuttgart – Seit dem Schuljahr 2018/19 ist die Vorlage der Grundschulempfehlung bei der weiterführenden Schule Pflicht. Grund für den Bildungsausschuss, sich nach der Wirksamkeit der Neuregelung zu erkundigen. Die aktuellen Übergangszahlen und damit einen Vergleich mit der früheren Regelung ohne verpflichtende Vorlage sei zwar noch nicht möglich gewesen, berichtete die Vorsitzende des Bildungsausschusses, Brigitte Lösch (Grüne). „Der Ausschuss nahm mit Interesse aber die vom Ministerium gelieferten Zahlen als Grundlage, vertieft über die Unterschiede bei den Übergängen im Land zu diskutieren“, so Lösch.
Seit dem Schuljahr 2017/18 müssen Erziehungsberechtigte der aufnehmenden weiterführenden Schule die Empfehlung der Grundschule für ihr Kind vorlegen. Basis für die Grundschulempfehlung sind differenzierte Beobachtungen der Lehrkräfte von Klasse eins an sowie eine regelmäßige Beratung mit den Erziehungsberechtigten. Dieses intensive Miteinander zwischen Eltern und Pädagogen sei im Ausschuss als Schlüssel für eine gelingende Bildungsbiografie eingestuft worden. Das Schulgesetz war durch den Landtag im Mai 2017 dahingehend geändert worden, dass die Vorlage des Dokuments gleichzeitig Teil der Anmeldung ist. Rechtsfolgen wurden jedoch nicht daran geknüpft – ein Abweichen von der Grundschulempfehlung führt nicht zur Ablehnung des Kindes an der angemeldeten Schule.
Der Bildungsausschuss erkundigte sich auf Basis eines Antrags der FDP/DVP-Fraktion nach der Wirksamkeit der gesetzlichen Neuregelung. Die vom Ministerium vorgelegten Zahlen zur Grundschulempfehlung seien von den Ausschussmitgliedern auch ohne die aktuellen Vergleichszahlen al eine gute Grundlage eingestuft worden, berichtete Lösch. Vorgelegt hatte das Ministerium erhobene Daten aus den baden-württembergischen Stadt- und Landkreisen bis zum Jahr 2017. Danach wechselten im Kreis Waldshut 35,5 Prozent der Grundschüler auf ein Gymnasium, in Heidelberg aber 69,7 Prozent. „Dass es bei den Empfehlungen für die Hauptschule landesweit eine Bandbreite von 11,6 Prozent in Heidelberg bis 32,3 im Landkries Heilbronn, bei den Empfehlungen für den Besuch eines Gymnasiums eine von 35 bis 70 Prozent gibt, wirft Fragen auf“, so die Vorsitzende. „Damit müssen wir uns beschäftigen.“ Dahinter stecke nicht allein ein Stadt-Land-Gefälle, sondern bei hohen Übergangszahlen auf Gymnasien auch eine größere Sensibilität von Eltern in größeren Städten für die weitere Schullaufbahn ihres Nachwuchses. Die Mitglieder des Bildungsausschusses seien sich einig gewesen, dass solche Unterschiede nur wenig oder gar nichts mit intellektuellem Leistungsvermögen der Schülerinnen und Schüler nichts zu tun habe.
Auch die Gründe für die jeweilige Wiederholung der Klassenstufe oder den Abgang vom Gymnasium auf eine Realschule oder von einer Realschule auf eine Hauptschule sind diskutiert worden. „Die These eines kausalen Zusammenhangs zwischen Wegfall der Grundschulempfehlung und erhöhter Sitzenbleiberquoten wurde von der Ausschussmehrheit nicht geteilt“, berichtete Lösch. Diese Zusammenhänge seien nicht belegt. Leistungsabfälle könnten mithin auch Gründe im persönlichen Umfeld des Kindes (Scheidung, Schicksalsereignis, Krankheit) haben, hätten Abgeordnete angeführt.
Sozialausschuss diskutiert die Sicherstellung zukünftiger Substitutionsversorgung
Stuttgart. In seiner Sitzung am Donnerstag, 17. Januar, hat sich der Ausschuss für Soziales und Integration auf Antrag der SPD-Fraktion damit befasst, wie man die Substitutionsversorgung auch zukünftig sicherstellen kann. Dies teilte der Ausschussvorsitzende Rainer Hinderer (SPD) mit. Die Substitutionstherapie bezeichnet eine Behandlungsmethode, bei der im Rahmen einer Therapie eine Droge durch eine nicht abhängig machende Ersatzdroge ersetzt wird.
In Baden-Württemberg gibt es, dem Vorsitzenden zufolge, aktuell knapp 9.000 Substitutionspatienten. Diese würden aktiv von 211 Ärzten behandelt, zu denen weitere 123 Ärzte im Rahmen des Konsiliarverfahrens hinzukämen. In Baden-Württemberg sei es sieben Einrichtungen erlaubt, Patienten substitutiv zu behandeln.
„Aufgrund des zunehmenden Ärztemangels und einer alternden Ärzteschaft droht sich die Situation in der Substitutionsversorgung zukünftig enorm zu verschlechtern“, erklärte Hinderer, da Ärzte, die in den Ruhestand gingen, oftmals keine Nachfolger für ihre Praxis finden könnten. In einigen Landkreisen Baden-Württembergs gebe es bereits heute Versorgungslücken, beispielsweise sei in den Landkreisen Calw und Freudenstadt kein niedergelassener substituierender Arzt mehr vorhanden. In Kehl drohe einer Einrichtung aus finanziellen Gründen eine Schließung, von der 75 Patienten betroffen wären; in Stuttgart sei im vergangenen Dezember eine Schwerpunktpraxis geschlossen worden, da der Vermieter untersagt habe, weiter Substitutionspatienten zu behandeln. „In den nächsten Jahren droht in allen Land- und Stadtkreisen eine Unterversorgung der substituierten Patienten“, so Hinderer.
Um dem entgegenzuwirken, sei, wie der Ausschussvorsitzende erklärte, besonders wichtig, der Stigmatisierung psychisch erkrankter und insbesondere suchtkranker Patienten entgegenzuwirken und auf die Behandlungserfolge der Substitutionstherapie hinzuweisen, wie beispielsweise, dass sich der Gesundheitszustand der Patienten aufgrund der Therapie verbessern würde, sich die soziale Situation der Betroffenen stabilisiere und HIV- und Hepatitis-Infektionen vermieden würden. In den vergangenen zwei Jahren sei zudem überlegt worden, wie das Thema Drogensubstitution besser im Medizinstudium verankert werden könne, um junge Mediziner frühzeitig an das Berufsfeld heranzuführen und so dem bestehenden Nachwuchsmangel entgegenzuwirken. Als weitere Maßnahme habe das Ministerium für Soziales und Integration einige Modellvorhaben angestoßen, die zu einer engeren und verbindlicheren Kooperation zwischen Ärzten und Drogenberatern führen sollen. Der Abschlussbericht dazu soll im Laufe dieses Jahres vorgestellt werden, so Hinderer abschließend.
Kostensteigerung von rund 257 Millionen Euro
Stuttgart. Die Landesregierung hat dem Finanzausschuss in seiner Sitzung am Donnerstag, 17. Januar 2019, turnusgemäß über den Umsetzungsstand sowie die Finanzierung des Integrierten Rheinprogramms (IRP) berichtet. „Das IRP kommt gut voran, allerdings sind die Gesamtkosten auf rund 1,72 Milliarden Euro angestiegen, was im Vergleich zur letzten Berichterstattung im Jahr 2015 einen Anstieg um rund 257 Millionen Euro bedeutet“, berichtete der Ausschussvorsitzende Rainer Stickelberger (SPD).
Als Gründe für die Kostensteigerung habe das Ministerium die allgemeine Entwicklung der Baupreise und die zunehmende Komplexität der Vorgaben durch gestiegene Anforderungen genannt, so Stickelberger. Jeder Raum sei spezifisch und werfe unterschiedliche Problemfelder auf, etwa Salzvorkommen im Grundwasser. Überdies müssten neue Normen beachtet werden und auch die Bürgerbeteiligung habe ihren Einfluss.
Insgesamt werde für die vollständige Umsetzung des IRP mit Gesamtinvestitionskosten von über 1,7 Milliarden Euro gerechnet. Hiervon habe das Land 58,5 Prozent der Kosten zu tragen, 41,5 Prozent übernehme der Bund. Überdies könnten über den Sonderrahmenplan des Bundes zum präventiven Hochwasserschutz derzeit für ausgewählte Maßnahmen des IRP zusätzlich bis zu 60 Prozent des Landesanteils vom Bund erstattet werden.
Wie Rainer Stickelberger erläuterte, werde mit dem IRP der vor dem Oberrheinausbau unterhalb von Iffezheim vorhandene Hochwasserschutz wiederhergestellt. Um dies zu realisieren, schaffe das Land an insgesamt 13 Standorten auf ehemaligen Aueflächen am Oberrhein naturverträgliche Hochwasserrückhalteräume mit einem Gesamtvolumen von 167,3 Millionen Kubikmeter. Mit den Poldern Altenheim, dem Kulturwehr Kehl/Straßburg, dem Polder Söllingen/Greffern, dem Polder Rheinschanzinsel sowie Teilen des Rückhalteraums Weil-Breisach seien rund 45 Prozent des erforderlichen Rückhaltevolumens zur Verfügung gestellt worden. Nach derzeitiger Einschätzung werde unter Berücksichtigung der erforderlichen Planungs- und Genehmigungsverfahren sowie der notwendigen Bauzeiten die Fertigstellung aller IRP-Rückhalteräume und damit die Bereitstellung des vollständigen Retentionsvolumens nicht vor dem Jahre 2028 möglich sein.
Die Umsetzung der einzelnen Maßnahmen schreite voran, gab Stickelberger die Auffassung des Ministeriums wieder. So sei beispielsweise beim Rückhalteraum Elzmündung letzten Sommer das Einlassbauwerk mit integrierter Fischtreppe eingeweiht worden. Die Verfahren für die Rückhalteräume Breisach/Burkheim und Bellenkopf/Rappenwört seinen inzwischen soweit fortgeschritten, dass die Planfeststellungsbeschlüsse 2019 erwartet würden.
Wissenschaftsausschuss besucht Sonderausstellung im Landesmuseum Württemberg
Stuttgart. Einige Mitglieder des Ausschusses für Wissenschaft, Forschung und Kunst haben am Mittwoch, 16. Januar 2019, die Große Sonderausstellung „Faszination Schwert“ im Landesmuseum Württemberg besucht. „Es ist für uns als Ausschuss sehr interessant, vor Ort anschauen zu können, was wir beschließen“, betonte der Ausschussvorsitzende Andreas Deuschle (CDU) vor der Führung.
Begrüßt wurden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer vom kaufmännischen Geschäftsführer des Landesmuseums, Axel Winkler. „Wir freuen uns sehr darüber, dass ‚unser‘ Ausschuss uns besucht und wünschen einen schönen, spannenden Rundgang“, so Winkler. Durch die Ausstellung geführt wurde der Wissenschaftsausschuss von der Kuratorin der Schau, Dr. Nina Willburger, die eindrucksvolle Einblicke vermittelte.
Das Schwert sei als erste Waffe ausschließlich zum Kampf gegen andere Menschen, also zum Töten, erschaffen worden. Es sei von Beginn an ein wertvolles Hightech-Produkt gewesen, das in den unterschiedlichen Verfahren seiner Herstellung die gesamten Kenntnisse und Erfahrungen der Technologie seiner Zeit bündelte. Die Ausstellung konzentriere sich auf die Schwerter in Europa über einen Zeitraum von 3.500 Jahren hinweg. „Ein Besuch der Ausstellung ist überaus lohnenswert“, zeigte sich Andreas Deuschle am Ende begeistert. „Wir empfehlen sie gerne weiter“. Die Große Sonderausstellung im Alten Schloss wird noch bis 28. April 2019 gezeigt.

Einige Mitglieder des Wissenschaftsausschusses und ihr Vorsitzender Andreas Deuschle (2. v. r.) besuchen Sonderausstellung im Alten Schloss
Foto: LTBW
Frauen fordern: Verfassungsgebot auf gleiche Chancen endlich einlösen
Stuttgart – Mit einem Veranstaltungsreigen aus Vorträgen, Diskussionen und Happenings würdigte der Landtag von Baden-Württemberg am Samstag, 12. Januar 2019, 100 Jahre Frauenwahlrecht in Württemberg. Unter dem Titel „Herrengedeck und Frauengedöns“ beleuchteten Landesfrauenrat, der Verein Frauen und Geschichte sowie die Studierenden der Hochschule der Medien diesen Jahrestag historisch, gesellschaftspolitisch und auf kreativ-fiktionale Art. Keynotes hielten Doris König, Richterin am Bundesverfassungsgericht, sowie Professorin Sylvia Schraut, Vorsitzende des Vereins Frauen und Geschichte. „Vor 100 Jahren überwand die Demokratie ihren Geburtsfehler: Den Ausschluss der Frauen aus der Politik“, sagte Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne). „Heute geht es um nicht weniger als die Einlösung des Verfassungsversprechens auf Gleichberechtigung und die Beseitigung bestehender Nachteile.“
Aras mahnte in ihrem Grußwort die geringen, tendenziell sogar sinkenden Frauenanteile in Parlamenten und Räten an. „Wir rollen zurück“, konstatierte die Präsidentin jenes Landtags, der mit einem Viertel weiblicher Abgeordneten den vorletzten Platz deutscher Landesparlamente belegt. Den Anspruch nach dem Demokratieprinzip, Spiegel der Gesellschaft zu sein, könne das baden-württembergische Parlament so nicht erfüllen. Das müsse sich endlich ändern.
BVG-Richterin König lenkte den Blick auf das 1948/49 ausgearbeitete und mit dem Recht auf Gleichberechtigung versehene Grundgesetz. Auf dessen Basis erst hätten nach und nach frauendiskriminierende Vorschriften durch das Bundesverfassungsgericht abgeschafft werden können. „Es lohnt sich, den Weg zu einem Parité-Gesetz weiter zu verfolgen“, appellierte König in Stuttgart an das Durchhaltevermögen der Frauen. Als Richterin des Zweiten Senats in Karlsruhe könne sie zwar keine Stellung beziehen. Sie gebe jedoch zu bedenken, so König: „Anfangs schien auch die Einführung des Frauenwahlrechts fernab jeglicher Realität zu sein!“
Charlotte Schneidewind-Hartnagel, Erste Vorsitzende des Landesfrauenrates, forderte dieses Parité-Gesetz mit der Gleichung „Hälfte der Bevölkerung, Hälfte der Mandate“. Sie beklagte strukturelle Diskriminierung, die auch nur mit Änderung der Strukturen beseitigt werden könne. Die Vorsitzende des Vereins Frauen und Geschichte, Sylvia Schraut, widmete sich der Fragestellung „Angekommen in der Zielgeraden?“. Ihr Appell an junge Frauen lautete: „Schluss mit den Platzhirschen, kämpft für ein neues Landtagswahlrecht!“ Wenn Frauen Politik durchsetzen wollten, die sie für richtig halten, müssten sie mitmachen. „Sonst wird mit uns Politik gemacht.“
Studierende des Studiengangs Medienwirtschaft an der Hochschule der Medien inszenierten im Rahmen einer CONMEDIA-Produktion („content in media“) im zweiten Teil der Veranstaltung ihren Blick auf das Thema als „verkehrte Welt“: Statt 25 Prozent Frauen, nahmen zunächst 75 Prozent Frauen im Plenarsaal Platz. Das Verhältnis drehte sich im Zuge der Performance um, so dass die aktuelle Geschlechterrepräsentanz im Landtag von Baden-Württemberg sichtbar wurde. Flankiert wurde die „Experimentierdemokratie“ durch Video-Interviews mit allen frauenpolitischen Sprecherinnen der Fraktionen im Landtag sowie einer Umfrage unter Kindern zu ihrem Rollenverständnis.
Gefahr durch den Wolf: Umweltausschuss setzt sich für Unterstützung für Weidetierhalter ein
Stuttgart. In seiner Sitzung am Donnerstag, 13. Dezember 2018, hat sich der Ausschuss für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft mit den Folgen der Ausbreitung des Wolfs in Baden-Württemberg beschäftigt. Die Fraktionen von Grünen und CDU stellten dazu den Antrag, Weidetier- und Gehegewildhalter in Zeiten zunehmender Gefährdung durch den Wolf zu unterstützen. Wie der Ausschussvorsitzende Dr. Bernd Grimmer (AfD) mitteilte, stimmte das Gremium dem Antrag einstimmig zu.
Dem Ausschussvorsitzenden zufolge sei davon auszugehen, dass in den kommenden Jahren weitere Wölfe nach Baden-Württemberg wandern würden. Außerdem sei es möglich, dass in den nächsten fünf Jahren eine Rudelbildung erfolgen könne. Grundsätzlich dürfe der Wolf jedoch nicht getötet oder verfolgt werden, lediglich in Einzelfällen seien Ausnahmen von diesem strengen Schutz möglich. Eine Bejagung von Wölfen mit dem Ziel der Bestandsreduktion oder der Schaffung sogenannter „wolfsfreier“ Gebiete sei nach geltendem Recht nicht möglich. Die Einführung eines „Wolfszielbestands“ sei ebenfalls nicht vorgesehen. Für Menschen bestünde kein erhöhtes Gefahrenpotential bei der direkten Begegnung mit einem Wolf. Das Anfüttern von Wölfen sei jedoch unbedingt zu unterlassen.
Es sei nicht verlässlich vorherzusagen, wo sich zuwandernde Wölfe in Baden-Württemberg niederlassen werden. Jedoch sei zu erwarten, dass diejenigen Gegenden zuerst besiedelt würden, in denen es die besten Rückzugsmöglichkeiten gebe und eine geringe Störung durch Menschen bestünde. Dies beträfe besonders den Schwarzwald, den Odenwald und die Schwäbische Alb.
Eine Folge der Ausbreitung des Wolfes sei der Riss von im Freien gehaltenen Nutztieren, wie Dr. Grimmer mitteilte: „Dies kann für Herdentierhalter belastend bis existenzbedrohend sein.“ Daher sei es wichtig, einen funktionierenden Herdenschutz in der Fläche frühzeitig und umfassend umzusetzen. Erfahrungen anderer Länder hätten nämlich gezeigt, dass die Anzahl an gerissenen Nutztieren ganz entscheidend von der Wirkung der Herdenschutzmaßnahmen und nur in geringerem Maße von der Größe des Wolfsbestands abhänge.
Aktuell fördere das Land innerhalb der Förderkulisse Wolfsprävention die Anschaffung technischer Mittel in der Schaf- und Ziegenhaltung sowie in der Gehegehaltung von Wild. Wie der Ausschussvorsitzende mitteilte, gewährt das Land hierbei Zuwendungen in Höhe von 90 Prozent der Nettokosten. Jedoch habe die Europäische Kommission im November 2018 die Regelung dahingehend angepasst, dass Investitionen in Herdenschutz, wie beispielsweise Elektrozäune oder wolfssichere Ausführungen von Ställen, auch zu 100 Prozent finanziert werden können, ohne dass dies als unzulässige Beihilfe gelte. Das Umweltministerium prüfe nun die möglichst schnelle Umsetzung dieser Fördermöglichkeiten. Zusätzlich fördere das Land den Unterhalt eines Herdenschutzhundes.
Darüber hinaus sei eine zentrale Beratungsstelle für Herdenschutz in den Bereichen Schafe und Ziegen sowie Pferde und Rinder vorgesehen. Allein eine Förderung von Präventionsmaßnahmen sei jedoch nicht ausreichend. Daher seien neben der Beratung zu Präventionsmaßnahmen und deren Umsetzung auch Aspekte der betrieblichen Entwicklung einschließlich Stallbau zu berücksichtigen. Das Ministerium prüfe aktuell, in welchem Umfang auch Arbeitskosten, beispielsweise für den Aufbau von Elektrozäunen, gefördert werden können. Dr. Grimmer erklärte abschließend, dass Nutztierhalter über den Ausgleichsfond Wolf eine Entschädigung erhalten, wenn Tiere durch einen Wolfsangriff getötet wurden.
Ausschuss begrüßt Äffle und Pferdle als Ampelsymbole – Bund soll handeln
Stuttgart – Der Petitionsausschuss des Landtags spricht sich grundsätzlich für die Aufstellung einer „Äffle- und Pferdle“ Lichtsignalanlage in Stuttgart aus. Einen entsprechenden Mehrheitsbeschluss fasste der Ausschuss in seiner Sitzung am 13. Dezember 2018. „Wir wollen den Weg ebnen zu einem großzügigeren Umgang mit regionalen Besonderheiten bei den Ampel-Symbolen“, erläuterte die Vorsitzende des Ausschusses, Beate Böhlen (Grüne). Deshalb soll die Petition der Landesregierung zur Berücksichtigung überwiesen werden. Das zuständige Verkehrsministerium habe gleichzeitig deutlich gemacht, dass es mit Blick auf eine gebotene bundeseinheitlich verlässliche Festlegung keine Ausnahmegenehmigung von der Straßenverkehrsordnung erteilen werde. Seit Jahren engagieren sich die Mitglieder des „Äffle- und Pferdle-Fanclubs“ für die Installierung der tierischen Ampelsymbole. „Der Ausschuss hat die Landesregierung deshalb auch gebeten, sich auf Bundesebene für eine großzügigere Regelung einzusetzen. Mehr konnten wir für Äffle und Pferdle nicht tun“, so die Vorsitzende Böhlen.
In Deutschland regelt die Straßenverkehrsordnung (§ 37 Absatz 2 Nummer 5) die Verhaltenspflicht der zu Fuß Gehenden an Lichtzeichenanlagen. In einer dazu gehörigen Verwaltungsvorschrift ist explizit die Gestaltung der Sinnbilder bei Ampeln geregelt: „Im Lichtzeichen für Fußgänger muss das rote Sinnbild einen stehenden, das grüne einen schreitenden Fußgänger zeigen.“ Bundesweit gibt es mehrere Ausnahmen von den gängigen Lichtsignalanlagen, etwa die Ampelmännchen in Ostdeutschland oder die Mainzelmännchen in Mainz. Erstere waren nach der deutschen Einigung erlaubt worden, letztere sind dagegen nicht erlaubt. Sie stellten streng genommen nicht einmal Verkehrszeichen dar, habe ein Ministerialbeamter im Ausschuss erläutert. Es gehe um Haftungsfragen und um Fragen der Einheitlichkeit in ganz Deutschland, berichtete der stellvertretende Vorsitzende Norbert Beck (CDU) aus der Sitzung. Bundesländer seien in der Ampelfrage nicht frei in ihrer Entscheidung, sondern an das Bundesrecht gebunden.
Die mehrheitlich beschlossene Berücksichtigung macht deutlich, dass der Petitionsausschuss das Anliegen der Petenten unterstützt. An das Verkehrsministerium des Landes erging die Bitte des Petitionsausschusses, sich auf dem nächsten Bund-Länder-Fachausschuss im Januar 2019 dafür einzusetzen, die Regelung großzügiger zu fassen, damit Symbole wie „Äffle und Pferdle“ oder auch den Mannheimer Wasserturm als Ampelsinnbilder generell verwendet werden können. „Ganz nachvollziehbar ist die jetzige enge Regelung dem Ausschuss nicht: Die vertikale Anordnung der Ampellichter ist wohl ausschlaggebender als die Bilder auf den Ampeln“, so die Vorsitzende Böhlen.
Rechtlich nichts gegen 1000-Kühe-Stall einzuwenden – Nachbesserungen aus Gutachten
Stuttgart – Mehrere Landwirte im Kreis Sigmaringen planen einen 1000-Kühe-Stall. Der Petitionsausschuss des Landtages befasste sich am Donnerstag, 13. Dezember 2018, mit der Petition einer Bürgerinitiative, die sich dagegen wendet. Das Gremium beschloss nach Beratung, Ortsterminen und der Erstellung zweier Gutachten das Material zu dieser Petition an die zuständigen Ministerien zu überweisen - verbunden mit einer Berichtspflicht. „Alle Mitglieder des Ausschusses haben sich intensiv mit diesem Fall befasst. Die rechtliche Prüfung gab keinen Anhaltspunkt für fehlerhafte Genehmigung. Wir gehen selbstverständlich davon aus, dass sich die antragstellenden Landwirte an alle Auflagen halten“, berichteten die Vorsitzende des Petitionsausschusses, Beate Böhlen (Grüne) und der stellvertretende Vorsitzende Norbert Beck (CDU). Der Petition habe deshalb nicht abgeholfen werden können.
Die Pläne für den Bau eines Stalls für tausend Kühe in Ostrach (Kreis Sigmaringen) erregen seit geraumer Zeit die Gemüter. Seit Januar 2018 liegt dem Petitionsausschuss des Landtags eine Petition gegen das Vorhaben vor. Aufgrund der Komplexität des Themas hatte der Ausschuss, auf Vorschlag des Berichterstatters Reinhold Pix (GRÜNE), bereits im Juni vollständige Akteneinsicht beantragt und zwei Sachverständige mit deren Sichtung beauftragt. Die Gutachten der Sachverständigen liegen dem Ausschuss inzwischen vor, außerdem waren beide Experten zur heutigen Sitzung geladen.
„Beide Gutachten kommen zu dem Schluss, dass der Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens grundsätzlich keine rechtlichen Mängel im Wege stehen“, so die Ausschussvorsitzende Böhlen. Die Sachverständigen hatten geprüft, ob im Laufe des Genehmigungsverfahrens und bei der Aufstellung des Bebauungsplanes alle tierschutz, umwelt-, natur-, immissions- und gewässerschutzrelevanten Bestimmungen eingehalten wurden. „Dies scheint insgesamt auch der Fall zu sein. Allerdings wurden im Bereich Tierwohl auch einige Verbesserungsvorschläge gemacht“ sagte Böhlen im Anschluss an die Sitzung. Die Ausschussmitglieder hätten die Anregungen als wertvoll empfunden. „Aufgrund der Tatsache, dass ein Genehmigungsentwurf aussteht, besteht die Möglichkeit, dass einzelne Punkte der Gutachten wie etwas größere Einstreuliegeflächen für die Rinder noch Berücksichtigung finden“, so Böhlen.
Da das Bauvorhaben der kommunalen Planungshoheit unterliege und alle rechtlichen Voraussetzungen eingehalten würden, könne der Petitionsausschuss dem Ministerium bzw. den zuständigen Behörden diese Nachbesserungen freilich nur empfehlen. Dies wurde auch mit großer Mehrheit so beschlossen. Die Gutachten wurden dem federführenden Wirtschaftsministerium mit der Bitte um Berücksichtigung und Stellungnahme übergeben.
„Der Petitionsausschuss kann Verwaltungshandeln nur überprüfen und muss sich dabei an geltendes Recht halten. Auch die beiden Sachverständigen haben uns bestätigt, dass im vorliegenden Fall die Gesetze eingehalten werden. Damit kann der Petition nicht abgeholfen werden“, erklärte Böhlen.
Rombach: Maßnahmenpaket gegen Autorennen auf der A81 probates Mittel zur Abschreckung
Stuttgart – Mit den Wirkungen des im März 2018 eingeführten Tempolimits gegen illegale Autorennen auf der Autobahn A 81 befasste sich der Verkehrsausschuss des Landtags. „130 Kontrollen, vier bestätigte Autorennen, 16 Meldungen durch Anwohnerinnen und Anwohner 16 000 Geschwindigkeitsverstöße belegen aus Sicht der Ausschussmehrheit die Notwendigkeit des Maßnahmenpakets aus Tempolimit, Info-Kampagnen, häufigen Kontrollen durch deutsche und schweizerische Polizei sowie die Einführung des Straftatbestandes § 315 Strafgesetzbuch (verbotene Kraftfahrzeugrennen)“, so der Vorsitzende des Verkehrsausschuss, Karl Rombach (CDU). Auch wenn sich die Unfallbelastung auf diesem A 81-Abschnitt im unteren Landesdurchschnitt bewege, sei der in der Landesregierung ausgehandelte Kompromiss zielführend.
Ein Antrag der Grünen hatte die Wirksamkeit der Präventionsmaßnahmen abgefragt. Zwischen März und Ende November 2018 wurden auf dem Streckenabschnitt der A 81 zwischen Bad Dürrheim und Engen 16 000 Geschwindigkeitsverstöße festgestellt. 184 führten zu Fahrverboten. Vier Autorennen seien als solche identifiziert worden, in zwei Fällen mit Schweizer Zulassung. Die Kategorie selbst wird statistisch vom Innenministerium nicht erfasst. Ein Polizeiexperte habe das Problem illegaler Autorennen als ein regionales Problem ohne landesweiten Bezug bezeichnet. Im Jahr 2016 wurden sechs, 2017 zwei „bestätigte Rennsituationen“ registriert. Der Ausschuss habe mit überwiegender Mehrheit alle Maßnahmen begrüßt, die einen hohen Überwachungsdruck gewährleisteten. Einig sei sich das Gremium gewesen über eine notwendige Erhöhung der drohenden Geldstrafe. Manche Verkehrssünder führten 1000 oder mehr Euro für die Begleichung der Geldbuße gleich mit sich, habe der Polizeivertreter berichtet.
Ein weiterer Antrag habe sich nach der Verkehrssicherheit für Kinder und Jugendlichen erkundigt, berichtete der Vorsitzende Rombach. Die Zahl der Verkehrsunfälle mit Kindern und Jugendlichen zwischen 2 und 18 Jahren ging konstant zurück von 9698 im Jahr 2010 bis 8456 im Jahr 2017. Im laufenden Jahr gab es bis Ende August 5384 Unfälle, davon mit 2514 leicht Verletzten, 575 Schwerverletzten sowie 15 Getöteten. Die Hauptursache nach wie vor: überhöhte Geschwindigkeit sowie Missachtung der Vorfahrt, gefolgt von geringem Abstand und Manöver wie Abbiegen.
Die vom Innen- und Verkehrsministerium gelieferten umfangreichen Zahlen seien den Ausschussmitgliedern nur in einem Punkt negativ aufgefallen: Von allen Kindern, die sich zur Radfahrprüfung meldeten, würden nur 87,5 Prozent bestehen. 2013 waren es noch 92 Prozent. Laut Polizeivertreter seien die Rückgänge erklärbar, erstens durch veränderte Lebensführung und offenbar auch ein schwindendes Interesse der Elternhäuser, ihren Kindern das Radfahren beizubringen. „Die schulische Verkehrserziehung habe nicht zum Gegenstand, den Schülerinnen und Schülern das Radfahrern beizubringen, sondern das korrekte Bewegen im Verkehrsraum. Diese Klarstellung ist wichtig, um falsche Erwartungen zu drosseln“, so Rombach nach der Sitzung. Die Ausschussmitglieder unterstützten die Landesregierung im Bemühen, sich im Bund für eine Erhöhung des Sanktionsniveaus für Verkehrsordnungswidrigkeiten mit besonderem Gefährdungspotenzial einzusetzen.
Präsidentin erteilt mehrere Ordnungsrufe und Sitzungsausschluss für zwei Abgeordnete
Stuttgart – In der Plenarsitzung vom 12. Dezember 2018 erteilte Landtagspräsidentin Muhterem Aras insgesamt drei Ordnungsrufe wegen Verletzung der Sitzungsordnung – einen gegen das Mitglied der AfD-Landtagsfraktion, Stefan Räpple, sowie zwei gegen den fraktionslosen Abgeordneten Dr. Wolfgang Gedeon. Beide MdL wurden des Saals verwiesen und mit dem Ausschluss aus den nächsten drei Sitzungstagen belegt. Präsidentin Aras zitierte in der Sitzung als rechtliche Grundlage Paragrafen 92 der Geschäftsordnung des Landtags. Im Anschluss an die Beratungen zu ersten Tagesordnungspunkt dankte die Landtagspräsidentin den Polizeibeamten für die – erstmalige und leider notwendige – Hilfe zur Durchsetzung des Hausrechts.
In Paragraf 91 der Geschäftsordnung (GO) des Landtags von Baden-Württemberg heißt es: „Verletzt ein Abgeordneter die Ordnung, so erteilt ihm die Präsidentin unter Nennung des Namens einen Ordnungsruf.“ In Paragraf 92 GO heißt es in Absatz 1 Satz 1 ff: „Die Präsidentin kann einen Abgeordneten von der Sitzung ausschließen, wenn eine Ordnungsmaßnahme nach § 91 wegen der Schwere der Ordnungsverletzung nicht ausreicht.“ Und nachfolgend: „Die Präsidentin fordert den Abgeordneten zunächst auf, den Sitzungssaal unverzüglich zu verlassen. Leistet der Abgeordnete dieser Aufforderung nicht Folge, so wird die Sitzung unterbrochen. Der Abgeordnete ist damit ohne weiteres für die nächsten drei Sitzungstage von der Sitzung ausgeschlossen.“
In der 16. Wahlperiode sprachen die Präsidierenden bis Mittwoch, 12.12.2018, insgesamt sieben Ordnungsrufe aus – bis auf einen alle gegen Abgeordnete der Partei AfD. Sitzungsausschlüsse gab es in der Geschichte des Landtags von Baden-Württemberg bis zum Mittwoch zwei - einen 1991 wegen Entfaltung eines Spruchbands im Plenum und einen gegen MdL Räpple wegen Kritik am Präsidenten am 9.3.2017. Dass ein MdL einem Saalverweis nicht aus eigenen Stücken Folge leistet, sondern hinausgeleitet werden muss, kam hingegen, soweit der Landtagsverwaltung erinnerlich, noch nie in der Parlamentsgeschichte vor.
Frau Landtagspräsidentin Aras‘ Zitat in Gänze: „Es war das erste Mal in der Geschichte des Hauses, dass nach einem Sitzungsausschluss die Polizei gebeten wurde, ein Mitglied des Landtags aus dem Sitzungssaal zu begleiten. Das ist nicht üblich und sollte in einem Parlament, das respektvoll miteinander umgeht, auch nicht nötig sein. Diese außergewöhnliche Hinzuziehung des polizeilichen Objektschutzes, der regulär im Landtag vertreten ist, war der Tatsache geschuldet, dass die beiden Adressaten meiner Aufforderung nicht Folge geleistet haben. Ich danke den Polizeibeamtinnen und -beamten ausdrücklich dafür, dass sie mir zur Durchsetzung des Hausrechts verholfen haben.“
Landtagspräsidentin Aras: „Es sind die Menschenrechte, die unsere Gesellschaft als überparteiliche Klammer zusammenhalten“
Stuttgart. „Es sind die Menschenrechte, die unsere Gesellschaft als überparteiliche Klammer zusammenhalten“. Das betont Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) in ihrem Grußwort anlässlich der Abschlussveranstaltung der Stuttgarter Aktion „Vielfalt - 0711 für Menschenrechte“, die an die Bedeutung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte genau vor 70 Jahren in Paris erinnert. Festrednerin an diesem Montagabend, 10. Dezember 2018, ist die mit dem Friedenspreis des deutschen Buchhandels ausgezeichnete Literatur- und Kulturwissenschaftlerin Dr. Aleida Assmann, deren Grundgedanken des „kulturellen Gedächtnisses“ Aras in ihrer Rede aufgegriffen hat.
Die deutsche Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte gilt vielen als Errungenschaft. Doch Erinnerungskultur sei auch eine Frage der Vermittlung, so die Landtagspräsidentin. „Was ist, wenn Menschen zu uns kommen, die unser kollektives Erinnern gar nicht teilen“, warf Aras auf. Die Antwort darauf sei in unserem Grundgesetz zu finden. „Unsere Verfassung entstand als historische Antwort auf das Unrecht und die Grausamkeiten des Nationalsozialismus und des Zweiten Weltkriegs“, betonte die Landtagspräsidentin. Doch es sei zugleich auch Einladung: „Den Menschen, die zu uns kommen, bietet es Anschluss und Orientierung, weil es universelle Grundwerte enthält, die schon in den unterschiedlichsten Kulturen ein friedliches Miteinander ermöglichten“, so Muhterem Aras. Wer sich an den Grundpfeilern der Menschenrechte orientiere, werde in jeder pluralistischen und demokratischen Gesellschaft gut zurechtkommen.
Landtagspräsidentin Aras bezog sich noch einmal auf eine Aussage von Aleida Assmann: „Menschenrechte sind ohne Menschenpflichten nicht zu haben.“ Das fordere von jedem Einzelnen und auch von der Gesellschaft Haltung, Mitmenschlichkeit und Zivilcourage.
Mit Nadia Murad stand am Abend auch die frisch ausgezeichnete Friedensnobelpreisträgerin im Fokus. Murad besuchte im Dezember 2016 den Landtag von Baden-Württemberg und hielt eine berührende Rede im Plenarsaal. „Nadia Murad hat sich nicht brechen lassen, sondern als junge Überlebende die Stimme erhoben, um gegen Gewalt, Menschenhandel und Völkermord zu protestieren“, zeigte sich Landtagspräsidentin Aras beeindruckt. „Ich freue mich sehr darüber, dass ihr Einsatz mit dem Friedensnobelpreis so eine große Würdigung erfahren hat.“
Ausschuss einig: 5G-Netz in der Fläche für den Wirtschaftsstandort existenziell
Stuttgart – Der Wirtschaftsausschuss dringt über alle Fraktionsgrenzen hinweg auf eine flächendeckende LTE-Netzabdeckung, die diese Bezeichnung verdient. In nicht öffentlicher Sitzung wurde am 5. Dezember 2018 zwar ein FDP-Antrag auf eine Bundesratsinitiative bei Zustimmung der Oppositionsfraktionen abgelehnt. „Alle Abgeordneten waren sich jedoch einig in der Bewertung, dass Baden-Württemberg mit derzeit 83 Prozent LTE- Flächenabdeckung den Digitalisierungsprozess im ländlichen Raum und in der Landwirtschaft kaum in eine prosperierende Zukunft wird führen können“, so der Vorsitzende des Wirtschaftsausschusses Dr. Erik Schweickert. „Und leider gilt es hinzuzufügen: Das Thema wird uns nicht zum letzten Mal beschäftigen.“ Aufgrund der momentan innerhalb der Landesregierung und den Regierungsfraktionen laufenden Abstimmungsprozessen bezüglich einer Bundesratsinitiative wurde ferner ein FDP-Antrag für mehr Flexibilisierung der Arbeitszeitgrenzen abgelehnt, gleichzeitig jedoch von den meisten Fraktionen die Notwendigkeit von Änderungen anerkannt. Dr. Schweickert dazu: „Der Ausschuss hat Verständnis für fundierte Ressortabstimmungen und wird das Thema weiter begleiten.“
Das Thema Netzabdeckung nahm breiten Raum in der Beratung des Wirtschaftsausschusses ein. Mit 95 Prozent aller Haushalte und 83 Prozent der Fläche könne der starke Wirtschaftsstandort Baden-Württemberg nicht zufrieden sein, sei der Tenor unter den Abgeordneten gewesen. Die Landesregierung habe sich laut eigenem Bekunden im Beirat der Bundesnetzagentur für eine stärkere Masten-Abdeckung in der Fläche erfolgreich stark gemacht, berichtete Dr. Schweickert. Die Vergabebedingungen für die anstehende 5G-Frequenzvergaben seien entsprechend formuliert. Das Ministerium habe erläutert, dass National Roaming, also die Verpflichtung für Netzanbieter, Mobilfunkmasten gemeinsam zu nutzen, gesetzlich nicht erlaubt sei. Auch dem Einwirken Baden-Württembergs sei es jedoch zu verdanken, dass die Netzanbieter zumindest zu Gesprächen über eine Kooperation gezwungen sind. Ministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) habe im Gremium um Unterstützung bei der Schaffung von Akzeptanz solcher Mobilfunkmasten geworben, so Dr. Schweickert.
Da der 5G-Mobilfunkaufbau aber auf das bestehende 4G-Netz aufsetze, sei eine Versorgung in Orten ohne bisherige Abdeckung kurzfristig schwierig. Laut Wirtschaftsministerium sei durch die Bundesnetzagentur das Ziel einer 97prozentigen Abdeckung in der Fläche bis Ende 2019, 100 Prozent bis 2025 angestrebt. „Der Ausschuss empfindet angesichts der Herausforderungen der nächsten Jahre die Thematik gerade für ein Flächenland wie Baden-Württemberg nicht befriedigend gelöst. Um eine Abgeordnete zu zitieren: Da ist noch viel Musik drin.“
Einstimmig zugestimmt wurde zudem einem Gesetzentwurf zur Änderung des Landesverwaltungsgesetzes, über den gewerbliche Immobilienmakler und Wohnimmobilienverwalter zugelassen werden sollen. In Baden-Württemberg sollen für die Erteilung der Zulassungen künftig nicht mehr die Stadt- und Landkreise, sondern die Industrie- und Handelskammern (IHK) zuständig sein, was aufgrund der dortige Fachkunde sachgerecht erscheine.
Nachtragshaushalt 2018/19 passiert Finanzausschuss – 134 Anträge abgearbeitet
Stuttgart. Dem Gesetzentwurf über die Feststellung eines Nachtrags zum Staatshaushaltsplan von Baden-Württemberg für die Haushaltsjahre 2018/19 hat der Finanzausschuss in seiner Sitzung am Donnerstag, 6. Dezember 2018, mehrheitlich zugestimmt. Vorausgegangen waren intensive, lange Beratungen und das Abarbeiten von 134 Änderungsanträgen, wie der Vorsitzende Rainer Stickelberger (SPD) mitteilte. „Der Ausschuss hat diszipliniert und intensiv beraten“, lobte er.
Wie Stickelberger darlegte, hätten die Regierungsfraktionen Grüne und CDU 44 Anträge eingereicht. Die AfD als größte Oppositionsfraktion brachte es auf 46, die FDP/DVP auf 27 und die SPD auf 12. Überdies seien 5 interfraktionelle Anträge (ohne AfD) dabei gewesen, die sich allesamt auf den Einzelplan Landtag bezogen hätten. Die meisten Änderungsanträge (29) hätten jedoch auf die Allgemeine Finanzverwaltung (Einzelplan 12) gezielt, gefolgt von 18 Anträgen für den Einzelplan des Innenministeriums und 17 Anträgen für das Kultusministerium. „Es ist eher unüblich, dass bei einem Nachtragshaushalt so viele Änderungsanträge gestellt werden, die sich auch noch auf nahezu alle Ressorts erstrecken. Somit waren fast alle Einzelpläne Gegenstand unserer Beratungen“, bilanzierte der Ausschussvorsitzende. „Die ausführliche Debatte zum Nachtragshaushalt findet am bereits am Mittwoch, 12. Dezember 2018 im Plenum statt“, so Rainer Stickelberger.
Finanzministerin Edith Sitzmann (Grüne) hatte den Entwurf des Nachtragshaushalts am 21. November 2018 ins Plenum eingebracht. Im Nachtrag werden Mehrausgaben von rund zwei Milliarden Euro veranschlagt. Zusätzlich sollen implizite wie explizite Schulden in Höhe von voraussichtlich 1,7 Milliarden Euro getilgt werden. Schwerpunkte der Ausgaben betreffen etwa die Vereinbarung mit den kommunalen Landesverbänden, insgesamt 563 Millionen Euro, davon gehen 134 Millionen an die Stadt- und Landkreise für die Anschlussunterbringung geduldeter Flüchtlinge. Ebenso sind Mittel für den Pakt für gute Bildung und Betreuung eingeplant: die Betreuung in den Kindergärten soll ab 2019 stufenweise von derzeit 529 Millionen Euro auf über eine Milliarde Euro erhöht werden.
„Andrej ist anders und Selma liebt Sandra“ – Bildungsausschuss beschäftigt sich mit Projektstudie der Türkischen Gemeinde Baden-Württemberg (TGBW)
Stuttgart – „Der Lebensort Schule ist zentral für die Schaffung von Akzeptanz von sexueller Vielfalt von LSBTTIQ-Jugendlichen oder jungen Erwachsenen“ Dieses Fazit zog die Vorsitzende des Bildungsausschusses, Brigitte Lösch (Grüne), nach der Präsentation der Projektstudie „Andrej ist anders und Selma liebt Sandra“ der Türkischen Gemeinde in Baden-Württemberg (TGBW). Mit diesem Projekt solle die persönliche Situation von LSBTTIQ-Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit Migrationshintergrund beziehungsweise aus traditionellen oder religiösen Kreisen verbessert werden. Für diese jungen Menschen sei es oft eine große Herausforderung, sich über ihre sexuelle Orientierung oder Geschlechtsidentität klar zu werden und ihr Leben selbstbestimmt zu gestalten.
Die Leitperspektive „Bildung für Toleranz und Akzeptanz von Vielfalt“ die im aktuellen Bildungsplan verbindlich verankert wurde biete dazu gute Voraussetzungen. Dazu braucht es, laut den Initiatoren des Projekts, Aus – und Weiterbildung der Lehrkräfte in diesem Bereich, eine Sensibilisierung der Schulbuchverlage, mehr Informationen in der Gesamtlehrerkonferenz und Unterstützungsmaßnahmen in der Schule bei Problemen in der Familie.
Im Gremium wurde die breit angelegte, informative Studie vorgestellt, die Basis sind die Ergebnisse von 36 qualitativen, beispielhaften Interviews in Zusammenarbeit mit dem Psychologen Jan Kizilhan und, parallel dazu, ein Übungsbuch mit dem Titel „Andrej ist anders und Selma liebt Sandra“. Ziel sei laut Initiator Dr. Jochen Kramer eine Sensibilisierung für das Thema aus dem besonderen Blickwinkel kultureller Vielfalt gewesen, berichtete Lösch. Schule sei aus seiner Sicht ein Ort, wo es gute Gelegenheiten gäbe, wertschätzende Unterstützung zu erfahren. Klar wurde, dass das Thema LSBTTIQ an den Schulen sichtbarer werden muss, da über 90% der Jugendlichen gerade in der Schule diskriminierende Erfahrungen gemacht haben.
Aber auch im außerschulischen Bereich ist das Thema der unterschiedlichen sexuellen Identitäten noch nicht als Querschnittsthema angekommen, auch da gilt es zu sensibilisieren und die Haupt- und Ehrenamtlichen fort- und weiterzubilden, damit auch jenseits der Metropolen Jugendliche Unterstützung erfahren können. „Die Mitglieder des Bildungsausschusses sind sich einig darin, dass Intoleranz kein Stadt/Land-Thema ist“, so Lösch. Gerade Jugendweinrichtungen und Jugendverbände im ländlichen Raum können da unterstützende Hilfestellung geben.
Sozialausschuss befasst sich mit der Suchtrehabilitation von Gefangenen
Stuttgart. „Der Justizvollzug stellt kein geeignetes Umfeld zur Überwindung einer Abhängigkeitserkrankung dar.“ Dies erklärte der Vorsitzende des Ausschusses für Soziales und Integration, Rainer Hinderer (SPD), in der Sitzung am Donnerstag, 6. Dezember. Der Ausschuss hat sich auf Antrag der Grünen und der CDU mit der Suchtrehabilitation Gefangener befasst. „Eine in Haft eingeleitete medizinische Rehabilitation erhöht die Chance auf ein drogen- und straffreies Leben“, berichtete Hinderer.
Dem Ausschussvorsitzenden zufolge seien bei der letzten Erhebung zu stoffgebundener Suchtproblematik im Justizvollzug am 31. März diesen Jahres 171 Untersuchungsgefangene von einer Substanz abhängig gewesen – davon 16 von Alkohol. Bei 280 Untersuchungsgefangenen sei zudem Substanzmissbrauch festgestellt worden, Alkohol habe dabei in 49 Fällen eine Rolle gespielt. Die Unterscheidung zwischen Abhängigkeit und Missbrauch sei dabei eine medizinische, wobei der Missbrauch die Stufe unter der Abhängigkeit darstelle, es den Betroffenen also noch möglich sei, dem Verlangen nach der Substanz zu widerstehen.
„Es ist kein nachhaltiges Verfahren, wenn Gefangene ein Urteil abwarten müssen, bevor sie in Therapie dürfen“, erklärte Hinderer. Eine Kostenzusage für eine Rehabilitationsbehandlung könne sich bereits während der Untersuchungshaft im Strafverfahren sowohl strafmildernd als auch bei der Frage nach einer Strafaussetzung zur Bewährung positiv auswirken. Hinderer zufolge sollten drogenabhängige Gefangene möglichst direkt in eine Therapie vermittelt werden: „Dadurch erhöht sich die Chance, dass die Therapie erfolgreich beendet wird.“ Das würde nicht nur in einer besseren und effizienteren gesundheitlichen Versorgung von drogenabhängigen Gefangenen resultieren, sondern auch den Justizvollzug im Hinblick auf die Belegung und die medizinischen Ressourcen entlasten.
Jedoch würden, laut Hinderer, derzeit landesweit vor allem von der Krankenkasse AOK Baden-Württemberg keine Kostenzusagen für Rehabilitationsbehandlungen von Untersuchungsgefangenen mit einem Abhängigkeitsproblem erteilt. Für sie sei es Voraussetzung, dass bereits eine strafrechtliche Verurteilung vorliege. Dass von einzelnen Krankenkassen jedoch grundsätzlich keine Kostenzusagen für Rehabilitationsbehandlungen von Gefangenen mit einem Suchtproblem erteilt würden, sei nicht bekannt.
Wie der Ausschussvorsitzende zudem mitteilte, sei es aus suchtbehandlerischer Sicht wünschenswert, in Baden-Württemberg künftig eine weitgehend einheitliche Handhabung sicherzustellen und mit allen Kostenträgern von Suchtrehabilitationsmaßnahmen eine Lösung zu erarbeiten, um die bestehenden rechtlichen Handlungsspielräume im Sinne der gesetzgeberischen Intention der Maßnahme „Reha vor Strafe“ zu nutzen. „Das Ministerium für Soziales und Integration ist diesbezüglich mit den Kostenträgern und insbesondere mit der AOK Baden-Württemberg im Gespräch“, so Hinderer abschließend.
In Baden-Württemberg wenige Immobilien im Besitz oder Eigentum von Rechtsextremisten
Stuttgart. In Baden-Württemberg befinden sich vergleichsweise wenige Immobilien im Besitz oder Eigentum von Rechtsextremisten. Dies wurde bei Beratungen eines Antrags der Grünen im Ausschuss für Inneres, Digitalisierung und Migration in der Sitzung am Mittwoch, 5. Dezember 2018, deutlich. „Eine mögliche Erklärung dafür liegt an den im Bundesvergleich hohen Immobilienpreisen und der aus Bundessicht geographisch randständigen Lage im Südwesten“, berichtete der Vorsitzende des Gremiums, der CDU-Abgeordnete Karl Klein.
Wie Klein darlegte, stünden Käufe oder Anmietungen von Immobilien von Rechts-extremisten im Fokus der Sicherheitsbehörden. Das Landesamt für Verfassungsschutz Baden-Württemberg informiere dazu in der Broschüre „Mehr Schein als Sein? Die Immobiliengeschäfte der Rechtsextremisten“. In Deutschland würden rechtsextreme Gruppierungen und Organisationen bestimmte Räumlichkeiten erwerben bzw. nutzen, um Straftaten vorzubereiten. Eine der Strategien rechtsextremistischer Gruppierungen bestünde in der Schaffung von Enklaven durch den Aufkauf benachbarter Immobilien und den Zuzug von Personen aus der gesamten Szene. Diese Vorgehensweise sei für Baden-Württemberg nicht bekannt.
Überdies sei der Antrag auch der Frage nachgegangen, ob es Erkenntnisse darüber gebe, dass die „Identitäre Bewegung Schwaben“ in Süddeutschland ein Zentrum aufbauen, gründen oder kaufen wolle. Die „Identitäre Bewegung Schwaben“ sei eine der vier Regionalgruppen (RG) in Baden-Württemberg der „Identitären Bewegung Deutschland (IBD)“ und untergliedere sich in weitere 14 Ortsgruppen. Die IB rufe über ihre unterschiedlichen Webseiten und Social-Media-Auftritte permanent zu Spenden für einzelne Projekte auf. In den Jahren 2017 und 2018 sei besonders für die europaweite Kampagne „Defend Europe“ Geld gesammelt worden. Darüber hinaus würden einzelne Projekte der IB durch die Initiative „EinProzent“ finanziert. Im Übrigen habe die Frage nicht offen beantwortet werden können; es sei auf einen als VS-VERTRAUILICH eingestuften Antwortteil verwiesen worden.
NSU-Untersuchungsausschuss gibt Ergebnisse seiner Arbeit bekannt
Stuttgart. Der Untersuchungsausschuss „Rechtsterrorismus/NSU BW II“ hat seine Arbeit abgeschlossen. Am Montag, 3. Dezember 2018, haben der Ausschussvorsitzende Wolfgang Drexler MdL (SPD) und die Obleute aller fünf Fraktionen auf einer Pressekonferenz die Erkenntnisse bekanntgegeben, die seit Einsetzung des Gremiums im Juli 2016 in 28 Sitzungen gewonnen wurden. Obwohl die Bewertung des festgestellten Sachverhaltes und die Beschlussempfehlung des Untersuchungsausschusses einstimmig verabschiedet wurden, haben die Ausschussmitglieder der AfD-Fraktion zugleich eine abweichende Bewertung und Beschlussempfehlung eingebracht. Der rund 1.100 Seiten starke Abschlussbericht wird nebst einem Anlagenband sowie einem als Verschlusssache „Nur für den Dienstgebrauch“ eingestuften weiteren Band dem Landtag vorgelegt, der sich am 20. Dezember 2018 im Plenum mit der Aufklärungsarbeit befassen wird, so Drexler.
Aufgabe des auf Antrag der Fraktionen GRÜNE, CDU, SPD und FDP/DVP eingesetzten Ausschusses war es laut Drexler, auf Grundlage der Ergebnisse des Vorgängergremiums Fragestellungen zu beleuchten, die in der vergangenen Wahlperiode aus Zeitgründen oder wegen tatsächlicher oder rechtlicher Hindernisse nicht bzw. nicht zufriedenstellend aufgeklärt werden konnten; außerdem solche, bei denen aufgrund neuer Erkenntnisse oder Beweismittel eine weitergehende Aufklärung nunmehr möglich und erforderlich erschien.
12 Fragenkomplexe
Konkret bestand der Untersuchungsauftrag nach Angaben des Vorsitzenden aus zwölf Fragenkomplexen. Untersucht werden sollte etwa, welche Verbindungen zwischen Mitgliedern der Terrorgruppe NSU und ihren Unterstützern zu Personen, Organisationen und Einrichtungen des rechtsextremen/rechtsradikalen Spektrums in Baden-Württemberg bestanden haben. In diesem Zusammenhang sollte namentlich die Rolle rechtsextremer Musikgruppen und Musikvertriebsstrukturen berücksichtigt werden, des Weiteren von bestimmten Treffpunkten, von Rockergruppierungen und Organisierter Kriminalität sowie des Ku-Klux-Klan. Im Mittelpunkt der Aufklärungsarbeit stand zudem die Frage, inwiefern sich NSU-Mitglieder und Unterstützer in Baden-Württemberg aufgehalten und Straftaten begangen haben, ob bzw. wie Personen aus Baden-Württemberg hieran beteiligt gewesen sind, und ob der NSU weitere Anschläge im Südwesten geplant oder ausgeführt hat. Zum weiteren Schwerpunkt hat sich laut Drexler die Frage entwickelt, ob Angehörige von ausländischen Sicherheitsbehörden am 25. April 2007 auf oder in der Umgebung der Heilbronner Theresienwiese, dem Ort des Anschlags auf die Polizeibeamten M. K. und M. A., anwesend gewesen sind, bejahendenfalls welche Rolle sie beim Tatgeschehen gespielt und welche Erkenntnisse dazu bei den deutschen Sicherheits- und Ermittlungsbehörden vorgelegen haben.
Besonderes Augenmerk sollte der Untersuchungsausschuss auf die Arbeit der baden-württembergischen Sicherheits- und Ermittlungsbehörden in Bezug auf den NSU und etwaige Fehler und Versäumnisse legen. Untersuchungsgegenstand war dabei, welche Erkenntnisse die Behörden hatten oder hätten haben müssen, ob bzw. welche Konsequenzen gezogen wurden, und wie sich die Zusammenarbeit mit Behörden des Bundes und anderer Länder bzw. Staaten gestaltet hat. Insoweit sollte auch der Zugang in entsprechende Strukturen mittels „Quellen“ (V-Leute) untersucht werden, des Weiteren, inwiefern und auf welcher Rechtsgrundlage nach dem Aufdecken des NSU Akten mit erkennbarem Bezug zum Untersuchungsgegenstand vernichtet wurden.
Statistik: 158 Beweisbeschlüsse gefasst
Wie Drexler weiter mitteilte, fasste der Untersuchungsausschuss insgesamt 158 Beweisbeschlüsse. Zu deren Abarbeitung hielt das Gremium 28 Sitzungen ab. Hiervon fanden 24 öffentlich statt, wobei in 21 Sitzungen Zeugen sowie Sachverständige befragt und in den weiteren drei lediglich Urkunden eingeführt wurden; die vier verbleibenden Sitzungen dienten allein nichtöffentlichen Ausschussberatungen. In zusammengenommen 121 Stunden vernahm der Ausschuss 78 Zeugen – manche davon mehrfach – sowie sechs Sachverständige. Aufgrund bestehender Auskunftsverweigerungsrechte sah der Untersuchungsausschuss davon ab, weitere Personen aus dem Kreis der im Münchener NSU-Verfahren Angeklagten bzw. in anhängigen Ermittlungsverfahren des Generalbundesanwalts Beschuldigten zu laden. Die vom Untersuchungsausschuss der vergangenen Wahlperiode beigezogenen mehr als 600 Aktenordner sind zwischenzeitlich auf rund 1.300 angewachsen, was 60 Regalmetern entspricht. Hinzu kommen noch einige Tausend Seiten digitale Akten. Die Unterlagen stammen im Wesentlichen von staatlichen Stellen, nämlich vom Deutschen Bundestag und von Länderparlamenten, von Ministerien des Bundes und der Länder, von Gerichten wie dem Bundesgerichtshof und dem Oberlandesgericht München, von der Bundesanwaltschaft und Staatsanwaltschaften der Länder, vom Bundesamt und von Landesämtern für Verfassungsschutz, sowie von Polizeibehörden wie dem Bundeskriminalamt und Landeskriminalämtern. In einigen Fällen war der Beiziehung die Sichtung des bei den jeweiligen Stellen vorhandenen umfangreichen Aktenbestandes auf Relevanz für den Untersuchungsgegenstand vorausgegangen. Wie bereits im Vorgängerausschuss wurde hiermit der Rechtsanwalt Prof. Dr. Bernd von Heintschel-Heinegg betraut, der die bedeutsamen Aktenteile herausarbeitete, worauf sie vom Ausschuss angefordert wurden. Während dieser in der vergangenen Wahlperiode als sogenannter „Sondersachverständiger“ tätig gewesen war, hatte eine vom Vorgängergremium vorgeschlagene Änderung des Untersuchungsausschussgesetzes es möglich gemacht, ihn – entsprechen der Regelung im Untersuchungsausschussrecht des Deutschen Bundestages – als „Ermittlungsbeauftragten“ einzusetzen, wie Drexler betonte.
Die Kosten des Untersuchungsverfahrens belaufen sich auf ca. 2,4 Millionen Euro.
Strafanzeige gegen Zeugen
Gegen drei Zeugen hat der Ausschuss Strafanzeige wegen Verdachtes der uneidlichen Falschaussage erstattet. Während zwei der hierauf eingeleiteten Verfahren mittlerweile dem Amtsgericht – Strafrichter – Stuttgart zur Verhandlung vorliegen, wurde ein weiteres von der Staatsanwaltschaft Stuttgart vorläufig eingestellt und dem betroffenen Zeugen zur Auflage gemacht, eine Geldauflage von 1.000 Euro zu bezahlen. Ferner wurde gegenüber sechs Zeugen, die auf Ladungen nicht erschienen waren bzw. Angaben zur Sache verweigert hatten, jeweils Antrag auf gerichtliche Verhängung eines Ordnungsgeldes gestellt. In zwei Fällen wurde ein solches angeordnet und in der Folge bezahlt. In einem weiteren Fall – betreffend den Zeugen Rechtsanwalt S. H. – wurde in erster und am 26. November 2018 in zweiter Instanz entschieden, dass dieser das Zeugnis ohne gesetzlichen Grund im Rahmen seiner Vernehmung vor dem Untersuchungsausschuss verweigerte und die Anordnung eines Ordnungsgeldes in Höhe von 1.000 Euro unter Berücksichtigung der Bedeutung der Sache verhältnismäßig sei. In den übrigen Fällen wurden jeweils aufgrund nachträglichen Entschuldigungsvorbringens die Anträge wieder zurückgenommen bzw. die bereits ergangene Ordnungsgeldanordnung wieder aufgehoben.
Feststellung des Vorgängergremiums bestätigt
In der Sache bekräftigt der Ausschuss in seinem einstimmig verabschiedeten Abschlussbericht – auch unter Hinweis auf das Urteil im NSU-Strafverfahren vor dem Münchener Oberlandesgericht – die schon vom Vorgängergremium getroffene Feststellung, dass Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt als unmittelbare Täter für den Mordanschlag auf der Heilbronner Theresienwiese verantwortlich seien. Zudem handele es sich bei Beate Zschäpe um deren Mittäterin. Obschon es einzelne, teils erhebliche Ermittlungsfehler gegeben habe, seien Anhaltspunkte, die klare Rückschlüsse auf die NSU-Täterschaft schon vor dessen Bekanntwerden zugelassen hätten, nicht festzustellen gewesen.
13 Zeugen zur Rolle ausländischer Sicherheitsdienste
Soweit der Vorgängerausschuss die mögliche Rolle ausländischer Sicherheitsdienste zunächst nicht abschließend habe bewerten können, sei der aktuelle Untersuchungsausschuss dieser Frage nunmehr umfassend auf den Grund gegangen; zu dem Komplex seien allein 13 Zeugen vernommen worden. Dabei sei das Gremium zu dem Schluss gekommen, dass es sich bei dem im Artikel des Magazins „stern“ vom 1. Dezember 2011 („Mord unter den Augen des Gesetzes?“) angeführten Observationsprotokoll um eine Fälschung handele. Es sei widerlegt, dass eine derartige Observation stattgefunden habe und dass zu jener Zeit bei der Heilbronner Filiale der Santander-Bank eine Einzahlung von 2,3 Millionen Euro vorgenommen worden sei. Des Weiteren sei ein Zusammenhang zwischen einer US-Terrorwarnung bzw. dem polizeilichen „Rahmenbefehl Nr. 10“ einerseits und dem Polizeieinsatz „Sichere City“ am 25. April 2007 in Heilbronn andererseits, an welchem die Anschlagsopfer teilgenommen hätten, ausgeschlossen. Ferner sei Heilbronn kein Schwerpunkt radikaler Islamisten gewesen und seien in Ansehung eines am Anschlagstag „geblitzten“ US-Militärangehörigen Anhaltspunkte für einen Tatzusammenhang nicht ansatzweise erkennbar.
Maßgeblicher Ausgangspunkt für das Tätigwerden deutscher Stellen zum Thema „Anwesenheit von Nachrichtendiensten auf der Theresienwiese“ sei der besagte „stern“-Artikel vom 1. Dezember 2011 gewesen. Da sich die darin behaupteten Indizien als falsch herausgestellt hätten, breche jede darauf aufbauende Argumentation in sich zusammen. Die sich anschließenden Rechercheaktivitäten der Sicherheitsbehörden hätten demgemäß nichts herausfinden können und könnten erst recht nicht als Beweis für eine Anwesenheit von Geheimdiensten herhalten.
Ausschuss schließt FBI-Anwesenheit aus
Während im „stern“-Artikel vom 1. Dezember 2011 eine Operation des US-Dienstes „DIA“ behauptet worden sei, habe ein weiterer „stern“-Beitrag vom 13. September 2016 („Aufklärung unerwünscht?“) die Frage aufgeworfen, ob zwei FBI-Mitarbeiter am Tattag in Heilbronn gewesen seien. Indes schließe der Untersuchungsausschuss eine Anwesenheit des FBI am Tatort aus. Insofern habe das FBI mit Schreiben vom 12. Oktober 2012 – ursprünglich Verschlusssache und auf Betreiben des Ausschusses für eine öffentliche Verwendung ausgestuft – eine solche Anwesenheit ausdrücklich und eindeutig verneint. Soweit sich die Aussage einer Beteiligung von zwei FBI-Agenten in mehreren Fassungen innerhalb der Akten finde, sei dies letztlich zurückzuführen auf eine missverständliche Äußerung des vernommenen Zeugen P. L., ehemals Verbindungsbeamter der US-Geheimdienste in Süddeutschland, dessen entsprechende Angabe jedoch keinerlei Tatsachengrundlage gehabt habe. Demnach habe P. L., der sich nicht eigeninitiativ an die deutschen Stellen gewandt habe, sondern von diesen eingeschaltet worden sei, auch kein offizielles Gespräch zu den Hintergründen angeregt, sondern lediglich angeboten, der von ihm angedeuteten bloßen Möglichkeit eines FBI-Einsatzes weiter nachgehen zu wollen – wobei er sodann keine Rückmeldung mehr gegeben habe. Insgesamt habe der Ausschuss aufgrund seiner umfassenden Beweisaufnahme in diesem Bereich feststellen müssen, dass die Verschriftung in den – teils als Verschlusssache eingestuften – Akten nicht durchweg die tatsächlichen Gegebenheiten wiedergebe und Fehldarstellungen bedauerlicherweise nur teilweise korrigiert worden seien.
Angeregt: Änderung Untersuchungsausschussgesetz
Im Übrigen merkt der Untersuchungsausschuss an, dass sich die Behauptungen zur Anwesenheit von Sicherheitsbehörden aus Anlass einer Überwachung islamistischer Terroristen letztlich auf den Zeugen R. K. zurückführen ließen, der sich als „vollständig unglaubwürdig“ erwiesen habe. Mit Blick darauf, dass dieser Zeuge während des laufenden Untersuchungsverfahrens bei der AfD-Fraktion als Parlamentarischer Berater angestellt wurde, plädiert das Gremium in seinen Beschlussempfehlungen für eine Änderung des Untersuchungsausschussgesetzes, mit welcher derart persönlich beteiligte Personen von einer Mitarbeit im Ausschuss künftig ausgeschlossen werden sollen.
Zur Rolle islamistischer Extremisten
In Bezug auf die an das Thema „Anwesenheit ausländischer Sicherheitsdienste“ anschließende Frage nach der Rolle islamistischer Extremisten habe der Ausschuss nach ausführlicher Befassung keinen Beleg dafür gefunden, dass die Mitglieder der „Sauerland-Gruppe“ bzw. deren Umfeld wie der im besagten „stern“-Artikel vom 1. Dezember 2011 ins Feld geführte M. K. zur Zeit des Heilbronner Mordanschlags am Tatort gewesen seien. Bei dem in einem Fernsehbeitrag aufgeworfenen möglichen Zusammenhang zwischen dem Tatgeschehen und einer Zünderübergabe für die „Sauerland-Gruppe“ handele es sich um eine „mediale Blendgranate“. Überhaupt findet das Gremium in diesem Kontext deutliche Worte:
„Der eingangs genannte ‚stern‘-Artikel ist vollumfänglich widerlegt. Spätere Abwandlungen oder neue, darauf basierende Variationen entbehren daher ebenfalls jeder Grundlage.
Der Ausschuss kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass hier die These der islamistischen Terroristen – gegen den klaren Verlauf der Beweiserhebung – künstlich am Leben erhalten werden soll. Wer Interesse daran haben könnte, eine Zeugen- oder gar Täterschaft von US-Diensten und/oder islamistischen Terroristen zu forcieren, um von der Tatbeteiligung der Rechtsterroristen Mundlos und Böhnhardt abzulenken, kann hier nicht dargelegt werden, da sich der Ausschuss sonst selbst an Spekulationen beteiligen würde.
Der Ausschuss geht weiterhin davon aus, dass es sich um einen Anschlag des NSU gegen die Polizei als Repräsentant des Staates handelte. Diesem Anschlag sind M. K. und M. A. als zufällig auf der Theresienwiese anwesende Polizeibeamte zum Opfer gefallen.“
Zeugin Rechtsanwältin R. L.
In diesem Zusammenhang sei auch mehrfach die Rechtsanwältin R. L. vernommen worden, die sich zuvor eigeninitiativ an den Ausschuss gewandt habe. Diese Zeugin habe bekundet, eine Kontaktperson habe ihr Anfang des Jahres 2009 gesagt, dass es sich bei der Frau (dem damaligen „unbekannten weiblichen Phantom“) nicht um die Täterin des Polizistenmordes handele, sondern dass es dort um eine Waffenübergabe gegangen sei und dass eine Person dort gewesen sei, die sowohl für den türkischen Geheimdienst MIT als auch für die CIA arbeite, ferner habe sich auch die CIA vor Ort befunden. Die Namhaftmachung dieser Kontaktperson habe die Zeugin anfangs verweigert. Hieran habe sie selbst nach Festsetzung eines Ordnungsgeldes in Höhe von 1.000 Euro zunächst festgehalten und habe den Namen erst genannt, nachdem der Ausschuss den Beschluss gefasst habe, bei Gericht die Anordnung von Beugehaft zu beantragen. Im Rahmen umfangreicher Abfragen bei allen relevanten Behörden wurde die Auffassung mitgeteilt, dass dieser Kontaktmann namens I. S. vermutlich vor dem 16. März 2013 bei Kampfhandlungen in Syrien zu Tode gekommen sei.
Keine Treffer bei Funkzellenerhebung
Zwei bei den polizeilichen Ermittlungen angefallene „Kreuztreffer“, d.h. Anschlussnummern, die man sowohl bei der Funkzellenerhebung zum Tatgeschehen erlangt als auch bei EUROPOL zum Phänomenbereich Islamismus vorgehalten habe, hätten keinem der islamistisch-dschihadistischen Terrorszene zugehörigen Personenkreis zugeordnet werden können. So sei die eine der beiden Nummern im Mobilfunktelefonbuch des Beschuldigten eines eingestellten Ermittlungsverfahrens gefunden worden; sie sei von einem selbst nicht beschuldigten Reisevermittler genutzt worden. Anhaltspunkte für Bezüge zum Mordanschlag auf der Theresienwiese habe der Ausschuss nicht:
„Soweit in einer Veröffentlichung allein aus der Tatsache, dass der Mitarbeiter eines Reisebüros einen türkischen Hintergrund hat, ein Bezug zum Islamismus hergestellt wird (sinngemäß: türkische Reisebüros spielten bei der Reise von Dschihadisten nach Tschetschenien eine Rolle), tritt der Ausschuss dieser Behauptung entgegen. Sie ist klischeebeladen und macht allein den türkischen Migrationshintergrund als Beleg für eine Nähe zu islamistischen Kreisen geltend. Ohne weitergehende belastbare Belege oder Anhaltspunkte verbietet sich eine solche Annahme nicht nur im NSU-Kontext der Morde an türkischstämmigen Migranten, sondern ist auch sonst unseriös und spekulativ.“
Die andere, vormals im „Sauerland-Verfahren“ erhobene Anschlussnummer wiederum habe der Ausschuss durch eigene Ermittlungen als solche des Außendienstmitarbeiters eines Ulmer Textilunternehmens identifizieren können; bei der Funkzellenauswertung festgestellte Gesprächsverbindungen seien mit einem verarbeitenden Gewerbebetrieb in Schwäbisch Hall geführt worden. Der Anschluss habe sich daher als unverdächtig erwiesen. Allerdings kritisiert es das Gremium – zumal in Anbetracht bestehender Datenlöschungsfristen – als „nicht nachvollziehbar“, dass die polizeiliche Auswertung dieser Kreuztreffer für über zwei Jahre zurückgestellt worden sei und auch nach dem November 2011 keine näheren Inhaberermittlungen stattgefunden hätten. Des Weiteren bemängelt der Ausschuss, dass nach Bekanntwerden des NSU kein vollständiger Abgleich der Funkzellendaten mit den Rufnummern aller polizeilich bekannten Rechtsextremisten – zumindest aber derjenigen aus dem Rhein-Neckar-Raum, Heilbronn und Ludwigsburg – durchgeführt worden sei.
Verbindungen des NSU nach Baden-Württemberg
Hinsichtlich der untersuchten Verbindungen des NSU nach Baden-Württemberg habe der Ausschuss die Überzeugung gewinnen können, dass das sogenannte Trio in den 1990er-Jahren eine Freundschaft mit Personen der rechtsextremen Szene in Ludwigsburg begründet habe, die Grundlage für wechselseitige Besuche gewesen sei. So habe sich Mundlos noch im Jahre 2001 – nach der ersten Mordtat des NSU – in Ludwigsburg aufgehalten. Hingegen seien keine konkreten Unterstützungshandlungen seitens der Ludwigsburger Rechtsextremisten für die Taten des NSU festzustellen gewesen. Auch bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass der NSU vor oder nach dem Heilbronner Mordanschlag Freunde oder Unterstützer in Ludwigsburg besucht habe. Soweit das Gremium eine potenzielle Waffenbeschaffung für den NSU durch den ehemals in der rechtsextremen Szene in Ludwigsburg verkehrenden Zeugen J. P. näher beleuchtet habe, stehe zwar fest, dass es ein Waffengeschäft zwischen J. P. und dem weiteren Zeugen S. R. aus Thüringen gegeben habe. Jedoch sei nicht erweislich, dass die betreffende Pistole in die Hände des NSU-Trios gelangt sei.
Rechtsextremistische Szene in Heilbronn
Vor dem Hintergrund der dortigen Tatörtlichkeit habe man sich intensiv mit der rechtsextremistischen Szene in Heilbronn beschäftigt, die in den untersuchungsrelevanten Jahren von 1990 bis 2011 aktiv und gut vernetzt gewesen sei. Aus dieser hätten „Kennverhältnisse“ zu Personen aus dem Umfeld des Trios bestanden. Belege dafür, dass Personen aus Heilbronn dem NSU oder dessen Umfeld Unterstützungshandlungen geleistet hätten, habe man zwar nicht gefunden; allerdings sei dies auch nicht auszuschließen. Wenngleich ein in der Zwickauer Wohnung des Trios gefundener Stadtplan von Heilbronn ein Indiz dafür sei, dass Interesse an dieser Stadt bestanden habe, sei nicht nachzuweisen, dass sich das Trio vor dem Tattag in Heilbronn aufgehalten habe. Weil die Stelle des Anschlagsortes auf dem Stadtplan verbrannt gewesen sei, könne man keine Aussage treffen, ob dort mit Blick auf die Tatbegehung etwas markiert gewesen sei.
Wie bereits das Vorgängergremium habe sich der Ausschuss der Frage gewidmet, ob die Rückfahrt vom Tatort Mundlos und Böhnhardt über den Rems-Murr-Kreis geführt habe, insbesondere ob ein Zwischenhalt bei dem damals in Remshalden wohnhaften A. G. eingelegt worden sei, dem Gitarristen der lokalen Rechtsrockband „Noie Werte“, der vormals in Chemnitz im selben Haus wie das Trio gewohnt habe. Hinweise für eine solche Fahrtroute hätten indes nicht vorgelegen.
Belege für Aufenthalt in Stuttgart
Demgegenüber bestünden Belege für einen Aufenthalt von Mundlos und Böhnhardt im Juni 2003 in Stuttgart, wahrscheinlich zum Zwecke der Ausspähung potentieller Anschlagsziele. Gefundene Bilddateien zeigten die Nordbahnhofstraße, wo sich viele Geschäfte türkischer, griechischer und italienischer Migranten befänden. Konkrete Anhaltspunkte für örtliche Unterstützer hätten jedoch nicht festgestellt werden können. Überhaupt habe der Ausschuss keine Belege gefunden, dass der NSU in Baden-Württemberg weitere Anschläge geplant oder begangen habe.
Zum Teil Bezüge zum NSU
Soweit rechtsextremistische Organisationen und andere in Baden-Württemberg vorhandene Strukturen untersucht worden seien, hätten sich zum Teil Bezüge zum NSU gezeigt. So habe man mehrere von der „Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige (HNG)“ vermittelte Briefkontakte der NSU-Mitglieder festgestellt. Auch sei der NSU-Unterstützer R. W. zeitweise als Ansprechpartner für die Homepage des „Aktionsbüro Rhein-Neckar“ genannt worden – wobei es darüber hinaus keine Hinweise dafür gebe, dass Akteure des „Aktionsbüros Rhein-Neckar“ Mittäter oder Unterstützer des NSU gewesen seien. In Ansehung weiterer Vereinigungen (NPD, „Kreuzritter für Deutschland“, „Autonome Nationalisten Backnang“, „Europa-Burschenschaft Arminia Zürich zu Heidelberg/Karlsruhe“, „Kameradschaft Karlsruhe“, „Kameradschaft Rastatt“, „Hammerskins“ sowie „Furchtlos & Treu“) habe der Ausschuss hingegen keine Hinweise auf unmittelbare NSU-Kontakte bzw. -Unterstützungsleistungen gefunden. Zu Rockergruppierungen und der Organisierten Kriminalität gebe es zwar durchaus personelle und inhaltliche Überschneidungen. So seien zwischen 2001 und 2008 Clubheime des MC „Bandidos“ für rechtsextremistische Konzerte genutzt worden, was für die Rocker jedoch kommerzielle Gründe gehabt habe. Gemeinsame Strukturen im Sinne fester Kooperationen habe der Ausschuss nicht feststellen können.
Wesentliche, über die Ergebnisse des Vorgängerausschusses hinausgehende Erkenntnisse zum Themenkomplex „Ku-Klux-Klan“ seien nicht zu gewinnen gewesen, was nicht zuletzt an der mangelnden Kooperationsbereitschaft des einstigen Klan-Funktionärs A. S. gelegen habe, der sich in den USA aufhalte und trotz intensiver Bemühungen nicht als Zeuge zu vernehmen gewesen sei. Jedenfalls erhärte sich der Eindruck, dass der Klan in Deutschland nie richtig habe Fuß fassen können.
Befassung mit rechtsextremistischer Musikszene
Im Bereich der rechtsextremistischen Musikszene habe sich der Untersuchungsausschuss namentlich mit der im Jahre 2000 verbotenen Organisation „Blood & Honour“, die insofern das wichtigste internationale Netzwerk gewesen sei und einen Tätigkeitsschwerpunkt in Baden-Württemberg gehabt habe, sowie der 1987 in Esslingen gegründeten und 2010 von ihren Mitgliedern aufgelösten Rechtsrockband „Noie Werte“ befasst. Titel dieser Gruppe hätten sich auf einer frühen Version des NSU-Bekennervideos gefunden. Während die ehemaligen Mitglieder O. H. und A. G. als Zeugen vernommen worden seien, habe der frühere Frontmann S. H. unter Berufung auf ein angeblich umfassendes Zeugnisverweigerungsrecht, welches ihm aus anwaltlicher Tätigkeit im NSU-Strafverfahren vor dem Münchener Oberlandesgericht zustehe, vor dem Untersuchungsausschuss die Aussage zur Sache verweigert. Diese Auffassung habe das Gremium nicht geteilt und sei in seiner Einschätzung vom Amtsgericht Stuttgart in einem daraufhin angestrengten gerichtlichen Ordnungsgeldverfahren bestätigt worden. Weil gegen diese Entscheidung Beschwerde eingelegt worden sei, habe man den Zeugen bis zum Schluss der Beweisaufnahme nicht mehr vernommen. Mit Beschluss vom 26. November 2018 stimmte auch das Landgericht Stuttgart der Rechtsauffassung des Ausschusses und des Amtsgerichts Stuttgart zu und verwarf die Beschwerde des Rechtsanwalts S. H. Dessen ungeachtet habe der Untersuchungsausschuss – durch den Sachverständigen J. R., durch Aussteiger aus der (Musik-)Szene sowie durch weitere Zeugen mit vormaligem oder fortdauerndem Bezug zum Rechtsextremismus – tiefgehenden Einblick in die Bedeutung rechtsextremistischer Musik, Musikgruppen, Konzerte und Musikvertriebsstrukturen gewonnen. Derartige Musik sei nach Auffassung des Ausschusses eines der zentralen Mittel der Szene zur Rekrutierung neuer Mitglieder, insbesondere junger Menschen, weshalb er in seinen an den Landtag gerichteten Beschlussempfehlungen eine effiziente Bekämpfung der rechtsextremistischen Musikszene fordere.
Baden-württembergische Stellen anerkennend bewertet
Die Rolle baden-württembergischer Stellen bei der Aufarbeitung des NSU werde vom Untersuchungsausschuss überwiegend anerkennend bewertet, während eine schleppende oder fehlende Informationsweitergabe und Aktenübermittlung von Bundes- an die Landesbehörden festzustellen sei. Durch ein solches Vorgehen von Bundesanwaltschaft und Bundeskriminalamt entstehe aus Sicht des Ausschusses der Eindruck, dass diese Sicherheitsbehörden ihre Möglichkeiten, das Unterstützernetzwerk restlos zu ermitteln, nicht ausgeschöpft hätten.
Die Einrichtung der polizeilichen Ermittlungsgruppen „Rechts“ und „Umfeld“ zur Erhellung eines möglichen Täterumfeldes sei zu begrüßen, wenngleich die Vernehmung von Zeugen rechtlich nicht erzwingbar gewesen sei; dadurch leide das Gesamtbild bedauerlicherweise an Lücken. Insofern habe der Ausschuss einzelne betroffene Personen seinerseits als Zeugen befragt; dieser Vernehmung hätten sie sich nicht entziehen können.
Nachrichtendienstliche Vertrauenspersonen wiederum seien zur Informationsgewinnung wichtig, jedoch sei deren Einsatz stets kritisch zu hinterfragen.
Die stark verzögerte und erst nach Abschluss der Beweisaufnahme erfolgte Vorlage eines vom Sachverständigen Jerzy Montag erstellten Berichts zum V-Mann „Corelli“ durch den Deutschen Bundestag (vgl. Pressemitteilung 92/2018 vom 20. Juli 2018) beurteile der Ausschuss als unbefriedigend.
Stärkung des Opferschutzes und Festigung Rechtsextremismusprävention
Den Bewertungen des Untersuchungsausschusses schließe sich eine Reihe von Empfehlungen an, die dem Landtag unterbreitet werden. Neben einer Stärkung des Opferschutzes werde eine Festigung der Rechtsextremismusprävention gefordert – insofern solle ein „Aufbruch für Demokratie“ Kinder und Jugendliche gegen jede Form gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit (z. B. Antisemitismus) und gegen autoritäre und totalitäre Einstellungen stärken. Genannt seien ferner die Unterbindung von Waffenbesitz bei Rechtsextremisten sowie eine optimierte Qualifizierung bei den Landesbehörden. Ein seit 2012 bestehendes Aktenvernichtungsmoratorium solle so lange fortgelten, wie die Aktenvorhaltung erforderlich sei.
Präsidium des Landtags: Bekenntnis zu Europa wichtiger denn je
Brüssel/Stuttgart – Das Präsidium des Landtags von Baden-Württemberg unter Leitung von Landtagspräsidentin Muhterem Aras traf sich in Brüssel mit Repräsentanten des Landes zum zweitägigen Informationsaustausch. Es ist dies der erste Präsidiumsbesuch in der „EU-Hauptstadt“ in dieser 16. Legislaturperiode. „In allen Gesprächen war die Botschaft eindeutig: Im Mai 2019 wird es ums Grundsätzliche gehen. Ein halbes Jahr vor der Europawahl ist ein Bekenntnis zum Friedensprojekt Europa wichtiger denn je!“, so Präsidentin Aras. „Uns wurde in allen Gesprächen deutlich vor Augen geführt, wie wichtig nicht nur proaktives Einbringen von Interessen des Landes, sondern auch solidarische Präsenz ist.“ Zum Auftakt traf sich das Präsidium mit EU-Kommissar Günther Oettinger im Rahmen eines Netzwerktreffens in der Landesvertretung. Er bezeichnete die bevorstehende Europawahl als einen „Kampf der Systeme um die Werteordnung“. Das Europa des Jahres 2018 sei geprägt von „Sorgen im Inneren und Gegnern im Äußeren“. Die Europawahl im Mai 2019 werde deshalb eine entscheidende Wegmarke sein.
Der Grünen-Fraktionsvorsitzende Andreas Schwarz formulierte: „Wir wollen alles tun, die Europäische Union zu stärken, denn gerade für uns in Baden-Württemberg ist sie Garant für Frieden, Freiheit und Wohlstand. Für die großen Zukunftsthemen wie Klimaschutz, Migration und Sicherheit brauchen wir ein starkes Europa.“
Die stellvertretende Vorsitzende und Parlamentarische Geschäftsführerin der CDU-Fraktion, Nicole Razavi sagte: „Unser spannender Besuch in Brüssel ist ein Bekenntnis des Landtages von Baden-Württemberg zu Europa. Wir wollen ein Europa der Vielfalt mit starken Regionen und Kommunen. Dafür müssen wir eine aktive Rolle auf europäischer Bühne spielen.“
Für Sabine Wölfle, stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion, ist „Europa alternativlos, wenn es um die Sicherung unseres Wohlstandes, des Friedens und um gute wirtschaftliche Entwicklung geht. Die europäische Idee von Solidarität ist das Zukunftsprojekt - dafür kämpfen wir!“
Gesprächspartner des zweitägigen Arbeitsaufenthalts in Brüssel sind neben dem EU-Kommissar unter anderem die fachpolitischen Beobachter für Recht, Umwelt, Verkehr oder Bildung aus den baden-württembergischen Ministerien, der ARD-Studioleiter Markus Preiß, Europaabgeordnete aus Baden-Württemberg aller Fraktionen, Referatsleiter der EU-Kommission, zuständig für die Verhandlungen zum mehrjährigen Finanzrahmen, die Brexit-Verhandlungen oder Migration, sowie Vertreter der Generaldirektionen.
Anlage zwei Fotos als ZIP-Datei:
Foto 1 mit dem EU-Kommissar Günter Oettinger: vorne von links nach rechts: Landtagsvizepräsidentin Sabine Kurtz, Landtagspräsident Muhterem Aras, EU-Kommissar Günter Oettinger, Grünen-Fraktionschef Andreas Schwarz.
Hintere Reihe von links: Landtagsdirektor Berthold Frieß, Daniel Lede Abal (GRÜNE), stellvertretende Vorsitzende und Parlamentarische Geschäftsführerin der CDU-Fraktion Nicole Razavi, Hans Ulrich Sckerl (GRÜNE), Joachim Kößler (CDU), stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion Sabine Wölfle und Thomas Blenke (CDU)
Foto 2 von links nach rechts: Winfried Mack, Nicole Razavi, Thomas Blenke, Landtagsvizepräsidentin Sabine Kurtz, Joachim Kößler (alle CDU), Landtagspräsidentin Muhterem Aras (GRÜNE), Sabine Wölfle (SPD), Daniel Leda Abal (GRÜNE), Landtagsdirektor Berthold Frieß, Andreas Schwarz und Hans Ulrich Sckerl (beide GRÜNE)
Anlage
Ausschussvorsitzender Dr. Scheffold: Es ist Aufgabe der Politik, so einen Fall gründlich aufzuarbeiten
Stuttgart. Der Ständige Ausschuss hat in seiner Sitzung am Donnerstag, 22. November 2018, den Bericht des Ministers der Justiz und für Europa, Guido Wolf (CDU), zum Fall der Freiburger Gruppenvergewaltigung gehört. „Es ist die Aufgabe der Politik, so einen Fall gründlich aufzuarbeiten und dann zu bewerten“, betonte der Vorsitzende des Gremiums, der CDU-Abgeordnete Dr. Stefan Scheffold. Die Politik müsse alles unternehmen, um Fälle dieser Art in der Zukunft möglichst zu verhindern, betonte er.
Justizminister Wolf legte dem Ausschuss den aus Sicht der Justiz aktuellen Kenntnisstand dar. Im Innenausschuss sei bereits die Sicht der Polizei dargestellt worden. Der Minister habe betont, so Dr. Scheffold, dass es sich um ein verabscheuungswürdiges Verbrechen handle und er habe seine persönliche Betroffenheit zum Ausdruck gebracht. Für die Justiz habe der Minister jedoch bestätigt, dass im Umgang mit dem Hauptbeschuldigten alles Nötige veranlasst worden sei, was möglich war. Dennoch wolle man mögliche Lehren aus dem Fall ziehen.
Wie Wolf Scheffolds Angaben zufolge darlegte, sei es ein Ziel der Landesregierung, den Rechtsstaat zu stärken, deshalb sei die Justiz auch personell verstärkt worden, auch die Staatsanwaltschaft in Freiburg. Künftig wollten Polizei und Justiz noch intensiver zusammenarbeiten. Als Beispiel seien die Programme zu Mehrfachtätern genannt worden. Alle Intensivtäter sollten gründlich ins Visier genommen werden. Besser wäre es ohnehin, es würde gar nicht erst Intensivtäter geben. Auch werde darüber nachgedacht, die Verfahrensdauer im Jugendstrafrecht zu verkürzen und vermehrt Resozialisierungsangebote zu unterbreiten. Ebenso müsse die Frage eines stärkeren Einsatzes von sog. „beschleunigten Verfahren“ diskutiert werden, gab Dr. Scheffold die Ausführungen des Ministers wieder. Letztlich habe der Minister angekündigt, die Justiz weiter verstärken zu wollen. Dafür seien im Doppelhaushalt weitere Stellen angemeldet worden.
Der Freiburger Oberstaatsanwalt Michael Mächtel habe dem Gremium anschließend ausführlich die kriminelle Vorgeschichte des Hauptbeschuldigten erläutert und dabei dargelegt, warum es zu den einzelnen Verfahrenseinstellungen kam und letztlich erst im September 2018 ein Haftbefehl erwirkt werden konnte. Wie Dr. Scheffold ausführte, habe Mächtel seinen Kollegen ein korrektes Verhalten bescheinigt. Es müsse immer der Kontext der Straftat gesehen werden. Nicht jede polizeiliche Anzeige führe letztlich zu einer Verurteilung.
Im Ausschuss habe es gegen das Vorgehen der Justiz keine Bedenken gegeben, so der stellvertretende Vorsitzende des Ständigen Ausschusses, Jürgen Filius (Grüne), am Ende des Berichts.
Umweltausschuss diskutiert über asbestfreies Baden-Württemberg
Stuttgart. Der Ausschuss für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft beschäftigte sich in seiner Sitzung am Donnerstag, 22. November, mit der Frage, wie man Baden-Württemberg vollständig von Asbest befreien kann. Anlass war ein Antrag der CDU, wie der Ausschussvorsitzende Dr. Bernd Grimmer (AfD) mitteilte. „Der Umgang mit Asbest muss als gesamtgesellschaftliches Problem gesehen werden“, so der Ausschussvorsitzende.
Wie Dr. Grimmer mitteilte, seien in Baden-Württemberg im Jahr 2017 nach Angaben der Sonderabfallagentur des Landes etwa 50.000 Tonnen asbesthaltige Abfälle angefallen. Abfälle gälten als asbesthaltig, wenn 0,1 Prozent der Masse Asbest seien. Die Beseitigung solcher Abfälle sei grundsätzlich nur auf Deponien möglich, wie der Ausschussvorsitzende erklärte. Die Entsorgungskapazitäten auf diesen Deponien seien aktuell ausreichend.
Laut Dr. Grimmer sind für die dauerhafte Sanierung aufgrund von Asbest zwei Methoden geeignet: zum einen das Entfernen des Asbestproduktes und zum anderen die räumliche staubdichte Trennung des Asbestproduktes mit Hilfe zusätzlicher geeigneter Bauteile. „Darüber hinausgehende Ziele für eine Entfernung asbesthaltiger Materialien gibt es nicht“, teilte der Ausschussvorsitzende mit. Laut Dr. Grimmer ist ein verpflichtendes Verzeichnis, in dem belastete Gebäude flächendeckend erfasst würden, derzeit weder im Bund noch in Baden-Württemberg geplant; es würde aber über eine übergreifende Informationsplattform, eine lernende Datenbank nachgedacht. Sondermittel für die Sanierung asbesthaltiger Materialien würden nicht zur Verfügung gestellt, fügte Dr. Grimmer hinzu.
Dem Ausschussvorsitzenden zufolge wird zwischen zwei Arten von Asbestprodukten unterschieden, wobei insbesondere die schwachgebundenen Asbestprodukte wie Fliesenkleber und Spachtelmasse gefährlich sind. Wie mit diesen neueren bekannt gewordenen Fundstellen von Asbest umgegangen werden soll, sei unter anderem Thema im laufenden nationalen Asbestdialog, teilte Dr. Grimmer zudem mit. Seit Mai 2017 würden verschiedene Bundesministerien mit Vertreterinnen und Vertretern von betroffenen Bau- und Arbeitsbereichen über den sicheren Umgang mit Asbest-Altlasten sprechen. Wie Dr. Grimmer abschließend erklärte, wolle das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft die Ergebnisse dieses Asbestdialogs abwarten, bevor es eigene Maßnahmen zur Umsetzung eines asbestfreien Baden-Württembergs plane.
Geist des alten und neuen Elysée-Vertrags leben und umsetzen
Stuttgart. Der Ausschuss für Europa und Internationales des Landtags von Baden-Württemberg hat in seiner Sitzung am Mittwoch, 21. November 2018, mit den Präsidenten der vier Eurodistrikte die Arbeiten zum neuen Elysée-Vertrag erörtert. Dies teilte der Vorsitzende des Gremiums, der CDU-Abgeordnete Willi Stächele, mit. „Eine Neuauflage des Elysée-Vertrags ist eine einmalige Chance, den deutsch-französischen Motor in der Nachbarschaft am Oberrhein wieder in Schwung zu bringen“, so Stächele.
Über den Stand und die Chancen für die deutsch-französische Nachbarschaft am Oberrhein haben die Präsidenten der vier Eurodistrikte am Oberrhein, Präsident Hanno Hurth vom Eurodistrict Region Freiburg/Centre et Sud Alsace, Präsident Rémi Bertrand vom Eurodistrict Regio Pamina, Präsident Frank Scherer vom Eurodistrict Strasbourg-Ortenau und Präsident Mike Keller vom trinationalen Eurodistrikt Basel informiert. Ziel sei unter anderem, das Leben der Bürgerinnen und Bürger in diesen Distrikten so zu gestalten, dass die Grenze keine Rolle mehr spielt. Die Gäste betonten unisono, dass ihnen die trinationale Kooperation am Herzen liege und sie nicht zuletzt deshalb die Vorüberlegungen zum neuen Elysée-Vertrag begrüßten. Im Gespräch wurde deutlich gemacht, dass sich die Eurodistrikte als Koordinierungsstellen verstehen, die sich den Abbau von Bürokratie wünschen. Wichtige Themen sind, Erleichterung der Mobilität über die Grenze, Bildung und Kommunikation sowie Infrastrukturmaßnahmen. Die Eurodistrikte wünschen sich u.a. neue Kompetenzen, grenzüberschreitende Dienstleistungsprojekte oder deutsch-französische Bildungseinrichtungen. Die Zusammenarbeit der Eurodistrikte muss für die Menschen vor Ort spürbar sein.
Das war auch ein Stichwort für den Ausschussvorsitzenden Willi Stächele. „Der Europaausschuss wird wieder Sitzungen vor Ort bei den Menschen abhalten, denn vor Ort in den Grenzregionen zeigt sich Europa am deutlichsten.“ Stächele dankte den Vortragenden: „Für uns ist es wichtig, aus der Praxis zu hören. Wir kommen vorbei und setzen vor Ort den Dialog fort“, versprach er.
Zum Hintergrund: Zwischen dem französischen Präsidenten und der deutschen Bundeskanzlerin ist bereits zu Beginn dieses Jahres vereinbart worden, dass eine Neufassung des Elysée-Vertrags ausgearbeitet werden soll. Die vier Eurodistrikte am Oberrhein, in denen die deutsch-französische Zusammenarbeit im Alltag gelebt wird, bringen sich mit ihren Fachkenntnissen in diesen Prozess ein.
„In Baden-Württemberg verfügen wir mit den Eurodistrikten, der Oberrheinkonferenz und dem Oberrheinrat über grenzüberschreitend tätige Gremien, die einen wichtigen Think-Tank für die Arbeiten zum neuen Elysée-Vertrag darstellen. Dieses Wissen muss seitens der interparlamentarischen Arbeitsgruppe bei der Erarbeitung des Vertrags intensiv genutzt werden. Als Bundesland mit einer großen Grenze zu Frankreich sind wir prädestiniert dafür, den Geist des alten und des neuen Elysée-Vertrags im Alltag zu leben und in die Praxis umzusetzen“, so Stächele abschließend.
Landesagentur e-mobil wichtiger Akteur im Transformationsprozess der Auto-Branche
Stuttgart – Die Automobilbranche steht nach Überzeugung des Verkehrsausschusses vor der größten Herausforderung ihrer Geschichte. „Es gilt, die Megatrends Elektrifizierung, Digitalisierung, autonomes Fahren und Sharing-Modelle zu meistern“, so der Vorsitzende des Verkehrsausschusses, Karl Rombach (CDU) nach nicht öffentlicher Sitzung am 21. November 2018. E-mobil-Geschäftsführer Franz Loogen trug dem Gremium den ersten Fortschrittsbericht des Strategiedialogs Automobilwirtschaft vor – ein im Frühjahr 2017 eingeführtes, institutionalisiertes Vernetzungsformat. „Das Ziel einer nennenswerten CO2-Reduzierung verbunden mit dem gesteuerten Strukturwandel für eine Branche mit gut 1000 Zulieferern, rund 470 000 Beschäftigten und mehr als 400 Milliarden Euro Umsatz ist ambitioniert, aber machbar. Der Ausschuss ist überzeugt, dass die Landesagentur e-mobil in diesem Transformationsprozess einen zentralen Beitrag auf dem Weg in eine gute, emissionsarme Zukunft leisten kann.“
E-Mobil-Geschäftsführer Loogen habe dem Fach-Gremium die Komplexität der Herausforderung noch einmal vor Augen geführt, berichtete Rombach: Es gehe am Ende darum, rund 80 Millionen Tonnen CO2 einzusparen, um das gesteckte Klimaschutzziel zu erreichen. Dies könne nur mit einem Bündel an Maßnahmen gelingen, und dies vor dem Hintergrund eines sich technisch rasant entwickelnden Marktes. Bis 2035, so die Prognose der Landesagentur, würden nur noch 60 Prozent des Gesamtgewinns der Branche aus dem Kerngeschäft der Autoproduktion erzielt. Gewinne aus neuen Technologien, aus Plattformlösungen oder Mobilitätsdiensten nähmen zu. Man suche mit dem Strategiedialog einen eigenen „baden-württembergischen Weg“, der auch neue Fabrikationen in den Blick nehmen müsse. Es sei beispielsweise unklug aus Sicht Europas, die einträgliche Batterien- oder Chipproduktion asiatischen Akteuren zu überlassen und sich von diesen abhängig zu machen. Baden-Württemberg könne und müsse hier seine Forschungs- und Umsetzungskompetenz zeigen. Auch der Bereich Rohstoff-Recycling biete Potenzial. In einem Teilbaustein sei das Land laut Loogen unter den Flächenländern bereits spitze: Mit seinem 10-Kilometer-Reichweiten-Netz an E-Ladesäulen. „Der Verkehrsausschuss ist beeindruckt, wie breit die Landesagentur den Transformationsprozess hin zum Mobilitätsland aufsetzt und machbare Perspektiven aufzeigt“, so Rombach.
Der Verkehrsausschuss habe sich auf CDU-Antrag zudem mit der Frage beschäftigt, ob innerörtliche Geschwindigkeitsreduzierungen von Tempo 50 auf 30 zu einer Lärmreduzierung führen, so der Vorsitzende Rombach. Das Verkehrsministerium habe dies eindeutig mit Ja beantwortet. Eine Studie des Umweltbundesamtes belege nicht nur objektiv die Verringerung des Lärms bei Tempo 30 statt Tempo 50. Auch subjektiv hätten 61 Prozent der Anwohnerinnen und Anwohner angegeben, dass es mit „Tempo 30 leiser“ sei. Im Ausschuss habe Verkehrsminister Winfried Hermann deshalb Medienberichten über Messungen in einer Kommune widersprochen, wonach Tempolimits „geringe oder keine Auswirkungen“ hätten auf den Lärmpegel. Punktuelle, kurze Messungen brächten wenig, weil „Einzelereignisse“ wie ein lauter Laster, Wind oder Regen die Messungen stark beeinflussen könnten. Deshalb seien laut Ministerium für die Berechnung von Lärmschutzmaßnahmen repräsentative Untersuchungen oder Studien über einen längeren Zeitraum wichtig. Keine einzige Studie belege eine Wirkungslosigkeit von Tempolimits. Minister Winfried Hermann habe dies gegenüber dem Ausschuss über zwei Straßenverkehrslärm-Messstationen der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg (LUBW) in Karlsruhe (seit 2012) sowie in Reutlingen (seit 2013) berichtet, deren Vergleichsmessungen eindeutig den teils signifikanten Einfluss von starken Einzelgeräuschen wie Martinshorn oder auch laut sprechender Passanten hätten. Der Verkehrsausschuss teile die Kritik an der veralteten Lärmschutzrichtlinie LRS 90 aus den 70er Jahren vorigen Jahrhunderts. Diese Richtlinie stelle die Basis der Berechnungen dar, sei aber wenig lebens- und verkehrsnah, wie Minister Hermann im Gremium berichtet habe. Lärmemissionen von Motorrädern oder die Innovation „leiser“ Fahrbahnbeläge würden nicht berücksichtigt bei der Berechnung, dafür aber LKW in alter Lautstärke. „Die Ausschussmitglieder unterstützen das Land bei seinen Bemühungen, den Bund endlich zu einer Reform der RLS 90 zu bewegen. Gleichzeitig sollten die Kommunen ihre im Organisationserlass des Landes angelegten Spielräume auch nutzen“, so der Vorsitzende Rombach.
Baden-Württemberg bundesweit zweithöchste Nachfrage nach Baukindergeld
Stuttgart – Baden-Württemberg hat nach Überzeugung des Wirtschaftsausschusses starkes Interesse an einer Ausweitung der Wohnungsbauprämie des Bundes. „Der Bezugsrahmen sollte schnellstmöglich ausgeweitet werden. Es kann in einem Hochpreisland wie Baden-Württemberg nicht angehen, dass Krankenpfleger oder Erzieherinnen inzwischen aus der Förderung fallen“, so der Ausschussvorsitzende Dr. Erik Schweickert nach nicht öffentlicher Sitzung. Vom starken Interesse an der Schaffung von Wohneigentum im Land zeugten die aktuellen, auf CDU-Antrag mitgeteilten Zahlen für das im September 2018 eingeführte Baukindergeld: Mit 3197 Anträgen liegt der Südwesten hinter NRW auf Platz zwei. Ausdrücklichen Dank sprach der Ausschuss laut Dr. Schweickert der Landesregierung aus für die im Koalitionsvertrag vereinbarte und geplante Ausweitung des Bürgschaftsrahmens für Wohnungsbaugenossenschaften im Staatshaushaltsgesetz. „Die zusätzliche Sicherheit durch eine Landesbürgschaft ist notwendig, wenn Wohnungsbaugenossenschaften sozialgebundenen Mietwohnraum nach dem Förderprogramm des Landes schaffen wollen, aber hierfür keine ausreichende Bonität vorliegt.“
Der Ausschuss befasste sich gleich mit drei Anträgen, die verschiedene Förderinstrumente im Bereich Wohnungsbau zum Gegenstand hatten. „Wer den Erwerb von Wohnraum als wesentlichen Schutz vor Altersarmut begreife, muss den Bezugsrahmen von Förderung so gestalten, dass die optimale Steuerungswirkung entsteht. Baden-Württemberg ist hier bereits auf einem guten Weg, hat aber durchaus noch Luft nach oben“, so der Vorsitzende Dr. Schweickert“. Die Eigentümerquote in Baden-Württemberg liegt laut Wirtschaftsministerium mit 51,3 Prozent (letzte Erhebung: 2014) im oberen Mittelfeld der Bundesländer. Einen höheren Anteil an Eigentümern selbst bewohnter Wohnungen haben nur Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und das Saarland. Baden-Württemberg ist das Heimatland der Bausparer: Fast jeder zweite Einwohner (467 von 1000) besitzt einen Bausparvertrag. Trotzdem besteht aus Sicht des Ausschusses angesichts eines aufgeheizten Immobilienmarktes dringender Handlungsbedarf: Das Gremium unterstütze deshalb alle Bemühungen der Landesregierung, den Bund zur raschen Umsetzung der Erhöhung der Wohnungsbauprämie zu drängen. „Seit 20 Jahren wurde die Prämie nicht an die Einkommens- und Preisentwicklung angepasst, so dass früher Berechtigte mit unterem Einkommen heute aus der Förderung fallen. Da stellt sich die Frage nach der Zielgruppe dieser Förderung“, so Dr. Schweickert zu den Diskussionen im Ausschuss. Die Einkommensschwelle liege bei einem Jahresbruttoeinkommen nach Abzug von Werbungskosten, Sonderausgaben und Sparfreibeträgen von nicht höher als 25.600 Euro, Ehepartner dürfen gemeinsam über maximal 51.200 Euro im Jahr verfügen, so ein Ministeriumsvertreter. Für eine von Ausschussmitgliedern verlangte Bundesratsinitiative habe die Landesregierung jedoch keine Notwendigkeit gesehen, so der Ausschussvorsitzende. Die Landesregierung wolle zunächst Ergebnisse eines Prüfauftrags abwarten.
Ein Antrag der FDP ermittelte, inwieweit private Projektentwickler vom Förderprogramm Wohnungsbau Baden-Württemberg umfasst sind. 75 Prozent der Investoren sind Gesellschaften mit beschränkter Haftung. Wiederum mehr als 80 Prozent der Gesellschaften haben einen kommunalen Hintergrund, so das Wirtschaftsministerium. Grundsätzlich stünden Landeswohnraumfördermittel allen natürlichen und juristischen Personen zu, sie müssten sich jedoch auf 10 bis 30 Jahre Sozialbindung einlassen. Laut Ministerium sei der derzeitige Immobilienmarkt derart aufgeheizt, dass Bestandsobjekte in Einzelfällen bereits verkauft seien, bevor ein Antrag auf Förderung selbst genutzten Wohneigentums trotz größtmöglicher Beschleunigung habe geprüft werden können, so der Ausschussvorsitzende.
Ausschuss begrüßt Fortführung des ESF-Programms Alphabetisierung und Ausbau der Grundbildungszentren
Stuttgart – Der Bildungsausschuss stellt der Landesregierung im Bereich Grundbildung sowie Alphabetisierung grundsätzlich ein gutes Zeugnis aus. Landesbeirat für Alphabetisierung und Grundbildung, Beirat des Bündnisses für lebenslängliches Lernen, Landesnetzwerk Weiterbildungsberatung – nicht nur die inzwischen vorhandene Struktur, auch die Bereitschaft, 500 000 Euro im Nachtragshaushalt 2019 einzustellen als Ersatz für auslaufende ESF-Projektmittel (Europäischer Sozialfonds) werde als „wichtiges Signal“ begrüßt, so die Vorsitzende Brigitte Lösch nach nicht öffentlicher Sitzung am 15. November 2018. Gleichzeitig fordere der Ausschuss Angleichung der Grundförderung für Volkshochschulen (VHS), die die meisten Grundbildungs-Angebote schulterten, auf Niveau der Bundesträger. „Es ist ein Gebot der Teilhabe, jeder Bürgerin und jedem Bürger einen Platz in Beruf und Gesellschaft zu ermöglichen“, sagte die Vorsitzende Lösch. „Eine Wissensgesellschaft müsse jedem Betroffenen Hilfestellung anbieten können.“
Der Bildungsausschuss befasste sich mit der Thematik auf Grundlage zweier Anträge der Grünen- sowie der CDU-Fraktion. Der Volkshochschulverband schätzt die Zahl der in Baden-Württemberg lebenden funktionalen Analphabeten im erwerbsfähigen Alter auf rund eine Million. Laut Lösch habe der Ausschuss den Wunsch geäußert, der VHS-Verband möge wie auch KILAG Mitglied im Landesbeirat werden. Bei funktionalen Analphabeten kann eine Person zwar einzelne Sätze lesen oder schreiben, nicht jedoch etwas längere zusammenhängende Texte. Dies hat Auswirkungen auf das lesen schriftlicher Arbeitsanweisungen. Laut der vom Kultusministerium zitierten, bundesweiten „Leo-Studie“ ist funktionaler Analphabetismus häufig vererbt. Das 2015 eingeführte und mit 1,25 Millionen Euro aus dem Europäischen Sozialfonds finanzierte Projekt „Alphabetisierung und Grundbildung“ sei im August 2018 ausgelaufen. Zwölf Träger, darunter acht Volkshochschulen, hätten entsprechende Kurse angeboten und hälftig finanziert, so Lösch. Der Ausschuss habe dankbar zur Kenntnis genommen, dass das Kultusministerium in der Sitzung eine Weiterführung des Programms angekündigt habe. „Das ESF-Projekt hat wichtige Erkenntnisse über die besonderen Notwendigkeiten solcher Angebote erbracht“, berichtete die Vorsitzende. Der Bedarf sei laut Ministerium groß. Auch gebe es inzwischen eine koordinierende Fachstelle für Grundbildung und Alphabetisierung BW in Schwäbisch Gmünd. Aus dem Ausschuss sei zudem die Anregung gekommen, die Arbeitsagenturen für das Thema Alphabetisierung und Grundbildung zu sensibilisieren, berichtete Lösch.
Der Ausschuss habe ebenso die Erhöhung der Zahl der Grundbildungszentren gelobt, wie sie es seit Anfang 2018 in Heidelberg und Konstanz als Service- und Anlaufstellen für die Region gibt. Die Fördersumme liege jeweils bei 200 000 Euro. „Die Landesregierung hat das Problem als schwerwiegend erkannt, folgt den Empfehlungen der Bildungs-Enquete und investiert in Programme. Die umfassende Beschäftigung der Landesregierung mit diesem nicht nur für die Wirtschaft, sondern für die Gesellschaft insgesamt wichtigen Thema der Verringerung sozialer Exklusion werde von den Ausschussmitgliedern anerkannt. Bis zu einer deutlichen Verringerung des Analphabetismus und einer spürbaren Niveauanhebung bei der Grundbildung ist es ein weiter Weg“, so die Ausschussvorsitzende Lösch. Es sei dabei sinnvoll, die Zielgruppe der Erwachsenen mit Zuwanderungsgeschichte, die beim ESF-Projekt rund zwei Drittel der Teilnehmer ausmachten, künftig gesondert in den Blick zu nehmen. Best Practice-Beispiele gebe es bereits wie den Kurs „Deutsch Spezial“ der VHS Freudenstadt, der sich an Berufstätige richte. Auch das Projekt „Bildungsjahr für erwachsene Flüchtlinge“ (BEF Alpha) setze hier an.
Finanzausschuss behandelt neue Gesamtstrategie für den Erhalt von Museumsbahnen
Stuttgart. In seiner Sitzung am Donnerstag, 15. November 2018, hat sich der Finanzausschuss des Landtags mit der Gesamtstrategie der Landesregierung für die Erhaltung des Kulturguts Museumsbahnen befasst. Hintergrund ist ein Beitrag des Rechnungshofs in seiner Denkschrift 2017, mit dem sich der Ausschuss bereits im Januar befasst und die Landesregierung aufgefordert hatte, ein landeseinheitliches Konzept für die Förderung von Museumsbahnen zu entwickeln. Die Fraktionen von Grünen und CDU stellten zudem einen Antrag, künftig in allen Förderfällen vor Erteilung einer Zuwendung ein plausibles Betriebskostenkonzept zu fordern. Wie der Ausschussvorsitzende Rainer Stickelberger (SPD) mitteilte, stimmte das Gremium dem Antrag einstimmig zu.
Stickelberger zufolge fördert die Gesamtstrategie Bahnen und Bahntrassen, die nicht dem regelmäßigen, ganzjährigen Verkehr dienten und deren Instandsetzung, Betrieb und Unterhaltung auf dem hohen Engagement und dem selbstlosen Einsatz zahlreicher Ehrenamtlicher beruhten. „Die Gesamtstrategie muss das Ziel haben, das ehrenamtliche Engagement nachhaltig zu unterstützen“, führte Stickelberger aus. Nach Angabe des Ausschussvorsitzenden ordnet sich die Gesamtstrategie den individuellen Voraussetzungen der ehrenamtlichen Organisationen unter, was ein Höchstmaß an Flexibilität und Rücksichtnahme auf die Besonderheiten des ehrenamtlichen Engagements erfordere.
Wie der Vorsitzende mitteilte, ist die Förderung an bestimmte Vorgaben gebunden. So sollen die Maßnahmen im Denkmalbuch eingetragen oder originär mit der Geschichte der Strecke maßgeblich verbunden und für die Geschichte des Landes von Bedeutung sein. Stickelberger erklärte zudem, dass die Maßnahmen dem Erhalt und der Pflege des Kulturguts Museumsbahnen dienen sollen und dass der Betrieb keine Voraussetzung der Förderung sei.
Die Vereine, die sich mit dem Kulturgut Museumsbahnen befassten, arbeiteten bemerkenswert kostengünstig und gewährleisteten dankenswerterweise einen jahrelangen Betrieb der geförderten Bahnen und Infrastrukturen, fasste Stickelberger die Ergebnisse des Rechnungshofs zusammen.
Das Gremium beschloss, dem Vorsitzenden zufolge, zudem, künftig in allen Förderfällen vor der Erteilung einer Zuwendung ein plausibles Betriebskostenkonzept zu fordern, das einen groben Aufschluss auf die erwarteten laufenden Kosten und Einnahmen geben soll. Dieses Konzept, so Stickelberger weiter, solle zudem einen Überblick zu den insgesamt erforderlichen Maßnahmen für den Zeitraum von etwa zehn Jahren nach Abschluss der geförderten Investitionsmaßnahme umfassen. Sollten Zweifel am technischen Umsetzungsplan bestehen, solle eine geeignete Stelle mit der fachtechnischen Prüfung der Projektförderung beauftragt werden, schloss der Vorsitzende.
Sozialausschuss befasst sich mit Notdienstregelungen der Jugendämter
Stuttgart. Mit Notdienstregelungen der Jugendämter in Baden-Württemberg bei akuten Bedrohungen des Kindeswohls, einem Antrag der SPD, hat sich der Ausschuss für Soziales und Integration in seiner Sitzung am Donnerstag, 15. November 2018, befasst. Das hat der Vorsitzende des Gremiums, Rainer Hinderer (SPD), mitgeteilt. „Es ist deutlich geworden, dass die Jugendämter ihre Aufgabe verantwortungsbewusst wahrnehmen“, so Hinderer.
Akute Bedrohungen des Kindeswohls treten häufig nicht zu den regulären Dienstzeiten der Jugendämter auf. Meistens sei in diesen Fällen die baden-württembergische Polizei erster Helfer in der Not. „Dem Handeln der Polizei sind aber auch Grenzen gesetzt, weil bestimmte Maßnahmen, insbesondere die vorläufige Inobhutnahme, in der Zuständigkeit der Jugendämter liegen“, erläuterte der Ausschussvorsitzende. Hinderer betonte, dass der Gang des Verfahrens bei der Inobhutnahme gesetzlich vorgeschrieben sei und von den Jugendämtern lediglich in Einzelheiten unterschiedlich ausmodelliert werde. Die Wahrnehmung der Schutzverpflichtung müsse durch die Jugendämter zu allen Tages- und Nachtzeiten gewährleistet sein. „Hier bedarf es der Organisation einer Rufbereitschaft. Erfahrene Mitarbeiter müssen verlässlich erreichbar sein“, hob Hinderer hervor.
Lägen gewichtige Anhaltspunkte für eine Gefährdung des Kindeswohls vor, sei das Jugendamt verpflichtet, unverzüglich eine Einschätzung des Gefährdungsrisikos im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte des Jugendamtes vorzunehmen. Die Pflicht zur Gefährdungseinschätzung umfasse auch das Recht und die Pflicht, weitere Informationen im Hinblick auf die in Frage stehende Kindeswohlgefährdung zu beschaffen. Halte das Jugendamt familiengerichtliche Maßnahmen für erforderlich, habe es das Gericht anzurufen. „Besteht eine dringende Gefahr und kann deshalb die Entscheidung des Familiengerichts nicht abgewartet werden, ist das Jugendamt verpflichtet, das Kind oder den Jugendlichen in Obhut zu nehmen“, so Rainer Hinderer.
Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe hätten für die Erfüllung der Aufgaben die Gesamtverantwortung. Sie müssten gewährleisten, dass zur Erfüllung der Aufgaben die erforderlichen und geeigneten Einrichtungen, Dienste und Veranstaltungen den verschiedenen Grundrichtungen der Erziehung entsprechend rechtzeitig und ausreichend zur Verfügung stehen.
Hinderers Angaben zufolge haben die Jugendämter der Stadt- und Landkreise und der Städte mit eigenem Jugendamt in Baden-Württemberg sichergestellt, dass deren Fachkräfte auch außerhalb der regulären Öffnungszeiten erreichbar sind. Die Bereitschaftsdienste bzw. Rufbereitschaften der Jugendämter seien in der Regel für die Polizei sowie je nach örtlicher Ausgestaltung auch zusätzlich für weitere Institutionen rund um die Uhr erreichbar. Überwiegend werde der Bereitschaftsdienst von Fach- bzw. Leitungskräften der Allgemeinen Sozialen Dienste der Jugendämter wahrgenommen. Einige gewährleisten ihre Erreichbarkeit durch Hinterlegen von Telefonnummern einzelner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zum Beispiel bei der Polizei
oder Rettungsleitstelle.
„Für die Erreichbarkeit außerhalb der regulären Dienstzeiten gibt es bislang keine Qualitätsstandards oder Empfehlungen des Landes“, dies sei, so Hinderer, bei den Beratungen deutlich geworden. Im Ausschuss sei man sich darin einig gewesen, dass eine zuverlässig erreichbare Rufbereitschaft des Jugendamtes rund um die Uhr notwendig sei, um in akuten Gefährdungssituationen den Schutz von Kindern und Jugendlichen durch Inobhutnahme sicherzustellen.
Aras: Landtagsstipendium knüpft Band über nationale und historische Grenzen hinweg
Stuttgart – Mit einem Festakt beging der Landtag von Baden-Württemberg am 13. November 2018 den 30. Geburtstag seines deutsch-israelischen Stipendienprogramms. „Die Nachfrage ist groß wie nie zuvor: Junge Baden-Württemberger und junge Israelis interessieren sich füreinander, sie sind neugierig auf die Kultur, die Lebenswelt und die Perspektive des jeweiligen Gastlandes“, so Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) in ihrer Rede. Dieses Interesse, diese Verbindung sei etwas Besonderes und alles andere als selbstverständlich. „Rassistische und antisemitische Denkmuster sind leider nicht komplett verschwunden, eine lebendige Erinnerungs- und Austauschkultur bleibt nötig“, sagte Aras. Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) bekräftigte: „Gerade in unserer Zeit, in der populistische und antisemitische Töne lauter werden, ist es von unschätzbarer Bedeutung, dass junge Menschen sich kennen. Persönliche Begegnungen sind das Fundament unserer gemeinsamen Projekte, unserer gemeinsamen Zukunft.“
Etwa 200 Gäste feierten den „runden Geburtstag“ des israelisch-deutschen Stipendienprogramms. Mitwirkende waren u.a. die Generalkonsulin des Staates Israel für Süddeutschland, Sandra Simovich, sowie Alumni (ehemalige Absolventen) des Landtagsstipendienprogramms. Präsidentin Aras nahm in ihrer Würdigung Willy Brandts Diktum einer „normalen Beziehung mit besonderen Charakter“ auf. Dieses Bewusstsein stecke in dem Programm. Vor 30 Jahren habe der damalige Landtagspräsident Erich Schneider formuliert: „Wir wollen mit dem Stipendium vor dem Hintergrund einer schrecklichen Vergangenheit nach vorne blicken in eine bessere Zukunft.“ In dieser besseren Zukunft lebten wir heute, resümierte die Präsidentin. Und doch seien alle gehalten, die Erinnerung, das Gedenken an den Holocaust wach zu halten. Das Programm sei nicht starr angelegt, sondern werde immer wieder an die Herausforderungen der Zeit angepasst. Aktuell etwa sei das Seminar- und Fortbildungsangebot „teachers for the future“ für angehende Lehrkräfte in Geschichte, Politik und Englisch der PH Ludwigsburg Teil des Programms.
Wissenschaftsministerin Bauer dankte dem Landtag, dass er der Wissenschaft nun schon seit 30 Jahren Mittel für dieses großartige Stipendienprogramm zur Verfügung stelle: „Ich freue mich über die zahlreichen Partnerschaften zwischen den baden-württembergischen und israelischen Hochschulen, dies ist ein wichtiges Signal der Verbundenheit zwischen unseren Ländern. Wissenschaft lebt vom Austausch und der Zusammenarbeit über alle Grenzen hinweg.“
Hintergrundinformation
1988 rief das Präsidium des Landtags von Baden-Württemberg unter Vorsitz von Landtagspräsident Erich Schneider (CDU) ein Stipendienprogramm ins Leben, das sich gezielt an israelische und deutsche Studierende, Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler sowie Praktikantinnen und Praktikanten wendet. Es entstand vor dem Hintergrund des Gedenkens an das Pogrom vom 9. November 1938 mit dem Wunsch nach länderübergreifendem Austausch und vertieften Kontakten.
2013 wurde das Programm auch für baden-württembergische Studierende geöffnet, die nach Israel gehen. Seither betragen die Stipendienmittel 50 000 Euro. Für das Förderjahr 2018 wurde einmalig auf 58 000 Euro erhöht. Derzeit läuft die Ausschreibung (Antragsfrist 15.11.2018) für 2019. Die Antragstellung läuft über die jeweilige Hochschule, die eine Vorauswahl vornimmt.
Durchschnittlich werden pro Jahr zwischen 20 und 30 Studierende, Einzelprojekte oder Exkursionsvorhaben aus Mitteln des Stipendientopfes bedacht. Im Jahr 2018 sind es 25 Förderungen: 20 Stipendiaten sowie das Studierendenfilmfestival „Deutsch-israelischer Dialog“, die Teilnahme an den „Friendship Games“ (20 Teilnehmer) sowie zwei Exkursionen u.a. mit Lehrernachwuchs.
Präsidentin Aras: „Politische Parität ist ein zentraler Wirkhebel für Gleichberechtigung“
Stuttgart – Landtagspräsidentin Muhterem Aras mahnte am 12. November, dem 100. Jahrestags der Einführung des Frauenwahlrechts, die Unterrepräsentation von Frauen in Wirtschaft, Wissenschaft und, vor allem, in der Politik an. Das hartnäckige Eintreten für Partizipation und politische Mündigkeit von Frauen sei einigen mutigen Kämpferinnen wie Louise Otto-Peters und Marianne Weber zu verdanken, sagte sie bei einem Auftritt im Landratsamt Friedrichshafen auf Einladung des überparteilichen Frauennetzwerkes BoRa. „Ihr politischer Kampf ist der Boden, auf dem unsere Freiheit wächst.“ Heute müssten politisch Verantwortliche den Boden bereiten, auf dem die Freiheit der Töchter und Enkelinnen wachse.
Aras nutzte den Termin am Bodensee, um kritische Bilanz aus Sicht des demokratischen Verfassungsgebots einer gleichberechtigten Teilhabe zu ziehen. Erfolge seien heute durchaus sichtbar, so die Landtagspräsidentin: 13 Jahre regiere eine Bundes-kanzlerin, sieben Frauen (44 Prozent) und neun Männer säßen im Bundeskabinett, fünf Frauen und sieben Männer in der Landesregierung. Auch ihre eigene Wahl zur ersten Landtagspräsidentin in der Geschichte Baden-Württembergs zeige diese gewachsene Freiheit. „Doch einzelne Bäume geben noch keinen Wald“, bilanzierte Aras. Im Landtag von Baden-Württemberg sitze nur knapp ein Viertel weiblicher Abgeordnete, ähnlich sehe es bei den Stadt- und Gemeinderäten aus. In Kreistagen liege der Frauenanteil bei 19 Prozent. Und in kleineren und ländlich geprägten Orten fänden sich noch immer Gemeinderäte, in denen keine einzige Frau sitze – 26 an der Zahl. In nur jedem 12. Rathaus leite eine Bürgermeisterin die Geschäfte, in 35 Landkreisen gebe es nur drei Landrätinnen. „Das ist ein Problem, dem wir uns stellen müssen. Parlamente sollen schließlich Spiegel der Gesellschaft sein – die Verzerrung des Bildes ist eindeutig“, so Präsidentin Aras in ihrer Friedrichshafener Rede. Ihr Appell am 100. Jahrestag: „Formale und institutionelle Macht gehört in die Hände von Männern UND Frauen, politische Parität in den Parlamenten ist ein zentraler Wirkhebel für die Gleichberechtigung der Geschlechter in unserer Gesellschaft.“ Sie freue sich deshalb darüber, dass das Jubiläum 100 Jahre Frauenwahlrecht den dringend notwendigen gesellschaftlichen Diskurs verstärke.
Hinweis: Der Landtag von Baden-Württemberg wird am 12. Januar einen großen Thementag „100 Jahre Frauenwahlrecht“ veranstalten. Beteiligt sind: der Landesfrauenrat, die Fraktionen im Landtag sowie die Hochschule der Medien.
Aras: „Die Torarolle im Landtag unterstreicht Verbundenheit und Bereitschaft zum Dialog“
Stuttgart. Die neue Torarolle der Israelitischen Kultusgemeinde Lörrach wurde am Freitag, 9. November 2018, im Haus des Landtags vollendet. „Damit setzen wir ein gemeinsames Zeichen der wechselseitigen Verbundenheit und des Vertrauens“, betonte Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne). „Die Zusammenkunft jüdischer, christlicher und islamischer Würdenträger, die in Baden-Württemberg heimisch sind, unterstreicht die Bereitschaft zum Dialog“. Der weltliche Landtag sei deshalb gern Gastgeber dieses besonderen Ereignisses.
„Wir gedenken heute einer besonders finsteren Stunde unserer Geschichte“, so die Landtagspräsidentin. Vor 80 Jahren griffen Nazis jüdische Bürgerinnen und Bürger und ihre Gotteshäuser an. Sie verbrannten oder konfiszierten bewusst auch die Torarollen. Die Synagoge in Lörrach wurde während dieser Pogrome ebenfalls zerstört. Die neue Synagoge hat die Gemeinde erst vor zehn Jahren eingeweiht. 2018 feiert sie deshalb nicht nur ihr 10-jähriges Bestehen, sondern zudem das Jubiläum „350 Jahre jüdisches Leben“ in Lörrach. Der heutige Anlass der Fertigstellung einer neuen Tora-Rolle ist Teil des Jubiläumsreigens.
„Nutzen wir die Gelegenheit, im Gespräch zu entdecken, was Religionen und Weltanschauungen aus ihren eigenen Quellen schöpfen können, um Frieden und Freiheit zu sichern und allen Formen der Menschenverachtung entgegenzutreten“, so Aras‘ Appell. „Verstehen wir den heutigen Tag auch als Auftrag: Unsere Welt wird eine bessere sein, wenn es uns Verantwortlichen in den Parteien, Parlamenten, Kirchen und Religionsgemeinschaften gelingt, das Gemeinsame zu vertiefen, ohne das Unterschiedliche zu verleugnen. Schreiben wir heute symbolisch diese Geschichte fort, für eine gute, gemeinsame Zukunft.“
Weitere Grußworte sprachen Hanna Scheinker (Vorsitzende der Israelitischen Kultusgemeinde Lörrach) sowie Staatsministerin Theresa Schopper. Moderiert hat der Landesrabbiner der Israelitischen Religionsgemeinschaft Baden, Moshe Flomenmann, dem auch das Schlusswort vorbehalten war. „Vor 80 Jahren hat man in Parlamenten beschlossen, jüdisches Leben zu vernichten. Heute machen wir hier etwas sehr Schönes, wir haben die Torarolle vollendet. Das zeigt den Kontrast zwischen damals und heute“, unterstrich Flomenmann.
Bei der Vollendung der Torarolle mitgewirkt haben neben Landtagspräsidentin Aras der Fraktionsvorsitzende Andreas Schwarz (Grüne), Siegfried Lorek (CDU), Daniel Rottmann (AfD), Fraktionsvorsitzender Andreas Stoch (SPD) sowie Fraktionsvorsitzender Dr. Hans-Ulrich Rülke (FDP/DVP) und Staatsministerin Theresa Schopper sowie Vertreterinnen und Vertreter der Kirchen und Religionsgemeinschaften: Evangelische Landeskirche in Baden: Oberkirchenrätin Dr. Cornelia Weber, Erzdiözese Freiburg: Dr. Gerhard Neudecker, Leiter des Katholischen Büros, IRGW: Vorstandssprecherin Prof. Barbara Traub sowie IGBW: Vorstandsvorsitzender Muhittin Soylu.
Aras: „9. November ist durch die Sozialdemokraten Blos und Geiß auch Tag der Demokratie“
Stuttgart – Landtagspräsidentin Muhterem Aras erinnert aus Anlass des Jahrestages der „Reichspogromnacht“ am 9. November 1938 an die Opfer des Nationalsozialismus. „Das Datum markiert einen besonders traurigen Tag: In Deutschland wurden Synagogen und Geschäfte angezündet, jüdische Bürgerinnen und Bürger waren der Verfolgung ausgeliefert.“ Der 9. November stehe gleichzeitig für demokratischen Aufbruch – wegen des Mauerfalls, insbesondere im Südwesten aber durch wenig bekannte, frühe Weichenstellungen für eine soziale und liberale Demokratie in Württemberg und Baden. Die Wahl zweier Sozialdemokraten an die Spitze provisorischer Mehrparteien-Regierungen vor genau 100 Jahren seien Schlüsselereignisse auf dem Weg zur Demokratie gewesen. „Baden-Württemberg hat durch seine Geschichte allen Grund, am 9. November Freude und Dankbarkeit zu empfinden“, so Präsidentin Aras.
„Vor 100 Jahren wurde der Historiker, Schriftsteller und SPD-Politiker Wilhelm Blos zum ersten Vorsitzenden der provisorischen Regierung des freien Volksstaates Württemberg gewählt. Nur einen Tag später, am 10. November, wählten im Karlsruher Rathaus Soldaten- und Arbeiterräte sowie ein Wohlfahrtsausschuss den Sozialdemokraten Anton Geiß an die Spitze der provisorischen Regierung der Republik Baden. Beides waren Schlüsselereignisse auf dem Weg zur Demokratie.“ Blos und Geiß hätten sich als integrative Führungsfiguren an der Spitze von Mehrparteienregierungen in schwierigen, äußerst polarisierten Zeiten Haltung gezeigt, so Präsidentin Aras. „Damit sind sie uns Vorbilder!“
Europaausschuss lehnt Notifizierungspflicht für Raumordnungs- und Bauleitpläne gegenüber der EU ab
Stuttgart. Im Rahmen seines Selbstbefassungsrechts hat sich der Ausschuss für Europa und Internationales des Landtags von Baden-Württemberg in seiner Sitzung am Mittwoch, 24. Oktober 2018, dem Thema „Notifizierungspflicht für Raumordnungs- und Bauleitpläne gegenüber der EU“ angenommen. Wie der Vorsitzende des Gremiums, Willi Stächele (CDU) mitteilte, lehne der Ausschuss diese Notifizierungspflicht ab. „Mehr als 11.000 Städte und Gemeinden wären betroffen. Das würde zu einem erheblichen zeitlichen Aufschub bei der Umsetzung der Bauleitpläne führen. Das wollen wir den Städten und Gemeinden nicht zumuten“, betonte Stächele.
Wie Stächele ausführte, werde derzeit auf EU-Ebene ein Vorschlag der EU-Kommission für eine Richtlinie des EU-Parlaments und des Rates über Dienstleistungen im Binnenmarkt beraten. Dadurch solle vor allem das Dienstleistungsangebot innerhalb der EU nicht durch ungerechtfertigte Regeln beeinträchtigt werden. Allerdings sollten auch Raumordnungs- und Bauleitpläne der Städte und Gemeinden einer Notifizierungspflicht gegenüber der EU-Kommission unterliegen. Bei jährlich rund 100.000 Bauleitplänen allein in Deutschland würde der bürokratische Aufwand beträchtlich sein. Überdies könnte dies einen Eingriff in die per Grundgesetz geschützte Planungshoheit von Städten und Gemeinden darstellen.
Die Länder wie auch der Bund seien sich in der Einschätzung einig, dass es dringend geboten sei, die angedachte Regelung gemeinsam zu verhindern. So hätten die Länder im Bundesrat eine Stellungnahme abgegeben, in der zum Ausdruck komme, dass diese Notifizierungspflicht weder für erforderlich noch für praktikabel erachtet werde. Die Bundesregierung werde dringend gebeten, sich für rechtssichere Ausnahmen einzusetzen.
Hoher: Ministerium sagt zwingende Sanierung der Staatsschule für Gartenbau zu
Stuttgart – Mit dem Investitionsbedarf der Staatsschule für Gartenbau (SfG), einem Antrag der FDP/DVP, hat sich der Ausschuss für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz in seiner Sitzung am Mittwoch, 24. Oktober 2018, befasst. „In den u. a. von vielen Meisterschülern genutzten Liegenschaften gibt es einen gewaltigen Modernisierungsbedarf, die Liegenschaften gereichen Baden-Württemberg nicht gerade zur Ehre“, berichtete der stellvertretende Vorsitzende des Gremiums, Klaus Hoher (FDP/DVP). Ein vorgesehener Beschlussantrag, im Staatshaushalt einen unabhängigen Haushaltsansatz für die Staatsschule zu schaffen und sie damit aus der Mittel-Konkurrenz mit der Universität zu nehmen, sei zurückgezogen worden, weil das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz nötige Sanierungen zugesagt habe.
Übereinstimmung habe es unter den Fraktionen in der negativen Bestandsaufnahme gegeben, berichtete der stellvertretende Ausschussvorsitzende Hoher: Die Fenster seien dringend sanierungsbedürftig und die Gebäudeisolierung gelte es unter Berücksichtigung der Belange des Denkmalschutzes zu verbessern. Überdies weise die Möblierung Abnutzungen auf. Die 42 Übernachtungsplätze seien konstant belegt, die Nachfrage übersteige das Angebot. „Das Renomée und die hohe Fachlichkeit der SfG ist ungebrochen, aber wegen der attraktiven Fortbildungsstätte kommt sicher keiner“, so Hoher. „Dieses und nächstes Jahr sollen in der von der SfG im Schloss Hohenheim genutzten Bereichen die Fenster ausgetauscht, die Gebäudeisolierung verbessert sowie die Seminar- und Büroräumlichkeiten weitgehend renoviert werden“, gab Hoher die Ausführungen des Ministeriums wieder. Im Untergeschoss solle mit dem abschnittsweisen Austausch der Heizungsleitungen und defekter Heizkörper begonnen werden. Man wolle am Standort festhalten, lediglich die bestehenden Liegenschaften der SfG westlich der Filderhauptstraße sollen aufgegeben werden. Die Neuunterbringung der SfG sei bedingt durch die Umsetzung der in Abstimmung mit der Universität Hohenheim und der SfG erarbeiteten Masterplanung für diesen Standort. Diese sehe eine Neugliederung der Flächen für die Universität und die SfG mit Neu- und Ersatzbauten vor. Unterm Strich sei der Betrieb der Staatsschule im Westflügel der Universität Hohenheim sehr gut untergebracht. Notwendige Sanierungen und Modernisierungen an der SfG würden im Rahmen der allgemeinen Bauunterhaltung durch den Landesbetrieb Vermögen und Bau Baden-Württemberg in eigener Zuständigkeit umgesetzt, habe das Ministerium auf Antrag geantwortet.
Mehrere Tagesordnungspunkte hatten den Umgang mit Lebensmitteln beziehungsweise mit mangelnder Wertschätzung der Verbraucherinnen und Verbraucher gegenüber Lebensmitteln sowie gegenüber den Produzenten der Rohstoffe, den Landwirten, zum Gegenstand. „Das Meinungsbild war über alle Fraktionen hinweg eindeutig: Die Parlamentarier betrachten dies mit einiger Sorge“, berichtete der stellvertretende Vorsitzende. Der Ausschuss werde das Thema „Erzeuger-Verarbeiter-Verbraucher“ weiter thematisieren mit dem Ziel, Wertschätzung gegenüber bäuerlicher Arbeit und den Rohstoffen gegenüber zu steigern, so Hoher. Angedacht worden sei etwa die Pflicht, übrig gebliebene Lebensmittel zwingend an soziale Einrichtungen abzugeben wie dies in Frankreich eingeführt worden sei.
Ausschuss unterstützt einstimmig ETCS-Pilotprojekt für den S-Bahnknoten Stuttgart
Stuttgart – Der S-Bahnknoten Stuttgart soll - bundesweit als erster und damit in Pilotfunktion - für mehrere hundert Millionen Euro digital ausgerüstet werden. Das geplante Gemeinschaftsprojekt von Bund, Land, Region Stuttgart und Bahn sieht vor, alle im regionalen Netz verkehrenden S-Bahnen sowie die Stellwerke mit der modernen Signaltechnik ETCS (European Train Control System) auszustatten. Landesverkehrsminister Winfried Hermann habe in der Sitzung vom 24. Oktober 2018, um Unterstützung des Verkehrsausschusses gebeten, berichtete der Vorsitzende Karl Rombach (CDU). „Die Pendler im Großraum Stuttgart klagen seit Jahren über Unzuverlässigkeit der S-Bahnen. Wir begrüßen daher die Bemühungen des Landes, durch digitale Ertüchtigung des Bahnknotens Stuttgart eine dichtere Zugfolge und damit eine Kapazitätserweiterung zu bekommen“, so Rombach. Ein entsprechender Antrag von Grünen und CDU wurde einstimmig beschlossen.
Die Modernisierung des Bahnknotens Stuttgart solle laut Darlegungen des Ministers in der Sitzung im Rahmen des Bundesprogramms „Digitale Schiene Deutschland“ der DB AG umgesetzt werden. Weil eine zweite Stammstrecke zur Ausweitung der Kapazität nicht möglich sei, stelle eine digitale Steuerung über „ETCS Level 2“ die einzige Möglichkeit dar, den Takt zu verdichten und damit mehr S-Bahnen in der Metropolregion fahren zu lassen, habe der Minister mit Verweis auf die Machbarkeitsstudie des Bundes von McKinsey begründet. Die ersten Umrüstungen auf digitale Stellwerkstechnologie könnten bereits 2019 stattfinden, der erste Baustein parallel zur Inbetriebnahme von Stuttgart 21 im Jahr 2025 an den Start gehen.
„Der Ausschuss sieht die Investition in eine automatisierte S-Bahn-Steuerung als Investition in die Attraktivitätssteigerung des öffentlichen Nahverkehrs“, so der Vorsitzende Rombach. Die Abgeordneten unterstützten die Landesregierung deshalb darin, die Bundesregierung zu einer Finanzierungszusage zu bewegen – und die haushaltsrechtlichen Voraussetzungen zu schaffen. Im McKinsey-Gutachten heiße es, eine Bundesfinanzierung sei „zwingend erforderlich“. Bahn, Region Stuttgart und das Land Baden-Württemberg hätten laut Minister Hermann bereits eine Förderzusage abgegeben. „Die Mitglieder des Verkehrsausschusses hätten kein Verständnis dafür, wenn sich wegen der Zurückhaltung des Bundes die Fertigstellung von Stuttgart 21 noch einmal verzögern würde und, schlimmer noch, ein Magistralenprojekt von europäischer Dimension mit veralteter Signaltechnik realisiert würde“, sagte Rombach. „Der Ausschuss wünscht dem Schienen-Digitalisierungsprojekt eine gute Entwicklung - für die Region und irgendwann auch darüber hinaus“.
Europaausschuss im Gespräch mit Dr. Petra Püchner und Bodo Lehmann
Stuttgart. Der Ausschuss für Europa und Internationales des Landtags von Baden-Württemberg hat sich in seiner Sitzung am Mittwoch, 24. Oktober 2018, mit der Europabeauftragten der Ministerin für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau, Dr. Petra Püchner, ausgetauscht. Ein weiterer Gesprächspartner war Bodo Lehmann, der seit April 2018 neuer Leiter der Landesvertretung bei der Europäischen Union in Brüssel ist. „Die Herausforderungen für die Europäische Union sind groß. Umso wichtiger ist es, dass die Europapolitik des Landes hervorragend aufgestellt ist“, so der Vorsitzende des Gremiums, der CDU-Abgeordnete Willi Stächele. „Wir werden in Brüssel gehört und können die Zukunft der EU mitgestalten.“
Dr. Petra Püchner ist seit Januar 2018 Europabeauftragte. Sie leitet außerdem das Steinbeis-Europa-Zentrum. Der Fokus ihrer Tätigkeit als Europabeauftragte liegt in der Stärkung der Innovationskraft der baden-württembergischen Wirtschaft, der Zusammenführung der Kräfte der angewandten Forschung mit der Praxis und der Nutzung europäischer Forschungs- und Innovationskapazitäten und Initiativen. „Wir sind sehr gut aufgestellt und können unsere Positionen vertreten“, so Dr. Püchner. Ihre Mannschaft wirke auch als Frühwarnsystem und könne so Themen aus Baden-Württemberg voran bringen. Regelmäßig würden Beratungstage durchgeführt, Pressemitteilungen herausgegeben, die Sozialen Medien würden auch genutzt.
Das Amt des Europabeauftragten wurde 1990 vom damaligen Wirtschaftsminister Hermann Schaufler ins Leben gerufen, mit dem Ziel, kleine und mittlere Unternehmen an die europäischen Forschungs- und Innovationsprogramme heranzuführen, sie bei der EU-Antragsstellung zu unterstützen und den transnationalen Technologietransfer zu stimulieren.
„Wir als Parlamentarier müssen wissen, wer wo aktiv ist, damit wir vermitteln können“, betonte Willi Stächele.
Neuer Leiter der Landesvertretung in Brüssel ist Bodo Lehmann. Der 39-Jährige war seit 2010 in der Europäischen Kommission im Kabinett von Günther H. Oettinger tätig. Lehmann ist in den Gremien und Behörden der EU ausgezeichnet vernetzt. Die Brüsseler Landesvertretung ist nun auch enger an das Ministerium der Justiz und für Europa herangerückt. Sie wurde als eigene Referatsgruppe in die Europaabteilung integriert. „Wir haben jetzt unsere Kräfte in Europa maximal gebündelt. Das Leben in Europa ist schnelllebig und wir müssen schnell reagieren können“, hob der Minister der Justiz und für Europa, Guido Wolf, hervor.
„Baden-Württemberg ist in Brüssel sehr gut aufgestellt und wird von den Institutionen gesehen“, führte Bodo Lehmann aus. Baden-Württemberg sei stark europäisch eingestellt und lebe die grenzüberschreitende Zusammenarbeit - und das nicht nur in Sonntagsreden. Baden-Württemberg werde in Brüssel gehört. Als europapolitische Interessensvertretung wolle sich die Landesvertretung künftig noch besser international vernetzen und breiter aufstellen. Neben den allgemeinen Veranstaltungen und den Fachveranstaltungen, die meistens am Abend stattfinden, sollen neue Formate wie etwa ein Frühstück, hinzukommen. Insgesamt wolle man noch aktueller werden.
Ausschussvorsitzender Stächele dankte den Gesprächspartnern und gab ihnen mit auf den Weg, diesen Dank auch an ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weiterzugeben.
Präsidentin Aras: Neue Hausordnung bietet angemessenen Schutz und schafft Vertrauen
Stuttgart – Der Landtag von Baden-Württemberg erhält eine neue Hausordnung. Kernstück der überarbeiteten „Allgemeinen Anordnung“ der Präsidentin („Hausrecht“) ist eine mehrstufige Regelung der Zugangsberechtigung für die Beschäftigten der Fraktionen, der Abgeordneten und der Landtagsverwaltung, die an die Vorlage einer positiven Zuverlässigkeitsüberprüfung gekoppelt ist. „Die Neuregelung der Hausordnung bietet einen angemessenen Schutz, denn sie stellt sicher, dass Menschen, die in irgendeiner Form eine Gefährdung fürs Parlament darstellen, sich nicht frei im Haus des Landtags bewegen können“, so Präsidentin Aras nach der Sitzung des Präsidiums am 23. Oktober 2018. „Ich bin den Fraktionen dankbar, dass sie diesen Weg mitgehen, obwohl er ihnen einiges an zusätzlichem Verwaltungsaufwand abverlangt.“
Geändert wird die „Allgemeine Anordnung der Präsidentin des Landtags über das Betreten des Landtagsgebäudes sowie über das Verweilen und die Ordnung und Sicherheit im Landtagsgebäude sowie über das Betreten des Hauses der Abgeordneten“ (Hausordnung). Neu einzustellende Beschäftigte einer Fraktion, einer/eines Abgeordneten oder der Landtagsverwaltung erhalten danach ein Zugangsrecht zunächst nur zu ihrem jeweiligen Arbeitsplatz in Fraktion und/oder Abgeordnetenbüro. Ein umfassenderes Zugangsrecht in das Haus des Landtags, etwa um in den Plenarsaal oder Sitzungssäle der Ausschüsse zu gelangen, bekommt nur, wer sich einer polizeilichen Zuverlässigkeitsprüfung unterzieht. In der Anordnung heißt es: „Die Erweiterung der Zugangsberechtigung unterbleibt, wenn begründete Zweifel an der Zuverlässigkeit der antragstellenden Person bestehen oder wenn die Einwilligung in die polizeiliche Zuverlässigkeitsüberprüfung nicht erteilt wurde.“ Im Einzelfall entscheidet die Präsidentin im Benehmen mit dem Präsidium.
Diese Regeln gelten entsprechend für alle bereits aktuell Beschäftigten. Keine Anwendung finden die Vorschriften der Anordnung für die Mitglieder des Landtags, die Mitglieder der Landesregierung und ihre Beauftragten sowie für die Parlamentsjournalisten (Landespressekonferenz). Die Allgemeine Anordnung der Präsidentin gilt ab dem Zeitpunkt der Bekanntmachung im Staatsanzeiger.
Vorsitzende Lösch: Umsetzung der Leitperspektive „Umgang mit Vielfalt“ braucht mehr Unterstützung
Stuttgart – Der Bildungsausschuss hat sich in seiner Sitzung am 18. Oktober 2018 mit der Umsetzung der Leitperspektive „Bildung für Toleranz und Akzeptanz“ (BTV) befasst. „Schule als Ort der Weltoffenheit soll es jungen Menschen ermöglichen, die eigene Identität zu finden und sich frei und ohne Angst vor Diskriminierung zu artikulieren“, zitiert die Vorsitzende Brigitte Lösch (Grüne) ein zentrales Anliegen moderner Bildungspolitik. „Schwul“ sei nach wie vor eines der am häufigsten verwendeten Schimpfwörter an Schulen, abwertende sexualisierte Sprache ein häufiges Phänomen, so Lösch. Die Lehrkräfte dürften mit dieser Herausforderung nicht allein gelassen werden. Das Kultusministerium habe zugesagt, dem Ausschuss mehr detaillierte Informationen über die Nutzung externer Aufklärungsprojekte zukommen zu lassen und in den Raum gestellt, zu deren Umsetzung mehr finanzielle Mittel bereitzustellen, berichtete die Vorsitzende.
Seit dem Schuljahr 2016/17 gelten neue Bildungspläne an baden-württembergischen Schulen. Darin enthalten sind sechs „Leitperspektiven“ – eine davon ist die Leitperspektive „Bildung für Toleranz und Akzeptanz“ (BTV). Im Bildungsplan ist diese verankert durch konkretisierende Begriffe: „Personale und geschlechtliche Vielfalt, wertorientiertes Handeln, Selbstfindung und Akzeptanz anderer Lebensformen, Formen von Vorurteilen und Klischees, Toleranz, Solidarität, Inklusion und Antidiskriminierung.“ Diese hätten laut Kultusministerium Eingang gefunden in alle Bausteine der Fortbildungen von Fachberaterinnen und Fachberatern. Eine Online-Fortbildung biete Ideen und Umsetzungsbeispiele, ebenso Materialien und modellhafte Anschauungsbeispiele. Es gebe das Netzwerk „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“, eine Handreichung „Umgang mit LSBTIQ in der Schule“ für die Schulpsychologinnen und Schulpsychologen sei in Arbeit. Dem Ziel eines konstruktiven Umgangs mit gesellschaftlicher Vielfalt sei die Lehrkräftefortbildung grundsätzlich verpflichtet, so das Kultusministerium in der Antwort auf eine Anfrage. Ob konkret in diesem Bereich nachjustiert werden müsse, könne man noch nicht sagen.
Zwei Jahre nach Inkrafttreten der neuen Bildungspläne sei der Umsetzungsstand der Leitperspektive BTV aus Sicht des Ausschusses noch ausbaufähig, sagte Lösch nach der Sitzung. Die Gewerkschaft GEW habe bereits im Mai 2017 eine Handreichung für den Unterricht “Lesbisch, schwul, trans, hetero --- Lebensweisen als Thema für die Schule“ vorgelegt. Seit 2014 seien zudem zahlreiche einschlägige Studien und Umfragen die Lebenssituation (Schule und Ausbildung) von LSBTIQ-Menschen in Baden-Württemberg publiziert worden: Das Forschungsinstitut tifs in Tübingen legte 2015 mit der Ev. Hochschule Ludwigsburg eine Studie zur Verbesserung der Angebote der Jugendarbeit vor, ebenso gebe es ein vom Bund gefördertes Projekt der Türkischen Gemeinde „Kultursensible sexuelle und geschlechtliche Vielfalt – Andrey ist anders und Selma liebt Sandra“. Am 6. Dezember will sich der Ausschuss bei einem gemeinsamen Termin über dieses Projekt informieren.
Das Kultusministerium habe zugesagt, so Lösch, die Auswertung und Nutzung solcher Studien zu überprüfen und den Stand dem Ausschuss mitzuteilen. Für September 2019 ist eine Reform der Fortbildungen für Lehrkräfte terminiert. „Der Ausschuss legt Wert darauf, diese Reform auf die Umsetzung der für den gesellschaftlichen Zusammenhalt so wichtigen Leitperspektive BTV hin gezielt zu überprüfen“, so Lösch. „Das Land darf die Lehrerinnen und Lehrer mit solchen sensiblen Fragestellungen nicht allein lassen.“
Fixierung von Patienten Thema im Sozialausschuss
Stuttgart. Mit der Umsetzung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Fixierung von Patientinnen und Patienten der öffentlich-rechtlichen Unterbringung, einem Antrag der SPD, hat sich der Ausschuss für Soziales und Integration in seiner Sitzung am Donnerstag, 18. Oktober 2018, befasst. Das hat die stellvertretende Vorsitzende des Gremiums, Christine Neumann-Martin (CDU), mitgeteilt.
Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts verlange bis zum 30. Juni 2019 eine Gesetzesänderung zur Schaffung der verfassungsmäßigen Rechtsgrundlagen in Bezug auf die Zwangsmaßnahme der zeitweisen Fixierung ans Bett. „Hieraus ergibt sich ein Regelungsbedarf, freiheitsentziehende Fixierungen künftig unter Richtervorbehalt zu stellen“, erläuterte Neumann-Martin. Außerdem sei gesetzlich zu regeln, dass der Betroffene nach Beendigung der Fixierung auf die Möglichkeit einer gerichtlichen Überprüfung ihrer Rechtmäßigkeit hinzuweisen sei. Überdies müsse geklärt werden, dass es nicht zu Engpässen bei richterlichen Entscheidungen im Zeitfenster zwischen 21 Uhr und 6 Uhr komme.
Die Landesregierung habe dargelegt, so Neumann-Martin, dass derzeit unter Federführung des Sozialministeriums ein Regelungsentwurf zu einer gesetzlichen Änderung des §25 PsychKHG, welcher der Umsetzung der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts Rechnung tragen solle, erarbeitet werde. Es sei geplant, den Gesetzentwurf zeitnah vorzulegen. Der Beschlussantrag, der darauf abzielte dafür Sorge zu tragen, dass der Bericht der Ombudsstelle auf Landesebene spätestens zu Beginn der Anhörungsphase über den Gesetzentwurf der Landesregierung zur Schaffung der verfassungsgemäßen Rechtsgrundlagen in Bezug auf Zwangsmaßnahmen in Baden-Württemberg dem Landtag zugehe, sei von allen Fraktionen unterstützt worden.
Des Weiteren habe der Sozialausschuss mehrere Anträge zum Thema Transplantationen und Transplantationsbeauftragte (TxB) beraten. Christine Neumann-Martin zufolge zielt die aktuell geplante Änderung des Landeskrankenhausgesetzes auf eine grundlegende Verbesserung der Organspendesituation in Baden-Württemberg, in dem unter anderem die Rolle der Transplantationsbeauftragten gestärkt werden solle. Von zahlreichen Transplantationsbeauftragten sei beanstandet worden, dass die Aufwandsentschädigung zu unterschiedlichen Anteilen in das Gesamtbudget des Krankenhauses einginge. Deshalb solle in Baden-Württemberg die Aufwandsentschädigung künftig ausschließlich für die Tätigkeit und Fortbildung der TxB verwendet werden können. Damit stünden den TxB erheblich größere Ressourcen als bisher zur Verfügung, was entsprechend positive Auswirkungen auf die Freistellung der TxB hätte.
Ein neues Bundesgesetz für bessere Zusammenarbeit und Strukturen bei der Organspende definiere die notwendige Freistellung der TxB bundeseinheitlich anhand der Anzahl der Intensivbehandlungsbetten oder Beatmungsbetten in einem Entnahmekrankenhaus. Im Ausschuss sei dies als richtiger Weg begrüßt worden. Ebenso sei man sich im Ausschuss einig gewesen, dass auch das Thema Organspende bzw. die Widerspruchslösung diskutiert werden müsse.
Finanzausschuss fasst Beschluss zu Sonderförderprogrammen des Verkehrsministeriums
Stuttgart. Der Finanzausschuss des Landtags hat die Landesregierung aufgefordert, Modellvorhaben im öffentlichen Personennahverkehr nur zu fördern, wenn sie innovativ und wegweisend sind, die positiven Potenziale der Digitalisierung erschließen sowie die ökonomische und ökologische Effizienz des Verkehrssystems steigern. Einer entsprechenden Beschlussempfehlung stimmte das Gremium in seiner Sitzung am Donnerstag, 18. Oktober 2018, einstimmig zu, teilte der Ausschussvorsitzende Rainer Stickelberger (SPD) mit.
Hintergrund ist ein Beitrag des Rechnungshofs zu den Sonderförderprogrammen des Verkehrsministeriums in seiner Denkschrift 2018. Wie Rainer Stickelberger erläuterte, habe das Verkehrsministerium 2015 fünf Sonderförderprogramme im öffentlichen Personennahverkehr mit jeweiligen Fördervolumen zwischen 1,7 Millionen Euro und fünf Millionen Euro aufgelegt. Hierzu gehörten Vorhaben zum barrierefreien Ausbau von Bushaltepunkten, die Einrichtung von Regiobuslinien, das Neubürgermarketing, Bürgerrufautos und Modelle des innovativen öffentlichen Personennahverkehrs im ländlichen Raum. Die Sonderprogramme hätten unterschiedliche Laufzeiten, teilweise enden sie erst 2019.
Mit baulichen Verbesserungen, neuen Verkehrsleistungen und Mobilitätsinformationen sollten zusätzliche Angebote geschaffen werden, um mehr Fahrgäste zu gewinnen. Die Sonderförderprogramme seien teilweise als Modellvorhaben mit Anreizfunktion oder als befristete Förderung angelegt. „Der Rechnungshof kam zu dem Ergebnis, dass einige Programme nur eingeschränkt Modellcharakter haben. Außerdem fehlten häufig konsequente Evaluierungen und Erfolgskontrollen“, so Stickelberger.
Der Rechnungshof habe angeregt, dass das Land solche Sonderprogramme nur fördern sollte, wenn sie innovativ und wegweisend sind, Potenziale der Digitalisierung erschließen sowie die ökonomische und ökologische Effizienz des Verkehrssystems steigern. Außerdem empfehle der Rechnungshof, dass die Bewilligungsstellen Evaluierungen aktiv und regelmäßig durchführen und auf eine Erfolgskontrolle entsprechend der gesetzlichen Vorgaben achten sollten. „Das hat der Ausschuss ebenfalls beschlossen“, sagte Stickelberger.
Bundesratsinitiative für mehr frische Brötchen am Sonntag abgelehnt
Stuttgart. Der Wirtschaftsausschuss beschäftigte sich mit einer Ausweitung der zulässigen Produktionszeit im Bäcker- und Konditorenhandwerk an Sonntagen. „Die Sonntagsöffnung ist eine Erfolgsgeschichte: Für frische Brötchen, Brezeln und Croissants stehen die Bürgerinnen und Bürger oft lange an und kaufen Backwaren für das gemeinsame Familienfrühstück“, so der Vorsitzende Dr. Erik Schweickert (FDP/DVP). Aufgrund der gesetzlichen Höchstproduktionszeit von drei Stunden könnten Bäckereien jedoch kein so qualitativ hochwertiges und reichhaltiges Sortiment anbieten wie nachgefragt sei. „Unsere gesetzlichen Regelungen hinken dem wahren Leben hinterher“, so Schweickert nach der Sitzung am 17. Oktober 2018.
Nach Paragraf 10 Absatz 3 des Arbeitszeitgesetzes dürfen Arbeitnehmer an Sonn- und Feiertagen in Bäckereien und Konditoreien für bis zu drei Stunden mit der Herstellung und dem Ausfahren von Waren beschäftigt werden. Die Lebenswelten hätten sich jedoch verändert, so Schweickert. Der Vorsitzende verwies auf eine stärkere Filialisierung und eine Produktion, die notwendigerweise oftmals aufgrund emissionsrechtlicher Vorschriften von den Verkaufsstätten getrennt sein muss. Fachleute fordern eine Ausdehnung der Produktionszeit auf fünf Stunden, die auch damit begründet wird, dass sonntags die Bäckereien mit Tankstellen sowie Verkaufsstellen an Bahnhöfen konkurrierten. Dort würden jedoch so genannte Backstationen eingesetzt. Für diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die Brötchen nur noch nachbräunen, würden jedoch keine solchen Produktionsbeschränkungen gelten. Dies gelte nur für Beschäftigte von Bäckereien, „für die Brötchen morgens noch Mehl waren“, wie es aus Kreisen des Ausschusses hieß. Das Wirtschaftsministerium habe die „hohe Akzeptanz“ der Sonntagsöffnung zwar bestätigt und teile die Argumentation der Fachbetriebe. Auch die Mitglieder des Ausschusses diskutierten das Thema intensiv und äußerten aus den Reihen fast aller Fraktionen Verständnis für die schwierige Konkurrenzsituation der Bäckereien. Der Beschlussantrag der FDP/DVP-Fraktion, eine diesbezügliche Bundesratsinitiative einzubringen, wurde jedoch von allen übrigen Fraktionen abgelehnt und damit der notwendigen Änderung einer Arbeitszeitgesetzgebung eine klare Absage erteilt. Ebenso wurde von Wirtschaftsministerin Dr. Hoffmeister-Kraut (CDU) eine Änderung der Bedarfsgewerbeordnung als Kompromiss abgelehnt, da Backwaren nicht in diese Kategorie fielen.
Des Weiteren befasste sich der Ausschuss mit der Situation der Ausbildungsberufe im Hotel- und Gaststättengewerbe. „In fast allen Bereichen ist die Lage absolut unbefriedigend“, so der Vorsitzende Dr. Schweickert. Rückgänge der Ausbildungsverträge um zehn Prozent in nur fünf Jahren und häufige Abbrüche machen dringend eine durchdachte Strategie erforderlich. Der Ausschuss fordere laut Schweickert die Landesregierung auf, diese für das Tourismusland Baden-Württemberg wichtige Branche unterstützend in den Fokus zu nehmen. „Zweifel hatten die Ausschussmitglieder daran, ob es genüge, die Zukunftsfähigkeit in der derzeit erarbeiteten neuen Tourismuskonzeption Baden-Württemberg festzuschreiben, so Schweickert. „Es geht darum, Ausbildungsberufe umfassend attraktiver zu machen. Dies muss umfassend und überlegt geschehen, auch unter Einbeziehungen der betroffenen Betriebe und Auszubildenden. Es geht letztendlich um die Standortattraktivität unseres gesamten Bundeslandes“, so Schweickert. Derzeit arbeiten über 130.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte in über 30.000 Betrieben des Gastgewerbes in Baden-Württemberg
Innenausschuss informiert sich über den Einsatz von Dashcams
Stuttgart. Mit dem Thema „Bildung von Rettungsgassen durch den Einsatz von Dashcams fördern“, einem CDU-Antrag, hat sich der Ausschuss für Inneres, Digitalisierung und Migration in seiner Sitzung am Mittwoch, 17. Oktober 2018, befasst. „Der Ausschuss hat sich einstimmig dafür eingesetzt, nach positivem Abschluss des Pilotprojektes den Einsatz von Dashcams zu erweitern“, teilte der Vorsitzende des Gremiums, der CDU-Abgeordnete Karl Klein, mit.
Wie Klein ausführte, sei es bei Unfällen enorm wichtig, dass Helfer schnell voran kämen. Doch noch immer sei es auf deutschen Autobahnen nicht gängige Praxis, eine Rettungsgasse zu bilden, obwohl dazu eine Pflicht bestünde. Seit Inkrafttreten der Neufassung des Tatbestands und der Verstärkung des Sanktionsniveaus im Oktober 2017 sei die Anzahl der zur Anzeige gebrachten Verstöße gestiegen.
Nach Angaben des Vorsitzenden führten die Polizeipräsidien Freiburg und Ludwigsburg seit Januar bzw. seit Mai 2018 ein Pilotprojekt zur Untersuchung der Praxistauglichkeit von sogenannten Dashcams für polizeiliche Zwecke durch. „Bildaufnahmen zur Verfolgung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten können gefertigt werden“, erläuterte Klein. Das Pilotprojekt erfolge unter enger Einbindung des Landesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (LfDI), der keine grundsätzlichen datenschutzrechtlichen Bedenken gegen den Einsatz von Dashcams bei der Polizei hat. Wie Karl Klein erläuterte, komme ein Technikmix aus Foto- und Videotechnik zum Einsatz. Die Polizei verzichte aus datenschutzrechtlichen Erwägungen derzeit auf die Nutzung einer Pre-Recording bzw. Loop-Funktion. Ganz aktuell sei das Pilotprojekt auch noch um den Einsatz einer Dashcam auf einem Motorrad erweitert worden. „Insgesamt ist die Zwischenbilanz außerordentlich erfreulich“, gab Klein die Auffassung des Ministers wieder.
„Es ist weiter notwendig, das Bewusstsein der Verkehrsteilnehmerinnen und –teilnehmer nachhaltig zu schärfen“, so Karl Klein. Die Polizei habe eine Fachkonzeption erstellt, die sowohl präventive wie repressive Elemente enthalte. Im Rahmen der Verkehrssicherheitsaktion „Gib Acht im Verkehr“ sei die Kampagne „Rettungsgasse rettet Leben“ gestartet worden. Sie beinhalte Flyer in deutscher, englischer und französischer Sprache sowie Plakate, die an geeigneten Örtlichkeiten in Autobahnnähe verteilt bzw. aufgehängt würden. „Die Regelungen zur Rettungsgassenbildung sind europaweit uneinheitlich, deshalb müssen auch die ausländischen Verkehrsteilnehmer in die Kampagne eingebunden werden“, erläuterte der Vorsitzende. Im Ausschuss sei angeregt worden, das Ministerium zu bitten, sich im Bund für das Eintreten eines einheitlichen Standards in Europa einzusetzen. „Das hat der Minister zugesagt“, so Karl Klein.
NSU-Untersuchungsausschuss auf der Zielgeraden
Stuttgart. Der Untersuchungsausschuss „Rechtsterrorismus/NSU BW II“ hat seine Beweisaufnahme abgeschlossen. Einen dahin gehenden Beschluss fasste das Gremium in seiner Beratungssitzung am 8. Oktober 2018, wie dessen Vorsitzender, der SPD-Abgeordnete Wolfgang Drexler, im Anschluss daran mitteilte. „Die kommenden Wochen sind mit der Erstellung des Abschlussberichtes ausgefüllt, der bis Jahresende dem Landtag vorliegen soll“, so der Vorsitzende weiter.
Ebenfalls in der Beratungssitzung vom 8. Oktober 2018 befasste sich der Untersuchungsausschuss abschließend mit behördlichen Auskünften, die bei verschiedenen Stellen über eine von der Zeugin R. L. benannte Kontaktperson eingeholt wurden (vgl. PM 65/2018 vom 4. Juni 2018). „Nach dem Ergebnis dieser Erhebungen müssen wir davon ausgehen, dass diese Person mutmaßlich vor dem 16. März 2013 bei Kampfhandlungen in Damaskus/Syrien getötet wurde; klarstellend hat der Ausschuss eine entsprechende Feststellung getroffen“, teilte Drexler mit. Eine Vernehmung des Mannes als Zeuge kommt somit nicht mehr in Betracht.
Vor dem Hintergrund des Schlusses der Beweisaufnahme wird auch der Zeuge S. W. H. – von 1988 bis 2010 Kopf und Sänger der Rechtsrockband „Noie Werte“– nicht mehr geladen. Nachdem der Zeuge in der öffentlichen Beweisaufnahme am 14. Mai 2018 die von den Ausschussmitgliedern gestellten Fragen nicht beantwortet hatte, stellte das Gremium beim Amtsgericht Stuttgart den Antrag, ein Ordnungsgeld in Höhe von 1.000 Euro oder für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft von 20 Tagen festzusetzen (vgl. PM 57/2018 vom 15. Mai 2018). Mit Beschluss vom 13. August 2018 entsprach das Amtsgericht diesem Begehren umfassend. Indes legte der Zeuge hiergegen Beschwerde ein, die Anfang Oktober an das zuständige Landgericht Stuttgart weitergeleitet wurde. Bis wann eine abschließende gerichtliche Entscheidung vorliegt, erscheint derzeit nicht absehbar. „Insofern hätte ein weiteres Zuwarten von Seiten des Untersuchungsausschusses dazu geführt, dass unser Zeitplan nicht einzuhalten gewesen wäre“, so Drexler. Ergänzend betonte er, dass sich das Ordnungsmittelverfahren durch die Beendigung der Beweisaufnahme nicht erledigt.
Präsidentin Aras: "Wir alle sind Verfassungsschützer!"
Stuttgart – Im Rahmen einer feierlichen Veranstaltung wurde am Sonntag, 30. September 2018, im Landtag von Baden-Württemberg die Große Landesausstellung „Vertrauensfragen. Der Anfang der Demokratie im Südwesten 1918-1924“ eröffnet. „Die Ausstellung spannt den Bogen ins Heute, sie schafft den Bezug zu aktuellen Vertrauensfragen“, lobte Landtagspräsidentin Muhterem Aras vor etwa 500 Gästen. Sie appellierte an das Auditorium, seinen Teil dazu beizutragen, die manchmal langwierige Kompromissfindung als Lösungskompetenz in der Demokratie nicht zu verachten und der Sehnsucht nach einfachen Antworten zu widerstehen. Auf der Eröffnungsveranstaltung eingespielt wurde ein Film mit Statements von Landtagsabgeordneten aller Fraktionen zum Thema Vertrauen. Die Interviews sollen künftig nicht nur im Haus der Geschichte, sondern auch in der Ausstellung im Bürgerzentrum des Landtags zu sehen sein.
„Bürgerinnen und Bürger stellen die Vertrauensfrage permanent. Sie ist alles andere als ungehörig, sondern gehört zum Wesen der Demokratie“, so Gastgeberin Aras in ihrer Eröffnungsrede. Diese Vertrauensfrage müsse die Politik immer wieder geduldig beantworten. Aber auch die Bürgerinnen und Bürger seien gefordert. „Die Leitplanken unserer Verfassung werden gerade wieder angetastet, die Grenzen des persönlichen Anstands werden überschritten“, so die Landtagspräsidentin. Angriffe auf die durch das Grundgesetz vorgegebene Werteordnung seien jedoch nicht tolerierbar. Die Präsidentin plädierte, Mut im Konkreten zu beweisen: „Wenn uns die Freiheit etwas wert ist, dann können wir auch einfach mal den Mund aufmachen“, formulierte Aras. „Wir alle sind Verfassungsschützer!“
Professor Dr. Thomas Schnabel, der Leiter des Hauses der Geschichte, dankte der Hausherrin des Parlaments: „Der Landtag ist nicht nur ein außergewöhnlicher Ort für eine Ausstellungseröffnung eines Museums. In diesem Fall ist er der ideale Ort.“ Die Schau wolle an die großen Leistungen der ersten Demokratie erinnern. „Weimar war nicht so schlecht wie sein Ruf“, so der Historiker Schnabel. Es dürfe nicht nur vom Ende 1933 aus dem Blickwinkel des Scheiterns her betrachtet werden. , sondern auch von ihren Anfängen her. „Geschichte kann keine direkten Handlungsanleitungen für aktuelle Politik liefern“, sagte Schnabel, aber sie könne Erfahrungen aufzeigen, die für heutige Entscheidungen von Wichtigkeit sein könnten. Dies gelte insbesondere für das Thema Vertrauen und dem, wie Theodor Heuss eindringlich formuliert habe, „Misstrauen der Deutschen in ihre Fähigkeit zur Selbstregierung“. Die deutschnationalen Eliten hätten in Verkennung ihrer Schwäche Hitler zum Kanzler gemacht. „Wir können – leider mehr als vor einem Jahrzehnt für möglich gehalten – aus Weimar lernen. Wir sollten es allerdings auch tun“, lautete der Appell Schnabels im Landtag 2018.
Paula Lutum-Lenger, designierte Leiterin des Hauses der Geschichte, definierte als „Leitfrage“ der Großen Landesausstellung: „Was schafft Vertrauen?“ Der Umsturz 1918 sei vor allem Folge einer tiefgreifenden Vertrauenskrise gewesen. Die Schau thematisiere deshalb Chancen für Demokraten unter den damaligen Rahmenbedingungen, nach den vertrauensbildenden Maßnahmen, die zugunsten der Demokratie ergriffen wurden. Museen verstünden sich zunehmend auch als Orte, wo aktuelle politische Diskussionen geführt würden, so Lutum-Lenger. Die Große Landesausstellung sei in diesem Sinne auch ein Akteur, der in verschiedenen Foren und Mitmachstationen auch den Besucherinnen und Besuchern die „Vertrauensfrage“ stelle. „Die Ausstellung ist keine ausschließlich historische Schau“, betonte die künftige Leiterin des Hauses der Geschichte bei der Eröffnung im Landtag. Die Eröffnungsveranstaltung wurde musikalisch begleitet von Streicherinnen des Eberhard-Ludwig-Gymnasiums in Stuttgart.
Einigkeit im Ständigen Ausschuss: Es muss sorgfältig ermittelt werden, was schief gelaufen ist
Stuttgart. Der Ständige Ausschuss hat sich in seiner Sitzung am Donnerstag, 27. September 2018, in öffentlicher Sitzung eingehend mit Anträgen von SPD (Aufarbeitung des Missbrauchsfalls im Breisgau-Hochschwarzwald) und FDP/DVP (Die Einbindung von Sachverständigen und Jugendämtern in familiengerichtliche Entscheidungen) befasst. „Kinder und Jugendliche in Baden-Württemberg müssen nachhaltig und dauerhaft vor Gewalt geschützt werden“, fasste der Vorsitzende des Gremiums, der CDU-Abgeordnete Dr. Stefan Scheffold, zusammen. Ein von der Landesregierung eingesetztes, interministerielles Expertengremium soll eine „vorbehaltlose und umfassende Analyse des Handelns aller beteiligten Institutionen und der rechtlichen Bestimmungen auf mögliche Defizite im Kinderschutz im Land vornehmen“, erläuterte Dr. Scheffold.
Die Kommission „Kinderschutz zur Aufarbeitung des Missbrauchsfalls Staufen und zur Weiterentwicklung des Kinderschutzes“ setze sich aus Vertretern von Sozial-, Innen-, Justiz-, Kultus und Staatsministerium sowie externen Experten aus Praxis und Wissenschaft zusammen. Die Kommission solle den kürzlich veröffentlichten Bericht der so genannten „Vor-Ort-Arbeitsgruppe“ aus Oberlandesgericht Karlsruhe, Amtsgericht Freiburg und Landratsamt Breisgau-Hochschwarzwald als Grundlage nehmen, um die landesweiten Behörden- und Verfahrensstrukturen zu durchleuchten.
Dr. Scheffold zufolge wurden in diesem Bericht strukturelle und rechtliche Schwächen aufgezeigt; ob auch persönliches Versagen vorlag werde derzeit in einem Strafverfahren geprüft. Im Ausschuss sei kritisch angemerkt worden, dass der Bericht zu allgemein sei und ein klarer Durchgang des Falles fehle. Es sei keine tatsächliche Aufarbeitung des Falles. „Es muss sorgfältig ermittelt werden, was schief gelaufen ist“, so der Vorsitzende. Es habe viele Weggabelungen gegeben, wo ein Austausch hätte stattfinden können. „Ein koordiniertes Vorgehen aller am Verfahren Beteiligter hat gefehlt“, stellte Dr. Scheffold fest. Es sei die Aufgabe der Politik, sich hier in konstruktiver Weise um Lösungen zu bemühen. Der Ausschuss habe seiner Erwartung Ausdruck verliehen, dass eine Anhörung der Kommission im Landtag stattfinden solle. „Das Parlament will sich in die Aufklärung einbringen“, betonte der Ausschussvorsitzende.
Überdies habe sich der Ständige Ausschuss mit den Vorwürfen gegen den ehemaligen Staatsminister Murawski im Klinikskandal Stuttgart befasst (Anträge von SPD und FDP/DVP). Die Regierung habe die Vorwürfe zurückgewiesen, so Dr. Scheffold. Außerdem sei klargestellt worden, dass sich die Aussage des Ministerpräsidenten bei der Regierungspressekonferenz am 12. Juni 2018 auf die weitergehende Frage nach einem gerüchteweise bevorstehenden Rücktritt Murawskis bezogen habe und nicht auf die Rolle seines Staatsministers im Klinikskandal.
Ausschuss lobt Rad-Leasing-Modell und aufgestockte Finanzhilfen für Kommunen
Stuttgart – Ab 2019 sollen Staatsdiener in Baden-Württemberg ihr vom Arbeitgeber geleastes Dienstfahrrad auch privat nutzen können. „Mit diesem Modell bestätigt das Land einerseits seine Vorreiterrolle bei nachhaltiger behördlicher Mobilität“, so der Vorsitzende des Verkehrsausschusses, Karl Rombach (CDU) nach nicht öffentlicher Sitzung am 26. September 2018. Im Ausschuss sei jedoch der Wunsch nach Gleichbehandlung aller Landesbediensteten laut geworden, so Rombach. „Es bleibt unser Anliegen, dass nicht nur Beamtinnen und Beamte sowie Richterinnen und Richter, sondern auch die Tarifbediensteten der Landesverwaltung in diesen Vorteil kommen können.“
Baden-Württemberg werde laut Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) das erste und bislang einzige Bundesland sein, das seinen Beamten ein Rad-Leasing-Modell im Rahmen einer Gehaltsumwandlung (1% der Kaufpreissumme) anbieten werde. Da die Gewerkschaften dies für Tarifbedienstete ablehnten, bestünde derzeit allerdings nur für die Beamtenschaft eine rechtliche Grundlage, habe Minister Hermann erläutert. Geplant sei die Einführung Anfang 2019 auf Basis des Landesbesoldungsgesetzes. Die europaweite Ausschreibung laufe derzeit. Aufgrund der allgemeinen Entwicklung auf dem Rad-Leasing-Markt, rechnet das Verkehrsministerium des Landes laut Rombach damit, dass vor allem E-Bikes und Pedelecs mit durchschnittlich 2.500 Euro Kaufpreis in Frage kommen. Die Laufzeit der Leasingverträge soll 36 Monate betragen. „Der Ausschuss teilt die Auffassung der Landesregierung: Ein solches Modell festigt die die Vorbildfunktion der Landesverwaltung und positioniert sie – trotz der bedauerlichen Einschränkung – als attraktiven Arbeitgeber“, so der Vorsitzende Rombach.
Die Rad-Leasing-Maßnahme füge sich gleichwohl ein in die „Zukunftsoffensive für den öffentlichen Verkehr“, die das Ziel hat, mehr Menschen zum Umstieg auf Busse und Bahnen zu bewegen. Die Mitglieder des Verkehrsausschusses seien mehrheitlich der Auffassung, dass das Land den Kommunen und Kreisen „in Planung und Umsetzung zur Seite zu stehen solle“, berichtete Rombach. Minister Hermann habe im Ausschuss von einem Verhandlungs-„Durchbruch“ während der Sommerpause berichtet zwischen Finanzministerium und den kommunalen Spitzenverbänden. Künftig würden die pauschalen Mittel, die der Bund auf Grundlage des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes (GVFG) überweise, nicht nur fixiert auf den Bereich Verkehr, der Betrag werde auch von 165 auf 320 Millionen Euro im Jahr verdoppelt. Gespräche, die Ausgaben nach dem Verhältnis 60:40 mit Schwerpunkt ÖPNV zu gewichten, stünden laut Hermann noch aus. Ein Drittel der Förderung aus Berlin fließt nach Baden-Württemberg.
Mitglieder des Ausschusses hätten das Engagement des Ministeriums ausdrücklich und übereinstimmend gelobt. Hermanns Ministerium habe eine mehrseitige „beeindruckende“ Liste der Projekte zwischen 2011 und 2018 zusammengestellt, so der Vorsitzende Rombach. Vereinzelte Kritik von Ausschussmitgliedern, die Förderprogramme würden den badischen Landesteil bevorzugen, habe der Minister entkräftet: Zwar gebe es einen Schwerpunkt auf Baden und den Raum Stuttgart und Nachholbedarf in Südwürttemberg, habe dieser argumentiert. Es handle sich jedoch um ein Förderprogramm: Würden keine Anträge gestellt, bekomme die Kommune oder der Kreis auch kein Geld. „Insgesamt gab es großes Lob für die Umsetzung und den guten Abruf der Mittel“.
Landwirtschaftsausschuss befasst sich mit der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP)
Stuttgart. Der Ausschuss für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz hat sich in seiner Sitzung am Mittwoch, 26. September 2018, mit einer Unterrichtung des Landtags in EU-Angelegenheiten zur Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) befasst. Das hat der Vorsitzende des Gremiums, Martin Hahn (Grüne), mitgeteilt. „Die Mitteilung bildet die Grundlage für die strategische und inhaltliche Ausgestaltung der GAP im Förderzeitraum 2021 bis 2027“, berichtete Hahn. „Wir sehen eine Stärkung der Ausrichtung auf Umwelt- und Klimaschutz. Dafür bedarf es allerdings auch einer angemessenen finanziellen Ausstattung“, so der Vorsitzende. „Um diesen Prozess müssen wir uns als Agrarausschuss weiter kümmern.“
Wie Hahn ausführte, verfolge die komplexe Verordnung das Ziel einer Förderung eines intelligenten und krisenfesten Agrarsektors. „Hier geht es vor allen Dingen darum, tragfähige Einkommen ebenso zu gewährleisten wie Ernährungssicherheit“, so Hahn. Überdies sollten Umweltpflege und Klimaschutz als Beitrag zu den umwelt- und klimabezogenen Zielen der Europäischen Union gestärkt werden. „Das wurde im Ausschuss besonders begrüßt“, stellte Hahn fest. Drittens solle das sozioökonomische Gefüge in ländlichen Gebieten gestärkt werden. „Um diese Ziele zu erreichen, bedarf es der aktiven Mitarbeit von Baden-Württemberg“, betonte der Vorsitzende, der in diesem Zuge auf die Anhörung des Ministeriums am 5. Oktober hinwies. Mit der Neuausrichtung sollten außerdem Spielräume für Entbürokratisierungen und die Berücksichtigung regionaler Besonderheiten auf Ebene der Mitgliedstaaten geschaffen werden.
Der Ausschuss habe übereinstimmend festgestellt, dass die Entwicklung in die richtige Richtung gehe. Die Beibehaltung des Zwei-Säulen-Modells sei begrüßt worden. Auch werde eine Umschichtung der Schwerpunkte in Richtung zweite Säule begrüßt. Der Vorschlag der Kommission sehe eine Absenkung des GAP-Mittelvolumens um rund fünf Prozent auf 365 Mrd. Euro vor. Die Direktzahlungen in Deutschland würden um rund vier Prozent sinken. „Es ist jedoch eine größere Flexibilität zwischen den Säulen vorgesehen“, legte Hahn dar. Welche genauen Auswirkungen dies auf die finanzielle Ausstattung für die GAP-Umsetzung in Baden-Württemberg haben werde, hänge vom Ausgang der Verhandlungen auf EU-Ebene, von den innerstaatlichen Verhandlungen zwischen Bund und Ländern über die Verteilung der Mittel sowie von den Möglichkeiten ab, im Landeshaushalt Mittel zur Ko-Finanzierung bereitzustellen.
Percussion und Plenarsaal lockten Besucherinnen und Besucher ins Parlament
Stuttgart – Mehr als 300 Bürgerinnen und Bürger nutzten am Samstag, 22. September 2018, die Gelegenheit, das Bürgerzentrum des Landtags in Augenschein zu nehmen und sich durch die interaktive Ausstellung über den Parlamentsbetrieb zu klicken. Besonders attraktiv waren – erneut – die etwa halbstündigen Führungen in den Plenarsaal des Landtags. Erstmals lockten neben Kaffeemobil und Eiswagen Auftritte verschiedener Musikvereine, an diesem Spätsommertag die Stufen der Agora ins Bürgerzentrum hinabzusteigen.
Der Landtag von Baden-Württemberg bietet erst seit einem Jahr den Bürgerinnen und Bürgern an ausgewählten Samstagen die Möglichkeit, ohne Anmeldung als Besuchergruppe ganz spontan ins Bürgerzentrum des Landtags zu kommen. Dort wartet eine nach modernsten Kriterien konzipierte Ausstellung über den Landtag, aber auch der Pressekonferenzraum, wo Ministerinnen, Minister oder der Ministerpräsident regelmäßig Journalisten Rede und Antwort stehen. Bislang nahmen weit mehr als 1000 Bürgerinnen und Bürger diese Gelegenheit wahr. An diesem Samstag zählte die Landtagsverwaltung rund 300 Interessierte.
Zur Besonderheit dieser „kleinen“ Sonderöffnungen zählt, dass Beschäftigte des Landtags aus allen Bereichen der Verwaltung als Guides wirkten. Sie können nicht nur mit Zahlen und Fakten rund um den Landtag aufwarten, sondern auch mit mancher Anekdote aus dem Parlamentsalltag. Zehn Führungen wurden an diesem Samstag angeboten und fanden großen Anklang. Ensembles der Musikschule Waldstetten e.V. sowie des Musikvereins Harmonie Geradstetten e.V. begleiten den Tag musikalisch und boten professionelle Kurzweil in der Agora des Landesparlaments.
Landtag: Besondere Einblicke am Samstag
Stuttgart – Am Samstag, 22. September 2018, bietet das Bürgerzentrum des Landtags wieder Gelegenheit zum kostenlosen Besuch. Zwischen 11 und 17 Uhr können Besucherinnen und Besucher nicht nur die moderne, interaktive Ausstellung über den Landtag von Baden-Württemberg besuchen. Sie können nach formloser Anmeldung vor Ort auch an einer kleinen Führung in den Plenarsaal teilnehmen. Neu dieses Mal: Vor dem Bürgerzentrum, das an der Konrad-Adenauer-Straße weithin erkennbar ist durch den weißen „Kugelkopf“ des Kunstwerks „Der Volksvertreter“, locken Kaffeemobil und Eiswagen. Ensembles der Musikschule Waldstetten e.V. sowie des Musikvereins Harmonie Geradstetten e.V. begleiten den Tag musikalisch in der „Agora“.
Dreimal im Jahr veranstaltet der Landtag von Baden-Württemberg kleine Öffnungstage im erst 2016 eröffneten Bürgerzentrum, um den Bürgerinnen und Bürgern die Gelegenheit zu sonst verwehrten Einblicken zu geben: So kann das Kunstwerk von Beat Zoderer ausnahmsweise von unten betrachtet oder auch der Saal angeschaut werden, aus dem regelmäßig Pressekonferenzen, unter anderem mit dem Ministerpräsidenten, übertragen werden.
Angeboten werden rund halbstündige Führungen in das Herzstück des Parlaments, den Plenarsaal. Die Führungen dorthin werden an diesem Tag von freiwilligen Guides aus der Landtagsverwaltung geleitet. Sie bieten den Besucherinnen und Besuchern allerhand spannende Informationen zum Parlamentsbetrieb, aber auch manches Schmankerl aus dem Parlamentsalltag. In der Dauerausstellung können sich die Gäste unbegrenzt aufhalten und auf den Touchscreens den Landtag und seine Akteure erkunden.
BitBW beendet Zusammenarbeit mit ITEOS
Stuttgart – Die elektronische Lehr- und Lernplattform („ella“) wird vorerst nicht an den Start gehen, die Landesregierung hält aber an deren technischer Weiterentwicklung fest. Die Zusammenarbeit mit dem kommunal getragenen Zweckverband ITEOS wird beendet. Dies war das Ergebnis der nunmehr 3. Sitzung des Bildungsausschusses des Landtags von Baden-Württemberg, die sich diesem Thema widmete. Die Ausschussvorsitzende Brigitte Lösch (Grüne) berichtete nach der Sitzung am Donnerstag, 20. September 2018, Kultusministerin Dr. Susanne Eisenmann (CDU) habe bekräftigt, sie sehe keine Basis, die jetzige Struktur mit der für digitale Dienstleistungen zuständigen Landesoberbehörde BitBW und dem Dienstleister ITEOS beizubehalten. „Dem Ausschuss ist wichtig, dass Fehler nicht wiederholt werden, die ITEOS-Nachfolge muss nun europaweit ausgeschrieben werden“, so die Vorsitzende Lösch.
Verantwortliche von ITEOS, darunter der Verbandsvorsitzende und Landrat Stefan Dallinger sowie sein Verbandsstellvertreter und Oberbürgermeister von Karlsruhe, Dr. Frank Mentrup, präsentierten vor dem Bildungsausschuss die digitale Schul-Plattform und bezogen Stellung zu dem von den Fraktionen zusammengestellten Fragenkatalog. Die Vorsitzende Lösch dankte den ITEOS-Vertretern für die Beantwortung der Fragen sowie dem Kultusministerium für die weitgehende Akteneinsicht. „Es wurde eindrücklich dargestellt, was ella in der Praxis bedeuten kann – wenn die Plattform funktioniert“, so Lösch zu Beginn des öffentlichen Teils der Sitzung. Am Ende der mehrere Stunden andauernden Beratung habe Ministerin Dr. Eisenmann erklärt, die Zusammenarbeit von der BitBW mit ITEOS werde eingestellt. „Das komplette Vorgehen heute war mit ITEOS abgestimmt“, informierte die Vorsitzende Lösch.
Im Februar dieses Jahres sollte die „elektronische Lehr- und Lernplattform“ (ella) an den Start gehen. Zu diesem Zeitpunkt stellte ein Gutachten 129 Mängel und 34 offene Punkte fest, was zu einem Projektstopp im Februar führte. Nun habe die Ministerin im Ausschuss das Aus verkündet. Kultusministerin Dr. Eisenmann habe mitgeteilt, in Absprache mit Innenminister Thomas Strobl und externen Partnern sei dieser Entschluss gefasst worden. ITEOS sei als technischer Partner für „ella“ zurzeit nicht mehr vorstellbar. Die Behörde BitBW, die dem Innenministerium unterstellt ist, sei laut Eisenmann gebeten worden, das weitere Vorgehen vorzuschlagen, berichtete die Vorsitzende Lösch. Die Suche nach neuen Partnern solle europaweit stattfinden und das Thema „ella“ nun zügig und kontrolliert angegangen werden. Ministerin Dr. Eisenmann hat laut Lösch ebenfalls Unzufriedenheit mit der Projektsteuerung durch die Digitalbehörde BitBW geäußert, weshalb eine externe Steuerungsgruppe beauftragt werde.
Wirtschaftsausschuss besucht heimische Aussteller auf der Weltleitmesse AMB
Stuttgart – Bei einem Vor-Ort-Termin auf der Messe Stuttgart machte sich der Wirtschaftsausschuss des Landtags am Mittwoch, 19.September 2018, ein Bild von der Internationalen Ausstellung für Metallbearbeitung (AMB). „Der baden-württembergische Mittelstand ist dort stark vertreten“, so der Ausschussvorsitzende Dr. Erik Schweickert (FDP/DVP) nach einem Rundgang. „Uns war es wichtig, die Anliegen unserer heimischen Aussteller, die sich in der ganzen Welt positionieren, anzuhören und mitzunehmen.“
Am häufigsten hätten die Unternehmer laut Dr. Schweickert Fachkräftemangel, Ausweisung von Gewerbeflächen, mangelnde Infrastruktur und die Handelspolitik (Zölle) als drängende Probleme genannt.
Der Wirtschaftsausschuss hielt auf der Messe Stuttgart zugleich seine reguläre Sitzung ab. Dr. Schweickert zufolge war ein Beratungsschwerpunkt der Themenkomplex Wohnraummangel, darunter ein FDP/DVP-Antrag zur überfälligen Novelle der Landesbauordnung (LBO) und ein Gesetzentwurf der Fraktion AfD, der aufgrund des zu geringen Umfangs der darin enthaltenen Änderungen der Landesbauordnung vom Ausschuss einhellig abgelehnt wurde. Gleichwohl wurde in der Sitzung deutlich, dass die Regeln zum Bauen im Land dringend überarbeitet werden müssen. Das Ministerium habe dargelegt, dass der Gesetzesentwurf der Landesregierung derzeit mit allen beteiligten Fachressorts abgestimmt werde. Ziel sei es, dass die geänderte Landesbauordnung möglichst zu Beginn des zweiten Quartals 2019 in Kraft treten könne. Wie es daneben mit dem Zweckentfremdungsverbotsgesetz weiter gehen solle, beriet der Ausschuss anhand einer Umfrage unter den Städten, die einen angespannten Wohnungsmarkt haben. Deutlich wurde, dass man die Möglichkeit der Kommunen, eine entsprechende Satzung zu erlassen, zunächst nicht verändern wolle. Eine weitere Evaluation wäre in einigen Jahren aber sinnvoll.
Überdies habe sich der Wirtschaftsausschuss mit der Frage auseinandergesetzt, welche Bedeutung die Landesregierung einer Flexibilisierung des Arbeitsrechts beimisst, vor allem im Hinblick auf die Wettbewerbsfähigkeit der hiesigen Unternehmen. Dennoch habe ein Beschlussantrag der Fraktion FDP/DVP, der eine entsprechende Bundesratsinitiative zur Anpassung des Arbeitszeitrechts an die Anforderungen der heutigen Arbeitswelt vorsah, bei den anderen Fraktionen keine Zustimmung gefunden.
Den Herausforderungen der Einhaltung von Arbeitszeitgrenzen gerade in der Gastronomie wandte sich ein Antrag der SPD zu mit der Frage, welche Bedürfnisse die hiesigen Gastronomiebetriebe aktuell haben.
Schließlich habe der Ausschuss die Belastungen insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen in den Blick genommen, die sich aus der Umsetzung der Datenschutzgrundverordnung ergeben, und die bestehende Bürokratie, die der Normenkontrollrat beleuchtet.
Sozialausschuss lehnt Gesetzentwurf zur Änderung des Wohn-, Teilhabe- und Pflegegesetzes ab
Stuttgart. Der Ausschuss für Soziales und Integration hat sich in seiner Sitzung am Donnerstag, 20. September 2018, mit dem Gesetzentwurf der FDP/DVP zur Änderung des Gesetzes für unterstützende Wohnformen, Teilhabe und Pflege (Wohn-, Teilhabe- und Pflegegesetz WTPG) befasst. Das hat der Vorsitzende des Gremiums, Rainer Hinderer (SPD), mitgeteilt. „Der Gesetzesentwurf ist mit großer Mehrheit abgelehnt worden“, berichtete er.
Der Gesetzentwurf verfolge das Ziel, durch regulatorische Erleichterungen die Dynamik der Schaffung neuer Angebote im Bereich ambulant betreuter Wohnformen zu erhöhen sowie den bürokratischen Aufwand zu verringern. Wie Rainer Hinderer erläuterte, führe der Gesetzentwurf nach Meinung der Antragsteller unter anderem zu wesentlichen Vereinfachungen bei der Gründung von ambulant betreuten Wohngemeinschaften und erleichtere deren Betrieb. Er beschleunige die Gründungsdynamik und verbessere das Angebot. Diese Auffassungen seien von der großen Ausschussmehrheit nicht geteilt worden.
Der Gesetzentwurf sehe Änderungen am WTPG vor, die das sorgsam austarierte Verhältnis von ambulant betreuten Wohngemeinschaften auf der einen und stationären Einrichtungen auf der anderen Seite aushöhlen und den Charakter der ambulant betreuten Wohngemeinschaft erheblich verwässern würde. Außerdem gebe es ausschließlich Erleichterungen für anbieterverantwortete ambulant betreute Wohngemeinschaften. „Der Ausschuss sieht derzeit keinen Änderungsbedarf“, fasste Hinderer letztlich zusammen.
Minister Manfred Lucha hat dem Gremium überdies einen mündlichen Bericht zur Einrichtung einer Pflegekammer in Baden-Württemberg gegeben. Nach Angaben des Ausschussvorsitzenden sei der Minister dabei auf das Ergebnis der repräsentativen Umfrage zur Errichtung einer Pflegekammer eingegangen. Insgesamt seien 2.699 Personen in 194 Einrichtungen befragt worden, 68 Prozent der Befragten hätten sich für die Einrichtung einer Pflegekammer ausgesprochen. Die Zustimmung ziehe sich durch alle Einrichtungsarten, Berufsabschlüsse und Altersgruppen. Auch bei allen Arten von Trägern gebe es klare Mehrheiten für die Einrichtung einer Pflegekammer. Der Ausschuss habe grundsätzlich die Einrichtung einer Pflegekammer begrüßt. Kritik habe es allerdings in Bezug auf die Fragestellung zur Finanzierung der Pflegekammer gegeben. „Im Fragebogen ist der Begriff Pflichtbeitrag nicht eingearbeitet worden“, erläuterte der Vorsitzende. Der Minister habe dies mit der Erläuterung entkräftet, dass Kammern Pflichtmitgliedschaften haben müssten, sie seien eben kein Wunsch- und Wahlverein. „Der Minister hat angekündigt, dass noch in diesem Jahr mit einem ersten Gesetzentwurf aus seinem Haus zu rechnen ist“, so Hinderer.
Landtag startet seine Aktivitäten auf Facebook
Stuttgart. Der Landtag von Baden-Württemberg ist ab sofort auf Facebook aktiv. Den Startschuss für die Social-Media-Aktivitäten des Landesparlaments gab das Team der Landtagspressestelle am heutigen Dienstagnachmittag, 18. September 2018, im Beisein von Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne). im Haus des Landtags. „Ich freue mich auf diesen Kommunikationskanal. Damit ist auch der Landtag dabei, wenn auch mit Verspätung“, so die Landtagspräsidentin zu der Entscheidung, Soziale Medien zu nutzen. Für sie sei der Facebook-Auftritt wichtig und richtig, weil er Brücken bauen könne.

„Die Plattform hilft uns, die Kommunikation zwischen Politik und Bürgerinnen und Bürgern zu verbessern. Sie hilft außerdem, Entscheidungsprozesse besser zu erklären sowie transparenter zu machen. Und: Wir erreichen auch Menschen, die sich eher in der digitalen Welt informieren“, sagte Präsidentin Aras im Landtag.
Für das Community Management, also die Moderation des Austauschs auf Facebook, zeichnet das Referat Presse- und Öffentlichkeitsarbeit verantwortlich, das seit März 2018 mit Emanuel Grammenos einen Referenten für Neue Medien und damit einen Experten in Sachen Social Media in seinen Reihen hat.
„Wir haben uns intensiv auf diese Social-Media-Präsenz vorbereitet und freuen uns sehr, dass es jetzt los geht“, sagte Referatsleiterin Gabriele Renz anlässlich des Kick-Offs. Alle Landtags-Posts werden gezeichnet mit LandtagBW. Auf die Einhaltung der „Netiquette“, in der wichtige Kommunikations-Verhaltensregeln definiert sind, wird großen Wert gelegt. „Mit dem Thema Datenschutz haben wir uns gemeinsam mit den Datenschützern im Haus und Mitarbeitern beim Landesbeauftragten für Datenschutz intensiv auseinandergesetzt und unterstützen die Nutzer in der Wahrung ihrer informationellen Selbstbestimmung“, so Renz.
Auf Facebook sollen künftig etwa Veranstaltungen des Landtags beworben, aber auch Informationen zu Plenarsitzungen und Ausschüssen veröffentlicht werden. „Die Inhalte unserer Social-Media-Kommunikation sind überparteilich. Es geht uns darum, das Landesparlament als Akteur und Ansprechpartner in der repräsentativen Demokratie sichtbar zu machen“, so Renz. Die Posts sollen informativ, interessant, aber auch launig und heiter sein und damit Interesse am Landtag von Baden-Württemberg wecken.
Erste Veranstaltungen, die über Facebook begleitet werden sollen, sind die Sonderöffnungszeit des Bürger- und Medienzentrums am Samstag, 22. September 2018 (11-17 Uhr), die EU-Veranstaltung „Die Zukunft Europas“ mit Jean-Claude Juncker am 9. Oktober 2018 im Haus des Landtags, die Reihe „WERTSACHEN – was uns zusammenhält“, am 17. Oktober 2018 in Singen sowie die StuttgartNacht am 20. Oktober 2018, an der sich der Landtag beteiligt.
Flankiert wird die Landtags-Facebook-Seite vom bestehenden Twitter-Account, einem YouTube-Kanal und der Homepage www.landtag-bw.de.
Aras: Baden war die Wurzel der freiheitlichen Verfassungstradition
Karlsruhe – Mit einem Festakt würdigte der Landtag von Baden-Württemberg in Karlsruhe die erste Badische Verfassung vom 22. August 1818. „Wir feiern weit mehr als 200 Jahre badische Landesverfassung. Wir feiern den Beginn einer Verfassungstradition, die zu unserem wunderbaren Grundgesetz führt“, sagte Landtagspräsidentin Muhterem Aras in ihrer Festrede. Zu der gemeinsam mit der Stadt Karlsruhe und dem Badischen Landesmuseum gestalteten Feierstunde kamen rund 200 geladene Gäste in den Gartensaal des Karlsruher Schlosses, darunter der Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichtes, Professor Ferdinand Kirchhof, Prinz Bernhard von Baden, Carl Herzog von Württemberg sowie zahlreiche Abgeordnete verschiedener Parlamente, Minister, Staatssekretäre sowie Vertreterinnen und Vertreter von Verbände und Vereinigungen.
Die Landtagspräsidentin hob in ihrer Festrede nicht nur auf den segensreichen Impuls der badischen Verfassung für das auf Freiheit, Vielfalt und Offenheit angelegte Grundgesetz ab. Der von Baden maßgeblich geprägte Weg zur Verfassung und die Geschichte der Aushöhlung der in ihr garantierten Rechte in späteren Jahren zeige: „Freiheiten werden nie einfach so gewährt und sie sind auch nicht garantiert. Man muss sie einfordern, sie erkämpfen. Man muss sie verteidigen, sobald man sie errungen hat.“ Umso wichtiger sei es, sich immer wieder vor Augen zu halten: Nicht verfassungsmäßig garantierte Freiheiten seien eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung. Die Gefahr liege im Angriff auf diese Prinzipien. „Mit dieser Lehre aus der Geschichte sollten wir uns Angriffen auf Gleichberechtigung, Weltoffenheit, Vielfalt und Humanität entgegenstellen“, appellierte die Landtagspräsidentin in Karlsruhe. Zugleich warb sie dafür, dem Grundgesetz und dem Wissen um dessen Tradition mehr Raum im Schulalltag zu geben.
Dr. Frank Mentrup, Oberbürgermeister von Karlsruhe, hob in seinem Grußwort auf das 1822 fertiggestellte „Badische Ständehaus“ der Stadt ab, wo bis heute gültige demokratische Normen formuliert worden seien. Es werde zu Recht „Vorschule des Parlaments“ genannt, so Mentrup. Die Stadt Karlsruhe sehe sich aus diesem Grund einer „demokratischen Traditionsbildung“ verpflichtet, so das Stadtoberhaupt.
Der Direktor des Badischen Landesmuseums, Professor Eckart Köhne, erinnerte als Hausherr an die Geschichtsträchtigkeit des Veranstaltungsortes: Im Gartensaal des Karlsruher Schlosses sei erstmals ein gewähltes Parlament auf dem Gebiet von Baden-Württemberg zusammengetreten. Die Frage nach den bürgerlichen Grundrechten sei keine rein historische, so Köhne, sie stelle sich immer wieder neu. In der aktuellen Sonderausstellung könne sich jede Besucherin, jeder Besucher fragen, ob sie selbst bereit wären, für ihre Ziele zu kämpfen. Die Badener hätten gezeigt, dass es lohne.
Böhlen gibt grünes Licht für Tempo 40 am Neckartor
Stuttgart - Die Vorsitzende des Petitionsausschusses, Beate Böhlen (Grüne), ermöglicht mit ihrer Stellungnahme die von der Landeshauptstadt Stuttgart beantragte eine zeitlich befristete Beschränkung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit auf der Bundesstraße 14 (Bereich Neckartor) von 50 auf 40 km/h. „Ich halte es für sinnvoll, die Zustimmung zu erteilen“, so Böhlen. „Der Gesundheitsschutz im Grundgesetz ist ein hohes Gut, dem ich mit meiner Entscheidung Rechnung getragen habe.“
Das Verkehrsministerium des Landes Baden-Württemberg hat laut Böhlen in einer schriftlichen Unterrichtung nachvollziehbar begründet, warum die unmittelbare Umsetzung der geplanten Maßnahmen keinen Aufschub verträgt. In der Sache war beim Landtag von Baden-Württemberg eine Petition eingegangen. Das Ministerium war in diesem Fall jedoch nicht gehalten, entlang der Stillhalteregel zuzuwarten, weil die Vorsitzende des Petitionsausschusses mit den dargelegten Gründen, weshalb die Maßnahme nicht länger zurückgestellt werden kann, einverstanden war. Der Petitionsausschuss wird sich in einer seiner nächsten Sitzungen noch mit der Petition befassen.
Die verkehrsrechtliche Anordnung von Tempo 40 auf diesem Abschnitt der Bundesstraße 14 sei rechtlich geboten aufgrund der anhaltenden Grenzwertüberschreitung, argumentierte das Ministerium laut Böhlen. Basis sei Paragraf 45 Absatz 1 Satz 2 Nummer 3 Straßenverkehrsordnung (StVO). Danach können zum Schutz der Wohnbevölkerung vor Lärm und Abgasen bestimmte Straßennutzungen eingeschränkt werden „Ich teile die Ansicht ausdrücklich, dass Gesundheitsschutz von hohem Allgemeininteresse ist und für die Bürger vor Ort eine weitere Verzögerung nicht zumutbar ist", sagte die Ausschussvorsitzende Böhlen.
Aras: “Wir müssen Geschichte ins Jetzt holen”
Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) unternimmt am Montag und Dienstag, 23. und 24. Juli 2018, eine zweitägige „Gedenkstättenreise“ an fünf historische Orte beidseits des Rheins. „Erinnerungskultur prägt unsere Gesellschaft“, so die Präsidentin. „Die Gedenkkultur ermöglicht uns die Herleitung unserer Werte.“ Die fünf „Orte der Erinnerung“, die sie besucht, repräsentieren siebzig weitgehend von engagierten Bürgerinnen und Bürgern getragene Gedenkstätten, die in unterschiedlicher Form die Verfolgung jüdischer Mitmenschen in der Zeit des Nationalsozialismus im Gedächtnis halten: In Kippenheim, Emmendingen und Breisach, Haslach im Kinzigtal sowie im ehemaligen Konzentrationslager Natzweiler-Struthof im französischen Elsass.
„Je größer das Wissen darüber, wo wir herkommen, desto leichter fällt es uns, die Gegenwart zu verstehen und mit ihr umzugehen”, sagte Aras bei einer Festveranstaltung im Rathaus Emmendingen. Unsere Gesellschaft werde von Erinnerungskultur geprägt, der Holocaust wirke bis heute nach. Präsidentin Aras erteilte Forderungen nach einem „Schluss-Strich“ des Erinnerns, wie er auch schon von einem Abgeordneten im Landtag von Baden-Württemberg gefordert wurde, eine klare Absage. „Gerade ein so brutaler und tiefer Einschnitt wie der Holocaust ist eben kein Vogelschiss, den man vom glänzenden Lack ‚made in Germany‘ abwischen kann“, so Aras. An den Völkermord müsse schon deshalb stets erinnert werden, um die Grundlagen unseres Staatswesens hoch zu halten: das bald 70 Jahre alte, auf Toleranz, Offenheit und Individualrechte als Mittel gegen Rassismus und Ausgrenzung angelegte Grundgesetz.
Die Formen des Erinnerns seien entscheidend, wenn immer weniger Zeitzeugen Geschichte fassbar machen könnten. “Welche Formate brauchen wir, wenn niemand mehr da ist, der berichten kann, wie sich Hunger im Kriegswinter anfühlt oder die Freude, in Freiheit zu leben?” Die Digitalisierung biete hier Chancen. Die Arbeitsreise der Landtagspräsidentin dient der Wertschätzung aller in der ehrenamtlichen Gedenkarbeit Engagierten. “Ich will raushören und mitnehmen: Wie kann ich sie unterstützen?”, so Aras zu Beginn der Reise. Die Frage stellte sie mehr als zwei Dutzend Frauen und Männern an den jeweiligen Lern- und Erinnerungsstätten.
Nach fünf Stationen zieht die Präsidentin Bilanz: “Die Einbeziehung der Schulen ist unglaublich wichtig. Es darf nicht nur von Zufällen und Einzelpersonen abhängen, ob und wie die Gegenwart vor dem Hintergrund der Geschichte reflektiert wird, wie es ein engagierter Pädagoge treffend ausdrückte.” Lehrerinnen und Lehrer seien mehr denn je aufgerufen, Geschichte ins Jetzt zu holen. Dazu bräuchten sie Schulung, Unterstützung und Haltung - nicht nur dann, wenn Geschichtsthemen im Bildungsplan stünden. 2011 beschloss der Landtag von Baden-Württemberg eine Verfünffachung der finanziellen Mittel für Gedenkstätten, jeder zweite Euro davon fließt in die pädagogische Vermittlungsarbeit. Aras zeigte sich beeindruckt vom Ideenreichtum der bürgergesellschaftlichen Lernorte als “begehbare Geschichtsorte” und versprach, sich für eine „zeitgemäße und mutige Gedenkkultur einzusetzen, die in die Klassenzimmer passt.“
Orte der Gedenkstättenreise
Kippenheim: Ehemalige Synagoge, wird 2003 als Veranstaltungsstätte etabliert. Aktive: Förderverein ehemalige Synagoge, Kooperationspartner Lehrkräfte an Gymnasien und Realschulen der Umgegend. Aktivitäten: Bildungspartnerschaft, Tagesexkursion Klasse 9.
Haslach im Kinzigtal: Gedenkstätte für Zwangsarbeiter im Stollenbau. Aktive: Initiative Gedenkstätte Vulkan, Kooperationspartner Geschichtslehrer am Gymnasium. Aktivitäten: Geführte Rundgänge zum Friedhof und zum ehemaligen Stollen, Beziehungen zu Familien der überlebenden Zwangsarbeiter, “Weg des Erinnerns”, Erstellen eines Schulcurriculums.
Emmendingen: Jüdisches Museum, Restaurierung Mikwa (Ritualbad). Aktive: Verein für jüdische Geschichte und Kultur. Aktivitäten: Kooperationen mit (Grund-) Schulen, offene Kulturveranstaltungen.
Breisach: Blaues Haus privat aufgekauft und betrieben. Aktive: Förderverein Ehemaliges Jüdisches Gemeindehaus Breisach e.V. Aktivitäten: Dokumentation der Vertreibung mit jüdischen Familien weltweit, Arbeit mit Drittklässlern, Schulprojektarbeit allg.
Natzwiller: Gedenkstätte am ehemaligen Konzentrationslager Natzweiler-Struthof. Aktive: hauptamtlicher Vorsitz. Aktivitäten: Ausweitung der Fragestellung: Wie hätte ich mich selbst verhalten? Wieso ist der Mensch zu solch furchtbaren Taten fähig?
Vorsitzender: „Berichte zu V-Mann ‚Corelli‘ sind für Ausschuss von erheblicher Bedeutung“
Stuttgart. Der Untersuchungsausschuss „Rechtsterrorismus/NSU BW II“ wartet seit 13 Monaten darauf, vom Parlamentarischen Kontrollgremium des Bundestags (PKG) die vollständigen nicht-öffentlichen Berichte des Sachverständigen Jerzy Montag zum V-Mann „Corelli“ zu erhalten. „Angesichts der in wenigen Wochen endenden Beweisaufnahme müssen die Berichte dem Untersuchungsausschuss umgehend zur Verfügung gestellt werden; sie sind für die Aufklärungsarbeit des Stuttgarter Ausschusses von erheblicher Bedeutung“, sagte dessen Vorsitzender Wolfgang Drexler (SPD) MdL am Freitag, 20. Juli 2018, in Stuttgart.
Nach Angaben des Vorsitzenden hatte der Sachverständige Jerzy Montag im Auftrag des PKG zwei Berichte zum V-Mann „Corelli“ des Bundesamtes für Verfassungsschutz verfasst. Diese habe der Stuttgarter Ausschuss im Juni 2017 angefordert, seitdem warte er auf deren Herausgabe. Den Bericht vom September 2016 wolle das PKG gar nicht herausgeben, da dieser nach Auffassung des PKG keine inhaltliche Überschneidung mit dem Untersuchungsauftrag des Stuttgarter Ausschusses aufweise. Für den Bericht von Mai 2015 wolle das PKG erst die Zustimmung aller 19 beteiligten Behörden einholen.
„Aus diesen Berichten könnten sich insbesondere Erkenntnisse zur Rolle des V-Manns ‚Corelli‘ in baden-württembergischen Ku-Klux-Klan-Gruppen und dessen Verhältnis zum ehemaligen Schwäbisch Haller KKK-Chef A. S. sowie weiteren Personen der rechtsextremen Szene in Baden-Württemberg ergeben“, sagte Drexler. Von diesen Berichten könne somit entscheidend abhängen, ob sich für den Untersuchungsausschuss weitere Aufklärungsansätze zu dem Themenkomplex ergeben.
Nach einer Änderung von Paragraf 10 Abs. 5 Satz 1 Kontrollgremiumsgesetz (PKGrG) im Jahr 2016 könnten nun Untersuchungsausschüsse eines Landtags Berichte einer oder eines Sachverständigen unter Wahrung des Geheimschutzes erhalten. Daher habe der Untersuchungsausschuss im Juni 2017 das Kontrollgremium um Übersendung des Berichts von 2015 und zudem des Berichts von 2016 gebeten, so Wolfgang Drexler. Im Januar 2018 habe das PKG darauf hingewiesen, dass es aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen nicht die alleinige Zuständigkeit habe, um über die Herausgabe zu entscheiden. Es sei die Zustimmung aller Stellen erforderlich, deren als Verschlusssache eingestuften Informationen in dem Bericht Verwendung gefunden hätten. Daher hätten alle beteiligten Behörden angeschrieben und um Zustimmung zur Überlassung des Berichts gebeten werden müssen.
Im Juli 2018 habe das PKG dem Ausschuss dann auf Nachfrage mitgeteilt, dass sich alle 19 angeschrieben Behörden zurückgemeldet hätten. Allerdings bestünden drei Behörden darauf, vor ihrer eventuellen Zustimmung Einsicht in den Bericht nehmen zu können. Im Hinblick darauf müsse nun bei allen 19 Behörden die Zustimmung zur Einsichtnahme durch diese drei Behörden eingeholt werden, so die Mitteilung des PKG. Hierzu seien alle 19 Behörden Anfang Juni 2018 erneut angeschrieben worden, wobei das PKG auf die Dringlichkeit sowie auf das nahe Ende der Beweisaufnahme des Stuttgarter Ausschusses hingewiesen habe. „Es ist untragbar, dass der Ausschuss die Berichte immer noch nicht erhalten hat“, sagte Drexler, der sich aufgrund der Eilbedürftigkeit Anfang des Jahres sogar an Bundestagspräsident Dr. Wolfgang Schäuble gewandt hatte.
Bildungsausschuss verlangt Beantwortung offener Fragen zu Bildungsplattform „Ella“
Stuttgart. „In der Sondersitzung zur geplanten digitalen Bildungsplattform „Ella“ haben die Mitglieder des Bildungsausschusses mehr Fragen aufgeworfen, als in der einstündigen Sitzung behandelt werden konnte“, teile die Vorsitzende Brigitte Lösch (Grüne) mit. Das habe auch an der mangelhaften Informationspolitik durch den Zweckverband ITEOS (ehedem KIVBF) gelegen. Die Ausschussvorsitzende wird die noch nicht beantworteten Fragen der Abgeordneten an den kommunalen IT-Dienstleister sammeln. „ITEOS hat zugesagt, sie innerhalb von zwei Wochen schriftlich zu beantworten“, so Lösch.
Auf Antrag von SPD und FDP/DVP behandelte der Bildungsausschuss bereits zum dritten Mal das Thema „Ella“. Die digitale Bildungscloud, aufgesetzt auf einer 2011 beschlossenen kommunalen Verwaltungsplattform, sollte im Februar 2018 an den Start gehen. Wegen fundamentaler Mängel verordnete das Kultusministerium im Februar einen Projektstopp. Ein Gutachten stellte postum 129 Mängel und 34 offene Punkte fest. Seither befasst sich der Bildungsausschuss mit der Geschichte der „Ella“-Projektentwicklung. Bisher seien 6,2 Millionen Euro in das Projekt geflossen, habe die Ministerin berichtet, so Lösch.
Die Ausschussvorsitzende kritisierte die Vertreter des Zweckverbands ITEOS (ehedem KIVBF) als IT-Dienstleister, die zur Vorbereitung der Sitzung dem Kultusministerium und den Mitgliedern des Ausschusses unterschiedlich ausführliche Stellungnahmen vorgelegt hatten. „Dreieinhalb Seiten empfanden die Kollegen als inakzeptabel“, so Lösch, die noch am Vortag der Sitzung identische Sitzungsunterlagen wie das Kultusministerium eingefordert hat. Die Ministerin habe klargestellt, dass das Ministerium dem Dienstleister für die Übersendung von Unterlagen keine Freigabe erteilen muss. Der ITEOS-Verbandsvorsitzende Stefan Dallinger, Landrat des Rhein-Neckar-Kreises, habe sich mit dem ungewohnten „Spannungsfeld“ dafür entschuldigt. Geplant sei nach dem aktualisierten Zeitplan von ITEOS, mit der Bildungsplattform „Ella“ im September 2019 an den Start zu gehen. Voraussetzung sei ein rechtlich bindender, korrekter Vertrag mit der US-Firma Veritas, in der die Partnerfirma „FluidOps“ aus Walldorf aufging. „FluidOps“ hatte den so genannten Quellcode für die Bildungscloud, also den Text des Computerprogramms, erstellt. Ohne diese Nutzungsmöglichkeit kann das Projekt nicht weiterentwickelt werden.
Kultusministerin Eisenmann habe mitgeteilt, sie verlange bis 31. August 2018 einen ausformulierten, unterschriftsreifen Vertragsentwurf zwischen ITEOS und Veritas. „Dann entscheidet sich, ob die Lern-Cloud weiterentwickelt oder die Reißleine gezogen wird“, so Lösch.
Die Ausschussmitglieder aller Fraktionen hatten trotz der knappen Vorbereitungsfrist eine Vielzahl von Fragen, etwa zum Vertragsverhältnis, zum Datenschutz bei einer Partnerfirma in den USA, zur Ausschreibung gemäß Vergaberecht, zum Volumen des Ursprungsauftrags mit der KIVBF im Jahr 2011, nach der Einbindung des Kultusministeriums in die Projektstruktur oder zu den verschiedenen beauftragten Subfirmen.
Vorsitzende Lösch kritisiert unzureichende Aufklärungsbereitschaft im Fall „ella“
Stuttgart. Mit großem Unverständnis hat die Vorsitzende des Ausschusses für Kultus, Jugend und Sport, Brigitte Lösch (Grüne), auf die fehlerhafte Vorbereitung der für Donnerstag, 19. Juli 2018, anberaumten Sondersitzung reagiert. Das vom Kultusministerium mit der Entwicklung der Bildungsplattform „ella“ betraute, öffentlich-rechtliche Unternehmen ITEOS, ehemals KIVBF (kommunale Informationsverarbeitung Baden-Franken), habe im Vorfeld der Sitzung unterschiedliche Stellungnahmen verschickt, so der Vorwurf. „Nachdem sich das Kultusministerium von Anfang an bemüht hat, die Aufarbeitungs- und Aufklärungsprozesse so transparent wie möglich zu gestalten, erwarten wir das von den beteiligten Unternehmen ebenfalls“, so die Ausschussvorsitzende Lösch
Der Bildungsausschuss des Landtags behandelt in einer auf Antrag der Fraktionen von SPD und FDP/DVP öffentlich stattfindenden Sondersitzung die Zukunft der „elektronischen Lehr- und Lernplattform“ (ella). Der Ausschuss will laut der Vorsitzenden Lösch der Frage nachgehen, warum „ella“ bis heute nicht funktioniert.
Das Kultusministerium habe am 12.Juli 2018 den Dienstleister ITEOS darum gebeten, die Stellungnahme an alle Ausschussmitglieder rechtzeitig vor der Sitzung zu übermitteln. Es habe sich jedoch herausgestellt, dass nur dem Kultusministerium eine ausführliche Stellungnahme u. a. mit Zeitplan zugegangen sei. Den Ausschussmitglieder dagegen sei eine nur vier Seiten starke Stellungnahme vom 28. Mai 2018 zugeleitet worden. „Vertrauensvolle Zusammenarbeit stelle ich mir anders vor“, so die Ausschussvorsitzende Lösch. Sie habe ITEOS aufgefordert, die ausführliche Stellungnahme allen Mitgliedern des Ausschusses zu übermitteln.
Umweltausschuss befasst sich mit Stand der Technik in Kläranlagen
Stuttgart. Der Ausschuss für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft hat sich in seiner letzten Sitzung mit dem Stand der Technik und Umsetzung der Phosphor-Rückgewinnung in Kläranlagen, der Spurenstoffelimination in Kläranlagen (beides Anträge der Fraktion Grüne) und der Reinigung von Krankenhausabwasser, einem Antrag der SPD, befasst. Das hat der Vorsitzende des Gremiums, Dr. Bernd Grimmer (AfD), mitgeteilt. „Letztlich sind alle Bürgerinnen und Bürger über die Abwasserabrechnung von den Entwicklungen betroffen“, so der Vorsitzende.
Nach Angaben von Dr. Grimmer sei Phosphor eine endliche Ressource und ein essenzieller Rohstoff in der Landwirtschaft: Die Versorgung für Baden-Württemberg könne langfristig nur ökologisch und wirtschaftlich verträglich sichergestellt werden, wenn Phosphor-Importe zumindest teilweise durch Phosphor-Rückgewinnung ersetzt würden. Phosphor rücke deshalb zunehmend in den Fokus der Wasser- und Abwasserwirtschaft. Um den zukünftigen Anforderungen gerecht zu werden, müssten die kommunalen Kläranlagen durch zusätzliche Verfahrensstufen aufgerüstet werden. Die im Oktober 2017 in Kraft getretene novellierte Klärschlammverordnung enthalte erstmals verpflichtende Regelungen für das Phosphor-Recycling. In Baden-Württemberg sei bereits deutlich vor Inkrafttreten der gesetzlichen Rückgewinnungspflicht mit dem Aufbau einer Infrastruktur für die Rückgewinnung von Phosphor begonnen worden. Das Umweltministerium unterstütze Kommunen bei der Untersuchung, der Entwicklung und der Umsetzung von Anlagen zur Rückgewinnung von Phosphor aus Klärschlamm und Klärschlammasche mit der Förderrichtlinie „Phosphor-Rückgewinnung“.
Täglich gelangten aber auch Spurenstoffe, etwa Haushaltschemikalien, Süßstoffe, Arzneimittelrückstände, hormonell wirksame Substanzen, etc. über das Abwasser in die Kläranlagen und von dort aus in andere Gewässer. Diese Stoffe könnten in kleinen Mengen schon starke Auswirkungen auf die Umwelt haben. Deshalb rückten auch diese Spurenstoffe zunehmend in den Fokus der Wasser- und Abwasserwirtschaft. Auch Krankenhausabwasser sei in der Regel belastet.
Im Ausschuss sei angeregt worden, dass man der Frage nachgehen müsste, ob man mit einem Verfahren nicht beides machen könne, Phosphorgewinnung und Spurenstoffe herausfiltern. Im Ausschuss sei die kostenlose Erstberatung für Kommunen begrüßt worden. Ebenso sei die Auffassung vertreten worden, dass der Grundsatz gelten sollte, dass Stoffe, die gar nicht erst ins Abwasser eingebracht werden, auch nicht ausgebracht werden müssten. „Hier ist Aufklärung wichtig“, so Dr. Grimmer. Das Ministerium habe dargelegt, dass es Kooperationen mit Ärzten- und Apothekerverbänden gebe, die Broschüren und Plakate hervorgebracht hätten, die darüber informierten, dass Spurenstoffelemente nicht ins Abwasser gelangen sollten. „Baden-Württemberg ist europaweit an der Spitze der Spurenstoffelimination“, gab der Vorsitzende die Auffassung des Ministeriums wieder.
Petitionsausschuss befürwortet künftig verbindliche Umweltverträglichkeitsprüfung – Keine Abhilfe
Stuttgart. Der Petitionsausschuss des Landtags hat in seiner Sitzung am Donnerstag, 12. Juli 2018, mehrheitlich beschlossen, dass der Petition gegen den Windpark „Länge“ bei Blumberg nicht abgeholfen werden kann. Wie die Ausschussvorsitzende, die Grünen-Abgeordnete Beate Böhlen, betonte, seien alle Fragen beantwortet. Die Einwände der Petenten seien verständlich, hätten sich am Ende aber als nicht durchgreifend erwiesen. „Die Mehrheit der Ausschussmitglieder ist jedoch überzeugt, dass eine umfängliche Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) die Konfrontation zwischen Bürgerinitiative und Investoren abgemildert hätte und wünscht sich diese in der Zukunft verbindlich“, so die Vorsitzende Böhlen. Der Petitionsausschuss könne aber, da dies Bundesrecht betreffe, lediglich eine Empfehlung abgeben.
Zwei Petitionen hatten sich gegen den Bau des Windparks „Länge“ durch zwei Investoren gewandt, der zwölf Windkraftanlagen vorsieht. Sie hatten vor allem naturschutzrechtliche, insbesondere artenschutzrechtliche Einwände gegen die Anlagen vorgebracht. Sie bemängelten auch das Fehlen einer Umweltverträglichkeitsprüfung. Weiter machten sie geltend, der Windparkstandort weise keine ausreichende Windhöffigkeit auf und beeinträchtige das Landschaftsbild.
Der Petitionsausschuss führte zur Klärung von noch offenen Fragen und um den Bürgerinnen und Bürgern Gelegenheit zu geben, sich zu informieren und einzubringen, einen Vor-Ort-Termin durch, der sehr großen Zuspruch fand. „Die Durchführung solcher Ortstermine hat sich über die Jahrzehnte bewährt“, so Böhlen. „Hier konnten die Interessen der Bürger und der Sachverstand der Behörden nochmals in die Beurteilung des Falles eingebracht werden.“ Letztendlich habe sich ergeben, dass die rechtlichen Einwände dem Windpark nicht entgegenstehen, weshalb die Betreiber einen Anspruch auf die Genehmigung hätten. Infolgedessen beschloss der Ausschuss, dass der Petition nicht abgeholfen werden könne. Gleichzeitig nahm der Petitionsausschuss in seine Schlussempfehlung auf, die Petition im Hinblick auf die für sinnvoll erachtete verbindliche UVP der Regierung als „Material“ zu überweisen.
Ausschuss besichtigt Mobilitätskonzepte der Zukunft in Silicon Valley (Kalifornien)
Mit der Mobilität der Zukunft befasste sich der Ausschuss für Verkehr auf seiner einwöchigen Informationsreise in die USA. Zu den Programmhöhepunkten zählten Besuche beim Auto-Online-Vermittler Uber, bei verschiedenen Start-Up-Unternehmen u.a. aus dem Bereich Autonomen Fahrens in Silicon Valley sowie Gespräche mit politisch Verantwortlichen in Kalifornien. „Dem Automobilland Baden-Württemberg stehen große Herausforderungen bevor“, so der Vorsitzende des Ausschusses Karl Rombach (CDU). „Unsere Ausschussreise nach Kalifornien zeigte, dass viele heimische Unternehmen, die in Kalifornien investieren, die anstehenden Transformationsprozesse bewusst steuern, andere haben dringenden Nachholbedarf.“
Die Wahl des Ziellandes USA folgte laut Rombach dem Wunsch der Mitglieder des Verkehrsausschusses, sich mit politisch Verantwortlichen des Verkehrsausschusses, der „Transportation Commission“, am Parlamentssitz Sacramento sowie mit Unternehmensvertretern über Verkehrskonzepte der Zukunft auszutauschen. Protokollarische Höhepunkte waren die Treffen mit dem Verkehrsminister Kaliforniens, Brian Annis, sowie mit Jim Frazier, dem Vorsitzenden des Verkehrsausschuss im Senat.
Die Delegation besuchte zudem zahlreiche Firmen in Sunnyvale/Silicon Valley: die Mercedes-Benz Research, das „Future Center“ von Volkswagen, aber auch den Start Up-Campus „Plug & Play“ sowie die Flaggschiffe Apple und Google. Im Fokus standen u.a. Themen wie das Rufbussystem Smart Ride, das in Kalifornien vorzugsweise im ländlichen Raum ohne feste Routen unterwegs ist. „Auch bei uns gibt es ein Rufbussystem-Programm, interessant war dort die digitale Vernetzung“, berichtete der Vorsitzende Rombach. Mit Vertreterinnen und Vertretern des Auto-Online-Vermittlers Uber diskutierte der Ausschuss über dessen Pläne, nach Deutschland zu expandieren, und damit verbundenen Voraussetzungen wie Arbeitsrecht, Bezahlung bzw. Mindestlohn. Mit Wissenschaftlern aus dem Bereich „Automotive Research“ ging es in Details wie Null-Emissions-Forschung oder Autonomes Fahren. Mit Verkehrsexperten wurde über multimodale Vernetzungen diskutiert.
Kalifornien will die Anzahl emissionsfreier Fahrzeuge von derzeit 400 000 auf 5 Millionen in 2030 erhöhen. Die MdL aus Baden-Württemberg, so Rombach, hätten sich sehr für Konzepte zur Emissionsreduzierung im Verkehr interessiert. Im Gespräch mit den kalifornischen Kollegen des Verkehrsausschusses sei am Rande zu erfahren gewesen, dass die Strafzahlungen von VW im Zuge des Dieselbetrugsskandals für finanzielle Anreize von Null-Emission-Fahrzeugen eingesetzt würden.
„Der Delegation wurde wie sehr künftige Mobilitätskonzepte wissensbasiert sind und die Anbindung von Forschung und Entwicklung an die Produktion entscheidend sein dürfte“, bilanzierte der Vorsitzende Karl Rombach. „Baden-Württemberg ist noch immer ein starkes Autoland. Aber damit das so bleibt – das vielleicht können wir als Resumée der Informationsreise ziehen - könnten, ja sollten Politik und Industrie noch mutiger und offener sein für unkonventionelle Problemlösungen.“
An der Informationsreise des Verkehrsausschusses nach Kalifornien nahm eine 26-köpfige Delegation u.a. aus Mitgliedern des Landtags aller Fraktionen sowie Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) teil.
Hintergrundinformation: Jeder Fachausschuss des Landtags von Baden-Württemberg hat pro Wahlperiode ein Budget von 85 000 Euro zur Verfügung für Informationsreisen: Ob die Gremien dieses Budget für eine große oder mehrere kleine Delegationsreisen ausgeben, bleibt ihnen überlassen. Nach der Landtagswahl 2016 beschloss das Präsidium des Landtags „Grundsätze für Ausschussreisen“, wonach die Reisen inhaltlich im Antrag begründet und vom Präsidium einzeln genehmigt werden müssen.
Ausschuss kritisiert lange Baustellendauer auf Baden-Württembergs Autobahnen
Stuttgart. Bis Jahresende 2018 sind auf Bundesstraßen und Autobahnen des Landes 150 Baustellen eingerichtet und geplant. Darunter ist nur eine 24-Stunden-Baustelle, dagegen aktuell 26 in Bayern, was die Bauzeiten erheblich verkürzt. „Den Mitgliedern des Verkehrsausschusses leuchtet nicht ganz ein, warum die Nachbarn es schaffen und wir in Baden-Württemberg nicht“, so der Vorsitzende Karl Rombach (CDU). Der Vertreter des Verkehrsministeriums habe in der Sitzung vom 11. Juli 2018 konkrete Verbesserungen versprochen, berichtete Rombach: Erhaltungsmaßnahmen auf Autobahnen sollen künftig grundsätzlich im 24-Stunden-Betrieb durchgeführt werden.
Der Antrag der CDU-Fraktion habe manche interessante Zahl zutage gefördert, berichtete der Vorsitzende. So habe es im Jahr 2017 in Baden-Württemberg 700 Nachtbaustellen gegeben, was nicht gleichzusetzen sei mit dem 24-Stunden-Betrieb, der rund 25 bis 30 Prozent Mehrkosten beim Personal verursache. Dennoch sehe das Verkehrsministerium in der Drei-Schicht-Baustelle die zentrale Optimierungsmöglichkeit auf Autobahnen und zweispurigen Bundesstraßen. Im Bereich der Verkehrswarninfo (VerkehrsInfo BW) strebe man eine stärkere Kooperation mit Navigationsdienstleistern an, habe der zuständige Ministerialdirektor im Ausschuss ausgeführt.
Probleme gestand das Ministerium auch ein im Bereich des grenzüberschreitenden Verkehrs zu Frankreich auf immerhin 180 Kilometer Länge. Nicht nur die Umweltplaketten („Crit’Air Vignette“) seien nicht kompatibel, auch die Bezugskanäle seien in Frankreich wenig bürgerfreundlich gestaltet, habe der Ausschuss mit Befremden zur Kenntnis genommen. Obwohl jeder wisse, dass Mobilität nicht an Landesgrenzen Halt mache, habe der Ministeriumsvertreter keine Entwarnung geben können und auf die nationale oder europäische Regelungsebene verwiesen, berichtete Rombach.
Lob habe es dagegen für das Bürgerbus-Programm des Landes gegeben. Bis 2018 wurden insgesamt 15 Bürgerbusse (Kleinbusse in 12 Landkreisen/Städten) mit einem Fördervolumen von 400.000 Euro gefördert, unter anderem in Schramberg, Pfullendorf, Frickenhausen oder Rielasingen-Worblingen. „Der Ausschuss nahm erstaunt zur Kenntnis, dass nicht etwa Kleinkommunen bis 5.000 Einwohner das Programm nutzen, sondern von Gemeinden zwischen 8.000 und 14.000 Einwohnern, zudem aus zwei Städten mit 20.000 Einwohnern“, berichtete der Vorsitzende. Begründet wird die mit dem vergleichsweise hohen Investitionsvolumen zwischen 50.000 und 100.000 Euro sowie der zu geringen Auslastungen in Kleinkommunen. „Mögen die Zahlen auch nicht groß sein: Der Ausschuss begrüßt das Programm ausdrücklich und sieht im Zuge der Digitalisierung noch großes Ausbaupotenzial für das Flächenland Baden-Württemberg“, bilanzierte Rombach. Ein Mittel könne nach Auffassung der Fachpolitiker die Ausweitung der förderfähigen Fahrzeuge auf Personenkraftwagen sein, die bereits von der Landesregierung angedacht sei.
Erörterung der Schwerpunkte der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft
Stuttgart. Der Ausschuss für Europa und Internationales des Landtags von Baden-Württemberg hat in seiner Sitzung am Mittwoch, 11. Juli 2018, mit dem Botschafter der Republik Österreich, Dr. Peter Huber, die Schwerpunkte der österreichischen Ratspräsidentschaft erörtert. Dies teilte der Vorsitzende des Gremiums, der CDU-Abgeordnete Willi Stächele, mit. „Eine europäische Lösung für die illegale Migration nach Europa sowie mehr Sicherheit für die Europäische Union, eine gerechte Besteuerung im digitalen Binnenmarkt, der nächste Mehrjährige Finanzrahmen sowie ein geordneter Abschluss der Brexit-Verhandlungen werden die großen Herausforderungen dieser Ratspräsidentschaft sein“, informierte Stächele.
Der Botschafter der Republik Österreich, Dr. Peter Huber, habe die Mitglieder des Ausschusses für Europa und Internationales über die zentralen Anliegen des österreichischen Ratsvorsitzes informiert. Österreich habe am 1. Juli 2018 zum dritten Mal, nach 1998 und 2006, für sechs Monate den Vorsitz im Rat der Europäischen Union übernommen. Der Ratsvorsitz im zweiten Halbjahr 2018 finde jedoch unter anderen Rahmenbedingungen statt als die früheren.
Eine europäische Lösung für die illegale Migration nach Europa sowie die Schaffung von mehr Sicherheit in der Europäischen Union seien die zentralen Fragen, für welche die Europäische Union schnell eine Lösung finden müsse. Weitere Schwerpunkte lege der Vorsitz auf das Thema Subsidiarität und die künftige Aufgabenverteilung zwischen der Europäischen Union, den Mitgliedstaaten und ihren Regionen. Ebenfalls von großer Bedeutung sei für den Vorsitz eine weitere Heranführung der Westbalkanstaaten an die Europäische Union.
„Diese EU-Ratspräsidentschaft findet unter besonderen Rahmenbedingungen statt. Der Fortgang der Brexit-Verhandlungen, die kontroversen Debatten zur Migration nach Europa, der nächste Mehrjährige Finanzrahmen sowie die anstehenden Ergebnisse zum Weißbuchprozess zur Zukunft Europas schaffen ein in hohem Maße forderndes Arbeitsumfeld für das Vorsitzland Österreich“, ergänzte der Ausschussvorsitzende Stächele. Er mahnte dringend auch das Thema Solidarität bei der Flüchtlingsverteilung innerhalb der EU an.
Vorsitzende Böhlen fordert mehr Transparenz und Bürgernähe durch öffentliche Sitzungen
Stuttgart. 2341 Bürgerinnen und Bürger wandten sich von Mai 2016 bis Mai 2018 an den Petitionsausschuss des Landtags von Baden-Württemberg. 508 Petitionen aus der vorigen Wahlperiode wurden weiter behandelt, 250 davon positiv erledigt. Die Zahlen teilte die Vorsitzende des Petitionsausschusses, Beate Böhlen (Grüne), am 11. Juli 2018, mit. Traditionell gibt der Petitionsausschuss zur Halbzeit der Legislaturperiode im Plenum einen mündlichen Bericht ab. Böhlen nutzte in ihrer Rede die Chance, auf die Kollegen in Bayern zu verweisen, die alle Sitzungen öffentlich abhalten – mit Ausnahme solcher Fälle, in denen der Persönlichkeitsschutz zu beachten ist. „Transparenz und Öffentlichkeit sind mir ein Anliegen. Wir haben Bürgersprechstunden eingeführt. Ich würde mich freuen, wenn auch wir in Baden-Württemberg noch einen weiteren Schritt hin zur öffentlichen Sitzung des Petitionsausschusses kommen könnten.“
Für diese Position bekam sie parteiübergreifende Unterstützung aller im Ausschuss vertretenen Fraktionsvertreter. Bislang hätten vier Bürgersprechstunden in Stuttgart, Heidelberg, Villingen-Schwenningen und Ulm stattgefunden und seien gut angenommen worden. Öffentliche Sitzungen würden diese vom Petitionsausschuss gepflegte Bürgernähe verstärken. „Nichts ist so gut, dass es nicht verbessert werden kann“, so die Vorsitzende.
Petitionen zum Ausländerrecht sowie Bausachen führen thematisch die Rangliste an. Es folgten Verkehrsfragen, Justizvollzug, kommunale Angelegenheiten, Sozialversicherung, Öffentliche Sicherheit und Ordnung, Staatsanwaltschaften, Beschwerden über Behörden, Gesundheitswesen und Schulthemen. „Bei den Anliegen war wieder alles dabei: Banal anmutende Bitten und Beschwerden, bewegende Schicksale, Großprojekte“, berichtete Böhlen im Landtag. Auch das mache die Arbeit im Petitionsausschuss so interessant. „Der Ausschuss kümmert sich gleichermaßen sorgfältig um jedes einzelne Anliegen, egal wie wichtig oder unwichtig es erscheinen mag und egal, wieviel Unterstützer eine Petition hat oder nicht“, versicherte Böhlen.
Der Rückgang der Zahl der Petitionen um 16,5 Prozent gegenüber dem Vergleichszeitraum der 15. Wahlperiode führt die Ausschussvorsitzende unter anderem darauf zurück, dass im Februar 2017 Volker Schindler, der erste Bürgerbeauftragte des Landes, seine Arbeit aufgenommen habe und die örtlichen Verwaltungen in ihrer Bürgernähe von Landesseite aus unterstützt und bestärkt werden.
Hintergrundinformation: Das Petitionsrecht basiert auf Artikel 17 Grundgesetz: „Jedermann hat das Recht, sich einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen schriftlich mit Bitten und Beschwerden an die zuständigen Stellen und an die Volksvertretung zu wenden.“ Bei einem Start einer Petition auf einer privaten Petitionsplattform (Online-Petition) besteht kein Anspruch auf eine sachliche Prüfung eines Sachverhalts, über den Beschwerde geführt wird. Petitionen auf Basis von Artikel 17 GG können gleichwohl auch über das Online-Formular der Landtags-Webseite www.landtag-bw.de/online/Petitionen(externer Link) unter Einhaltung aller datenschutzrechtlichen Vorschriften eingereicht werden.
Präsidentin Aras: Einigung auf polizeiliche Zuverlässigkeitsprüfung gutes Signal
Stuttgart. Der Landtag von Baden-Württemberg erarbeitet eine neue Hausordnung. Einen entsprechenden Beschluss fasste das Präsidium des Landtags in der Sitzung vom 10. Juli 2018. Landtagspräsidentin Muhterem Aras hatte zuvor Möglichkeiten vorgeschlagen, die Zuverlässigkeit von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die im Haus des Landtags arbeiten, überprüfen zu können. Die Fraktionen baten nun um „konkrete Regelungsformulierungen“ zur Änderung der Hausordnung sowie des Abgeordnetengesetzes. Die neuen Regelungen sollen nach der Sommerpause in Kraft treten. „Ich bin froh, dass das Präsidium meine Vorschläge in großer Einhelligkeit mitträgt“, so Präsidentin Aras. „Das Landesparlament muss jeglichen Verdacht ausräumen, seine schützende Hand selbst über nachgewiesen unzuverlässige Mitarbeiter zu halten – egal auf welcher Gehaltsliste sie stehen.“
Das Präsidium einigte sich darauf, die Hausordnung analog zu den Regelungen des Deutschen Bundestages, aber „maßgeschneidert für Baden-Württemberg“ zu ändern. Einen konkreten Vorschlagstext wird die Landtagsverwaltung bis zur ersten Präsidiumssitzung nach der parlamentarischen Sommerpause ausarbeiten. Die Regelung des Bundestages sieht u.a. die Einsicht in das polizeiliche Informationssystem vor. Sie ermöglicht den Erlass eines Hausverbots, wenn zu befürchten ist, dass von Mitarbeiterinnen oder Mitarbeitern Gefahren für den Landtag oder den Parlamentsbetrieb ausgehen. Zutritt wäre für die betroffenen Beschäftigten dann nur noch in die Räume der jeweiligen Fraktion bzw. des oder der Abgeordneten gestattet.
Die Hausordnung des Landtags von Baden-Württemberg kann von der Präsidentin aufgrund des ihr obliegenden Hausrechts (Artikel 32 Absatz 2) erlassen oder geändert werden. “Mir war und ist es wichtig, in einer solch grundlegenden, das Parlament, seine Funktionsfähigkeit und die Fraktionen betreffenden Frage, Einvernehmen im Präsidium zu erzielen“, so Präsidentin Aras. „Dafür danke ich den Fraktionen.“
Gewünscht wird vom Präsidium in diesem Zusammenhang ebenfalls ein Regelungsvorschlag im Abgeordnetengesetz, der es ermöglicht, Mitgliedern des Landtags, die Mitarbeiter beschäftigen, denen verfassungsfeindliche Bestrebungen nachgewiesen werden können, die Kostenerstattung zu streichen. „Dies wäre ein weiterer Schritt, der die Zustimmung des Parlaments erforderlich machen würde“, so Aras.
Hintergrund Arbeitsverhältnisse: Im Landtag von Baden-Württemberg bestehen verschiedene Dienstverhältnisse. Der Arbeitgeber kann die Landtagsverwaltung sein, aber auch die Fraktionen sowie einzelne Abgeordnete können Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter direkt vertraglich an sich binden. Dafür stehen Mitarbeiterbudgets zur Verfügung. Die Abgeordneten und die jeweilige Fraktion entscheiden in eigener Verantwortung (Stichwort: „Freies Mandat“), wen sie beschäftigen. Bisher empfahl die Mitarbeiterrichtlinie des Landtags von Baden-Württemberg lediglich die Vorlage eines polizeilichen Führungszeugnisses – ohne Sanktionsmöglichkeiten im Falle der Nichtvorlage.
Vorsitzender Drexler: „Gericht bestätigt Täterschaft des NSU-Terrortrios“
Stuttgart. Der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses „Rechtsterrorismus/NSU BW II“ des Landtags von Baden-Württemberg, Wolfgang Drexler MdL, hat das Urteil im Münchner NSU-Prozess begrüßt. „Mit dem Urteil gegen die Angeklagten legt das Oberlandesgericht München nach einem äußerst aufwendigen Verfahren den Beweis vor, dass der NSU für die über Jahre andauernde rassistische Mordserie sowie den Anschlag vom 25. April 2007 auf der Heilbronner Theresienwiese verantwortlich ist“, sagte Wolfgang Drexler am Mittwoch, 11. Juli 2018, in Stuttgart. Zudem zeigte er Verständnis dafür, dass von Seiten der Nebenklage und der Angehörigen Kritik an der Aufklärungsarbeit des Gerichts geäußert wurde, betonte aber zugleich: „Das Gericht ist an den Prozessgegenstand gebunden, wie er durch die Anklage vorgegeben wird. Für die Aufarbeitung bestimmter Aspekte ist nicht das Oberlandesgericht zuständig, sondern Ermittlungsbehörden oder Untersuchungsausschüsse.“
Nach Auffassung des Ausschussvorsitzenden hat sich im Lauf der vergangenen fünf Jahre gezeigt, dass das Gericht immer wieder an Grenzen gestoßen sei. „Aufgabe des Oberlandesgerichts war es, über die strafrechtliche Verantwortlichkeit der Angeklagten zu urteilen“, so Drexler. Viele Aspekte, die infolgedessen im Prozess nicht oder nur am Rande thematisiert wurden, seien in verschiedenen parlamentarischen Untersuchungsausschüssen aufgearbeitet worden. Dazu zähle im Südwesten etwa die Rolle der Geheimdienste, der Ku-Klux-Klan oder rechte Musik als Einstieg in die rechte Szene. Drexler erinnerte daran, dass sich der Ausschuss in Stuttgart beispielsweise intensiv mit der Frage nach einem möglichen Unterstützernetzwerk für die NSU-Terroristen im Südwesten und Verbindungen des Trios nach Baden-Württemberg befasst habe. „Besonders auffällig waren die Größe und die Vernetzung der rechten Szene in Baden-Württemberg, die Rolle der rechten Musik und der Umstand, dass man bis zu 30 Besuche von Mitgliedern des NSU-Trios hier im Land feststellen konnte“, sagte der Vorsitzende.
Drexler zufolge decken sich die Erkenntnisse des Oberlandesgerichts etwa in Bezug auf die Täterschaft von Böhnhardt und Mundlos mit den Ergebnissen der detailreichen Arbeit der Stuttgarter NSU-Untersuchungsausschüsse. So sei auch der Ausschuss in Stuttgart durch eigene Zeugenbefragungen zu dem Ergebnis gelangt, dass Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt für den Anschlag auf der Heilbronner Theresienwiese verantwortlich seien. Hinweise auf eine unmittelbare Tatbeteiligung von Beate Zschäpe oder ihre Anwesenheit am Tattag in Heilbronn habe der Ausschuss nicht gefunden. „Ob und in welcher Form Beate Zschäpe an dem Mordanschlag in Heilbronn beteiligt war, hat der Untersuchungsausschuss nicht geprüft, denn dies ist ausschließlich dem Oberlandesgericht München vorbehalten“, legte Drexler dar.
Der Untersuchungsausschuss musste laut Drexler durch den Prozess in München und damit in Zusammenhang stehende weitere Ermittlungen des Generalbundesanwalts auf die Befragung einzelner Zeugen verzichten. So konnten Thomas M. und Jan W. nicht vernommen werden, da sie dem Ausschuss mitgeteilt hatten, von ihrem ihnen zustehenden Aussageverweigerungsrecht Gebrauch zu machen. „Diese Zeugen wären jedoch sehr wichtig gewesen, um den Themenkomplex Helferstrukturen und Verbindungen der rechten Szene weiter untersuchen zu können“, so Drexler. Andererseits habe bereits der erste Untersuchungsausschuss in der vergangenen Wahlperiode auf Erkenntnisse aus dem Münchener Strafprozess zurückgreifen können, etwa die Einlassung von Beate Zschäpe vom 9. Dezember 2015. Diese Erklärung der Angeklagten in Bezug auf die Täterschaft von Mundlos und Böhnhardt habe die Ergebnisse des Untersuchungsausschusses bestätigt, dass Böhnhardt und Mundlos für die Taten des NSU verantwortlich seien.
Insgesamt würdige der Ausschussvorsitzende die Bedeutung des Münchner Prozesses für die Aufklärung der durch den NSU begangenen Straftaten. „Der umfangreiche Prozess mit hunderten Verhandlungstagen und befragten Zeugen ist ohne Zweifel ein entscheidender Schritt bei der Aufarbeitung der NSU-Terrorserie“, betonte Wolfgang Drexler. „Kein Strafprozess und kein Untersuchungsausschuss darf zu aufwendig sein, um die verabscheuungswürdigen Verbrechen der NSU-Terroristen weiter aufzuklären“, sagte Wolfgang Drexler abschließend.
Hintergrund
Auch der Landtag von Baden-Württemberg arbeitet seit November 2014 die Verbrechen des NSU-Terrortrios auf. Weil der erste Untersuchungsausschuss nicht alle offenen Fragen beantworten konnte, wurde nach der Landtagswahl 2016 ein zweiter Untersuchungsausschuss eingesetzt. Die Ausschüsse befassten sich unter anderem mit dem Anschlag auf die beiden Polizisten in Heilbronn, einem möglichen Unterstützernetzwerk in Baden-Württemberg, Verbindungen zwischen der rechten Szene im Südwesten und in anderen Bundesländern, der rechten Musikszene, mit dem Ku-Klux-Klan, der Rolle von Geheimdiensten und möglichem Behördenversagen. In insgesamt 63 Sitzungen haben die beiden Ausschüsse bislang 220 Zeugen und 24 Sachverständige befragt. Es wurden insgesamt 295 Beweisbeschlüsse gefasst und rund 1.300 Aktenordner mit Unterlagen gelesen und durchgearbeitet.
Wirtschaftsausschuss macht Millionen-Zuschüsse für Tourismus-Infrastruktur frei
Stuttgart – Der Wirtschaftsausschuss des Landtags von Baden-Württemberg bewilligte in der Sitzung vom 27. Juni 2018 zwei Finanzhilfen im Bereich touristischer Infrastruktur: Die Stadt Bad Buchau erhält auf Antrag des für Tourismus zuständigen Ministeriums für Justiz und für Europa eine Million Euro für den Neubau des Eingangsbereichs der Adelindistherme und die Stadt Baden-Baden 1,4 Millionen Euro für die Erneuerung der Merkur-Bahn. „Beide Vorhaben sind wichtige Investitionen zur Stärkung touristischer Wertschöpfung“, begründete der Vorsitzende Dr. Erik Schweickert. Der Ausschuss befasste sich zudem mit dem Denkmalschutz sowie der Evaluierung des Bildungszeitgesetzes, welche kontrovers diskutiert wurde.
Das Thema „wirtschaftliche Zumutbarkeit im Denkmalschutz“ war auf Antrag der FDP/DVP-Fraktion behandelt worden. Die Staatssekretärin des Wirtschaftsministeriums, Katrin Schütz, habe die Rechtslage dargelegt, wonach mit einem Abriss des Senders Mühlacker gerechnet werden müsse, sofern die wirtschaftliche Unzumutbarkeit seines Erhalts durch den Eigentümer SWR nachgewiesen werden könne. Gegen den Abbruchantrag des SWR laufe derzeit ein Widerspruchsverfahren im Regierungspräsidium Karlsruhe. Die Staatssekretärin habe gegenüber dem Ausschuss unabhängig von dem laufenden Verfahren und einer eventuell gerichtlichen Auseinandersetzung eine Möglichkeit skizziert, den Gebäudeunterhalt für den Sendemast mit einer zu gründenden Stiftung sicherzustellen. Diese Stiftung könne Zuschüsse von verschiedener Seite beantragen. Erste Vorgespräche seien bereits von der Stadt Mühlacker geführt worden, weitere – auch mit Ministerium und SWR - sollen folgen. Dieses Vorgehen sei vom Wirtschaftsausschuss zustimmend zur Kenntnis genommen worden. „Grundsätzlich sehe ich die Einberufung eines ‚Runden Tisches‘ als guten Weg an, um dem Erhalt dieses herausragenden technischen Kulturdenkmals als Wahrzeichen der Stadt Mühlacker und der Region näherzukommen. Der Sendemast aus dem Jahr 1950 mit seinen 273 Metern Höhe überragt schließlich den später entstandenen Stuttgarter Fernsehturm und war seinerzeit das höchste Bauwerk der Bundesrepublik Deutschland“, so Dr. Schweickert nach der Sitzung.
Bildungsausschuss unterstützt Zuschüsse in Millionenhöhe für Sportstätten
Stuttgart. Der Bildungsausschuss des Landtags begrüßt die finanzielle Unterstützung des Landes für Kommunen und Vereine beim Bau und bei der Sanierung von Sportstätten. „Der Ausschuss war sich einig, dass Sport in der Schule, im Verein oder in der Freizeit ein wichtiger Teil des gesellschaftlichen Lebens ist. Um in Baden-Württemberg ausreichend und qualitativ hochwertige Sportstätten zur Verfügung zu haben, sind die Zuwendungen sehr sinnvoll“, sagte die Vorsitzende des Gremiums, die Grünen-Abgeordnete Brigitte Lösch. Auf Antrag der SPD-Fraktion hatte der Ausschuss am Donnerstag, 28. Juni 2018, über die Sportstättenförderung in Baden-Württemberg beraten. Handlungsbedarf sehen die Abgeordneten bei der Schwimmfähigkeit von Kindern und Jugendlichen.
Nach Angaben der Vorsitzenden steht für den Bau und die Sanierung von kommunalen Sportstätten im Sporthaushalt des Landes ein jährliches Volumen von rund 17 Millionen Euro zur Verfügung. Gewährt würden Zuwendungen unter anderem für den Bau und die Sanierung von Turn- und Sporthallen sowie Sportfreianlagen. „Die Zuwendungen dienen der Errichtung und dem Erhalt kommunaler Sportstätten, die für den Schulsport und zugleich für den organisierten Übungs- und Wettkampfbetrieb von Sportvereinen und Sportverbänden genutzt werden“, so Lösch. Ausgenommen von Förderungen seien Anlagen für spezielle Sportarten, Schwimmhallen und Einrichtungen, die nicht unmittelbar dem Sport dienen wie zum Beispiel Zuschauerbereiche und Parkplätze. Für die Förderung von Vereinsportstätten stünden jährlich weitere rund 17 Millionen Euro zur Verfügung. Auch vereinseigene Schwimmbäder seien förderfähig. Weitere Fördermöglichkeiten bestünden über das Programm „Klimaschutz Plus“, über die L-Bank und mit Mitteln des Ausgleichsstocks.
Im Solidarpakt Sport III (2017 bis 2021) wurde vereinbart, die bereits im Staatshaushalt 2015/2016 für 2016 veranschlagte Erhöhung des Programmvolumens für den kommunalen Sportstättenbau von 12 Millionen auf jährlich 17 Millionen ab 2017 beizubehalten. Die Fördermittel für den Vereinsstättenbau wurden 2017 strukturell um eine Million Euro auf insgesamt rund 13 Millionen Euro erhöht. Darüber hinaus wurden für den Abbau des bestehenden Antragsstaus ein einmaliges Sonderprogramm in Höhe von 20 Millionen Euro vereinbart. Dadurch stehen im Rahmen des Solidarpakts Sport III jährlich rund 17 Millionen Euro zur Verfügung.
Im Bereich der kommunalen Sportstättenbauförderung konnten 2018 laut Lösch über 60 Prozent (114 von 181 Anträgen) der beantragten Zuschüsse von rund 30 Millionen Euro bewilligt werden. Dies entspreche in etwa der Quote des Vorjahres. Im Bereich des Vereinssportstättenbaus würden jährlich rund 1.000 Maßnahmen bewilligt. Die Zahl der zurückgestellten Anträge liege derzeit bei rund 1.500. Die Wartezeit zwischen Antragstellung und Bewilligung betrage durchschnittlich 1,5 Jahre.
Wie Lösch ausführte, diskutierte der Ausschuss ebenfalls über die teilweise mangelnde Schwimmfähigkeit vor allem bei Kindern und Jugendlichen. So habe ein Abgeordneter dargelegt, dass etwa 25 Prozent der Grundschulen keinen direkten Zugang zu Schwimmbädern mehr hätten und die Kommunen in der Verantwortung seien, eine entsprechende Schülerbeförderung zu organisieren. „Das Ministerium hat mitgeteilt, dass derzeit eine Erhebung zur Schwimmfähigkeit von Schülerinnen und Schülern am Ende der Schwimmausbildung an der jeweiligen Grundschule, zur Qualifikation der unterrichtenden Lehrkräfte und den Rahmenbedingungen von Schwimmunterricht in der Primarstufe vorbereitet wird. Die Erhebung ist für das Schuljahr 2018/2019 geplant,“ sagte Brigitte Lösch. Ob sich daraus dann Handlungsschritte ergeben, bleibe abzuwarten.
Gesetzentwurf zur Änderung des Landeskrankenhausgesetzes Baden-Württemberg
Stuttgart. Der Ausschuss für Soziales und Integration hat in seiner Sitzung am Donnerstag, 28. Juni 2018, Christine Neumann-Martin (CDU) zur stellvertretenden Vorsitzenden gewählt. Außerdem hat der Ausschuss den Gesetzentwurf der Landesregierung zur Änderung des Landeskrankenhausgesetzes Baden-Württemberg beschlossen. Das hat der Vorsitzende des Gremiums, Rainer Hinderer (SPD), mitgeteilt. „In einem gemeinsamen Entschließungsantrag setzt sich der Sozialausschuss außerdem einstimmig dafür ein, die Landesregierung zu ersuchen, das Vorhaben der Bundesregierung, eine verbindliche Freistellungsregelung für Transplantationsbeauftragte zu schaffen und diese zu finanzieren, konstruktiv zu begleiten“, berichtete Hinderer weiter.
Die Zahl der Organspenden sei nach wie vor auf einem zu niedrigen Niveau. Es habe im Ausschuss Einigkeit darüber bestanden, dass alle Wege genutzt werden müssten, um Bürgerinnen und Bürger zu einer höheren Spendenbereitschaft zu motivieren. „Als einer dieser Wege wird die Verbesserung der Freistellungsregelung für die Transplantationsbeauftragten in den Kliniken angesehen“, so der Ausschussvorsitzende. Das Gremium habe deshalb dem Entschließungsantrag einstimmig zugestimmt.
Wie Rainer Hinderer weiter darlegte, verfolge der Gesetzentwurf insgesamt das Ziel, das Landeskrankenhausgesetz Baden-Württemberg zu aktualisieren und aufgrund von Gesetzesänderungen erforderliche Anpassungen vorzunehmen. Der Sozialausschuss habe einige Änderungsanträge diskutiert. Ein Änderungsantrag von Grünen und CDU solle klarstellen, dass ausdrücklich auch die Empfehlungen des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) zu den planungsrelevanten Qualitätsindikatoren zu den Qualitätsvorgaben gehören, die im Krankenhausplan festgelegt werden könnten. Die Aufnahme von Qualitätsvorgaben einschließlich der sog. planungsrelevanten Qualitätsindikatoren in den Krankenhausplan erfolge nach enger Zusammenarbeit mit dem Landeskrankenhausausschuss durch einen Beschluss der Landesregierung. Im Ausschuss sei dieser Änderung mehrheitlich zugestimmt worden.
Die Fraktionen SPD und FDP/DVP hatten sich mit ihrem Änderungsantrag dafür eingesetzt, dass die Landesregierung im Einzelfall und unter Berücksichtigung des Votums des Landeskrankenhausausschusses entscheiden solle, ob und inwieweit Empfehlungen des GBA zu den planungsrelevanten Qualitätsindikatoren gemäß § 136 c Absatz 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch Bestandteil des Krankenhausplans würden. Dieser Antrag habe im Gremium keine Mehrheit gefunden, so Hinderer. Ein dritter Änderungsantrag, von Grünen und CDU, habe schließlich redaktionelle Änderungen betroffen und sei mit großer Mehrheit angenommen worden.
Wie Rainer Hinderer außerdem berichtete, habe sich der Sozialausschuss zu Beginn seiner Sitzung mit dem Demografiebeauftragten des Landes, Thaddäus Kunzmann, ausgetauscht. Kunzmann habe das Gremium in einem kurzen Vortrag über den demografischen Wandel und seine Herausforderungen informiert.
Vorsitzender Dr. Schweickert fordert nach USA-Ausschussreise „EU-Doppelbeschluss“: reagieren – und reden
Stuttgart – Der Vorsitzende des Wirtschaftsausschusses des Landtags von Baden-Württemberg, Dr. Erik Schweickert (FDP/DVP), forderte am Mittwoch, 27. Juni 2018, die europäische Ebene auf, ihre Sprachlosigkeit gegenüber den USA in der Handelspolitik zu überwinden. „Wir brauchen einen ‚EU-Doppelbeschluss‘ in der Art des Nato-Doppelbeschlusses: handeln – und weiter miteinander reden.“ Es sei der falsche Weg, auf Strafzölle der US-Regierung nur mit Strafzöllen zu reagieren, einen Handelskrieg und damit den Weg in eine Rezession zu riskieren. „Alles muss auf den Tisch, auch die Zollpolitik der EU gegenüber den USA. Eine Reaktion auf Trumps Zollpolitik mit einseitigen Strafzöllen von Seiten der EU darf nicht die einzige Antwort sein, sondern umfassende Verhandlungen müssen gleichzeitig angeboten werden.“ Damit reagierte der Ausschussvorsitzende auf die Aussage von EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström, es gebe derzeit keine Gespräche zwischen Brüssel und Washington zu Handelsfragen.
Hintergrund der Äußerungen war eine einwöchige Informationsreise des baden-württembergischen Wirtschaftsausschusses nach Kanada und in die USA. Mehr als 20 Termine zu den drei Fachbereichen des Ausschusses – Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau - standen auf dem Besuchs-Programm. „Trump und seine Handelspolitik war immer als Thema präsent, auch wenn dies nicht immer als Überschrift über einem Termin stand“, berichtete Schweickert. Die Wirtschaftspolitik des US-Präsidenten habe wie ein roter Faden alle Begegnungen geprägt.
In Silicon Valley hätten Gesprächspartner geklagt, Trumps Politik beschneide bereits spürbar die Visa für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Andere spürten die Auswirkungen in Form steigender Preise für Zement und Stahl. „Tatenlos zuzusehen und zu schweigen ist der falsche Weg“, so der Ausschussvorsitzende Dr. Schweickert.. „Wenn die großen Player schweigen, müssen wir auf der subnationalen Ebene im Dialog bleiben.“ Diese Botschaften hätten die Ausschussmitglieder auf nahezu jedem Termin empfangen. Die Gesprächspartner erwarteten „Signale aus Europa“.
Die Obleute der Fraktionen dankten Dr. Schweickert nicht nur für eine „hochspannende und niveauvolle Delegationsreise“, sie teilten auch dessen Analyse und Schlussfolgerung. „Die Anti-Einwanderungspolitik der USA ist eine große Bedrohung für die Wirtschaft“, so Andrea Lindlohr (Grüne). Der CDU-Abgeordnete Claus Paal sagte: „Gerade jetzt in etwas schwierigeren Zeiten, müssen wir die Freundschaft pflegen und kooperieren, auch indem wir wieder stärker den Schüler- und Jugendaustausch befördern.“ Carola Wolle (AfD) sagte „Wir müssen dringend Kontakt halten.“ Der SPD-Abgeordnete Dr. Boris Weirauch plädierte ebenso: „Wir müssen die Partnerschaft im transatlantischen Bündnis trotz aller politischen Widrigkeiten stark halten.“
Polizei erhob im Jahr 2017 in 992 Fällen Telekommunikationsdaten von Personen
Stuttgart. Bei der Suche nach vermissten, hilflosen oder suizidgefährdeten Personen hat die Polizei in Baden-Württemberg im Jahr 2017 in 992 Fällen Kommunikationsdaten von Personen erhoben. Im Vergleich zum Vorjahr handelt es sich um einen Anstieg um 70 Fälle. Das geht aus dem jährlichen Bericht der Landesregierung an den Landtag zum Einsatz technischer Mittel mit Bezug zur Telekommunikation hervor, der am Mittwoch, 27. Juni 2018, im Ausschuss für Inneres, Digitalisierung und Migration beraten wurde. Dies teilte der Vorsitzende des Gremiums, der CDU-Abgeordnete Karl Klein, mit.
„Die Ortung von Mobiltelefonen ist für die Polizei ein wichtiges Instrument bei der Suche nach vermissten oder hilflosen Personen. Durch die Feststellung der Funkzelle des gesuchten Handys kann der Aufenthaltsbereich häufig eingegrenzt werden, wodurch Such- und Rettungsmaßnahmen wesentlich zielgerichteter durchgeführt werden können“, so Karl Klein. In 989 der insgesamt 992 Fälle wurde ausschließlich das Mobiltelefon von Personen geortet, die sich akut in Lebensgefahr befinden. So konnte durch die Ortung zum Beispiel ein 40 Jahre alter Mann stark unterkühlt aus einem Gewässer gerettet werden, nachdem er kurz zuvor seiner Frau am Telefon seinen Suizid ankündigt hatte. Lediglich in drei Fällen (2016: ein Fall) erfolgte eine über die reine Ortung hinausgehende Erhebung von Verbindungsdaten zur Gefahrenabwehr.
Bei den 989 Ortungen von Mobiltelefonen waren insgesamt 1133 Mobilfunknummern (2016: 970) betroffen. Bei 585 (2016: 919) der 989 Ortungen erfolgte die Anordnung durch die jeweilige Behördenleitung oder besonders beauftragte Beamte des höheren Dienstes, auf welche die Anordnungsbefugnis delegiert wurde. In zwei Fällen (2016: zwei) erfolgte die Ortung aufgrund eines Beschlusses des zuständigen Amtsgerichts. In zwei (2016: null) weiteren Fällen erfolgte die Ortung aufgrund des Einverständnisses des Betroffenen (die Person hatte sich verirrt) und einer Mutter, die ihr minderjähriges Kind vermisst hatte.
„Eine über die reine Ortung von Mobiltelefonen hinausgehende Erhebung von Verkehrs- und Verbindungsdaten kann erforderlich sein, wenn eine Ortung aus technischem Gründen nicht möglich ist“, führte der Ausschussvorsitzende aus. Dies kann der Fall sein, wenn es sich um einen Messengerdienst, einen Chat oder eine Festnetznummer handelt. Da in diesen Fällen eine Ortung über die Feststellung der aktuellen Funkzelle nicht möglich ist, werden die Verkehrs- bzw. Nutzerdaten herangezogen. In drei Fällen (2016: ein Fall) wurde eine solche Erhebung nach richterlicher Anordnung durchgeführt. Dies war beispielsweise bei einer Person der Fall, die über einen Social-Media-Dienst ihren Suizid ankündigt hatte. Über die ermittelte IP-Adresse konnte die Person gefunden und im Anschluss in eine Klinik gebracht werden.
Petition zum 1000-Kühe-Stall Ostrach: Petitionsausschuss genehmigt Akteneinsicht durch externe Sachverständige
Stuttgart – Die Pläne für den Bau eines Stalls für tausend Kühe in Ostrach (Kreis Sigmaringen) erregen seit geraumer Zeit die Gemüter. Seit Januar 2018 liegt dem Petitionsausschuss des Landtags eine Petition gegen das Vorhaben vor. Nun kommt Bewegung in die Angelegenheit. „Um der Komplexität des Themas und den Anliegen von Petenten und Betreibern gerecht zu werden, hat der Petitionsausschuss – auf Initiative des Berichterstatters Reinhold Pix (GRÜNE) – vollständige Aktenvorlage beantragt und wird die Akten nun mit Hilfe externer Sachverständiger auswerten. Ich bedanke mich ausdrücklich bei meinen Kolleginnen und Kollegen im Ausschuss für die fraktionsübergreifende Zustimmung zu diesem Vorgehen“, so die Ausschussvorsitzende Beate Böhlen (GRÜNE).
Das Petitionsausschussgesetz sieht die Möglichkeit, externe Sachverständige hinzuzuziehen explizit vor. Im Fall Ostrach blieben trotz eines Vor-Ort-Termins am 27. März 2018, einer öffentlichen Anhörung und zahlreicher Gespräche mit Fachleuten und Vertretern beider Seiten noch Fragen offen. „Die Sichtung der Akten durch Experten ist da die logische Konsequenz“, so Böhlen. „Mithilfe dieses Vorgehens schieben wir die Emotionen beiseite und die Fakten wieder in den Vordergrund. Im Anschluss kann der Petitionsausschuss dann auf Basis von Gutachten entscheiden.“
Dieses Vorgehen habe Vorteile für beide Seiten: Die Petenten könnten sich so sicher sein, dass ihr Anliegen ernst genommen und geprüft werde. Die Betreiber wiederum erhielten Sicherheit und könnten durch das transparente Verfahren verloren gegangenes Vertrauen in der Region wiedergewinnen, ist die Ausschussvorsitzende Böhlen überzeugt.
Hinweis zum weiteren Verfahren: Sobald die beantragten Akten aus dem Ministerium vorliegen, soll die Durchsicht der Akten beginnen. Hierfür wird Berichterstatter Pix je eine Expertin/einen Experten für die Themenbereiche „Tierwohl“ und „Immissionen/Boden/Grundwasser“ benennen. Die Petenten befürchten unter anderem, dass durch die Größe des geplanten Kuh-Bestandes zu viel Nitrat ins Grundwasser gelangt.
Wirtschaftsausschuss beim Expertengespräch zur Zukunft der Arbeit mit dem Bundespräsidenten in San Francisco
Im Rahmen der einwöchigen Informationsreise nach Kanada und Kalifornien war der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau des Landtags von Baden-Württemberg zu Gast bei einem Expertengespräch des Weltwirtschaftsforums (WEF) in San Francisco zum Thema „Zukunft der Arbeit“. Die knapp 30-köpfige Delegation aus Stuttgart absolvierte diesen Termin gemeinsam mit der zeitgleich die USA bereisenden Delegation von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Der Ausschussvorsitzende Dr. Erik Schweickert (FDP/DVP) bedankte sich für die Möglichkeit der Teilnahme. „Wir können in Baden-Württemberg auf eine lange Tradition an unternehmerischer Verantwortung zurückblicken“, so Dr. Schweickert. „Der Landtag von Baden-Württemberg wird angesichts der globalen Veränderungen die Schaffung und den Ausbau zukunftsfähiger Arbeitsplätze weiter unterstützen und einfordern.“
Der Termin beim „World Economic Forum“ war einer von insgesamt mehr als 20, die die Ausschussmitglieder vom 17. bis 23. Juni absolvierten, darunter Gespräche beim Car-Sharing-Unternehmen „Uber“ in San Francisco, bei SAP in Palo Alto oder MTU Aero Engines in Richmond. Auch das Thema „aktuelle Herausforderungen und Restriktionen in der Handelspolitik“ stand in Vancouver/Kanada auf dem Programm. „Der Wirtschaftsausschuss bereist in hochgradig brisanten und spannenden Zeiten den amerikanischen Kontinent“, sagte Dr. Schweickert.
Beim WEF erörterte die Delegation in einer Runde mit Vertreterinnen und Vertretern von Wissenschaft und Wirtschaft die grundlegende Veränderung der Arbeitswelt angesichts der neuen technischen Möglichkeiten wie der Automatisierung und Digitalisierung wie auch die Auswirkungen dieses Umbruchs auf Gesellschaft und Staat. Dass sich der Arbeitsbegriff stark ändern wird, sei Konsens gewesen, berichtete Dr. Schweickert. So entstünden bei weiterem wirtschaftlichem Wachstum nicht nur viele neue Arbeitsplätze und fielen viele andere weg. Ein großer Teil unterläge einem starken Wandel und verlange von den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern neue Fähigkeiten. Die Experten seien sich sicher: Die Wertigkeit von Arbeitsfeldern werde sich stark verändern.
Bundespräsident Steinmeier appellierte an die Verantwortlichen in der Wirtschaft, ihrer Verantwortung gerecht zu werden. Insbesondere angesichts der fortschreitenden weltweiten Aufstellung vieler Unternehmen seien diese konkret gefordert, in den jeweiligen Ländern die berufstätigen Menschen nicht alleine zu lassen mit den Folgen des Strukturwandels. Der Ausschussvorsitzende Dr. Schweickert bilanzierte im abschließenden Gespräch mit dem Bundespräsidenten: „Bei allen Chancen und Herausforderungen, die die neuen Entwicklungen für unsere starke Wirtschaft bringen, werden wir im Ausschuss diesem Thema weiter einen herausgehobenen Stellenwert einräumen. Das Land Baden-Württemberg wird die Unternehmen weiter unterstützen, aber auch fordern, wenn es um die Schaffung und die Weiterentwicklung von Arbeitsplätzen geht.“
Alle 30 Minuten Führungen in den Plenarsaal
Stuttgart. Am Samstag, 23. Juni 2018, ist das Bürger- und Medienzentrum (BMZ) des Landtags von Baden-Württemberg von 11 bis 17 Uhr für die Öffentlichkeit zugänglich. Es besteht nicht nur die Möglichkeit, die Figur „Volksvertreter“ von unten betrachten zu können, die im Akademiegarten als weiße Kugel sichtbar ist. Es werden auch halbstündige Führungen in den Plenarsaal im Haus des Landtags angeboten.
Seit Herbst 2017 öffnet sich das Bürger- und Medienzentrum des Landtags, sonst genutzt für Sitzungen von parlamentarischen Ausschüssen oder Pressekonferenzen, regelmäßig Besucherinnen und Besuchern. An diesem Samstag, 23. Juni 2018, ist die erste Führung geplant um 11:15 Uhr, die letzte um 16:30 Uhr. Auf den Führungen in den Sitzungssaal geben kompetente Guides Auskunft über das parlamentarische Geschehen im Hohen Haus. Die neu konzipierte, interaktive Dauerausstellung im BMZ gibt Interessierten zudem Antworten auf Fragen über die Arbeit des Landesparlaments, die der Abgeordneten, aber auch über die Geschichte Baden-Württembergs. Weitere Besuchsmöglichkeiten an Samstagen sind für 22. September und 17. November 2018.
EU-Kommissar Oettinger appelliert im Landtag: „Europa muss endlich erwachsen werden und für seine Werte kämpfen“
Stuttgart. Europa schafft es nur im engen Zusammenhalt und mit der ganzen Stärke der Gemeinschaft, den weltweiten politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen selbstbewusst zu begegnen. Diese Kernaussage stand am Ende der thematisch hochaktuellen Veranstaltung „Zukunft der EU-Finanzen“ am Dienstagabend, 12. Juni 2018, mit mehr als 200 Gästen im Landtag. „Probleme, die ganz Europa betreffen, können nur durch europäische Zusammenarbeit gelöst werden“; sagte Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) in ihrer Begrüßung. EU-Haushaltskommissar Günther H. Oettinger betonte: „Wenn wir unsere Werte auch in der Welt von morgen vertreten wollen, geht das nur im europäischen Team.“
Brexit, eine bessere Sicherung der EU-Außengrenzen, Bekämpfung von Fluchtursachen - die neuen Herausforderungen für die Europäische Union sind enorm. Diese Aufgaben könnten nur gemeinsam bewältigt werden. „Nationaler Egoismus will Probleme nicht lösen, sondern verlagern“, so Aras. Die Schlussfolgerung aus der Krise Europas sei, dass mehr Europa gebraucht werde, nicht weniger. „Das zu erreichen, bleibt eine schwierige Aufgabe. Dafür brauchen Sie die Unterstützung einer europäisch denkenden Zivilgesellschaft und die Begeisterung von Menschen, für die Europa eine Herzenssache ist“, ist sich die Landtagspräsidentin sicher.
Kommissar Oettinger sieht in dem engeren Zusammenhalt ebenfalls den Schlüssel zu neuer Stärke. Nur gemeinsam könne die Gemeinschaft gegenüber anderen Machtzentren wie China, USA und Russland selbstbewusst auftreten. „Europa muss jetzt endlich erwachsen werden“, sagte der ehemalige baden-württembergische Ministerpräsident im Landtag. Wenn die EU nicht zwischen Silicon Valley und China erdrückt werden wolle, „brauchen wir genügend eigene Kraft“.
Muhterem Aras wies in ihrer Begrüßung darauf hin, bei der Debatte um den künftigen europäischen Finanzrahmen gehe es um weit mehr als um Einzelpläne eines Haushalts. „Hinter der Entscheidung für einen Finanzrahmen von 2021 bis 2027 steht die grundsätzliche Debatte über die Aufgaben der Europäischen Union. Und dahinter die Debatte über unser gemeinsames europäisches Verständnis“, so Aras. An die europäischen Werte knüpfte auch Oettinger in seinem Vortrag an. Wenn die Europäer ihre Werteordnung, die parlamentarische Demokratie, die soziale Marktwirtschaft, Meinungs-, Glaubens-, Religions- und Pressefreiheit und ihre liberale Gesellschaftsordnung als wichtig erachteten, „dann müssen wir dafür kämpfen - mehr als Sie und ich es bisher tun.“
Der EU-Kommissar hob zugleich die zahlreichen Möglichkeiten hervor, die die Europäische Union ihren Bürgerinnen und Bürgern biete: „Europa ist der Kontinent der Freizügigkeit“, so Oettinger. Die Freizügigkeit sei allerdings nur eine von vielen wertvollen Errungenschaften, die es unter allen Umständen zu bewahren gelte. „Wir sollten auch unseren Kindern die Freiheit, Freizügigkeit und Stärke Europas ermöglichen“, so Oettinger. Dazu diene auch die Verdopplung der Gelder beim EU-Förderprogramm „Erasmus+“.
Im Anschluss diskutierte der EU-Kommissar mit den Jugendlichen Katharina Csik, Weihua Wang und Colyn Heinze sowie Gästen aus dem Publikum über EU-Finanzen und die Zukunft der Gemeinschaft. Zum Schluss zog die stellvertretende Vorsitzende des Europaausschusses des Landtags, Dorothea Wehinger (Grüne), ein Resümee. An der Veranstaltung nahmen Abgeordnete, Vertreterinnen und Vertreter der Landesregierung, des Konsularischen Korps, der Justiz, der Religionsgemeinschaften, von Verbänden und anderen Institutionen teil. Moderiert wurde der Abend von der SWR-Auslandschefin und Weltspiegel-Moderatorin Ute Brucker.
Kinder erarbeiten politische Themen in kreativen Workshops
Stuttgart. Politische Themen und Anliegen aufgearbeitet mittels plastischem Gestalten, Malen mit Sprühkreide oder verschiedener Tanz-Performances: Am Samstag, 9. Juni 2018, kamen rund 80 Kinder im Alter von zehn bis 14 Jahren aus den verschiedenen Gemeinden, Städten und Landkreisen aus dem ganzen Land zum 4. Kindergipfel in den Landtag von Baden-Württemberg. „Dort, wo sonst die Abgeordneten sitzen und Entscheidungen treffen, dürft ihr diskutieren, sagen, was noch fehlt und was die Politikerinnen und Politiker noch besser machen können“, sagte Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) bei der Begrüßung der jungen Gäste.
Organisiert wird der Kindergipfel vom Landtag zusammen mit dem Landesjugendring Baden-Württemberg und der Landesarbeitsgemeinschaft Kinderinteressen. Zum ersten Mal war auch der Landesverband der Kunstschulen Baden-Württemberg e.V. dabei, der für die Durchführung der Workshops verantwortlich war. „Beim Kindergipfel schaut ihr euch gemeinsam an, was Politik ist und wie Demokratie funktioniert. Ihr sprecht und die Abgeordneten hören euch zu“, versprach Aras am Morgen. Politik sei auch ein kreativer Prozess. „Ihr werdet mit künstlerischen und kreativen Methoden arbeiten“, verriet sie. „Seid neugierig und stellt Fragen, seid mutig und sagt eure Meinung, seid offen und schließt alle mit ein“, gab die Präsidentin den Kindern mit auf den Weg.
Und in der Tat – die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Landesverbands der Kunstschulen in Baden-Württemberg hatten sich kreative Methoden ausgedacht, um die Interessen und Belange der Kinder ans Tageslicht zu fördern. In acht verschiedenen Workshops ging es zur Sache. So wurde das Thema „Beteiligungsrechte für Kinder“ mit Hilfe von lebensgroßen Fensterbildern aus Tonpapier aufgegriffen. Das Thema „Die kindgerechte Stadt“ wurde fotografisch mit gestalteten Wahlplakaten der Teilnehmerinnen und Teilnehmer aufbereitet. Auch die Außenfassade des Haus des Landtags wurde einbezogen: Mit Sprühkreide durften die Kinder hier ihre Gedanken zum „Gesellschaftlichen Zusammenhang“ erläutern.
Mit Choreographien aus Urban, Hip Hop und Jazz Dance wurde dem Thema „Geschlechtergerechtigkeit“ auf den Grund gegangen. Wimmelbilder auf Papierbahnen zeigten den „Schulalltag“. Eine Wandmalerei drückte die Meinungen der Kinder zur „Friedensbildung“ aus. Das Thema „Rassismus“ wurde in Form einer Theaterperformance aufgearbeitet und dem „Umweltschutz“ widmeten sich die Workshop-Teilnehmerinnen und -Teilnehmer, in dem sie eine Skulptur aus Verpackungen und Sperrmüll gestalteten. „Ich bin absolut begeistert, wie toll ihr euch mit den schwierigen Themen auseinandergesetzt habt“, lobte Landtagspräsidentin Aras.
Nach der Mittagspause starteten die Kinder zu einer Hausrallye durch den Landtag. Hierbei hatten sie nicht nur Gelegenheit, das Gebäude kennenzulernen, sondern kamen auch erstmals in einen Austausch mit den Abgeordneten Brigitte Lösch, Jutta Niemann, Thomas Poreski, Dorothea Wehinger (Fraktion Grüne), Klaus Burger und Christine Neumann-Martin (CDU-Fraktion), Stefan Herre, Rüdiger Klos und Emil Sänze (AfD-Fraktion), Rainer Hinderer und Andreas Kenner (SPD-Fraktion) sowie Gabriele Reich-Gutjahr (FDP/DVP Fraktion). Die Abgeordneten halfen den Kindern bei der Beantwortung der Fragen, etwa wie viele Bewohner hat Baden-Württemberg oder wie viele Abgeordnete gibt es eigentlich im Landtag? Anschließend hatten die Kinder die Möglichkeit, ihre Anliegen und Ideen den Abgeordneten vorzustellen und mit ihnen zu diskutieren. Die Ergebnisse der Workshops wurden in einem Gallery Walk präsentiert.
Am Ende gab es viele zufriedene Gesichter: „Ihr seid mit vollem Einsatz dabei gewesen, ihr habt diskutiert und euch richtig engagiert“, freute sich Landtagspräsidentin Aras, die auch den Abgeordneten dafür dankte, dass sie die Anliegen der Kinder ernst nehmen. Einen weiteren Dank sprach die Landtagspräsidentin den Organisatoren aus. Ihr Schlusswort richtete sich natürlich an die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Kindergipfels: „Ich würde mich sehr freuen, wenn ihr weiter mutig seid und eure Meinung sagt und euch für ein gerechtes und vielfältiges Zusammenleben der Menschen einsetzt.“
Bendix Wulfgramm, stellv. Vorsitzender des Landesjugendrings zeigte sich mit der Organisation voll zufrieden: „Es hat alles geklappt, wie wir es uns vorgestellt haben. Besonders beeindruckt hat mich, wie kreativ die Kinder gearbeitet haben, das war von der Aufgabenstellung her eine Premiere.“ Ein Wunsch bleibt: „Die Ergebnisse sollen von den anwesenden Abgeordneten weitergetragen werden – das haben die Kids, die sich mit großer Energie eingesetzt haben, verdient.“
Plastik nicht in den Biomüll
Stuttgart. Mit der Verbreitung und Überprüfung von Kunststoffen in häuslichem Bioabfall, einem Antrag der SPD-Fraktion, hat sich der Ausschuss für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft in seiner Sitzung am Donnerstag, 7. Juni 2018, befasst. Das hat der Vorsitzende des Gremiums, Dr. Bernd Grimmer (AfD), mitgeteilt. „Das Trennverhalten der Bürgerinnen und Bürger entscheidet darüber, wie viel Plastik in der Biotonne landet. Grundsätzlich sollte kein Plastik über den Biomüll entsorgt werden“, so der Vorsitzende.
Wie Dr. Grimmer ausführte, lägen keine belastbaren Daten zum durchschnittlichen Kunststoffanteil im häuslichen Bioabfall vor. Grund dafür sei, dass die Fremdstoffgehalte von den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern oder von Betreibern von Bio-abfallverwertungsanlagen in der Regel auf optischen Schätzungen beruhten. Für eine exakte Bewertung der Fremdstoffgehalte von Bioabfällen sei eine qualifizierte Sortieranalyse nötig.
Beeinflusst werde das Trennungsverhalten der Bürgerinnen und Bürger insbesondere durch die Öffentlichkeitsarbeit, die Gebührenstruktur und die Organisation des Sammelsystems in den Kreisen. Grundsätzlich könne davon ausgegangen werden, dass die Fremdstoffgehalte mit zunehmender Verdichtung der Bebauungsstruktur anstiegen. Die Überprüfung des Trennverhaltens der Bürgerinnen und Bürger und somit die Kontrolle der sortenreinen Erfassung von häuslichen Bioabfällen obliege der Organisationshoheit der Kreise. Der Ausschuss habe es als wichtig erachtet, auch in Biogasanlagen regelmäßig Kontrollen durchzuführen.
Bislang sei die Entsorgung von abgelaufenen, verpackten Lebensmitteln ein Problem. Diese würden verpackt zerschreddert werden, was bedeutet, dass Plastikverpackungen in die Anlagen kämen. Hier müsse das Ziel sein, dass nur ausgepackte Lebensmittel in den Anlagen verarbeitet werden, gegebenenfalls durch Nachrüstung der Anlagen der Verwerter.
Außerdem hat sich der Umweltausschuss mit Studien und Kalkulationen über die Kosten eines Ausbaus der Verteilnetze zur flächendeckenden Ermöglichung individueller Elektromobilität, einem Antrag der FDP/DVP, befasst. „Die flächendeckende Einrichtung von Ladeinfrastruktur für Elektroautos stellt die baden-württembergischen Verteilnetze vor Herausforderungen“, so der Vorsitzende. Während die Schnellladesäulen den Netzbetreibern keine Sorgen machten, würde das Laden zu Hause eher Sorgen bereiten, da man nicht vorhersagen kann, wie groß der Bedarf auf kleinerer Fläche sein werde.
Für das private Laden von E-Autos reichen Ladestationen in den Leistungsklassen von elf kW bis 22 kW. Eine Leistung von 11 kW genügt, um auch ein Elektromobil mit einem Lithium-Ionen-Akku von 90 kWh (Reichweite 560 Kilometer) über Nacht vollzuladen. Wie der Vorsitzende ausführte, sei bei dieser Anschlussgröße ein Standardzählerplatz ausreichend und der vorhandene Netzanschluss müsse nicht erweitert werden.
Schnellladeeinrichtungen in den Leistungsklassen 50 kW und 150 kW würden in der Regel im öffentlichen Bereich und bei Unternehmen vorgehalten. Dafür seien die Ortsnetze nach Auskunft des Verbands für Energie- und Wasserwirtschaft Baden-Württemberg e.V. (VfEW) historisch bedingt nicht ausgelegt. In der Regel gebe es keine freien Netzkapazitäten und es müsse eine Einzelfallbetrachtung durchgeführt werden. Diese Anschlüsse seien mit hohen Kosten verbunden.
Im Ausschuss sei betont worden, dass der Ausbau der E-Mobilität zur Mobilitätsoffensive gehöre, so Dr. Grimmer. Wichtig sei, dass die Menschen darauf vertrauen könnten, wenn sie ein E-Auto kaufen, es dann auch überall laden zu können.
Datenschutzbeauftragter rechnet 2018 mit einem weiteren Anstieg von Eingaben
Stuttgart. Der Landesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit rechnet auch für das Jahr 2018 mit einem weiteren Anstieg von Eingaben von Bürgerinnen und Bürgern. Das sagte der Datenschutzbeauftragte Dr. Stefan Brink am Donnerstag, 7. Juni 2018, bei der Vorstellung des 33. Tätigkeitsberichts für die Jahre 2016/2017 im Ständigen Ausschuss, wie der Vorsitzende des Gremiums, der CDU-Abgeordnete Dr. Stefan Scheffold, mitteilte. Ein Grund dafür seien die deutlich strengeren Anforderungen an den Datenschutz durch die seit 25. Mai 2018 gültige Datenschutzgrundverordnung (DSGVO).
Scheffold zufolge wurden im Jahr 2017 genau 3.058 Eingaben bei der Behörde eingereicht. Das seien 1.010 Beschwerden mehr als im Jahr zuvor. „Für 2018 geht die Behörde nochmal von einem Sprung nach oben aus“, führte Scheffold aus. Auch beim Melden von Datenpannen, die durch die DSGVO nun in deutlich größerem Umfang gemeldet werden müssen, werde von einem Anstieg ausgegangen. Allein in den ersten beiden Wochen seit Inkrafttreten der neuen Verordnung seien über 30 Datenpannen angezeigt worden. Die sei deutlich mehr als erwartet. Die Anzeigen reichten von Hackerangriffen bis hin zu unverschlüsselten Datenträgern, die in öffentlichen Verkehrsmitteln vergessen wurden.
Ein Schwerpunkt bildete im 33. Tätigkeitsbericht der Datenschutz von Beschäftigten. „Der Arbeitnehmerdatenschutz ist der am stärksten gewachsene Bereich. Hier erhält die Behörde inzwischen am meisten Eingaben“, legte der Ausschussvorsitzende dar. Insbesondere durch die Digitalisierung sei die Überwachung von Beschäftigten durch den Arbeitgeber leicht. Die eingereichten Beschwerden hätten zum Beispiel die elektronische Überwachung von Lastwagen und Dienstfahrzeugen betroffen. Der Arbeitgeber könne so feststellen, wo sich die Fahrerin oder der Fahrer gerade befänden, welchen Weg sie nähmen oder ob sie eine Pause machten. Auch die Videoüberwachung am Arbeitsplatz, beispielsweise in Verkaufsgeschäften, sei häufig Gegenstand von Beschwerden gewesen, habe Stefan Brink im Ausschuss erläutert.
Mit der neuen Datenschutzgrundverordnung habe sich nicht nur die Rolle des Datenschutzbeauftragten als Aufsichtsbehörde geändert, sondern der Aufgabenbereich sei auch deutlich erweitert worden. Die DSGVO stärke die Rolle der nationalen Datenschutzbehörden. Der Landesdatenschutzbeauftragte sei europäischer geworden. Der strengere Datenschutz stelle Unternehmen, Behörden, Verbände, Vereine und weitere Institutionen vor große Herausforderungen. Der Datenschutzbeauftragte sehe seine Behörde nicht nur als Instrument zur Kontrolle und Sanktionierung, sondern vielmehr als Behörde für Aufklärung und Information. Die Zahl der Beratungen, Schulungen und Vorträge sei im Berichtszeitraum „massiv gesteigert“ worden. Zwar habe die Behörde die Zahl der Kontrollen vor Ort ebenfalls erhöht (2016: 16 Kontrollen, 2017: 56 Kontrollen), jedoch werde sich die Zahl dauerhaft auf einem niedrigen Level bewegen. Der Schwerpunkt des Datenschutzbeauftragten sei die Beratung.
Agrarausschüsse wollen Zusammenarbeit weiter intensivieren
Stuttgart. Die Agrarausschüsse des Landtags von Baden-Württemberg und des Parlaments der Autonomen Provinz Vojvodina wollen ihre Zusammenarbeit weiter intensivieren. „Zwischen unseren beiden Regionen gibt es viele thematische Überschneidungen und gemeinsame Interessen. Es ist daher wichtig, dass die Kontakte weiter vertieft werden. Davon profitieren Baden-Württemberg und die Autonome Provinz Vojvodina gleichermaßen“, sagte der Ausschussvorsitzende Martin Hahn (Grüne) am Mittwoch, 6. Juni 2018, bei einer gemeinsamen Sitzung der beiden Ausschüsse.
Der Agrarausschuss des Parlaments der Autonomen Provinz Vojvodina in Serbien ist vom 5. bis 8. Juni 2018 auf Einladung von Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) zu Besuch in Baden-Württemberg und im Landtag. Begleitet wird der Ausschuss von Parlamentspräsident István Pásztor und dem Provinzsekretär für Landwirtschaft, Wassermanagement und Forsten, Vuk Radojević.
Hahn wies darauf hin, dass zwischen beiden Regionen eine noch engere Kooperation etwa im Bereich der Ausbildung stattfinden sollte. „Zum Beispiel Praktika in der Landwirtschaft sind ein guter Ansatz, um persönliche Kontakte auszubauen“, führte Hahn aus. Der Vorsitzende des Agrarausschusses aus Vojvodina, Nenad Borović, habe erklärt, es sei ausgesprochen wichtig sei, die Kooperationsangebote zu erweitern und zu vertiefen. Vor allem der Wissenstransfer zwischen beiden Regionen sei für die Entwicklung und Modernisierung der Landwirtschaft in Serbien von großer Bedeutung. Provinzsekretär Radojević habe den Besuch als „konkretes Zeichen dafür gesehen, dass die Provinzregierung und das Parlament eng mit Baden-Württemberg zusammenarbeiten“ gewertet.
Laut Hahn sprachen die Abgeordneten beider Ausschüsse ebenso über den von Serbien geplanten EU-Beitritt und mögliche Investitionen in die dortige Landwirtschaft, auch aus Baden-Württemberg. Die Gäste hätten dargelegt, dass durch verschiedene gesetzliche Maßnahmen Investoren motiviert werden sollen, in die Landwirtschaft in der Vojvodina und in Serbien zu investieren. Es sei nicht das Ziel, großflächig Land zu verkaufen, sondern die Strukturen und Maschinen in der Landwirtschaft zu modernisieren.
Verkehrsausschuss sieht große Chancen auf Vermeidung von Fahrverboten
Stuttgart – Der Verkehrsausschuss des Landtags hat sich in seiner Sitzung vom 6. Juni 2018 einstimmig dafür ausgesprochen, Filteranlagen für Feinstaub und Stickoxid (NOx) in der Praxis zu testen. Den Änderungsantrag zu einem Antrag der AfD-Vertreter hatten die Regierungsfraktionen Grüne und CDU gestellt. „Unser gemeinsames Anliegen und gleichzeitig die klare Botschaft an die Landesregierung ist die Vermeidung von Fahrverboten“, sagte der Ausschussvorsitzende Karl Rombach (CDU). Die Meinung der Ausschussmitglieder sei einhellig. „Um Grenzwerte bürgerfreundlich zu erreichen, das heißt ohne unverhältnismäßige Härte und Einschränkung, muss das Land nicht nur Geld in die Hand nehmen, sondern auch neue Wege gehen.“ Gegenüber dem Gremium habe der Amtschef des Verkehrsministeriums, Uwe Lahl, versichert, eine Filterung werde nicht am Geld hängen, sondern an der Frage, was technisch machbar sei.
Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zu den Luftreinhalteplänen in Stuttgart und Düsseldorf erlaubt grundsätzlich die Anordnung von Fahrbeschränkungen. Der Amtschef von Verkehrsminister Winfried Hermann habe in der Sitzung von allenfalls „zonalen Beschränkungen“ gesprochen. Im Ausschuss war laut Rombach die Meinung vorherrschend, das Land müsse Vorreiter sein bei der Prüfung aller Möglichkeiten der Luftverbesserung wie etwa ein innovatives Verfahren der Feinstaub-Absaugung wie sie ein mittelständisches Unternehmen aus dem Raum Stuttgart anbiete. Gleichzeitig hätten die Ausschussmitglieder parteiübergreifend die nachweisliche Luftverbesserung an neuralgischen Verkehrspunkten anerkannt und den „Maßnahmenmix“ als wirksam eingestuft.
Auf CDU-Antrag hatte das Ministerium die im April beendete Feinstaubalarmperiode 2017/18 in Teilen ausgewertet. Gegenüber den Vorjahren habe es eine deutlich geringere Zahl von Tagen gegeben, an denen der Feinstaub-Grenzwert PM10 überschritten worden sei. Neben dem Feinstaubalarm und Maßnahmen wie dem Verbot von Komfortkaminen oder der Erneuerung der Fahrzeugflotte um ca. 3000 Diesel-PKW pro Jahr hätten laut Ministerium auch Angebote und Vergünstigungen für den öffentlichen Nahverkehr oder von Elektroautos zur Verbesserung von Luftqualität beigetragen. So sei die Nachfrage an verbilligten VVS-Tickets an Tagen des Feinstaubalarms um bis zu 35 Prozent gestiegen.
Der in der Saison 2017/18 an 56 Tagen ausgerufene „Feinstaubalarm“ habe sich laut Ministerium als ein wirksames Instrument gegen zu hohe Feinstaub- und Stickoxidwerte dargestellt, so der Ausschussvorsitzende Rombach „Auch wenn manche Auswertung aussteht: Der Ausschuss ist nach den vorgelegten Daten überzeugt, dass große Chancen bestehen, selbst in stark belasteten Verkehrsachsen, ohne Fahrverbote auszukommen.“
Landtagsvizepräsidentin vereidigt neue Mitglieder
Stuttgart. In der Plenarsitzung am Mittwoch, 6. Juni 2018, hat der Landtag von Baden-Württemberg fünf Mitglieder und stellvertretende Mitglieder des Verfassungsgerichtshofs neu gewählt. „Im Namen des ganzen Hauses wünsche ich Ihnen viel Erfolg in Ihrem hohen und verantwortungsvollen Richteramt“, so Landtagsvizepräsidentin Sabine Kurtz (CDU) nach der Vereidigung. Neues Mitglied in der Gruppe der Berufsrichter ist Dr. Malte Graßhof, Präsident des Verwaltungsgerichts Stuttgart. Er wird die Nachfolge von Eberhard Stilz als Präsident des Verfassungsgerichtshofs antreten.
Die Stellvertretung von Dr. Graßhof übernimmt Friedrich Unkel, Präsident des Landgerichts Ellwangen. Als Mitglied mit der Befähigung zum Richteramt wurde Sintje Leßner gewählt, als ihr Stellvertreter Ulrich Lusche, der heute nicht persönlich anwesend sein konnte, als stellvertretendes Mitglied ohne Befähigung zum Richteramt Rupert Metzler. Sabine Reger, die von der AfD-Fraktion als Mitglied ohne Befähigung zum Richteramt vorgeschlagen wurde, hat im ersten Wahlgang nicht die erforderlichen Stimmen bekommen. Der Landtag hat die Wahl daraufhin vertagt.
Der Verfassungsgerichtshof für das Land Baden-Württemberg entscheidet über die Auslegung der Landesverfassung. Ihm gehören neun Mitglieder an: Drei Mitglieder sind Berufsrichter, drei sind nichtrichterliche Juristen und drei sind Laienrichter. Die Mitglieder des Verfassungsgerichtshofs werden vom Landtag mit einfacher Mehrheit auf neun Jahre gewählt. Alle drei Jahre scheidet je ein Mitglied der drei erwähnten Gruppen einschließlich des jeweiligen Stellvertreters aus. Am 20. Juli 2018 endet die Amtszeit bei den Berufsrichtern Eberhard Stilz und Friedrich Unkel (Vertreter), bei den Mitgliedern mit der Befähigung zum Richteramt Prof. Dr. Karl Peter Mailänder und Dr. Robert Maus (Vertreter) sowie bei den Laienrichterinnen Rosa-Maria Reiter und Adelheid Kiesinger (Vertreterin).
Diätenanpassung zum 1. Juli 2018
Stuttgart. Orientiert an den vom Statistischen Landesamt festgestellten Daten zur allgemeinen Einkommens- und Kostenentwicklung werden die Diäten der Abgeordneten des Landtags von Baden-Württemberg zum 1. Juli 2018 angepasst. Grundlage hierfür ist das sogenannte Indexierungsverfahren, das vom Landtag im Jahr 2005 eingeführt und im Juni 2016 für die 16. Wahlperiode bestätigt wurde. Nach Angaben der Landtagspressestelle erhöht sich entsprechend dieser Bemessungsmethode die steuerpflichtige Grundentschädigung für die Parlamentarier um 2,4 Prozent auf 7.963 Euro.
Wie die Landtagspressestelle weiter bekannt gibt, werden zudem die Kostenpauschale um 1,8 Prozent auf 2.208 Euro und der Vorsorgebeitrag für die eigenständige Altersvorsorge um 1,81 Prozent auf 1.751 Euro erhöht. Bemessungszeitraum für die aktuelle Anpassung ist das Jahr 2017.
Indexierungsverfahren bedeutet, dass die Entschädigung auf der Grundlage von statistischen Maßzahlen angepasst wird. Für die Grundentschädigung teilt das Statistische Landesamt die Veränderung des Nominallohnindex für Baden-Württemberg mit, der die allgemeine Einkommensentwicklung in Baden-Württemberg abbildet. Für die Kostenpauschale ermittelt das Statistische Landesamt den Wert anhand der Entwicklung des Verbraucherpreisindexes für Baden-Württemberg, während sich der Vorsorgebeitrag an der Entwicklung des Höchstbeitrags zur allgemeinen Rentenversicherung ausrichtet.
Auf der Grundlage dieser Werte werden die neuen Entschädigungsleistungen errechnet und von der Landtagspräsidentin im Gesetzblatt für Baden-Württemberg veröffentlicht.
Anlage: Bekanntmachung der Landtagspräsidentin vom 5. Juni 2018(externer Link)
Untersuchungsausschuss will bei Behörden Auskünfte über Informanten einholen
Stuttgart. Nach der Aussage der Zeugin R. L. will der Untersuchungsausschuss „Rechtsterrorismus/NSU BW II“ weitere Informationen über die Kontaktperson der Zeugin einholen „Das Gremium beschloss am Montag, 4. Juni 2018, in nicht öffentlicher Sitzung, beim Generalbundesanwalt, beim Bundeskriminalamt, beim Bundesamt für Verfassungsschutz sowie den Verfassungsschutzämtern und Landeskriminalämtern der Länder Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Hessen behördliche Auskünfte über die Kontaktperson einzuholen“, teilte der Vorsitzende des Gremiums, der SPD-Abgeordnete Wolfgang Drexler, nach der nicht öffentlichen Sitzung mit.
Nach Angaben des Vorsitzenden soll bei den Behörden abgefragt werden, ob die von der der Zeugin genannte Kontaktperson aufgrund dienstlicher Vorgänge im Bereich „Islamismus“ bekannt ist. Sollte sich dies bestätigen, möchte der Ausschuss wissen, in welchem Zusammenhang und mit welchem Inhalt die jeweilige Behörde mit der Kontaktperson zu tun hatte. Außerdem will sich der Ausschuss mit dem Einwohnermeldeamt der Kommune, in der der Informant zuletzt in Deutschland gelebt haben soll, in Verbindung setzen.
Darüber hinaus hat der Ausschuss beschlossen, den am 14. Mai 2018 gefassten Beschluss, gegen die Zeugin R. L. wegen Verweigerung des Zeugnisses ohne gesetzlichen Grund beim Amtsgericht Stuttgart die Anordnung von Beugehaft von mindestens zwei Monaten zu beantragen, aufzuheben. „Da die Zeugin in der Sitzung am Montag die Fragen des Ausschusses beantwortet und auch den Namen der Kontaktperson genannt hat, war sich der Ausschuss einig, dass der Beschluss nun wieder aufgehoben wird“, so Drexler. Die Zeugin hatte in einer nicht öffentlichen Sitzung ausgesagt und dem Ausschuss unter anderem den Namen ihrer Kontaktperson genannt, die ihr über ein angebliches Waffengeschäft in Heilbronn berichtet habe. Darüber hinaus habe die Zeugin den Namen einer weiteren Person, über die sie ihre Kontaktperson kennengelernt haben will, sowie weitere Einzelheiten der Treffen und Kontaktaufnahme mit dem Informanten genannt, sagte Drexler.
Leidenschaftliches Plädoyer für die Werte und Bedeutung unseres Grundgesetzes
Stuttgart. Das Grundgesetz wird 69 Jahre alt – und der Landtag von Baden-Württemberg würdigt diesen wichtigen Tag mit einer großen Veranstaltung. Die Botschaft des Abends ist eindeutig: Die im Grundgesetz verankerten Werte und freiheitlichen Grundrechte sind so wertvoll, dass sie niemals infrage gestellt werden dürfen. „Mit dem Grundgesetz wurde eine Verfassung geschaffen, um die wir heute in vielen Teilen der Welt beneidet werden“, sagte Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) am Mittwochabend, 23. Mai 2018, dem Jahrestag der feierlichen Verkündung des Grundgesetzes, im Haus des Landtags. Der Journalist und Jurist Heribert Prantl ergänzte: „Ich wünsche mir, dass das Grundgesetz und seine Grundrechte Wegweiser sind und bleiben für alles, was dieser Staat und diese Gesellschaft machen.“ Und die Soziologin Jutta Allmendinger appellierte: „Wir brauchen Mut, auf Fremde zuzugehen.“
„Um die Werte des Grundgesetzes hochzuhalten und sich für diese Werte zu begeistern, brauchen wir den gesellschaftlichen Dialog. Diese Veranstaltung ist ein Teil davon“, betonte die Landtagspräsidentin, die die Veranstaltung mit rund 550 Gästen eröffnete. Im Anschluss hielt Prof. Dr. Heribert Prantl, Leiter des Ressorts Meinung und Mitglied der Chefredaktion der Süddeutschen Zeitung, einen Impulsvortrag. Bei einem von der SWR-Journalistin Nicole Köster moderierten Podiumsgespräch diskutierten Prantl und Prof. Dr. Jutta Allmendinger, Präsidentin des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung, über die Bedeutung und Zukunft der Verfassung.
Aras erinnerte daran, in welcher Zeit und unter welchen Bedingungen das Grundgesetz geschaffen wurde. „Vier Jahre nach Kriegsende, nachdem eine Ideologie von Ausgrenzung, Rassismus, Entmenschlichung und Hass Europa verwüstet hatte“, so Aras. Auch Prantl wies auf die Entstehung der Verfassung vor dem Hintergrund des Naziregimes, von Hunger, Leid und Zerstörung hin: „Unter miserableren Voraussetzungen ist kaum je eine Verfassung geschrieben worden.“ Wer heute sage, die Welt sei so gefährlich, der Terrorismus so bedrohlich, man müsse deshalb die Freiheiten des Grundgesetzes einschränken, der muss sich vergegenwärtigen, in welcher Zeit und angesichts welch großer Gefahren das Grundgesetz entstanden sei. „Die Kirschen der Freiheit dürfen nicht madig gemacht werden“, mahnte Prantl mit Blick auf mögliche Einschränkungen, etwa zum Zwecke der Terrorismusbekämpfung.
Beide betonten die Bedeutung der Verfassung nicht nur für die Entwicklung der Bundesrepublik, sondern auch für die Zukunft des Landes: „Ohne dieses Grundgesetz wäre das wiedervereinigte Land nicht was, was es geworden ist: eine lebendige Demokratie, ein passabel funktionierender Rechtsstaat, ein sich mühender Sozialstaat.“ Genau diese Haltung mache das Grundgesetz so modern, ergänzte Aras: In ihm steckten die „Leitlinien, um Antworten auf die Herausforderungen einer sich schnell wandelnden Gesellschaft zu finden“. Allmendinger wie auch Prantl stellten einen Wandel in der sozialen und politischen Kommunikation fest: Prantl sprach über die „Verrohung in der öffentlichen Debatte“. „Ich habe das Gefühl, dass der Respekt in der sozialen Kommunikation verloren geht“, so Prantl. Allmendinger erklärte diese Entwicklung damit, „dass wir immer weniger wissen, was in den Köpfen der Leute vorgeht“. Die Menschen lebten in eigenen Zirkeln, man wisse relativ wenig, was Menschen mit anderen Berufen, aus anderen Ländern oder anderen Altersgruppen denken. Man grenze sich ab, was den Respekt untergrabe.
Aras betonte den Zusammenhang zwischen Grundgesetz und Zusammenhalt. „Zusammenhalt entsteht nicht, wenn man ihn in abgekapselten, homogenen Gruppen sucht. Eine solche Gesellschaft zerfällt in auseinanderdriftende Milieus, die sich wechselseitig als Bedrohung empfinden. Das Grundgesetz setze dem ein Bild des Mutes entgegen. Das macht seine Strahlkraft aus. Das ist der Grund, warum ich stolz auf dieses Grundgesetz bin“, zeigt sich die Präsidentin überzeugt. „Unsere Verfassung ist eine Herzenssache.“
Das Grundgesetz bewegt sich in einem andauernden Spannungsverhältnis zwischen individueller Freiheit einerseits und Bedürfnissen der Gemeinschaft andererseits: „Die Freiheit des Einzelnen endet, wo die Freiheit des Anderen beginnt. Wo diese Grenzen verlaufen, müssen wir im Gespräch immer wieder neu vermessen“, betonte die Präsidentin. Und Prantl wies darauf hin: „Demokratie ist nicht irgendwann vom Himmel gefallen und ist dann für immer da. Demokratie muss man lernen, immer wieder. Demokratie sei „das erfolgreichste, beste und friedlichste Betriebssystem, das es für ein Land gibt“, ist sich Prantl sicher. Er wünsche unserer Verfassung neue Kraft und Stärke, sagte Prantl. „Ich wünsche mir Grundrechte, auf die sich Bürgerinnen und Bürger verlassen können, dazu Staatsgewalten, Gerichte, Parlamente und eine couragierte Gesellschaft, die diese Grundrechte verteidigen – gegen Entsolidarisierung, Ökonomisierungsexzesse und Datensammelwahn, gegen Rassisten und Ausländerhasser“, sagte der SZ-Journalist und gab den Gästen mit auf den Weg: „Beschützen und stärken wir unser Grundgesetz.“
Zu den rund 550 Gästen der Veranstaltung zählten unter anderen Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth und die Präsidentin des Bundesgerichtshofs, Bettina Limperg. Darüber hinaus nahmen Abgeordnete des Landtags und des Bundestags sowie zahlreiche Vertreterinnen und Vertreter der Wirtschaft, der Hochschulen, der Kultur, von Verbänden und vielen anderen Institutionen teil.
Fachausschuss thematisiert das Tempo bei Erleichterungen im Wohnungsbau
Stuttgart – Große Teile des Ausschusses für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau richteten einen eindringlichen Appell an die Landesregierung, die Überarbeitung und Neufassung der Landesbauordnung (LBO) zu beschleunigen. „Vor dem Hintergrund drängender Wohnraumknappheit, sind die Verzögerungen für viele Ausschussmitglieder unverständlich“, berichtete der Vorsitzende, Dr. Erik Schweickert (FDP/DVP), nach nicht öffentlicher Sitzung am 16. Mai 2018. Gegenüber der für Wohnungsbau zuständigen Ministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) wurden im Fachausschuss erhebliche Befürchtungen geäußert, durch den lange anhaltenden reglungstechnischen Schwebezustand könne die Bauwilligkeit im Land nachlassen. Die Bürgerinnen und Bürger hätten ein Anrecht auf Planungssicherheit.
Ministerin Dr. Hoffmeister-Kraut versicherte in ihrer Antwort auf einen Antrag der SPD-Fraktion, der Gesetzentwurf gehe zeitnah den Verbänden zur Stellungnahme zu. In der Sitzung habe die Ministerin den Zeitplan bekräftigt, der ein Inkrafttreten der Novelle zum Beginn 2019 vorsehe. Bei der Vielzahl der Regelungen, wie sie teils auch die „Wohnraumallianz“ vorgeschlagen habe, gehe es zum einen um reduzierte Standards etwa bei der Fassadenbegrünung, der Pflicht zu Kinderspielplätzen, Barrierefreiheit, dem Waldabstandsgebot oder der Fahrradstellplatzpflicht, berichtete die Ministerin laut Dr. Schweickert. Bei den beschleunigten Genehmigungsverfahren stünden etwa die digitale Baugenehmigung oder die Einreichung eines Bauantrages direkt bei der Behörde statt bei der Gemeinde zur Neuregelung an. Die Abstimmung innerhalb des Ressorts sei kurz vor dem Abschluss, habe die Ministerin mit der Begründung, Gründlichkeit gehe vor Schnelligkeit, angegeben. „Tenor im Ausschuss war es, das Gesetzgebungsverfahren durch die verschiedenen Abstimmungen nicht auszubremsen und die lange erwartete Erleichterungen beim Wohnungsbau zeitnah umzusetzen“, so der Vorsitzende Dr. Schweickert.
Nach den Auswirkungen des bereits 2012 geänderten Landesplanungsgesetzes erkundigte sich ein Antrag der FDP/DVP-Fraktion. Die Novelle gab den Kommunen Mitsprache bei der Planung der jeweiligen Regionalverbände beim Bau von Windkraftanlagen. Die Verbände können nur noch Vorranggebiete als Standorte für Windkraftanlagen festlegen, nicht aber so genannte Ausschlussgebiete – Flächen, in denen keine Rotoren gebaut werden dürfen. Wirtschaftsministerin Dr. Hoffmeister-Kraut habe im Ausschuss die „Impulse im Hinblick auf eine flexiblere, den örtlichen Gegebenheiten angepasste Steuerung der Windkraftnutzung“ herausgestellt, berichtete Dr. Schweickert. Ferner habe die Ministerin bezüglich der Frage der Genehmigungswürdigkeit der Regionalpläne, die keine Windkraftvorranggebiete ausweisen, klargestellt, dass die Träger der Flächennutzungsplanung „die Möglichkeit, nicht aber die Verpflichtung zu einer abschließenden planerischen Steuerung der Windkraftnutzung erhalten“ haben.
Bereits zum zweiten Mal befasste sich der Landtagsausschuss mit der Positionierung in den Themenfeldern Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau zum „Weißbuch Europa“.. Das Gremium habe die Wirtschaftsministerin in ihrem Eintreten für konsequente Subsidiarität unterstützt. Solcherlei Zuständigkeit unterer Verwaltungsebenen auch in der Kontrolle einzuhaltender Vorgaben sei geeignet, den politischen „Zentrifugalkräften“ in der Europäischen Union entgegenzuwirken, sei der Ausschuss überzeugt. Ebenso hätten sich die Ausschussmitglieder gegen Fehlanreize durch eine Vergemeinschaftung von Schulden („Verantwortung und Haftung gehören zusammen“) sowie eine „funktionierende nationale Einlagensicherungen in allen EU-Mitgliedstaaten“ ausgesprochen. Bezüglich der Einführung einer Plastiksteuer auf EU-Ebene habe laut Aussage der Ministerin die Landesregierung noch keine abgestimmte Positionierung.
Ausschuss will Einführung von Bildungssoftware vom Rechnungshof überprüfen lassen
Stuttgart – Die digitale Bildungsplattform „ella“, gedacht zur besseren Unterstützung der Schulen im Bereich Fortbildung, Video-Tutorials oder Schulungen, wird bis auf Weiteres nicht an den Start gehen. Vier Tage vor dem vorgesehenen Startschuss am 28. Februar 2018 habe der beauftragte IT-Dienstleister des Landes, BitBW, technische Probleme gemeldet. „Ich musste die Reißleine ziehen“, sagte Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) in der Sitzung des Ausschusses für Kultus, Jugend und Sport, am 17. Mai 2018. Sie erwarte noch in dieser Woche ein externes Gutachten zur Untersuchung der technischen Umsetzbarkeit wie auch der Steuerungsprozesse. Eisenmann sagte dem Ausschuss die Übermittlung des Gutachtens zu. Die Regierungsfraktionen Grüne und CDU stimmten indes gegen einen von der AfD unterstützten Antrag von FDP/DVP und SPD, den Rechnungshof um eine Begutachtung der Einführung von „ella“ zu bitten. Einstimmig bei einer Enthaltung votierte der Ausschuss jedoch dafür, den Rechnungshof die Implementierung der Schulverwaltungssoftware „ASV-BW“ prüfen zu lassen, mit der u.a. Unterrichtsausfall festgestellt werden soll. Ein entsprechender Beschlussantrag müsste dazu dem Landtagsplenum vorgelegt und abgestimmt werden. „In elf Jahren wurden mehr als 24 Millionen Euro in ‚ASV-BW‘ gesteckt und nur 13 Prozent der Schulen im Land nutzen diese Software – das wirft aus Sicht des Bildungsausschusses zu Recht einige Fragen auf“, so die Ausschussvorsitzende Brigitte Lösch (Grüne).
FDP/DVP und SPD hatten eine öffentliche Behandlung des Themas im ansonsten nicht öffentlich tagenden Ausschuss beantragt. Sie kritisierten, dass das Kultusministerium im Verbund mit dem für BitBW zuständigen Innenministerium auf Basis eines „Letters of Intent“, also einer Art Absichtserklärung, die Entwicklung von „ella“ beauftragt habe und bis heute kein rechtsgültiger Vertrag vorliege.
Ministerin Eisenmann verteidigte gegenüber den Oppositionsfraktionen das Vorgehen: Eine Beauftragung der BitBW bei Digitalentwicklungen sei gesetzlich vorgeschrieben. Eine Firma der Privatwirtschaft könne nur grundsätzlich und gut begründet beauftragt werden, so Eisenmann. „Drei Tage vor dem Startschuss eine Vollbremsung – das hat uns kalt erwischt“, so Eisenmann im Ausschuss. Die Entscheidung, das Projekt zu stoppen, begründete sie mit der Verantwortung für Schüler und Lehrer: „Es handelt sich um hochsensible Bereiche mit potenziell 1,5 Millionen Nutzern. Da muss es auch funktionieren.“ Der Ministerialdirektor des Innenministeriums, Stefan Krebs, führte aus, er habe eine längere Frist bis zur Einführung von „ella“ grundsätzlich erwartet: Bei der Entwicklung einer neuen Software müsse man „gemeinsam schlauer werden“. Zweifel gegenüber BitBW und dem hauseigenen Subauftragnehmer KIVBF (Kommunale Informationsverarbeitung Baden-Franken) seien nicht angebracht gewesen. Man sei gespannt, was das Gutachten sage, so die Ministerin.
Der CDU-Abgeordnete Raimund Haser betonte: „Die Ministerin hat richtig und rechtzeitig gehandelt.“ Es liege gutes Regierungshandeln vor. Das weniger gute Verwaltungshandeln müsse hingegen korrigiert werden. Die Grünen-Abgeordnete Sandra Boser sagte, von Interesse sei für ihre Fraktion der Blick nach vorn, nicht nur zurück. Eisenmann befürwortete eine Begutachtung des unbefriedigend abgelaufenen Implementierungsprozesses für ASF-BW, das seit 2007 gleichzeitig mit Bayern entwickelt wurde. Während in Bayern, wo eine Nutzungspflicht besteht, aber bereits mehr als 6.000 Schulen die Verwaltungssoftware verwenden, sind es in Baden-Württemberg auf freiwilliger Basis nur 649. Wieder stellten sich für die Ausschussmitglieder einige Fragen nach dem Warum. „Eine klare Bewertung durch den Rechnungshof macht für mich Sinn, da würde ich mich nicht wehren“, sagte die Ministerin im Ausschuss. Alle fünf Fraktionen mit einer Enthaltung stimmten am Ende für die Einschaltung des Rechnungshofes.
Finanzausschuss fordert weitere Verringerung bei sachgrundlosen Befristungen
Stuttgart. Der Finanzausschuss fordert die Landesregierung auf, die im grün-schwarzen Koalitionsvertrag gesetzten Ziele zu sachgrundlos befristeten Arbeitsverhältnissen weiter zu verfolgen und die sachgrundlos befristeten Beschäftigungsverhältnisse weiter kontinuierlich zu reduzieren. Einen entsprechenden Beschluss fasste das Gremium in seiner Sitzung am Donnerstag, 17. Mai 2018, mit den Stimmen von Grünen, CDU, AfD und FDP/DVP. Die SPD-Fraktion hat sich enthalten, weil ihr weitergehender Antrag auf gänzliche Abschaffung nicht mehr zur Abstimmung kam, nachdem der Antrag der Regierungsfraktionen angenommen wurde. Das teilte der Vorsitzende des Gremiums, der SPD-Abgeordnete Rainer Stickelberger, mit.
Der Ausschuss hat sich auf Antrag der SPD-Fraktion mit dem Thema befasst. Ende 2016 waren dem Vorsitzenden zufolge insgesamt 78.186 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei den Landesministerien und ihren nachgeordneten Behörden beschäftigt, davon hatten 2.300 Beschäftigte einen sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrag (2,94 Prozent). Im Jahr 2017 betrug die Anzahl der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer 78.325 Personen, von denen 2.144 Personen sachgrundlos beschäftigt waren (2,74 Prozent). „Der Anteil der sachgrundlos befristeten Verträge unter allen Neueinstellungen im Zeitraum von 12. Mai 2016 bis 31. Dezember 2017 betrug 7,48 Prozent“, so Stickelberger.
Das Finanzministerium habe erklärt, die Entwicklung zeige, dass der Anteil der bestehenden sachgrundlos befristeten Verträge verringert und in unbefristete Arbeitsverhältnisse übergeleitet werden konnte. Es sei das klare Ziel, die sachgrundlosen Befristungen weiter zu verringern. In der Landesverwaltung werde bei Stellenbesetzungsverfahren darauf geachtet, unbefristete Einstellungen bzw. befristete Einstellungen mit Sachgrund stets einem sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrag vorzuziehen.
Dennoch sei es in vielen Fällen nicht möglich, auf sachgrundlos befristete Arbeitsverhältnisse zu verzichten. Die Stelleneinsparverpflichtungen der vergangenen Jahre hätten in Kombination mit einer Zunahme von Aufgaben jedoch dazu geführt, dass die bestehende Stellensituation für eine Bewältigung der Aufgaben nicht immer ausreichend sei.
So habe etwa im schulischen Bereich vermehrt auf sachgrundlose Befristungen zurückgegriffen werden müssen, da der Bedarf an Lehrkräften zur Sprachförderung von geflüchteten Kindern und Jugendlichen sehr stark angestiegen sei. Auch in Vertretungsfällen wie Krankheit, Elternzeit oder temporären Teilzeitbeschäftigungen würden sachgrundlose Befristungen genutzt. Ein weiterer wesentlicher Grund sei, dass häufig zusätzliche und umfangreiche Aufgaben oder Projekte umgesetzt werden müssten, für die das vorhandene Personal nicht ausreiche oder man zusätzliche Mitarbeiter nur für einen begrenzten Zeitraum benötige. Außerdem seien für manche Aufgaben keine Personalstellen, sondern nur Sachmittel vorhanden.
Zu der in dem SPD-Antrag angesprochenen Forderung, auf sachgrundlose Befristungen zu verzichten, habe das Finanzministerium geantwortet: Wenn die Zahl gegen null verringert werden solle, müsse in den Haushaltsplänen die Anzahl der Personalstellen bei den Ministerien und den Landesbehörden erhöht werden, fasste Stickelberger die Debatte zusammen.
Demokratie muss gepflegt werden
Stuttgart. Der Ausschuss für Soziales und Integration hat sich in seiner Sitzung am Donnerstag, 17. Mai 2018, mit Vertretern der Landeskoordinierungsstelle Demokratiezentrum Baden-Württemberg ausgetauscht. „Wir haben großes Interesse daran, Demokratie zu pflegen“, betonte der Vorsitzende des Gremiums, Rainer Hinderer (SPD).
Wolfgang Antes (Geschäftsführer der Jugendstiftung Baden-Württemberg) und Günter Bressau (Landeskoordination Demokratiezentrum Baden-Württemberg) berichteten gemeinsam mit ihren Fachstellenleiterinnen und –leitern in einem Gespräch über die Arbeit der Landeskoordinierungsstelle Demokratiezentrum Baden-Württemberg. Wie der Vorsitzende darlegte, verstehe sich die Einrichtung als Bildungs-, Dienstleistungs- und Vernetzungszentrum im Handlungsfeld Extremismus, präventiver Bildungsarbeit und Menschenrechtsbildung. Es sei eine Vielzahl von Organisationen vernetzt, die ihre Kompetenz und ihr Fachwissen zur Verfügung stellen. Das Demokratiezentrum Baden-Württemberg ist mit Regionalen Demokratiezentren und Beratungsstellen in den Landkreisen Baden-Württembergs vertreten. Hervorzuheben sei insbesondere die effiziente und multiprofessionelle Zusammenarbeit aller Akteure, so Hinderer.
Des Weiteren habe sich der Ausschuss mit einem AfD-Antrag zur Sicherheitssituation in Krankenhäusern befasst, berichtete Hinderer. Nach Mitteilung der Baden-Württembergischen Krankenhausgesellschaft (BWKG) lägen lediglich Einzelrückmeldungen vor, wonach der Bedarf an Sicherheitspersonal in den letzten Jahren deutlich zugenommen habe. Nach Auskunft der BWKG hätten Krankenhäuser im großstädtischen Bereich mit entsprechendem Risikopotenzial monatliche Ausgaben für den Sicherheitsdienst in Höhe von zirka 8.000 bis 20.000 Euro.
Verbale und teilweise auch körperliche Übergriffe gegenüber Krankenhausmitarbeiterinnen und -mitarbeitern hätten nach Angaben der BWKG in den letzten Jahren zugenommen. Dies entspräche einem bundesweiten Trend, welcher nicht nur Krankenhäuser, Notärzte und niedergelassene Ärzte beträfen, sondern auch andere Ersthelfer wie Rettungsdienst, Feuerwehr und Katastrophenschutz.
„Seit vielen Jahren werden Verrohungstendenzen in der Gesellschaft bemerkt, auch in Krankenhäusern“, legte Hinderer dar. Die Menschen hätten weniger Geduld und wollten keine langen Wartezeiten in Kauf nehmen. Angreifer kämen aus allen sozialen Schichten, mit und ohne Migrationshintergrund. „Das Problem muss gelöst werden, ohne diskriminierende Sichtweise“, hob Hinderer mit Seitenblick auf die Begründung des AfD-Antrags hervor. „Wir müssen ordnungspolitisch zeigen: Gewalt geht nicht.“
Wie der Vorsitzende ausführte, habe der Bundesgesetzgeber 2017 das „52. Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches – Stärkung des Schutzes von Vollstreckungsbeamten und Rettungskräften“ verabschiedet. Danach könnten nun tätliche Angriffe gegen Vollstreckungsbeamte, Helfer der Feuerwehr, des Katastrophenschutzes sowie Rettungskräfte mit erhöhten Strafen geahndet werden. „Die Idee, den Schutz auch auf Bedienstete in Krankenhäusern auszuweiten, wurde vom Ausschuss begrüßt“, so Hinderer.
Laut Polizeilicher Kriminalstatistik (PKS) Baden-Württemberg befände sich die Kriminalitätslage an Krankenhäusern seit dem Jahr 2011 auf einem relativ konstanten Niveau. Die Gesamtzahl der strafbaren Handlungen sei im Jahr 2017 um rund drei Prozent gesunken. Eine Häufung von Vorfällen lasse sich in den Notaufnahmen beobachten, häufig ausgelöst durch Stress durch die Wartesituation, lange Wartezeiten und oft auch Alkohol.
Die Polizei biete landesweit verhaltensorientierte und zielgruppenspezifische Beratungen zum Schutz vor Übergriffen am Arbeitsplatz an. Nach Mitteilung der BWKG unterstützten viele baden-württembergische Krankenhäuser ihre Mitarbeiter nicht nur durch Sicherheitspersonal, sondern auch durch Schulungsmaßnahmen im Umgang mit schwierigen Situationen.
Landtagsvizepräsidentin Sabine Kurtz: Demokratische Werte liegen Jugendlichen am Herzen
Stuttgart. Die Erstpreisträgerinnen und Erstpreisträger des 60. Schüler-wettbewerbs des Landtags sind am heutigen Donnerstag, 17. Mai 2018, im Haus des Landtags in Stuttgart von Landtagsvizepräsidentin Sabine Kurtz (CDU) geehrt worden. „Ihr zeigt, dass euch unsere demokratischen Werte am Herzen liegen, dass ihr euch einmischen und beteiligen wollt und damit einen wichtigen Beitrag für unsere Gesellschaft leistet“, freute sich Kurtz.
Über 3.200 Schülerinnen und Schüler aus 173 Schulen haben sich mit über 2.300 Arbeiten an der 60. Auflage des Wettbewerbs beteiligt. 49 Schülerinnen und Schüler dürfen sich über Erste Preise freuen. „In allen politisch aktuellen Themen der Gegenwart haben sich Jugendliche engagiert und differenziert zu Wort gemeldet“, hob Sabine Kurtz hervor.
Beim Schülerwettbewerb kann jede und jeder eine Aufgabe finden, die zu seinen Talenten und Interessen passt. Es gibt eine bunte Palette an Arbeitsformen, wie Song, Comic, Filmclip, aber auch in Gedichten, Erörterungen und Plakaten können Jugendliche ihre Botschaften verpacken. Über alle Schularten hinweg wählen die Schülerinnen und Schüler gerne das Plakat, um ihre Ideen umzusetzen und zu präsentieren. 1.285 Arbeiten wurden dieses Mal eingereicht, die sich mit dem Thema „Gestalte ein Plakat, das zum Schutz für die Natur aufruft oder Bedrohungen der Natur aufzeigt“. „Das Spannungsverhältnis zwischen Mensch und Natur beschäftigt unsere Jugend auf vielfältige Weise“, stellte Sabine Kurtz fest.
Den Schülerwettbewerb des Landtags gibt es seit über 60 Jahren. Deutschlandweit ist er einzigartig. Über 140.000 Schülerinnen und Schüler haben sich seither vom Motto „Komm heraus, mach mit“ mitreißen lassen. „Der Landtag ist stolz auf diese lange Erfolgsgeschichte. Vielen Dank für eure Impulse und konstruktiven Vorschläge“, lobte die Landtagsvizepräsidentin die Preisträgerinnen und Preisträger.
Auch in diesem Jahr dürfen sich die Erstpreisträger über Bildungsreisen freuen, es geht nach Trient, Bozen und Winterthur. Im Anschluss an die Preisverleihung steht noch eine Exkursion zum Haus der Geschichte und ins neu eröffnete Stadtmuseum an. Musikalisch umrahmt wurde die Preisverleihung durch das Klarinettentrio mit Otto Siegel, Tessa Blankenhorn und Lena Peiffer. Die drei Zehnjährigen haben beim letztjährigen Wettbewerb „Jugend musiziert“ den ersten Preis gewonnen.
Innenausschuss empfiehlt Änderung des Kommunalwahlrechts
Stuttgart. Der Ausschuss für Inneres, Digitalisierung und Migration empfiehlt dem Landtagsplenum, den Gesetzentwurf der Landesregierung zur Änderung des Kommunalwahlrechts zu beschließen. Ein entsprechendes Votum fasste das Gremium in seiner Sitzung am Mittwoch, 16. Mai 2018, mehrheitlich. „Ziel der Gesetzesänderung ist es unter anderem, die Organisation und Durchführung von Kommunalwahlen in verschiedenen Punkten zu vereinfachen“, sagte der Ausschussvorsitzende Karl Klein (CDU). Uneinig war sich der Ausschuss, zu welchem Zeitpunkt das Kommunalwahlrecht geändert werden soll, um Wahlrechtsausschlüsse für Menschen mit Behinderung zu beenden.
Nach Angaben Kleins soll vor den nächsten Kommunalwahlen im Jahr 2019 das Kommunalwahlrecht aufgrund von Anregungen aus der kommunalen Praxis und zur Vereinheitlichung mit Regelungen des Bundes und anderer Länder in einzelnen Punkten angepasst und ergänzt werden. Der Entwurf des „Gesetzes zur Änderung kommunalwahlrechtlicher Vorschriften“ sieht vor, dass in Gemeinden mit bis zu 3.000 Einwohnern, in denen keine unechte Teilortswahl stattfindet, die Wahlvorschläge doppelt so viele Bewerber enthalten dürfen wie Gemeinderäte zu wählen sind. Außerdem soll die für die Kommunalwahlen maßgebliche Einwohnerzahl von Gemeindeteilen gesetzlich definiert werden. Darüber hinaus soll gesetzlich bestimmt werden, dass Mandatsträger einer vom Bundesverfassungsgericht verbotenen Partei oder einer auf Grundlage des Vereinsgesetzes verbotenen Wählervereinigung automatisch aus dem kommunalen Gremium ausscheiden, legte Klein die wesentlichen Inhalte des Entwurfs dar.
„Der Ausschuss war sich auch einig, dass die im Kommunalwahlrecht geltenden Wahlrechtsausschlüsse für Menschen mit Behinderungen beendet werden sollen“, sagte Klein. Nicht einig waren sich die Fraktionen dagegen, zu welchem Zeitpunkt dies erfolgen solle. Die SPD-Fraktion habe mit einem Änderungsantrag vorgeschlagen, dieses Vorhaben im Zuge der jetzigen Gesetzesänderung umzusetzen. Die Regierungsfraktionen hätten dagegen ausgeführt, erst solle ein entsprechendes Urteil des Bundesverfassungsgerichts abgewartet werden. Erst danach solle die Gesetzesänderung erfolgen, jedoch noch rechtzeitig vor der nächsten Kommunalwahl. Der Ausschuss habe den Änderungsantrag mehrheitlich abgelehnt, so der Vorsitzende Karl Klein.
Untersuchungsausschuss beantragt Beugehaft und Ordnungsgeld gegen Zeugen
Stuttgart. Der Untersuchungsausschuss „Rechtsterrorismus/NSU BW II“ wird gegen eine Zeugin und einen Zeugen, die in der öffentlichen Sitzung am Montag, 14. Mai 2018, ohne rechtliche Grundlage das Zeugnis verweigert haben, Zwangsmittel beantragen. Das Gremium beschloss in nicht öffentlicher Sitzung, beim zuständigen Amtsgericht zu beantragen, gegen die als Zeugin geladene Rechtsanwältin R. L. Beugehaft in Höhe von mindestens zwei Monaten zu verhängen. Gegen den Zeugen und Rechtsanwalt S. W. H. wird der Ausschuss beantragen, ein Ordnungsgeld in Höhe von 1.000 Euro oder ersatzweise 20 Tage Ordnungshaft festzusetzen. „Der Untersuchungsausschuss ist der klaren Auffassung, dass die beiden Zeugen vor dem Gremium aussagen müssen und kein Zeugnisverweigerungsrecht haben. Da sie sich jedoch geweigert haben, wird der Ausschuss konsequent dagegen vorgehen und Zwangsmittel beantragen“, sagte der Ausschussvorsitzende Wolfgang Drexler (SPD) am Dienstag, 15. Mai 2018.
Die Rechtsanwältin R. L. hatte sich im Januar 2017 aus eigener Initiative an den Untersuchungsausschuss gewandt und wurde daraufhin in der Sitzung am 20. März 2017 vernommen. Dabei bekundete sie, im Zuge ihrer Tätigkeit als Strafverteidigerin Kontakt zu einer Person gehabt zu haben, die sie mehrfach zu unterschiedlichen Themenkomplexen getroffen habe. Anfang 2009 habe ihr diese Kontaktperson vom „Polizistenmord in Heilbronn“ berichtet. Die Nennung ihrer Quelle verweigerte die Zeugin unter Berufung darauf, es handele sich um eine Hilfsperson der Verteidigung, deren Sicherheit zudem gefährdet sei. Nach Auffassung des Untersuchungsausschusses hatte die Zeugin dadurch die Auskünfte ohne gesetzlichen Grund verweigert. Mangels Mandatsbezug bestehe weder ein strafprozessuales Zeugnisverweigerungsrecht noch seien Anhaltspunkte für eine Gefährdung der Kontaktperson ersichtlich. Daraufhin beantragte der Ausschuss beim zuständigen Amtsgericht, gegen die Zeugin ein Ordnungsgeld in Höhe von 1.000 Euro zu verhängen und für den Fall, dass es nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft von 20 Tagen festzusetzen. Sowohl das Amtsgericht Stuttgart in erster Instanz und auch das Landgericht Stuttgart in zweiter Instanz bestätigten die Ansicht des Ausschusses und gaben dem Antrag statt. Die Zeugin R. L. wurde daher in die Sitzung am 14. Mai 2018 erneut geladen. In Begleitung ihres Rechtsbeistands weigerte sich die Zeugin jedoch erneut, dem Ausschuss den Namen ihrer Kontaktperson zu nennen, und kündigte zudem an, keine einzige Frage des Ausschusses zu beantworten, so Wolfgang Drexler. Zur Begründung verwies ihr Beistand auf eine beim Landgericht Stuttgart erhobene Anhörungsrüge. Weil dieser außerordentliche Rechtsbehelf nach Auffassung des Untersuchungsausschusses keinen Einfluss auf die gesetzliche Aussagepflicht der Zeugin hat, wird das Gremium beim zuständigen Amtsgericht beantragen, gegen die Zeugin Beugehaft von mindestens zwei Monaten festzusetzen. Die nochmalige Verhängung eines Ordnungsgeldes war nicht möglich.
Im Falle des als Zeugen geladenen Rechtsanwalts S. W. H. wird der Ausschuss beim zuständigen Amtsgericht beantragen, ein Ordnungsgeld in Höhe von 1.000 Euro oder für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft von 20 Tagen festzusetzen. Der Zeuge war von 1988 bis zur Auflösung im Jahre 2010 Kopf und Sänger der Rechtsrockband „Noie Werte“. Zwei Titel der Band („Kraft für Deutschland“, 1991, und „Am Puls der Zeit“, 2000) dienten der musikalischen Untermalung einer frühen Version des NSU-Bekennervideos aus dem Jahre 2001.
Der Zeuge erschien zwar zu seiner Vernehmung vor dem Ausschuss, ließ jedoch über seinen Rechtsbeistand mitteilen, dass er aufgrund seiner Funktion als Verteidiger im Münchner NSU-Prozess keine Fragen im Zusammenhang mit NSU beantworte. Dies schließe unter anderem auch Fragen zur Band „Noie Werte“ ein. „Diese Auffassung teilt der Untersuchungsausschuss nicht. Die Fragen, die der Ausschuss von dem Zeugen beantwortet haben möchte, haben mit der Funktion des Zeugen als Verteidiger im Prozess in München nichts zu tun“, sagte Drexler. Die Rolle der rechtsextremen Musikszene sei ein zentraler Untersuchungsgegenstand des Gremiums. Aus diesem Grund sehe es der Ausschuss als notwendig an, dass der Zeuge die Fragen des Ausschusses beantwortet.
Was die beiden nun angestrebten Verfahren gegen die Zeugen für den Zeitplan des Ausschusses bedeutet, kann derzeit nicht abschließend beurteilt werden. „Es ist nicht auszuschließen, dass der Ausschuss verlängert werden muss“, sagte Wolfgang Drexler.
Verfassungsgerichtshof-Präsident Stilz schlägt einen „Tag der Landesverfassung“ vor
Stuttgart - Der Präsident des Verfassungsgerichtshofs Baden-Württemberg, Eberhard Stilz, hat am Mittwoch, 9. Mai 2018, im Landtag von Baden-Württemberg die Einführung eines „Tags der Landesverfassung“ vorgeschlagen. Als Datum biete sich der 11. November an, der Tag der Verabschiedung vor 65 Jahren, sagte Stilz auf einer Europa-Veranstaltung. Nicht allein das „faszinierende Grundgesetz“, auch und gerade die Landesverfassung präge die Landesidentität. Es gelte, mehr Verfassungsbewusstsein zu schaffen, wie es Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) mit ihrer Reihe „Wertsachen“ tue. Er schlage vor, rund um einen „Tag der Landesverfassung“ einen Themenschwerpunkt an Schulen zu legen. „Wir dürfen es nicht den Juristen und Politologen überlassen, die Verfassung mit Leben zu füllen“, so Stilz, der zugleich Präsident der Stiftung Weltethos ist. Eine landesweite Auseinandersetzung über gemeinsame Werte sei geeigneter, Zugehörigkeit zu schaffen, als eine Feierstunde zum Grundgesetz in Berlin.
Landtagspräsidentin Aras hatte zur Veranstaltung „Verfassungsrechtliche Gestaltungsräume für eine eigenständige Europapolitik des Landes Baden-Württemberg“ am Europatag eingeladen. Anlass war das Erscheinen eines neuen juristischen Kommentars zur Landesverfassung – dem ersten seit mehr als 30 Jahren. Der Herausgeber, Professor Volker Haug (Universität Stuttgart), bezeichnete es als „Unding“, dass Baden-Württemberg seit Jahrzehnten über keinen aktuellen Verfassungskommentar verfüge. Dies zeige ein „krasses Missverhältnis“ zur Relevanz dieses Bundeslandes.
Baden-Württembergs Landesverfassung weist eine europarechtliche Besonderheit auf: Als erste Landesverfassung legte Baden-Württemberg bereits im Jahr 1995 fest, dass die Landesregierung in Angelegenheiten der Europäischen Union dem Landtag die Möglichkeit zur Stellungnahme gibt. Und mehr: Werden Kompetenzen an die EU übertragen, ist die Regierung seit 2011 an Stellungnahmen des Landesparlaments gebunden. Dieser Artikel 34 der Landesverfassung zeigt nach Ansicht des Podiums im Landtag, dass eine Landesverfassung es vermag, in stark exekutiv geprägten Entscheidungsprozessen auf Bundes- und EU-Ebene ein Bundesland „in die Player-Rolle zurückzuholen“.
Auf dem von Gigi Deppe (ARD-Rechtsredaktion) moderierten Podium diskutierte neben Stilz und Haug auch Professorin Stefanie Schmahl (Universität Würzburg).
Infos und Bilder unter www.landtag-bw.de(externer Link)
Jugendliche leben Europa
Stuttgart. „Mit dem Motto der heutigen Veranstaltung möchten wir darauf aufmerksam machen, dass wir in Europa und in den Staaten der Europäischen Union in einem Boot sitzen. Es ist das Europa jedes Einzelnen von uns und unser gemeinsames Europa“, sagte Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) zur Begrüßung bei der EU-Jugendveranstaltung unter dem Motto „MEIN EUROPA, DEIN EUROPA – MISCH DICH EIN!“ am Montag, 7. Mai 2018, im Landtag „Es liegt an Ihnen, der jungen Generation, das Europa der Zukunft zu gestalten“, sagte Aras weiter und rief die rund 400 anwesenden Schülerinnen und Schüler auf, sich für den europäischen Gedanken zu engagieren.
Aras zufolge wurden für die Veranstaltung bewusst junge und engagierte Europäerinnen ausgewählt, die den Schülerinnen und Schülern Möglichkeiten aufzeigen, wie man sich bereits in jungen Jahren für Europa einsetzen und selbst mitgestalten kann. Lara Sosa Popovic habe über ihre Zeit als Jugenddelegierte im Kongress der Gemeinden und Regionen Europas berichtet, Johanna Schiffers habe über die Aktivitäten des Europäischen Jugendparlaments informiert und Anna Michelle Fischer habe über ihre eigenen Erfahrungen im Rahmen eines Erasmus+ Programms referiert.
Cora-Bess Klausnitzer, Moderatorin der SWR-DASDING Morningshow, moderierte eine Podiumsdiskussion, an der die Landtagsabgeordneten Alexander Maier (Grüne), Joachim Kößler (CDU), Dr. Heiner Merz (AfD), Peter Hofelich (SPD) und Dr. Erik Schweickert (FDP/DVP) teilnahmen. Im Rahmen der Diskussion fand ein intensiver Austausch zwischen den Jugendlichen und den Politikern zur Zukunft Europas statt. Baden-Württembergs Justiz- und Europaminister Guido Wolf betonte in seiner Rede die Bedeutung der europäischen Wertegemeinschaft. Darüber hinaus nahmen die Fraktionsvorsitzenden Andreas Stoch (SPD) und Bernd Gögel (AfD) an der Veranstaltung teil.
„Der Europäischen Union verdanken wir eine lange Zeit des Friedens und des Wohlstands seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Wir verdanken ihr, dass wir innerhalb der Europäischen Union frei reisen, studieren, leben und arbeiten können. All diese Errungenschaften gilt es zu erhalten und auch entschieden zu verteidigen gegen nationalistische Strömungen, die die Zukunft in Abschottung anstatt in Offenheit, Austausch und Toleranz sehen“, so Muhterem Aras.
Musikalisch wurde die Veranstaltung durch den Kammerchor Young Vocals des Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasiums Eppelheim unter der Leitung von Dr. Valerie Schnitzer begleitet.
Landtagspräsidentin Aras: Starke Beiträge zu Umweltschutz und Friedenspolitik
Stuttgart. Larissa Lindner aus der Beruflichen Schule Ravensburg, Simon Hedderich und Moritz Kramer sowie Alicia Kailer und Jessica Binefeld, alle aus dem Beruflichen Gymnasium Schwenningen, sind am heutigen Donnerstagvormittag, 26. April 2018, in Stuttgart von Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) mit dem Förderpreis des 60. Schülerwettbewerbs des Landtags ausgezeichnet worden. „Es ist ein gutes Zeichen, dass so viele junge Menschen bei unserem Schülerwettbewerb mitgemacht haben“, freute sich Aras. „Wer sich engagiert, wer sich beteiligt, der glaubt an das Gemeinwesen sowie an die eigene Kraft, es mitgestalten zu können.“
Über 3.200 Schülerinnen und Schüler aus 173 Schulen haben sich mit über 2.300 Arbeiten an der 60. Auflage des Wettbewerbs beteiligt. Die Landtagspräsidentin führte in ihrer Rede aus, dass sich die Politik intensiv mit Fragen des gesellschaftlichen Zusammenhalts beschäftige. „Zusammenhalt, das Gefühl, dass wir bei allen Unterschieden und manchmal gegensätzlichen Meinungen, auf einem gemeinsamen Fundament stehen – das ist die Voraussetzung, dass wir als Gemeinwesen Erfolg haben“, betonte sie. Die Politik könne Zusammenhalt fördern, etwa durch Mittel für Projekte. „Politik kann diesen gesellschaftlichen Zusammenhalt aber nicht verordnen. Er entsteht durch das Engagement der Bürgerinnen und Bürger“, machte die Präsidentin deutlich. Sie dankte auch ausdrücklich den Lehrerinnen und Lehrern, die den Wettbewerb an den Schulen begleiten: „Sie geben Orientierung, sie begleiten die Jugendlichen und vermitteln die Grundlagen für eine tolerante und liberale Gesellschaft.“
„In mehreren Arbeitsgängen wurde ein graphisch und bildlich absolut überzeugendes Werk geschaffen, das seine Botschaft klar und ausdrücklich übermittelt“ – so lautete die Bewertung der Förderpreisjury zum Plakat von Larissa Lindner. Die 22-Jährige hatte sich mit dem Thema Naturschutz oder Bedrohungen der Natur auseinandergesetzt und das Plakat „Der Wald kann auch ohne uns atmen“ eingereicht. Sie möchte auf ein Umweltproblem nicht nur hinweisen, sondern die Betrachter aufrütteln. „Larissa fordert uns eindrücklich auf, zu handeln, bevor wir unserer Umwelt und uns selbst irreparablen Schaden zufügen“, so Muhterem Aras.
„Sag mir, was Frieden ist“ ist der Titel der ausgezeichneten Videoreportage von Moritz Kramer und Simon Hedderich. Um eine breite Meinungsvielfalt aus unterschiedlichen Perspektiven anzubieten, haben die beiden Jungs sich viel Zeit für die Fragen an Experten genommen. Und so stellt das Förderpreisgremium fest: „Die Videoreportage wurde mit sehr großem Aufwand produziert. Die Arbeit ist sehr differenziert…..technisch sehr gut gemacht, mit tollen Schnitten, nicht langatmig, sondern spannend und berührend.“ Die Landtagspräsidentin stellt fest: „Als ich euren Film gesehen habe, habe ich mir gewünscht, auch Politik würde immer so funktionieren wie ihr vorgegangen seid.“
Jessica Binefeld und Alicia Kailer haben gemeinsam einen Song getextet und komponiert. Inspiriert wurden sie von Donald Trumps Aussagen zum Klimawandel. Professionell kombinierten sie Musikprogramm und eigenes musikalisches Können zu dem Song „Hört auf!“, der jeden auffordert, nicht wegzusehen, sondern aktiv zu werden. „Es wurde ein sehr abwechslungsreicher Song kreiert….. Insgesamt sehr lebendig, authentisch und geeignet, Gleichaltrige von ihrer Botschaft zu überzeugen“, so das Urteil des Förderpreisgremiums. Auch die Präsidentin zeigte sich beeindruckt: „Man hört einfach, dass ihr da viel Zeit und Herzblut reingesteckt habt“.
Die Förderpreisträgerinnen und –preisträger dürfen sich über ein Preisgeld in Höhe von jeweils 1.000 Euro freuen. Im Anschluss an die Preisverleihung gab es ein Treffen mit Volker Schebesta, Staatssekretär im Ministerium für Kultus, Jugend und Sport. Den Abschluss der Preisverleihung bildete am Abend ein Besuch des Musicals Bodyguard.
Auch über den Tag hinaus macht die Landeszentrale für politische Bildung den Preisträgern weitere Bildungsangebote, die neue Einsichten fördern und Kontakte eröffnen sollen.
Verkehrsausschuss mahnt beim Land mehr Sicherheit in Bussen und Bahnen an
Stuttgart – Im Jahr 2017 wies die polizeiliche Kriminalstatistik 4.523 Aggressionsdelikte, davon 3.082 Körperverletzungen, sowie 453 Fälle von Bedrohungen im Öffentlichen Nahverkehr auf. „Der Verkehrsausschuss empfindet die aktuelle Situation als absolut erschreckend“, so der Ausschussvorsitzende Karl Rombach (CDU) nach nicht öffentlicher Sitzung. Sicherheit im ÖPNV sei ein absolutes Muss, um ihn für Benutzer weiter attraktiv zu halten. „Die Mitglieder des Verkehrsausschusses unterstützen die Landesregierung in allem, diese erschreckenden Deliktzahlen zu verringern und – insbesondere zu Zeiten von Großveranstaltungen - mehr Sicherheitsgefühl herzustellen“, so Rombach.
Auf Antrag der Grünen-Fraktion hatte das Verkehrsministerium neue Zahlen vorgelegt. Danach hätten die Fälle von Aggressionsdelikten im vergangenen Jahr erneut um 8,3 Prozent auf 5.374 Fälle (2016: 4.963) zugenommen, berichtete der Ausschussvorsitzende. Dies gehe laut Verkehrsministerium vor allem auf die steigenden Opferzahlen bei vorsätzlich begangenen leichten Körperverletzungen um 7,7 Prozent auf 3.542 (2016: 3.289) Personen zurück. Bei den Aggressionsdelikten im ÖPNV stiegen die Opferzahlen beim Fahrdienstpersonal um 46 auf 136 Personen, wobei keine regionalen Schwerpunkte zu erkennen seien. Die Anzahl der Opfer von Bedrohungen im ÖPV erhöhte sich um 116 Personen auf 639 (2016: 523) Personen.
Die Polizeistatistik decke sich mit der der Deutschen Bahn, die für 2017 folgende Zahlen gemeldet habe: Schwere Körperverletzungen: 7 Vorfälle; Leichte Körperverletzungen: 57 Vorfälle und 592 Vorfälle im Bereich von Bedrohungen/Beleidigungen/Belästigungen.
Die Regionen seien durchaus unterschiedlich betroffen: Im Fokus stünden Großveranstaltungen und Fußballspiele. Regionalbahnen wie etwa die Hohenzollerische Landesbahn AG (HzL) habe für das Jahr 2017 insgesamt ca. zehn Übergriffe und eine Vielzahl von Beleidigungen gegenüber dem Fahrpersonal gemeldet.
Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) habe gegenüber dem Ausschuss bekräftigt, solche Delikte im ÖPNV seien „nicht tolerierbar“, so der Vorsitzende Rombach. Der Rechtsstaat sei gerade im Öffentlichen Nahverkehr jedoch nicht immer eingriffsbefugt. Baden-Württemberg schreibe als „Besteller“ von Regionalverkehr auf der Schiene als erstes und einziges Bundesland in seinen Ausschreibungen eine Quote von 1,6 Prozent des Finanzvolumens vor, das neben Zugbegleitern für Sicherheitspersonal ausgegeben werden müsse. Die Auswirkungen solcher Klauseln würden sich bald zeigen, habe sich Minister Hermann überzeugt gezeigt. Mit der Deutschen Bahn (DB Regio) sei das Ministerium in Verhandlungen über ein umfassendes Sicherheitskonzept. Aktuell gebe es Probeläufe. „Doppelstreifen“ würden im Schienenpersonennahverkehr beim Cannstatter Frühlingsfest auf dem Stuttgarter Regionalnetz eingesetzt. Dort würden ab 15 Uhr bis Betriebsende 100 Prozent der Bahnen mit Sicherheitspersonal abgedeckt. Neben dem „Sicherheitspaket Cannstatter Volksfest“ seien „Doppelstreifen“ auch auf den Verbindungsstrecken Stuttgart–Karlsruhe, Stuttgart–Heilbronn, Stuttgart–Rottweil, Stuttgart–Tübingen, Stuttgart–Geislingen, Stuttgart–Ulm, Stuttgart–Crailsheim sowie Stuttgart–Aalen eingesetzt.
Landwirtschaftsausschuss fordert bessere Krisenabsicherung für Milchviehbetriebe
Stuttgart. Der Ausschuss für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz fordert bessere und dauerhafte Maßnahmen zur Krisenabsicherung von Milchviehbetrieben, um diese etwa im Falle von Preisschwankungen schneller und effektiver unterstützen zu können. Das Gremium stimmte in seiner Sitzung am Mittwoch, 25. April 2018, auf Antrag der Fraktionen Grüne und CDU mehrheitlich dafür, dass sich die Landesregierung auf Bundes- und EU-Ebene für diese Forderungen einsetzt. „Die Milchwirtschaft in Baden-Württemberg ist für den Erhalt der Wirtschaftskraft insbesondere im ländlichen Raum von großer Bedeutung. Die jüngste Krise am Milchmarkt hat gezeigt, dass es unerlässlich ist, bessere Instrumente zur Krisenabsicherung zu schaffen“, sagte der Ausschussvorsitzende Martin Hahn (Grüne).
Nach Angaben Hahns wurden auch die Betriebe im Südwesten durch die vergangene Milchkrise hart getroffen. „Es mussten umfangreiche Maßnahmen auf EU-, Bundes- und Landesebene getroffen werden, um den Betrieben in dieser schwierigen Situation die notwendige Unterstützung zukommen zu lassen. Das hat deutlich gemacht, dass tragfähigere Lösungen notwendig sind“, so Martin Hahn.
In dem Antrag werden zwei Beschlüsse des Bayerischen Landtags vom 9. November 2017 aufgegriffen. Darin sei vermerkt, angesichts eines unzureichenden Sicherheitsnetzes im Milchmarkt müsse die Marktordnung um dauerhafte Maßnahmen ergänzt werden, die es ermöglichten, rechtzeitig und situationsbedingt auf Krisenfälle zu reagieren, um den Milchmarkt zu stabilisieren. Dazu zählten ein dauerhaftes Krisenmanagement zur Verringerung der erzeugten Milchmenge, welches im Falle des Versagens von Märkten das Angebot der tatsächlichen Nachfrage anpasse sowie die Schaffung eines funktionierenden Frühwarnsystems bei der Marktbeobachtungsstelle der EU-Kommission. So sollen Modelle zur freiwilligen Milchmengenreduzierung gegen Entschädigung geprüft werden. Ebenso solle geprüft werden, ob bei einer anhaltenden, ausgeprägten Krise in Betracht komme, als letztmöglichen Weg eine zeitlich befristete, EU-weite, obligatorische und entschädigungslose Milchmengenreduktion umzusetzen, so der Vorsitzende.
„Die Haltung von Milchkühen spielt nicht zuletzt aufgrund der produzierten Milchmenge und der damit verbundenen Arbeitsplätze eine bedeutende Rolle in der baden-württembergischen Landwirtschaft“, führte Hahn aus. Im Südwesten gab es im Jahr 2017 7.238 milchviehhaltende Betriebe mit insgesamt 343.515 Milchkühen. Davon wirtschafteten rund 741 Betriebe mit insgesamt 32.957 Tieren nach den Kriterien des Ökolandbaus. Im Wirtschaftsjahr 2016/2017 waren rund 19.600 Beschäftigte in den rund 7.200 Milchviehbetrieben tätig. In der Molkereiwirtschaft waren es rund 2.400 Personen.
Dem Vorsitzenden zufolge wurden im Jahr 2017 rund 2,4 Millionen Tonnen Milch in Baden-Württemberg produziert. Davon entfielen 2,2 Millionen Tonnen auf konventionelle Betriebe und rund 0,2 Tonnen auf Ökolandbetriebe. Hinzu kommen 207 Heumilchbetriebe mit rund 9.000 Kühen, die insgesamt 0,06 Millionen Tonnen Milch produzierten, davon 0,028 Millionen Tonnen konventionell und 0,033 Millionen Tonnen ökologisch.
Spitzenuniversitäten am Oberrhein haben Potenzial zur ersten Europäischen Universität
Stuttgart. Der Ausschuss für Europa und Internationales des Landtags von Baden-Württemberg hat in seiner Sitzung am Mittwoch, 25. April 2018, mit Prof. Dr. Hans-Jochen Schiewer, Rektor der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, die grenzüberschreitende universitäre Zusammenarbeit am Oberrhein erörtert. Dies teilte der Vorsitzende des Gremiums, der CDU-Abgeordnete Willi Stächele, mit. „Der Europäische Campus Eucor hat sich vor dem Hintergrund der langjährigen Kooperation der Hochschulen am Oberrhein entwickelt und ich bin zuversichtlich, dass hieraus in naher Zukunft eine echte Europäische Universität entstehen wird“, betonte Stächele.
Insgesamt bündle Eucor die Kompetenzen und Potenziale von 15.000 Forschenden und 11.000 Doktorandinnen und Doktoranden sowie mehr als 120.000 Studierenden. „Der Forderung des französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron nach Schaffung Europäischer Universitäten als Beitrag zur Neubelebung der Europäischen Union lassen wir am Oberrhein Taten folgen. Der Europäische Campus Eucor mit den Spitzenuniversitäten am Oberrhein hat das Potenzial, sich zur ersten wahrhaft Europäischen Universität weiterzuentwickeln, in der die Forschung und Lehre auf höchsten Niveau und mit den besten Universitäten aus Frankreich, Deutschland und der Schweiz gebündelt werden kann“, betonte Stächele im Rahmen der Sitzung.
Bereits im Dezember 2015 hätten die fünf Mitgliedsuniversitäten, die Universität Basel, die Universität Freiburg, die Université de Haute-Alsace, das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und die Université de Strasbourg den Europäischen Verbund für territoriale Zusammenarbeit Eucor gegründet. Dabei habe es sich um den ersten universitären Zusammenschluss dieser Art in Europa gehandelt.
Besondere Schwerpunkte setze dieser Europäische Campus auf Forschungsprojekte in den Bereichen Quantenphysik, Quantentechnologie, Präzisionsmedizin, Nachhaltigkeitswissenschaften und Kulturwissenschaften. Gefördert werde Eucor unter anderem mit Mitteln der Europäischen Union, informierte der Ausschussvorsitzende.
Sabine Kurtz zur stellvertretenden Landtagspräsidentin gewählt
Stuttgart – Die Leonberger Abgeordnete Sabine Kurtz (CDU) wurde in der 61. Sitzung des Landtags von Baden-Württemberg mit 71 Stimmen zur stellvertretenden Landtagspräsidentin gewählt. Die Wahl erfolgte im zweiten Wahlgang. Die 56-Jährige folgt in diesem Amt auf Wilfried Klenk (CDU), der als Staatssekretär ins Innenministerium wechselt. Die AfD-Fraktion bekam für ihren Gegenkandidaten, Dr. Heiner Merz, keine Mehrheit.
Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) würdigte zu Beginn der Sitzung unter lang anhaltendem Beifall des gesamten Parlaments den scheidenden Vizepräsidenten Wilfried Klenk (CDU): „Sie haben dem hohen Haus alle Ehre gemacht.“ Der Nachfolgerin Kurtz wünschte die Präsidentin alles Gute sowie eine „konstruktive Zusammenarbeit“.
Die Abgeordnete Kurtz hatte im ersten Wahlgang, an dem 135 Abgeordnete teilnahmen, 59 Ja-Stimmen erhalten und damit die notwendige Mehrheit denkbar knapp verfehlt. Der Gegenkandidat der AfD, Dr. Merz, kam auf 21 Stimmen. Zudem waren 26 Nein-Stimmen sowie 14 Enthaltungen abgegeben worden. Auf andere Namen entfielen 12 Stimmen, drei Wahlzettel waren ungültig. Bei der Berechnung werden Enthaltungen und ungültigen Stimmen von den abgegebenen Stimmen abgezogen, so dass mindestens 60 Stimmen für eine Mehrheit nötig gewesen wären.
Im zweiten Wahlgang, einer Stichwahl nach Paragraph 4, Absatz 4 Geschäftsordnung des Landtags, vereinigte Frau Kurtz 71 Stimmen auf sich und erreichte damit die erforderliche einfache Mehrheit. Dr. Merz erhielt 23 Stimmen. Zudem gab es 23 Enthaltungen und 19 ungültige Stimmen. An diesem Wahlgang nahmen 136 Abgeordnete teil. Es durften nur Ja- und keine Nein-Stimmen abgegeben werden.
Der Wahl vorangegangen waren mehrere Abstimmungen zur Geschäftsordnung. Die SPD hatte die Verschiebung der Wahl beantragt, um über die Notwendigkeit eines weiteren, dritten stellvertretenden Präsidenten eine grundsätzliche Diskussion führen zu können. Dieser Antrag wurde mit Parlamentsmehrheit ebenso abgelehnt wie ein Antrag der AfD auf Einrichtung eines zweiten stellvertretenden Landtagspräsidenten.
Das Vorschlagsrecht für die Landtagspräsidentin/den Landtagspräsidenten liegt bei der stärksten Fraktion, aktuell Bündnis 90/Die Grünen. Die erste stellvertretende Landtagspräsidentin oder den ersten stellvertretenden Landtagspräsidenten wird traditionell von der zweitstärksten Kraft im Parlament, aktuell der CDU-Fraktion, vorgeschlagen. Bei diesem Verfahren handelt sich um eine parlamentarische Gepflogenheit, die nicht in der Geschäftsordnung des Landtags von Baden-Württemberg geregelt ist.
Vita Sabine Kurtz
Sabine Kurtz, Jahrgang 1961, gehört dem Landtag von Baden-Württemberg seit 2006 an. Sie vertritt den Wahlkreis 6, Leonberg. Zuvor war die Politologin Referentin im Staatsministerium, bis 2002 parlamentarische Beraterin der CDU-Landtagsfraktion. Sabine Kurtz ist die Landesvorsitzende und stellvertretende Bundesvorsitzende des Evangelischen Arbeitskreises der CDU (EAK). Aktuell ist sie Vorsitzende des Untersuchungsausschusses „Zulagen Ludwigsburg“. Kurtz ist verheiratet und hat drei Kinder. Weitere Infos und Bilder zum Download finden Sie unter den nachfolgenden Links.
Weitere Informationen
Diskussion um Regelung zur Einrichtung gymnasialer Oberstufen an Gemeinschaftsschulen
Stuttgart – Mit Enthaltung stimmten die Vertreterinnen und Vertreter der Grünen im Bildungsausschuss über die Frage ab, ob die gesetzliche Regelung, die für Schulneugründungen gilt, auch auf die Einrichtung gymnasialer Oberstufen an Gemeinschaftsschulen angewendet werden kann. Mit Erlass vom 1.6.2017 verlangt das Kultusministerium von umliegenden Schulträgerkommunen die Erklärung, keinen Antrag auf eigene Oberstufen einzurichten. Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (VGH) hatte in einem Fall entsprechend geurteilt. „Die Koalitionspartner im Ausschuss interpretieren das VGH-Urteil unterschiedlich“, berichtete die Vorsitzende des Ausschusses, Brigitte Lösch (Grüne), nach nicht öffentlicher Sitzung. Die Abgeordneten von CDU, FDP/DVP und AfD hätten mit ihrem Nein die Haltung des Ministeriums gestützt und den SPD-Antrag, der das derzeitige Genehmigungsverfahren festschreiben wollte, abgelehnt. Die Grünen hätten ihre Bedenken mit einer Enthaltung ausgedrückt.
Die SPD-Fraktion hatte laut Lösch die Abstimmung darüber beantragt, dass das Kultusministerium am bisherigen Verfahren festhalten soll, wonach eine Gemeinschaftsschule, die eine dreijährige gymnasiale Oberstufe einrichten will, allein den Kriterien des Schulgesetzes unterliege und keine „öffentlich-rechtliche Vereinbarung“ mit den umliegenden Schulträgerkommunen abschließen müsse. Laut Gemeinschaftsschulgesetz ist eine Mindestschülerzahl von 60 Schülerinnen und Schülern für die Einrichtung einer gymnasialen Oberstufe an Gemeinschaftsschulen Voraussetzung. Der in der Sitzung anwesende Staatssekretär im Kultusministerium, Volker Schebesta (CDU), habe beteuert, sein Haus baue keine „neuen Hürden“ auf, wie vom Antragsteller SPD vorgeworfen. Die neuen Vorgaben seien lediglich „Konkretisierungen“. Schebesta habe präzisiert, dass die Ausgangslage für eine solche Vereinbarung die Ablehnung des Antrags einer Gemeinschaftsschule auf eine Oberstufe sei und nicht von vornherein greife. „Ein Teil der Ausschussmitglieder geht davon aus, dass über die Regelungen am Ende gerichtlich entschieden wird“, so Lösch.
Im öffentlichen Teil der Sitzung befasste sich der Bildungsausschuss auf Antrag von SPD und FDP/DVP mit der digitalen Bildungsplattform „ella“ sowie die Schulsoftware „ASFBW“, die an 620 Schulen in Baden-Württemberg installiert sind, aber in der Erprobungsphase nur von gut 120 Schulen genutzt werden. Das Kultusministerium kooperiert dafür mit der Landesdienstleisterin BitBW und dem Systemhaus für die öffentliche Verwaltung „KIVBF“. Nach Auskunft des Kultusministeriums sind für die Einführung rund 20 Millionen Euro Gesamtkosten eingeplant. In der Sitzung äußerten mehrere Mitglieder Kritik an der Informationspolitik des Ministeriums. Staatssekretär Schebesta bestätigte auf entsprechende Fragen, dass seit Juli 2017 lediglich ein so genannter „Letter of Intent“, also eine unverbindliche Absichtserklärung, bestehe und kein Vertrag, dessen Erfüllung einklagbar wäre. Die FDP/DVP-Vertreter im Bildungsausschuss beantragten daher, ihren Antrag für nicht erledigt zu erklären. Der Kultus-Staatssekretär sagte die Prüfung zu, ob der „Letter of Intent“ dem Ausschuss zur Verfügung gestellt werden kann. Für 50 000 Euro sei ein externes Gutachten vergeben worden. Mit einer „Rückmeldung“ sei bis Anfang Mai zu rechnen.
Sozialausschuss befasst sich mit Auswirkungen der EU-Verordnung 2017/745 über Medizinprodukte
Stuttgart. Der Ausschuss für Soziales und Integration hat sich in seiner Sitzung am Donnerstag, 19. April 2018, mit Auswirkungen der EU-Verordnung 2017/745 über Medizinprodukte (Medical Device Regulation, MDR) und Erstattungsregelungen auf den Gesundheitsstandort Baden-Württemberg, einem Antrag der FDP/DVP, befasst. Das hat der Vorsitzende des Gremiums, Rainer Hinderer (SPD), mitgeteilt. „Mit der Verordnung soll die Patientensicherheit in Europa verbessert werden. Die Menschen haben ein Recht auf gute Produkte“, so Hinderer.
Wie der Vorsitzende darlegte, sei der Entstehungsprozess der MDR langwierig gewesen. Bereits 2012 habe die Europäische Kommission ihren Entwurf vorgelegt, ein Jahr später habe das EU-Parlament eine Kompromissposition beschlossen. Nach fast dreijährigen Beratungen habe sich der Ministerrat schließlich auf eine gemeinsame Linie geeinigt. Nicht zuletzt das Bekanntwerden von Gesundheitsrisiken durch Brustimplantate, Stents und Hüftimplantaten hätten die Verschärfung der europäischen Regelungen notwendig gemacht. Die Landesregierung habe sich im Bundesrat mehrfach für einen Abbau von Innovationshemmnissen eingesetzt, gab Hinderer die Auffassung des Ministeriums wieder.
Konformitätsbewertungen, eine Art Zulassungsverfahren, seien nun für alle auf dem Markt befindlichen Medizinprodukte erforderlich. Das Bewertungsverfahren für Medizinprodukte, die keine Messfunktion haben und nicht steril angewandt werden, könnten die Hersteller in Eigenverantwortung übernehmen. Bei Produkten höherer Risikoklassen müsse als unabhängige Prüf- und Zertifizierungsstelle eine sogenannte Benannte Stelle hinzugezogen werden. Verantwortlich für ihre Benennung und Überwachung sei in Deutschland die Zentralstelle der Länder für Gesundheitsschutz bei Arzneimitteln und Medizinprodukten (ZLG). Die Anzahl der Benannten Stellen hätte sich von ursprünglich 85 auf derzeit 58 reduziert, elf sind in Deutschland ansässig.
Ein Jahr nach Inkrafttreten der MDR seien unter anderem die Neu-Akkreditierungen der Benannten Stellen noch nicht erfolgt, auch Auslegungsdokumente zur MDR würden noch fehlen. Dies habe Auswirkungen auf die Dauer von Zertifizierungsverfahren. Aus diesen Gründen sei es denkbar, dass nicht alle Hersteller vor Ablauf der dreijährigen Übergangsfrist Zertifikate nach der MDR für ihre Produkte erhielten. Die Verordnung sehe jedoch vor, dass sich Hersteller innerhalb dieses Zeitraums wahlweise nach altem oder nach neuem Recht zertifizieren lassen könnten.
Bei den Verhandlungen zu den neuen EU-Verordnungen sei von einer vielfach geforderten zentralen Zulassungspflicht abgesehen worden. „Damit bleibt gerade auch für kleine und mittelständische Unternehmen ein größerer Spielraum den Anforderungen an die Berichtspflicht ihrer Produkte nachzukommen“, betonte Hinderer.
Eine Änderung der Regelungen, hinsichtlich der Anforderungen an die klinische Bewertung und die klinische Prüfung von Medizinprodukten, der Berichtspflichten oder der Übergangsregelungen, würden ein neues Gesetzgebungsverfahren erfordern. Entsprechende Beschlussanträge hätten deshalb im Gremium keine Mehrheit gefunden. Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) habe einen „Nationalen Arbeitskreis zur Implementierung der MDR“ eingerichtet, den sogenannten NAKI. Ziel des NAKI und seiner Untergruppen sei es, Probleme und Fragen im Zusammenhang mit den neuen EU-Verordnungen zu identifizieren und praxisnahe Lösungen für eine sinnvolle Implementierung zu entwickeln. „Das Ministerium hat zugesagt, über die Erkenntnisse zu berichten“, so Hinderer abschließend.
Standorte der Polizeihochschule werden wegen steigender Zahl an Polizeischülern erweitert
Stuttgart. Aufgrund der steigenden Zahl an Polizeischülerinnen und Polizeischülern werden mehrere Standorte der Polizeihochschule für einen begrenzten Zeitraum erweitert. Dies geht aus einem Bericht von Finanzstaatssekretärin Gisela Splett hervor, der am Donnerstag, 19. April 2018, dem Finanzausschuss des Landtags vorgelegt wurde. „An den Standorten Villingen-Schwenningen, Biberach, Lahr und Wertheim sind umfangreiche bauliche und liegenschaftliche Maßnahmen notwendig, um die zusätzlichen Polizeischülerinnen und Polizeischüler ausbilden und unterbringen zu können“, teilte der Vorsitzende des Gremiums, der SPD-Abgeordnete Rainer Stickelberger, mit. Die grob geschätzten Gesamtbaukosten beliefen sich auf rund 37 Millionen Euro, die geschätzten Kosten für Anmietungen lägen bei rund 13,5 Millionen Euro für fünf Jahre.
Nach Angaben des Vorsitzenden wird mit der „Einstellungsoffensive 3“ die Zahl der Polizeianwärterinnen und -anwärter von 1.400 auf 1.800 in den Jahren 2018 und 2019 erhöht. „Dadurch wird deutlich mehr Platz für Unterrichtsräume, Trainingsplätze, Unterkünfte und Büros benötigt, was laut Finanzministerium durch Umbauten und Anmietungen an den bestehenden Standorten erfolgen soll. Zudem soll mit der Wiederinbetriebnahme des früheren Standorts Wertheim eine zusätzliche Ausbildungsstätte geschaffen werden“, so Rainer Stickelberger.
In Villingen-Schwenningen würden aufgrund von 400 neuen Studienplätzen zusätzliche Flächen (1.350 m2 für Hörsäle und 1.200 m2 für Büros) benötigt. Dafür sollen zwei Neubauten in Holzmodulbauweise errichtet werden. Darüber hinaus sei vorgesehen, unter anderem die Raumschießanlage, die Mensa und die Anzahl an Parkplätzen zu erweitern. Um die zusätzlichen Studierenden vor Ort unterbringen zu können, sei die Anmietung von 400 Unterkunftsplätzen außerhalb des landeseigenen Areals erforderlich. Es werde angestrebt, die Bauarbeiten auf dem Areal zum 1. Oktober 2019 abzuschließen. Um den Studienbeginn zum 1. April 2019 zu gewährleisten, solle der dafür notwendige Bedarf an Hörsälen und Büroflächen interimsweise über zusätzliche Anmietungen abgedeckt werden. Die Baukosten am Standort Villingen-Schwenningen beliefen sich auf etwa 16 Millionen Euro, die Kosten für Anmietungen auf rund 7,5 Millionen Euro für fünf Jahre.
An den Standorten Biberach und Lahr, wo derzeit jeweils rund 700 Polizistinnen und Polizisten ausgebildet werden, sollen ab September 2018 zusätzlich jeweils 100 Beamtinnen und Beamte in Ausbildung aufgenommen werden. Ab März 2019 sollen an beiden Standorten jeweils weitere 50 Personen hinzukommen. Die zusätzlichen Unterkunftsplätze an den Standorten werden laut Bericht in Modulbauten geschaffen. Für Unterrichtsräume könnten die bestehenden Gebäude genutzt werden, es seien nur kleinere Umbauarbeiten nötig. Am Standort Biberach würden die notwendigen Büroflächen als Containerbau angemietet. In Lahr sei für die Unterbringung einer Bibliothek die Anmietung von Containern vorgesehen. Die Baukosten in Biberach beliefen sich auf geschätzt rund 5,9 Millionen Euro, die Mietkosten auf rund 200.000 Euro. Für Lahr würden die Baukosten auf 6,2 Millionen Euro geschätzt, die Mietkosten auf rund 200.000 Euro.
Darüber hinaus soll der ehemals polizeilich genutzte Standort Wertheim wieder in Betrieb genommen werden. Dort soll Platz für 200 Auszubildende ab Juli 2018 und weitere 100 Personen ab September 2018 geschaffen werden. Die vorhandenen Gebäude seien für die Unterbringung der Polizeischüler, für die Verwaltung und für Teile der Lehrveranstaltungen geeignet und sollen hergerichtet werden. Weitere Bauarbeiten seien unter anderem für die Sicherung des Geländes, für eine Kantinenküche und für zusätzliche Stellplätze notwendig. Fehlende Räume für Unterricht, Einsatztrainings, eine Cafeteria und ein Wachgebäude sollen durch angemietete Container- und Modulbauten bereitgestellt werden. Die Flächen für Fahr- und Sicherheitstrainings sowie für die gesicherte Unterbringung von Dienstfahrzeugen würden ebenfalls angemietet. Die Baukosten in Wertheim beliefen sich schätzungsweise auf rund neun Millionen Euro, die Kosten für Anmietungen auf rund 5,5 Millionen Euro für fünf Jahre, fasste Stickelberger die wesentlichen Inhalte des Berichts zusammen.
Wohnbau-Genossenschaft-Insolvenz: Ministerin verspricht im Ausschuss lückenlose Aufklärung
Stuttgart – Im Zusammenhang mit der Insolvenz einer Stuttgarter Wohnungsbaugenossenschaft mit rund 450 Geschädigten sagte Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) dem Wirtschaftsausschuss des Landtags „lückenlose Aufklärung“ zu. Auf Antrag der Fraktionen SPD sowie FDP/DVP wurde das Thema in der Sitzung vom 18. April 2018 öffentlich behandelt. „Es ist dem Ausschuss ein Anliegen, aus diesem beispiellosen Vorgang zu lernen, auch weil aus Sicht der Abgeordneten der gute Ruf des Genossenschaftsmodells insgesamt dadurch nicht in Misskredit geraten darf“, so der Ausschussvorsitzende Dr. Erik Schweickert (FDP/DVP). „Wir sind der Ministerin für die Zusage dankbar, den bundesweit einzigartigen Fall lückenlos aufklären zu wollen. Darauf haben die vielen Geschädigten Anspruch.“
Die eingetragene Genossenschaft hatte von insgesamt 450 Privatanlegern 10,8 Millionen Euro eingesammelt, um sie bundesweit in Immobilien zu investieren. Die Genossenschaft befindet sich gegenwärtig im Insolvenzverfahren. Mit Verweis auf die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen gegen den früheren Geschäftsführer, beschränkte sich Ministerin Hoffmeister-Kraut in der Sitzung weitgehend auf formalrechtliche Erläuterungen: Nach Paragraf 64 Genossenschaftsgesetz (GenG) ist das Wirtschaftsministerium Aufsichtsbehörde über den genossenschaftlichen Prüfungsverband. „Wir haben die Rechtsaufsicht ordnungsgemäß wahrgenommen, Fragen der Zweckmäßigkeit unterliegen nicht der Rechtsaufsicht“, sagte die Ministerin auf entsprechende Fragen von Ausschussmitgliedern in der Sitzung.
Interne Gutachten hätten „unauffällige Gespräche“ in Erfüllung der Aufsichtspflicht durch den Prüfverband ermittelt, so Hoffmeister-Kraut. Warum das Ministerium trotz Bekanntwerden des Falls im Herbst 2017 erst im März 2018 ein externes Gutachten zur Aufklärung vergeben habe, beantwortete Hoffmeister-Kraut mit dem Hinweis auf lange Fristen bei der vergaberechtlichen Ausschreibung. Im dritten Quartal 2018 soll das externe Gutachten vorliegen. „Das Thema wird noch lange nicht erledigt sein“, so der Ausschussvorsitzende Dr. Schweickert. Der Ausschuss des Landtags könne zwar nicht unmittelbar eingreifen, aber dennoch den Blick auf mögliche Unzulänglichkeiten und Fehlstellungen im Prüfverfahren werfen. Den Mitgliedern des Fachgremiums gehe es wesentlich auch darum, dass das in Baden-Württemberg so erfolgreiche und hervorragend beleumundete Genossenschaftsmodell nicht diskreditiert werde. Die Ministerin sagte weitere Berichterstattung im Ausschuss zu.
Innenausschuss befasst sich mit besserer Vernetzung von Datenbanken in der EU
Stuttgart. Mit Möglichkeiten für eine bessere Vernetzung von Datenbanken in der EU und einem einfacheren Zugang von Sicherheitsbehörden zu den Informationssystemen hat sich der Ausschuss für Inneres, Digitalisierung und Migration in seiner Sitzung am Mittwoch, 18. April 2018, befasst. Bislang arbeiteten die verschiedenen Datenbanken getrennt voneinander, was die Abfrage von Daten und eine zügige Strafverfolgung und Terrorabwehr teilweise erschwert, teilte der Vorsitzende des Gremiums, der CDU-Abgeordnete Karl Klein, mit. Mit den von der Europäischen Kommission vorgeschlagenen Maßnahmen soll der Zugriff der Grenzschutz-, Migrations-, Visums- und Sicherheitsbehörden auf die verschiedenen europäischen Datenbanken neu geregelt und vor allem die Abfrage von Daten zur Identitätsfeststellung vereinfacht und beschleunigt werden.
Nach Angaben Kleins sind die nationalen Behörden mit einer komplexen Landschaft unterschiedlich geregelter Informationssysteme konfrontiert, da die Informationen getrennt in nicht miteinander verbundenen Systemen gespeichert werden. Dies verzögert die Anfrage nicht nur erheblich, sondern erhöht auch das Risiko, dass wichtige, für die Strafverfolgung notwendige Daten verloren gehen. Darüber hinaus besteht die Gefahr, dass Personen in verschiedenen EU-Datenbanken mit unterschiedlichen Alias-Personalien erfasst werden und Identitätsbetrug nicht erkannt wird. Mit den Vorschlägen will die Kommission die vorhandenen Informationen miteinander verknüpfen und damit besser nutzbar machen. „Diese neuen, vereinfachten Zugriffsmöglichkeiten bedeuten einen beachtlichen Mehrwert für die Strafverfolgungsbehörden“, führte Karl Klein aus.
Gesicherte Identitätsinformationen seien eine elementare Grundlage für die praktische Arbeit der Polizei-, Migrations- und Ausländerbehörden. Falschidentitäten, Dokumentenmissbrauch und Urkundendelikte im Zusammenhang mit Identitätsbetrug machten es für Straftäter möglich, unerkannt und unter Verschleierung ihrer wahren Identität zu handeln. „Vor dem Hintergrund der terroristischen Gefahrenlage und der großen Anzahl an Personen ohne gültige Identitätsdokumente in Deutschland und der gesamten EU kommt dem schnellen, automatisierten Zugriff auf internationale Datensysteme eine entscheidende Bedeutung zu“, legte der Ausschussvorsitzende dar.
Kurtz: Das neue Material bestätigt die bisher schon vorliegenden Informationen
Stuttgart. Der Untersuchungsausschuss Zulagen Ludwigsburg hat am 5. April 2018 vom Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst (MWK) einen Ordner Aktenmaterial nachgereicht bekommen, auf den die Zeugin Dr. Claudia Stöckle bei ihrer Vernehmung am 16. März 2018 hingewiesen hatte. Nach Abgleich des Materials durch das Ausschussbüro kann die Vorsitzende des Gremiums, Sabine Kurtz (CDU), den Inhalt des Begleitbriefes des MWK bestätigen: „Rund ein Fünftel der über 300 Seiten lagen dem Ausschuss bislang nicht vor, sind also unbekannt“, sagte Kurtz am Dienstag, 17. April 2018, in Stuttgart.
Vier Fünftel des „neuen“ Materials vom MWK wie auch das Material aus dem von Dr. Claudia Stöckle überlassenen AStA -Ordners habe sich bereits in anderer Zusammensetzung in den Akten befunden, die das MWK ordnungsgemäß bereits letztes Jahr überstellt habe. „Bis auf wenige Blätter sind der von Dr. Stöckle ausgehändigte Ordner und die vom MWK nachgereichten Papiere identisch“, so die Ausschussvorsitzende.
Bei den nun zusätzlich vorliegenden 52 Blatt handele es sich schwerpunktmäßig um Schreiben, E-Mails und Facebook-Auszüge von Studierenden bzw. ASta-Mitgliedern zu hochschulinternen Angelegenheiten wie etwa dem Buchhandel oder der Wiederholung von Klausuren. Außerdem enthalten sei Schriftverkehr zum Abwahlverfahren gegen die ehemalige Rektorin und Lösungsvorschläge des AStA zur Zukunft der Hochschule, die an die damals eingesetzte Kommission gerichtet gewesen seien.
„Ohne den Ausschussberatungen vorgreifen zu wollen, ist mein erster Eindruck, dass das neue Material die bisher schon vorliegenden Informationen bestätigt und unterstreicht“, bemerkte Sabine Kurtz.
Kommission schlägt vier Modelle der Altersabsicherung vor – Mehrheit für Versorgungswerk
Stuttgart. Nach zehn Sitzungen, darunter zwei öffentlichen, legte die „Unabhängige Kommission zur Altersversorgung der Abgeordneten“ dem Präsidium des Landtags am Mittwoch, 11. April 2018, ihren Abschlussbericht vor. „Wir haben uns fast acht Monate lang mit der Angemessenheit der Altersabsicherung von Abgeordneten beschäftigt“, so der Kommissionsvorsitzende Michael Hund. „Die Kommission schlägt auf Basis gemeinsam entwickelter Grundsätze vier Versorgungsmodelle für eine offene und intensive Beratung im Landtag unter breiter Beteiligung der Öffentlichkeit vor. Für uns maßgeblich waren ein modernes Leitbild der Landtagsabgeordneten, die verfassungsrechtlichen Anforderungen und sozialwissenschaftliche Perspektiven.“ Die größte Zustimmung unter den vier Modellen erhielt der auch vom Bürgerforum vorgeschlagene Beitritt zu einem Versorgungswerk für Abgeordnete.
Laut dem Vorsitzenden Hund betont die Kommission, es sei nach der Landesverfassung allein Aufgabe des Landtags, über eine Neuregelung der Altersversorgung durch Gesetz zu beschließen. „Alle von der Kommission und dem Bürgerforum erarbeiteten Vorschläge und Empfehlungen gehen davon aus, dass Änderungen der Altersversorgung der Abgeordneten angebracht sind, um Versorgungslücken angemessen zu schließen, die durch die Wahrnehmung eines Landtagsmandats und dessen Dauer entstehen. Zwischen den einzelnen Vorschlägen bestehen deutliche Unterschiede sowohl in Bezug auf das Versorgungs- und Finanzierungssystem als auch auf die Höhe der Versorgung und die damit verbundenen Kosten, die letztlich immer aus dem Landeshaushalt und damit aus Steuergeldern zu finanzieren sind.“
Landtagspräsidentin Muhterem Aras dankte der Kommission für die Vorschläge: „Der Landtag von Baden-Württemberg hat Neuland betreten. Er hat eine geradezu weise Entscheidung getroffen, sich bei diesem Thema von außen beraten zu lassen.“ Ihr persönlich sei es besonders wichtig gewesen, Bürgerinnen und Bürger einzubeziehen. Das Verfahren habe gezeigt, dass Bürgerbeteiligung wichtige Impulse setzen könne. Die Arbeit des Bürgerforums habe die Kommission inspiriert. „Ich glaube, dass wir diese Form der Beteiligung öfters einsetzen sollten. Ich bin überzeugt, dass wir damit eine Versachlichung der Debatte erreicht und neues Vertrauen geschaffen haben“, so Aras. Nun liege es an den Fraktionen, die Vorschläge zu bewerten und damit umzugehen.
Im Einzelnen schlagen die zehn Kommissionsmitglieder, die für mehrere Modelle stimmen konnten, folgende Lösungen vor:
1. Versorgungswerk für Abgeordnete
Mit großer Mehrheit von 8:2 Stimmen votieren die Mitglieder der Unabhängigen Kommission für den Beitritt zu dem bestehenden Versorgungswerk für Abgeordnete der Landtage Nordrhein-Westfalen und Brandenburg (= Modell A des Bürgerforums).
2. Versorgung durch den Landtag mit Renten-Rückdeckungsversicherung
Die Zustimmung von 7 Mitgliedern der Kommission erhielt das in der öffentlichen Expertenanhörung am 19. Februar 2018 vorgestellte (kapitalgedeckte) Modell einer Versorgung durch den Landtag als Versicherungsnehmer einer Renten-Rückdeckungsversicherung.
3. Unmittelbar staatliche Versorgung
Eine unmittelbar staatliche Versorgung unterstützen 5 Mitglieder der Kommission. Die Finanzierung soll vollständig oder zu einem möglichst großen Teil aus dem laufenden Haushalt durch Aufbau einer Kapitaldeckung erfolgen. Die Altersentschädigung ist auf der Grundlage eines Satzes von 2,0 % der aktiven Abgeordnetenentschädigung pro Mandatsjahr nach Erreichen der Altersgrenze von 67 Jahren zu zahlen. Die Abgeordneten erwerben danach binnen einer Legislaturperiode von fünf Jahren die Anwartschaft auf eine Altersentschädigung in Höhe von 10 % der monatlichen Bezüge aktiver Abgeordneter.
4. Drei-Säulen-Modell
Für die Beibehaltung des derzeit geltenden Versorgungssystems sprechen sich 3 Mitglieder der Kommission aus, jedoch mit Modifikationen ähnlich dem Modell B des Bürgerforums. Der Vorsorgebeitrag wird von derzeit 1.720 Euro auf maximal 2.000 Euro monatlich aufgestockt. Gleichzeitig ist die Grundentschädigung (von aktuell 7.776 Euro) in entsprechender Höhe zu vermindern. Der Vorsorgebeitrag ist primär in die gesetzliche Rentenversicherung mit dem Höchstbeitrag einzuzahlen und zusätzlich als Äquivalent für eine betriebliche Altersversorgung anzulegen. Eine weitere Eigenvorsorge ist individuell aus der Diät zu finanzieren. Sofern bei Mandatsantritt eine Mitgliedschaft in einem berufsständischen Versorgungswerk besteht, kann der Vorsorgebeitrag zur Erhaltung des Schutzes bei Erwerbsminderung auch dafür verwendet werden.
Hintergrundinformation
Kommission: Am 25. Juli 2017 nahm die „Unabhängige Kommission zur Altersversorgung der Abgeordneten“ ihre Arbeit auf. Hintergrund war ein später zurückgenommener Parlamentsbeschluss vom 10.Februar 2017, den Mitgliedern des Landtags eine Rückkehr zur staatlichen Pension zu ermöglichen. 2008 war der Wechsel auf die Eigenvorsorge der Abgeordneten für ihre Altersabsicherung beschlossen worden. Hierfür erhielten Parlamentarier einen Zuschuss in Höhe von damals rund 1500 Euro (heute: 1720 Euro), der den Höchstbeitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung abdeckte. Dies sollte in einem verkürzten Verfahren wieder geändert werden. Nach öffentlicher Kritik nahm Landtagspräsidentin Aras den Auftrag aus den Fraktionen an, eine Unabhängige Kommission einzusetzen.
Bürgerforum: Auf Initiative der Landtagspräsidentin wurde ein Bürgerforum, zusammengesetzt aus zufällig ausgewählten Bürgerinnen und Bürgern, eingerichtet. Es stellte seine Empfehlungen der Kommission Anfang Februar 2018 öffentlich vor. Das Bürgerforum plädierte für eine solidarische Bürgerrentenversicherung als Zukunftsvision, in die alle Bürger ohne Beitragsgrenze einzahlen. Eine Rückkehr zur „Staatspension“ lehnte es einstimmig ab. Als Grundlage für eine erneute gründliche Beratung des Landtags empfahl das Bürgerforum zwei alternative Modelle mit einem monatlichen Versorgungsaufwand von bis zu 2000 Euro (1. Pflichtbeiträge zu einem Versorgungswerk für Abgeordnete oder 2. ein Bausteinmodell mit Höchstbeiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung und einer Zusatzversorgung).
Weitere Informationen unter www.landtag-bw.de
Die vollständige Fassung des Abschlussberichtes mit Anlagen finden Sie unter kommission(interner Link)
Anlagen (4): Kurzfassung Kommissionsvorschläge, Einsetzungsauftrag, Kommissionsmitglieder, Kostenrahmen
Vizepräsident Wilfried Klenk: „Ich habe das Landesparlament sehr gern repräsentiert“
Stuttgart. Wilfried Klenk (CDU) wechselt nach gut einem Jahr Präsidentschaft und zwei weiteren Jahren als Vizepräsident des Landtags von Baden-Württemberg als Staatssekretär ins Innenministerium. „Ich habe das Parlament bis heute immer sehr gern repräsentiert, es war mir eine Herzensangelegenheit“, so Klenk. „Nach gut drei Jahren stelle ich mich aber ebenso gern neuen Aufgaben und anderer Verantwortung“. Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) würdigt die stets vertrauensvolle, kollegiale und faire Zusammenarbeit sowie eine Amtsführung auf gleicher Wellenlänge: deeskalierend, ausgleichend, sachlich. „Ich bedauere den Weggang von Vizepräsident Klenk. Ich wünsche ihm viel Erfolg und eine glückliche Hand bei seinen neuen Aufgaben.“
Die CDU-Fraktion als zweitgrößte Fraktion im Landtag hat das Vorschlagsrecht für eine Nachfolgerin oder einen Nachfolger im Vizepräsidentenamt. Am 24. April will sie bekannt geben, wen sie dem Landtag zur Wahl vorschlägt. Die Wahl kann dann in der Plenarsitzung am 25. April stattfinden. Paragraf 11 der Geschäftsordnung des Landtags regelt die Vertretung der Präsidentin. Eine Stellvertreterin oder ein Stellvertreter übernimmt die Aufgaben der Präsidentin bei Verhinderung, etwa Leitungen von Plenarsitzungen. Wilfried Klenk wird bis zur Wahl seiner Nachfolgerin oder seines Nachfolgers sein Vizepräsidentenamt ausüben.
Vita: Wilfried Klenk, geboren 1959, war ab 4. Februar 2015 Präsident des Landtags von Baden-Württemberg, seit 11. Mai 2016 amtierte er als stellvertretender Parlamentspräsident. Klenk ist seit 2001 Mitglied des Landtags von Baden-Württemberg über das Direktmandat im Wahlkreis 17 (Backnang). Vor seiner Wahl zum Präsidenten war der 59-Jährige Leiter des Stuttgarter Rettungsdienstes und der Oberleitstelle Baden-Württemberg.
Verspätete Aktenübergabe an Untersuchungsausschuss: Vorsitzende Kurtz fordert vom Ministerium mehr Ernsthaftigkeit
Stuttgart. Der Untersuchungsausschuss Zulagen Ludwigsburg hat am heutigen Donnerstag, 5. April 2018, vom Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst (MWK) weitere Akten erhalten. Dabei handelt es sich offensichtlich um einen Ordner, auf den die Zeugin Dr. Claudia Stöckle bei ihrer Vernehmung am 16. März 2018 hingewiesen hatte. Das teilte die Vorsitzende des Gremiums, Sabine Kurtz (CDU), mit. „Dieser Ordner wurde der Kommission zu Beginn ihrer Arbeit im Oktober 2014 von den Studierendenvertretern übergeben“, so Kurtz. „Der Untersuchungsausschuss hat bislang nicht gewusst, dass sich die Studierenden die Mühe gemacht hatten, einen eigenen Ordner für die Kommission zu erstellen.“ Die externe Kommission „HVF Ludwigsburg“ war vom Ministerium im Herbst 2014 zur Überprüfung des Zustands der Hochschule eingesetzt worden.
Kurtz zufolge umfasse das nun übergebene Material 322 Blatt. Der größte Teil des Materials sei dem Untersuchungsausschuss zwar schon im Rahmen der bisherigen Aktenvorlage übergeben worden. 52 Blatt seien zunächst nicht vorgelegt worden, wie das MWK in seinem Begleitschreiben an die Vorsitzende bemerkt habe. „Der Abgleich des nun vorgelegten Materials mit dem von der Zeugin Stöckle zur Verfügung gestellten Ordner muss jetzt erfolgen“, so Sabine Kurtz. Die Regierung sei nach dem Untersuchungsausschussgesetz verpflichtet, dem Ausschuss sämtliche den Untersuchungsgegenstand betreffende Akten vorzulegen, hob Kurtz hervor. Vor diesem Hintergrund zeigte sich Kurtz befremdet über die verspätete Aktenübergabe. Auch die Arbeitsweise der Kommission erscheine dadurch in einem fragwürdigen Licht, denn angeblich sei dem Ministerium dieser Ordner von Kommissionsmitgliedern erst jetzt überreicht worden. Diese verspätete Aktenübergabe strapaziere die Geduld des Ausschusses, vor allem vor dem Hintergrund, dass das MWK bereits die Übersendung eines von Prof. Dr. Ernst versprochenen Rechtsgutachtens unterbunden habe. „Ich kann das MWK nur auffordern, dem Untersuchungsausschuss mit mehr Ernsthaftigkeit zu begegnen“, so Sabine Kurtz abschließend.
66.000 Bürgerinnen und Bürger besuchten im vergangenen Jahr den Landtag
Stuttgart – Im Jahr 2017 kamen 66.743 Bürgerinnen und Bürger in den Landtag von Baden-Württemberg zu knapp 100 Veranstaltungen, Besichtigungen, Führungen oder Events. „Die Statistik zeigt eindrücklich: Das sanierte Landtagsgebäude mit seinem neuen Bürger- und Medienzentrum ist zu einem echten Anziehungspunkt geworden“, so Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne). „Ich freue mich, dass sich so viele Menschen für das Landesparlament interessieren.“
Besuchermagneten für den Landtag waren das Bürgerfest aus Anlass der Einweihung des Bürger- und Medienzentrums mit 12.000 Gästen sowie die Teilnahme an der „stuttgartnacht“ mit rund 8.000 Besucherinnen und Besuchern. Jeweils mehrere hundert Gäste kamen zudem zu Veranstaltungen wie dem Europatag oder zu Dialogveranstaltungen wie dem Senioren- oder Jugendparlament.
Rund 36.300 Landtagsbesucher machten eine Führung mit, deren Herzstück traditionell die Besichtigung des Plenarsaals ist – auch wenn gerade keine Plenarsitzung stattfindet. Von diesen Frauen, Männern und Jugendlichen, die als Gruppen kamen, waren mehr als 12.200 Schülerinnen und Schüler aus allen Teilen des Landes und in etwa je zur Hälfte von Realschulen und Gymnasien. Rund 10.000 Interessierte reisten in Besuchergruppen auf Einladung von Mitgliedern des Landtags an. Die mit 300 Personen stärkste ausländische Besuchergruppe kam aus Frankreich, dahinter lagen die USA mit 180 Gästen.
Zu den im Herbst 2017 als weitere Besuchsmöglichkeit geschaffenen freien Öffnungszeiten an Montagen (Ausstellung im Bürger- und Medienzentrum) sowie an bislang zwei Samstagen (Ausstellung mit Führung in den Plenarsaal) kamen mehr als 1.300 Personen. Allein zu Führungen mit Architekturschwerpunkt meldeten sich 2017 etwa 700 Frauen und Männer an, darunter viele Architekten, die das sanierte Haus des Landtags und das angegliederte Bürgerzentrum mit professionellem Blick betrachteten.
Hinweis:
Im Jahr 2010 zählte der Landtag 39.040 Besucherinnen und Besucher in Gruppenführungen, 2011 waren es 30.555, 2012: 35.952; 2013: 31.241; 2014: 16.526; 2015: 18.645 und im Jahr 2016 waren es 20.281 Besucher. Im vergangenen Jahr 2017 waren es rund 36.300 Gruppenbesucher. Vergleiche der genannten Zahlen sind nur eingeschränkt möglich. Der Grund: Die Kapazitäten waren aufgrund der Landtagssanierung und des Umzugs in den Interimslandtag (9/2013 bis 9/2016) geringer.
Zur Statistik: Bis 2016 bildeten die Besucherstatistiken des Landtags lediglich Gruppenführungen ab, nicht aber die Zahl der Gäste der jährlich aktuell gut 90 größeren und kleineren Veranstaltungen. Mit Beginn 2017 erhebt die Landtagsverwaltung eine Gesamtstatistik der Besucherzahlen.
Bauen und Hochwasserschutz: Ausschuss moderiert die Herstellung rechtmäßiger Zustände
Stuttgart – Der Petitionsausschuss des Landtags wirkte in seiner 18. Sitzung am 22. März 2018 im Falle einer fehlenden wasserrechtlichen Ausgleichsmaßnahme auf eine Lösung hin. Ein Petent hatte einen Hausbau im Überschwemmungsgebiet als rechtswidrigen Zustand angezeigt. Einstimmig votierte der Ausschuss dafür, die Petition an die Landesregierung zu überweisen mit der Maßgabe, gegenüber der Kommune die Weisung zu erteilen, rechtmäßige Zustände herzustellen. „Der Ausschuss war in dieser Bauangelegenheit als Moderator erfolgreich“, so die Vorsitzende des Petitionsausschusses, Beate Böhlen (Grüne). Gemeinsam mit dem Umweltministerium sei ein für alle Beteiligten gangbarer Verfahrensweg aufgezeigt worden.
Die Petition betraf eine Kommune im Großraum Stuttgart, der der Petent mehrere wasserrechtliche Verstöße und rechtwidriges Vorgehen im Zusammenhang mit einer Baugenehmigung vorwarf. Im Zuge der Bebauung nahe des Flüsschens Murr hätte der Bauherr einen Antrag auf wasserrechtliche Ausnahmegenehmigung durch Schaffung eines so genannten Retentionsraumausgleichs stellen können - und unterließ dies nach eigenen Angaben aus Unkenntnis. Die Stadt wiederum hätte Ausgleichsflächen für den Hochwasserschutz entweder vom Bauherren verlangen oder freiwillig selbst ausweisen müssen – und unterließ dies ebenfalls mit Verweis auf ein neues Hochwasserschutzkonzept, wonach sich der betreffende Neubau nicht mehr im Überschwemmungsgebiet befinde.
Der Petent verweist auf die Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie des Bundes, die aus seiner Sicht hätte angewendet werden müssen und verlangt, dem Recht zur Durchsetzung zu verhelfen. Das für die Fachaufsicht zuständige Regierungspräsidium Stuttgart habe sich, wie die Vorsitzende Böhlen aus einer früheren nicht öffentlicher Ausschusssitzung berichtete, nicht imstande gesehen, die wasserrechtlichen Erfordernisse gegenüber dem Bauherren durchzusetzen. Dies habe nur die Stadt selbst tun können - und unterlassen.
Die Mitglieder des Petitionsausschusses hätten diese behördliche Zurückhaltung kritisiert, berichtete Böhlen. Mit dem jetzigen Beschluss werde die Regierung ausdrücklich dazu aufgefordert, die Stadt anzuweisen, wieder rechtmäßige Zustände herzustellen – sei es durch die Ausweisung der erforderlichen Retentionsflächen
oder durch eine nachträgliche Ausnahmegenehmigung mit entsprechenden Auflagen.
Der stellvertretende Vorsitzende Norbert Beck (CDU), im Ausschuss Berichterstatter für diesen Fall, zeigte sich zufrieden: „Ich bin froh, dass wir im Einvernehmen mit dem Umweltministerium einen Weg gefunden haben, wie die betreffende Kommune wieder rechtmäßige Zustände herstellen kann.“
Hinweis: Die nächste Bürgersprechstunde des Petitionsausschusses findet am Freitag, 13. April 2018, 10.30 bis 15 Uhr in Villingen-Schwenningen statt. Hierzu ergeht eine gesonderte Einladung.
Lob im Umweltausschuss für den Fachplan „Landesweiter Biotopverbund“
Stuttgart. Mit Maßnahmen zur Stärkung des landesweiten Biotopverbunds, einem Antrag der Grünen, hat sich der Ausschuss für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft in seiner Sitzung am Donnerstag, 22. März 2018, befasst. Das hat der stellvertretende Vorsitzende des Gremiums, August Schuler (CDU), mitgeteilt. „Der Ausschuss hat sich über den aktuellen Stand bei der Umsetzung der Fachplanung ‚Landesweiter Biotopverbund‘ sowie des Generalwildwegeplans informiert“, so Schuler.
Biotope und Lebensstätten von Tier- und Pflanzenarten müssten in einem engmaschigen Netz miteinander verknüpft sein, um das Artensterben aufzuhalten. Baden-Württemberg zeichne sich durch seine besondere landschaftliche und auch ökologische Vielfalt aus. Gemäß den Paragraphen 20 und 21 des Bundesnaturschutzgesetzes hätten die Länder den Auftrag, einen Biotopverbund zu schaffen, der mindestens zehn Prozent der Landesfläche umfasst. Ziel sei, heimische Arten, Artengemeinschaften und ihre Lebensräume nachhaltig zu sichern sowie funktionsfähige, ökologische Wechselbeziehungen in der Landschaft zu bewahren, wiederherzustellen und zu entwickeln. Die Landesregierung habe sich im Koalitionsvertrag dazu bekannt, die Umsetzung des Biotopverbunds deutlich zu verbessern. Dies sei eine Voraussetzung dafür, dass das Artensterben nicht nur gestoppt, sondern auch eine Trendumkehr erreicht werden kann. Der Rückgang der biologischen Vielfalt müsse auch in Baden-Württemberg so schnell und so wirkungsvoll wie möglich gestoppt werden.
Der Ausschuss habe es begrüßt, dass die Landesregierung der Stärkung des landesweiten sowie länder- bzw. staatenübergreifenden Biotopverbunds eine erhebliche Bedeutung beimisst. Auf der Grundlage des für Baden-Württemberg erarbeiteten „Fachplans Landesweiter Biotopverbund“ als verbindlicher Planungsgrundlage könnten biotopverbundrelevante Flächen erhalten, entwickelt und gesichert werden. Er setze sich aus dem „Fachplan Landesweiter Biotopverbund für das Offenland“ und dem „Generalwildwegeplan“ für den Biotopverbund der terrestrisch an den Wald gebundenen Tierarten zusammen. „Der Fachplan hat eine hohe Qualität“, betonte Schuler. Dennoch gebe es bei der Umsetzung noch Luft nach oben. „Das Land hat hier jedoch nur begrenzte, unterstützende Möglichkeiten.“
Mit vier Modellprojekten in Kommunen, etwa in Albstadt und Singen, zur Umsetzung des landesweiten Biotopverbunds, die erfolgreich von der Landesanstalt für Umwelt umgesetzt würden, sowie mit den beiden Modellprojekten, die der BUND in Kooperation mit zwei weiteren Kommunen (Stockach und Nürtingen) umsetze, würden wertvolle Erkenntnisse für die landesweite Umsetzung generiert. „Die Modellprojekte haben positive Erkenntnisse gebracht“, führte der stellvertretende Vorsitzende aus. Die weitere konsequente Umsetzung des Fachplans im ganzen Land sei nach Abschluss der Modellprojekte das wesentliche Ziel, gab August Schuler die Ausführungen des Ministeriums wieder. Angestrebt werde dabei zunächst eine Priorisierung auf biotopverbundrelevante Flächen, auf denen mit vergleichsweise geringem Aufwand eine deutliche Verbesserung des Biotopverbunds erzielt werden könne, wie etwa in Landschaftsräumen mit hohen Defiziten an geeigneten Lebensräumen und Arten.
Der Biotopverbund werde von öffentlichen Planungsträgern, aber auch von Privatinitiativen, Vereinen oder Naturschutzverbänden umgesetzt. Konkrete Zahlen lägen nicht vor. Das liege unter anderem an der Heterogenität der Partner, die gegenüber dem Land keine Berichtspflicht hätten.
Landwirtschaftsausschuss: Wir sind das Land der kleinen Schlachtbetriebe
Stuttgart. Über die Situation und die Entwicklung von Schlachtbetrieben in Baden-Württemberg hat der Ausschuss für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz in seiner Sitzung am Mittwoch, 21. März 2018, beraten. Insgesamt zeigte sich das Gremium mit der Situation im Südwesten zufrieden. „Zwar ging die Zahl der Betriebe in den vergangenen Jahren leicht zurück, dennoch verfügt Baden-Württemberg über eine vergleichsweise dichte, vielfältige und stabile Schlachtstruktur. Das bedeutet nicht nur kurze Transportwege für die Tiere, sondern fördert auch die Herstellung regionaler Lebensmittel“, sagte der Ausschussvorsitzende Martin Hahn (Grüne).
Nach Angaben Hahns gibt es im Südwesten derzeit 901 Schlachtbetriebe, die eine EU-Zulassung zur Schlachtung von Huftieren besitzen. 2011 waren es 1.061 Betriebe. 2018 wird von einem kleinen Anstieg ausgegangen. Der größte Teil sind Schlachtstätten von landwirtschaftlichen Direktvermarktern und Metzgereien. Hinzukommen noch Gemeindeschlachthäuser, die durch kleine Metzgereien und Landwirte genutzt werden und teilweise nur einen Tag pro Woche in Betrieb sind. Lediglich rund 50 der 901 Schlachtbetriebe sind große Schlacht- und Dienstleistungsbetriebe. Die Nähe zwischen Schlachtung und Verarbeitung garantiert höchste Güte für die Verbraucher, so Martin Hahn.
Von Januar bis November 2017 wurden in Baden-Württemberg 475.159 Rinder (2016: 532.850), 4,3 Millionen Schweine (2016: 5 Millionen), 146.649 Lämmer (2016: 169.679), 12.880 Schafe (2015: 15.106), 5.235 Ziegen (2016: 5.235) und 476 Pferde (2016: 590) geschlachtet. Statistische Daten zum Anteil von Ökofleisch liegen nicht vor. Allerdings gibt die Zahl der meldepflichtigen Betriebe (mindestens 200 Schweine und/oder 75 Rinder pro Woche) einen Hinweis: Von diesen insgesamt 48 meldepflichtigen Betrieben verfügen 22 über eine Ökozulassung. „Aufgrund der steigenden Nachfrage nach Bioprodukten kann davon ausgegangen werden, dass die Zahl der Ökobetriebe weiter zunehmen wird“, so der Ausschussvorsitzende.
Kleinere Schlachtbetriebe, vor allem Metzgereien, sind gut über das Land verteilt. „Statistisch sind in jedem Landkreis 15 Metzgereien oder Landwirte für die Schlachtung von Schweinen oder Rindern zugelassen“, führte Hahn aus. Auf die kleinen Betriebe entfällt mit drei bis vier Prozent allerdings nur ein sehr kleiner Teil des gesamten Schlachtaufkommens in Baden-Württemberg. In den drei größten Schlachtbetrieben des Landes für Schweine werden rund 70 Prozent der Tiere geschlachtet. Die übrigen ca. 25 Prozent werden in mittleren Schlachthöfen verarbeitet.
Durch die hohe Zahl der Schlachtbetriebe und die flächendeckende Verteilung über das Land blieben den Tieren lange Transportwege erspart, was durch Verbraucherinnen und Verbraucher aufgrund der großen Nachfrage nach regionalen und ökologischen Produkten unterstützt werde, sagte Martin Hahn. Bei der Debatte sei jedoch auch auf die Gebühren für Schlachtbetriebe hingewiesen worden. Diese Gebühren müssten im Blick behalten werden, da zu hohe Kosten für kleinere Betriebe finanzielle Schwierigkeiten oder gar das Aus bedeuten könnten. Kleine und große Schlachtstätten dürften nicht über einen Kamm geschoren werden, da sie sich in ihrer Arbeitsweise sehr stark unterscheiden, so Martin Hahn.
Verkehrsausschuss fordert mehr Pünktlichkeit und Anschlusssicherheit auf Regionalbahnen
Stuttgart – Der Verkehrsausschuss des Landtags von Baden-Württemberg hat gegenüber Vertretern der DB Regio noch mehr Anstrengungen verlangt, Pünktlichkeit und damit auch Anschlusssicherheit der Regionalzüge zu gewährleisten. Dies berichtete der Vorsitzende des Gremiums, Karl Rombach (CDU) nach der Sitzung am Mittwoch, 21. März 2018. Die DB Regio habe einen mit der Landesregierung vereinbarten Zehn-Punkte-Plan durch zahlreiche Nachsteuerungen nahezu abgearbeitet. „Für die Bahn-Nutzer hat Unzufriedenheit immer einen konkreten Grund, da helfen keine Statistiken“, so Rombach. „Der Ausschuss dankt der DB Regio aber für ihre Zusage, ihren Beitrag zu leisten, Verärgerungen zu minimieren.“
In der Sitzung legten David Weltzien und Martin Selig von DB Regio dar, dass zwar insgesamt die Pünktlichkeit auf allen Regionalstrecken in Baden-Württemberg zugenommen habe, man sogar bundesweiter „Spitzenreiter“ bei der Behebung von Störungen sei, es aber nach wie vor „Brennpunktstrecken“ gebe. Die Bahn werte bis zu 5,59 Minuten Verspätung als „pünktlich“ und komme derart bei Fils- und Frankenbahn auf 92 Prozent Pünktlichkeit, so Rombach. Der Regionalleiter habe aber eingeräumt, System und Infrastruktur kämen an ihre Grenzen, etwa durch eingleisige Streckenabschnitte, aber auch bei Personalausfällen durch die Grippewelle oder extreme Wetterereignisse. Ganz konkret habe Stuttgart durch die Reduzierung von 16 auf derzeit 13 Gleise bei gleichzeitigem Mehrverkehr ein „Knotenproblem“, auch defekte Türen – derzeit gebe es 60 Stück - führten zu Verspätungen, die die „Anschlusssicherheit“ gefährdeten. Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) attestierte laut Rombach „allmähliche Verbesserung“ und maximale Transparenz in der Zusammenarbeit mit der Regional-Tochter der Deutschen Bahn. Viele Regionalbahnen liefen reibungslos, doch einzelne Strecken wie die Fils-, Remstal- oder Bodenseegürtelbahn bestimmten das negative Bild. Grund genug, die Anstrengungen auf den Problemstrecken zu erhöhen, so Vorsitzende Rombach und fügte für den parlamentarischen Fachausschuss hinzu: „Die Bitte ist der Wunsch des Vollzugs.“
Mit einer anderen Alternative zum Automobil befasste sich ein CDU-Antrag, der sich nach der Bedeutung des Busverkehrs für den Umwelt- und Klimaschutz in ländlichen wie städtischen Räumen erkundigte. Bis 2040 werde es einen Mix verschiedenster Antriebstechnologien geben, habe Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) ausgeführt und dem Gremium eine geteilte Strategie der Landesregierung dargelegt: Während reine Elektrobusse bzw. hybridisierte Fahrzeuge vorwiegend im innerstädtischen Bereich Einsatz fänden, setze die Landesregierung im Überlandbereich schwerpunktmäßig auf gasbetriebene Busse (Ottomotor) und sehe große Potenziale in der Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie. Allein wegen fehlender Wasserstofftankstellen und in Ermangelung marktreifer Wasserstoffbusse sei dies ein eher mittel- bis langfristiger Ausblick. Auch synthetische Kraftstoffe habe Minister Hermann als „Zukunftsbausteine“ eingestuft, die bislang ebenfalls keine technische und wirtschaftliche Marktreife erreicht hätten. Die nächste Generation umweltfreundlicher Busse werde mit Plug-In- und Hybrid-Technik ausgestattet sein. Baden-Württemberg verfüge aktuell über die „modernste Flotte der Republik“, habe Minister Hermann berichtet und dies auf die Förderpolitik der Regierung zurückgeführt. „Der Verkehrsausschuss begrüßte die Ehrlichkeit des Ministers in der Aussage, dass noch mehr als 20 Jahre lang ein Antriebsmix nötig sein wird“, so der Ausschussvorsitzende Rombach.
Verordnungsvorschlag zur Bewertung von Gesundheitstechnologien
Stuttgart. Der Ausschuss für Europa und Internationales des Landtags von Baden-Württemberg hat in seiner Sitzung am Mittwoch, 21. März 2018, einen Verordnungsvorschlag der Europäischen Kommission über die Bewertung von Gesundheitstechnologien erörtert. Dies teilte der Vorsitzende des Gremiums, der CDU-Abgeordnete Willi Stächele, mit. „Ob eine klinische Bewertung von Gesundheitstechnologien künftig nur noch auf Ebene der Europäischen Union und nicht mehr auf nationaler Ebene erfolgen soll, ist im Hinblick auf die Vereinbarkeit mit dem Subsidiaritätsprinzip kritisch zu hinterfragen“, betonte Stächele.
Der Verordnungsvorschlag der Europäischen Kommission sehe eine Harmonisierung im Bereich der klinischen Bewertung von Gesundheitstechnologien vor. Für die Mitgliedstaaten sollen demnach die Mitarbeit an gemeinsamen Bewertungen sowie die Verwendung der klinischen Bewertungen für die nationale Entscheidung über Preisbildung und Erstattung künftig verpflichtend sein. Laut Vorschlag der Europäischen Kommission solle die Harmonisierung gelten für die Bereiche der gemeinsamen klinischen Bewertungen, der wissenschaftlichen Beratung von Arzneimittel- und Medizinprodukteherstellern sowie der Identifikation kommender Gesundheitstechnologien. Darüber hinaus sei eine freiwillige Zusammenarbeit in den nicht harmonisierten Bereichen geplant.
Der Ausschuss habe eine Beschlussempfehlung verabschiedet, wonach eine vollständige Harmonisierung der klinischen Bewertungen von Gesundheitstechnologien einen Eingriff in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten für die Festlegung und Organisation ihres Gesundheitswesens und der medizinischen Versorgung darstellen würde. Die von der Europäischen Kommission angestrebten Ziele könnten auch über erweiterte Verfahren der freiwilligen Kooperation der Mitgliedstaaten erreicht werden, weshalb im weiteren Gesetzgebungsverfahren sichergestellt werden müsse, dass die hohen deutschen Qualitätsanforderungen nicht unterlaufen und der Grundsatz der Subsidiarität eingehalten werde.
Bildungsausschuss betont hohen Stellenwert der frühkindlichen Bildung
Stuttgart. Forciert die Landesregierung den Ausbau des Betreuungsangebots und die Qualitätssicherung in der frühkindlichen Bildung mit ausreichend Nachdruck, um die Bedarfe der Eltern zu decken und auf steigende Geburtenraten vorbereitet zu sein? Dieser Frage, einem Antrag der SPD, ist der Ausschuss für Kultus, Jugend und Sport in seiner Sitzung am Donnerstag, 15. März 2018, nachgegangen. Das hat die Vorsitzende des Gremiums, die Grünen-Abgeordnete Brigitte Lösch, mitgeteilt. „Baden-Württemberg legt großen Wert auf Qualität und Quantität bei der frühkindlichen Bildung“, betonte Lösch.
Wie die Vorsitzende ausführte, habe Baden-Württemberg in den letzten Jahren große Fortschritte im Ausbau der Kleinkindbetreuung gemacht. Die Zahl der genehmigten Plätze an Kindertageseinrichtungen habe sich in Baden-Württemberg im Verlauf der Jahre 2012 bis 2017 nach den Ergebnissen der Kinder- und Jugendhilfestatistik von 448.066 (2012) auf 488.544 (2017) hin entwickelt. Maßgebend für den Ausbau der Betreuungsplätze sei der Bedarf an Betreuungsplätzen vor Ort. Laut Brigitte Lösch zeige der Befund, dass im Land Bedarf an weiteren Betreuungsplätzen für Kinder unter drei Jahren bestünde. „Die Kommunen und freien Träger unternehmen große Anstrengungen, zusätzliche Betreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren zu schaffen“, so Lösch. Die Zahl der betreuten Kinder unter drei Jahren sei innerhalb eines Jahres um rund 7.000 angestiegen. Die Betreuungsquote in Baden-Württemberg sei unterschiedlich, sie liege etwa in Heidelberg bei 47,9 Prozent und in Stuttgart bei 37 Prozent, der Bundesdurchschnitt liege laut der DJI-Kinderbetreuungsstudie bei 46 Prozent. Auch aufgrund der demografischen Entwicklung wird Baden-Württemberg weiterhin bedarfsgerecht ausbauen müssen.
Um den Ausbau der Kleinkindbetreuung voranzubringen, hätten sich Land und kommunale Landesverbände in Baden-Württemberg 2011 darauf verständigt, dass sich das Land in deutlich größerem Umfang an den Betriebskosten der Kinderbetreuung beteilige als zuvor. Für die Jahre 2012 und 2013 seien Erhöhungen um jeweils 300 Millionen Euro vereinbart worden. Seit 2014 übernehme das Land 68 Prozent der Betriebsausgaben, wobei die Bundesmittel für die Betriebskostenförderung mitberücksichtigt würden. Die Zuweisungen des Landes zur Kleinkindbetreuung würden in diesem Jahr zum ersten Mal deutlich über 900 Millionen Euro liegen. Im Jahr 2019 werde sich das Land voraussichtlich zum ersten Mal mit mehr als einer Milliarde an den Betriebskosten der Kleinkindbetreuung beteiligen, erläuterte Lösch.
In Anknüpfung an den Pakt für Familien mit Kindern aus dem Jahr 2011 verhandelt die Landesregierung mit den kommunalen und freien Trägern den Pakt für gute Bildung und Betreuung. Dabei soll vor allem die Qualitätssicherung und -entwicklung im Mittelpunkt stehen.
Wie die Ausschussvorsitzende ausführte, habe die Landesregierung in den letzten Jahren unterschiedliche Maßnahmen ergriffen, um den Bedarf an pädagogischen Fachkräften im Bereich der Kindertagesbetreuung zu decken. So seien die Kapazitäten der Erzieherinnen- und Erzieherausbildung erhöht worden und es sei ermöglicht worden, die Ausbildung in einer vergüteten, praxisintegrierten Form zu absolvieren. „Darüber hinaus brauchen wir eine Fachkräfteoffensive für Kitas, die eben den Ausbau der praxisorientierten Erzieherinnen- und Erzeiherausbildung (PiA) fördert“, so die Ausschussvorsitzende. Die Ministerin habe angekündigt, bis zum Sommer über die Ergebnisse des Paktes für gute Bildung und Betreuung zu berichten.
Ausschuss setzt Heike Haseloff-Grupp als Ermittlungsbeauftragte ein
Stuttgart. Der Untersuchungsausschuss Zulagen Ludwigsburg hat in seiner nicht öffentlichen Sitzung am Freitag, 16. März 2018, auf Antrag der Fraktionen Grüne, CDU, SPD und FDP/DVP die Einsetzung einer Ermittlungsbeauftragten beschlossen. „Ermittlungsbeauftragte wird Heike Haseloff-Grupp“, teilte die Vorsitzende des Gremiums, Sabine Kurtz (CDU), mit.
Kurtz zufolge sei Heike Haseloff-Grupp bis zu ihrer Pensionierung im September 2017 Präsidentin des Landessozialgerichts Baden-Württemberg gewesen. Sie habe sich heute den Ausschussmitgliedern kurz vorgestellt. „Die Ermittlungsbeauftragte soll die für Ziffer 16 des Untersuchungsauftrags relevanten Sachverhalte prüfen, die im Bereich der Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen Ludwigsburg (HVF) vor Ort ermittelbar sind“, erläuterte Sabine Kurtz. Ziffer 16 des Untersuchungsauftrags befasse sich mit der Frage, wie und in welcher Form die Hausspitze des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst laufend über die Vorgänge rund um die HVF informiert worden sei. „Heike Haseloff-Grupp kann zu diesem Zweck Personen informatorisch anhören sowie Dokumente beschaffen und auswerten“, so die Vorsitzende.
„Die Ermittlungsbeauftragte gibt keine öffentlichen Erklärungen ab“, betonte Sabine Kurtz. Sie solle dem Ausschuss schriftlich und mündlich über ihre Erkenntnisse berichten und einen Vorschlag unterbreiten, welche der von ihr beigezogenen sächlichen Beweismittel oder Zeugen für die Erfüllung des Untersuchungsauftrages von Bedeutung sein könnten. „Der schriftliche Bericht soll dem Ausschuss am 30. Juni 2018 vorliegen“, sagte Kurtz.
Staatssekretärin im Wirtschaftsausschuss: Evaluierung Landestariftreuegesetz in diesem Jahr
Stuttgart – Für das Tariftreue- und Mindestlohngesetz Baden-Württemberg (LTMG) sollen in diesem Jahr die Ergebnisse der Evaluierung vorgelegt werden. Dies habe die Staatssekretärin Katrin Schütz in der auswärtigen Sitzung des Wirtschaftsausschusses am 14. März 2018 angekündigt, berichtete der Ausschussvorsitzende Dr. Erik Schweickert (FDP/DVP). „Dem Tariftreue- und Mindestlohngesetz werden teilweise massive bürokratische Belastungen der hiesigen Unternehmen zugeschrieben“, so Schweickert. „Der Wirtschaftsausschuss begrüßt daher, dass die Landesregierung nun zeitnah die Auswirkungen des Gesetzes bewerten will.“
Staatssekretärin Schütz habe in der Antwort eines Antrags zur Evaluierung des Tariftreu- und Mindestlohngesetzes angekündigt, dass die Vergabe eines externen Evaluationsauftrags im April dieses Jahrs geschehen soll und mit einem Evaluationsergebnis zum Jahresende 2018 zu rechnen sei. Die externe Vergabe sei der Erkenntnis geschuldet, dass das Knowhow des Ministeriums dafür nicht ausreiche. Aus den Reihen der Oppositionsfraktionen gab es mehrere kritische Stimmen, die Evaluierung beginne damit zu spät. Das Gesetz selbst gebe nämlich in Paragraf 11 LTMG vor, dass die Evaluation nach einer vierjährigen Erfahrungsphase zu geschehen habe und damit Mitte des vergangenen Jahres hätte beginnen können bzw. sollen. Vor dem Hintergrund des von der Landesregierung eigentlich schon in ihrem Koalitionsvertrag identifizierten bürokratischen Aufwands für die Wirtschaft wurde dies teilweise als deutlich zu lang bewertet.
Passend zu Initiativen, die sich mit der Zukunft der Arbeit befassen, tagte der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau wie auch der Wissenschaftsausschuss in den Räumen des Fraunhofer-Instituts Stuttgart-Vaihingen (IZS). Nach einem über zweistündigen Rundgang durch verschiedene Institute brachten der Technologiebeauftragte des Landes Baden-Württemberg, Prof. Dr.-Ing. Prof. e. h. Wilhelm Bauer, sowie weitere Institutsleiter der Fraunhofer-Gesellschaft den Landtagsabgeordneten mehrere Forschungsschwerpunkte näher, die mit vom Landtag Baden-Württemberg bereitgestellten Mitteln mitfinanziert werden.
So wird dort derzeit beispielsweise das Projekt Popup Labor BW – ein Teilprojekt der „Innovationswerkstatt Baden-Württemberg“ – zur Unterstützung der Innovationstätigkeit Kleiner und Mittlerer Unternehmen (KMU) umgesetzt. Das Wirtschaftsministerium habe die Anfrage der FDP/DVP-Fraktion positiv beantwortet, die Popup Labore bewusst mit Beratern und Coaches, aber auch Akteuren wie Kammern oder Fördereinrichtungen aus der jeweiligen Region zu vernetzen, so der Vorsitzende Schweickert. „Übergreifend wurde es als sinnvoll erachtet, nach den beiden ersten Popup Laboren in Schwäbisch Gmünd und in der Ortenau eine detaillierte Evaluierung und die Entwicklung eines auf Dauer angelegten Modell-Labors vorzunehmen.“ Der Ausschuss habe das Format der Popup Labore als geeignetes Format niederschwelligen Technologietransfers für die KMU in Baden-Württemberg gelobt.
Des Weiteren haben die Ausschussmitglieder einen Antrag zur Flexibilisierung der Arbeitszeit sowie zur effizienten Verwendung von Geldern für Integrationsprogramme beraten.
Investitionsförderung braucht neue Förderkriterien
Stuttgart. Der Ausschuss für Soziales und Integration hat sich in seiner Sitzung am Donnerstag, 15. März 2018, mit Auswirkungen der Kürzungen der grün-schwarzen Koalition bei der Investitionsförderung für Behinderteneinrichtungen, einem Antrag der SPD, befasst. Das hat der stellvertretende Vorsitzende des Gremiums, Ulli Hockenberger (CDU), mitgeteilt.
Wie Hockenberger ausführte, trage das Land mit der Förderung von Investitionen in Einrichtungen der Behindertenhilfe dazu bei, zeitgemäße und wohnortnahe Infrastruktur für Menschen mit Behinderungen zu gestalten. Die Einrichtungsträger seien auf die Förderung des Landes angewiesen, um ihre Projekte zu verwirklichen. Der Haushaltsansatz im Staatshaushaltsplan 2017 sei um etwa eine Million Euro gekürzt worden. Der Ausschuss habe sich über die Auswirkungen der Kürzungen informiert. „Dabei hat das Ministerium erläutert, dass es keinen Förderstau gibt“, so Hockenberger. Am 8. März 2018 habe der Förderausschuss getagt. Alle Projekte, die auf der Warteliste gestanden hätte, seien bewilligt worden, gab der stellvertretende Vorsitzende die Ausführungen des Ministeriums wieder. In der Tat, würde nun ein Förderstopp eingelegt. „Das neue Bundesteilhabegesetz hat einen Paradigmenwechsel von der Objekt- zur Subjektförderung vorgenommen. Neue Förderkriterien müssen zügig erarbeitet werden“, so Hockenberger.
Nach Angaben des stellvertretenden Vorsitzenden seien im Jahr 2016 41 Förderanträge mit 46 Projekten gestellt worden, die gesamten zuwendungsfähigen Kosten hätten sich auf rund 70 Millionen Euro belaufen. 2017 seien 65 Förderanträge mit zuwendungsfähigen Gesamtkosten von rund 105 Millionen Euro gestellt und letztlich über Förderempfehlungen 2017 und 2018 bewilligt worden.
Hockenberger zufolge haben Menschen mit Behinderungen auf Grundlage der UN-Konvention das Recht, ihre Wohn- und Arbeitsverhältnisse frei zu wählen. Entsprechend diesen Vorgaben soll die Investitionsförderung dazu beitragen, wohnortnahe Infrastruktur in den Stadt- und Landkreisen aufzubauen. Mit den neuen Rahmenbedingungen des Bundesteilhabegesetzes und dessen Umsetzung im Land würden sich Chancen und Herausforderungen für die Weiterentwicklung der Wohnmöglichkeiten für Menschen mit Behinderungen ergeben. In diesem Jahr widme sich das Sozialministerium unter Einbeziehung aller relevanten Akteure der Investitionsförderung. Die Verwaltungsvorschrift des Sozialministeriums zur Investitionsförderung von Behinderteneinrichtungen sei bis 31. Dezember 2018 verlängert worden.
In öffentlicher Sitzung hatte sich das Gremium zuvor mit dem Gesetzentwurf der Landesregierung zur Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes in Baden-Württemberg befasst. Der Gesetzentwurf wird am Mittwoch, 21. März 2018, in zweiter Lesung im Plenum behandelt.
Finanzausschuss fordert Regierung auf, Anzahl und Volumen externer Gutachten zu reduzieren
Stuttgart. Der Finanzausschuss des Landtags hat die Landesregierung aufgefordert, die Anzahl und das finanzielle Volumen externer Beratungsleistungen zu reduzieren. „Insbesondere in den Bereichen, in denen es durch die Haushaltspläne 2017, 2018 und 2019 Stellenzuwächse gibt oder noch geben wird, soll die Eigenleistung deutlich ausgeweitet werden. Außerdem soll innerhalb der Landesverwaltung vorhandenes spezifisches Fachwissen ressortübergreifend stärker genutzt werden. Einen entsprechenden Beschluss fasste der Finanzausschuss auf Anregung des Rechnungshofs in seiner Sitzung am Donnerstag, 15. März 2018, einstimmig“, teilte der Ausschussvorsitzende Rainer Stickelberger (SPD) mit. Im Jahr 2016 belief sich das Volumen für externe Beratungsleistungen für alle Ressorts auf insgesamt 13,4 Millionen Euro.
Nach Angaben des Vorsitzenden umfasst die Entscheidung des Ausschusses darüber hinaus die Aufforderung, den Dienststellen über ein elektronisch unterstütztes Verfahren die Möglichkeit zu geben, sich über entsprechende Kompetenzen bei anderen Dienststellen zu informieren. Außerdem soll die Regierung einen weiteren Bericht für die externen Beratungsleistungen in den Jahren 2017 und 2018 vorlegen. Über die veranlassten Schritte soll dem Landtag bis zum 30. April 2019 berichtet werden, zudem soll bis dahin der neue Bericht vorliegen, sagte Stickelberger.
In einer von der Landesregierung vorgelegten Übersicht sind alle externen Beratungsleistungen aufgeführt, die von den Ministerien und den nachgeordneten Dienststellen in den Jahren von 2014 bis 2016 in allen Aufgabenbereichen vergeben wurden. In der etwa 150 Seiten umfassenden Übersicht wurde darüber hinaus die Entwicklung der Gesamtausgaben für Beratungsleistungen seit dem Jahr 2008 aufgeführt. Demnach belief sich das Gesamtvolumen für das Jahr 2016 auf rund 13,4 Millionen Euro. Im Jahr 2008 betrugen die Beratungsleistungen rund 8,1 Millionen Euro. Der höchste Stand wurde im Jahr 2015 mit etwa 19,1 Millionen Euro erreicht, so der Ausschussvorsitzende.
Laut Stickelberger sind in der Auflistung für die Bereiche der Ministerien folgende Gesamtauftragssummen für das Jahr 2016 erfasst: Staatsministerium: 72.954 Euro (2015: 72.570 Euro), Innenministerium 2,1 Millionen Euro (2015: 1,3 Millionen Euro), Kultusministerium 33.856 Euro (2015: 18.147 Euro), Justizministerium 9.094 Euro (2015: 1,6 Millionen Euro), Finanzministerium 1,1 Millionen Euro und Wirtschaftsministerium 504.036 Euro (2015 Ministerium für Finanzen und Wirtschaft 1,6 Millionen Euro), Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz 713.278 Euro (2015: 459.920 Euro), Sozialministerium 519.188 (2015: 255.806 Euro), Umweltministerium 690.285 Euro (2015: 4,7 Millionen Euro), Verkehrsministerium 3,7 Millionen Euro (2015: 6,4 Millionen Euro), Wissenschaftsministerium 3,8 Millionen Euro (2015: 2,4 Millionen Euro), Integrationsministerium 129.143 Euro (2015: 64.697 Euro).
Landgericht Stuttgart bestätigt Rechtsauffassung des Untersuchungsausschusses „Rechtsterrorismus/NSU BW II“
Stuttgart. Das vom Untersuchungsausschuss „Das Unterstützerumfeld des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) in Baden-Württemberg und Fortsetzung der Aufarbeitung des Terroranschlags auf die Polizeibeamten M. K. und M. A. (Rechtsterrorismus/NSU BW II)“ angestrengte Ordnungsgeldverfahren gegen eine als Zeugin vernommene Rechtsanwältin ist abgeschlossen. „Das Landgericht Stuttgart hat mit Beschluss vom 28. Februar 2018 das vom Amtsgericht Stuttgart festgesetzte Ordnungsgeld in Höhe von 1.000 Euro bestätigt“, teilte der Vorsitzende des Gremiums, der SPD-Abgeordnete Wolfgang Drexler MdL, am Mittwoch, 14. März 2018, mit.
Die Rechtsanwältin R.L. wurde – nachdem sie sich im Januar 2017 eigeninitiativ an den Untersuchungsausschuss gewandt hatte – in der Ausschusssitzung am 20. März 2017 als Zeugin vernommen. Dabei bekundete sie, im Zuge ihrer Tätigkeit als Strafverteidigerin Kontakt zu einer Person gehabt zu haben, die sie mehrfach und zu unterschiedlichen Themenkomplexen getroffen habe. Anfang des Jahres 2009 habe ihr diese Kontaktperson vom „Polizistenmord in Heilbronn“ berichtet. Die Nennung ihrer Quelle verweigerte die Zeugin unter Berufung darauf, es handele sich um eine Hilfsperson der Verteidigung, deren Sicherheit zudem gefährdet sei.
Nach Auffassung des Untersuchungsausschusses hatte die Zeugin dadurch das Zeugnis ohne gesetzlichen Grund verweigert, weil mangels Mandatsbezuges weder ein strafprozessuales Zeugnisverweigerungsrecht bestehe noch Anhaltspunkte für eine Gefährdung der Kontaktperson ersichtlich seien. Deshalb wurde mit Schreiben vom 7. April 2017 beim zuständigen Amtsgericht Stuttgart beantragt, gegen die Zeugin ein Ordnungsgeld in Höhe von 1.000 Euro und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft von 20 Tagen festzusetzen. Mit Beschluss vom 7. November 2017 gab das Amtsgericht Stuttgart diesem Antrag statt.
Die seitens der Zeugin hiergegen eingelegte Beschwerde hat das Landgericht Stuttgart mit Beschluss vom 28. Februar 2018 verworfen: Der Zeugin stehe kein Zeugnisverweigerungsrecht aus ihrer Tätigkeit als Rechtsanwältin zu, weil das bloß anlässlich der Berufsausübung Erfahrene nicht der anwaltlichen Verschwiegenheitspflicht unterliege. Außerdem seien keine konkreten Anhaltspunkte vorgetragen oder ersichtlich, wonach ernsthaft eine Gefahr für Leib und Leben zu befürchten wäre.
„Da gegen diese Entscheidung keine weiteren strafprozessualen Rechtsmittel offenstehen, ist beabsichtigt, die Zeugin zu einer der kommenden Sitzungen zu laden“, so der Ausschussvorsitzende.
Landtag beschließt Resolution gegen Antisemitismus und Berufung eines Beauftragten
Stuttgart – Der Landtag von Baden-Württemberg hat am Mittwoch, 7. März 2018, mit großer Mehrheit eine Resolution gegen Antisemitismus und Judenfeindlichkeit verabschiedet. Gleichzeitig erging die Aufforderung an die Landesregierung, einen Antisemitismusbeauftragten zu berufen. In der namentlichen Abstimmung votierten von 133 anwesenden Abgeordneten 115 mit Ja, einer mit Nein, 17 enthielten sich. Vier von fünf Fraktionen hatten den Antrag gemeinsam eingebracht.
Zahlreiche Vertreterinnen und Vertreter der israelitischen Religionsgemeinschaften in Baden-Württemberg wohnten der gut zweistündigen Debatte sowie der Abstimmung bei. Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) dankte den Fraktionen für den fraktionsübergreifenden Antrag. „Es widerspricht unseren demokratischen Prinzipien zutiefst, Menschen pauschal herabzusetzen, einfach aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten Religion oder Ethnie, sagte die Präsidentin einleitend.
In der Begründung des fraktionsübergreifenden Antrags von Grünen, CDU, SPD und FDP/DVP heißt es: „Jeder Form des Antisemitismus ist schon im Entstehen in aller Konsequenz entschlossen entgegenzutreten. Ein starkes und vielfältiges Judentum bereichert das Zusammenleben und festigt den Zusammenhalt von Menschen verschiedenen Glaubens in unserem Land und Europa.“ Der künftige Beauftragte soll Maßnahmen zur Bekämpfung von Antisemitismus koordinieren, Ansprechpartner sein und für das Thema in die Gesellschaft hinein sensibilisieren.
Die Gäste im Landtag: Für die Israelitische Religionsgemeinschaft (IRG) Baden der Vorsitzende Rami Suliman; der Geschäftsführer Michael Dörr sowie Alexandra Poljak, die Vorsitzende des Bundes jüdischer Studenten Badens. Für die IRG Württemberg waren Vorstandsmitglied Susanne Jakubowski, der Ulmer Ortsrabbiner Shneur Trebnik, Rabbiner Yehuda Pushkin und Repräsentant David Holinstat anwesend sowie Maren Steege, die Repräsentantin des Staates Israel in Baden-Württemberg.
Abstimmungsverhalten: Mit Ja stimmten in namentlicher, öffentlicher Abstimmung 115 Mitglieder des Landtags. Mit Nein stimmte ein fraktionsloser Abgeordneter, mit Enthaltung stimmten 17 Mitglieder der AfD-Fraktion.
Weitere Informationen
Umweltausschuss befasst sich mit der Qualität der Artenschutzgutachten bei Windenergievorhaben
Stuttgart. Mit der Qualität der Artenschutzgutachten bei Windenergievorhaben, einem Antrag der FDP/DVP, hat sich der Ausschuss für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft in seiner Sitzung am Donnerstag, 1. März 2018, befasst. Das hat der Vorsitzende des Gremiums, Dr. Bernd Grimmer (AfD), mitgeteilt. „Mehrere Umweltschutzverbände haben hinsichtlich der Erstellung von Artenschutzgutachten für die Genehmigung von Windkraftanlagen schwerwiegende Mängel beanstandet“, berichtete er.
Wie der Ausschussvorsitzende ausführte, habe das Ministerium dem Ausschuss dargelegt, dass die bisherige Praxis, nämlich die Anwendung der einschlägigen Richtlinien der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg (LUBW), gängig sei und keiner Änderung bedarf. Das Ministerium gehe davon aus, dass die Hinweispapiere der LUBW in der weit überwiegenden Zahl der Fälle beachtet würden.
Die Landesregierung halte es daher nicht für erforderlich, rückwirkend für 2016 sowie für die Zukunft stichprobenartig Plausibilitätsprüfungen der Anträge zur Genehmigung von Windenergievorhaben vorzunehmen. Immissionsschutzrechtliche Genehmigungen einschließlich der im Verfahren vorgelegten Artenschutzgutachten würden in Widerspruchsverfahren durch die Regierungspräsidien im Rahmen ihrer Fachaufsicht überprüft, gab Dr. Grimmer die Auffassung des Ministeriums wieder.
Die inhaltliche Ausgestaltung eines Artenschutzgutachtens hänge in hohem Maße von den spezifischen Gegebenheiten des Einzelfalls ab, weswegen Muster-Gutachten nur sehr begrenzt zu einer Vereinfachung oder Verbesserung der Arbeit der Gutachter beitrügen. Die Einführung eines Zertifizierungssystems für Fachgutachter bedürfe einer entsprechenden Rechtsgrundlage, die Gesetzgebungskompetenz würde beim Bund liegen. Zielführender scheine eine Initiative zur Etablierung von Qualitätsstandards aus dem Kreise der Gutachter sowie der einschlägigen Berufsverbände.
Den Vorschlägen, Genehmigungsunterlagen im Internet zu veröffentlichen oder die einschlägigen Kartierdaten in einer zentralen Datenbank zusammenzuführen, habe das Ministerium eine Absage erteilt. Die Bewertungshinweise für Fledermäuse befänden sich derzeit noch in der Abstimmung, um alle aktuellen Erkenntnisse einfließen lassen zu können.
Ausschuss legt Vor-Ort-Termin am Windparkstandort „Länge“ bei Blumberg fest
Stuttgart – Am Montag, 12. März 2018, um 11 Uhr, wird der Petitionsausschuss nahe Blumberg/Donaueschingen (Schwarzwald-Baar-Kreis) einen Vor-Ort-Termin absolvieren. Dies beschloss das Gremium in seiner Sitzung vom 1. März 2018. „Der Petitionsausschuss will Bürgerinnen und Bürgern Gelegenheit geben, ihre Fragen bezüglich des Genehmigungsverfahrens des Windparks ‚Länge‘ stellen zu können“, so die Vorsitzende Beate Böhlen (Grüne). Als Gesprächspartner stehen neben den Mitgliedern des Petitionsausschusses aller Fraktionen auch Vertreter der am Verfahren beteiligten Ministerien bereit.
Insgesamt zwei Petitionen wenden sich gegen den Bau des Windparks „Länge“, der zwölf Windkraftanlagen vorsieht. Vor wenigen Tagen begannen die Rodungen. Normalerweise wird der Vollzug von Maßnahmen, solange eine Petition anhängig ist, ausgesetzt. Dass davon ausnahmsweise abgewichen wurde, lag laut Böhlen vorwiegend an der arten- und naturschutzrechtlichen Vorgabe, Rodungen bis spätestens Ende Februar vorzunehmen. Zwei Gerichtsurteile – des Verwaltungsgerichts Freiburg sowie des Verwaltungsgerichtshofs Mannheim – bestätigten die Entscheidung der Naturschutzbehörde.
In einem anderen Fall konnte der Ausschuss zum Bedauern der Vorsitzenden Böhlen keine Abhilfe schaffen. Ein 30-Jähriger aus Gambia kam während seiner Ausbildung zum Altenpflegehelfer in Abschiebehaft. Die Petition sei zeitgleich zur bereits eingeleiteten Abschiebemaßnahme eingegangen, erläuterte Böhlen. „Das Ansinnen wurde zu spät an uns herangetragen, um eine Aussetzung des Vollzugs gemäß des sogenannten Stillhalteabkommens zu bewirken.“ Eine Vertreterin des Innenministeriums habe in der Sitzung erläutert, dass selbst die Einstufung der Altenpflegehelferausbildung als „qualifizierte Ausbildung“ im Rahmen der baden-württembergischen 3+2-Regelung keine aufschiebende Wirkung entfaltet hätte.
Landwirtschaftsausschuss befasst sich mit Veränderungen des Wirtschaftsdüngers
Stuttgart. Der Ausschuss für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz hat sich in seiner Sitzung am Mittwoch, 28. Februar 2018, mit einem Grünen-Antrag zu den Veränderungen des Wirtschaftsdüngers in Baden-Württemberg befasst. Das hat der Vorsitzende des Gremiums, Martin Hahn (Grüne), mitgeteilt. „Die Tierbestände in Baden-Württemberg sind in den letzten 20 Jahren deutlich zurückgegangen. Insbesondere die Anzahl von Rindern und Schweinen hat sich deutlich verringert“, so Hahn.
Wie Hahn ausführte, seien die Gründe für den Rückgang trotz gestiegener Produktivität die mangelnde Wirtschaftlichkeit. Gestiegene Haltungsauflagen, hohe Investitionskosten beim Stallbau, Phasen mit sehr schlechten Preisen für Milch, Ferkel und Schweinefleisch sowie attraktive außerlandwirtschaftliche Arbeitsplätze beschleunigten den Strukturwandel. Laut Daten vom Kuratorium für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft (KTBL) sei der Anfall tierischer Wirtschaftsdünger für Baden-Württemberg im Erhebungsjahr 2009 bei jährlich 14,0 Millionen Tonnen gelegen. Durch die Tierhaltung entstünden als Reststoff wertvolle Düngemengen, gleichzeitig würden jedoch auch Einträge im Bereich Luft und Wasser freigesetzt.
Die am Landwirtschaftlichen Zentrum Baden-Württemberg (LAZBW) ansässige Biogasberatung habe die in Baden-Württemberg anfallende Gärrestmenge geschätzt. Der daraus abgeleitete Anteil am gesamten Wirtschaftsdüngeranfall habe sich im Zeitraum von 2007 (18 Prozent) bis 2016 (41 Prozent) mehr als verdoppelt. Die Ausbringung von Wirtschaftsdünger verursache klimaschädliche Emissionen in Form von Lachgas und Ammoniak. Hahn zufolge gilt Ammoniak als indirektes Treibhausgas. Die Treibhausgasemissionen, die durch die Ausbringung von Wirtschaftsdüngern entstehen, machten etwa 0,6 Prozent der gesamten Treibhaus-Emissionen des Landes Baden-Württemberg aus. „Das ist eine gute Zahl für das Land“, betonte der Vorsitzende. Grundsätzlich sei dem Ministerium ein umweltschonender Umgang mit Wirtschaftsdüngern ein wichtiges Anliegen, führte Hahn aus. Die Düngeverordnung (DüV) regle die fachliche Praxis. Darüber hinaus würden Betriebe mit zusätzlichem Aufwand für Umweltschutzmaßnahmen finanziell unterstützt.
Während der Ausbringung von Wirtschaftsdünger entstünden Stickstoffverluste in Form von Ammoniak. Eine deutliche Reduzierung von Ammoniak bei der Ausbringung könne mittels bodennaher, streifenförmiger oder der direkten Injektion in den Boden erreicht werden.
Baden-Württembergische Präsidentschaft der „Vier Motoren für Europa“
Stuttgart. Der Ausschuss für Europa und Internationales des Landtags von Baden-Württemberg hat in seiner Sitzung am Mittwoch, 28. Februar 2018, mit Staatssekretärin Theresa Schopper die Schwerpunkte der baden-württembergischen Präsidentschaft der „Vier Motoren für Europa“ erörtert. Dies teilte der Vorsitzende des Gremiums, der CDU-Abgeordnete Willi Stächele, mit. „Die Zusammenarbeit wirtschaftsstarker Regionen ist gerade in Zeiten wichtig, in denen die Europäische Union vor grundlegenden Veränderungen steht“, betonte Stächele.
Baden-Württemberg habe im Oktober 2017 die Präsidentschaft der „Vier Motoren für Europa“ von der französischen Region Auvergne-Rhône-Alpes übernommen. Neben Baden-Württemberg seien noch die Regionen Lombardei in Italien und Katalonien in Spanien Mitglieder des Netzwerkes, so der Ausschussvorsitzende. Bereits im Jahr 1988 sei das Netzwerk der „Vier Motoren für Europa“ gegründet worden, um von Seiten leistungsfähiger Regionen einen Beitrag zur weiteren Entwicklung Europas zu leisten. Im Zusammenhang mit dem von der Europäischen Kommission angestoßenen Prozess zur Zukunft Europas sei dies wichtiger denn je.
Staatssekretärin Schopper habe über die Schwerpunkte und Initiativen im Rahmen der baden-württembergischen Präsidentschaft im Jahr 2018 informiert. Gemeinsam mit den Partnerregionen wolle man interregionale Impulse für ein starkes Europa setzen. Inhaltlich solle die erfolgreiche Arbeit der letzten Jahre fortgesetzt werden, zum Beispiel bei den Themen Industrie der Zukunft und dem Transformationsprozess in der Automobilindustrie. Staatssekretärin Schopper sei bei dem Austausch auch auf die aktuelle politische Situation in Katalonien eingegangen.
Weiterhin seien im Rahmen der Sitzung eine Vielzahl europäischer Rechtsetzungsvorhaben erörtert worden, informierte Stächele. Dazu hätten umfassende Vorschläge der Europäischen Kommission zur Weiterentwicklung der Wirtschafts- und Währungsunion gehört sowie Vorschläge für eine künftige Schaffung eines europäischen Mehrwertsteuersystems. Beraten worden seien weiterhin Vorschläge der Europäischen Kommission zum in Verkehr bringen von Produkten sowie Vorschläge der Kommission im Bildungsbereich.
„Starke, selbstbewusste Regionen, zu denen Baden-Württemberg ohne jeden Zweifel gehört, sind wichtig für die Fortentwicklung der Europäischen Union. Als Mitglieder des Ausschusses für Europa und Internationales möchten wir hierzu einen bescheidenen Beitrag leisten“, unterstrich Willi Stächele.
Verkehrsausschuss kritisiert Bahnsteighöhenkonzept 2017 der Deutschen Bahn
Stuttgart. Der Verkehrsausschuss bewertet das Bahnsteighöhenkonzept 2017 der Deutschen Bahn kritisch. Das ist bei entsprechenden Beratungen eines SPD-Antrags und eines CDU-Antrags in der Sitzung am Mittwoch, 28. Februar 2018, deutlich geworden, wie der Vorsitzende des Gremiums, Karl Rombach (CDU), mitgeteilt hat. „Wir unterstützen das Ziel einer durchgängigen Barrierefreiheit, fordern aber ein differenzierteres Vorgehen“, betonte Rombach. „Ein baden-württembergisches Bahnsteighöhenkonzept soll entwickelt werden.“
Wie Karl Rombach darlegte, würden die Bestrebungen der DB Station&Service AG hinsichtlich einer einheitlichen Bahnhofshöhe von 76 Zentimeter im Ausschuss kritisch gesehen. Derzeit gebe es kein abgestimmtes Bahnsteighöhenkonzept zwischen der Deutschen Bahn und dem Land. Bereits im Jahr 2008 festgelegte Konzepte für einzelne Linien in Baden-Württemberg mit einer Zielhöhe von 55 cm Bahnsteighöhe würden durch die nunmehr grundsätzliche Forderung des Bundes und der DB Station&Service AG nach der Einrichtung einer Bahnsteighöhe von 76 cm über Schienenoberkante (SO) fast vollständig in Frage gestellt.
Das Land habe sich bereits in den 1990er Jahren bei den meisten Stationen des Nahverkehrs im Grundsatz auf eine einheitliche Bahnsteighöhe von 55 cm über SO festgelegt. „Eine einseitige Fixierung auf eine Bahnsteighöhe von 76 cm über SO ist auch im europäischen Kontext nicht nachvollziehbar“, stellte Rombach fest. Europäische Standardhöhen seien sowohl 55 als auch 76 cm hohe Bahnsteigkanten über SO. In den Nachbarländern Schweiz, Österreich und Frankreich seien die Bahnsteige einheitlich 55 cm hoch. „Die Bahnsteighöhen entlang einer Bahnstrecke wirken sich auf die darauf verkehrenden Linien aus, deshalb müssen sie auf die bereits vorhandene Infrastruktur abgestimmt werden“, so Rombach.
FBI bestätigt: Kein Einsatz auf der Theresienwiese
Stuttgart. Der Untersuchungsausschuss „Das Unterstützerumfeld des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) in Baden-Württemberg und Fortsetzung der Aufarbeitung des Terroranschlags auf die Polizeibeamten M. K. und M. A. (Rechtsterrorismus/NSU BW II)“ hat die Freigabe eines bislang als Verschlusssache eingestuften Schreibens des U.S. Department of Justice/Federal Bureau of Investigation erreicht. In diesem bestätigt das FBI, dass es im Frühjahr 2007 keine Operationen in Deutschland und am 25. April 2007 keine Überwachungsmaßnahmen in Heilbronn durchgeführt habe. Das hat der Vorsitzende des Gremiums, Wolfgang Drexler (SPD), am Montag, 26. Februar 2018, mitgeteilt.
Ausgehend von Mutmaßungen, der Anschlag vom 25. April 2007 auf der Heilbronner Theresienwiese könne mit einem dortigen Einsatz von Beamten des FBI in Zusammenhang stehen, sowie Medienberichten, wonach dies in einem Schreiben des FBI an das Bundeskriminalamt (BKA) vom 15. Oktober 2012 dementiert werde, hat der Untersuchungsausschuss beim BKA dieses Dokument erhoben. Da die übersandte Ablichtung als Verschlusssache eingestuft war, hat der Ausschussvorsitzende Wolfgang Drexler MdL im Namen des Gremiums dessen Freigabe durch das FBI erwirkt, um eine öffentliche Befassung zu ermöglichen und damit dem in § 8 Abs. 1 Untersuchungsausschussgesetz (UAG) formulierten Öffentlichkeitsgrundsatz Genüge zu tun. Aus dem nunmehr offen verwendbaren, durch den Legal Attaché bei der US-Botschaft in Berlin gezeichneten Schreiben geht hervor, dass das FBI die Angelegenheit überprüft habe. Zu keinem Zeitpunkt seien in Deutschland operative Aktivitäten des FBI ohne Abstimmung mit seinen deutschen Partnern erfolgt. Das Schreiben kommt zu dem Schluss, dass das FBI im Frühjahr 2007 keinerlei Operationen in Deutschland und am 25. April 2007 keine Überwachungsmaßnahme in Heilbronn durchgeführt habe, so Drexler. („The FBI did not conduct any operation in Germany in Spring 2007, nor did the FBI conduct a surveillance on 25.04.2007 in Heilbronn“).
Wirtschaftsausschuss bringt Wohnraumförderung mit einer halben Milliarde Euro auf den Weg
Stuttgart. Der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau hat in seiner Sitzung am Mittwoch, 21. Februar 2018, eine öffentliche Anhörung von Verbänden und Organisationen zur Wohnraumförderung 2018/2019 durchgeführt und im Anschluss darüber nicht öffentlich beraten. Das hat der Vorsitzende des Gremiums, der FDP/DVP-Abgeordnete Dr. Erik Schweickert, mitgeteilt. „Das Thema Wohnungsbau ist derzeit omnipräsent, da die Lage auf dem Wohnungsmarkt sehr angespannt ist. Es gibt viele Facetten, die politisch geregelt werden müssen, etwa die Frage, wie das Angebot an preisgünstigem Wohnraum erhöht werden kann.“
Deshalb sei die Wohnraum-Allianz eingerichtet worden, um gemeinsame Leitlinien für die verstärkte Schaffung von Wohnraum zu erarbeiten. „Die Expertenvorschläge sind wichtig für den Wohnungsmarkt in Baden-Württemberg“, hob Dr. Schweickert hervor und bekräftigt, dass man die Umsetzung der Vorschläge energisch angehen sollte. Mit dem Programm Wohnungsbau 2018/2019 in Höhe von 250 Millionen Euro pro Haushaltsjahr sollen die bereits bestehenden Förderangebote an die Veränderungen der Marktgegebenheiten angepasst werden, erläuterte Dr. Schweickert. Erreicht werden solle das Ziel durch die Erhöhung der berücksichtigungsfähigen, künftig modular ermittelten Gesamtkosten eines Vorhabens und mit der an die Förderhöhe gekoppelten Flexibilisierung der erforderlichen Mietabsenkung, aber auch durch eine progressiv erfolgende Ausgestaltung zu Gunsten kostengünstigen Bauens.
Die Stellungnahmen der beteiligten Verbände und Organisationen seien grundsätzlich positiv gewesen, so der Ausschussvorsitzende. „Das Programm ist in seinen wesentlichen Eckpunkten begrüßt worden“, sagte Dr. Schweickert. Vor allem seien die Erhöhung der Subventionswerte und die Entkopplung von Bau- und Grundkosten sowie die Schaffung von Anreizen für Kommunen, sozialen Wohnungsbau anzugehen, gut aufgenommen worden. „Es ist aber auch mehrfach festgestellt worden, dass der Flaschenhals des Wohnungsbaus der Mangel an Bauland ist“, betonte der Vorsitzende.
Der Ausschuss habe sich bei den Experten für ihre Stellungnahmen bedankt. „Wir sind weitergekommen, die Diskussion hat aber auch gezeigt, dass die Wohnbauförderung nur ein Baustein ist. Die fehlenden baureifen Flächen sind ein großes Problem, das dringend gelöst werden muss“, fasste der Ausschussvorsitzende zusammen.
Neben einer ganzen Reihe von Unterrichtungen des Landtags in EU-Angelegenheiten wurde überdies ein FDP/DVP-Antrag zur Änderung der Landesbauordnung beraten. Im Rahmen der Wohnraum-Allianz Baden-Württemberg, aber auch in weiteren Kontakten mit Verbänden würden Ansätze für eine Novellierung der Landesbauordnung herausgearbeitet. Wie bei allen Gesetzgebungsvorhaben des Landes werde das federführende Ressort, hier das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau, nach Abschluss der Ressortabstimmung dem Ministerrat einen Gesetzentwurf zur Freigabe der Anhörung vorlegen. Es werde weiterhin angestrebt, dass die Novellierung in der ersten Jahreshälfte 2018 in den Landtag eingebracht wird, gab Dr. Schweickert die Ausführungen der Wirtschaftsministerin Dr. Hoffmeister-Kraut wieder.
Auf Antrag der SPD informierte sich der Wirtschaftsausschuss über die Kappungsgrenze. In Baden-Württemberg herrsche Wohnraummangel. Eine der Folgen sei der starke Anstieg der Mieten. Um diesen etwas einzudämmen, könne das Land innerhalb von Bereichen, innerhalb derer der Wohnraum besonders knapp sei, Gebietskulissen erlassen. Hier sei die Kappungsgrenze – der Grad der Mieterhöhung, die innerhalb von drei Jahren maximal zulässig ist – auf 15 Prozent gesenkt. „Ob dieses Instrument geeignet ist, um Mieterinnen und Mieter auf dem angespannten Mietmarkt vor überhöhten Mieten zu schützen, wird man erst nach der landesweiten Überprüfung im Jahr 2020 wissen“, sagte Dr. Schweickert.
Sozialausschuss setzt sich für Organspende ein
Stuttgart. Der Ausschuss für Soziales und Integration hat vor seiner Sitzung am Donnerstag, 22. Februar 2018, ein Fachgespräch mit der Deutschen Stiftung Organtransplantation geführt. Das hat der Vorsitzende des Gremiums, Rainer Hinderer (SPD), mitgeteilt. „Die Organspende hat sich 2017 erneut rückläufig entwickelt. Die Gründe dafür sind vielschichtig. Der Sozialausschuss möchte ein Zeichen setzen und sich für die Organspende einsetzen“, so Hinderer.
Einen zentralen Schlüssel zur Verbesserung der Situation der Organspende sehe die Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO) in einer konsequenten Berücksichtigung des Willens zur Organspende im Zuge von Behandlungsstrategien am Lebensende, führte Hinderer aus. Auf den Intensivstationen müssten die Ärzte mögliche Spender erkennen und die Koordinierungsstelle informieren. Nur dann könnten die DSO-Koordinatoren aktiv werden und die Klinikmitarbeiter unterstützen. Während 2016 bundesweit noch 3.049 Organe transplantiert werden konnten, seien es 2017 nur mehr 2.764 gewesen. „Jedes Spendeorgan bedeutet für einen schwer kranken Patienten auf der Warteliste eine neue Lebenschance“, gab Hinderer die Auffassung des DSO wieder.
In seiner Sitzung hat sich der Sozialausschuss mit einem Antrag der Fraktionen SPD und FDP/DVP zur Jungen- und Männergesundheit befasst. Dem Vorsitzenden zufolge sei im Jahr 2015 der wegweisende Bericht „Jungen- und Männergesundheit in Baden-Württemberg“ vorgelegt worden, der eine Vielzahl an Handlungsempfehlungen und Forderungen enthalten habe. Zwischenzeitlich habe im November 2017 ein Fachforum zum Thema Männergesundheit stattgefunden, bei dem unter anderem durch Impulsvorträge Schwerpunktthemen aufgegriffen worden seien. So sei in einem Fachvortrag die kritische Phase des Übergangs von Arbeit zum Ruhestand beleuchtet worden. Ein weiteres Thema sei das Risikoverhalten von Männern, gerade auch in ihrem Freizeitverhalten, gewesen.
In Absprache mit dem Sozialwissenschaftlichen Institut Tübingen (SOWIT) habe das Landesgesundheitsamt für den ersten Gesundheitsatlas Baden-Württemberg (http://www.gesundheitsatlas-bw.de) neue Indikatoren zur Männergesundheit erstellt. Wie der Ausschussvorsitzende ausführte, ist im Gesundheitsatlas Baden-Württemberg der Aufbau bzw. eine Weiterentwicklung einer genderspezifischen Gesundheitsberichterstattung geplant. Dies werde durch die Einrichtung und die kontinuierliche Ausweitung von genderbezogenen Kreisprofilen im Gesundheitsatlas konkretisiert. Ein Kreisprofil sei ein vordefinierter Bericht zu einem spezifischen Gesundheitsthema, das für die einzelnen 44 Land- und Stadtkreise in Baden-Württemberg online verfügbar sei. Bezugnehmend auf das Gesundheitsleitbild Baden-Württemberg würden gesundheitsfördernde und präventive Maßnahmen zielgruppenspezifisch angelegt. „Alle Menschen, unabhängig von Geschlecht, sozialem Status, Alter, Herkunft und Behinderung haben einen möglichst niederschwelligen Zugang zu allen Angeboten“, so Hinderer.
„Wie wichtig das Thema Jungen- und Männergesundheit ist, zeigten die auffälligen geschlechtsspezifischen Befunde der Einschulungsuntersuchungen der Schulanfänger 2016“, hob Hinderer hervor. So habe es Auffälligkeiten in der Grobmotorik bei 33,7 Prozent der Jungen gegeben (Mädchen 20,1 Prozent); visuomotorische Störungen bei Jungen 11,5 Prozent (Mädchen 5,3 Prozent) und ein intensiver Sprachförderbedarf sei bei 30,5 Prozent der Jungen (Mädchen 25,6 Prozent) festgestellt worden. „Derzeit gibt es Überlegungen, über den sprachlichen Bereich hinaus das Konzept einer neuen Förderstruktur zu etablieren, in dem die Kooperation zwischen den Kinder- und Jugendgesundheitsdiensten sowie den pädagogischen Fachkräften gestärkt werden soll“, berichtete der Ausschussvorsitzende.
Europa an den Schulen des Landes stärken
Stuttgart. Wie kann Europa an Schulen positiv erlebbar und erfahrbar gemacht werden? Unter anderem mit dieser Frage hat sich der Ausschuss für Kultus, Jugend und Sport in seiner Sitzung am Donnerstag, 22. Februar 2018, bei der Beratung des Grünen-Antrags „Europa an den Schulen des Landes stärken“ befasst. Das hat die Vorsitzende des Gremiums, die Grünen-Abgeordnete Brigitte Lösch, mitgeteilt. „Es liegt in der Verantwortung unserer Bildungseinrichtungen, europäische Identität gerade bei jungen Menschen zu vermitteln und zu stärken und die Vorteile der europäischen Integration und deren Weiterentwicklung frühzeitig zu vermitteln“, betonte Lösch. „Lehrerinnen und Lehrer brauchen Anreize und Schulung, um sich mit ihren Schülerinnen und Schülern an Ausschreibungen und bestehenden Angeboten zu beteiligen.“
Wie Brigitte Lösch ausführte, komme der Vermittlung der europäischen Integration und dem Verständnis für europapolitische Fragestellungen an den Schulen in Baden-Württemberg große Bedeutung zu. Die verbindliche Umsetzung des Themas Europa im Unterricht sei über die Verankerung in den Bildungsplänen gewährleistet. Darüber hinaus werde der europäische Gedanke an den Schulen des Landes beispielsweise über Projekttage, Fremdsprachentage, Schulpartnerschaften, Studienfahrten und Schüleraustausche gelebt.
An den allgemein bildenden Schulen werde das Thema Europa im Fachunterricht der verschiedenen Klassenstufen mehrmals altersgemäß und aufeinander aufbauend thematisiert. An den beruflichen Schulen nehme das Thema Europa auch eine wichtige Rolle ein. Insbesondere in den Fächern Gemeinschaftskunde bzw. Geschichte mit Gemeinschaftskunde oder Wirtschafts- und Sozialkunde sei es verankert. Die Grundschulen beschäftigten sich in den Klassenstufen 3 und 4 im Bereich „Orientierung im Raum“ auf altersangemessene Art und Weise mit dem Thema Europa, so die Ausschussvorsitzende. Beim Europäischen Wettbewerb seien die Grundschulen unter allen Schularten am stärksten vertreten. An den Haupt- und Werkrealschulen wiese der gültige Bildungsplan in den Standards für inhaltsbezogene Kompetenzen ausführlich auf die Demokratiefähigkeit, die Teilhabe sowie auf die Mitbestimmung im Rahmen der Europäischen Union hin.
Zahlreiche, über den Schulunterricht hinausgehende Angebote, stünden den Schulen überdies offen, etwa der Europäische Wettbewerb, einer der ältesten Schülerwettbewerbe in Deutschland. Regelmäßig stellten die Schülerinnen und Schüler aus Baden-Württemberg bundesweit höchste Teilnehmerzahlen. Außerdem gebe es das Donau-Online-Projekt, die mehrtägige Veranstaltung „Junge Donaubrücken“, DOKULIVE sowie das Junge Europäische Parlament (JEP). Ergänzt werde das Angebot unter anderem durch Veranstaltungen, Publikationen, E-Learning sowie Internet-Angebote. Auch der Landtag von Baden-Württemberg lädt am 7. Mai 2018 zu einer Jugendveranstaltung unter der Überschrift „Mein Europa, Dein Europa – misch Dich ein“ nach Stuttgart ein.
Hinzu kämen die Möglichkeiten für Schülerinnen und Schüler, die europäischen Institutionen in Brüssel, Luxemburg und Straßburg zu besuchen, um die Information über die Europäische Union zu verbessern.
Der Ausschuss habe die Vielzahl der Angebote begrüßt, so Brigitte Lösch. Denn weil die Jugendlichen heute nur das offene Europa kennen würden, sei es wichtig, darauf hinzuweisen, dass es nicht immer so war. Wünschenswert wäre, auch die Werkrealschüler zu motivieren, mehr an Austauschen teilzunehmen. Überdies sollte der bürokratische Aufwand beim Ausfüllen der Formulare für das Erasmus-Programm überprüft werden. „Offenheit und Toleranz für die europäischen Werte sind wichtig und dafür müssen wir werben“, betonte die Ausschussvorsitzende abschließend.
Innenausschuss berät sicherheitsspezifische Einordnung des „Osmanen Germania Boxclub“
Stuttgart. Mit der sicherheitsspezifischen Einordnung des „Osmanen Germania Boxclub“ (OGBC), einem Antrag der CDU, hat sich der Ausschuss für Inneres, Digitalisierung und Migration in seiner Sitzung am Mittwoch, 21. Februar 2018, befasst. „Die Mehrzahl der Mitglieder sind türkische Staatsangehörige oder haben einen türkischen Migrationshintergrund. Der OGBC unterliegt nicht der Beobachtung durch den Verfassungsschutz, die Mitglieder sind nach derzeitigem Erkenntnisstand nicht politisch aktiv und es liegen keine Erkenntnisse über Verbindungen zwischen OGBC und türkisch-rechtsextremistischen Gruppierungen vor“, teilte der Vorsitzende des Innenausschusses, der CDU-Abgeordnete Karl Klein, mit.
Nach Angaben des Vorsitzenden ist die Gruppierung „Osmanen Germania Boxclub“ die derzeit größte rockerähnliche Gruppierung in Deutschland. Der OGBC sei im Frühjahr 2015 gegründet worden, die Zahl der Mitglieder habe schnell expandiert. Weltweit würden der Gruppierung zirka 500 Mitglieder zugerechnet, die sich auf 40 Ortsgruppen, sog. Chapter, verteilten. Innerhalb Deutschlands seien 33 Chapter mit rund 400 Mitgliedern bekannt. „In Baden-Württemberg existieren sechs Chapter mit etwa 100 Mitgliedern und Unterstützern“, berichtete Karl Klein.
Wie der Ausschussvorsitzende ausführte, stünden die Mitglieder des OGBC in Baden-Württemberg bereits unmittelbar nach der Gründung im Fokus der örtlich zuständigen Polizeipräsidien und des Landeskriminalamts. Der Konflikt zwischen den OGBC und der kurdisch dominierten Gruppierung „Bahoz“ habe im April 2016 begonnen und im November 2016 nach mehreren Aufmärschen und körperlichen Auseinandersetzungen, besonders im Raum Ludwigsburg und Stuttgart, seinen Höhepunkt erreicht. Das Landeskriminalamt habe die Ermittlungsgruppe Meteor (EG Meteor) eingerichtet, um Erkenntnisse zu bündeln und konsequent gegen beide Gruppierungen vorgehen zu können. „In der Folge wurden über 100 Ermittlungsverfahren geführt und gefahrenabwehrende Maßnahmen zur Befriedung der Konflikte getroffen“, so Karl Klein.
Im Rahmen der durch EG Meteor bearbeiteten Ermittlungsverfahren, seien bislang 31 Haftbefehle gegen Mitglieder beider Gruppierungen erwirkt worden, so der Ausschussvorsitzende. Seit Mai 2017 seien in Baden-Württemberg keine Auseinandersetzungen mehr zwischen den Gruppierungen OGBC und Bahoz bekannt. Bahoz hätte Anfang 2017 ihre Selbstauflösung bekannt gegeben. „Mögliche weitere Aktivitäten des OGBC sind Gegenstand aktueller Ermittlungen“, sagte Klein. Da sich die Gruppierung der OGBC bzw. deren Tätigkeit über das gesamte Bundesgebiet erstrecke, falle die Prüfung eines Verbots der OGBC nicht in die Zuständigkeit des Landes Baden-Württemberg.
Rentenexperten stellen verschiedene Modelle der Altersversorgung vor
Stuttgart – Mit den Vor- und Nachteilen unterschiedlicher Versorgungssysteme befasste sich die „Unabhängige Kommission zur Altersversorgung der Abgeordneten“ im Rahmen einer öffentlichen Anhörung am Montag, 19. Februar 2018. Sieben Experten stellten neben der gesetzlichen Rentenversicherung, auch die Zusatzversorgung für den öffentlichen Dienst und das Versorgungswerk für die Landtagsabgeordneten von Nordrhein-Westfalen und Brandenburg vor. Vermittelt wurde zudem ein Überblick über die betriebliche Altersversorgung in Deutschland, die Abgeordneten jedoch nicht offen steht. „Die Anhörung hat uns weiter gebracht. Die Experten haben uns erklärt, dass nicht alle Versorgungsmodelle für Abgeordnete realisierbar sind“, so der Kommissionsvorsitzende Michael Hund. Es habe aber auch einen neuen Vorschlag einer kapitalgedeckten Altersversorgung für Abgeordnete durch den Landtag selbst gegeben.
Mehrere Experten bezogen sich in ihren Ausführungen ausdrücklich auch auf die Empfehlung des Bürgerforums. Mitglieder des Landtags von Baden-Württemberg (MdL) erhalten derzeit 1.720 Euro monatlich als Zuschuss für ihre Altersvorsorge. Den Maximalbetrag von 1.209 Euro können sie durch freiwillige Zahlungen in der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) anlegen oder in private Versicherungen investieren. Erwerbsminderungsrente ist allerdings in beiden Fällen ausgeschlossen. Ein MdL in Baden-Württemberg kann nach gut elf Jahren Zugehörigkeit zum Parlament – das sind etwas mehr als zwei Wahlperioden – aus der freiwilligen gesetzlichen Versicherung rund 775 Euro Rente im Monat erwarten.
In der Anhörung wurde angesprochen, dass wohl nicht alle MdL über die bereits seit 2010 bestehende Möglichkeit informiert waren, freiwillig in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen zu können. In dieser 16. Wahlperiode sind 18 von 143 MdL in der GRV, in der Legislaturperiode zuvor waren es nur sieben Abgeordnete. Eine Zusatzversorgung aus der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) für den öffentlichen Dienst, können die Abgeordneten nach derzeitiger Rechtslage nur erwerben, wenn sie zuvor als Beschäftigte im öffentlichen Dienst pflichtversichert waren.
Düsseldorfer Abgeordnete würden bei einem Eintrittsalter von 50 Jahren vom Versorgungswerk NRW/Brandenburg nach zwei Wahlperioden derzeit 1.517,40 Euro Altersrente beziehen. Dem liegen monatliche Pflichtbeiträge in Höhe von 2.204,63 Euro zugrunde, die von den Abgeordneten voll versteuert werden müssen. Mehrere Experten wiesen darauf hin, die steuerliche Frage müsse bei der Suche nach einem Vorsorge-Modell mehr Beachtung finden.
„Alle aufgeworfenen Detailfragen werden wir diskutieren“, betonte der Kommissionsvorsitzende Hund nach der Sitzung. Ein abschließendes Votum des Gremiums soll Ende März als Empfehlung an den Landtag von Baden-Württemberg fertiggestellt sein.
Die Anhörung war die zweite öffentliche Veranstaltung im Zusammenhang mit dem Thema Altersversorgung der Abgeordneten. Zuvor hatte am 6. Februar das per Zufallsverfahren zusammengesetzte Bürgerforum ihr Arbeitsergebnis aus drei Sitzungen der Kommission erläutert. Die öffentliche Anhörung der Rentenexperten verfolgten neben Medienvertretern auch Vertreter der Fraktionen Grüne, CDU, SPD und FDP/DVP sowie Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Bürgerforums.
Weitere Informationen zur Kommission finden Sie unter www.landtag-bw.de
Böhlen: „Bürgersprechstunde des Petitionsausschusses soll Erfolgsmodell werden“
Stuttgart – Mit elf Anliegen von Bürgerinnen und Bürgern beschäftigte sich der Petitionsausschuss des Landtags von Baden-Württemberg bei seiner auswärtigen Bürgersprechstunde in Heidelberg. Zehn von 21 Mitgliedern des Ausschusses standen im Bürgeramt als Ansprechpartner zur Verfügung. „Mein Stellvertreter Norbert Beck und ich wollen das zu einem Erfolgsmodell machen“, so die Vorsitzende Beate Böhlen (Grüne).
Ein gutes Dutzend Bürgerinnen und Bürger nahmen das Angebot vor Ort an: Vier Petenten brachten ihre ausgearbeiteten Eingaben bereits mit, andere wollten eine Beratung oder über ihre bereits eingebrachte Petition sprechen. In einem Fall wurde das Anliegen zur Beantwortung an das zuständige Ministerium weiter gereicht. Die Themenpalette reichte von Verkehrsanliegen über Bausachen bis hin zu Sozialbelange. „Wir fühlen uns durch die rege Inanspruchnahme der Bürgersprechstunde in der Entscheidung bestätigt, solche Möglichkeiten zum direkten Gespräch anzubieten“, bilanzierte die Vorsitzende Böhlen.
Bislang absolvierte der Petitionsausschuss neben den nicht öffentlichen Sitzungen am Parlamentsort Stuttgart auf konkrete Fälle bezogene Ortstermine. Offene Sprechstunden in verschiedenen Regionen und Städten des Landes wurden Ende 2017 eingeführt. Insgesamt drei Bürgersprechstunden bietet der Petitionsausschuss des Landtags in diesem Jahr an: Nach Heidelberg soll es voraussichtlich im April und Juli in die Regierungsbezirke Freiburg und Tübingen gehen.
Für Bürgersprechstunden sind Anmeldungen unter petitionen@landtag-bw.de oder Telefon 0711/2063-525 erforderlich. Infos unter petitionen(interner Link)
Bürgerinnen und Bürger diskutierten mit Expertenkommission über Altersversorgung
Stuttgart – Die „Unabhängige Kommission zur Altersversorgung der Abgeordneten“ traf sich am Montag, 5. Februar 2018 im Landtag von Baden-Württemberg zu einer gemeinsamen Sitzung mit dem Bürgerforum. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der drei vorangegangenen Dialogveranstaltungen diskutierten mit den Kommissionsmitgliedern ihre Empfehlungen für eine aus ihrer Sicht „angemessene“ Altersversorgung der Parlamentarier. „Ich sage Ihnen im Namen der Unabhängigen Kommission zu: Die Empfehlungen des Bürgerforums werden eine große und gebührende Rolle spielen“, so der Vorsitzende Michael Hund. „Das Ergebnis wird sehr ernsthaft beraten.“
Gut eine Stunde tauschten sich die Bürgerforumsteilnehmer mit den Kommissionsmitgliedern aus, begründeten erneut ihr Votum gegen eine Staatspension und für „solidarische Sozialsysteme“. Ihr Dank galt Landtagspräsidentin Muhterem Aras für die Einsetzung des Bürgerforums, aber auch dem Beteiligungsmoderator Wolfgang Himmel für den Dialogprozess. Die Mitglieder der Kommission beeindruckte nach eigenem Bekunden, „wie eine inhomogene Gruppe zu einem derart eindeutigen Ergebnis kommt“.
Auf Wunsch aller Beteiligten war die Sitzung öffentlich, weshalb Medienvertreter, aber auch Mitglieder des Landtags zugegen waren. „Das Bürgerforum kann Sprachlosigkeit zwischen Volksvertretern und Wählern überwinden helfen, selbst zu so einer komplexen, schwierigen Frage“, so der Vorsitzende Hund. Er urteilte: „Das Experiment Bürgerforum ist gelungen.“
„Wenn die vom Bürgerforum erarbeiteten Empfehlungen dadurch wertgeschätzt werden, dass sie ernsthaft in die weiteren Beratungen einfließen, wäre die ein echter Erfolg“, sagte der Moderator der Dialogveranstaltungen, Wolfgang Himmel.
Am 13. Januar 2018 hatten die rund 25 per Zufallsverfahren ausgewählten Bürgerinnen und Bürger jeden Wahlalters ihre Beratungsergebnisse zu einer „angemessenen Altersversorgung der Abgeordneten des Landtags von Baden-Württemberg“ vorgelegt. Am 19. Februar veranstaltet die seit November tagende Unabhängige Kommission eine öffentliche Anhörung von Rentenexperten. Das Expertengremium will seine abschließende Empfehlung Ende März dem Landtag zukommen lassen.
Landtagspräsidentin Aras: „Gedenken heißt, nach Ursachen von Ausgrenzung zu fragen“
Stuttgart/Ulm – Der Landtag von Baden-Württemberg hat am Freitag, 26. Januar 2018, mit einer zentralen Gedenkfeier im Ulmer Stadthaus an die Opfer des Nationalsozialismus erinnert. „Wir sollten uns im Gedenken immer mit der grundsätzlichen Frage nach den Ursachen von Ausgrenzung auseinandersetzen“, so Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) in ihrer Rede. „Wenn wir der Opfer des Nationalsozialismus gedenken, müssen wir uns bewusst machen: Es begann mit Verachtung und Hass, mit einem ‚Wir gegen die‘“. Gedenken sei deshalb „keine Schande“, so die Präsidentin. „Es wäre eine Schande, sich den Lehren der Geschichte zu verweigern.“
In ihrer Rede griff die Landtagspräsidentin die jüngsten antisemitischen Demonstrationen in Berlin auf, ausgelöst durch die Entscheidung der US-Regierung, ihre Botschaft nach Jerusalem zu verlegen. „Nicht Kritik erschreckt uns, sondern der tiefe Hass gegen Juden.“ Angesichts neu aufkeimenden Antisemitismus warnte Aras vor weitreichenden Folgen für die Gesellschaft insgesamt, wenn diese sich nicht dagegen stelle: Heute wende sich die Verachtung gegen Juden, morgen gegen andere Gruppen. Dem Hass auf Juden dürfe nicht der Hass auf Muslime folgen. Einen solchen Automatismus gelte es zwingend zu durchbrechen. „Hass wird niemals satt“, formulierte Aras.
Die Botschaft auch an Zuwanderer müsse klar sein: „Ihr seid uns willkommen als Menschen, auch als Glaubende verschiedener Religionen, aber Antisemitismus, Verschwörungsmythen und Gewaltbereitschaft werden wir nicht dulden!“ Wer in Deutschland lebe, dürfe sich vor der Geschichte und Verantwortung des Landes nicht wegducken. Die Verteidigung der im Grundgesetz angelegten Grundwerte wie Respekt und Toleranz sei deshalb zentral. „Indem wir uns gemeinsam gegen Antisemitismus stellen, schützen wir auch die Grundlagen unserer freiheitlichen Gesellschaft“, appellierte Aras an die Teilnehmer der Gedenkstunde wie auch an Bürgerinnen und Bürger insgesamt. „Lassen Sie uns öffentlich sichtbar machen, dass wir Vielfalt auf Basis gemeinsamer Werte nicht fürchten, sondern schätzen und leben.“
Der Rede der Landtagspräsidentin folgten ein Grußwort von Michael Kashi vom Vorstand der Israelitischen Religionsgemeinschaft Württemberg (IRGW) sowie ein Vortrag über das „Judentum nach der Shoah“ des Rabbiners Jehoschua Ahrens.
An der Gedenkstunde des Landtags nahmen neben Repräsentanten des Landesparlaments - Landtagspräsidentin Aras, Vizepräsident Wilfried Klenk und Vertretern aller Fraktionen – auch die der christlichen Kirchen sowie zahlreicher Glaubensgemeinschaften und Verbände teil: die Israelitischen Religionsgemeingemeinschaften Württemberg und Baden, die Landesrabbiner Wurmser und Flomenmann, Vertreter des Landesverbandes der Sinti und Roma, der Glaubensgemeinschaft der Zeugen Jehovas, des Vereins der Verfolgten des Naziregimes, der Gruppe der wegen ihrer sexuellen Orientierung Verfolgten sowie vom Bund der Jenischen in Deutschland. Jugendliche des Jugendzentrums HaLev begleiteten die Veranstaltung. Vorangegangen war ein stilles Gedenken am Mahnmal für die ermordeten Juden der Stadt Ulm auf dem Weinberg.
Hinweis: Der eigentliche Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus ist der 27. Januar, der in diesem Jahr auf einen Samstag fällt. Mit Rücksicht auf den jüdischen Ruhetag, den Sabbat, findet die Gedenkstunde des Landtags bereits am Freitag, 26. Januar, statt.
Petitionsausschuss erreicht Erhalt der Kreisverkehrsskulptur „Dreispitz“ in Binzen
Stuttgart. Der Petitionsausschuss des Landtags hat in seiner Sitzung am Donnerstag, 25. Januar 2018, einstimmig beschlossen, der Petition abzuhelfen, die sich gegen den Abbau der Skulptur „Dreispitz“ in Binzen (Kreis Lörrach) richtet. Voraussetzung ist, dass zusätzliche bauliche Maßnahmen zur Unfallverhütung getroffen werden und die Anordnung von Tempo 30 erhalten bleibt. „Ich freue mich, dass durch die intensive und beharrliche Arbeit des Petitionsausschusses dieses positive Ergebnis erreicht werden konnte“, sagte die Vorsitzende des Gremiums, die Grünen-Abgeordnete Beate Böhlen. Die Regierungsvertreter seien mit der gefundenen Lösung einverstanden und hätten dem Beschluss deshalb nicht widersprochen.
Der Petent – ehemaliger Bürgermeister von Binzen – hatte sich zusammen mit zahlreichen Unterstützern gegen den vom Landratsamt beabsichtigten Abbau des Dreispitz‘ gewandt. Die Straßenbauverwaltung sieht in dem Kunstwerk eine erhebliche Gefahr für die Verkehrsteilnehmer und kam aufgrund eines Gutachtens zu dem Ergebnis, dass nur durch eine Beseitigung der gesetzlichen Pflicht zur Gefahrenabwehr genüge getan werden könne.
Gegen eine Verfügung, den „Dreispitz“ vom Kreisel zu entfernen, hatte die Gemeinde Binzen Widerspruch eingelegt und beim Verwaltungsgericht die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung beantragt, damit die Verfügung nicht vollzogen wird. Hierüber ist noch nicht entschieden. Vollzugsmaßnahmen sind bisher zurückgestellt, nicht zuletzt im Hinblick auf das laufende Petitionsverfahren.
Nach Angaben Böhlens hat sich der Petitionsausschuss intensiv mit dem Fall befasst. Nach Durchführung eines Ortstermins unter Leitung des stellvertretenden Ausschussvorsitzenden Norbert Beck (CDU) hat der Ausschuss die Angelegenheit in der Sitzung ausführlich beraten. Dabei wurde deutlich, dass es etliche Maßnahmen gibt, mit der der Kreisverkehr sicherer gemacht werden kann, ohne die Skulptur zu entfernen. In Betracht kommen etwa ein tiefes Kiesbett, zusätzliche Markierungen, Rüttelstreifen, Reflektoren und andere Mittel, die die Autofahrer auf den Kreisverkehr aufmerksam machen. Auch der Sicherheitsgutachter, der in der Sitzung angehört worden ist, kam zu dem Ergebnis, dass das Unfallrisiko mit entsprechenden Maßnahmen minimiert werden kann.
Den Regierungsvertretern war wichtig, dass neben diesen Maßnahmen auch die Anordnung der Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 km/h erhalten bleibt. Unter diesen Prämissen stimmten sie der Entscheidung zu und werden den Beschluss in angemessener Frist umsetzen.
„Dieser Fall zeigt, dass der Petitionsausschuss auch in schwierigen Fällen für gute Lösungen sorgen kann“, so die Vorsitzende Böhlen.
Moderator und Sprachrohr des Gremiums
Stuttgart. Der Ausschuss für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft hat in seiner Sitzung am Donnerstag, 25. Januar 2018, den AfD-Abgeordneten Dr. Bernd Grimmer zum Vorsitzenden gewählt. Das hat der stellvertretende Vorsitzende des Gremiums, August Schuler (CDU), mitgeteilt. „In geheimer Wahl wurde Dr. Grimmer im dritten Wahlgang mehrheitlich gewählt“, berichtete Schuler.
Wie Schuler ausführte, habe Dr. Grimmer in einer kurzen Vorstellung vor der Wahl dargelegt, Moderator und Sprachrohr des Ausschusses sein zu wollen und er habe angekündigt, ihn in gleicher Weise objektiv und sachlich leiten zu wollen. „Dr. Grimmer stellte sich außerdem den Fragen der Ausschussmitglieder“, so August Schuler. Letztendlich habe es drei Wahlgänge gebraucht, um den neuen Vorsitzenden ins Amt zu bringen.
Zu Beginn der Sitzung würdigte Schuler die Verdienste der bisherigen Vorsitzenden Gabi Rolland. Sie habe den Ausschuss präsent und ausgewogen geleitet und sich leidenschaftlich für die Themen Umwelt, Klima und Energiewirtschaft eingebracht. „Sie hat den Ausschuss sachlich und souverän durch die Themen geführt und war uns eine ‚starke‘ Chefin“, zollte Schuler Lob und Anerkennung. Formalien machten den Wechsel im Vorsitz nötig. „Als Trost bleibt, dass uns Gabi Rolland als Ausschussmitglied erhalten bleibt“, betonte der stellvertretende Vorsitzende. „Ich mache streitbar weiter“, gab Schuler schließlich die Ausführungen Gabi Rollands wieder.
Bedarf an Hauswirtschaftern steigt durch Ganztagsschulen und demografischen Wandel
Stuttgart. Eine zunehmende Zahl an Ganztagsschulen, der steigende Personalbedarf in der Pflege und der demografische Wandel lassen den Bedarf an Hauswirtschafterinnen und Hauswirtschaftern steigen. Dies wurde bei der Beratung eines entsprechenden Antrags der CDU-Fraktion im Ausschuss für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz am Mittwoch, 24. Januar 2018, deutlich. „Offensichtlich benötigt die sich ändernde Gesellschaft mehr hauswirtschaftliche Fachkräfte, um den Herausforderungen etwa durch die Betreuung von Kindern und Jugendlichen in Ganztagsschulen und den demografischen Wandel zu begegnen“, sagte der Vorsitzende des Gremiums, der Grünen-Abgeordnete Martin Hahn.
Nach Angaben Hahns war sich der Ausschuss einig, dass hauswirtschaftliche Fachkräfte eine sehr wichtige Funktion erfüllten und in einigen Branchen unverzichtbar seien. Arbeit fänden Hauswirtschafterinnen und Hauswirtschafter unter anderem in Seniorenheimen, Pflegeheimen, Einrichtungen für Personen mit Unterstützungsbedarf, Krankenhäusern, Kindertagesstätten, Ambulanten Pflegediensten, Dorfhelferinnenwerken und privaten Haushalten. „In diesen Bereichen spielen die Tätigkeiten von hauswirtschaftlichen Fachkräften eine große Rolle“, erläuterte der Vorsitzende.
Eine Studie im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums unter hauswirtschaftlichen Unternehmen zeigt, dass es in diesem Berufszweig auch künftig eine hohe Nachfrage gibt. Im Bereich der Unterstützung der ambulanten Pflege rechnen 70,9 Prozent der Befragten mit einem steigenden Bedarf, in der stationären Pflege 57 Prozent, in der Ernährungsinformation 55,1 Prozent und in der Gastronomie 42,1 Prozent. Die Frage, ob sie derzeit Probleme haben, Hauswirtschafter zu finden oder dies künftig erwarten, antworten 26,5 Prozent der Befragten mit „Ja, haben wir schon“ und 17,1 Prozent mit „Ja, erwarten wir“. 56,4 Prozent gingen im Jahr 2013 dagegen davon aus, dass sie keine Schwierigkeiten haben werden, Hauswirtschafterinnen und Hauswirtschafter zu finden. Auch das baden-württembergische Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz rechnet mit einem steigenden Bedarf an hauswirtschaftlichen Fachkräften, so der Ausschussvorsitzende.
Verkehrsausschuss mahnt funktionierenden Schienenersatzverkehr auf Südbahnstrecke an
Stuttgart – Der Verkehrsausschuss des Landtags fordert das Verkehrsministerium auf, während der Elektrifizierungsphase auf der Südbahnstrecke (Ulm-Friedrichshafen-Lindau) und den damit verbundenen Sperrungen alles zu tun, damit bisherige Fahrgäste nicht dauerhaft auf das Auto umsteigen. „Es wäre aus Sicht des Gremiums fatal, wenn die lang ersehnte Elektrifizierung am Ende genau das Gegenteil, nämlich die Abkehr der Menschen vom ÖPNV zur Folge hätte“, so der Vorsitzende Karl Rombach (CDU) nach der Sitzung vom 24. Januar 2018. Noch in diesem Frühjahr solle der Spatenstich für die vor sechs Jahren politisch beschlossene Maßnahme erfolgen.
Auf Antrag der CDU habe das Landesverkehrsministerium darüber informiert, dass die Südbahn auf dem ersten Bauabschnitt zwischen Ulm und Laupheim von 10. September bis 21. Dezember 2018 voll gesperrt werde. In Folge komme es bis zur geplanten Fertigstellung im Jahr 2021 zu mehreren Totalsperrungen. „Ohne ein gutes Schienenersatzverkehrskonzept, dürften sich viele bisherige Fahrgäste vom öffentlichen Personennahverkehr abwenden“, so Rombach. Die Ausschussmitglieder hätten die Beteuerung der Landesregierung zur Kenntnis genommen, sich für schnelle Ersatzverkehre auch in Zusammenarbeit mit dem Interessenverband Südbahn einzusetzen. „Wir als Verkehrsausschuss werden die Regierung gegebenenfalls daran erinnern“, betonte Rombach. Im Ausschuss sei überdies die Frage der Radmitnahme aufgeworfen worden. Vor allem im Sommer erreiche die Radmitnahme zwischen Ulm und Bodensee eine relevante Größenordnung, berichtete Rombach. Das Verkehrsministerium habe dies als „Problem“ eingeräumt. Busersatzverkehre könnten eine Radmitnahme in der Urlaubszeit bislang in der Tat nicht gewährleisten. Ein Ausweichen auf die Allgäubahn sei ebenfalls unmöglich, weil diese parallel elektrifiziert werde. Laut Ministerium werde deshalb eine Radmitnahme über die Strecke Mengen-Stockach-Radolfzell angedacht. „Der Verkehrsausschuss erwartet hier eine praktikable Lösung für die Radurlauber“, so Rombach.
Der Ausschuss habe zudem einstimmig einen Gesetzentwurf der Landesregierung befürwortet, der die Zuständigkeiten für den Vollzug der Straßenverkehrsordnung rechtssicher und klar regle. Im Zuge der zweiten Föderalismusreform wurde festgelegt, Kommunen nicht mehr durch Vorschriften des Bundes mit neuen Aufgaben zu belasten. Mit dem „Gesetzentwurf über Zuständigkeiten nach der Straßenverkehrsordnung“, den der Ausschuss für Verkehr des Landtags zu beraten hatte, soll dies gewährleistet werden. Konkret geht es um Paragraf 44, Absatz 1, der bislang für die Übertragung der Zuständigkeit der obersten Landesbehörden und der höheren Verwaltungsbehörden (…) auf eine andere Stelle eine Kann-Regelung vorsieht. „Das Gesetz ist nach Ansicht der Ausschussmitglieder geeignet, Rechtsunsicherheit zu vermeiden“, so der Ausschussvorsitzende. Zwar habe in Zweifelsfällen das Land schon immer - allein aufgrund der Ortsnähe – „dynamisch“ die Zuständigkeit zugewiesen bekommen. Nun werde Rechtsklarheit geschaffen, so Rombach. „Die Gesetzesänderung gewährleistet den einheitlichen Vollzug der Straßenverkehrs-Ordnung“, so der Vorsitzende.
Umbesetzung im Verkehrsausschuss: Hans Peter Stauch (AfD) löst den bisherigen stellvertretenden Vorsitzenden Bernd Gögel ab.
Wirtschaftswachstum und sozialer Zusammenhalt Schwerpunkte der bulgarischen EU-Ratspräsidentschaft
Stuttgart. Der Ausschuss für Europa und Internationales des Landtags von Baden-Württemberg hat in seiner Sitzung am Mittwoch, 24. Januar 2018, mit dem Botschafter der Republik Bulgarien, Radi Naidenov, die Schwerpunkte der bulgarischen Ratspräsidentschaft erörtert. Dies teilte der Vorsitzende des Gremiums, der CDU-Abgeordnete Willi Stächele, mit. „Wirtschaftswachstum und sozialer Zusammenhalt, Westlicher Balkan, Digitalisierung sowie Stabilität und Sicherheit in Europa – das sind die Themen, die im Rahmen der Ratspräsidentschaft Bulgariens eine große Rolle spielen werden“, informierte Stächele.
Der Botschafter der Republik Bulgarien in Deutschland, Radi Naidenov, habe die Mitglieder des Gremiums über die zentralen Anliegen des bulgarischen Ratsvorsitzes informiert. Zum ersten Mal seit seinem EU-Beitritt 2007 übernehme Bulgarien für sechs Monate den Vorsitz im Rat der Europäischen Union, die sogenannte Ratspräsidentschaft.
"Einigkeit macht stark" laute das Motto der bulgarischen Präsidentschaft. Bulgarien habe sich ganz bewusst für seinen nationalen Leitspruch entschieden. Damit stelle die bulgarische EU-Ratspräsidentschaft den Gedanken der Gemeinschaft - ein grundlegender Wert der EU - in den Mittelpunkt ihres politischen Programms, berichtete Stächele.
Bulgarien wolle während seiner Ratspräsidentschaft die Europäische Union weiterentwickeln. Die Schwerpunkte sollen dabei auf den Themen Zukunft Europas und junge Menschen, ein Europa der wirtschaftlichen und sozialen Annäherung und des Zusammenhalts, der Westliche Balkan – europäische Perspektive und Integration der Westbalkanländer, Sicherheit und Stabilität in einem starken und geeinten Europa sowie digitale Wirtschaft und zukunftsgerechte Kompetenzen liegen, gab Stächele die Ausführungen des Botschafters wieder.
„Baden-Württemberg engagiert sich intensiv in den Staaten des Westlichen Balkans. Über die EU-Donaustrategie sowie über gemischte Regierungskommissionen ist das Land eng mit dem Donauraum verbunden“, ergänzte der Ausschussvorsitzende Stächele. „Die wirtschaftliche Entwicklung des Donauraums ist für uns von vitalem Interesse. In dieser Region bietet sich für baden-württembergische Unternehmen ein großes Marktpotenzial, das bei weitem noch nicht ausgeschöpft ist.“
Landtag erinnert mit zentraler Gedenkfeier an die Opfer des Nationalsozialismus
Stuttgart/Ulm. Der Landtag von Baden-Württemberg erinnert mit einer zentralen Gedenkfeier am Freitag, 26. Januar 2018, im Stadthaus in Ulm an die Opfer des Nationalsozialismus. Zu der Veranstaltung werden rund 250 Teilnehmerinnen und Teilnehmer erwartet. Rabbiner Jehoschua Ahrens Vortrag „Das Judentum nach der Shoa – Auswirkungen und Folgen“ steht im Mittelpunkt der Veranstaltung.
Die Gedenkfeier beginnt um 11 Uhr im Stadthaus Ulm. Nach der Begrüßung durch den Oberbürgermeister der Stadt, Gunter Czisch, und einer Gedenkrede von Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne), einem Grußwort von Michael Kashi, Vorstandsmitglied der IRGW, hält Rabbiner Jehoschua Ahrens seinen Vortrag. Im Anschluss folgt ein Beitrag des Jugendzentrums HaLev (= das Herz) der IRGW.
Musikalisch umrahmt wird die Gedenkfeier von Julian Lehmann (Violoncello) und Annika Schaberl (Violine). Ab etwa 12:15 Uhr besteht die Möglichkeit zur Begegnung. Die Opferorganisationen präsentieren sich mit Infoständen. Bereits vor der Veranstaltung im Stadthaus findet um 10:40 Uhr ein stilles Gedenken am Mahnmal für die ermordeten Juden der Stadt Ulm auf dem Weinhof, statt.
Hintergrund:
Der 27. Januar wurde im Jahr 1996 vom damaligen Bundespräsidenten Roman Herzog zum Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus erklärt. Seitdem veranstaltet der Landtag von Baden-Württemberg seine Feiern an diesem Gedenktag an verschiedenen Gedenkorten. Das Datum erinnert an die Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz am 27. Januar 1945.
Bildungsausschuss unterstützt Kampagne zur Förderung des Radfahrens in die Schule
Stuttgart – Der Bildungsausschuss des Landtags befasste sich auf Antrag der Grünen damit, wie mehr Schülerinnen und Schüler mit dem Fahrrad zur Schule kommen können. Hilfreich wären aus Sicht des Gremiums mehr Radwegepläne in den Städten und Gemeinden Baden-Württembergs. Laut Kultusministerium haben zwei Drittel aller Kommunen im Land bislang keinen solchen Radwegeplan erstellt. „Schülerinnen und Schüler müssen auf sicheren Radwegen zu ihrer Schule gelangen“, so die Ausschussvorsitzende Brigitte Lösch (Grüne) nach der Sitzung am 18.1.2018. „Das Kultusministerium muss hier nach Meinung der Ausschusses noch mehr auf die Kommunen zugehen.“
Der Bildungsausschuss des Landtags unterstützt das Kultusministerium grundsätzlich darin, Schülerinnen und Schülern stärker zum Radfahren hinzuführen. Er signalisierte Unterstützung für weitere Kampagnen und lobte ausdrücklich die bisherigen Bemühungen wie die 2012 eingeführte Radhelmkampagne „Schütze Dein Bestes“. Das Kultusministerium arbeitet hierzu gemeinsam mit dem Innenministerium und dem Verkehrsministerium an der Verbesserung der Verkehrssicherheit. „Fahrradfahren macht Spaß, ist gesund und ein aktiver Beitrag zum Klimaschutz. Und je mehr Schülerinnen und Schüler mit dem eigenen Fahrrad zur Schule kommen, desto geringer ist der allmorgendliche Stau durch die „Elterntaxis“, so die Ausschussvorsitzende.
Jährlich werden laut Kultusministerium im Rahmen der Radfahrausbildung in Klasse 4 der Grundschulen und in Klasse 5 der SBBZ rund 97.000 Schülerinnen und Schüler in Baden-Württemberg geschult, von denen rund 90 Prozent den Fahrradführerschein erhalten. Außerdem existiere seit dem Schuljahr 2016/17 das bundesweit einmalige Tool eines webfähigen Geoinformationssystems (WebGIS), das durch Schulen bei der Erstellung von Schulwegeplänen sehr gut genutzt werde. Auch gewinne durch die Verankerung im neuen Bildungsplan das Erfahrungsfeld „Fahren, Rollen, Gleiten“ an Bedeutung. Es stelle den Zusammenhang zwischen motorischem Können und Verkehrssicherheit her.
Der Ausschuss wünscht sich laut Lösch, dass sich künftig mehr Schulen als „Fahrradfreundliche Schule“ zertifizieren lassen. Nachdem 2015 noch 17 Schulen und 2016 nur noch 6 teilnahmen, müssten die Bewerbungskriterien verändert werden.
Sozialausschuss: Kindeswohl muss vor allem anderen stehen
Stuttgart. Sozialminister Manfred Lucha hat in der Sitzung des Ausschusses für Soziales und Integration am Donnerstag, 18. Januar 2018, einen mündlichen Bericht zum Konzept zur praxisorientierten Weiterentwicklung der Kinderschutzverfahren in Baden-Württemberg abgegeben. Zuvor informierte er die Abgeordneten über die aktuellen Missbrauchsfälle. Das hat der Vorsitzende des Gremiums, Rainer Hinderer (SPD), mitgeteilt.
„Das Martyrium des neunjährigen Jungen macht uns sprach- und ratlos. Es ist unvorstellbar, was diesem Kind angetan wurde“, so Hinderer. In Baden-Württemberg seien die Kinderrechte in der Landesverfassung verankert. „Das scheint noch nicht auf allen gesellschaftlichen und staatlichen Ebenen angekommen zu sein. Kindeswohl muss vor allem anderen stehen“, leitete Hinderer die Ausführungen Luchas ein, der ausschließlich die Abgeordneten informierte.
Anschließend folgte der mündliche Bericht zum Konzept. Der Minister habe laut Hinderer ausgeführt, dass das Ministerium für Soziales und Integration und das Landesjugendamt beim Kommunalverband für Jugend und Soziales (KVJS) für die Weiterentwicklung der Kinderschutzverfahren ihre Aktivitäten gebündelt und aufeinander abgestimmt hätten, um die Jugendämter in Baden-Württemberg auch bei der Bewältigung der komplexen aktuellen Herausforderungen im Bereich des Kinderschutzes wirkungsvoll unterstützen zu können. Dabei seien auch der Städte- und Landkreistag sowie die FamilienForschung (FaFo) beim Statistischen Landesamt Baden-Württemberg eingebunden worden. Die im Bereich des Kinderschutzes tätigen Fach- und Leitungskräfte der Jugendämter in Baden-Württemberg seien sich ihrer verantwortungsvollen Aufgabe bewusst. Um die Herausforderung eines effektiven Kinderschutzes zu bewältigen, würden Kinderschutzverfahren und die Strukturen im Kinderschutz vor Ort überprüft und durch Qualitätsentwicklungsprozesse optimiert.
Das Konzept zur praxisorientierten Weiterentwicklung der Kinderschutzverfahren gliedere sich in Maßnahmen, die auf die fachliche Optimierung der Tätigkeit der Jugendämter im Rahmen der Kinderschutzverfahren zielten sowie in Maßnahmen des Sozialministeriums zur Weiterentwicklung des bundesrechtlichen Rahmens für den Kinderschutz. Das Konzept zur fachlichen Optimierung der Arbeit der Jugendämter im Rahmen von Kinderschutzverfahren, das im Dezember 2017 von allen beteiligten unterzeichnet wurde, gliedere sich in vier Bausteine: 1. Regionalkonferenzen in Stuttgart und Karlsruhe, die unter dem Motto „Theorie und Praxis im Dialog – Weiterentwicklung der Kinderschutzverfahren in Baden-Württemberg“ gestanden hätten, 2. die Einrichtung einer Arbeitsgruppe, die unter wissenschaftlicher Begleitung, vorrangig mit Leitungskräften aus den Jugendämtern besetzt werde. Als dritter Baustein sollen die Fortbildungsangebote des KVJS weiterentwickelt werden. „Fortbildung ist der Schlüssel zum Opferschutz“, gab Rainer Hinderer die Auffassung des Ministers wieder. Als vierter Baustein solle allen Jugendämtern eine wissenschaftliche Vor-Ort-Beratung angeboten werden, bei der Strukturen überprüft würden.
Die Ausführungen des Ministers seien im Ausschuss begrüßt worden, so der Vorsitzende. Alle Beteiligten seien gefordert, noch mehr hinzuschauen. Es sei angeregt worden, über eine Landesfachaufsicht und einen landeseinheitlichen Qualitätsrahmen nachzudenken, denn am Ende sei bei einer Schnittstellenproblematik immer wichtig, wer die Qualitätskontrolle übernehme.
Gesamtstrategie für den Erhalt von Museumsbahnen soll entwickelt werden
Stuttgart. Der Finanzausschuss des Landtags hat die Landesregierung aufgefordert, eine Gesamtstrategie für die Erhaltung des Kulturguts Museumsbahnen zu entwickeln. Einem entsprechenden Antrag der Fraktionen von Grünen und CDU stimmte das Gremium in seiner Sitzung am Donnerstag, 18. Januar 2018, einstimmig mit mehreren Enthaltungen zu, teilte der Ausschussvorsitzende Rainer Stickelberger (SPD) mit. Hintergrund ist ein Beitrag des Rechnungshofs in seiner Denkschrift 2017. Darin bemängelt die Prüfstelle, dass in Baden-Württemberg kein landeseinheitliches Konzept für die Förderung von Museumsbahnen bestehe.
Stickelberger zufolge sieht der Beschluss darüber hinaus vor, dass in jeden Förderantrag eine Beschreibung des geplanten Betriebs (betriebene Strecke, Anzahl der Fahrten) sowie eine grobe Abschätzung der in den nächsten zehn Jahren insgesamt zu erwartenden Kosten aufgenommen werden soll. Diese Beschreibung soll jeweils nach Investitionen und Betrieb der Infrastruktur erfolgen. Zudem soll geprüft werden, wie die Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg für die fachtechnische Prüfung der Förderanträge einbezogen werden kann. Bis zum 31. Dezember 2018 soll dem Landtag über die veranlassten Schritte berichtet werden.
Nach Angaben des Vorsitzenden gilt der Südwesten als Land der Museumsbahnen. Hier sind 19 der historischen Bahnen in Betrieb. Das Land fördere den Ausbau und die Instandsetzung der Bahntrassen, die Sanierung von Gebäuden und Brücken sowie die Reparatur von Fahrzeugen. Weitere Fördermittel kommen von der EU und der Denkmalstiftung Baden-Württemberg. Für seinen Denkschriftbeitrag hatte der Rechnungshof die Förderung von sechs Museumsbahnen ab dem Jahre 2006 mit Zuwendungen von insgesamt 6,7 Millionen Euro analysiert. Die Prüfer kamen zu dem Ergebnis, dass das Land eine Gesamtstrategie entwickeln und einheitliche Fördervoraussetzungen schaffen solle, um das Kulturgut Museumsbahnen zu stärken.
So bemängelt der Rechnungshof etwa, dass es keine allgemeingültige Definition für Museumsbahnen gebe und die Abgrenzung zu Tourismusbahnen nicht klar sei. Das Land fördere Museumsbahnen seit 25 Jahren aus verschiedenen Förderprogrammen, die sich in Zielen und Fördergegenständen unterscheiden. Ein Landeskonzept für den Erhalt der Bahnen gebe es ebenso wenig wie einheitliche Fördergrundsätze, die aufzeigen, welche Ziele angestrebt werden. Außerdem sei die „Förderlandschaft“ unübersichtlich, da es unterschiedliche Förderrichtlinien gebe und für die Bewilligung von Zuschüssen unterschiedliche Stellen zuständig seien. Darüber hinaus sind aus Sicht des Rechnungshofs Planung und Umsetzung von Maßnahmen unzureichend, fasste Stickelberger die Ergebnisse der Prüfung zusammen.
Ausschuss beschließt einstimmig höhere Millionen-Garantie für Krebsforschungszentrum
Stuttgart – Eine um knapp vier Millionen Euro höhere Garantieübernahme durch das Land kann das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg erwarten. Der Wirtschaftsausschuss gab in seiner Sitzung am 17. Januar 2018 der Aufstockung der Deckungsvorsorge von 8,8 Millionen Euro auf 12,8 Millionen Euro grünes Licht. Hintergrund ist der Neubau eines Radiologischen Entwicklungszentrums und, damit verbunden, die Inbetriebnahme eines neuen Strahlengeräts zum Zweck der Ausweitung von Probandenstudien. Eine hinreichende „Deckungsvorsorge“ ist atomrechtlich vorgeschrieben. „Der Wirtschaftsausschuss unterstützt durch sein einstimmiges Votum für die Anhebung der Deckungsgarantie ausdrücklich die segensreiche und wertvolle Arbeit des Heidelberger Krebsforschungszentrums“, so der Vorsitzende Dr. Erik Schweickert (FDP/DVP).
Welchen Weg die Europäische Union gehen soll wird derzeit in sogenannten Reflexionspapieren zum „Weißbuch“ diskutiert. In öffentlicher Sitzung widmete sich der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau des Landtags den ihn betreffenden Szenarien einer vertieften Wirtschafts- und Währungsunion. Konkret geht es um die im Weißbuch-Prozess diskutierte Idee einer EU-Arbeitslosenversicherung sowie einer EU-Einlagensicherung. Der Wirtschaftsausschuss kam zu keiner abschließenden Bewertung, das Thema soll auf Basis aktueller Vorschläge vielmehr erneut behandelt werden. „Die von der Ausschussmehrheit vertretenen Botschaften erscheinen aber eindeutig: Keine falschen Anreize, die die Reformanstrengungen der Nationalstaaten dämpfen könnten und ein klares Bekenntnis zur „Subsidiarität“, berichtete der Vorsitzende Dr. Schweickert.
Der Wirtschaftsausschuss bedauerte, dass das EU-Programm „MobiPro-EU“, das junge Arbeitslose hierzulande in Ausbildung bringen sollte, nicht den erhofften Erfolg gebracht habe und somit zwischenzeitlich eingestellt wurde. Es nahmen rund 700 vorwiegend aus Spanien stammende Azubis in Baden-Württemberg teil, wo Firmen wie Edeka, Speditionen oder Kaufmännische Schulen als Partner agierten. „Die Ausschussmitglieder bedauerten das Aus des eigentlich sinnvollen Programms“, berichtete Schweickert aus nicht öffentlicher Sitzung. „Das Scheitern dieses Programms auf Grund der hohen Abbrecherquote ist für uns doppelt bitter.“ Denn Baden-Württemberg, so die Argumentation im Ausschuss, habe vakante Ausbildungsplätze und einen anhaltend hohen Bedarf an Fachkräften.
Positiv habe der Ausschuss das Bekenntnis des Wirtschaftsministeriums bewertet, sich nicht einzumischen in das operative Geschäft der Messe Stuttgart. Hintergrund der Anfrage war die öffentliche und mediale Diskussion über die dort stattfindende Internationale Ausstellung und Konferenz für Training und Ausbildung im Verteidigungssektor (ITEC). „Der Ausschuss zeigte sich parteiübergreifend dankbar für die klare Aussage des Ministeriums, nicht in das operative Geschäft landeseigener Unternehmen einzugreifen“, so Schweickert.
Innenausschuss berät über Vorschläge zur Verbesserung der Flüchtlingsaufnahme
Stuttgart. Mit Möglichkeiten, die Aufnahme von Flüchtlingen in Baden-Württemberg zu verbessern, hat sich der Ausschuss für Inneres, Digitalisierung und Migration in seiner Sitzung am Mittwoch, 17. Januar 2018, befasst. „Der Rechnungshof legte dazu eine 72 Seiten umfassende Beratende Äußerung vor. Darin analysiert der Rechnungshof das Flüchtlingsmanagement in Baden-Württemberg in den Jahren 2016 und 2017 und leitet daraus Empfehlungen für ein optimiertes Verfahren ab“, teilte der Vorsitzende des Innenausschusses, der CDU-Abgeordnete Karl Klein, mit. Klein dankte dem Rechnungshof für seine „hervorragende Arbeit“. „Der Rechnungshof hat sich mit der nötigen Sensibilität diesem umfangreichen Thema angenommen“, so Klein.
Nach Angaben des Vorsitzenden umfasste die Prüfung unter anderem die Strukturen der Flüchtlingsaufnahme, die Zusammenarbeit der beteiligten Stellen und die Ausgabenerstattung des Landes für die vorläufige Unterbringung von Flüchtlingen bei den Stadt- und Landkreisen. Die Unterbringung und Begleitung von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen war dagegen nicht Bestandteil der Prüfung.
„Der Umgang mit Flüchtlingen ist für den Staat eine vielschichte Aufgabe, die im föderalen Staatsaufbau auf Behörden aller Ebenen verteilt wird“, sagte Klein. Für ein gutes Flüchtlingsmanagement, also eine zielgerichtete, effektive und effiziente Bewältigung der Aufgaben, müssten alle beteiligten Behörden Informationen austauschen und zusammenwirken. Bei seiner Prüfung sei der Rechnungshof jedoch auf Defizite gestoßen, die häufig auf einem mangelnden Informationsaustausch beruhten. Eine Folge daraus sei beispielsweise ein erheblicher Zeitverzug beim Wechsel aus Unterkünften der Stadt- und Landkreise in Unterkünfte der Gemeinden.
Zu den wesentlichen Empfehlungen des Rechnungshofs zählt, dass bei der Unterbringung von Flüchtlingen die individuelle Bleibeperspektive bzw. der Aufenthaltsstatus stärker berücksichtigt werden sollte. Aus diesem Grund sollte das derzeitige Flüchtlingsaufnahmegesetz reformiert werden. Der Rechnungshof empfiehlt, dass sich das Land während der Dauer des Asylverfahrens an den Cluster-Gruppen orientiert, die das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) gebildet hat. Personen, die eine sehr hohe Bleibeperspektive haben, sollten bis zur möglichst schnellen Entscheidung des BAMF in den Landeserstaufnahmeeinrichtungen (LEA) bleiben. Im Falle einer positiven Entscheidung des BAMF sollten sie von dort im Sinne der Integration möglichst zügig und direkt in die Anschlussunterbringung wechseln.
Die vorläufige Unterbringung sollte für Personen mit offener Bleibeperspektive (Cluster C) oder aus anderen Gründen langwierigen Asylverfahren vorbehalten sein. Für die vorläufige Unterbringung sollten vorrangig Gemeinschaftsunterkünfte genutzt werden. Personen, die keine Aufenthaltserlaubnis bzw. nur eine Duldung haben, sollten entgegen der bisherigen Vorgaben des Flüchtlingsaufnahmegesetzes nicht in die Anschlussunterbringung wechseln, fasste der Vorsitzende die Ausführungen des Rechnungshofs zusammen. Außerdem empfiehlt der Rechnungshof, dass Bund, Land und Kommunen stärker kooperieren und den Informationsaustausch verbessern müssten. Darüber hinaus hält der Rechnungshof das derzeitige Verfahren der Ausgabenerstattung für „aufwendig, fehleranfällig und unter Anreizaspekten für problematisch“ und sollte daher möglichst bald zu einer Ausgabenerstattung mittels Pauschale zurückkehren. Eine Rückkehr zur Pauschale biete sich zum Rechnungsjahr 2018, spätestens jedoch für das Jahr 2019 an.
Neben seinen Empfehlungen führt der Rechnungshof in seinem Bericht auch gelungene Aspekte der Flüchtlingsaufnahme auf. So sei das Ankunftszentrum in Heidelberg ein Beispiel für ein gutes Flüchtlingsmanagement. In dieser Einrichtung würden alle notwendigen Schritte nach der Einreise eines Flüchtlings gebündelt an einem Ort innerhalb weniger Tage erledigt. Hierzu wirkten Bundes- und Landesbehörden kooperativ zusammen, so Klein.
Öffentliche Anhörung zum Gesetzesentwurf zur Weiterentwicklung des Hochschulrechts
Stuttgart. Der Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kunst hat in seiner Sitzung am Mittwoch, 17. Januar 2018, eine Anhörung zum Gesetzesentwurf zur Weiterentwicklung des Hochschulrechts (HRWeitEG) durchgeführt. „Es war dem Ausschuss ein interfraktionelles Anliegen, auch die Hochschulen zu hören“, so der Vorsitzende des Gremiums, Andreas Deuschle (CDU).
Mit dem HRWeitEG soll das Landeshochschulgesetz (LHG) novelliert werden. Das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst legt in seiner LHG-Novelle die Schwerpunkte auf einen eigenen Status für Doktoranden, eine Verbesserung der Bedingungen für kooperative Promotionen und mehr Spielräume für Gründer an den Hochschulen. Zudem wird einem Verfassungsgerichtshofurteil Rechnung getragen, in dem die Wissenschaftsfreiheit der Hochschullehrerschaft gestärkt, gleichzeitig aber die Strategiefähigkeit der Institution als Ganzes gewahrt wird. Überwiegend hat der Gesetzesentwurf von den zwölf Referenten große Zustimmung erfahren. „Der Ausschuss möchte das Gesetz durch die gehörten Anregungen noch besser machen“, bekräftigte Deuschle. Anregungen habe es unter anderem zum Status der Doktoranden gegeben. Sie sollten nicht den Studierendenstatus erhalten, sondern einen eigenen, noch auszuarbeitenden Status.
Die komplette Anhörung wurde live gestreamt und ist demnächst in der Mediathek der Landtagshomepage zu finden (http://www.landtag-bw.de/home/mediathek/videos.html(externer Link)).
Die erste Lesung im Landtag von Baden-Württemberg ist für die 5. Kalenderwoche vorgesehen.
Bürger empfehlen solidarische Altersversorgung - Präsidentin Aras lobt Engagement
Stuttgart – Das „Bürgerforum zur Altersversorgung der Abgeordneten des Landtags von Baden-Württemberg“ legte am 13. Januar 2018 seine Empfehlungen vor. Es schlägt dem Parlament vor, die Frage der Altersversorgung der Abgeordneten noch einmal gründlich zu beraten. Das Gremium legte sich einstimmig auf die Vision einer solidarischen Bürgerrentenversicherung fest, in die alle Bürger ohne Beitragsgrenze einbezahlen. In der Frage, welche Altersversorgung Abgeordnete erhalten sollen, einigte sich das Bürgerforum auf zwei alternative Modelle: Pflichtbeiträge zu einem Versorgungswerk für Abgeordnete oder ein Bausteinmodell, bei dem zusätzlich zum Höchstbeitrag in die gesetzliche Rentenversicherung das Land „in Würdigung ihrer Stellung“ in die Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) für eine Art „Betriebsrente“ einzahlt. Eine Rückkehr zur Staatspension lehnt das Bürgerforum ab.
Zwischen 20 und 25 zufällig ausgewählte Bürgerinnen und Bürger aller Altersgruppen, Berufe und Wohnorte im Land setzten sich seit 18. November 2017 in drei ganztägigen Dialogveranstaltungen intensiv mit der Frage auseinander: Was ist eine angemessene Altersversorgung für Abgeordnete? Hintergrund war ein später zurückgenommener Beschluss des Landtags von Baden-Württemberg, vom Zuschuss für Privatvorsorge (derzeit 1720 Euro im Monat) zur staatlichen Pension zurückzukehren. Landtagspräsidentin Muhterem Aras setzte Ende Juli 2017 auf Bitte der Fraktionen die „Unabhängige Kommission zur Altersversorgung der Abgeordneten“ unter Vorsitz des früheren Vizepräsidenten des Bundesverwaltungsgerichtes, Michael Hund. Im Einsetzungsauftrag der Kommission wurde die Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern festgeschrieben. Hund versicherte den Teilnehmern des Bürgerforums, dass die Kommission ihre Vorschläge berücksichtigen und intensiv beraten wird.
Damit wird zum ersten Mal in Deutschland ein landespolitisch relevantes und strittiges Thema nicht nur von hauptamtlichen Vertretern gesellschaftlicher Gruppen, sondern auch von der Zivilgesellschaft diskutiert. Landtagspräsidentin Muhterem Aras, auf deren Initiative diese Einbindung von Bürgern auf Landesebene zurückgeht, bedankte sich vor der letzten Dialogveranstaltung bei den Bürgerinnen und Bürgern für ihr Engagement: „Dass Sie sich in ihrer Freizeit einer solch schwierigen, komplexen Fragestellung widmen, ist keineswegs selbstverständlich. Es verdient unseren hohen Respekt und Dank.“ Sie hoffe, so Aras, dass diese Form der Bürger-Einbindung bei der Klärung gesellschaftlich umstrittenen Themen Schule mache.
„Es ist gelungen, durch intensives Ringen um die jeweils beste Lösung einen Konsens herzustellen“, lobte der Moderator der Dialogveranstaltungen, Wolfgang Himmel (Translake GmbH). „Es war erstaunlich, mit welcher Präzision sich die Bürgerinnen und Bürger das Thema erarbeitet haben.“ Die Teilnehmer des Bürgerforums dankten bei der Vorstellung ihrer Empfehlungen vor den Medien ausdrücklich für die Gelegenheit und das Vertrauen, sich mit ihrer Meinung einbringen zu können.
Weiteres Vorgehen: Am Montag, 5. Februar, werden Teilnehmer des Bürgerforums der gesamten zehnköpfigen „Unabhängigen Kommission zur Altersversorgung der Abgeordneten" ihre Empfehlungen öffentlich darlegen und begründen. Am 19. Februar findet eine öffentliche Anhörung von Rentenexperten statt. Ende März soll der Kommissionsbericht dem Landtag vorgelegt werden.
Die Empfehlung des Bürgerforums im Dokument:
Landtag beschließt Haushalt für die nächsten beiden Jahre– 573 Änderungsanträge
Stuttgart – Nach insgesamt sechs Plenarsitzungen hat der Landtag von Baden-Württemberg am Mittwoch, 20. Dezember 2017, mit den Stimmen von Grünen und CDU den Landeshaushalt im Volumen von 102,4 Milliarden Euro für die Jahre 2018 und 2019 verabschiedet. „Die Abgeordneten des Landtags haben zeitintensive, leidenschaftliche und sehr sachliche Debatten geführt“, so Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) nach der Schlussabstimmung. Vizepräsident Wilfried Klenk (CDU) dankte allen Abgeordneten für den „Sitzungsmarathon“ sowie den im Hintergrund wirkenden Mitarbeitern von Landtagsverwaltung, Fraktionen und Regierung für den reibungslosen Ablauf.
Der Etat für das Jahr 2018 beträgt 50,5 Milliarden Euro, der Etat für 2019 51,9 Milliarden Euro. Erstmals in der Landesgeschichte steigen die Ausgaben auf über 50 Milliarden Euro pro Jahr. Im Finanzausschuss unter Vorsitz von Rainer Stickelberger (SPD) wurde der Doppeletat zuvor intensiv beraten. 384 Änderungsanträge wurden durch die Fraktionen gestellt - 56 mehr als bei den Beratungen zum Landeshaushalt 2017 (328 Anträge) und doppelt so viele wie beim letzten Doppelhaushalt 2015/2016 (192 Anträge). Von den 384 Anträgen wurden 139 angenommen. In der zweiten Beratung im Plenum wurden erneut 187 Änderungsanträge gestellt, in der dritten und letzten Beratung nochmals zwei. In Summe stimmten die 143 Abgeordneten über 573 Änderungsanträge ab.
Der Haushaltsentwurf für alle Ministerien, den Landtag, den Rechnungshof und den Verfassungsgerichtshof umfasst insgesamt 4.400 Seiten mit vielen Tausend Einzelposten, die von den Fachpolitikern aller Fraktionen beraten wurden.
Weitere Angaben sowie Bilder der Schlussabstimmung finden Sie im Bilderverzeichnis unter bilderservice(interner Link)
Vermeintliche Rufnummer eines „Sauerland“-Terroristen erweist sich als Anschluss einer württembergischen Firma
Stuttgart. Der Untersuchungsausschuss „Das Unterstützerumfeld des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) in Baden-Württemberg und Fortsetzung der Aufarbeitung des Terroranschlags auf die Polizeibeamten M. K. und M. A. (Rechtsterrorismus/NSU BW II)“ hat Medienberichte sowie eine Zeugenaussage vor dem Untersuchungsausschuss zum Anlass genommen, vertieft zwei Telefonspuren nachzugehen, die zunächst auf Bezüge des Heilbronner Mordanschlags vom 25. April 2007 zur islamistischen Szene hinzudeuten schienen. „Die Nachforschungen haben ergeben, dass eine Verbindung zur sogenannten „Sauerland-Gruppe“ ausgeschlossen werden kann. Vielmehr war der betreffende Mobilfunkanschluss mit den Endziffern 1004 dem Außendienstmitarbeiter eines württembergischen Unternehmens zugewiesen“, teilte der Vorsitzende des Gremiums, der SPD-Abgeordnete Wolfgang Drexler MdL, am Dienstag, 19. Dezember 2017, mit.
Hintergrund für die Annahme möglicher Verbindungen zum militanten Islamismus war, dass in den zum Umfeld der Tat auf der Heilbronner Theresienwiese gehörenden Funkzellen unter anderem eine Mobilfunknummer mit den Endziffern 1004 eingebucht war, die im Verfahren gegen die sogenannte „Sauerland“-Gruppe festgestellt wurde. Eine andere Anschlussnummer mit den Endziffern 4185, die in einem baden-württembergischen Ermittlungsverfahren mit Islamismusbezug erfasst worden war, wurde wiederum aus den Tatortfunkzellen heraus angerufen.
In diesem Zusammenhang hatte ein am 22. September 2017 vor dem Untersuchungsausschuss vernommener Zeuge bekundet, die in die „Sauerland“-Ermittlungen weisende Rufnummer sei ihm aus seiner damaligen Dienstzeit als Zivilangestellter der US-Streitkräfte als Nummer von D.S. bekannt, der aufgrund seiner Mitgliedschaft in der „Sauerland“-Gruppe verurteilt worden war. Hierzu hatte ein in derselben Sitzung des Untersuchungsausschusses als Zeuge vernommener Kriminalbeamter des BKA berichtet, es sei ausweislich der angestellten polizeilichen Ermittlungen feststellbar, dass dieser Anschluss mit den Endziffern 1004 aktuell und rückwirkend bis 20. Dezember 2007 einem württembergischen Textilunternehmen in Ulm zugewiesen gewesen sei; den Anschlussinhaber zur Zeit der Tat vom 25. April 2007 in Heilbronn habe man nicht mehr erheben können. Dabei ließ es der Untersuchungsausschuss nicht bewenden und holte – nunmehr 10 Jahre nach dem Mordanschlag – eigenständig Auskünfte bei diesem Unternehmen ein. Diese erbrachten den Nachweis, dass der Anschluss bereits seit 22. November 2005 von der Firma genutzt wurde und im Jahr 2007 einem Außendienstmitarbeiter des Unternehmens zugewiesen war, dessen Außendienst-Gebiet unter anderem den Bereich Heilbronn umfasste. Vor diesem Hintergrund erschließen sich auch die vom besagten Kriminalbeamten geschilderten Verbindungskontakte dieser in Heilbronn eingebuchten Nummer zu einem weiteren Gewerbebetrieb im Raum Schwäbisch Hall. „Nach alledem ist geklärt, dass über die gegenständliche Rufnummer kein Bezug zur „Sauerland-Gruppe“ herzustellen ist“, sagte Drexler. Aus welchem Grund dieser Anschluss in den „Sauerland“-Ermittlungen erfasst worden war, konnte im Übrigen nicht mehr nachvollzogen werden; nach Auskunft des genannten Kriminalbeamten habe hier mittlerweile eine routinemäßige, an den entsprechenden Datenschutzvorgaben orientierte Aussonderung stattgefunden.
Was die weitere Telefonnummer mit den Endziffern 4185 betrifft, hat der am 22. September 2017 gehörte Kriminalbeamte des BKA ausgeführt, dass diese von einem Reisevermittler genutzt worden sei, der selbst nicht Beschuldigter dieses in Baden-Württemberg geführten – und seit längerem eingestellten – Ermittlungsverfahrens gewesen sei, sondern lediglich zu einem Beschuldigten Kontakt gehabt habe. Im Hinblick auf eine derartige Verbindung zu einem Reisebüro hätten sich keine Auffälligkeiten ergeben. Der Inhaber desjenigen Anschlusses wiederum, der am 25. April 2007 von Heilbronn aus die genannte Rufnummer anrief, sei nicht mehr festzustellen gewesen.
In seiner Sitzung am vergangenen Freitag befasste sich der Untersuchungsausschuss auch mit der weiteren Planung der Ausschussarbeit im kommenden Jahr und der noch anstehenden, abzuarbeitenden Themenkomplexe. Hierbei zeichnete sich ab, dass das Gremium beabsichtigt, die Beweisaufnahme vor der Sommerpause 2018 zu schließen und seinen Abschlussbericht noch bis Ende des Jahres 2018 dem Landtag vorzulegen. „Schwerpunkt des anstehenden Beweisprogramms ist – neben der Aufarbeitung noch offen gebliebener Fragen aus dem vorangegangenen Untersuchungsausschuss – die Frage möglicher Helferstrukturen des NSU in Baden-Württemberg als zentralem Untersuchungsgegenstand des laufenden Ausschusses. Zu diesem Zweck wird sich das Gremium insbesondere dem Netzwerk „Blood & Honour“, der rechten Musikszene und dem Thema V-Leute widmen“, so der Ausschussvorsitzende.
Der Untersuchungsausschuss hat des Weiteren gegen die in der Sitzung am 17. Juli vernommene Zeugin S. F. Strafanzeige wegen des Verdachts der Falschaussage erstattet. Dies gründet sich darauf, dass die Zeugin vor dem Untersuchungsausschuss bestritten hatte, an den rechten Szenepublikationen „Sonnenrad“ und „Der Weisse Wolf“ mitgearbeitet zu haben. Aus entsprechenden Ausgaben dieser Hefte, wie sie dem Untersuchungsausschuss vorliegen, ergeben sich jedoch deutliche Anhaltspunkte für das Gegenteil.
Gegen den Zeugen R. H. besteht ebenfalls der Verdacht der Falschaussage. Dieser hatte in der Ausschusssitzung am 22. September 2017 in Abrede gestellt, eine Besuchserlaubnis für den vormals in Untersuchungshaft sitzenden Neonazi J. W. beantragt zu haben. Hierzu liegt dem Untersuchungsausschuss mittlerweile jedoch ein entsprechender Antrag auf Erteilung einer solchen Erlaubnis vor, weshalb nunmehr beschlossen wurde, eine Strafanzeige auf den Weg zu bringen.
Im Ordnungsgeldverfahren betreffend die Rechtsanwältin R. L., die sich in der Sitzung des Untersuchungsausschusses am 20. März 2017 geweigert hatte, Personalien einer Kontaktperson zu nennen, hat zwischenzeitlich das Amtsgericht Stuttgart – auf Antrag des Untersuchungsausschusses – ein Ordnungsgeld in Höhe von 1.000,00 Euro – ersatzweise 20 Tage Ordnungshaft – festgesetzt, weil die Zeugnisverweigerung ohne gesetzlichen Grund erfolgt sei. Hiergegen wurde seitens Rechtsanwältin L. Beschwerde eingelegt, weshalb zunächst die Entscheidung des Rechtsmittelgerichtes abzuwarten ist.
Petitionsausschuss unterstützt neue Lösungsansätze für Skulptur „Dreispitz“ im Kreisverkehr Binzen
Stuttgart. Der Petitionsausschuss des Landtags hat in seiner Sitzung am Donnerstag, 14. Dezember 2017, ausführlich über den umstrittenen Abbau des Kreiselkunstwerks „Dreispitz“ in Binzen diskutiert. „Dabei hat sich gezeigt, dass es neue Ansätze für eine Lösung ohne Beseitigung des Dreispitz gibt“, sagte die Ausschussvorsitzende Beate Böhlen (Grüne). Deshalb sei die Entscheidung zunächst vertagt worden.
Der Petent – ehemaliger Bürgermeister von Binzen – wendet sich zusammen mit zahlreichen Unterstützern gegen den vom Landratsamt beabsichtigten Abbau des Dreispitz. Die Straßenbauverwaltung sieht in dem Kunstwerk eine erhebliche Gefahr für Verkehrsteilnehmer und kommt aufgrund eines Gutachtens zu dem Ergebnis, dass nur durch eine Beseitigung der gesetzlichen Pflicht zur Gefahrenabwehr genüge getan werden könne.
Gegen eine Beseitigungsverfügung hatte die Gemeinde Binzen Widerspruch eingelegt und beim Verwaltungsgericht die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung beantragt, damit die Verfügung nicht vollzogen wird. Hierüber ist noch nicht entschieden. Vollzugsmaßnahmen sind bisher zurückgestellt, nicht zuletzt im Hinblick auf das laufende Petitionsverfahren.
Nach Angaben Böhlens hat sich der Petitionsausschuss intensiv mit dem Fall befasst. Nach Durchführung eines Ortstermins unter Leitung des stellvertretenden Ausschussvorsitzenden Norbert Beck (CDU) hat das Gremium in der Sitzung den Fall ausführlich beraten und alle Argumente einbezogen. Dabei zeichneten sich neue Lösungsansätze ab, wie der Kreisverkehr sicherer gemacht werden kann, ohne die Skulptur zu entfernen. In Betracht kommen laut Böhlen Maßnahmen wie ein tiefes Kiesbett, Anpralldämpfer, Schutzplanken, Rüttelstreifen und andere Mittel, die Autofahrer auf den Kreisverkehr aufmerksam machen können. Diese Lösungsansätze sollen nun gründlich geprüft werden ebenso wie die Einbeziehung des Kreisverkehrs in den Ortsdurchfahrtsbereich.
Der Petitionsausschuss wird in seiner nächsten Sitzung Ende Januar 2018 über die Petition entscheiden. Bis dahin werde es nach einer Zusage des zuständigen Ministeriums keinen Rückbau des Dreispitz geben, gab Böhlen bekannt.
Direktor Berthold Frieß: „Verfassungsgerichtshof hat eine wichtige parlamentsrechtliche Frage gelöst“
Stuttgart – „Der Verfassungsgerichtshof hat mit seinem Urteil die Rechtsauffassung der Landtagsverwaltung bestätigt. Uns freut insbesondere, dass er den Minderheitenschutz streng ausgelegt hat. Damit löste der Verfassungsgerichtshof eine wichtige parlamentsrechtliche Frage und sorgte für Klarheit“, kommentiert Berthold Frieß, der Direktor des Landtags von Baden-Württemberg, am Mittwoch, 13. Dezember 2017, das Urteil des Verfassungsgerichtshofes im Organstreit der AfD-Fraktion gegen den Landtag.
Hintergrund: Der Verfassungsgerichtshof hatte über zwei Anträge zu entscheiden. Die AfD-Fraktion wollte festgestellt haben, dass sowohl die Ablehnung eines „Untersuchungsausschusses Linksextremismus“ am 10. November 2016 als auch die Änderung des Untersuchungsausschussgesetzes (UAG) vom 28. September 2016 verfassungswidrig waren. Die AfD-Fraktion stützte sich auf Artikel 27 Absatz 3 der Landesverfassung, wo die Gleichheit der Fraktionen geregelt ist. Zum Zeitpunkt der Antragstellung hatte sich die AfD-Fraktion in zwei Fraktionen aufgespalten.
Bewertung der Landtagsverwaltung: Der Verfassungsgerichtshof hat nicht zu allen Rechtsfragen Stellung genommen. Im Ergebnis ist für den Landtag wichtig: 1. Den Antrag gegen die Änderung des UAG wies der Gerichtshof als unzulässig wegen Fristversäumnis zurück. 2. Den Antrag der AfD-Fraktion gegen die Ablehnung eines „Untersuchungsausschusses Linksextremismus“ wies der Gerichtshof als unbegründet zurück. Ausschlaggebend war hier für das Gericht, dass die AfD-Fraktion zum Zeitpunkt der Entscheidung des Landtags wieder vereinigt war und sich nicht mehr auf den Minderheitenschutz berufen konnte. Eine entsprechende Rechtsauffassung vertrat der Landtag.
Weitere Informationen
Öffentliche Anhörung von Rentenexperten und Sitzung mit Bürgerforum geplant
Stuttgart – Nach vier von neun geplanten Sitzungen zieht der Vorsitzende der „Unabhängigen Kommission zur Altersversorgung der Abgeordneten“, Michael Hund, positive Zwischenbilanz: „Die Unabhängige Kommission hat wichtige Vorfragen zu einer angemessenen Sicherung der Abgeordneten gegen mandatsbedingte Versorgungslücken beraten, Abgeordnete aus allen Fraktionen des Landtags angehört und einen Zeitplan für die weiteren Beratungsschritte beschlossen.“ Das Bürgerforum tagte bereits zum zweiten Mal. Bis zum Ende der dritten Sitzung im Januar will das Gremium eine Bürgerempfehlung an die Kommission ausarbeiten. Die Kommission will ihren Vorschlag und Bericht auftragsgemäß bis Ende März fertigstellen.
Die Kommission tauschte sich in den bisherigen Sitzungen über den Wert parlamentarischer Repräsentation auch für die Länder als demokratisch verfasste Gemeinwesen aus und verschaffte sich einen ersten Überblick über Versorgungsalternativen für Landtagsabgeordnete sowie bestehende Lösungen in allen Bundesländern. In ihrer Novembersitzung hat die Kommission Abgeordnete aus allen Fraktionen des Landtags zu ihrem Selbstbild und ihrer Mandatsausübung angehört. Laut dem Vorsitzenden Hund beabsichtigt das zehnköpfige Gremium eine öffentliche Anhörung von Experten zu den Vor- und Nachteilen sowie Leistungen einzelner Versorgungssysteme. Hund betonte, die Kommission sei nach wie vor entschlossen, dem Landtag ihren Vorschlag und Bericht pünktlich Ende März vorzulegen.
Das parallel zur Unabhängigen Kommission tagende Bürgerforum trat am Wochenende zum zweiten Mal zusammen. Das Bürgerforum behandelt deutschlandweit zum ersten Mal ein auf Landesebene kontrovers diskutiertes politisches Thema. Rund 20 zufällig ausgewählte Frauen und Männer aller Altersstufen erarbeiten dort in drei ganztägigen Sitzungen eine eigene Empfehlung zur Altersversorgung der Abgeordneten. Michael Hund: „Wir sind gespannt, was das Bürgerforum der Kommission und dem Landtag empfehlen wird. Wir wollen die Teilnehmenden des Bürgerforums einladen, ihre Ideen für eine angemessene Altersversorgung der Landtagsabgeordneten zu erläutern und zu diskutieren, bevor wir uns selbst positionieren.“ Für Mitte Januar ist die dritte und letzte Dialogveranstaltung des Bürgerforums geplant, an deren Ende Eckpunkte der erarbeiteten Ergebnisse vorgestellt werden sollen. Dazu soll eine gesonderte Einladung ergehen. Im Februar, so die Planung, sollen Teilnehmer des Bürgerforums ihr Beratungsergebnis den Kommissionsmitgliedern in einer einstündigen gemeinsamen Sitzung präsentieren können.
Hintergrund:
Anlass für die Einsetzung der „Unabhängigen Kommission zur Altersversorgung der Abgeordneten“ war ein später zurückgenommener Beschluss des Landtags von Baden-Württemberg vom 10. Februar 2017. Den Landtagsabgeordneten sollte eine Rückkehr zur staatlichen Pension ermöglicht werden. Seit 2008 wurde Parlamentariern die Höchstpauschale für die gesetzliche Rentenversicherung von damals rund 1500 Euro (heute: 1720 Euro) für den Aufbau einer privaten Altersabsicherung überwiesen. Nach erheblicher öffentlicher Kritik nahm der Landtag den Beschluss wieder zurück – es blieb bei der privaten Altersvorsorge. Landtagspräsidentin Muhterem Aras kam daraufhin der Bitte aus den Fraktionen nach, eine unabhängige Kommission einzusetzen mit dem „Auftrag, dem Landtag Vorschläge für eine angemessene Altersversorgung der Abgeordneten vorzulegen.“ Auf Initiative der Präsidentin wurde im Einsetzungsauftrag die Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern am Meinungsbildungsprozess festgeschrieben.
Weitere Informationen und Bilder zum Einsetzungsauftrag, zur Kommission, zum Bürgerforum und den Agenden unter kommission--burgerforum(interner Link)
Landtag lädt zu Ausstellungsbesuch im Bürgerzentrum und Führungen in den Plenarsaal ein
Stuttgart – Zum zweiten Mal lädt der Landtag von Baden-Württemberg am Samstag, 9. Dezember 2017, in sein Bürgerzentrum ein. Zwischen 11 und 17 Uhr ist ein spontaner Besuch mit Anmeldung vor Ort möglich. Es handelt sich nicht um einen „Tag der offenen Tür“, sondern um eine Möglichkeit für Einzelbesucher, sich die Info-Ausstellung im neuen Nebengebäude des Landtags und, je nach Kapazität, auch den Plenarsaal anzuschauen.
Der Landtag von Baden-Württemberg gibt Bürgerinnen und Bürgern damit zum zweiten Mal Gelegenheit, an einem Samstag die interaktive Ausstellung über die Arbeitsweise des Landtags, seine Geschichte und seine Abgeordneten anzusehen. Um möglichst vielen Besucherinnen und Besuchern den Eintritt ins Bürgerzentrum zu ermöglichen, werden vor Ort zwei Angebote gemacht:
- Selbständige Besichtigung der Dauerausstellung und der Kunst am Bau („Volksvertreter“) im Bürger- und Medienzentrum
- Kombination aus 30-minütiger Führung in den Plenarsaal und anschließend freier Besichtigung der Info-Ausstellung
Besucher sind gebeten, sich vor dem Bürger- und Medienzentrums in der „Agora“ für eine Variante zu entscheiden und entsprechend einzureihen: Zehn Führungen in den Plenarsaal des Landtags sind geplant in Gruppen von maximal 80 Personen. Dafür werden vor Ort pro Einlasszeit verschiedenfarbige Tickets ausgegeben. Die Dauerausstellung über den Landtag ist im Rahmen der Öffnungszeit (11-17 Uhr) zeitlich unbegrenzt zu besichtigen.
Wichtiger Hinweis: Anmeldungen im Vorfeld, etwa auf der Homepage des Landtags, sind nicht möglich.
Hintergrundinformation: Der Landtag von Baden-Württemberg legt Wert darauf, den Bürgerinnen und Bürgern seine Arbeit zu vermitteln. Dies geschieht überwiegend durch angemeldete Führungen in Gruppen. Seit September 2017 gibt es zudem für Einzelbesucher an Montagen zwischen 17 und 20 Uhr die Möglichkeit, die Ausstellung im neuen Bürger- und Medienzentrum zu besuchen. Außerdem ist dieses an mehreren Samstagen im Jahr von 11 bis 17 Uhr geöffnet und es werden zusätzlich Führungen in den Plenarsaal angeboten.
Volumen für Doppelhaushalt erhöht: Etats umfassen jetzt 50,5 und 51,9 Milliarden Euro
Stuttgart. Nach insgesamt sechs arbeitsintensiven Sitzungen hat der Ausschuss für Finanzen des Landtags seine Beratungen zum Entwurf des Staatshaushaltsplans 2018/2019 am heutigen Freitag, 1. Dezember 2017, beendet. Wie der Vorsitzende des Gremiums, der SPD-Abgeordnete Rainer Stickelberger, mitteilte, hat sich das Gesamtvolumen des Haushalts aufgrund der vom Ausschuss beschlossenen Anträge für das Jahr 2018 um rund 744 Millionen Euro auf 50,5 Milliarden Euro erhöht. Für das Jahr 2019 beläuft sich die Erhöhung auf 51,9 Milliarden Euro, das entspricht einem Plus von 840 Millionen Euro.
„Die umfangreiche Tagesordnung des Ausschusses umfasste 15 Einzelpläne mit insgesamt 385 Kapiteln auf rund 4.400 Seiten“, sagte Stickelberger. Insgesamt wurden 384 Anträge behandelt. Das waren 56 Anträge mehr als bei den Beratungen zum Landeshaushalt 2017 (328 Anträge) und doppelt so viele wie bei den Beratungen zum letzten Doppelhaushalt 2015/2016 (192 Anträge). Von den 384 Anträgen wurden 139 angenommen.
„Ich danke allen Beteiligten der Fraktionen und der Ministerien sowie der zuständigen Ausschussreferentin für ihr großes Engagement im Zuge der Haushaltsberatungen“, sagte Stickelberger. Nicht nur die sechs Sitzungstage selbst, sondern auch die Vorbereitung der Beratungen hätten von allen Beteiligten ein hohes Maß an Konzentration und Disziplin abverlangt. Auch mit der Arbeitsatmosphäre während der Beratungstage zeigte sich der Ausschussvorsitzende zufrieden. „Natürlich sind die Positionen der Fraktionen bei so einem wichtigen Thema wie dem Landeshaushalt häufig unterschiedlich. Doch trotz der Meinungsunterschiede bei einigen Punkten wurde im Ausschuss sehr sach- und zielorientiert diskutiert“, so Stickelberger. Diese kollegiale Arbeitsatmosphäre und die sehr gute Vorarbeit zu den Beratungen haben dazu beigetragen, die immense Tagesordnung im vorgesehenen Zeitplan abzuarbeiten.
Stickelberger wies darauf hin, dass die Mitglieder des Finanzausschusses in diesem Jahr besonders gefordert gewesen seien. Denn im Januar fanden bereits die ebenfalls arbeitsintensiven Beratungen zum Landeshaushalt 2017 statt. „Zwei Haushaltsberatungen in einem Jahr, bei denen zusammen viele Tausend Seiten Haushaltsentwurf durchgearbeitet werden müssen und bei denen über Hunderte Anträge entschieden werden muss, stellen eine enorme Arbeitsbelastung dar“, sagte Stickelberger. „Ich freue mich, dass die Beratungen in beiden Fällen so unkompliziert verlaufen sind.“
Die Zweite Beratung des Doppelhaushalts 2018/2019 findet in den Plenarsitzungen am 13., 14. und 15. Dezember 2017 statt. Die abschließende dritte Beratung ist für den Plenartag am 20. Dezember 2017 vorgesehen.
Teil-Vollendung der Ulmer Torarolle
Stuttgart. „Den heutigen Tag dürfen wir alle auch als Auftrag verstehen: Wieviel besser könnte unsere Welt sein, wenn es uns Verantwortlichen in den Parteien, Parlamenten, Kirchen und Religionsgemeinschaften besser gelänge, das Gemeinsame zu vertiefen, ohne das Unterschiedliche zu leugnen?“ So Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) anlässlich der Teil-Vollendung der Ulmer Torarolle am Freitag, 1. Dezember 2017, im Haus des Landtags.
In vielen Ländern ist es Brauch, dass die israelitische Gemeinde die Öffentlichkeit zum gemeinsamen Ritual der Vollendung einer Torarolle einlädt. Im Haus des Landtags, als Haus des Volkes, wurde der besondere Moment gemeinsam mit Vertreterinnen und Vertretern anderer Kirchen und Religionsgemeinschaften begangen. Der Landtag von Baden-Württemberg ist das erste Parlament, in dem dieser Akt stattfindet. Die IRGW und der Landtag von Baden-Württemberg möchten mit ihrer Einladung am heutigen Tag, dem 76. Jahrestag des Beginns der Deportation der Württemberger Juden, bewusst ein Zeichen für die Zukunft setzen.
„Wir denken heute auch an die Opfer des Antisemitismus und an einstige Flüchtlinge“, betonte die Landtagspräsidentin. „Wenn wir heute symbolisch als Juden, Christen, Muslime, als Anders- und Nichtglaubende gemeinsam Zeichen der Tora vollenden, dann denken wir auch an jene Schriften, die in unserem Land einst verbrannt wurden. Damit schreiben wir – Zeichen für Zeichen – Geschichte fort, für eine gute, gemeinsame Zukunft.“ Die Eingeladenen schrieben nicht selbst, sondern legten ihre Hand auf die des Sofers, der den Buchstaben vollendete. Das Ritual dient der Festigung der guten Beziehungen der Beteiligten und der Betonung der gemeinsamen gesellschaftlichen Verantwortung.
Weitere Grußworte sprachen Barbara Traub M.A., die Vorstandsvorsitzende der IRGW, Staatsminister Klaus-Peter Murawski, Landesrabbiner Netanel Wurmser und Rabbiner Shneur Trebnik im Beisein von Vertretern der Fraktionen des Landtags von Baden-Württemberg sowie Repräsentanten anderer Kirchen und Religionsgemeinschaften.
Petition über Erschwerniszulage für Polizei an Regierung überwiesen
Stuttgart – Der Petitionsausschuss des Landtags verwies das Anliegen der Gewerkschaft der Polizei (GdP), die Erschwerniszulage für „Dienste zu ungünstigen Zeiten“ sowie mit besonderer Belastung anzuheben, an die Landesregierung. „Das Gremium ist für Einzelfallentscheidungen zuständig, nicht für grundsätzliche Fragestellungen“, erklärte die Ausschussvorsitzende Beate Böhlen (Grüne). „Wir haben deshalb die Problemstellung an die Regierung als künftige Entscheidungsgrundlage weitergereicht.“
Polizeibeamte in Baden-Württemberg erhalten unabhängig von ihrer Gehaltsstufe für Nacht-Einsätze einen Zuschlag von 1.28 Euro pro Stunde, für Sonn- und Feiertagsdienst 3.29 Euro sowie an gesetzlichen Feiertagen 2.91 Euro. Diese seit 2010 gültige Zusatzvergütung sei nicht mehr angemessen, trug laut Böhlen ein Vertreter der GdP Petenten persönlich im Ausschuss vor. Polizisten im operativen Dienst müssten häufig als „Prellbock“ herhalten und erhielten im Gegenzug eine unzureichende Entschädigung. Dies träfe insbesondere junge Beamte in den niederen Besoldungsgruppen. Vier Euro für Nachtdienste zusätzlich wie in Bayern würden als angemessen angesehen. 13.540 Personen hatten eine entsprechende Online-Petition unterzeichnet.
Das Material dieser Petition wurde mit Mehrheitsbeschluss an die Landesregierung zur allfälligen Nutzung weitergegeben.
Esslinger Künstler gestaltet „Raum der Stille“ im Landtag
Stuttgart – Bernhard Huber wird den „Raum der Stille“ im Landtag von Baden-Württemberg künstlerisch gestalten. Eine Fachjury entschied sich am 20. November 2017 mehrheitlich für den Künstler aus Esslingen. „Der Siegerentwurf von Bernhard Huber setzt unsere Vorstellung von Ruhe, Schönheit und Würde sehr gut um“, so Berthold Frieß, der Direktor beim Landtag. „Wichtig war für uns die Schaffung eines Raumes für die persönliche Stille und die monatliche ökumenische Andacht.“
Für die Ausgestaltung des etwa 40 Quadratmeter großen „Raumes der Stille“ wurde ein Künstlerwettbewerb veranstaltet. Die Fachjury setzte sich aus Vertretern des Landtags und der Fraktionen, des Landesbetriebs Vermögen und Bau, von Kirchen und Religionsgemeinschaften sowie Architekten zusammen. Von sechs ausgewählten Künstlerinnen und Künstlern ließen sich drei auf die anspruchsvolle Aufgabenstellung ein. Zwei präsentierten einen konkreten Entwurf. Es galt, einen besinnlichen Rückzugsraum für alle Menschen zu schaffen, die sich im Landtag oder dem angegliederten Bürger- und Medienzentrum aufhalten. Leitidee war, Abgeordneten, Mitarbeitern und Besuchern des Parlaments einen Ort für ein persönliches Gebet und Meditation einerseits, aber auch die Nutzung als (ökumenischer) Andachtsraum für beide christlichen Konfessionen anzubieten.
In der Würdigung der Jury heißt es: „Die eingereichten Arbeiten zeigten ein hohes Niveau. Trotz unterschiedlicher Ansätze wurden beide der vielschichtigen Aufgabe gerecht.“ Neben Huber, Jahrgang 1964, stellte auch die Karlsruher Künstlerin Stefanie Lampert ihre Licht-Konzeption für den Raum persönlich vor. Hubers Entwurf sieht eine Raumskulptur mit bildhaften, quadratischen Vertiefungen an den weißen Wänden vor, hinter deren Verglasungen verschiedene Farbauftragungen durchscheinen. „Den Lärm dieser Welt und die von Reizüberflutung unsortierten Gedanken kann der Betrachter hinter sich lassen“, so Bernhard Huber in seiner Erläuterung.
Der Beschluss, im Zuge der Generalsanierung des denkmalgeschützten Landtagsgebäudes einen „Raum der Stille“ einzurichten, fällte das Parlament bereits im Jahr 2012. Im Februar 2017 fand die Beauftragung durch das Präsidium statt. Der Kostenrahmen wurde auf 215 000 Euro festgelegt. Die Realisierung des Entwurfs ist bis Herbst 2018 vorgesehen.
Zwei Modelle des Wettbewerbs sind von Montag, 20. November, bis einschließlich Mittwoch, 29.November 2017 in der Eingangshalle des Landtagsgebäudes ausgestellt.
Vorsitzende: „Premiere der Bürgersprechstunde war ein großer Erfolg“
Stuttgart – 15 Bürgerinnen und Bürger nahmen das neue Angebot des Petitionsausschusses des Landtags von Baden-Württemberg am Montag, 20. November 2017, an, persönlich mit ihren Anliegen vorstellig zu werden. „Das war ein großer Erfolg“, so die Vorsitzende des Ausschusses, Beate Böhlen (Grüne). Abgeordnete aller fünf Fraktionen setzten sich mit den Problemen der Petenten auseinander, gaben Verfahrenstipps, Orientierungshilfen und Ratschläge. Zudem wurden Petitionen entgegen genommen. Das Gremium werde die Bürgersprechstunden fortsetzen, kündigte Böhlen an. Geplant sind vier Termine im Jahr im gesamten Land.
„Die Bürgerinnen und Bürger, die zu uns in den Landtag gekommen sind, wurden angehört“, so Böhlen. „Wir hatten übereinstimmend den Eindruck, dass die Menschen froh sind, das sie belastende Thema persönlich vortragen zu können.“ Auch die Abgeordneten hätten einen etwas anderen Blick auf die Beschwerden und die Vortragenden bekommen. „Wir sind motiviert, weiter zu machen“, kündigte Böhlen an. Im ersten Quartal 2018 wird der Petitionsausschuss die nächste Bürgersprechstunde anbieten. Dann jedoch nicht am Parlamentssitz Stuttgart, sondern in einem der vier Regierungsbezirke. Der Ort wird noch festgelegt.
Der Petitionsausschuss des Landtages tagt üblicherweise einmal im Monat. Aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes finden die Sitzungen nicht öffentlich statt. Nur in der Bürgersprechstunde gibt es für Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeit, das Problem mündlich zu schildern. Thematisch an erster Stelle stehen Bausachen, gefolgt von Verkehrswesen, Medienrecht (Stichwort Rundfunkgebühren) und Soziale Sicherung (Gesundheit), aber auch Justizvollzug und Ausländerrecht spielen eine große Rolle. Etwa 100 Petitionen gehen monatlich im Landtag ein, rund 1200 im Jahr. In der vergangenen 15. Wahlperiode (2011-2016) waren es 5720 Eingaben.
Bürgerforum zur Altersversorgung erarbeitet Empfehlungen für Kommission
Stuttgart – Das Bürgerforum zur Altersversorgung der Abgeordneten des Landtags von Baden-Württemberg kam am Samstag, 18. November 2017, zu einem Auftakttreffen zusammen. 25 wahlberechtigte Bürgerinnen und Bürger erarbeiten bis Ende Januar 2018 Empfehlungen zum System und zur Höhe der Altersversorgung der Landtagsabgeordneten, die in das Votum der Unabhängigen Kommission zur Altersversorgung einfließen. „Ich freue mich sehr, dass Bürgerinnen und Bürger bereit sind, mit uns diese verantwortungsvolle Diskussion über die Angemessenheit der Altersversorgung von Abgeordneten zu führen“, so der Kommissionsvorsitzende und frühere Vizepräsident des Bundesverwaltungsgerichts, Michael Hund. Er sei gespannt auf diesen Beteiligungsprozess, der eine Premiere darstelle: Erstmals befasse sich die Zivilgesellschaft auf Landesebene mit Diätenfragen. Die drei Sitzungen sind nicht öffentlich und werden von professionellen Moderatoren begleitet.
Die 25 Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Bürgerforums wurden per Zufallsverfahren aus allen vier Regierungsbezirken, aus Städten und aus dem ländlichen Raum, aus unterschiedlichen Altersgruppen sowie nach Geschlechterproporz ausgewählt. Das Gremium soll die Arbeit der Unabhängigen Kommission zur Altersversorgung von Landtagsabgeordneten „ergänzen und bereichern“, so Hund. „In einem ergebnisoffenen und transparenten Verfahren können die Bürgerinnen und Bürger ihre Kompetenzen, Perspektiven, Einschätzungen und Vorschläge einbringen.“ Hund betonte, dass die jeweils etwa sechsstündigen Veranstaltungen des Forums bewusst „im Sinne eines vertrauensvollen Dialogs in großer Offenheit, aber nicht öffentlich und ohne Medienvertreter stattfinden“. Am Ende soll das Bürgerforum ein Votum erarbeiten, der als Empfehlung an die Unabhängige Kommission zur Altersversorgung geht.
Verabredet wurde zum Auftakt der Ablauf: In der ersten Sitzung verständigten sich die Forumsteilnehmer über Aufgaben und Ziele, sammelten Fragestellungen und Wege der Informationsgewinnung. Auf den nächsten beiden Dialogveranstaltungen behandelt die Gruppe unterschiedliche Systeme der Altersversorgung, die bestehenden Regelungen der Landesparlamente und des Bundestags, trifft sich mit Landtagsabgeordneten sowie mit Sachverständigen zum Komplex Altersversorgung und erarbeiten sich auch grundsätzliche Fragestellungen wie das Thema Gerechtigkeit.
Die Arbeitstreffen werden moderiert von Mitarbeitern der Konstanzer Beratungsfirma „Translake GmbH“, spezialisiert auf die Unterstützung und Begleitung von Prozessen, vor allem im Bereich Bürgerbeteiligung.
Hintergrund: Auslöser für die Einsetzung der „Unabhängigen Kommission zur Altersversorgung von Abgeordneten“ war ein später zurückgenommener Beschluss des Landtags von Baden-Württemberg vom 9. Februar 2017, den Mitgliedern des Landtags eine Rückkehr zur staatlichen Pension zu ermöglichen. 2008 war beschlossen worden, den Parlamentariern die Höchstpauschale für die gesetzliche Rentenversicherung von damals rund 1500 Euro (heute: 1720 Euro) für den Aufbau einer privaten Altersabsicherung zukommen zu lassen. Nach erheblicher öffentlicher Kritik sollte dies in einem verkürzten Verfahren wieder geändert werden. Landtagspräsidentin Muhterem Aras nahm daraufhin den Auftrag aus den Fraktionen an, eine unabhängige Kommission einzusetzen. Diese konstituierte sich Ende Juli 2017. Die Einbeziehung von Bürgerinnen und Bürgern in den Meinungsbildungsprozess war von Präsidentin Aras angestoßen worden.
Informationen zu Zusammensetzung und Auftrag der Kommission zur Altersversorgung finden Sie unter kommission(interner Link)
Bürgerinnen und Bürger müssen Diskussion um Europas Zukunft mitführen
Stuttgart. „Die Diskussion zur Zukunft der Europäischen Union kommt zur richtigen Zeit. Wir müssen sie sehr intensiv führen. Wir müssen sie ergebnisoffen führen und vor allem: wir müssen sie in die Hände der Bürgerinnen und Bürger legen“, zeigte sich Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) bei der Veranstaltung „Weißbuch zur Zukunft Europas“ am Mittwoch, 15. November 2017, im Haus des Landtags überzeugt.
Das von Kommissionspräsident Juncker vorgestellte Weißbuch biete dazu gute Voraussetzungen. Mit seiner Ergebnisoffenheit lege das Weißbuch die Grundlage, um die Bürgerinnen und Bürger zum Weiterdenken anzuregen und sie zu gleichberechtigten Teilnehmern der Debatte zur Zukunft Europas zu machen. „Wir brauchen diese Debatte in der Zivilgesellschaft, um zwei gegensätzliche Bewegungen wieder zusammenzubringen“, so die Landtagspräsidentin. Einerseits stelle sie bei Begegnungen mit Menschen im Land fest, dass das Bewusstsein für europäische Werte und der Wunsch nach Zusammenhalt steige. Zugleich gebe es Skepsis gegenüber den Institutionen der Europäischen Union. So habe die EU etwa beim Umgang mit den hohen Flüchtlingszahlen nicht funktioniert. Aber nicht weil die Union als solche versagt habe. Sondern weil einzelne Partner Solidarität in Europa verweigert hätten. Je stärker eine solche national-egoistische Politik die Prinzipien der europäischen Zusammenarbeit in Frage stellten, umso mehr sei vielen Menschen bewusst geworden, wie wertvoll sie sind.
Professor Dr. Martin Selmayr, Kabinettchef von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, verwies in seinem Impulsreferat auf die drei Gründungsversprechen der EU: das Wohlstands- bzw. Stabilitätsversprechen, das Freiheits- und Werteversprechen sowie das Sicherheitsversprechen. Daraus resultiere aber auch ein Problem: die EU verspreche Werte, die nur ein Staat versprechen kann, die EU sei aber kein Staat. Dr. Selmayr sprach von Krisen, die die EU verändert haben. Er nannte unter anderem die Wirtschafts- und Finanzkrise von 2007, die Flüchtlingskrise, die Terrorismuskrise sowie die Russlandkrise. Er sah aber auch eine Wertekrise in der EU. „Jetzt ist der Moment, um die Zukunft Europas in die Hand zu nehmen“, so Dr. Selmayr. Jean-Claude Juncker habe im Weißbuch zur Zukunft Europas fünf Szenarien aufgezeigt. „Die Bürgerinnen und Bürger müssen entscheiden, welchen Weg sie gehen wollen“, so der Kabinettchef. Die Szenarien skizzierte er wie folgt: Szenario 1: „Weiter wie bisher“, Szenario 2: „Schwerpunkt Binnenmarkt“, Szenario 3 „Wer mehr will, tut mehr“, Szenario 4: „Weniger, aber effizienter“ und Szenario 5: „Viel mehr gemeinsames Handeln“.
Bis zum 9. Mai 2019 sollen Ergebnisse aus dem Konsultationsprozess vorgestellt werden, so Dr. Selmayr. Das wäre sechs Wochen nach dem BREXIT und sechs Wochen vor der nächsten Europawahl. „Europa wird immer ein unvollendetes Projekt sein. Wir müssen jeden Tag daran arbeiten“, so sein Fazit.
Anschließend diskutierten Evelyne Gebhardt MdEP (Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments und Vorsitzende der Europaunion Baden-Württemberg), Rolf-Dieter Krause (ehem. Leiter des ARD-Studios Brüssel), Thomas Schmid (ehem. Chefredakteur und Herausgeber der Welt-Gruppe) sowie Prof. Dr. Martin Selmayr und beantworteten auch Fragen des interessierten Publikums. Moderiert wurde die Diskussionsrunde von Willi Stächele (Vorsitzender des Ausschusses für Europa und Internationales). Stächele kündigte an: „Im Ausschuss für Europa und Internationales werden wir diese Diskussion engagiert weiterführen und nach außen tragen. Der Ausschuss wird vor Ort gehen und das Gespräch mit den Bürgerinnen und Bürgern in Baden-Württemberg suchen.“
Weißbuch zur Zukunft Europas
Stuttgart. Ein Vortrag mit anschließender Podiumsdiskussion zum „Weißbuch zur Zukunft Europas“ findet am Mittwoch, 15. November 2017, um 16:45 Uhr, im Haus des Landtags (Plenarsaal) statt. Diskutiert wird, wie die Zukunft der Europäischen Union aussehen soll. Die Herausforderungen, vor denen Europa steht, sind gewaltig: Brexit, Flüchtlingsfrage, Zukunft der Währungsunion, hohe Jugendarbeitslosigkeit in vielen Mitgliedstaaten und zunehmender Populismus.
Mit ihrem Weißbuch zur Zukunft Europas hat die Europäische Kommission im Frühjahr 2017 fünf Szenarien zur Diskussion gestellt, welchen Kurs die Union künftig einschlagen könnte. Ergänzend dazu hat der Präsident der Europäischen Kommission, Jean-Claude Juncker, in seiner diesjährigen Rede zur Lage der Europäischen Union ein „persönliches“ sechstes Szenario vorgestellt. Und erst kürzlich hat der französische Staatspräsident Emmanuel Macron seine Vision von einer Neugründung der Europäischen Union skizziert. Genügend Stoff also für eine spannende Diskussion im Landtag.
Nach der Begrüßung durch Landtagspräsidentin Muhterem Aras, gibt der Kabinettchef des Präsidenten der Europäischen Kommission, Prof. Dr. Martin Selmayr, einen Impuls für den Nachmittag. Anschließend diskutieren auf dem Podium Evelyne Gebhardt MdEP (Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments und Vorsitzende der Europaunion Baden-Württemberg), Rolf-Dieter Krause (ehem. Leiter des ARD-Studios Brüssel), Thomas Schmid (ehem. Chefredakteur und Herausgeber der Welt-Gruppe) sowie Prof. Dr. Martin Selmayr. Moderiert wird die Diskussionsrunde von Willi Stächele (Vorsitzender des Ausschusses für Europa und Internationales).
Was uns bewegt – darauf kommt es an
Stuttgart. Der Jugendlandtag 2017 ist Geschichte – der Austausch soll jedoch fortgesetzt werden. Mit der feierlichen Unterzeichnung eines erarbeiteten Abschlusskommuniqués am Mittwochmittag, 8. November 2017, zeigten sich Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne), Kerstin Sommer (Vorsitzende des Landesjugendrings Baden-Württemberg), Lothar Frick (Direktor der Landeszentrale für politische Bildung) sowie Vertreterinnen und Vertreter der Workshops darin einig, dass angestoßene Prozesse des Jugendlandtags 2017 in den kommenden Monaten weiter verfolgt werden sollen. „Unsere Zusammenarbeit ist für das kommende Jahr verbindliche geregelt“, freute sich die Landtagspräsidentin.
Rund 125 Jugendliche aus ganz Baden-Württemberg sind am 7. und 8. November 2017 in den Landtag von Baden-Württemberg gekommen. Sie sind die Delegierten aus 23 Jugendkonferenzen im Land mit insgesamt über 2.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern. „Ihr zeigt, dass Jugendliche Politik alles andere als langweilig finden“, so Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne). In ihren Begrüßungsworten hatte die Präsidentin den jungen Menschen mit auf den Weg gegeben: „Ihr müsst uns Abgeordnete mit Euren Fragen zwiebeln und uns zeigen, was Euch unter den Nägeln brennt. Ohne die Beteiligung Eurer Generation lässt sich Zukunft nicht sinnvoll gestalten.“ Jugendliche und junge Erwachsene wollen sich an den politischen Entscheidungsprozessen beteiligen. „Ihr macht deutlich: Was uns bewegt – darauf kommt es an“, betonte Aras.
Ob beim World-Café oder in den Workshops – die Jugendlichen widmeten sich interessiert und engagiert Themen wie etwa Bildung, Mobilität, Migration/Vielfältige Gesellschaft, Umwelt/Nachhaltigkeit und Zukunft der Demokratie. Im Anschluss an ein Interview mit den jugendpolitischen Sprechern der Fraktionen startete am Dienstagnachmittag eine zweite Workshop-Phase, an der auch Abgeordnete teilnahmen. In teilweise sehr engagiert geführten Debatten erarbeiteten die Jugendlichen ihre Kernforderungen. So wünschte sich der Workshop Bildung eine bundesweit einheitliche Lehrerausbildung und eine Vereinheitlichung des Schulsystems. In der Mobilitätsgruppe war man sich darin einig, dass es im ÖPNV eine bessere Taktung zu günstigeren Preisen geben sollte. Und im Umwelt-Workshop kam man zu dem Schluss, dass die Themen Umwelt und nachhaltige Entwicklung mehr Raum in der Schule einnehmen sollten. Den Abschluss des ersten Tages bildete das „Spitzen-Vesper“ mit Regierungsmitgliedern und Abgeordneten. „Alle fünf Fraktionsvorsitzenden waren dabei und haben dadurch ihre Wertschätzung der Arbeit der Jugendlichen zum Ausdruck gebracht“, berichtete Landtagspräsidentin Aras.
Höhepunkte des zweiten Tages waren zum einen die leidenschaftliche Rede des kalifornischen Gouverneurs Jerry Brown zum Klimaschutz und zum anderen die jugendpolitische Debatte, die die Jugendlichen live mitverfolgen konnten. Abschließend wurde das Kommuniqué unterzeichnet. „Wir setzen auf Kontinuität und wollen die Jugendlichen zu Plenarsitzungen und in die Ausschüsse einladen, wenn ihre Themen beraten werden“, so Muhterem Aras. Unter dem Motto „Jugend hakt nach“ sollen sich die Jugendlichen im Herbst 2018 noch einmal im Landtag treffen und erfahren, wie ihre Ideen von den Politikerinnen und Politikern weiter verfolgt wurden.
Der Jugendlandtag ist eine Veranstaltung des Landtags von Baden-Württemberg in Kooperation mit dem Landesjugendring Baden-Württemberg e.V., der Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg und dem Ring politischer Jugend Baden-Württemberg.
Ausschuss kritisiert Beteiligungsverfahren, stimmt aber für „Seveso-III-Richtlinie“
Stuttgart. Der Umsetzung der „Seveso-III-Richtlinie“ in Baden-Württemberg steht nichts mehr im Wege. Der Wirtschaftsausschuss stimmte am Mittwoch, 8. November 2017, in einer Sondersitzung dem Gesetzentwurf der Landesregierung ohne Gegenstimmen zu. Damit kann ein Vertragsverletzungsverfahren der Europäischen Union gegen Deutschland abgewendet werden. „Dass kurzfristig die Sondersitzung notwendig wurde, lag bereits zum zweiten Mal am unzureichenden Beteiligungsverfahren“, so der Vorsitzende des Ausschusses, Dr. Erik Schweickert (FDP/DVP). „Das macht klärende Gespräche mit dem Staatsministerium und der Landtagsverwaltung nötig.“
Mehrere Mitglieder des Ausschusses hätten sich kritisch gegenüber den zähen Abläufen geäußert. Schon im Dezember 2016 sei das Bundesemissionsgesetz durch den Bundestag gegangen, im Januar die 12. Störfallverordnung veröffentlicht worden. Dass die Landesregierung so spät ihren Gesetzentwurf zur Umsetzung vorlege, wolle der Ausschuss nicht akzeptieren. Der Wirtschaftsausschuss sei zwar nur mitberatendes, nicht federführendes Gremium, doch müsse ein Fachausschuss die Chance haben, die Inhalte ausreichend intensiv zu beraten, ohne dass Sondersitzungen nötig würden, referierte Schweickert.
Konkret ist bei der Umsetzung der „Seveso-III-Richtlinie“, in der es primär um die Stärkung der Rechte der Öffentlichkeit im Zusammenhang mit „Störfallbetrieben“ geht, die Landesbauordnung betroffen. Inhaltlich sei das Umsetzungsgesetz positiv beurteilt worden, so Schweickert nach der Sitzung. Gerade in den Kommunen habe es häufig Irritationen bezüglich der Anzeige- und Genehmigungserfordernis oder der Öffentlichkeitsbeteiligung gegeben.
Schulterschluss für den Klimaschutz
Stuttgart – Der kalifornische Gouverneur Edmund G. „Jerry“ Brown Jr., prominenter Verfechter einer nachhaltigen Klimaschutzpolitik, sprach am Mittwoch, 8. November 2017, im Landtag von Baden-Württemberg. Vor Parlamentariern aller fünf Fraktionen, Vertreter des Jugendlandtags sowie geladenen Zuhörern dankte der 79-Jährige Demokrat Baden-Württemberg ausdrücklich für die „führende Rolle“ in der Klimaschutzpolitik: „Dass unsere Länder sich zusammentun, um eine weltweite Kraft zu begründen, ist einfach unglaublich!“ Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) bekräftigte: „Sie erhalten für Ihre Arbeit breiten Rückhalt aus der baden-württembergischen Politik.“
Die Bundesländer Baden-Württemberg und Kalifornien gehören zu den Begründern der „Under2Coalition“, einem Netzwerk von Städten, Bundesstaaten und Unternehmen, das gegen die Erderwärmung ankämpft. „Das muss mit Leben gefüllt werden“, sagte Gastgeberin Aras in ihrer Begrüßung. „Unsere Welt braucht Politikerinnen und Politiker, die über den Tellerrand sowohl ihrer Zuständigkeit als auch ihrer Amtszeiten hinaus blicken.“ Aras attestierte Brown große Überzeugungskraft: „Wenn selbst ein Terminator zum Klimakämpfer wird, dann zeigt das die Kraft der gesellschaftlichen Bewegung, die Sie anführen“, spielte die Präsidentin auf die parteiübergreifende Zustimmung zur Klimaschutzpolitik in Kalifornien in Person von Browns republikanischem Amtsvorgänger Arnold Schwarzenegger an. Der Empfang im Landtag von Baden-Württemberg zeige „den breiten Rückhalt aus den baden-württembergischen Politik“.
Brown erinnerte sich zu Beginn seiner Rede an die Anfänge der Under2-Koalition: Als der baden-württembergische Umweltminister Franz Untersteller bei einem Besuch in Kalifornien erstmals die Idee eines Klima-Bündnisses aufgebracht habe, habe er sich noch gefragt: „Wo ist Baden-Württemberg?“ Doch nicht nur das Bundesland, auch die Kooperation im Under2-Bündnis seien längst sehr real. „Klimaschutz ist eine weltumspannende Herausforderung“, so Brown vor rund 300 Zuhörern. 190 Unterzeichner gebe es inzwischen. Das sei keineswegs selbstverständlich. Menschenverursachter Klimawandel sei für Politiker kein Tagesthema, zudem sehr abstrakt und ohne Erfahrungswert. „Niemand wird dafür gewählt!“, so Brown vor den Parlamentariern. Das dürfe aber nicht dazu führen, dass sich niemand zuständig fühle für den Umbau der kohlenstoffbasierten Welt: „Jeder hat ihn verursacht, jeder muss mitwirken“, sagte Brown unter großem Beifall. Baden-Württemberg und Deutschland insgesamt wies der Gastredner eine „führende Rolle“ zu. Er dankte dem Bundesland, seinen Repräsentanten und Akteuren für den Mut, den es neben Kreativität und Vorstellungskraft brauche, das existenzielle Problem des Klimawandels zu lösen.
Jerry Brown war mit Gattin Anne Gust Brown angereist. Nach dem Eintrag ins Gästebuch des Landtags und einem Gruppenbild mit den fünf Fraktionsvorsitzenden nutzte Governeur Brown die Gelegenheit zum Austausch mit Parlamentariern und jungen Erwachsenen des Jugendlandtags, gab Interviews und Statements. Im Anschluss reiste Brown weiter nach Brüssel, Oslo/Norwegen und zur Weltklimaschutzkonferenz in Bonn.
Hinweis: Fotos der Veranstaltung sind unter www.landtag-bw.de eingestellt. Ein Mitschnitt der Rede von Gouverneur Brown ist dort ebenfalls zu finden.
Ausschüsse stimmen für Änderung von Polizei- und Verfassungsschutzgesetz
Stuttgart. Der Ausschuss für Inneres, Digitalisierung und Migration sowie der Ständige Ausschuss des Landtags empfehlen dem Landtagsplenum, dem Gesetzentwurf der Landesregierung zur Änderung des Polizeigesetzes und des Gesetzes über die Ladenöffnung in Baden-Württemberg sowie dem Gesetzentwurf zur Änderung des Landesverfassungsschutzgesetzes und des Ausführungsgesetzes zum Artikel-10-Gesetz zuzustimmen. Eine entsprechende Beschlussempfehlung fassten die Gremien mit den Stimmen von Grünen und CDU in einer gemeinsamen nicht öffentlichen Sitzung am Dienstag, 7. November 2017. Mit den Gesetzesänderungen soll den Sicherheitsbehörden in Baden-Württemberg die rechtliche Grundlage unter anderem für den Einsatz von Spähsoftware zum Überwachen verschlüsselter Online-Kommunikation gegeben werden (Quellen-TKÜ). Das teilten der Vorsitzende des federführenden Innenausschusses, Karl Klein (CDU), und der Vorsitzende des Ständigen Ausschusses, Dr. Stefan Scheffold (CDU), nach der gemeinsamen Sitzung mit.
Zuvor hatten die Ausschussmitglieder den Präsidenten des Landeskriminalamts Baden-Württemberg, Ralf Michelfelder, zum Einsatz einer entsprechenden Spähsoftware gehört und befragt. Die zusätzliche Sitzung der Ausschüsse war nötig geworden, nachdem sich nach einer öffentlichen Anhörung vor zwei Wochen noch eine ganze Reihe an offenen Fragen ergeben hatte. Zum einen wollten die Abgeordneten die ungeklärten Fragen beantworten und zum anderen ein ordnungsgemäßes Gesetzgebungsverfahren gewährleisten, so die beiden Vorsitzenden. Die Zweite Beratung der Gesetzentwürfe ist für die Plenarsitzung am 15. November 2017 vorgesehen.
Nach Angaben der Vorsitzenden existiert in Baden-Württemberg bisher nur eine rechtliche Grundlage zum Überwachen von unverschlüsselter Kommunikation wie SMS oder klassische Telefonate. Eine polizeipräventive Rechtsgrundlage für die inhaltliche Kommunikationsüberwachung inklusive Quellen-TKÜ gibt es im Südwesten derzeit dagegen nicht. Mit den Gesetzentwürfen soll daher eine entsprechende Rechtsgrundlage geschaffen werden, mit der die Quellen-TKÜ ermöglicht werden kann.
Die Quellen-TKÜ unterscheidet sich stark von der bisherigen Kommunikationsüberwachung. Die Quellen-TKÜ zielt darauf ab, verschlüsselte Telekommunikation wie bei Messengerdiensten und Internet-Telefonie in bestimmten, dringend bestehenden Gefahrensituationen wie bei Terrorismus, aber auch bei nicht-terroristischen Gefahrensituationen wie Amoklagen oder Kindesmissbrauch zu überwachen. Eine klassische Überwachung wie beispielsweise beim SMS-Versand, bei der Inhalte während der Übertragung abgefangen werden, ist bei der Überwachung von verschlüsselten Diensten nicht möglich. Bei der Quellen-TKÜ wird der Zugriffszeitpunkt zeitlich vor die Verschlüsselung verlagert, so dass die Daten bereits vor der Verschlüsselung ausgeleitet und von den Behörden mitgelesen bzw. mitgehört werden. Dafür ist eine spezielle Software erforderlich.
Darüber hinaus sieht der Gesetzentwurf zur Änderung des Polizeigesetzes unter anderem noch den Einsatz von Sprengmitteln durch Spezialkräfte und die Schaffung einer Rechtsgrundlage für den Einsatz einer „intelligenten Videoüberwachung“ an Kriminalitätsschwerpunkten und gefährdeten Objekten sowie bei öffentlichen Veranstaltungen und Ansammlungen vor, wenn dort terroristische Anschläge drohen.
Neu: Bürgersprechstunden des Petitionsausschusses – Vorsitzende Böhlen: „Wir suchen das direkte Gespräch“
Stuttgart – Der Petitionsausschuss des Landtags von Baden-Württemberg wird künftig Bürgersprechstunden in verschiedenen Landesteilen abhalten. Bürgerinnen und Bürger, die sich von Behörden unangemessen behandelt fühlen, können ihre Beschwerden den Mitgliedern des Petitionsausschusses persönlich vortragen. „Uns interessieren die Anliegen der Bürgerinnen und Bürger“, so die Ausschussvorsitzende Beate Böhlen (Grüne). „Wir möchten mit dem neuen Angebot näher an die Menschen mit ihren Problemen herankommen.“
Ob es um Meinungsverschiedenheiten mit dem Baurechtsamt, dem Sozialamt oder dem Finanzamt geht – der Petitionsausschuss ist der Ort, sich zu beschweren oder um etwas zu bitten. Mit der neuen Bürgersprechstunde schafft der Landtag von Baden-Württemberg die Möglichkeit, dies auch persönlich zu tun. „Ich bin seit zehn Jahren im Petitionsausschuss. Mich hat die ganze Zeit gestört, dass wir ‚im Stillen‘ tagen. Deshalb bin ich sehr glücklich darüber, dass wir nun solche Sprechstunden anbieten“, so der stellvertretende Ausschussvorsitzende Norbert Beck (CDU).
Bürger können ihr Anliegen nicht nur vortragen, sondern dieses auch direkt als Petition schriftlich einreichen. Über die Anliegen wird dann in einer späteren Sitzung des Petitionsausschusses entschieden. Mehrere Landtagsabgeordnete aller Fraktionen sowie die Ausschussvorsitzende und ihr Stellvertreter stehen zum Gespräch bereit. Geplant ist, mehrmals pro Jahr solche Bürgersprechstunden im ganzen Land anzubieten. Das erste Mal wird der Petitionsausschuss seine Bürgersprechstunde jedoch am Sitz des Parlaments abhalten.
Ort: Bürger- und Medienzentrum des Landtags
Termin: 20. November 2017
Zeit: 13 bis 17 Uhr
Eine Anmeldung zur Bürgersprechstunde ist erforderlich, entweder per E-Mail unter petitionen@landtag-bw.de oder unter der Telefonnummer 0711/ 2063-525.
Hintergrund: Der Petitionsausschuss des Landtags ist laut Artikel 35a Landesverfassung/Artikel 17 Grundgesetz Ansprechpartner für Schwierigkeiten von Bürgerinnen und Bürgern im Umgang mit Behörden bei allen Fragen, die in der Kompetenz des Landes liegen. Er befasst sich mit den Anliegen und unterbreitet der Vollversammlung des Landtags eine Beschlussempfehlung.
Ausschüsse verschieben Beschluss über Änderung von Polizei- und Verfassungsschutzgesetz
Stuttgart. Der Ausschuss für Inneres, Digitalisierung und Migration sowie der Ständige Ausschuss des Landtags haben vereinbart, am 7. November 2017 eine weitere gemeinsame Sitzung abzuhalten. An diesem Tag sollen weitere Fragen im Zusammenhang mit den Gesetzentwürfen zur Änderung des Polizeigesetzes und des Gesetzes über die Ladenöffnung in Baden-Württemberg sowie zum Gesetzentwurf zur Änderung des Landesverfassungsschutzgesetzes und des Ausführungsgesetzes zum Artikel-10-Gesetz geklärt werden. Aufgrund verschiedener ungeklärter Fragen, die sich unter anderem aus der heutigen öffentlichen Anhörung ergeben haben, wollen die Ausschussmitglieder eine weitere Sitzung abhalten, um ein ordnungsgemäßes Gesetzgebungsverfahren zu gewährleisten, sagten der Vorsitzende des federführenden Innenausschusses, Karl Klein (CDU), und der Vorsitzende des Ständigen Ausschusses, Dr. Stefan Scheffold (CDU), am Donnerstag, 26. Oktober 2017.
In der Sitzung am 7. November soll zunächst unter anderem der Präsident des Landeskriminalamts Baden-Württemberg, Ralf Michelfelder, gehört und befragt werden. Im Anschluss wollen die Ausschüsse eine Beschlussempfehlung für das Plenum fassen.
Regierungskoalition prüft Maßnahmen gegen illegale Autorennen auf der A 81
Stuttgart. Der Verkehrsausschuss des Landtags von Baden-Württemberg behandelte im öffentlichen Teil seiner Sitzung vom 25. Oktober 2017 die von Landesverkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) geplante Tempobeschränkung auf der A 81. Grund sind illegale Autorennen auf dem Streckenabschnitt Hegau–Bad Dürrheim. Ein Entschließungsantrag der SPD, der ein zeitliches Tempolimit unterstützt sowie ein Entschließungsantrag der FDP/DVP, der sich für verstärkte Verkehrskontrollen einsetzte, wurden von Grünen und CDU abgelehnt. „Die Regierungsfraktionen begründeten dies mit laufenden Prüfaufträgen, aber auch mit der neuen, bundesweit gültigen Rechtslage, wonach solche Autorennen ein Straftatbestand sind“, so der Ausschussvorsitzende Karl Rombach (CDU).
Die Oppositionsfraktionen SPD und FDP/DVP hatten beantragt, die Gremiensitzung in diesem Punkt öffentlich zu machen. Für Minister Hermann erläuterte Amtschef Uwe Lahl dem Gremium, der Entscheidungsspielraum sei „auf Null reduziert“ wegen des hohen Gefährdungspotenzials. Es gehe nur noch um das „Auswahlermessen“, welches Mittel am ehesten geeignet sei. Man habe das Aufstellen der Schilder vorbereitet, bestätigte Lahl dem Gremium. Die FDP/DVP wies darauf hin, dass solche Rennen bereits zwischen der Anschlussstelle Radolfzell und dem Kreuz Hegau stattfänden und plädierte zunächst für verstärkte Verkehrsüberwachung. Die SPD nannte ein Tempolimit „vernünftig“, die AfD ebenfalls. Beide Entschließungsanträge wurden mit den Stimmen der Regierungsfraktionen abgelehnt.
In nicht öffentlicher Sitzung beriet das Gremium zudem die Einrichtung einer „Landesanstalt Schienenfahrzeuge Baden-Württemberg“ (SFBW). Über diese rechtsfähige Anstalt des bürgerlichen Rechts werden seit 2015 zu besseren Finanzierungskonditionen Schienenfahrzeuge beschafft und verpachtet, referierte der Vorsitzende Rombach hernach. Damit habe die Landesregierung laut eigenen Angaben den Wettbewerbsvorteil des Marktführers DB Regio ausgleichen wollen und stelle sich selbst eine positive Bilanz einer „Erfolgsgeschichte“ aus: Sieben Verkehrsunternehmen hätten das BW-Modell genutzt, es habe sich als „richtig und notwendig“ erwiesen. Die SFBW werde künftig über zehn Dieseltriebwagen und 253 elektrische Triebwagenzüge verfügen, davon 15 Doppelstocktriebwagen. „Die Ausschussmitglieder werteten die Zwischenbilanz der SFBW überwiegend positiv“, so Rombach.
Über Alternativen zur Elektrolok auf nicht elektrifizierten Strecken habe sich ein CDU-Antrag mit besonderem Blick auf die Region Sigmaringen erkundigt. Mit der Umsetzung des Bahnprojektes Stuttgart 21 drohe der Landkreis schienentechnisch abgehängt zu werden, so die Befürchtung. Das Verkehrsministerium konnte laut dem Ausschussvorsitzenden Rombach die Region nicht restlos beruhigen: Alle alternativen Antriebe – von Elektro-Diesel-Hybrid bis Wasserstoff-Brennzelle - steckten noch in den Kinderschuhen, wann mit Marktreife zu rechnen sei, sei ungewiss, habe der Ministeriumsvertreter berichtet. Ein „Dieselloch“ Sigmaringen, wie es in der Anfrage heißt, werde es nicht geben, habe das Ministerium geantwortet: Die schnellste Strecke Stuttgart-Sigmaringen werde nach Inbetriebnahme von S 21 über Ulm führen. „Die Ausschussmehrheit empfand diese Antwort als äußerst unbefriedigend“, berichtete Rombach. Man erwarte mehr Anstrengungen sowohl bei der Elektrifizierung von Strecken als auch bei der Suche nach alternativen Antrieben.
Das Verkehrsministerium hatte für das Landtagsgremium aber noch eine Ankündigung parat: Man plane in Sachen alternative Antriebe die „Probe aufs Exempel“: Im Netz Ortenau S-Bahn sollen „lokal emissionsfreie Schienenfahrzeuge“ eingesetzt werden. Eine entsprechende Ausschreibung sei im Gange. Bei Erfolg könne man auch über andere Strecken nachdenken, habe der Ministeriumsvertreter in Aussicht gestellt, teilte der Ausschussvorsitzende Rombach mit.
Reflexionspapiere zur Zukunft Europas erörtert
Stuttgart. Der Ausschuss für Europa und Internationales des Landtags von Baden-Württemberg hat in seiner Sitzung am Mittwoch, 25. Oktober 2017, auf Grundlage eines mündlichen Berichts des Ministers der Justiz und für Europa die Reflexionspapiere der Europäischen Kommission zur Zukunft der EU-Finanzen, zur Wirtschafts- und Währungsunion sowie zur sozialen Dimension Europas erörtert. „Mit den Reflexionspapieren zur Zukunft der EU-Finanzen, zur Wirtschafts- und Währungsunion und zur sozialen Dimension Europas stellt die Europäische Kommission Vorschläge vor, die auch auf Baden-Württemberg große Auswirkungen haben werden“, teilte der Vorsitzende des Gremiums, der CDU-Abgeordnete Willi Stächele, mit.
Die Landesregierung habe dem Landtag eine erste Einschätzung zu den Reflexionspapieren zukommen lassen. Vor der endgültigen Beschlussfassung im Bundesrat habe der Minister der Justiz und für Europa, Guido Wolf, die Ausschussmitglieder über die bevorstehenden Beratungen in den Fachausschüssen im Bundesrat informiert, so Stächele.
„Der Landtag nimmt den von der Europäischen Kommission eröffneten Konsultationsprozess zur Zukunft Europas sehr ernst. Von besonderem Interesse sind dabei die Reflexionspapiere zur Zukunft der EU-Finanzen, zur Wirtschafts- und Währungsunion und zur sozialen Dimension Europas, da diese Baden-Württemberg direkt betreffen“, informierte Stächele.
Der Landtag werde bereits am 15. November 2017 eine Veranstaltung zum Weißbuch zur Zukunft Europas ausrichten. Für das nächste Jahr seien weitere Veranstaltungen zu den Themen Baden-Württemberg in Europa sowie ein direkter Austausch mit Vertretern der Europäischen Kommission geplant.
„Das gemeinsame Projekt Europa benötigt neuen Schwung. Die Landesparlamente können dabei eine wichtige Rolle spielen. Deshalb beteiligt sich der Landtag so eingehend mit dem Konsultationsprozess zur Zukunft Europas. Außerdem müssen wir Europa wieder direkt vor Ort erlebbar machen. Der Ausschuss für Europa und Internationales wird daher nach einem Vor-Ort-Termin in Konstanz weitere Auswärtstermine in Baden-Württemberg vorsehen, um die Zukunft Europas direkt mit unseren Bürgerinnen und Bürgern zu thematisieren“, gab Stächele bekannt.
Bildungsausschuss erteilt Rüge an AfD-Abgeordneten wegen Facebook-Eintrags
Stuttgart – Der Bildungsausschuss des Landtags von Baden-Württemberg verurteilt in seiner Sitzung vom 19. Oktober 2017 einen Facebook-Eintrag des AfD-Abgeordneten Dr. Rainer Balzer (AfD). Einer entsprechenden Rüge der Vorsitzenden des Gremiums, Brigitte Lösch (Grüne), schlossen sich die Fraktionsvertreter von Grünen, CDU, SPD und FDP/DVP an. „Es ist beschämend, wie despektierlich sich ein Mitglied unseres Ausschusses über Menschen auslässt“, so Lösch in der Sitzung. Sie distanziere sich von dem Vorgang.
Hintergrund war eine Ausschussreise in die USA, wo u.a. ein offizieller Empfang in San Francisco besucht wurde, in dessen Nachgang der MdL Balzer seinen Beitrag verfasste und im Namen der AfD-Fraktion einstellte. Die Vertreter von Grünen, CDU, SPD und FDP/DVP kritisierten Inhalt und Tonlage des Textes mit Äußerungen zu Homosexualität, Elternschaft homosexueller Paare und Migrationsbiografien.
In Abwesenheit des Betroffenen plädierten die Vertreter der AfD-Fraktion für eine spätere Aussprache und vertraten die Meinung, es handle sich um eine „private Seite“. Die Ausschussmehrheit verneinte dies einhellig. Die Grünen-MdL Sandra Boser nannte den Eintrag auf der Politikerseite eine „Unglaublichkeit“. Der CDU-Abgeordnete Raimund Haser betonte, die Missbilligung der Ausschussvorsitzenden „ausdrücklich mitzutragen“ und verwies auf den offiziellen Charakter der Reise: „Dies ist eine vom Landtag organisierte Reise, das ist keine Privatsache von Herrn Balzer.“ Für die SPD nannte Stefan Fulst-Blei den Facebook-Eintrag eine Verletzung sämtlicher Umgangsregeln: „Sie beschädigen den Landtag und das ganze Land.“ Dr. Timm Kern (FDP/DVP) äußerte Kritik am „Verhaltensniveau“ des AfD-Abgeordneten. Die AfD-Vertreter versprachen Befassung in der Fraktion.
Schutz der Prostituierten steht im Vordergrund
Stuttgart. Der Gesetzentwurf der Landesregierung zum Ausführungsgesetz zum Prostituiertenschutzgesetz ist am Donnerstag, 19. Oktober 2017, im Ausschuss für Soziales und Integration ohne Gegenstimmen beschlossen worden. Dies hat der Vorsitzende des Gremiums, der SPD-Abgeordnete Rainer Hinderer, mitgeteilt. „Der Ausschuss hatte Beratungsbedarf, doch letztlich wurde die Durchführung befürwortet“, berichtete Hinderer.
Wie Rainer Hinderer ausführte, habe die erste Lesung des Gesetzes am 12. Oktober 2017 im Landtag stattgefunden. Es handle sich um ein Ausführungsgesetz zum Prostituiertenschutzgesetz des Bundes, in dem zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen zuständige Behörden für das Land Baden-Württemberg bestimmt werden. „Es sollen Strukturen geschaffen werden, die es ermöglichen, ein Vertrauensverhältnis zu den in der Prostitution tätigen Personen aufzubauen und ihnen somit Schutzmöglichkeiten zu bieten“, erläuterte der Ausschussvorsitzende. Die Aufgaben werden an die Stadt- und Landkreise übertragen, um sicher zu stellen, den Zugang zur Sozial- und Gesundheitsberatung so niederschwellig wie möglich anbieten zu können. Überdies werde darauf verzichtet, von den Prostituierten Gebühren für die Ausstellung der Anmeldebescheinigungen und die verpflichtende Gesundheitsprüfung zu erheben.
Auch sei die Gültigkeit der Bescheinigungen nicht auf Baden-Württemberg beschränkt. Ein Punkt, der kontrovers diskutiert worden sei, wie der Vorsitzende darlegte. Insgesamt hätten die Bescheinigungen kurze Gültigkeitsfristen, um die Prostituierten zu schützen und ihnen ausreichend Kontakte zu Menschen außerhalb des Milieus zu ermöglichen. Auf die Qualität der Gesundheitsprüfung werde großen Wert gelegt, hob Hinderer hervor. Die Kosten der Beratungen sollen zum Jahresende 2019 evaluiert werden. Sollte sich eine inadäquate Finanzierung der Übernahme der Aufgaben aus dem Prostituiertenschutzgesetz ergeben, werde ein Ausgleich erfolgen, gab Hinderer die Ausführungen des Ministeriums wieder.
Der Ausschuss habe in einigen Punkten Beratungsbedarf gesehen, so Hinderer. Drei Änderungsanträge seien diskutiert worden. So habe die AfD gefordert, die Beratung der Prostituierten unter Anwesenheit und der Beteiligung mindestens einer Polizeibeamtin durchzuführen. Ebenso habe die AfD gefordert, die Gültigkeit der Anmeldebeschränkung auf das Gebiet der jeweiligen Stadt- und Landkreise zu beschränken, bei welchen die Anmeldung durchgeführt werde. Beide Anliegen hätten im Ausschuss keine Mehrheit gefunden.
Die SPD habe in ihrem Änderungsantrag die Beratung der Prostituierten in den Fokus gestellt, berichtete Rainer Hinderer. So bedürfe etwa die Information und Beratung einer spezifischen Expertise und einer ausreichenden Dauer. Wenn es erforderlich sei, sollten zum Zwecke der Sprachmittlung Dolmetscher hinzugezogen werden. Des Weiteren habe sich die SPD dafür eingesetzt, dass zum Schutz der Prostituierten Behörden und Polizei eng zusammenarbeiten sollten. Nach Angaben des Vorsitzenden seien auch diese Änderungen im Gremium abgelehnt worden.
Der Änderungsantrag der FDP/DVP hatte Hinderer zufolge die Ausgleichszahlungen zum Inhalt. So solle das Land für Mehrbelastungen, die den Stadt- und Landkreisen infolge der Übertragung der Aufgaben entstehen, einen finanziellen Ausgleich im Rahmen des Finanzausgleichsgesetzes gewähren. Da das Ministerium zugesagt habe, die Kosten auch zu evaluieren, sei dieser Antrag mehrheitlich abgelehnt worden. Die Verschiebung des Inkrafttretens des Gesetzes auf 1. Januar 2018, um den Landkreisen mehr Zeit für die Umsetzung zu geben, habe ebenfalls keine Fürsprecher gefunden, so Rainer Hinderer.
Finanzausschuss stimmt für einheitliche Anpassung von Besoldung und Versorgung
Stuttgart. Mit dem Gesetzentwurf über die Anpassung von Dienst- und Versorgungsbezügen in Baden-Württemberg in den Jahren 2017 und 2018 hat sich der Ausschuss für Finanzen in seiner Sitzung am Donnerstag, 19. Oktober 2017, befasst. Wie der Vorsitzende des Gremiums, der SPD-Abgeordnete Rainer Stickelberger, mitteilte, stimmte der Ausschuss einstimmig für eine modifizierte Version des Gesetzentwurfs, der nun von den Regierungsfraktionen Grüne und CDU eingebrachte Änderungen enthält. Demnach soll die bislang praktizierte Besoldungs- und Versorgungsanpassung nicht mehr je nach Besoldungsgruppe zeitlich gestaffelt, sondern für alle Besoldungsgruppen zu einem einheitlichen Zeitpunkt erfolgen.
Nach Angaben Stickelbergers wurde der Gesetzentwurf der Landesregierung auf Grundlage einer Vereinbarung mit dem BBW Beamtenbund Tarifunion und dem Verein der Richter und Staatsanwälte vom 17. März 2017 verfasst und am 20. Juni 2017 in den Landtag eingebracht. Diese Vereinbarung wurde unter Beachtung der bis dahin bekannten höchstrichterlichen Rechtsprechung geschlossen. Mit einem im Juli 2017 veröffentlichen Beschluss erklärte jedoch das Bundesverfassungsgericht eine Regelung des Freistaats Sachsen zur zeitlich verzögerten Übertragung von Tarifabschlüssen auf Beamtinnen und Beamte als unvereinbar mit dem Grundgesetz. „Vor dem Hintergrund dieses Beschlusses sah es der Ausschuss als geboten an, die bislang im Gesetzentwurf enthaltene, nach Besoldungsgruppen gestaffelte zeitliche Verschiebung der Besoldungs- und Versorgungsanpassung aufzuheben und für alle Besoldungsgruppen einen einheitlichen Anpassungszeitraum für die Jahre 2017 und 2018 festzulegen“, sagte der Ausschussvorsitzende.
Der Gesetzentwurf mit den Änderungen sieht laut Stickelberger nun einen einheitlichen Anpassungszeitpunkt für alle Besoldungsgruppen zum 1. März 2017 und zum 1. Juli 2018 vor. Bezüglich des Familienzuschlags soll die Anpassung des Jahres 2018 einheitlich zum 1. März 2018 erfolgen. Gegenüber den Kosten in der ursprünglichen Fassung des Gesetzentwurfs entstehen im Jahr 2017 einmalige Mehrkosten in Höhe von 58,1 Millionen Euro, im Jahr 2018 in Höhe von rund 38,7 Millionen Euro.
Für Anwärterinnen und Anwärter, für Beamtinnen und Beamte in den Besoldungsgruppen A5 bis A9, in den Besoldungsgruppen A10 und A11 sowie für Empfängerinnen und Empfänger von Versorgungsbezügen sowie Altersgeld aus entsprechenden Besoldungsgruppen bedeuten die Änderungen Verschlechterungen gegenüber den Vereinbarungen der Landesregierung mit dem Beamtenbund. Angesichts dieser Sondersituation sieht es der Ausschuss als gerechtfertigt an, den von den Verschlechterungen Betroffenen einen Ausgleich in Form einer Einmalzahlung im Jahr 2018 zu gewähren. Da die Verschlechterungen je nach Besoldungsgruppe unterschiedlich ausfallen, sind auch die Einmalzahlungen unterschiedlich hoch. Anwärterinnen und Anwärter sollen demnach im Jahr 2018 eine Einmalzahlung in Höhe von 140 Euro, Beamtinnen und Beamte in den Besoldungsgruppen A5 bis A9 400 Euro und Beamtinnen und Beamte in den Besoldungsgruppen A10 und A11 100 Euro erhalten.
Durch die vorgesehenen Einmalzahlungen entstehen gegenüber der Ursprungsfassung des Gesetzentwurfs einmalige Mehrkosten in Höhe von 18,6 Millionen Euro. Für die übrigen Besoldungsgruppen führe der Änderungsantrag über die Jahre 2017 und 2018 hinweg betrachtet zu einer Verbesserung gegenüber den Vereinbarungen der Landesregierung. Es sei daher gerechtfertigt, für diese Besoldungsgruppen keine Sonderzahlung vorzusehen, führte Stickelberger aus.
Die Zweite Beratung des Gesetzentwurfs ist für die Plenarsitzung am Mittwoch, 25. Oktober 2017, vorgesehen.
Grünes Licht für Bürgschaftsbank – Kritik an Kriterien bei Azubi-Abschiebungen
Stuttgart. Ausfallbürgschaften für Kredite an kleine und mittlere Existenzgründer und Betriebe sollen weitere fünf Jahre durch das Land abgesichert werden können. Dazu gab der Wirtschaftsausschuss des Landtags von Baden-Württemberg in seiner Sitzung vom 18. Oktober 2017 grünes Licht. „Die Bürgschaftsbank Baden-Württemberg ist unter den Bürgschaftsbanken in Deutschland die bedeutendste“, so der Vorsitzende des Gremiums, Dr. Erik Schweickert (FDP/DVP). “Der Wirtschaftsausschuss hat diese wichtige Stellung durch Einstimmigkeit bekräftigt.”
Zum 31. Dezember 2017 läuft die bisherige Garantie des Landes aus. Die Nachfrage sei unverändert hoch, habe Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) in der Sitzung den Verlängerungsantrag begründet. 2016 hat die Bürgschaftsbank Baden-Württemberg 2.172 Unternehmen mit einem Kredit- und Beteiligungsvolumen von 526 Millionen Euro begleitet. Der Löwenanteil entfiel auf Existenzneugründungen und Unternehmensnachfolgen. Die Ausfallzahlungen beliefen sich auf 6,5 Millionen Euro im Jahr 2016. Die Zahl der Bürgschaften stieg von 13.657 mit einem Volumen von 1,30 Millionen Euro im Jahr 2012 auf 15.032 mit einem Volumen von 1,52 Millionen Euro. Die Bürgschaftsbank als Selbsthilfeeinrichtung der Wirtschaft sei von hohem volkswirtschaftlichem Interesse, habe Ministerin Hoffmeister-Kraut vorgetragen. Die Nachfrage sei unverändert hoch. Die Mitglieder des Wirtschaftsausschusses hätten diese Einschätzung geteilt und die Bürgschaftsbank einhellig als kostengünstige und sehr wichtige Form der Wirtschaftsförderung eingestuft. Der im Rahmen der Garantieverlängerung beantragten Erhöhung des Gesamtbürgschaftsvolumens um 52 auf 572 Millionen Euro habe der Ausschuss ohne Gegenstimme zugestimmt, gab Schweickert nach der Sitzung bekannt.
Das Gremium habe sich zudem mit Asylbewerbern in einer handwerklichen Ausbildung befasst. Bis Mitte des Jahres zählte der Handwerkstag in allen Kammerbezirken rund 560. Wie viele Duldungen im Ausbildungsfall ausgesprochen und wie viele Azubis mit Asylbewerberstatus mitten in der Ausbildung abgeschoben wurden, habe die baden-württembergische Landesregierung auf Anfragen von FDP/DVP und SPD nicht beziffern können, so Schweickert. „Das empfanden einige Mitglieder des Wirtschaftsausschusses unbefriedigend“, so der Ausschussvorsitzende. „Viele Handwerksbetriebe klagen darüber, dass Aufenthalte ihrer Auszubildenden, in die sie investiert und die sie hätten behalten wollen, beendet werden ohne durchweg nachvollziehbare Kriterien.“ Der Ausschuss habe deshalb die Landesregierung aufgefordert, „Eindeutigkeit zu gewährleisten“. Die zersplitterten Zuständigkeiten in Ministerien seien ebenso unübersichtlich wie die “Kulisse“ verschiedener Förderprogramme des Landes wie „Integration durch Ausbildung“, Förderlinien in der Altenhilfe, Vorqualifizierung, Integration („Chancen gestalten“), Vorbereitungsklassen oder “junge Flüchtlinge in Ausbildung”. Eine “Förderlücke” habe die Ministerin verneint. Der Wirtschaftsausschuss habe gleichwohl um mehr Übersichtlichkeit gebeten.
Der Ausschuss habe erneut an die Landesregierung appelliert, Hürden im Warengrenzverkehr mit Frankreich abzubauen. Das Gremium habe sich per Beschluss ebenfalls für die finanzielle Unterstützung der betroffenen Kommunen bei der Vermarktung der Eiszeithöhlen als Weltkulturerbe stark gemacht, so Schweickert: Die Regierungsfraktionen von Grünen und CDU hätten hier einen Änderungsantrag vorgelegt, der einen von der UNESCO geforderten Managementplan vorsehe und einstimmig befürwortet wurde.
Mitberatend befasste sich der Wirtschaftsausschuss auch mit einer Novelle des Naturschutzgesetzes für Baden-Württemberg. Denn ein Teil des umfangreichen Gesetzes behandelt die Angleichung des im Land geltenden Tariftreue- und Mindestlohngesetzes an die Bundesregelung zum Mindestlohn. Hier erfolgte ein mehrheitlicher Beschluss. Ein Antrag der FDP/DVP-Fraktion zur Abschaffung des Landestariftreue- und Mindestlohngesetzes, das vergaberechtliche Vorschriften beinhaltet, wurde nur von den Antragsstellern selbst unterstützt.
Nicht nur in diesem Punkt, auch beim Umsetzungsgesetz der so genannten „Seveso-Richtlinie III“ mahnte der Ausschuss jedoch ein unzureichendes und zu eiliges Beteiligungsverfahren seitens des Umweltministeriums an. „Immerhin ist hier die Landesbauordnung betroffen, was in ureigener Zuständigkeit des Wirtschaftsministeriums und demnach auch unseres Ausschusses liegt“, so der Vorsitzende Schweickert. Wegen Beratungsbedarf wird nun eine Sondersitzung stattfinden.
Wissenschaftsausschuss legt Termin für Anhörung zum Landeshochschulgesetz fest
Stuttgart. Der Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kunst hat in seiner Sitzung am Mittwoch, 18. Oktober 2017, beschlossen, eine öffentliche Anhörung zum Landeshochschulgesetz (LHG) durchzuführen. „Die Anhörung wird am 17. Januar 2018 stattfinden“, teilte der Vorsitzende des Gremiums, der CDU-Abgeordnete Andreas Deuschle, mit.
Wie Andreas Deuschle berichtete, werde sich das Kabinett am 9. Januar 2018 mit der Vorlage befassen, so dass am 17. Januar, voraussichtlich von 13 bis 15 Uhr, die Verbände angehört werden können.
Innenausschuss berät über Spähsoftware für verschlüsselte Kommunikation
Innen- und Ständiger Ausschuss führen öffentliche Anhörung durch
Stuttgart. Mit der Überwachung von Telekommunikationsinhalten (TKÜ) durch Strafverfolgungsbehörden in Baden-Württemberg hat sich der Ausschuss für Inneres, Digitalisierung und Migration in seiner Sitzung am Mittwoch, 18. Oktober 2017, auf Antrag der FDP/DVP-Fraktion befasst. Hintergrund der Debatte war die Frage, wie die Quellen-TKÜ, also der Einsatz von Software zum Ausspähen von verschlüsselter Online-Kommunikation wie etwa bei Messengerdiensten, konkret umgesetzt werden soll. „Die staatlichen Eingriffsbefugnisse mit Bezug zur Telekommunikation sind seit Jahrzehnten ein unverzichtbares Instrument zur Verfolgung schwerster Straftaten. Das Bedürfnis der Strafverfolgungsbehörden besteht unabhängig davon, ob Kommunikationsinhalte mit oder ohne Verschlüsselung übertragen werden und welche Technologie zur Übermittlung der Daten genutzt wird“, sagte der Vorsitzende des Gremiums, der CDU-Abgeordnete Karl Klein.
Wie Klein weiter ausführte, haben die Ausschussmitglieder noch eine ganze Reihe an Fragen zum Einsatz der Quellen-TKÜ. Diese Fragen sollen unter anderem im Rahmen einer gemeinsamen öffentlichen Anhörung des Innenausschusses und des Ständigen Ausschusses zu den Gesetzentwürfen zur Änderung des Polizeigesetzes und zur Änderung des Verfassungsschutzgesetzes aufgegriffen werden. Die Anhörung findet am Donnerstag, 26. Oktober 2017, statt.
Nach Angaben des Vorsitzenden existiert eine polizeipräventive Rechtsgrundlage für die inhaltliche Kommunikationsüberwachung inklusive Quellen-TKÜ in Baden-Württemberg derzeit noch nicht. Deshalb sollen im Polizeigesetz neue präventiv-polizeiliche Befugnisse zur Telekommunikationsüberwachung sowie zur Quellen-TKÜ geschaffen werden. Mit dem Gesetzentwurf zur Änderung des Polizeigesetzes und des Gesetzes über die Ladenöffnung, das in der vergangenen Woche in erster Lesung im Landtag beraten wurde, soll eine entsprechende Rechtsgrundlage geschaffen werden. Die Quellen-TKÜ unterscheidet sich stark von der bisherigen Kommunikationsüberwachung bei Telefonie oder SMS. Die Quellen-TKÜ zielt darauf ab, verschlüsselte Telekommunikation wie bei Messengerdiensten und Internet-Telefonie zu überwachen, wenn der begründete Verdacht eines terroristischen Anschlags oder anderer schwerster Straftaten besteht.
Eine klassische Überwachung wie beispielsweise beim SMS-Versand, wo Inhalte während der Übertragung abgefangen werden, ist bei der Überwachung von verschlüsselten Diensten nicht möglich. Bei der Quellen-TKÜ wird der Zugriffszeitpunkt zeitlich vor die Verschlüsselung verlagert, so dass die Daten bereits vor der Schlüsselung ausgeleitet und von den Behörden mitgelesen bzw. mitgehört werden. Dafür ist eine spezielle Software erforderlich. Eine Entscheidung, woher die Software für die Quellen-TKÜ bezogen wird, wurde in Baden-Württemberg noch nicht getroffen. Anwendungen für die Quellen-TKÜ werden unter anderem vom Bundeskriminalamt entwickelt, welches den Ländern eine Mitnutzung in Aussicht gestellt hat.
Die Abgeordneten befassten sich im Ausschuss ebenso mit der Frage, wie eine missbräuchliche Anwendung der Quellen-TKÜ durch Unbefugte verhindert werden soll und wie gewährleistet wird, dass nur die zu überwachenden Inhalte und keine anderen Daten auf den Geräten ausgespäht werden. Dazu habe die Landesregierung mitgeteilt, dass durch organisatorische und technische Maßnahmen gewährleistet werde, dass bei der Software für die Quellen-TKÜ nur Funktionen zur Anwendung kommen, die den rechtlichen Anforderungen genügen. Hierzu würden intensive Tests durchgeführt. Zudem erfolge eine umfassende Protokollierung in jedem Einzelfall. Eine Nutzung durch Unbefugte solle durch technische Sicherheitsvorkehrungen ausgeschlossen werden, fasste Klein die Ausführungen des Innenministeriums zusammen.
Ständiger Ausschuss: Neues Übungsgelände für KSK soll gefunden werden
Stuttgart. Mit dem Stand bei der Suche nach einem Ersatzgelände für den Bundeswehrflugplatz Renningen-Malmsheim und dem Bürgerentscheid gegen das Projekt am bevorzugten Gelände zwischen Haiterbach und Nagold hat sich der Ständige Ausschuss des Landtags in seiner jüngsten Sitzung befasst. Wie der Vorsitzende des Gremiums, der CDU-Abgeordnete Dr. Stefan Scheffold, am Donnerstag, 12. Oktober 2017, mitteilte, legte die Landesregierung dem Gremium dazu einen Bericht vor. „Der Ausschuss war sich einig, dass das Kommando Spezialkräfte ein wichtiger Standortfaktor ist und nicht zuletzt aufgrund der vielen mit der Spezialeinheit verbundenen Arbeitsplätze in Baden-Württemberg gehalten werden sollte. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen jedoch optimale Voraussetzungen geschaffen werden, damit die Soldaten ihre wichtigen Übungen absolvieren können. Der Ständige Ausschuss unterstützt daher die Landesregierung bei der Suche nach einem geeigneten Trainingsgeländes in der Nähe von Calw“, sagte Scheffold.
Nach Angaben des Vorsitzenden führte die Landesregierung aus, dass auf dem Bundeswehrflugplatz Renningen-Malmsheim seit Jahrzehnten Fallschirm-Übungssprünge sowie Übungen zum Abwurf von Gütern aus Flugzeugen durch das in Calw stationierte Kommando Spezialkräfte (KSK) der Bundeswehr sowie durch die US-Streitkräfte stattfinden. Um ein Forschungs- und Entwicklungszentrums mit 1.700 Arbeitsplätzen anzusiedeln, hat die Robert Bosch GmbH Ende 2010 die für militärische Zwecke entbehrlichen Flächen des Bundeswehrgeländes mit zusammen rund 36 Hektar erworben.
Eine Teilfläche werde derzeit zwar noch für militärische Zwecke genutzt. Aufgrund neu entstandener Gebäude in unmittelbarerer Nähe würden die Trainings aber zusehends erschwert. Das Land habe sich gegenüber der Robert Bosch GmbH verpflichtet, mit Nachdruck ein Ersatzgelände zu suchen. Bund und Land suchten daher seit 2010 ein Ersatzgelände, das aufgrund der schnellen Erreichbarkeit maximal 37 Kilometer von Calw entfernt sein dürfe. „Insgesamt wurden für 47 Flächen nähere Betrachtungen durchgeführt. Die Suche führte zu dem Ergebnis, dass das neue Trainingsgelände auf dem Segelflugplatz zwischen Haiterbach und Nagold entstehen soll“, fasste Scheffold die Ausführungen von Staatsrätin Gisela Erler zusammen.
Dieses Gebiet sei in einem sehr langwierigen Prozess als die am besten geeignet erscheinende Fläche herausgefiltert worden. Denn es entspreche nicht nur in vollem Umfang den fachlichen Anforderungen der Bundeswehr, sondern sei auch mit den vergleichsweise geringsten Eingriffen in öffentliche Belange wie Lärm- oder Naturschutz verbunden. Nachdem das Suchergebnis vorgelegen habe, sei mit einer umfänglichen Bürgerinformation begonnen worden. Auch sei eine Umweltverträglichkeitsprüfung eingeleitet worden. Diese sei noch nicht abgeschlossen, doch es könne davon ausgegangen werden, dass das Vorhaben die Prüfung bestehen werde. Wäre dies nicht der Fall, müsste auf einen der beiden Ersatzstandorte zurückgegriffen werden, die jedoch sehr viel weniger geeignet seien.
Die Gemeinde Haiterbach hatte kürzlich bei einem Bürgerentscheid mit einer Mehrheit von 60 Prozent entschieden, dass sie wolle, dass sich die Gemeinde gegen die militärische Nutzung der Fläche einsetze. Trotz der ablehnenden Haltung der Bevölkerung, vor allem aufgrund des befürchteten zusätzlichen Lärms, beabsichtige die Landesregierung, das Vorhaben weiterzuführen. Dazu sei eine Bürgerbegleitgruppe eingerichtet worden, in der alle Akteure vertreten seien. Viele Punkte könnten bereits zum jetzigen Zeitpunkt diskutiert werden, beispielsweise mit dem Segelflugverein, der die Fläche auch in Zukunft nutzen könne. Außerdem sei die Regierung bereit, über Kompensationsmaßnahmen zu sprechen, etwa eine seit langem geplante verbesserte Schienenanbindung oder die gewünschte Erweiterung der Sporthalle in Haiterbach. Ein wesentlicher Schritt für die Umsetzung des Vorhabens sei, die Bevölkerung umfassend einzubeziehen, Bürgerinnen und Bürgern die Sorgen zu nehmen und damit die Akzeptanz für das Vorhaben zu erhöhen. Die Regierung hoffe, dass es gelinge, das Projekt erfolgreich weiterzuführen, erläuterte Scheffold.
Aras: "Überwältigende Resonanz"
Weit mehr als 800 Bürgerinnen und Bürger besuchten am Samstag, 7. Oktober 2017, das Bürger- und Medienzentrum des Landtags von Baden-Württemberg. Zum ersten Mal konnten Interessierte ohne vorherige Anmeldung die interaktive Ausstellung anschauen. Die angebotenen Führungen in den Plenarsaal des Landtags waren besonders gefragt. „Wir sind sehr erfreut und gleichzeitig überrascht von der großen Resonanz auf unser Angebot“, so Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne). „Das Interesse war einfach überwältigend. Der Andrang zeigt, dass unser Parlament den Bürgerinnen und Bürgern am Herzen liegt.“
Das Bürger- und Medienzentrum des Stuttgarter Landtags öffnete zum ersten Mal am Samstag seine Pforten für spontane Besuche – und wurde fast überrannt. Bereits vor der Öffnung um 11 Uhr kamen die ersten Interessierten. Bis am Nachmittag um 17 Uhr waren es weit mehr als 800 Bürgerinnen und Bürger, die aus dem weiten Umkreis angereist kamen. Ein Angebot war besonders gefragt: Führungen ins Landtagsgebäude mit Besichtigung des Plenarsaals – dem Herzstück der Volksvertretung. Etwa 600 Besucher konnten teilnehmen. Der Andrang war so groß, dass nicht alle Interessierten berücksichtigt werden konnten und auf die kommenden Samstagsöffnungen verwiesen werden mussten. Mindestens vier pro Jahr sind geplant.
Die nächste Samstagsöffnung – nicht gleichzusetzen mit einem „Tag der offenen Tür“ - findet am 9. Dezember 2017 zwischen 11 und 17 Uhr statt. Die nächsten Öffnungszeiten des Bürger- und Medienzentrums (ohne Führungen ins Landtagsgebäude) sind jeweils montags von 17 bis 20 Uhr. Überdies ist der Landtag samt Bürger- und medienzentrum Teil des Angebots der „Stuttgartnacht“ am kommenden Samstag, 14. Oktober.
Grenzüberschreitende Zusammenarbeit und Zukunft Europas im Mittelpunkt des Austauschs
Stuttgart. Der Ausschuss für Europa und Internationales des Landtags von Baden-Württemberg wird am Montag, 16. Oktober 2017, eine Informationsreise nach Konstanz durchführen. Dies teilte der Vorsitzende des Gremiums, der CDU-Abgeordnete Willi Stächele, mit. „Wir gehen zu den Bürgerinnen und Bürgern, raus aus dem ‚Raumschiff‘ der Stuttgarter Sitzungen des Ausschusses für Europa und Internationales des Landtags“, informierte Stächele.
In Konstanz wird der Ausschuss vom Oberbürgermeister der Stadt, Uli Burchardt, in Empfang genommen und informiert sich über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit mit der Schweiz, so Stächele. Im Anschluss wird die grenzüberschreitende Kooperation rund um den Bodensee erörtert, an der neben Baden-Württemberg und Bayern das österreichische Bundesland Vorarlberg, sechs Schweizer Kantone und das Fürstentum Liechtenstein beteiligt sind. Ein Austausch hierzu wird mit Klaus-Dieter Schnell, Leiter der Geschäftsstelle der Internationalen Bodensee-Konferenz (IBK), und Ruth Haefelin, Mitarbeiterin der Stabstelle des Regierungssekretärs des Fürstentums Liechtenstein, stattfinden.
Über die Aufnahme und die Anschlussunterbringung von unbegleiteten Minderjährigen, die über die Schweiz nach Deutschland eingereist sind, werden sich die Ausschussmitglieder nach Stächeles Angaben bei Landrat Frank Hämmerle informieren. An dem Gespräch nehmen auch der Vorsitzende der Europa-Union Konstanz und Bürgermeister von Allensbach, Stefan Friedrich, und Harald Kühl, Ansprechpartner der Bürgerinitiative „Pulse of Europe“, teil.
„Im Rahmen der Diskussion zum Weißbuch zur Zukunft Europas möchten sich die Mitglieder des Ausschusses für Europa und Internationales vor Ort ein Bild darüber machen, wie die Bürgerinnen und Bürger in unserem Land über die Zukunft Europas denken“, berichtete der Ausschussvorsitzende. „Besonders die Bürgerinnen und Bürger in den Grenzregionen unseres Landes leben Europa im Alltag mit unseren Nachbarn in der Schweiz und in Österreich. Sie wissen daher am besten, welche Schritte unternommen werden müssen, damit Europa noch weiter zusammenwachsen kann. Der Ausschuss wird in Zukunft weitere Informationsreisen unternehmen, um sich mit den Funktionsträgern vor Ort und im direkten Kontakt mit Bürgerinnen und Bürgern über die Probleme bei der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit auszutauschen“, so Willi Stächele abschließend.
Am Samstag spontan in den Landtag: Besuch ohne Anmeldung möglich!
Stuttgart. Der Landtag von Baden-Württemberg öffnet sein Bürger- und Medienzentrum am Samstag, 7. Oktober, zwischen 11 und 17 Uhr für Besucherinnen und Besucher ohne Voranmeldung. Es lockt eine moderne, interaktive Ausstellung über die Arbeit des Landesparlaments. Zudem sind mehrmals täglich Führungen ins sanierte Landtagsgebäude samt Plenarsaal im Angebot. „Wir wollen ein barrierefreies Parlament in doppeltem Sinn: Für alle gut erreichbar und für alle erfahrbar“, so Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne).
Im Juni wurde das Bürger- und Medienzentrum an der Stuttgarter Kulturmeile seiner Bestimmung übergeben. Der barrierefrei zu erreichende Veranstaltungsort mit seiner markanten Agora und der Skulptur „Der Volksvertreter“ wird von Landespolitik und Medien seither stark genutzt. Seit Beginn des neuen Parlamentsjahres Anfang September können sich aber auch Bürgerinnen und Bürger, die nicht im Rahmen angmeldeter Besuchergruppen etwa mit Abgeordneten kommen, jeweils montags 17-20 Uhr ein Bild machen: Die Dauerausstellung kann von allen, auch von Menschen mit Beeinträchtigungen, erlebt werden. Zudem ist der Raum, aus dem regelmäßig Landespressekonferenzen übertragen werden, zu sehen.
Am Samstag, 7. Oktober 2017, ist das Bürger- und Medienzentrum erstmals den ganzen Tag geöffnet: Zwischen 11 und 17 Uhr ist jederzeit ein spontaner Besuch möglich. Der Besucherdienst des Landtags bietet einstündige Führungen an, nach denen sich die Besucher vor Ort erkundigen können. Gezeigt und erklärt wird nicht nur das Bürgerzentrum, sondern auch das sanierte Haus des Landtags mit seinem durch Tageslicht erhellten Plenarsaal. Vorgesehene Uhrzeiten für die Führungen: 11.30 Uhr, 13 Uhr, 14.30 Uhr sowie, bei starker Nachfrage, 16 Uhr.
Vorschau: Freie Öffnungen des Bürger- und Medienzentrums sind montags außer an Feiertagen 17-20 Uhr. Zudem ist der Landtag samt Bürgerzentrum an der „Stuttgartnacht“ am 14. Oktober mit eigenem Kulturprogramm ab 18 Uhr beteiligt. Die nächste Samstagsöffnung ist am 9. Dezember.
Infos unter http://www.ltbw.de/buergerzentrum(externer Link)
Umgestaltung des Zinzendorfplatzes in Königsfeld rechtlich einwandfrei
Stuttgart. Der Petitionsausschuss des Landtags hat in seiner Sitzung am Donnerstag, 28. September 2017, die Petition einer Bürgerin abgelehnt, die sich für eine andere Umgestaltung des Zinzendorfplatzes in Königsfeld eingesetzt hatte als vom Gemeinderat beschlossen. Wie die Vorsitzende des Gremiums, die Grünen-Abgeordnete Beate Böhlen, mitteilte, kam der Petitionsausschuss zu dem Ergebnis, dass das Verfahren rechtlich einwandfrei durchgeführt wurde und deshalb die Entscheidung des Gemeinderats zu respektieren sei.
Die Petentin wendet sich gegen die von der Gemeinde Königsfeld angestrebte Umgestaltung des historischen Zinzendorfplatzes. Sie macht diesbezüglich verschiedene Einwände geltend. Ein wichtiger Punkt ist dabei die beabsichtigte Fällung von über 30 rund 200 Jahre alten Lindenbäumen und die Ersetzung einer intakten Buchenhecke. Ferner sei die Neubelegung der vorhandenen Kieswege mit Pflastersteinen und Granitplatten in Anbetracht des demografischen Wandels nicht sinnvoll.
Die Prüfung der vorgebrachten Einwendungen ergab, dass die maßgeblichen Rechtsvorschriften eingehalten worden sind. Alle erforderlichen Abstimmungen mit den Denkmal- und Naturschutzbehörden sind durchgeführt und dortige Bedingungen für die Umsetzung berücksichtigt worden. Auch wurden alle notwendigen Genehmigungen rechtzeitig eingeholt sowie die rechtlichen Voraussetzungen für eine Förderung gemäß den Städtebauförderungsrichtlinien geschaffen, so Beate Böhlen.
Die naturschutzrechtliche Prüfung ergab, dass die geplante Fällung der Bäume nicht verboten ist, da sich die Bäume in einer gärtnerisch genutzten Anlage befinden und auch keine Baumschutzsatzung besteht, die einer Fällung im Wege stehen würde. Da die betreffenden Bäume keine Allee darstellen und auch nicht zu Naturdenkmalen erklärt wurden, ist deren Beseitigung nicht verboten. Die artenschutzrechtliche Prüfung kommt zu dem Ergebnis, dass sich durch das geplante Vorhaben kein Verstoß gegen das Naturschutzgesetz ergibt, sofern die vorgegebenen Rodungszeiten eingehalten und vorhandene Nisthilfen erhalten bleiben.
Aus denkmalfachlicher Sicht war im Rahmen der geplanten Neugestaltung sicherzustellen, dass die historischen Grundelemente (Wegekreuz, Grünflächenquadrate und Blickachsen) erhalten bleiben. Diesen Anforderungen entspricht die nun beschlossene Planungsvariante.
Zu der Petition hat eine Ortsbesichtigung stattgefunden, bei der viele Beteiligte anwesend waren und ihre Argumente einbringen konnten.
Der Petitionsausschuss kam nach eingehender Erörterung zu dem Ergebnis, dass der Petition nicht abgeholfen werden könne. Es liege in der Planungshoheit der Gemeinde, wie sie die Umgestaltung vornehme, solange die rechtlichen Vorschriften eingehalten seien. Immerhin habe die Gemeinde die Ergebnisse der Bürgerbeteiligung in ihre Abwägungen und Entscheidungen einfließen lassen; diese seien jedoch nicht rechtlich bindend. „Es ist letztlich Sache des Gemeinderats, im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung zu entscheiden“, betonte Böhlen.
Versorgungssicherheit im Land ist gewährleistet
Stuttgart. Mit der Sicherheit der Stromversorgung in Baden-Württemberg, einem Antrag der CDU, hat sich der Ausschuss für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft in seiner Sitzung am Donnerstag, 28. September 2017, befasst. „Versorgungssicherheit, die Bezahlbarkeit von Strom und das Erreichen der Klimaschutzziele machen den Erfolg der Energiewende aus“, betonte die Vorsitzende des Gremiums, die SPD-Abgeordnete Gabi Rolland. „Die Sicherheit der Stromversorgung in Baden-Württemberg ist auch bei einem weiter wachsenden Anteil der erneuerbaren Energien gewährleistet.“
Dies sei bei entsprechenden Beratungen im Gremium deutlich geworden, so die Ausschussvorsitzende. „Das sind gute Nachrichten für die baden-württembergische Wirtschaft, aber auch für die Bevölkerung“, stellte Rolland fest. Einig sei sich der Ausschuss darin gewesen, dass man alles dafür tun müsse, am Zeitplan für den Ausbau der Gleichstromnetze SüdLink und Ultranet festzuhalten. „SüdLink sollte 2025 fertig gestellt sein“, betonte die Vorsitzende.
Aus Sicht der Landesregierung seien bei den Versorgungssicherheitsmaßnahmen zwei Aspekte von besonderer Bedeutung: die Kapazitätsreserve und die besonderen netztechnischen Betriebsmittel. So müsste etwa ab dem Winter 2018/19 eine Kapazitätsreserve von 2 GW vorgehalten werden. Diese Reserveleistung solle in einem transparenten Verfahren ausgeschrieben werden und nur dann zum Einsatz kommen, wenn die Nachfrage auf den Strommärkten nicht durch Marktkraftwerke ausgeglichen werden könne. „Die Landesregierung hält diese Reserve angesichts eines Verzichts der Bundesregierung auf einen Kapazitätsmarkt für erforderlich“, so Gabi Rolland.
Nach Angaben der Ausschussvorsitzenden versteht man unter besonderen netztechnischen Betriebsmitteln neue, schnell startende Erzeugungsanlagen, wie etwa Gasturbinen. Der Einsatz sei lediglich im Falle einer gravierenden Störung vorgesehen, um das Stromsystem wieder in einen sicheren Zustand zurückzuführen. Die Übertragungsnetzbetreiber hätten gemeinsam mit der Bundesnetzagentur einen Bedarf an derartigen Anlagen ermittelt. Die Landesregierung begrüße den Bau solcher Anlagen im Sinne der Versorgungssicherheit.
Petitionsausschuss ermöglicht Roma-Familie Aufschub für freiwillige Ausreise
Stuttgart. Der Petitionsausschuss des Landtags hat in seiner Sitzung am Donnerstag, 28. September 2017, einer von der Abschiebung bedrohten Roma-Familie einen Aufschub für die freiwillige Ausreise bis Ende November dieses Jahres ermöglicht. „Es ist wichtig, dass für die Familie nun eine gut organisierte, geordnete Rückkehr in die Heimat sichergestellt wird“, sagte die Ausschussvorsitzende, die Grünen-Abgeordnete Beate Böhlen.
Das Ersuchen der Petitionssteller nach einem langfristigen Aufenthaltstitel für die Familie konnte vom Petitionsausschuss leider nicht berücksichtigt werden. „Der Petitionsausschuss hat sich mit dem Abhilfegesuch der betroffenen Familie eingehend befasst“, so Böhlen. Ein Bleiberecht aus humanitären Gesichtspunkten (nach § 25 oder 60a Aufenthaltsgesetz) habe nicht festgestellt werden können. Ebenso sei zu keiner Zeit eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung vorgelegt worden, die eine Duldungsgewährung (§ 60a Absatz 2c Aufenthaltsgesetz) ermöglicht hätte. Die hier geltenden strengen gesetzlichen Vorgaben müssten auch in diesem Fall eingehalten werden.
Die Ausschussvorsitzende Beate Böhlen appellierte an die Antragsteller der Petition, die Familie auf dem Wege der zivilgesellschaftlichen Zusammenarbeit zu unterstützen. „Der Unterstützerkreis der Familie hat sich bereits um die Unterbringung vor Ort gekümmert. Es ist wichtig, dass wir den Menschen nicht nur bei der Ausreise, sondern auch bei der Wiedereingliederung in ihrer Heimat helfen, etwa über vor Ort bestehende Rückkehrzentren, die die Bedürfnisse der Familie kennen und entsprechende Hilfsangebote zur Verfügung stellen“, machte Böhlen deutlich.
Zerstörung von Lebensraum ist eine der größten Gefahren für Insektenarten
Stuttgart. Angesichts rückläufiger Zahlen bei Insektenpopulationen hat sich der Ausschuss für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz in seiner Sitzung am Mittwoch, 27. September 2017, mit den Ursachen für diese Entwicklung und erforderlichen Gegenmaßnahmen befasst. „Die Ursachen für den Rückgang von Insektenpopulationen sind vielfältig. Als eine der größten Gefährdungsfaktoren für den Bestand von Insektenarten gilt die Zerstörung von wertvollem Lebensraum wie Biotope, Hecken und Grünflächen zum Beispiel durch Verkehrs- und Siedlungsprojekte, Entwässerung oder das großflächige Anpflanzen von Bäumen“, berichtete der Ausschussvorsitzende Martin Hahn (Grüne). Experten sehen als weitere Ursachen für den Rückgang etwa den Einsatz bestimmter Pflanzenschutzmittel, extreme Wetterereignisse und ein verringertes Nahrungsangebot.
Hahn zufolge gibt es in Baden-Württemberg keine langfristigen, systemisch erhobenen Daten, die eine Aussage zur Entwicklung der Insektenarten machen. Unterschiedlicher Auffassung waren die Fraktionen im Ausschuss bei der Frage, ob in Baden-Württemberg ein Insekten-Monitoring eingeführt werden soll. Die Landesregierung habe erklärt, ein umfassendes, landesweites Monitoring stelle eine Daueraufgabe dar. Eine Einführung werde geprüft, sagte Hahn.
Zahlreiche nationale und internationale Studien befassen sich mit der Entwicklung der Insektenpopulation und den Ursachen für deren Rückgang. So könne zum Beispiel davon ausgegangen werden, dass Extremwetterereignisse wie Frosteinbrüche, Hitzeperioden, Trockenheit und Überschwemmungen vor allem bei bereits seltenen oder geschwächten Arten zu starken Bestandseinbrüchen bis hin zum Aussterben führen. Bei Wildbienen zählen die Zerstörung von Nistplätzen und die Vernichtung oder Verminderung des Nahrungsangebots zu den Hauptursachen für den Rückgang. Bei Heuschrecken werden die Intensivierung der Grünlandnutzung, die Bewaldung von Grünland, die Entwässerung von Feuchtflächen und auch die Beseitigung von Randstreifen und Gebüschen als wesentliche Ursachen gesehen. Auch die Zerstörung von Auen, eine zunehmende Verkehrs- und Siedlungsentwicklung und die Intensivierung der landwirtschaftlichen Nutzung in den letzten 50 Jahren spielt in diesem Zusammenhang eine Rolle. Eine weitere Studie kommt zu dem Ergebnis, dass Pflanzenschutzmittel mit bestimmten Wirkstoffen erheblichen Einfluss auf das Orientierungsvermögen von Honigbienen haben könnten, erklärte Martin Hahn.
Hahn zufolge wurden von Seiten der Landesregierung Maßnahmen getroffen, um dieser Entwicklung entgegenzuwirken. Hierzu zählt etwa der Aufbau eines Biotopverbundes, wie es im Bundesnaturschutzgesetz vorgeschrieben ist. Ziel ist es, neben der nachhaltigen Sicherung heimischer Arten und ihrer Lebensräume funktionierende, ökologische Wechselbeziehungen in der Landwirtschaft zu bewahren, wiederherzustellen und zu entwickeln. Die Umsetzung erfolgt derzeit im Rahmen mehrerer Pilotprojekte auf kommunaler und regionaler Ebene. Innerstädtische Grünflächen seien zwar eine kommunale Aufgabe, dennoch sei das Land auch in diesem Bereich aktiv. Mit dem Projekt „Natur nah dran“ soll ein Beitrag zu mehr Siedlungsökologie im innerstädtischen Bereich geleistet werden. Bislang wurden 20 Kommunen bei der naturnahen Aufwertung innerstädtischer Grünflächen unterstützt, 30 weitere sollen folgen. Darüber hinaus gibt es Förderprogramme des Landes wie etwa FAKT, mit dem unter anderem die Schaffung von Grünflächen auf Ackerflächen gefördert werden kann, so der Vorsitzende Martin Hahn.
Ausschuss dankt Bahn für Krisenmanagement in Rastatt und macht Druck wegen Gäubahn
Stuttgart. Der Verkehrsausschuss des Landtags will Tempo machen beim Ausbau der Gäubahn. Einstimmig beschlossen die Parlamentarier in ihrer Sitzung am 27. September 2017 den Auftrag an die Landesregierung, sich beim Bund mit Nachdruck für ein Vorankommen einzusetzen, berichtete der Vorsitzende Karl Rombach (CDU). An den Konzernbevollmächtigten der Deutschen Bahn AG gerichtet, der dem Gremium über die Tunnelhavarie in Rastatt berichtete, sagte Rombach: „Ihr Sicherheits- und Krisenmanagement verdient Dank, aber der Fall zeigt, dass es wichtig ist weitere Redundanzen wie die Gäubahn oder die Bodenseegürtelbahn aufzubauen.“
Der Bahnmanager der DB Netze habe gegenüber den Abgeordneten ausführlich den Sachverhalt rund um die Tunnelbaustelle Rastatt und die Absenkung des Gleisbettes erläutert. Er habe aber auch selbstkritisch eingeräumt, „ein anfälliges System“ zu haben, das nicht flexibel genug sei, berichtete der Vorsitzende. Für rund 140 Züge, die pro Tag über die Rheintalbahn gehen, habe man Ersatzstrecken teils über Frankreich und Österreich organisieren und Nahverkehre ausfallen lassen müssen. Die Havarie verzögere die Inbetriebnahme der Rheintalbahn um 1,5 bis 2 Jahre, statt 2022 werde es wohl 2024 werden. Der Bahn-Vertreter habe versprochen, „eng am Infrastrukturausbau dranzubleiben“, so Rombach.
Das habe der Verkehrsausschuss des Landtags flankiert durch einen einstimmigen Beschluss, die Landesregierung möge sich mit Nachdruck für den Ausbau der Gäubahn einsetzen: „Die Mitglieder waren einhellig der Meinung, dass endlich aufs Tempo gedrückt werden muss“, so der Vorsitzende Rombach. Zuvor hatten Vertreter des Verkehrsministeriums Auskunft gegeben über den Ausbau-Fortschritt auf der Schienenstrecke Stuttgart-Singen, die in den Vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans 2030 eingestuft wurde. Der Planfeststellungsbeschluss werde Ende des Jahres 2017 erwartet. Die Umsetzung hänge an einer ausstehenden Finanzierungsvereinbarung zwischen Bahn und Bund. Ein Dissens darüber, Neigetechnikfahrzeuge auf der Gäubahn einzusetzen, sei zwar bereinigt, so die Ministeriumsauskunft. Die Bahn signalisiere grundsätzliche Bereitschaft zur Neigetechnik, die im Ausbau mit 300 Millionen Euro billiger sei als der konventionelle Ausbau mit 1,2 Milliarden Euro. Im Gegenzug sei die Zuganschaffung bei der Neigetechnik teurer. Eine Entscheidung sei aber noch nicht gefallen. Das Bundesverkehrsministerium habe versichert, spätestens ab Ende 2019 verfüge man über IC2-Züge, die grenzüberschreitend verkehren könnten. Der Verkehrsausschuss werde dran bleiben, so Rombach.
Erörterung der Reflexionspapiere der Europäischen Kommission
Stuttgart. Der Ausschuss für Europa und Internationales des Landtags von Baden-Württemberg hat in seiner Sitzung am Mittwoch, 27. September 2017, die Reflexionspapiere der Europäischen Kommission zur Zukunft Europas erörtert. Dies teilte der Vorsitzende des Gremiums, der CDU-Abgeordnete Willi Stächele, mit. „Der Landtag wird sich intensiv an der von der Europäischen Kommission angestoßenen Debatte zur Zukunft Europas beteiligen“, informierte Stächele.
Im Nachgang zum Weißbuch zur Zukunft Europas habe die Europäische Kommission fünf Reflexionspapiere zu den Themen Wirtschafts- und Währungsunion, Finanzen, soziale Dimension, Verteidigung und Globalisierung veröffentlicht, so der Ausschussvorsitzende. Diese Reflexionspapiere seien im Ausschuss behandelt worden.
„Die fünf Reflexionspapiere zum Weißbuch konkretisieren die Vorschläge der Europäischen Kommission, wie die Zukunft der Europäischen Union ausgestaltet werden könnte. Bereits am Mittwoch, 15. November 2017 wird der Landtag eine Veranstaltung zum Weißbuch zur Zukunft Europas ausrichten, die den Auftakt zur Beteiligung des Landtags an diesem Prozess darstellen soll“, berichtete Stächele.
Der Landtag habe ferner den Bericht der Europäischen Kommission zur Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit behandelt. Zum ersten Mal habe die Europäische Kommission in diesem Bericht auch die Stellungnahmen der regionalen Parlamente im Rahmen der Subsidiaritätsprüfung erwähnt. Wünschenswert wäre es, wenn die Kommission künftig alle Stellungnahmen der regionalen Parlamente konkret in diesem Bericht aufführen würde, da auch die Landesparlamente einen wichtigen Beitrag im Rahmen der Subsidiaritätsprüfung von EU-Rechtsetzungsvorhaben leisteten. Hierzu habe der Ausschuss eine Beschlussempfehlung verabschiedet, legte Stächele dar.
Stächeles Angaben zufolge haben überdies die Projektleiter des grenzüberschreitenden Projekts für Geodaten am Oberrhein GeoRhena, Stephanie Fuchs und Boris Stern, den Ausschussmitgliedern im Rahmen einer Präsentation das trinationale Geoportal vorgestellt, über das Bürgerinnen und Bürger Geodaten aus dem Oberrheingebiet abrufen können.
„Beherzte Verteidiger der Demokratie“
Stuttgart. Der Rabbiner Dr. Tovia Ben-Chorin und der Psychologe Ahmad Mansour sind die zweiten Preisträger der Joseph-Süß-Oppenheimer-Auszeichnung. Der Landtag von Baden-Württemberg und die Israelitische Religionsgemeinschaft Württemberg (IRGW) würdigen damit herausragendes Engagement gegen Minderheitenfeindlichkeit und Vorurteile in Wissenschaft und Publizistik. „Durch ihr beherztes Eintreten gegen jede Form von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit verteidigen beide Preisträger unsere Demokratie“, so Landtagspräsidentin Muhterem Aras.
Aras appellierte in ihrem Grußwort, gegen Antisemitismus ebenso entschlossen einzutreten wie jeglicher Suche nach Sündenböcken. „Dieses Engagement ist enorm wichtig, um allen Versuchen entgegenzutreten, unsere Gesellschaft mit Ressentiments zu spalten“, so die baden-württembergische Parlamentspräsidentin. Dies sei elementar für unseren Zusammenhalt.
Als Laudator würdigte Professor Michael Wolffsohn von der Hochschule der Bundeswehr München die so unterschiedlichen Preisträger. Aras dankte dem Historiker und Publizisten für seine häufig überraschenden, manchmal provozierenden Beiträge in Debatten. „Sie haben sich nicht vereinnahmen lassen und gerne quergedacht.“
Mehr als 450 Gäste wohnten der Preisverleihung im Neuen Schloss anlässlich des Neujahrsempfangs der IRGW bei. Neben Landtagspräsidentin Aras, die die Urkunden sowie die Medaille überreichte, sprachen die IRGW-Vorstandsvorsitzende Barbara Traub sowie der Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Mark Dainow Grußworte. Anwesend waren neben den Spitzen des Landes und der Landtagsfraktionen auch die beiden Landesrabbiner Wurmser und Flomenmann.
Infos/Hintergrund:
Auszeichnung
Die seit 2015 vergebene Joseph-Ben-Issachar-Süßkind-Oppenheimer-Auszeichnung erinnert an das Schicksal von Joseph Oppenheimer. Der erfolgreicher Geschäftsmann jüdischer Herkunft und Hoffaktor von Herzog Carl Alexander, wurde 1738 am Stuttgarter „Galgenberg“ hingerichtet. Dem Justizmord vorausgegangen war ein Schauprozess. Beweise für die ihm zugeschriebenen Taten gab es keine. Das Todesurteil stand von Beginn an fest. Joseph Oppenheimer, schmähend nur „Jud Süß“ genannt, wurde, tief sitzenden Antisemitismus nutzend, zum Sündenbock gemacht für Verfehlungen des Herzogs.
Preisträger
Dr. h.c. Tovia Ben-Chorin: Der 1936 in Jerusalem geborene Sohn des renommierten Religionsphilosophen Schalom Ben-Chorin amtierte als Rabbiner in Manchester, in Jerusalem und Zürich. Sechs Jahre wirkte er auch in der Jüdischen Gemeinde Berlin, wo man den „Dialog-Rabbiner“ ungern ziehen ließ. Der 80-Jährige ist seit 2015 jüdischer Rabbiner in St. Gallen und spricht fließend Deutsch. Obwohl sein Vater 1935 aus Deutschland vertrieben wurde, ist er dem Land innig verbunden. Religion ist für ihn ein Instrument des Friedens.
Ahmad Mansour: 1976 als Sohn arabischer Israelis geboren, wuchs Mansour in einer nicht praktizierenden, muslimischen Familie auf. Bis 1999 studierte er Psychologie in Tel Aviv. Unter dem Eindruck eines Anschlags, ging er 2004 nach Deutschland und setzte sein Studium in Berlin fort. Seit 2015 arbeitet er als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Zentrum für demokratische Kultur und berät die European Foundation for Democracy. Mansour ist geschätzter sowie streitbarer Ansprechpartner für Medien zu Themen wie Salafismus, Antisemitismus sowie psychosoziale Fragen bei muslimischen Migranten. Seit 2017 ist er deutscher Staatsbürger.
Pakt für Integration: Unterstützung für die Kommunen
Stuttgart. Mit dem aktuellen Umsetzungsstand beim Pakt für Integration hat sich der Ausschuss für Soziales und Integration in seiner Sitzung am Donnerstag, 21. September 2017, befasst. Dies hat der Vorsitzende des Gremiums, der SPD-Abgeordnete Rainer Hinderer, mitgeteilt.
Mit dem im April 2017 gemeinsam von der Landesregierung und den Kommunalen Landesverbänden unterzeichneten Pakt für Integration (PIK) unterstützt das Land die Kommunen bei der Integration der geflüchteten Menschen. Wie Rainer Hinderer darlegte, stellt das Land in den Jahren 2017 und 2018 insgesamt 140 Millionen Euro zur Verfügung. „Diese Mittel werden insbesondere zur Stärkung der Integrationsarbeit in den Kommunen eingesetzt, denn Kommunen sind die maßgeblichen Orte für Integrationsprozesse“, so Hinderer.
PIK solle dazu beitragen, dass aus geflüchteten Menschen Mitbürgerinnen und Mitbürger werden. Neben der Implementierung der neuen Maßnahme des Integrationsmanagements und damit einer flächendeckenden sozialen Beratung und Begleitung von Geflüchteten in der kommunalen Anschlussunterbringung würden auch Maßnahmen aus den Bereichen Spracherwerb, Übergang von der Schule in den Beruf und bürgerschaftliches bzw. ehrenamtliches Engagement gefördert.
Um einen möglichst frühzeitigen Start des Förderverfahrens zu ermöglichen, sei gemäß den Vorgaben des Paktes nach einem vorläufigen Maßstab bestimmt worden, welche Mittel für das Integrationsmanagement rechnerisch auf die einzelnen Städte und Gemeinden entfallen. Bis zum Vorliegen der endgültigen Ergebnisse der Erhebung diene diese Verteilung als vorläufiger Planungsrahmen für das Integrationsmanagement. Auf dieser Basis würden in einer ersten Tranche Fördermittel in Höhe von 60 Prozent des vorgesehenen Jahresgesamtvolumens zur Verfügung gestellt. Wie Rainer Hinderer darlegte, habe das Ministerium für Januar 2018 die Vorlage der eingereichten Zahlen der Kommunen angekündigt.
Da Integration als langfristiger Prozess gesehen werde, habe es im Ausschuss durchaus auch kritische Anmerkungen bezüglich der Befristung des Paktes auf zwei Jahre gegeben, so der Vorsitzende. „Den Kommunen fehlt Planungssicherheit“, sagte Rainer Hinderer.
Finanzausschuss berät über Informationssicherheit in der Landesverwaltung
Stuttgart. Mit den Fortschritten bei der Einführung eines ressortübergreifenden Informationssicherheitsmanagementsystems in der Landesverwaltung hat sich der Finanzausschuss in seiner Sitzung am Donnerstag, 21. September 2017, befasst. Nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Rainer Stickelberger (SPD) hatte der Landtag im März 2017 beschlossen, dass ein Informationssicherheitsmanagementsystem eingeführt wird. Für Ein- und Fortführung des Systems wurden im Staatshaushaltsplan 2017 ressortübergreifend 29 Planstellen geschaffen und die erforderlichen finanziellen Ressourcen bereitgestellt.
Stickelberger zufolge wurde das Referat IT-Koordination im Innenministerium beauftragt, unter Leitung des Beauftragten der Landesregierung für Informationstechnologie, Stefan Krebs, die Gesamtorganisation der erforderlichen Prozesse und Maßnahmen zu übernehmen. Eine zentrale Rolle bei der Abstimmung der erforderlichen Prozesse nimmt auch die „Koordinierungsgruppe Informationssicherheit“ ein, der unter anderem die jeweiligen Sicherheitsbeauftragten der Ressorts angehören.
„Ebenfalls von zentraler Bedeutung für die künftige Sicherheitsorganisation der Landesverwaltung ist das seit einigen Jahren bei BITBW etablierte „Computer Emergency Response Team der Landesverwaltung Baden-Württemberg“. Über das Verteilen von Informationen über Sicherheitslücken, Sicherheitsmaßnahmen zur Abwehr und Sicherheitsinformationen allgemeiner Art hinaus soll das CERT BWL künftig ressort- und einrichtungsübergreifend als zentrale Anlaufstelle in der Landesverwaltung für präventive und reaktive Maßnahmen in Bezug auf sicherheitsrelevante Vorfälle agieren“, sagte Stickelberger. Außerdem soll es Meldungen zu Sicherheitsvorfällen prüfen und bewerten und spezifische Abwehrmaßnahmen bei Gefährdungslagen koordinieren sowie laufend einen Lagebericht zur Informationssicherheit in Baden-Württemberg erstellen.
Die Informationssicherheitsbeauftragten der Landesverwaltung entwerfen darüber hinaus ab Herbst 2017 ein Schulungskonzept, welches für einen einheitlichen, aktuellen Kenntnisstand sorgen soll. Weiter soll eine Sensibilisierungskampagne für alle IT-Nutzer in der Landesverwaltung enthalten sein. „Außerdem sollen bei der Umsetzung des Systems bereits erfolgreich bestehende Sicherheitssysteme in den Gesamtprozess integriert werden. So kann ein Maximum an Synergieeffekten erzielt und Doppelarbeit vermieden werden“, legte der Ausschussvorsitzende dar.
Ausschuss fordert „technologieoffene“ Begleitung des Wandels in der Automobilbranche
Stuttgart. Die grün-schwarze Landesregierung soll den anstehenden, tiefgreifenden Wandel in der Automobilbranche „technologieoffen“ begleiten. Dies habe die Mehrheit im Wirtschaftsausschuss des Landtags angemahnt, berichtete dessen Vorsitzender Dr. Erik Schweickert nach der 11. Sitzung. Das Gremium habe in diesem Kontext ausdrücklich die Einrichtung des „Transformationsbeirates Automobilindustrie“ begrüßt.
Gleich zwei Anträge der SPD-Fraktion („Bedeutung des Dieselmotors für die Wirtschaftskraft Baden-Württembergs“/Transformationsbeirat) hätten eine rege Diskussion entfacht, an deren Ende Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut ein Bekenntnis zum Verbrennungsmotor abgegeben habe, so Schweickert. Dieser würde noch über Jahrzehnte gebraucht im anstehenden Transformationsprozess der Branche, lautete die Antwort des Ministeriums. Gerade kleine und mittlere Unternehmen (KMU) benötigten Orientierungshilfen und Dialogprozesse. Dies unterstütze die Ausschussmehrheit und habe gleichzeitig gemahnt, den Fokus nicht allein auf den Elektromotor zu legen, sagte Schweickert und fasste zusammen: „Das Thema Diesel ist nicht erledigt, indem wir den Antrag im Ausschuss erledigen.“
Eine Klärung der Positionierungen in der Landesregierung bewirkte ein Antrag der FDP/DVP-Fraktion beim Thema Baunutzungsverordnung. In kleinen Gemeinden sollen Verkaufsflächen von Discountern oder Drogeriemärkten weiterhin maximal 800 Quadratmeter betragen dürfen. Der Hintergrund: Agrarminister Peter Hauk hatte eine Ausweitung auf 1200 Quadratmeter gefordert, um die Grundversorgung im Ländlichen Raum zu gewährleisten. Der Ausschuss habe dagegen den Status Quo über alle Parteigrenzen hinweg als sinnvolle Regelung festgestellt, berichtete Schweickert. Wirtschaftsministerin Hoffmeister-Kraut habe ebenfalls keinen Änderungsbedarf gesehen und damit ihre Federführung in dieser Frage verdeutlicht, berichtete Schweickert.
Ein weiteres Thema war die Abwanderung und Rückgewinnung einheimischer Fachkräfte und Akademiker („Braindrain“), welches die AfD-Landtagsfraktion eingebracht habe. Zudem wurden laut dem Vorsitzenden der Brandschutz bei Hochhäusern, das Thema ausländische Direktinvestitionen in Baden-Württemberg sowie diverse EU-Vorlagen behandelt.
Innenausschuss berät über Maßnahmen zum Schutz vor Reichsbürgern
Stuttgart. Mit Straftaten von Reichsbürgern gegen Beamte und Behördenmitarbeiter, dem Waffenbesitz von Reichsbürgern sowie Maßnahmen zum Schutz der Beschäftigten gegen solche Angriffe hat sich der Ausschuss für Inneres, Digitalisierung und Migration in seiner Sitzung am Mittwoch, 20. September 2017, auf Antrag der CDU- und der SPD-Fraktion befasst. Wie der Vorsitzende des Gremiums, der CDU-Abgeordnete Karl Klein, ausführte, waren im laufenden Jahr mehrere Behörden der Finanz-, Justiz- und Innenverwaltung mit strafrechtlich relevanten Handlungen von Reichsbürgern konfrontiert, darunter Finanzämter und Polizeipräsidien, die Staatsanwaltschaft Heilbronn, das Amtsgericht Radolfzell, das Jugendamt Ostalbkreis, das Bürgermeisteramt Bad Wildbad und die Landratsämter Schwäbisch Gmünd und Aalen. „Zu den Delikten zählen unter anderem Erpressung, Nötigung, Beleidigung, Hausfriedensbruch und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte“, so Karl Klein. Immer öfter würden Behördenmitarbeiter Ziel solcher Angriffe von Reichsbürgern, die zunehmend aggressiver auftreten. Die Sicherheitsbehörden zählen in Baden-Württemberg mindestens 1.527 Personen zu den Reichsbürgern.
„Insbesondere bei den Finanzämtern ist festzustellen, dass Reichsbürger vor allem schriftlich versuchen, Drohszenarien aufzubauen und die Mitarbeiter einzuschüchtern. Jedoch wird die Schwelle zur strafrechtlich relevanten Bedrohung dabei häufig nicht überschritten“, sagte Klein. Bedrohungen im persönlichen Kontakt mit Finanzmitarbeitern beschränken sich auf wenige Einzelfälle. So wurde beispielsweise der Vollstreckungsbeamte eines Finanzamtes von mehreren Reichsbürgern bedroht und am Verlassen der Wohnung des Schuldners gehindert.
Nach Angaben des Ausschussvorsitzenden wurden und werden von Seiten der Landesverwaltung eine ganze Reihe an Maßnahmen getroffen, um Mitarbeiter vor Angriffen und Drohungen durch Reichsbürger und andere gewaltbereite Personen zu schützen. Vor allem der konsequenten Verfolgung strafrechtlich relevanter Vorfälle komme eine große Bedeutung und Signalwirkung zu. Zur Information und Sensibilisierung der Beschäftigten gebe es etwa Fortbildungen, von polizeilichen Beratungsstellen erarbeitete Handreichungen sowie weiteres Informations- und Schulungsmaterial. Außerdem finde ein enger Informationsaustausch mit Sicherheitsbehörden, anderen Behörden und Ministerien in Deutschland statt.
Zudem habe das Innenministerium die Waffenbehörden angewiesen, die waffenrechtliche Zuverlässigkeit von Extremisten zu überprüfen, Waffenerlaubnisse soweit möglich zurückzunehmen sowie die enge Abstimmung mit der Polizei und dem Landesamt für Verfassungsschutz zu suchen. Den Waffenbehörden in Baden-Württemberg waren im Mai 2017 insgesamt 57 Reichsbürger als Waffenbesitzer bekannt, wovon 28 im Besitz von 261 erlaubnispflichtigen Waffen waren. Angesichts der andauernden Ermittlungen dürfte sich die Zahl noch erhöhen. Seit Januar 2017 haben die Behörden 36 Waffenerlaubnisse von 21 Reichsbürgern zurückgenommen. Im Juni 2017 habe das Landratsamt Ludwigsburg bei einer groß angelegten Aktion 13 waffenrechtliche Erlaubnisse von 4 Reichsbürgern zurückgenommen und mit Unterstützung der Polizei 83 Waffen und Waffenteile sichergestellt.
Laut Klein wird derzeit die Software „Stiller Alarm“ getestet, die voraussichtlich bis Ende 2017 in allen Finanzämtern zum Einsatz kommen soll. Die Software bietet die drei Alarmstufen „Hilfe“, „Polizei“ und „Amok“ und kann zusätzlich als Brandalarm genutzt werden. Überlegungen, den Zugang zu Finanzämtern durch allgemeine Ausweiskontrollen zu beschränken, sind derzeit nicht vorgesehen. Die Finanzämter seien bürger- und serviceorientiert und sollen möglichst offene Behörden sein. Es werde vielmehr das Ziel verfolgt, den Zugang vom Besucherbereich in andere Bereiche der Häuser nur nach einer Kontrolle zu ermöglichen. Bei Gerichten seien Personenkontrollen ein wichtiger Baustein zur Verbesserung der Sicherheit. Durch den seit 2013 stattfindenden schrittweisen Ausbau der „Sicherungsgruppen der Gerichte und Staatsanwaltschaften“ sei es gelungen, die Kontrollintensität in den Gerichtsgebäuden deutlich zu erhöhen, führte der Ausschussvorsitzende aus.
Härtefälle sollen jetzt schnell geheilt werden
Stuttgart. Der Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kunst hat sich in seiner Sitzung am Mittwoch, 20. September 2017, auf Antrag der SPD mit der Heilung von Härtefällen nach Erhöhung der Grundgehälter in der W-Besoldung befasst. Das hat der Vorsitzende des Gremiums, der CDU-Abgeordnete Andreas Deuschle, mitgeteilt. „Wir freuen uns darüber, dass das Finanzministerium jetzt tätig wird und die Schlechterstellung so schnell wie möglich heilen wird“, so Deuschle.
Bei der zum 1. Januar 2013 erfolgten Reform der W-Besoldung seien die Grundge-hälter der Professoren in den Besoldungsgruppen W 2 und W 3 vor dem Hintergrund einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts bei den W 3-Professoren um 517,71 Euro und bei den W 2-Professoren um 749,32 erhöht worden. „Diese Erhöhungen waren ein gutes Signal für die Professorinnen und Professoren im Land“, betonte Andreas Deuschle. Baden-Württemberg habe sich mit der Erhöhung der Grundgehälter bundesweit an die Spitze gesetzt.
Es habe sich jedoch herausgestellt, dass es nicht ganz einfach gewesen sei, Leistungszulagen gerecht umzuverteilen. Auf die Erhöhung des Grundgehalts seien grundsätzlich 50 Prozent der den Professoren zum damaligen Zeitpunkt bereits gewährten Leistungsbezüge angerechnet worden. Haben den Professoren im Umwidmungszeitraum verschiedene Arten von Leistungsbezügen zugestanden, seien vorrangig jene Leistungsbezüge umgewidmet wurden, die dem Grundgehalt am ähnlichsten waren. D.h. unbefristete vor befristeten und dynamische vor statischen Leistungsbezügen. Die befristeten Leistungsbezüge wurden dementsprechend in geringerem Umfang in Grundgehalt umgewidmet. Nach dem Wegfall der befristeten Leistungsbezüge, sei damit in diesen Fällen aufgrund des stärker reduzierten dauerhaften Leistungsbezugs ein nicht so hoher Bezügezuwachs verblieben.
In einigen Fällen sei es deshalb zu einer Schlechterstellung von Professoren gekommen. Diese aufgetretenen Härtefälle beträfen insbesondere Funktionsträger. Es seien außerdem auch einige Fälle von Ungleichbehandlungen bei Professoren mit Berufungs- und Bleiberechtsbezügen bekannt.
Um die Schlechterstellung der rund 820 Fälle zu heilen, müssten für den finanziellen Ausgleich rund 1,5 Millionen Euro pro Jahr bereitgestellt werden. Im Hinblick darauf, dass die befristeten Leistungszulagen tatsächlich jedoch zu unterschiedlichen Zeitpunkten wegfallen, wüchsen diese Ausgaben in den nächsten Jahren erst sukzessive auf maximal diesen Betrag an. Diese Ausgleichzahlungen müssten von den Hochschulen ohne eine Erhöhung des Besoldungsdurchschnitts aus dem Vergaberahmen finanziert werden können.
Ausschuss fordert Regierung auf, Akten bis in sechs Monaten vorzulegen
Stuttgart. Der Untersuchungsausschuss Zulagen Ludwigsburg kann sich vorerst nicht mit den Vorgängen an der Hochschule Konstanz befassen, da das Wissenschaftsministerium mit Verweis auf laufendes Regierungshandeln die Herausgabe der Unterlagen ablehnt. „Der Untersuchungsausschuss fordert die Regierung auf, bis in sechs Monaten die Akten betreffend der HTWG Konstanz vorzulegen“, berichtete die Vorsitzende des Untersuchungsausschusses Zulagen Ludwigsburg, Sabine Kurtz (CDU), nach entsprechenden Beratungen des Gremiums in nicht öffentlicher Sitzung am Montag, 18. September 2017.
Bereits vor der Sommerpause hatte der Untersuchungsausschuss mit den Stimmen aller Fraktionen einen Antrag von SPD und FDP/DVP beschlossen, der das Wissenschaftsministerium aufforderte, die Akten zur Zulagenpraxis an der Hochschule Konstanz herauszugeben. Der Beschluss sei vom Untersuchungsauftrag gedeckt, gab Kurtz die Auffassung des Gremiums wieder. Das Wissenschaftsministerium habe nun die Herausgabe der Akten mit dem Hinweis abgelehnt, es handle sich um laufendes Regierungshandeln.
„Es liegt im Ermessen der Regierung, ob sie Einwände im Hinblick auf den Kernbereich der exekutiven Eigenverantwortung geltend macht und es damit verhindert, dass sich der Untersuchungsausschuss mit den Vorgängen an der HTWG befasst. Sie muss diese Haltung jedoch nicht einnehmen“, erläuterte die Vorsitzende. Dementsprechend sei diese Weigerung im Ausschuss diskutiert worden. Man habe sich darauf verständigt, das Ministerium aufzufordern, bis in sechs Monaten die Unterlagen vorzulegen. „Wir gehen davon aus, dass das Regierungshandeln bis dahin abgeschlossen sein wird“, so Sabine Kurtz. Überdies wird die Vorsitzende die Akten der Staatsanwaltschaft Konstanz beim Justizministerium direkt anfordern.
Neue Öffnungszeiten, neuer Film
Stuttgart. Ab Montag, 11. September, ist das neue Bürger- und Medienzentrum des Landtags von Baden-Württemberg von 17 bis 20 Uhr ohne Voranmeldung zu besichtigen. Ein neuer Kurzfilm vermittelt zudem bislang unbekannte Eindrücke von dem viel beachteten Agora-Bau von Henning Larsen Architects.
Der Landtag von Baden-Württemberg öffnet sich weiter den Bürgerinnen und Bürgern. Ab 11. September gibt es im Bürger- und Medienzentrum (BMZ) erstmals freie Öffnungszeiten: Drei Stunden an jedem Montag (außer Feiertag), zwischen 17 und 20 Uhr, können die architektonisch spannenden Räume rund um die Agora sowie die interaktive Dauerausstellung über die Arbeit des Landtags spontan besichtigt werden. Bislang war dies nur im Rahmen einer Gruppenführung möglich.
Flankiert wird die neue Öffnungszeit durch einen aktuell fertiggestellten Kurzfilm. Das rund zwei Minuten dauernde Video liefert ungewöhnliche Einblicke in das unterirdisch angelegte Gebäude. Der Film wurde von den Machern der Dauerausstellung, der jungen Agentur „Echo & Flut“ gestaltet.
Ausblick: Neben den montäglichen Öffnungen wird das Bürger- und Medienzentrum auch an mehreren Samstagen im Jahr ganztägig für Besucher ohne Voranmeldung geöffnet sein. Die ersten Termine sind 7. Oktober und 9. Dezember 2017, jeweils 11-17 Uhr. Der Landtag bietet Führungen für Gruppen bis zu 30 Personen an, die auch das Landtagsgebäude einbeziehen. Zudem beteiligt sich der Landtag am 14 Oktober an der „Stuttgartnacht“.
Mehr Informationen zum Bürger- und Medienzentrum und Fotos finden Sie unter http://www.ltbw.de/buergerzentrum(externer Link)
Neu: Bürgerzentrum des Landtags auch ohne Anmeldung zu besuchen
Stuttgart. Das Bürger- und Medienzentrum öffnet seine Pforten für Einzelbesucher: Ab Montag, 11. September 2017, können Interessierte ohne vorherige Anmeldung das neue Gebäude neben dem Landtag von Baden-Württemberg besichtigen. Freie Öffnungszeiten sind immer montags zwischen 17 und 20 Uhr. Das über Stufen und Aufzug zu erreichende, um einen Lichthof angeordnete Bürgerzentrum ist nicht nur architektonisch interessant. Eine interaktive Dauerausstellung gibt zudem spielerische wie spannende Einblicke in die Arbeit des Landtags. Auch der Raum, aus dem Landespressekonferenzen übertragen werden, ist zu sehen. „Wir wollen mitten in der Landeshauptstadt präsenter werden“, so Landtagspräsidentin Muhterem Aras. „Im Bürger- und Medienzentrum können sich die Bürgerinnen und Bürger selbst ein umfassendes Bild von ihrem Parlament und der Arbeit seiner gewählten Vertreter machen“.
Das neue Konzept sieht ebenfalls vor, den Landtag samt Bürger- und Medienzentrum an mehreren Samstagen im Jahr ganztägig für Besucher ohne Voranmeldung zu öffnen. Das erste Mal wird dies am 7. Oktober von 11 bis 17 Uhr der Fall sein. Als zweiter Termin ist der 9. Dezember 2017 geplant. Der Landtag bietet drei bis vier jeweils etwa einstündige Führungen für bis zu 30 Personen an. Gezeigt und erklärt wird nicht nur das neue Besucherzentrum an Stuttgarts Kulturmeile, sondern auch das frisch sanierte Haus des Landtags mit seinem durch Lichtkegel und Lichtzylinder erhellten Plenarsaal. Geplante Uhrzeiten für die Führungen: 11.30 Uhr, 13 Uhr. 14.30 Uhr sowie, bei starker Nachfrage, 16 Uhr.
Hintergrund: Das der Form einer griechischen Agora („Versammlungsplatz“) nachempfundene Bürger- und Medienzentrum entstand als Ergänzung zum denkmalgeschützten Landtagsgebäude, das mit seiner dunklen Fassadenverglasung einen interessanten Kontrast zu den umgebenden historischen Gebäuden wie der Oper oder dem Neuen Schloss bildet. Der kubische Stahlskelettbau wurde von den Architekten Erwin Heinle und Horst Linde nach Entwürfen von Kurt Viertel 1959-1961 errichtet und von 2013 bis 2016 grundlegend, auch energetisch saniert. Das von den Architekten Henning Larsen entworfene und für 17,5 Millionen Euro erstellte Bürger- und Medienzentrum wurde im Juni 2017 eingeweiht. Markanter Blickpunkt: die Kunst am Bau. Eine Kunstkommission wählte die riesenhaft vergrößerte Schachfigur eines Bauern (Titel: „Der Volksvertreter“) des Schweizer Künstlers Beat Zoderer.
Mehr Informationen zum Bürger- und Medienzentrum und Fotos finden Sie unter http://www.ltbw.de/buergerzentrum(externer Link)
Landtags-Stenografin holt sich Weltmeistertitel
Stuttgart. Diane Busam ist Weltmeisterin in mehrsprachiger Stenografie („Multilingual speech capturing“). Sie beherrscht die Kurzschrift in Deutsch, Englisch, Französisch, Interlingua und Spanisch. Busam, seit 2013 im Landtag von Baden-Württemberg tätig, setzte sich beim „Intersteno-Congress“ in Berlin gegen Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus 26 Nationen u.a. aus Deutschland, China, Italien, der Türkei oder den USA durch und holte die Goldmedaille. Landtags-Stenograf Torsten Semar erreichte in der Wertung Kurzschrift auf Deutsch Platz 8, Busam Platz 7. „Der Landtag ist stolz, in seinen Reihen solch herausragende Talente zu haben“, gratuliert Landtagsdirektor Berthold Frieß. „Wir freuen uns sehr, dass die Kolleginnen und Kollegen sich immer wieder erfolgreich mit den Weltbesten messen.“
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des stenografischen Dienstes im Landtag erreichen seit vielen Jahren vordere Platzierungen bei Kurzschrift-Wettbewerben. An dem internationalen Stenografie-Kongress nahm Diane Busam allerdings zum ersten Mal teil und schaffte es aus dem Stand auf Rang 1. „Das ist etwas ganz Besonderes, sich mit 488 Teilnehmern aus aller Welt auszutauschen und zu messen“, sagt die Landtagsstenografin aus Oberkirch. Referatsleiter Dieter Grünert ist stolz auf sein Team: „Wir sind Weltmeister!“
Hintergrund: Im digitalen Zeitalter führt die Kurzschrift ein Schattendasein. Öffentliche Institutionen beschäftigen aber nach wie vor Menschen, die Buchstaben reduzieren und Begriffe in Häkchen und Linien verwandeln können – auch der Landtag von Baden-Württemberg. Dort sind acht Stenografen fest und bis zu vier frei angestellt. Kein Aufzeichnungsgerät beherrscht, was Stenografen können: Zwischenrufe im Plenarsaal zuzuordnen oder im Geräuschpegel Rednerstimmen herauszuhören. „Bei solchen Wettbewerben herrschen vergleichsweise irreale Bedingungen vor“, so Torsten Semar. Dort werden Reden zusammengeschnitten und vom Band abgespielt, um allen gleiche Bedingungen zu bieten.
In der Dauerausstellung im neuen Bürger- und Medienzentrum des Landtags ist eine Schautafel der Stenografie gewidmet. Dort können Besucher nicht nur die Geschichte und den Aufbau der Kurzschrift nachvollziehen, sondern auch selbst testen.
Vorsitzender Hund: „Wir tagen unabhängig und ergebnisoffen“
Stuttgart. Die Kommission „Altersversorgung der Abgeordneten“ ist am 25. Juli 2017 zu ihrer konstituierenden Sitzung im Haus des Landtags zusammengetreten. Zum Vorsitzenden ist der Rechtsanwalt und frühere Vizepräsident des Bundesverwaltungsgerichts, Michael Hund, durch Landtagspräsidentin Muhterem Aras bestimmt worden. In dem Gremium sind zehn sachkundige Mitglieder aus Wissenschaft und verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen vertreten.
„Die Kommission steht vor einer verantwortungsvollen Aufgabe: Sie beschäftigt sich mit Fragen, die starken Einfluss auf das Vertrauensverhältnis zwischen Bürgerschaft und Politik haben“, sagte Landtagspräsidentin Aras zu Beginn der ersten Sitzung und stellte nochmals klar, dass die Kommission ihr Programm selbst festlege. Sie dankte Michael Hund und den Kommissionsmitgliedern für ihre Bereitschaft, ihre jeweilige Expertise einzubringen.
„Wir haben heute vereinbart, uns etwa einmal im Monat zu treffen“, so der frühere Verwaltungsrichter Hund nach dem ersten Zusammentreten des Zehner-Gremiums. „Die inhaltliche Arbeit werden wir ergebnisoffen in der zweiten Septemberhälfte aufnehmen mit dem Ziel, dem Landtag bis März nächsten Jahres einen unabhängigen Vorschlag zur Altersversorgung der baden-württembergischen Landtagsabgeordneten zu unterbreiten.“ Die konkrete Strukturierung des Arbeitsauftrages soll auf der nächsten Zusammenkunft im September stattfinden. Geplant ist ebenfalls, so terminlich möglich, eine Klausursitzung im Oktober.
Im Anschluss an die konstituierende Sitzung traf sich der Kommissionsvorsitzende mit der Staatsrätin für Zivilgesellschaft und Bürgerbeteiligung Gisela Erler. Thema dort: Die von Landtagspräsidentin Aras als zwingend angesehene Einbeziehung von Bürgerinnen und Bürgern.
Hintergrund: Auslöser für die Einsetzung der Kommission war ein später zurückgenommener Beschluss des Landtags von Baden-Württemberg vom 9. Februar 2017, den Mitgliedern des Landtags eine Rückkehr zur staatlichen Pension zu ermöglichen. 2008 war beschlossen worden, den Parlamentariern die Höchstpauschale für die gesetzliche Rentenversicherung von damals rund 1500 Euro (heute: 1720 Euro) für den Aufbau einer privaten Altersabsicherung zukommen zu lassen. Nach erheblicher öffentlicher Kritik sollte dies in einem verkürzten Verfahren wieder geändert werden. Landtagspräsidentin Muhterem Aras nahm daraufhin den Auftrag aus den Fraktionen an, eine unabhängige Kommission einzusetzen.
4 Anhänge
Parlamentarischer Berater der AfD-Fraktion soll im Herbst als Zeuge im Untersuchungsausschuss vernommen werden
Stuttgart. In der letzten Sitzung vor der parlamentarischen Sommerpause am Montag, 17. Juli 2017, hat sich der Untersuchungsausschuss „Das Unterstützerumfeld des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) in Baden-Württemberg und Fortsetzung der Aufarbeitung des Terroranschlags auf die Polizeibeamten M. K. und M. A. (Rechtsterrorismus/NSU BW II)“ mit einem Gutachten der Landtagsverwaltung befasst. Inhalt war die Frage, ob ein parlamentarischer Berater der AfD-Fraktion, welcher im laufenden Untersuchungsausschuss bereits als Zeuge vernommen wurde, als wissenschaftlicher Mitarbeiter für den Untersuchungsausschuss „Rechtsterrorismus/NSU BW II“ tätig sein darf, wie der Vorsitzende des Gremiums, der SPD-Abgeordnete Wolfgang Drexler MdL, am Dienstag, 18. Juli 2017, mitteilte. Dies sei eine Frage mit besonderer Relevanz, da das Kontrollgremium am gleichen Tag einen Beweisbeschluss über die Vernehmung dieses Fraktionsmitarbeiters gefasst habe.
Bei dem Mitarbeiter handelt es sich um einen zu einem früheren Zeitpunkt vernommenen Zeugen zum Thema „Anwesenheit von ausländischen Nachrichtendiensten an der Theresienwiese in Heilbronn am 25. April 2007“. Heute ist er Mitarbeiter der AfD-Fraktion für den Untersuchungsausschuss „Rechtsterrorismus/NSU II“. Im Vorfeld der gestrigen Ausschusssitzung äußerte Herr K., Erkenntnisse zum Funkzellenkomplex aus seiner früheren beruflichen Tätigkeit zu haben. „Dem müssen wir nachgehen“, so der Vorsitzende Wolfgang Drexler. Dieser Meinung waren auch die übrigen Ausschussmitglieder und beschlossen einstimmig, den parlamentarischen Berater der AfD-Fraktion nach der Sommerpause als Zeugen zu vernehmen, mit der Folge, dass er bis zum Zeitpunkt seiner Vernehmung von der Akteneinsicht, die seinen Vernehmungskomplex betreffen, ausgeschlossen ist.
In der Sitzung am Montag gingen die Abgeordneten bis in die Abendstunden ihrem Untersuchungsauftrag nach und mussten sich mit der immer wieder bei Zeugen aus der rechten Szene zu findenden „partiellen Amnesie“ auseinandersetzen. Der Zeuge M. M. F., der unentschuldigt seiner Zeugenladung für die Sitzung im Juni fernblieb, woraufhin der Untersuchungsausschuss beim Amtsgericht Stuttgart ein Ordnungsgeld gegen den Zeugen beantragte, leistete seiner erneuten Ladung gestern Folge. Nach Auffassung des Vorsitzenden Wolfgang Drexler ist der Zeuge eine zentrale Verbindungsstelle zwischen einer Ludwigsburger Neonazi-Clique und dem NSU-Trio sowie dessen Umfeld in Ostdeutschland. Trotz vielzähliger Aktenbelege und Zeugenaussagen, welche ihm vorgehalten wurden, hatte der Zeuge für die Abgeordneten jedoch vornehmlich Antworten wie „interessiert mich nicht“, „weiß ich nicht“ oder „mir doch egal“ im Gepäck. „Wir müssen jetzt abwarten, bis uns das Protokoll seiner gestrigen Vernehmung vorliegt, und werden dann entscheiden, ob wir gegen den Zeugen M. M. F. eine Anzeige wegen Falschaussage stellen werden“, so der Ausschussvorsitzende Drexler.
Informationen zum Stand des Integrierten Rhein-Programms
Stuttgart. Der Ausschuss für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft hat sich in seiner Sitzung am Donnerstag, 13. Juli 2017, über den Stand des Integrierten Rhein-Programms „IRP“ informiert. Dies hat die Vorsitzende des Gremiums, die SPD-Abgeordnete Gabi Rolland, mitgeteilt. Eine Vertreterin des Regierungspräsidiums Freiburg habe die erforderlichen Maßnahmen sowie die ökologischen Flutungen vorgestellt.
Gabi Rolland zufolge handelt es sich beim „IRP“ um ein Programm des Landes Baden-Württemberg, das Hochwasserschutzmaßnahmen am Oberrhein mit der Renaturierung der Auelandschaft verbindet. Es sei eingebunden in weitere Hochwasserschutzprogramme in Frankreich und Rheinland-Pfalz. Das Land Baden-Württemberg verfolge das Ziel, für die freie Rheinstrecke nördlich der Staustufe Iffezheim den vor dem Oberrheinausbau vorhandenen Hochwasserschutz wieder herzustellen. Im Rahmen des IRP sei vorgesehen, auf baden-württembergischer Rheinseite zwischen Basel und Mannheim an 13 Standorten Hochwasserrückhalteräume in ehemaligen Aueflächen zu schaffen. Insgesamt werde ein Rückhaltevolumen von 167,3 Mio. m3 benötigt. Zeitlich hänge Baden-Württemberg dem Ausbau erheblich hinterher. Vier Rückhalteräume seien bislang in Betrieb, zwei befänden sich im Bau, zwei im Planfeststellungsverfahren sowie zwei in der Vorbereitung zur Planfeststellung. Mit einer Fertigstellung sei voraussichtlich 2027/28 zu rechnen, berichtete Rolland. Die Investitionskosten des IRP beliefen sich auf rund 1,5 Milliarden Euro. Baden-Württemberg trage 58,5 Prozent der Kosten. Zuschüsse von bis zu 60 Prozent des Landesanteils kämen aus dem Nationalen Hochwasser-Schutzprogramm für laufende IPR-Maßnahmen.
Bei Hochwasser würden nahezu alle Flächen in einem Rückhalteraum überflutet. Zur Vermeidung von Schäden an Natur und Landschaft seien ökologische Flutungen unverzichtbar, gab Gabi Rolland die Ausführungen des RP wieder. Deshalb sollten ökologische Flutungen möglichst alle Flächen erreichen, die im Falle eines Hochwassers überflutet werden. „Ökologische Flutungen mindern letztlich Schäden“, betonte Rolland. So würden hochwassertolerante Baumarten sowie auetypische Tiere und Pflanzen gefördert und die Naturverjüngung nicht hochwassertoleranter Baumarten verhindert werden. Wildtiere würden durch die ökologischen Flutungen trainiert und die Durchströmung der Gewässer werde verbessert.
Erste Erfolge konnten bereits verbucht werden. So wurde zum Beispiel die Hochwasserwelle im Jahr 2013 in Speyer um 29 Zentimeter reduziert, was die Überschwemmung der Innenstadt verhindert habe.
Das Gremium habe sich anschließend mit den wesentlichen Änderungen des aktuellen Gesetzentwurfs der Bundesregierung zur Verbesserung des Hochwasserschutzes und zur Vereinfachung von Verfahren des Hochwasserschutzes (Hochwasserschutzgesetz II) sowie den möglichen Auswirkungen für Baden-Württemberg befasst. Nach Angaben Rollands wolle die Bundesregierung mit der Novelle des „Hochwasserschutzgesetzes II“ die Planung, Genehmigung und Durchführung von Hochwasserschutzmaßnahmen erleichtern.
Ziel des Bundesgesetzes sei, den Flüssen mehr Raum zu geben. Ferner sei das Anliegen laut Gabi Rolland, Vorschriften zu schaffen, die die Verfahren für die Planung, die Genehmigung und den Bau von Hochwasserschutzanlagen erleichtern und beschleunigen, ohne die Beteiligung der Öffentlichkeit zu beschneiden. Außerdem nenne das Gesetz als Gebietskategorie „Hochwasserentstehungsgebiete“. Wie Gabi Rolland darlegte, beabsichtige die Landesregierung Baden-Württemberg nicht, von der Möglichkeit zur Ausweisung sog. Hochwasserentstehungsgebiete Gebrauch zu machen, da Starkregen prinzipiell überall auftreten könne. Erklärtes Ziel in Baden-Württemberg sei, die Risiken von Hochwasser zu verringern. Neben Maßnahmen der Flächen- und der Hochwasservorsorge gehörten hierzu auch technische Hochwasserschutzmaßnahmen. Soweit Siedlungsbereiche betroffen seien, werde unter Berücksichtigung von Nutzen-Kosten-Aspekten ein Hochwasserschutz gegen ein 100-jährliches Ereignis angestrebt.
Petition zur LEA Sigmaringen der Regierung als Material überwiesen
Stuttgart. Der Petitionsausschuss des Landtags hat in seiner Sitzung am Donnerstag, 13. Juli 2017, die Petition einer Bürgerinitiative gegen die Dimension der geplanten Landeserstaufnahmestelle (LEA) für Flüchtlinge in Sigmaringen der Landesregierung als Material für die derzeit laufenden Gespräche zwischen Innenministerium und Kommune überwiesen. Wie die Vorsitzende des Gremiums, die Grünen-Abgeordnete Beate Böhlen, mitteilte, ging es vor allem um die Größe der LEA und um deren Nutzungsdauer. „Die Forderungen der Petenten können hierin einfließen“, so die Vorsitzende.
Die Bürgerinitiative fordert die Überprüfung der Standortkonzeption für den Standort Sigmaringen und beantragt die Umsetzung der Forderungen der Stadt wie u.a.:
- eine sofortige Reduzierung auf maximal 500 Personen;
- die Schließung bis spätestens zum 31.7.2020;
- eine sofortige Reduktion auf 1/3 der bisherigen Fläche;
- die Belegung nur mit Personen mit hoher Bleibeperspektive.
Die Petenten argumentieren hauptsächlich damit, dass eine Belegungszahl von bis zu 1.250 Personen eine nicht verträgliche Belastung für eine Kleinstadt wie Sigmaringen sei. Im Vergleich zu anderen Städten mit Erstaufnahmeeinrichtungen stelle dies eine Ungleichbehandlung dar. Darüber hinaus würde eine LEA ohne zeitliche Befristung die Umnutzung der ehemaligen Bundeswehrkaserne erheblich hemmen und einen wirtschaftlichen Standortnachteil bedeuten. Die Kritik der Petenten zielt ebenfalls auf eine Belastung von Feuerwehr und Polizei, eine Zunahme an Straftaten und einen wachsenden Anteil von Flüchtlingen in der LEA mit geringer Bleibeperspektive und langer Verweildauer.
Das Innenministerium teilte zu der Petition mit, es verhandle mit Stadt und Landkreis Sigmaringen über die Rahmenbedingungen für den Betrieb der LEA Sigmaringen. Grundlage für die Verhandlungen seien die durch das Innenministerium erarbeitete Standortkonzeption und der Forderungskatalog der Stadt, dessen Umsetzung die Petenten fordern. In den bisherigen Gesprächen habe es bereits große Annäherungen in einer Vielzahl von Punkten gegeben.
Der Petitionsausschuss kam nach eingehender Erörterung zu dem Ergebnis, dass die laufenden Gespräche zwischen den Beteiligten auf einem guten Weg sind. „Die Forderungen der Petenten können hierin einfließen“, betonte die Vorsitzende. Es sei daher eine gute Lösung, die Petition der Regierung als Material zu überweisen. Mit einer entsprechenden Beschlussempfehlung an das Plenum schloss der Petitionsausschuss die Behandlung der Petition ab.
Petitionsausschuss kritisiert unzureichende Bürgerbeteiligung beim Rosenberg-Windpark
Stuttgart. Der Petitionsausschuss des Landtags hat eine Petition zum Windpark Rosenberg-Süd (Ostalbkreis) in seiner Sitzung vom Donnerstag, 13. Juli 2017, als Material an die Regierung überwiesen. Wie die Vorsitzende des Gremiums, die Grünen-Abgeordnete Beate Böhlen, mitteilte, stehen dem Vorhaben auch nach Prüfung jüngerer Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte zwar keine Rechtsgründe entgegen. Der Ausschuss übte jedoch Kritik am gesamten Verwaltungsverfahren, insbesondere aber an der unzureichenden Bürgerbeteiligung.
Die Petenten wenden sich vor allem gegen die Höhe der geplanten Anlagen von 230 Metern. Auch die Gemeinde Rosenberg hatte aus diesem Grund ihr Einvernehmen verweigert. Die Petenten kritisieren ferner den ihrer Ansicht nach geringen Abstand von etwa 800 Metern zu den umliegenden Teilorten und führen Naturschutzbelange ins Feld.
Der Petitionsausschuss hatte die abschließende Behandlung der Eingabe wegen offener Fragen mehrfach vertagt. Zuletzt stand ein Ortstermin an. Die Sichtung der jüngeren Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte, insbesondere zu den Abstandsvorgaben, habe jedoch keine Anhaltspunkte ergeben, die die Genehmigung der Anlagen in einem neuen Licht erscheinen lassen könnten, so die Ausschussvorsitzende Böhlen. Auch die vertiefte Prüfung der Voraussetzungen und des Ablaufs der Umweltverträglichkeits-Vorprüfung hätten am Ende die Rechtmäßigkeit nicht in Frage gestellt.
Die Vorsitzende betonte jedoch, dass der Ausschuss der Meinung war, dass das Beteiligungsverfahren durchaus auch öffentlich hätte durchgeführt werden können. „Das hätte ich mir persönlich gewünscht, auch wenn es rechtlich nicht zwingend war“, so Böhlen. Der Ausschuss kam schließlich zu dem Ergebnis, die Petition der Landesregierung als Material zu überweisen.